Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 19: Verschlungene Pfade ------------------------------- Regentropfen hingen noch immer wie Spinnennetze aus Wasser an den Fenstern des Pokémoncenters, als Faith und ihre beiden Begleiter sich am nächsten Morgen den Proviant für die Weiterreise nach Bad Puvicia einpackten. Schwester Joy hatte ihnen erlaubt, dass sie sich Lunchpakete für die nächsten beiden Tage machten, sodass sie nicht so viel Frischware mitnehmen mussten. Bei der Hitze draußen würden die Tomaten und das Obst zu schnell ihre Frische verlieren. „Das Wetter ist scheiße“, murrte Faith zum wiederholten Male, strich sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr und zog den Reißverschluss ihres Rucksacks zu. „Es ist Sommer, warum regnet es außerdem genau heute, wenn wir weiterreisen wollen? Das ist doch zum Verrücktwerden!“ „Lass dich nicht verrückt machen, es regnet doch gar nicht mehr, außerdem haben wir Regencapes.“ Mira strahlte wie eh und je, selbst wenn man die grauen, schweren Regenwolken draußen bedachte. „Hört endlich auf zu diskutieren, sonst kommen wir hier nie weg.“ Itsuki hatte bereits seinen Rucksack geschultert, seine Pokémon ruhten nach dem ausgiebigen Frühstück in ihren Pokébällen und seine Augenbrauen waren zu einem genervten Strich verzogen. Faith äffte Itsuki nach, schulterte jedoch ebenfalls ihren Rucksack und verließ mit Mira und Itsuki das Pokémoncenter. Sie selbst hatte ihrem Taubsi Freiflug versprochen, wusste aber, dass sie ihr Pokémon zurückholen musste, sobald es zu regnen anfangen würde – was quasi jeden Moment wieder eintreten konnte. Mira, die ihr Evoli nicht mehr wie anfangs auf dem Arm trug, sondern es neben sich laufen ließ, schloss schnell zu Itsuki und Faith auf und warf ein stolzes Lächeln in Richtung der Wettbewerbshalle, an der sie gerade vorbeiliefen. „Bad Puvicia hat auch einen Wettbewerb. Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich zweimal in so kurzer Zeit an einem Wettbewerb teilnehmen soll. Wahrscheinlich hatte ich dieses Mal nur Anfängerglück…“ „Du hast das Glück gepachtet“, erwiderte Faith trocken und auch ein wenig neidisch, wenn sie daran dachte, dass sie in ihrem ersten Arenakampf in Eichwald City nicht gerade eine Glanzleistung vollbracht hatte. „Selbst Sheinux hast du ohne Kampf gefangen.“ Sie schloss diese kleine Tatsachenfeststellung mit einem gedehnten Seufzer ab. Die Route, die sie aus Lapidia hinausführte, war um einiges leichter zu passieren als die von Eichwald City nach Lapidia. Der Weg war selbst für Fuhrwerke breit genug im Fels angelegt und immer wieder sah man kleine Blüten und Grünflächen die Berghänge entlangwachsen. „Es ist so schön idyllisch hier, findet ihr nicht auch? Itsuki, wie sieht es bei dir Zuhause auf dem Mount Ni aus?“, fragte Mira, damit die leicht bedrückte Schlechtwetterstimmung verschwand. „Kalt. Eisig. Immer Schnee.“ „Ah…“ Die junge Koordinatorin rümpfte die Nase und schwieg, trottete einfach zwischen Faith und Itsuki, die beide ihren eigenen Gedanken nachhingen. Auf diese Weise ging die erste volle Stunde ihres Fußmarsches vorbei, bis der Regen wieder einsetzte und die drei hektisch ihre Regencapes überstreiften. Taubsi, das bis dahin freudig große Bahnen durch das Gebirge geflogen war, kehrte klitschnass und mit einem genervten Gurren zu Faith zurück, die es ohne Zögern zurück in den Pokéball zog. Auch Miras Evoli, dessen Fell dunkelbraun und triefendnass an dem kleinen Körper herunterhing, kam zurück in den Pokéball. „So ein Mistwetter“, machte Faith ihrer Laune sofort Luft und zog die Kapuze tiefer in ihr Gesicht. „Es reicht, wir können bei diesem starken Regenschauer sowieso nicht die Tagesroute schaffen. Gibt es hier nicht irgendwo eine Berghütte? Zurück nach Lapidia will ich nicht.“ „Wir müssten bald an eine Kreuzung kommen, aber wenn wir zur Berghütte gehen, dann entfernen wir uns ganz schön von unserer normalen Route. Das kann uns morgen, wenn das Wetter besser ist, einige Stunden Zeit kosten.