Konoha at night von yuyakinna ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Auf der Straße stehen bleibend, streckte Hinata ihr Gesicht dem Regen entgegen. Die kalten Tropfen perlten über ihre Haut wie Tränen. Das Wetter passte hervorragend zum Rest des Tages; ein würdiger Abschluss. Ein leiser Seufzer schlich sich über ihre Lippen. Die Wolken verdunkelten den nächtlichen Himmel über Konohagakure zusätzlich. Sie strich sich ihre nassen Haare aus den Augen und setzte ihren Weg langsam fort. Natürlich lag ihr Schirm, fest zusammengerollt, zu Hause. Es nützte nichts, sie würde bis auf die Haut durchnässt sein, bevor sie dort war. Ihre Füße waren klatschnass. Sie trug bloß ihre Sandalen, die dem Regen nichts entgegen zu setzen hatten. Genauso gut hätte sie barfuß laufen können. Ob ihr Vater sich wieder abgeregt hatte? Eine Straßenlaterne flackerte unruhig, während Hinata vorüberging. Ihr Schatten zuckte umher. Er hatte sich mal wieder fürchterlich aufgeführt. Obwohl sie, durch das regelmäßige Training mit Neji, viel stärker geworden war, beklagte er sich noch immer darüber, dass sie die Erstgeborene und damit Stammhalterin des Hyuga-Clans war. Alles was er für ihre Techniken übrig gehabt hatte war eine hochgezogene Augenbraue gewesen. Aber daran hatte sie sich mittlerweile gewöhnt. Viel schlimmer war für sie der Vortrag gewesen den ihr Vater ihr beim Essen gehalten hatte. Seiner Meinung nach war es höchste Zeit, dass sie endlich heiratete und wenigstens begabte Kinder zur Welt brachte. Hinata hatte bloß den Kopf gesenkt und ihre Wut heruntergeschluckt. Vor wenigen Wochen erst war sie 21 Jahre alt geworden und ihr Vater redete daher, als wäre sie eine alte Jungfer. Sobald es möglich war hatte sie sich verdrückt und wanderte seitdem ziellos durch Konoha um auf andere Gedanken zu kommen. Die Straßen waren verlassen, der Regen trug sein übriges dazu bei, dass die Leute zu Hause blieben. Dennoch musste Mitternacht vorüber sein. Nur in wenigen Wohnungen und in einzelnen Kneipen fiel noch Licht nach draußen und malte helle Rechtecke auf den glänzenden Boden. Sie hasste leere und dunkle Straßen. Beunruhigt blickte Hinata über die Schulter zurück. Dass sie nichts entdeckte, außer einer regennassen Straßen und einer flackernden Straßenlampe, lies sie noch nervöser werden. Es war kindisch und albern, dass wusste sie selbst, doch sie hatte seit jeher Angst im Dunkeln gehabt. Sie beschleunigte ihre Schritte und erschrak über das platschende Echo ihrer eigenen kalten Füße. Ihr erster Impuls war es panisch loszulaufen, doch Hinata zwang sich stehen zu bleiben. Mit rasendem Herzen blickte sie sich erneut um und schimpfte sich innerlich einen Angsthasen. Sie atmete tief durch und fuhr sich mit der Hand durch die nassen, rückenlangen, schwarzen Haare. Erleichtert registrierte sie, dass sich ihr Herzschlag wieder beruhigte, doch einen Rest ihrer Angst konnte sie nicht abschütteln. Ihr Vater hatte schon Recht; sie war schwach. Betrübt wollte sie weitergehen. Den einzigsten Wunsch, den sie heute noch hatte, war so schnell wie möglich aus den durchweichten Klamotten herauszukommen. In diesem Augenblick flog eine Tür hinter ihr krachend auf und laute Stimmen ertönten. Erschrocken fuhr Hinata herum und erstarrte. Vor der hell erleuchteten Kneipentür, die nur wenige Meter entfernt war, konnte sie nur die Umrisse von fünf Personen ausmachen, die auf die Straße hinausstolperten. Die Tür wurde von innen zugezogen und die Lichtquelle verschwand, ebenso wie die Umrisse der Betrunkenen. Dass die Gestalten zu viel Alkohol getrunken hatten, stand außer Frage. Aus der Dunkelheit drang lautes, unverständliches Gegröhle an Hinatas Ohr. Sie war außer Stande sich zu bewegen, weil sie nicht mit Sicherheit bestimmen konnte wo sich die Randalierer befanden. In ihrer Panik vergaß sie, dass es mit den Byaku-gan für sie eine Leichtigkeit gewesen wäre. Stattdessen hielt sie den Atem an und lauschte. Doch dadurch wurde sie nicht wirklich schlauer. „Wenn die so weitermachen wecken sie die ganze Straße auf“, fuhr es ihr durch den Kopf und kaum hatte sie den Gedanken beendet, als in dem Haus hinter ihr das Licht in einem Zimmer angemacht wurde. Ein verschlafenes „Verschwindet!