Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 64: 250 Kommentare Special: Faith und Joel -------------------------------------------------- Es war Heiligabend, der Schnee rieselte lautlos vom Himmel herunter und verwandelte Honey Island in ein wahres Wintermärchen. Wie jedes Jahr legten sich die Bewohner der einzigen Stadt der Insel, die den gleichen Namen wie die Stadt trug, mächtig ins Zeug. Viele Leute aus Litusiaville und Umgebung nahmen in der Weihnachtszeit die Fähre, um auf der Insel einzukaufen. Auch Faith stapfte hinter ihrer Mutter her, die unbedingt eine Freundin aus Schultagen besuchen wollte und nun auf dem Heimweg war. „Mom, mir tun die Füße weh…“ „Faith, Liebling, hör bitte auf zu jammern. Du hattest einen leckeren Crêpe mit Zimt und Zucker und du durftest eine Runde mit dem Ponitaschlitten fahren.“ „Meine Füße tun aber trotzdem weh…“ Ihre Mutter blieb stehen, schaute auf ihre Tochter herunter und schüttelte mit dem Kopf. „Schatz, alle anderen achtjährigen Mädchen wissen sich zu benehmen. Würdest du also bitte einfach mitkommen ohne so ein Theater zu machen?“ Faith verschränkte trotzig die Arme vor dem Körper. „Ich will nach Hause und Plätzchen essen, Mom.“ „Faith!“ Entrüstet schnappte ihre Mutter sich ihre Hand und zog sie hinter sich durch die Weihnachtshektik. „Ich möchte doch nur noch ein paar Kerzen für heute Abend kaufen, damit die Bescherung schön wird.“ „Aber wir haben doch genug Kerzen, Mom…“ „Oh, sieh nur, dort gibt es Handtaschen im Sonderverkauf!“ Faith ließ die Hand ihrer Mutter los, blieb stehen und sah dem knallroten Mantel ihrer Mutter hinterher, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte. Sie hatte viel lieber mit ihren Schulfreundinnen einen großen Schneemann bauen wollen, doch stattdessen musste sie den halben Nachmittag in Marthas Küche sitzen und dem langweiligen Gerede ihrer Mutter und deren Freundin lauschen. „Du stehst im Weg.“ Faith drehte sich um und sah in das Gesicht eines braunhaarigen Jungen, der einen kleinen Schlitten hinter sich herzog. Er wirkte genervt, fuhr sich durch die Haare und rümpfte die Nase. „Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Du stehst im Weg, ich möchte vorbei.“ „Dann geh doch vorbei.“ Trotzig blieb Faith genau da stehen, wo sie stand. Sie rührte sich keinen Millimeter und blickte den Jungen herausfordernd an. Er starrte sie an, reckte das Kinn in die Höhe und ging an ihr vorbei. „Mit solchen Leuten wie dir muss ich mich nicht abgeben. Wenn ich erst einmal Pokémonchampion bin, habe ich so etwas erst recht nicht mehr nötig.“ „Hey. Hey!“ Mit drei langen Schritten hatte Faith aufgeholt und lief neben dem Jungen her. „Ich möchte auch Pokémonchamp werden!“ „Dann wirst du wohl verlieren, weil ich, Joel Light, schon der zukünftige Pokémonchamp bin.“ Grinsend streckte er ihr die Zunge raus und wollte weitergehen, als Faith sich einfach auf die Kufen seines Schlittens stellte und ihn am Weiterziehen hinderte. „Geh runter!“ „Mir ist egal, wie du heißt, Joel. Ich bin Faith Loraire und ich werde Champ! Ich möchte ein Dratini als Startpokémon und dann werde ich alle Orden gewinnen und die beste Trainerin aller Zeiten werden.