Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 1: Eine unerwartete Geburtstagsüberraschung --------------------------------------------------- Die Sonnenstrahlen kitzelten Faiths Gesicht und als sie die Augen aufschlug, spürte sie zeitgleich die sanfte Brise, die durch das geöffnete Fenster in ihr Zimmer strömte. Es war ein wunderschöner Julimorgen und zudem ihr sechzehnter Geburtstag, was für sie bedeutete, dass sie heute ihr erstes Pokémon bekommen würde. Aufgeregt sprang sie aus dem Bett, stürzte dabei fast über ihren halb gepackten Rucksack und fing sich gerade noch mit der Hand an der Tischkante ihres Schreibtisches ab. „Mom, ich bin wach!“ Wie jedes Jahr würde sie unten am Küchentisch ein bezaubernder Geburtstagskuchen erwarten, dazu einige Geschenke und… Moment mal, wieso kam denn keine Antwort? „Mom, bist du da?“ Irritiert trat die blauhaarige Faith auf den Flur vor ihrem Zimmer und runzelte die Stirn. Wahrscheinlich waren ihre Eltern nur kurz im Garten oder hatten etwas mit den Nachbarn zu bereden, dabei verquatschte sich vor allem ihre Mutter viel zu oft. Mit einem lockeren Schulterzucken holte sie die Sachen aus dem Schrank, die sie heute anziehen wollte, und putzte sich anschließend in ihrem kleinen Badezimmer die Zähne. Doch als ihr Blick auf die schwarze Wanduhr fiel, entfloh ihrer Kehle ein hysterischer Quietschlaut. Sie hatte verschlafen! „MOM!“ Aufgebracht riss sie fast die Tür aus den Angeln, stürmte nach unten in die Küche und hatte keinen Blick mehr für den Kuchen auf dem Tisch übrig, lediglich die vier eingepackten Geschenke zogen kurz ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Mom, warum hast du mich nicht geweckt? Mom!“ „Schrei hier bitte nicht so rum, Faith.“ Ihre Mutter kam durch die Seitentür in den Garten herein, auf ihrer Schulter saß ihr Plaudagei, der Starter, den Faiths Mutter damals erhalten hatte. „Du warst gestern Nacht noch so spät wach, da dachte ich mir, dass ich dich besser schlafen lasse. Außerdem war dein Wecker gestellt, er hat heute Morgen fast eine Viertelstunde lang gepiepst. Du solltest langsam mal mehr Verantwortung übernehmen.“ Gut, wunderbar, eine dieser mütterlichen Standpredikten, aber doch bitte nicht heute, an dem wichtigsten Tag ihres bisherigen Lebens! „Mom, das ist unfair, jetzt komme ich zu spät zu Professor Sage!“ „Schatz, ich werde nicht zulassen, dass du gehst, ohne dir wenigstens deine Geschenke angeschaut zu haben.“ Ihre Mutter setzte einen strengen Blick auf und stemmte die Hände in die Hüften, also ließ sich das Geburtstagskind überreden und begann damit, das bunte Geschenkpapier abzuwickeln. „Hat Dad schon angerufen?“ „Ja, aber er musste schon weg zur Arbeit. Er ruft dich heute Abend noch mal an, wenn du dein Pokémon hast. Ich verstehe, dass du sehr aufgeregt bist, aber du bist schon eine Stunde zu spät dran, da kommt es auf die zehn Minuten auch nicht mehr an.“ Mit einem resignierten Seufzer betrachtete Faith die Sammelbox der Orden dieser Region, Finera, die in dem Geschenk gesteckt hatte. „Danke Mom, das werde ich gut gebrauchen können… Wenn ich erstmal mein Pokémon habe.“ Mutter und Tochter warfen sich kurze Blicke zu, dann lächelte ihre Mutter sie an und nickte ihr zu. „Also gut, dann mach dich auf den Weg. Aber sei pünktlich zum Mittagessen zurück, ja?“ „Ist gut, Mom. Hab’ dich lieb.“ Schnell drückte Faith ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange, dann stürmte sie aus dem Ferienhaus hinaus auf die Straße und orientierte sich kurz, da sie nur übers Wochenende in Waldhausen war, um ihr Pokémon abzuholen. Ihre Mutter war deswegen extra mit ihr den ganzen Weg von Litusiaville am Meer nach Waldhausen gefahren, wofür sie ihrer Mutter auch dankbar war. Faith hatte schon vorher Trainer sein wollen, doch in Finera entschied jeder selbst, wann er losziehen wollte. Und Faiths Mutter war dagegen gewesen, dass ihre Tochter bereits mit zehn loszog - quasi noch als halbes Kind! Den Weg zum Labor von Professor Sage legte sie im Sprint zurück, es war allerdings auch nicht sonderlich weit und noch dazu gut ausgeschildert. In der Einfahrt kam ihr gerade ein kleiner Junge entgegen, der vergnügt ein Chelast in den Armen hielt. „Hey du, schau mal, Chelast ist ab jetzt mein Partner!