Der Mann der Nacht von Baleika (Midgar) ================================================================================ Prolog: -------- Midgar ist das erste Band des Mehrteilers „Der Mann der Nacht“ und ist die Vorgeschichte einer Gruppe junger Menschen mit unterschiedlichen Talenten, Schwächen und Stärken, die begriffen haben, das der Mann der Nacht nicht nur ein Phantom ist, sondern auf hohem Niveau, fast des Teufels gleich, sein Unwesen treibt. Doch es hilft alles nichts, wenn man den Namen und das Gesicht seines Feindes nicht kennt und so stellt sich ihnen die größte Herausforderung ihres Lebens entgegen. Vom Jäger zum Gejagten – vom Gejagten zum Jäger.   „Warum mein Freund, bist du stark? Was treibt dich an und gibt dir diese Kraft?“ Dies waren die Worte des Grafens, Worte, über dessen Bedeutung er sich nie Gedanken gemacht hatte. „Ich bin aufgestanden“, lautete seine Antwort als er den Raum verlies. Nun stand er auf einem der südlichen Balkone der Festung, wie er es so oft tat, um seinen Geist zu sortieren. Er blickte in die friedvolle, erblühende Landschaft, die sich hinter der Schlossmauer bis zum Horizont zu erstrecken schien. Doch sie verschwamm vor seinem inneren Auge und die Bilder, aus jener Nacht, dieser einen Nacht die seinen neuen Weg bestimmte, tauchten auf als wäre es gestern erst geschehen.   Mir ist so warm… Eine Hand griff nach ihm und zerrte ihn aus seinem Schlaf. Er blickte in das entsetzte Gesicht seines Vaters, hinter ihm stand die Türzarge in Flammen und seine Zimmerdecke hüllte sich in dunkle Rauchschwaden. „Wir müssen fort!“ hustete sein Vater und riss ihn mit sich aus dem Zimmer, raus aus dem Haus auf die Straßen Katenias. Und der Anblick, der sich dem kleinen Jungen bot, war erschreckend. Sämtliche Häuser standen in Brand, Menschen schrien und rannten wie aufgescheuchte Hühner durch die Straßen, Pferde widersetzten sich den Befehlen ihrer Reiter und gingen auf die Hinterbeine. Einer der Reiter fiel zu Boden, Sandis hörte eine dumpfes Knacken und sah, wie eine dunkel, im Feuerschein glitzernde Flüssigkeit aus dessen Kopf rann. „Steh auf!“ schrie er aus Leibeskräften, doch blieb der Mann vor ihm reglos liegen, den Blick gen Himmel gerichtet. Sandis folgte seinem Blick, der sonst sternenklare Nachthimmel versteckte sich hinter dicken Rauchwolken, die vom Feuer in ein bösartiges und zugleich schönes Rot getaucht waren. Der Geruch vom verbrannten Fleisch lag in der Luft. „Wo ist Mama?“ fragte er seinen Vater, der nach einer Fluchtschneise durch die lodernden Flammen zu suchen schien. Doch bekam er keine Antwort und sollte auch nie wieder, eine von ihm erhalten. Sie rannten los, der Griff an seinem Arm wurde stärker und begann zu schmerzen. Einzelne Stichflammen schienen nach ihm greifen zu wollen und als sie schließlich die brennenden Gebäude hinter sich gelassen hatten, tauchte vor ihnen eine Front schwarzgekleideter Soldaten mit kräftigen Schlachtrössern auf. Er wollte sich umdrehen und zurückrennen, doch dort waren sie auch. Sie waren umringt und als er zu seinem Vater blickte, fiel dieser zu Boden und mit einem mal, spürte er einen stechenden Schmerz am Kopf, ging ebenfalls zu Boden und wurde bewusstlos.   Er wachte in einem Kerker auf. Ihm war kalt und es roch nach Fäulnis, die Luft war feucht und der Boden hart, auf dem er gelegen hatte. Mit schmerzenden Gliedern richtete er sich auf und blickte sich um. Der Raum war länger als breit, gemauert und rechts neben ihm versperrten schwere Eisenstäbe den Weg zurück in die Freiheit. Doch war er nicht alleine. Ein paar Kinder mit ihren Eltern und - vermutlich - alleinstehende Männer waren bei ihm. Die Erwachsenen waren in Ketten gelegt und ihre Kinder lagen mit ihren Köpfen in deren Schößen und weinten fürchterlich. Als er seinen Vater nicht sah, rang er mit den Tränen. Doch eine einzelne konnte sich den Weg über seine Wange bahnen. Neben sich hörte er ein paar tiefe Männerstimmen, das klappern von Schlüsseln und das schwere Eisentor öffnete sich. Ein Mädchen - keine 10 Jahre alt schätzte er - betrat mit ihren Eltern den Kerker. Sie kauerten sich zusammen in eine Ecke neben ihm. Der eiserne Vorhang verschloss sich und sie waren wieder alleine.   