Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 92: Das Anwesen der Familie Light ----------------------------------------- „Was genau läuft da zwischen Joel Light und dir, Faith?“ Neugierig schaute Evan die Türkishaarige aus wachen Augen an, auch wenn es bereits eine späte Stunde war und sie alle gemeinsam durch die noch immer geschäftigen Einkaufsstraßen von Honey Island schlenderten. „Da ist nichts zwischen uns, wir sind Rivalen“, erwiderte Faith, doch das glückliche Grinsen wollte einfach nicht aus ihrem Gesicht verschwinden. „Außerdem kann ich dich hören, du Vollidiot“, murrte Joel von weiter vorne und warf Evan einen düsteren Blick über die Schulter zu. „Du besitzt zu viel Fantasie. Wie Faith schon sagte, sind wir Rivalen und kein Liebespaar aus einer billigen Seifenoper.“ „Dabei gebt ihr so ein süßes Pärchen ab.“ Trixi kicherte und wich dem zornigen Boxhieb ihres Bruder gekonnt aus. „Na, na, so geht man mit einer Dame aber nicht um.“ „Du hast eindeutig einen wunden Punkt getroffen, liebste Trixi.“ „Vielen Dank, werter Evan.“ Während Trixi und Evan weiterhin verschwörerische Blicke austauschten, ließ sich Faith bewusst ein paar Schritte nach hinten fallen und gesellte sich zu Itsuki und Mira, die beide schon ziemlich müde waren. Vor allem Mira hielt ihre Augen nur mit Mühe und Not auf und stolperte hinter der Gruppe her. „Wir sind bald im Pokémoncenter, ich freue mich auf mein weiches Bett.“ „Egal ob weich oder nicht, Hauptsache ich kann in einem Bett liegen und schlafen.“ Mira gähnte und blinzelte erschöpft, dann streckte sie sich und schleppte sich auch noch die nächste Straße hinter den anderen her, bis endlich das Pokémoncenter in Sicht kam. Ganz im Stil der Einkaufsstraße war das Pokémoncenter hier ein normales Gebäude mit einem Neonschild. Sie klingelten an der Nachtklingel und warteten, bis im Eingangsbereich das Licht anging und Chaneira sie eintreten ließ. Das Pokémon kannte sie und wusste, dass sie hier nächtigten, also kümmerte es sich nicht weiter um die Menschengruppe und verschwand wieder. „Ich nehme Itsuki jetzt mit zu mir, sonst schläft er gleich im Stehen ein. Mensch, ihr solltet etwas robuster sein, hier in der Stadt hat die Nacht doch gerade erst angefangen.“ „Sei still, Evan“, giftete Mira verschlafen und lehnte sich von hinten gegen Faith, die ihrer Freundin die Schulter tätschelte. Evan zuckte mit den Schultern, verabschiedete sich von allen und verließ mit Itsuki das Pokémoncenter. Direkt gegenüber hielt ein Nachtbus, der unter anderem in Evans Wohnviertel hielt. „Ihr schlaft also hier im Pokémoncenter, ja?“, begann Joel, doch er kam gar nicht richtig bis zum Ende, da hatte Faith ihm bereits dazwischengeredet. „Natürlich, du Schlaumeier. Sonst wären wir nicht hierhergekommen. Können wir uns jetzt verabschieden? Mira ist vollkommen erschöpft und ich brauche jetzt auch mein Bett.“ „Ihr könnt bei mir schlafen.“ Joel hatte den Gedanken laut ausgesprochen, noch bevor er etwas dagegen tun konnte. Entschuldigend schaute er zu Trixi, doch diese beschäftigte sich lieber mit ihren Fingernägeln, also schien sie nichts dagegen zu haben. Etwas zufriedener wiederholte Joel sein Angebot. „In unserem Haus ist mehr als genug Platz, ihr hättet jeweils ein Gästezimmer für euch und gutes Essen.“ „Du meinst das ernst, ja?“ „Essen klingt gut“, murmelte Mira, hob aber nur kurz den Kopf von Faiths Schulter an. „Entscheide du, Faith. Ich will nur schnell schlafen können.“ „Wir sollen bei dir schlafen? Wieso hast du das nicht vorher gesagt, wir sind durch die halbe Innenstadt gelaufen!