“ Er musterte sie verstohlen, dann wich die Arroganz aus seinem Gesicht und ein kindliches Lächeln trat an dessen Stelle. „Na schön, wir werden ja sehen, wer von uns später der bessere Trainer ist.“ Einen Moment schwieg Joel, dann setzte er sich auf seinen Schlitten. Faith nahm neben ihm Platz. „Und welches Startpokémon möchtest du haben?“ „Mir ist das egal“, erwiderte Joel. „Ein guter Trainer kann aus jedem Pokémon das Beste herausholen.“ „Ach komm schon, ich habe dir auch verraten, dass ich Dratini mag“, quengelte Faith und stupste Joel von der Seite an. „Sag schon.“ Er lachte leise. „Du bist ziemlich nervtötend, weißt du das? Also schön, ich finde Lucario eigentlich ganz cool, aber Snibunna ist auch toll.“ „Ich mag Lucario auch.“ Kleine Schneeflocken legten sich auf ihre rosa Bommelmütze. „Weißt du was, Joel?“ „Hm?“ „Ich finde dich total nett.“ Er fiel vor Überraschung fast von seinem Schlitten und starrte Faith ungläubig an, dann begann er lautstark zu lachen und hielt sich den Bauch. „Wow, du bist das erste Mädchen, das mich nicht als arrogant oder eingebildet bezeichnet. Ich dachte schon, dass alle Mädchen blöd sind, aber du bist eigentlich auch voll in Ordnung.“ Lächelnd hielt Faith ihre Handschuhe mit der Innenseite nach oben vor sich, damit sie den Schnee auffangen konnte. „Schade, dass du nicht bei mir in Litusiaville wohnst, sonst könnten wir uns mal treffen. Oder wir könnten gemeinsam unsere Pokémonreise antreten.“ „Bis dahin sind es aber noch ein paar Jahre, Faith“, tadelte er, konnte ein Grinsen aber nicht ganz unterdrücken. „Aber nach Litusiaville komme ich eigentlich nie.“ „Schade… Das bedeutet wohl, dass wir uns nicht nochmal wiedersehen werden, hm?“ Traurig stand sie auf, klopfte sich den Schnee von der Kleidung und hielt Ausschau nach ihrer Mutter, die noch immer bei den Handtaschen stand und die Preise studierte. Auch Joel stand wieder auf, folgte Faiths Blick und schaute dann in den Himmel hoch, bis ihm ein paar Schneeflocken in die Augen gefallen waren und er blinzelnd wieder den Kopf senkte. „Vielleicht treffen wir uns ja nochmal irgendwann.“ „Faith, Liebling? Ah, da bist du ja. Komm her, wir wollen wieder zurück, sonst kriegen wir die Fähre nicht mehr pünktlich.“ Ihre Mutter winkte ihr zu und deutete ungeduldig auf ihre Armbanduhr. „Ich muss jetzt nach Hause.“ „Ist gut. War schön dich kennen zu lernen.“ „Du klingt wie ein Erwachsener.“ Empört schnitt Faith eine Grimasse, umarmte dann ihre neue Bekanntschaft und lächelte. „Also, irgendwann reisen wir zusammen und sehen, wer von uns Champ wird, richtig?“ Abenteuerlust blitzte in seinen Kinderaugen auf, als er nickte. „Na gut, aber wein nicht, wenn ich der Bessere bin.“ Sie schüttelte den Kopf, ging ein paar Schritte, drehte sich wieder um und küsste Joel auf die Wange, woraufhin dieser erschrocken knallrot anlief. „Fröhliche Weihnachten, Joel!“ „Fröhliche Weihnachten.“ Faith rannte zurück zu ihrer Mutter, umarmte sie und nahm ihre Hand, während sie in einer Traube von Menschen verschwanden. In diesem Moment wünschte Faith sich vom Weihnachtsmann nur eine Sache: Sie wollte Champ werden. Und auch, wenn sie den Jungen mit dem Schlitten schon längst wieder vergessen hatte, brannte der Wunsch so stark in ihrem Herzen, dass sie sich sicher war, dass sie ihn niemals aufgeben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)