Tage, Wochen vergingen und immer wieder wurden einzelne Männer, Väter aus dem Kerker geholt, später die Mütter und schließlich waren sie nur noch eine Handvoll Kinder in dem schrecklichen Verlies des Todes. Die jüngste von allen war das kleine Mädchen, sie kauerte in der Ecke, die Hände vor dem Gesicht. Ihre langen blonden Haare vor ihrem Gesicht, schluchzte und weinte sie jeden Tag. Sandis fragte sich, wie lange ein Mensch weinen konnte und entschied sich, ihrer anzunehmen und zu beschützen. Er redete auf sie ein, nahm sie in den Arm. Tagelang versuchte er aufheiternde Worte zu finden um sie zu trösten. Doch ihre Tränen versiegten nur allmählich und er wusste nicht, ob es an ihm lag oder ihrer fast aufgebrauchten Kraft. Und es kam, wie es nur hatte kommen können. Zwei der dunklen Gestalten öffneten die Kerkertür und traten auf sie zu. Einer murmelte, wie hübsch sie doch später sein würde. Mit einem Grinsen, das Sandis nie mehr vergessen konnte. Es brannte sich förmlich in seine Netzhaut ein. Er sprang mit einem Satz auf. „Lasst sie in Ruhe, sie hat euch nichts getan!“ schrie er die beiden an. Doch sie waren ihm in Größe und Kraft weitaus überlegen. Sie lachten, rissen ihm das Hemd vom Leib und schlugen mit ihren gewaltigen Pranken von Händen immer wieder auf ihn ein. Ihm wurde schlecht, als seine Nase unter dem wuchtigen Fausthieb brach. Die Schläge kamen in einer Geschwindigkeit, das er den einen noch nicht richtig gespürt hatte und der nächste Schmerz durch seinen Körper schoss. Nach einer gefühlten Ewigkeit, ob es Minuten, Stunden waren vermag er nicht zu sagen, zerrten sie ihn aus dem Raum. Er schaffte es mit aller Kraft den Kopf zu heben um zu dem kleinen Mädchen zu blicken. „Sei stark“ sagte er mit unter Aufwendung seiner letzten Kraftreserven. Als sich die Tür hinter ihm schloss und sie ein paar Schritte gegangen waren, brach er zusammen.   Er spürte kaltes Wasser im Gesicht, auf seinem Körper. Immer wieder kam ein Schwall kaltes Wasser über ihn. Alles schmerzte ihn, seine Handgelenke, die Schultern, sein Rücken und er hatte den Wunsch sich zu übergeben. Jemand redete mit ihm und wieder wurde ein Schwall kalten Wassers über ihn gekippt. Langsam öffnete er die Augen. Vor ihm stand einer der dunklen Gestalten und starrte ihn finster an. Erst, als Sandis sich bewegen wollte realisierte er, das Ketten um seine Handgelenke gelegt worden waren und das seine Füße ein kleines Stück über dem Boden taumelten. Der Mann vor ihm machte einen Schritt zur Seite und eine vermummte Gestalt trat vor ihn. „Wer bist du?“, fragte dieser, leise, unheimlich und bedrohlich zu gleich. „Ich…, Sandis.“ Würgte er hervor. Er schmeckte Blut. „Ab heute bist du ein Niemand, der mir gehorchen wird. Wiederhole es!“, sagte der Mann, der sich hinter einem schwarzen Umhang versteckte, nun noch bedrohlicher, als würde er aus purer Autorität bestehen. „Ich.., bin…, Sandis!“ „Falsch! Ab heute bist du ein Niemand, der mir gehorchen wird. Wiederhole es!“ Er nahm all seinen Mut zusammen, riss die Augen auf und blickte zu der Stelle, wo er die Augen seines Feindes vermutete. „Ich bin Sandis Sedalte und werde dich zum Schaffot führen!“ schrie er. Sein Gegenüber warf den Kopf in den Nacken und lachte laut und gehässig auf, als hätte er einen Witz erster Klasse gemacht. Er hob die rechte Hand und lies sie gleich wieder sinken. Sandis hörte Schritte hinter sich und ein Knallen. Immer wieder. Mal über ihm, mal dicht an ihm und langsam, begriff er, das es sich um das Knallen einer Peitsche handelte. Das erste Mal in seinen jungen Jahren, hatte er Angst. Angst um sein eigenes Leben. Würde es hier enden? Oder wollte sich das Schicksal weiter mit ihm Vergnügen? Mit weit aufgerissenen Augen und den Kopf zur Seite gedreht, um einen Blick auf die Waffe zu erhaschen, sauste der erste Hieb an seinem Rücken herab, gefolgt von einem weiteren. Er wand sich in den Fesseln und wollte weg, nur noch hier weg, doch lies das kalte Eisen an einen Händen nicht von ihm ab und alle Bemühungen den Schmerz zu unterdrücken, waren vergebens. Noch ein einziges Mal hörte er die Peitsche surren und sie schlug härter als die beiden zuvor, quer an seiner Hüfte entlang ein. Der Mann vor ihm schien sich zu amüsieren und lachte laut auf und klatschte in die Hände. Sandis konnte seine Umgebung nur noch verschwommen wahrnehmen und hing, wie ein Wildschwein beim Schlachter vor ihm, konnte das Würgegefühl nicht länger unterdrücken und erbrach sich vor dem, dem er den Tod geschworen hatte. Dieser kam mit kaum hörbaren Schritten auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr. „Alle werden zu mir kommen, nur du nicht. Dich werde ich holen.“   „10 Jahre ist es nun her und endlich herrscht Frieden“, murmelte der nun erwachsene, junge Offizier und blickte weiter verträumt gen Himmel. Doch er ahnt nicht, das der Frieden bereits seine Form geändert hatte und es nur die Ruhe vor dem Sturm wahr, die er vernahm.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)