“ Faiths Stimme war ein leises Zischen. Sie war müde und hatte keine Lust auf lange Diskussionen. „Joel, sag was!“ Er hob lediglich kurz die Schultern. „Ihr müsst ja nicht, aber mir wäre es so lieber. Komm schon, spring über deinen Schatten. Ich werde schon nicht mitten in der Nacht über dich herfallen.“ „Davon gehe ich aus.“ Prüfend blickte sie ihn an und vertrieb die zweideutigen Gedanken aus ihrem Gehirn, dann seufzte sie und rieb sich über die Augen. „Na schön, kannst du Mira wachhalten?“ „Das übernehme ich.“ Trixi, die sich bis dato rausgehalten hatte, wuselte nun geschäftig um die andere Koordinatorin und drückte ihr eine Tasse schwarzen Tee aus dem Getränkeautomaten in die Hand. „Soll ich den Chauffeur anrufen?“ „Faith, hol du bitte eure Sachen, wir kümmern uns um den Rest.“ Grinsend und überaus mit sich im Reinen koordinierte Joel alles, bis eine halbe Stunde später eine kleine, schwarze Limousine vor dem Pokémoncenter hielt. Nachdem das Gepäck im Kofferraum verstaut war, fuhren sie alle aus der Innenstadt hinaus und ließen auch bald die kleinbürgerlichen Vororte hinter sich. Das Anwesen der Familie Light lag in einem betuchten Villenviertel etwas außerhalb der Stadt, so besaß jedes Haus dort eine eigene Zufahrt und hohe Hecken. In der Dunkelheit der Nacht konnte man die ganze Schönheit des Gartens nur erahnen, doch als die Limousine vor der Light-Villa hielt, war Faith sichtlich beeindruckt. Sicherlich wusste sie, dass Joels Familie reich war, aber es war ihr noch nie so bewusst gewesen wie in diesem Augenblick. Sie weckte Mira, die eingeschlafen war, und folgte den Light-Zwillingen ins Obergeschoss, wo auch deren Zimmer waren. „Hier, die zwei Zimmer sind für euch. Fühlt euch wie Zuhause und schlaft ruhig aus, unsere Haushälterin macht euch Frühstück, wenn ihr ausgeschlafen habt. Sonst noch irgendetwas anzumerken?“ „Denk bloß nicht, dass ich dir deswegen die Füße küssen werde.“ Faith zog eine spielerische Grimasse und wartete, bis Mira mit ihrem Rucksack in ihrem Gästezimmer verschwunden war. Einen Moment lang war Faith geneigt Mira nachzugehen und zu schauen, ob diese es überhaupt bis ins Bett geschafft hatte, doch sie ließ es und trat lieber zu der Tür des zweiten Gästezimmers auf dieser Etage. Als sie sich umdrehte, stand Joel noch immer auf dem Flur. Sie seufzte, schenkte ihm ein Lächeln und dachte an das Lied, das er für sie gesungen hatte. „Danke.“ Joel lächelte zurück. „Gern geschehen.“ Damit beließ er es und ging zu seinem eigenen Zimmer, während auch Faith das Bett ansteuerte, das man ihr großzügig zur Verfügung gestellt hatte. Sie staunte über die geschmackvolle Einrichtung und das breite Himmelbett mit den goldfarbenen Samtkordeln, dann musste sie leise lachen und den Kopf schütteln. „Joel, du verrückter Idiot.“ Da hatte er sie doch einfach in seine Villa eingeladen. Zumindest würde Faith sich die nächsten Tage keine Gedanken mehr über das Kantinenessen im Pokémoncenter machen müssen. Joels Familie hatte sogar eine Haushälterin, da konnte das Essen nur großartig schmecken. Wenige Minuten später lag sie in ihrem Schlafanzug unter der bezogenen Bettwäsche, rollte sich auf der Seite wie ein Kätzchen zusammen und schloss mit klopfendem Herzen die Augen. Joel war so nett zu ihr, sie genoss die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte. Mit einem seligen Lächeln schlief Faith ein und erlebte den Karaokeabend im Traum wieder und wieder, nur dass es von Mal zu Mal schöner wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)