Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 20: Donnerwetter ------------------------ Tick tock tick tock tick tock tick tock… Die Wanduhr ging unaufhörlich ihrem Takt nach, während Joel und Trixi auf der einen Seite und Itsuki, Mira und Faith auf der anderen Seite des Wohnzimmers saßen und sich anstarrten. Das Kaminfeuer prasselte angenehm und das Unwetter über ihnen tobte unerbittert und schlug den Regen gegen die Fenster der kleinen Berghütte. Schließlich erhob Itsuki sich und räusperte sich kurz, ehe er aus seinem Rucksack ein Handtuch hervorzog und sich an Joel wandte. „Du sagtest, der Boiler läuft die ganze Zeit, nicht wahr?“ „Ja.“ „Schön, dann werde ich jetzt ein Bad nehmen.“ Faith funkelte Itsuki an, als dieser sich aus dem Raum stahl, doch dadurch wurde ihr nur wieder bewusst, dass sie diejenige war, die das größte Problem mit Joel hatte. Mittlerweile war es Mittag und sie hatten kaum mehr als zwei Sätze gewechselt, dafür wuchs die Spannung zwischen ihnen mit jeder erbitterten, verdammten Sekunde, die sie hier festsaßen. „E-es ist schon längst Zeit für das Mittagessen gewesen…“ Mira nestelte nervös an ihren langen, lavendelfarbenen Haaren herum und warf einen Blick zu der kleinen Essküche, die an das Wohnzimmer angrenzte. „V-vielleicht soll ich einfach eine Kleinigkeit kochen?“ „Es sind Tütensuppen im Schrank und Nudeln.“ Trixi fuhr sich durch die Haare und hatte die Beine elegant übereinander geschlagen. Sie sah, obwohl sie grimmig und hochnäsig schaute, einfach umwerfend aus und man würde keine Sekunde daran zweifeln, dass sie viele Fans hatte, obwohl sie noch am Anfang ihrer Karriere als Koordinatorin stand. „D-dann mache ich Nudeln mit Soße…“ Mira zögerte noch einen Moment, doch schließlich erhob sie sich und marschierte in die Küche, aus der man bald schon das Klappern von Töpfen und Geschirr hören konnte. Faith blickte zwischen Trixi und Joel hin und her, konnte aber bald das Schweigen zwischen ihnen nicht mehr ertragen und verschränkte die Arme vor dem Körper, während sie sich tiefer in das Sofa fallen ließ. „Die Niederlage gegen Mira muss hart für dich gewesen sein, Trixi.“ „Deine Sticheleien sind hier vollkommen fehl am Platz, Faith Loraire. Du bist nicht meine Gegnerin, ich werde nicht mit dir streiten. Das ist unter meiner Würde.“ Um dem gerade Gesagten noch mehr Stärke zu geben, erhob Trixi sich und trat mit einem schmalen Lächeln im Gesicht an die Küchentür. „Brauchst du noch Hilfe?“ „M-meinetwegen“, hörte man Miras gemurmelte Antwort, woraufhin Trixi ebenfalls aus dem Wohnzimmer ging und Joel und Faith sich nun gegenübersaßen. Sie mit verschränkten Armen und er mit einer offenen Körpersprache und einem leichten Grinsen. „Du hast also den Sichelorden gewonnen.“ Es war Joel, der zuerst sprach und die Stille zwischen ihnen brach. „Natürlich, hast du daran gezweifelt?“ Faith klang ziemlich giftig und zickig. „Ich werde alle acht Orden und die Liga meistern, daran kannst du glauben.“ „Sicher, wieso auch nicht. Nur wirst du es frühestens zehn Jahre nach mir schaffen, weil meine Pokémon einfach mehr Klasse haben als dein verkorkster Käferstarter.“ „Was?!“ Faiths Stimme geriet zwei Oktaven höher und sie war aufgesprungen ohne es zu merken. „Bibor könnte dein blödes Sniebel jederzeit fertig machen! Ich habe trainiert, Joel, noch einmal werde ich nicht gegen dich verlieren!“ Joels Grinsen wurde nur noch breiter, als er Faiths Reaktion beobachtete. „Dir scheint deine Niederlage ja ziemlich an die Nieren gegangen zu sein, wenn du noch immer so wahnsinnig angegriffen darauf reagierst. Wie ein getroffener Hund.“ „Du…!“ Empört plusterte Faith sich auf und fuchtelte wild mit den Armen vor ihm herum. „Wir werden ja sehen, wer von uns zuerst den Lavaorden gewinnt!“ „Soll das eine Herausforderung sein?“ Provozierend hob Joel eine Augenbraue an und stand auf. „Sollen wir darum wetten, Faith?