“ „Mir macht der Regen nichts aus“, sprach Itsuki leise, doch sein grimmiger Blick ließ eher das genaue Gegenteil vermuten. „Ich würde jetzt auch lieber ein Dach über dem Kopf haben“, klagte Mira jammernd und blickte auf den völlig durchgeweichten Boden. „Das hier hat keinen Sinn bei dem Regen. Seht ihr, dort hinten ist die Kreuzung.“ „Wir gehen zur Berghütte.“ Itsuki rieb unter dem Regencape seine Hände an den Oberarmen und blickte gen Himmel. „Es sieht nicht so aus, als würde der Regen in den nächsten Stunden abbrechen. Schaut, die grauen Wolken sind wie eine Wand bis zum Horizont.“ „Beeilen wir uns besser.“ Faith legte einen Schritt zu, dicht gefolgt von Mira und Itsuki. Nach einer knappen Stunde erreichten sie eine abgelegene Waldhütte auf einem Plateau, von dem aus man deutlich sehen konnte, dass sich ein Sommergewitter vom allerfeinsten zusammengebraut hatte. In der Ferne zuckten bereits die ganze Zeit Blitze durch den Himmel, während der Regen nun nicht mehr abzureißen schien und schwer gegen die drei Jungtrainer knallte. Faith ließ sich völlig erschöpft gegen die Tür fallen, drückte die Klinke, riss sie auf und konnte kaum fassen, wen sie dort erblickte. „Na sieh mal einer an, Eismann, Arenaverliererin und Hundustertrainerin sind hier. Joel, wir haben Gäste, wie es aussieht.“ Trixi Light erhob sich grazil wie eine Gazelle und mit dem Todesblick eines Killers aus einem weichen Sessel und verschränkte die Arme vor dem Körper, während ihr Zwillingsbruder frisch geduscht und mit einem dunkelblauen Trainingsanzug bekleidet aus dem Badezimmer kam. Seine Haare hingen ihm in kupferroten Strähnen noch nass ins Gesicht und er rubbelte seinen Kopf mit einem Handtuch ab. „Kommt rein oder bleibt draußen, ist mir egal, aber schließt die Tür, sonst können wir hier gleich ein Indoorschwimmbad eröffnen.“ „Du… Du!“ Faith fehlten schlichtweg die Worte, doch Itsuki schob sie einfach in die Hütte hinein und schloss dann hinter Mira die Tür. „Wir wussten nicht, dass ihr hier seid“, piepste Mira und blickte verlegen von Trixi weg. Sie konnte sich bestens vorstellen, was Trixi – eindeutig die begabtere Koordinatorin von ihnen – von ihr halten musste. Trixi gab ein schnippisches „Tse“ von sich und strich einem edlen Vulpix über den Rücken. Ihr Starter? „Du hast ein Vulpix.“ Faith zog ihr Regencape aus und hängte es über den Garderobenständer an der Heizung. „Ich nehme nicht an, dass du es hier in den Bergen gefangen hast?“ „Vulpix ist mein Starter.“ Trixi lächelte schmal und blickte zu ihrem Bruder, der Itsuki und schließlich kurz darauf einen bohrenden Blick zuwarf. „Es gibt hier zwei Schlafzimmer und eine Schlafcouch. Mir egal, wie ihr euch das einteilt, aber Trixi und ich waren zuerst hier. Wir nehmen das größere Schlafzimmer mit den getrennten Betten.“ „Ich schlafe sicher nicht mit dem da in einem Doppelbett.“ Faith deutete mit der Hand auf Itsuki und bekam Herzklopfen bei dem Gedanken daran, wie es wohl sein würde, tatsächlich neben Itsuki zu schlafen. Schnell verdrängte sie den Gedanken, weil ihr sofort heiß wurde. „Schon okay, ich nehme mir einfach die Couch, dann teilt ihr euch das Bett.“ Itsuki, der sein Cape genau wie Mira nun auch über die Heizung hängte, stellte seinen Rucksack neben der Couch ab und ließ sich auf dieser nieder. „Das Unwetter wird bald auch hier sein, wir hatten Glück.“ „Die Hütte hat keinen Strom, aber es gibt Kerzen. Wir werden nicht im Dunkeln sitzen.“ Gerade, als Trixi dies sagte, brach ein ohrenbetäubendes Donnern über der Berghütte herein, das Mira und Faith zusammenzucken ließ. „Das heißt, wir haben so oder so keine andere Möglichkeit, als den ganzen restlichen Tag mit euch beiden hier zu hocken?“ „Du kannst jederzeit gehen, Faith. Ich werde dich sicherlich nicht aufhalten.“ Joel grinste und lehnte sich lässig neben dem Kamin, in dem Holzscheite im Feuer prasselten, an die Wand. „Na toll“, murmelte Faith Mira zu und kniff die Augen leicht zusammen. Der Tag wurde wirklich immer schlimmer. 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