“ „Schön für dich, Zwerg, und jetzt lass mich durch“, maulte Faith ungeduldig, drückte sich an dem Jungen vorbei und klingelte zweimal an der Haustür des Professors. „Professor Sage, sind Sie da?“ Gerade wollte sie anklopfen, da wurde die Tür geöffnet und ein Mann mittleren Alters runzelte die Stirn, als er sie sah. „Du bist Faith Loraire, nehme ich an?“ „Ja, und bevor sie irgendwas sagen: Es tut mir leid, dass ich zu spät bin. Ich habe heute Geburtstag und total verschlafen, dabei hatte ich gestern Abend extra den Wecker gestellt und ich-“ „Komm erstmal zu Atem, junge Dame. Abgesehen davon kannst du dir deine Erklärungen sparen. Das Pokémon, das ich für dich ausgesucht hatte, ist nun bereits vergeben. Vorhin war ein Mädchen hier, das mir zuverlässiger erschien für die Aufzucht eines Dratinis.“ „Ein Dratini? Sie meinen, ich hätte ein Dratini bekommen?“ Tränen traten in Faiths Augen, das war einfach nur ungerecht! Dabei war Dragonir unumstritten eines ihrer Lieblingspokémon. Es war grazil, elegant, wunderschön und lernte noch dazu starke Drachenattacken. „Oh Professor Sage, das ist nicht fair!“, jammerte sie schluchzend und der Mann seufzte, tätschelte ihr kurz die Schulter und nagte an seiner Unterlippe. Nach einer knappen Minute seufzte er erneut und bat Faith in sein Labor, das eine Tür weiter lag. „Da heute dein Geburtstag ist, will ich mal nicht so sein, meine Liebe. Aber sei dir sicher, dass das nur eine Ausnahme ist! Du warst unpünktlich, was von deiner Inkompetenz und Unzuverlässigkeit zeigt, liebste Faith!“ „Ich weiß…“ Ihre Tränen waren nun getrocknet, aber sie fühlte sich immer noch schlecht. Wenn sie heute kein tolles Pokémon bekam, würde es der schlimmste Tag ihres Lebens sein. Selbst der Zwerg von vorhin war mit seinem Chelast einfach nur glücklich gewesen und sie? Sie hatte sich wahrscheinlich die einzige Chance ihres Lebens, ein seltenes Dratini zu ergattern, verbockt. „Schwester Joy kümmert sich momentan um einige Pokémon aus dem Eichwald, die bei einem schlimmen Sturm letzte Woche verletzt worden waren. Einige dieser Pokémon sind jetzt gefangen und da sie noch kein so hohes Level haben, wäre es theoretisch möglich, sie an junge Trainer zu verteilen.“ „Oh, das ist wunderbar!“ Na endlich mal eine erfreuliche Nachricht! Dann stand ihrem Traum Champ zu werden ja nichts mehr im Wege. „Professor Sage, würden Sie mir ein solches Pokémon anvertrauen?“ Was könnten das nur für Pokémon sein? Vielleicht ein Bisasam oder Chelast, aber ein hübsches Papinella oder Smettbo wäre auch nicht schlecht. Oder sogar ein anmutiges Folipurba, eine Entwicklung des wandelbaren Evolis? „Und du bist dir sicher, dass du so ein Pokémon haben willst, Faith? Du bist unerfahren und dieses Pokémon ist in der Natur aufgewachsen.“ „Kein Problem, das kriege ich schon hin, Professor.“ Zuversichtlich nickte Faith ihm zu und der Mann seufzte schon wieder, griff dann zu einem Pokéball im Regal und drückte ihn Faith in die Hand. „Also gut, Faith. Das hier ist der Pokéball mit deinem neuen Partner. Aber ich möchte dich hier nicht aufkreuzen und jammern sehen, verstanden? Wenn du das Pokémon jetzt nimmst, musst du auch bei dieser Wahl bleiben, um zu lernen, dass man die Konsequenzen seines Handelns selbst auszubaden hat.“ Kurz zögerte sie, da man normalerweise aus drei Pokémon wählen durfte, doch schließlich war sie einverstanden und der Mann ließ sie von dannen ziehen. Draußen klopfte ihr Herz vor Aufregung wie wild und sie atmete dreimal tief durch, ehe sie auf den Knopf drückte und ihren neuen Partner entließ. Der helle Strahl formte allmählich ein kleines Pokémon – Smettbo schied schon mal aus, aber es war auch schon entwickelt – und nahm mehr und mehr Gestalt ein. „Super, mein neues Pokémon ist ein…!“ Hilfe, was sollte das denn? Nein, das durfte doch nicht wahr sein! „Hornliu!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)