“ Faith, die nun vollkommen in Rage war und ihm am liebsten den nächstbesten Fluch gegen den Kopf geknallt hätte, lachte trocken auf. „Bitte, wenn du unbedingt verlieren willst!“ „Schön, dann brauchen wir einen Wetteinsatz.“ Joels Grinsen nahm nun eine diabolische Nuance an und er deutete nach draußen. „Lass uns draußen die Wette besiegeln, wo wir ungestört sind.“ Faith schnaubte und strich sich eine türkisene Haarsträhne zurück hinter das Ohr, als Mira besorgt und Trixi interessiert aus der Küche zu ihnen schauten. „Du. Ich. Vor die Tür.“ Joel folgte ihr leichtfüßig nach draußen, wo ihnen der Regen entgegen peitschte und sie innerhalb weniger Sekunden vollkommen durchnässt hatte. „Also schön, wenn du vor mir den Lavaorden gewinnst, dann bekommst du mein Smettbo.“ Er legte eine kurze Pause ein und betrachtete Faith, deren Augen sich überrascht weiteten, so wie er es geplant hatte, denn er wusste, wie sehr sie ihn um sein starkes Smettbo beneidete. „Und falls ich vor dir den Lavaorden haben, dann gibst du mir dein Taubsi. Einverstanden?“ Er hielt ihr die Hand hin. Faith zögerte. Sie fand sein Smettbo faszinierend, doch hing sie auch an ihrem Taubsi, das sie mit viel Mühe im Eichwald gefangen hatte. Aber Joels Auftreten hatte sie wie so oft stark in Rage gebracht und so war sie felsenfest davon überzeugt, dass sie gewinnen würde. „Einverstanden. Smettbo und Taubsi, der Gewinner bekommt beide.“ Sie schlug ein und erwiderte seinen festen Händedruck. Im nächsten Moment schien sich die Regenwolke über ihren Köpfen für einen kurzen Augenblick zu teilen und irritiert blickten die beiden Trainer nach oben in den Regen, wo ein rotweißer Schatten über sie hinweg huschte. „Laa!“ „Oh mein Gott, das ist…“ Es verschlug Faith den Atem und sie krallte sich an Joels Arm fest, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor, weil sie ihren Kopf so weit nach oben neigte. „Latias.“ Auch Joel sprach leise und ehrfurchtsvoll, doch nur wenige Sekunden später war das Legendäre wieder in den Regenwolken verschwunden. Joel blinzelte und schmunzelte Faith an, als er ihre Hand auf seinem Oberarm bemerkte. Faith riss sofort ihre Hand von ihm fort, schnitt eine Grimasse und riss die Tür der Hütte auf. „Faith“, ertönte Miras Stimme sofort anklagend, als sie die beiden wieder reinkommen sah. Sie hatte sich eine blaue Kochschürze umgebunden und hielt einen Löffel mit brauner Pilzsoße, die sie aus einer Pilzsuppe gemacht hatte. „Sag mir nicht, dass du gewettet hast.“ Diesmal sprach sie leiser, sodass nur Faith sie hören konnte. „Ich werde nicht verlieren.“ „Faith, du weißt, dass Joels Pokémon stärker sind als deine. Worum habt ihr gewettet?“ „Ich werde schon nicht verlieren“, wiederholte Faith aufgebracht, noch immer völlig durch den Wind. Einmal, weil ihr gerade bewusst wurde, dass es doch durchaus möglich war, dass sie verlor. Und dann auch, weil sie gerade Latias, ein legendäres Pokémon, gesehen hatte. „Was ist dort draußen geschehen?“ Nun war Miras Blick besorgt und auch Trixi erschien im Wohnzimmer, um ihren Bruder zu mustern. „Dort draußen war Latias. Wir haben es in den Regenwolken verschwinden sehen.“ „Latias?“ Trixi zog überrascht die Augenbrauen hoch und blickte aus dem Fenster, wo schon lange nichts mehr von dem Pokémon zu sehen war. „Das ist interessant. Du hast wirklich Glück, Bruderherz.“ „Stimmt das?“ „Ja, wir haben es kurz gesehen“, meinte nun auch Faith auf Miras Nachfrage hin und lehnte sich gegen die Wand. Aber das war nicht der Hauptgrund, warum sie so durch den Wind war. Vielmehr beunruhigte es sie, dass sie in dem winzigen Moment, als sie Joels Arm berührt hatte, ein angenehmer Schauer durch ihren Körper gewandert war. Sollte es tatsächlich passieren, dass dieser arrogante Kerl etwas an sich hatte, was sie anziehend fand? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)