“ blieb jedoch alles an Reaktion. Doch es reichte um die Aufmerksamkeit der Betrunkenen, deren schattenhafte Gestalten Hinata, dank des hell erleuchteten Zimmers hinter ihr, wieder erkennen konnte, in ihre Richtung zu lenken. Einer entdeckte sie und schwankte auf sie zu. „He! Was wills ’en su?“, lallte er und kam vor ihr zum Stehen. Aus geweiteten Augen starrte Hinata in das Gesicht, das sich jetzt im Licht befand. Sie brauchte einen Augenblick um ihre Stimme wieder zu finden. „Naruto“, brachte sie dann doch nur flüsternd hervor. Der große Junge mit der verstrubbelten Frisur blickte aus glasigen Augen auf sie hinab. Er schwankte selbst jetzt, obwohl er sich nicht bewegte. „Hinata!“, er grinste breit und fiel dann in Zeitlupe nach vorne. Geistesgegenwärtig schaffte sie es irgendwie ihn aufzufangen. Jetzt hing er mit seinem gesamten Gewicht auf ihrer Schulter und grinste sie noch immer an. Ein betäubender Geruch von Alkohol umgab ihn. Besorgt blickte Hinata auf die Gestalt an ihrer Seite. Sie musste um ihr Gleichgewicht kämpfen, Naruto war im Laufe der Jahre gewachsen und muskulöser geworden. Sie stand unter Schock und konnte die Situation nicht in vollem Maße wahrnehmen. In diesem Augenblick tauchten weitere schwankende Gestalten im Lichtkreis auf. Hinata kannte sie alle. Der dicke Choji Akimichi stützte sich auf die Schulter von Shikamaru Nara, der ungehalten versuchte seinen Freund weg zu schieben und dabei nicht umzufallen. Dabei stritten sie lautstark. „Ej, du has selber swei Beine!“ „Du auch!“ Die anderen Beiden waren Hinatas alte Teamkollegen Shino Aburame und Kiba Inuzuka. Während Kiba breit grinsend mit einer fast leeren Flasche, vermutlich Sake, ähnlich Naruto, auf sie zu schlurfte, war Shino der einzige, der noch geradeaus gehen konnte. Doch Hinata kannte ihn gut genug um zu erkennen, dass er nicht weniger betrunken war, als die anderen. „Hinata, altes Haus!“, Kiba schlug ihr mit seiner Hand heftig auf die Schulter, nahm einen Schluck aus seiner Flasche und hielt sie dann Hinata vor die Nase, die so verblüfft war, dass sie zugriff. Kiba lachte und wankte dabei bedrohlich. Naruto richtete sich mühsam auf und legte einen Arm wie selbstverständlich um Hinatas Schultern. Überrascht zuckte sie zusammen und stand wie erstarrt. Naruto schien es nicht zu bemerken. Er nahm ihr die Flasche aus der Hand und leerte sie, bevor er sie achtlos zu Boden fallen ließ. „Du Blödmann! Das war meine“, beschwerte sich Kiba. „Is’och egal“, Naruto grinste schon wieder und lehnte sich gegen Hinata um nicht umzufallen. „Du glaubs auch dir gehört alls! Du…“ Kiba rang in seiner Wut nach Worten. Dann drehte er sich schwungvoll um, wobei er beinahe auf dem Pflaster ausrutschte und wankte davon. Shino warf einen Blick auf Naruto, der ihn herausfordernd angrinste, und folgte dann Kiba. Shikamaru und Choji schienen Hinata gar nicht wahrgenommen zu haben. In ihrem Streit vertieft folgten sie den beiden anderen und benötigten dabei die gesamte Straßenbreite. „Ihr Feiglinge!“, rief Naruto ihnen nach, doch sie reagierten nicht. Dann drehte er sich noch immer grinsend zu Hinata um und nahm dabei seinen Arm von ihren Schultern, was sie erleichtert registrierte und sogleich ihren Herzschlag zu beruhigen versuchte. Doch das half nicht lange, denn Naruto verlor erneut das Gleichgewicht und erschrocken fing sie ihn ein zweites Mal auf. „Naruto-kun?“, fragte sie unsicher, doch der Angesprochene rührte sich nicht. Vorsichtig fühlte Hinata seinen Puls, war sich aber nicht sicher ob sie nicht ihr eigenes rasendes Herz gespürt hatte. Erste Hilfe war noch nie ihr Gebiet gewesen. Wie so vieles nicht. Sie seufzte leise und strich Naruto die nassen blonden Haare aus dem Gesicht. Er reagierte noch immer nicht. Es würde wohl das Beste sein, wenn sie ihn nach Hause brachte. Wenn sie noch lange im Regen stehen bleiben würde, würden sie beide die nächsten Tage eine Lungenentzündung bekommen. Umständlich legte Hinata sich Narutos Arm um die Schulter und ihren eigenen um seine Hüfte. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter. Ein schelmisches Grinsen zierte noch immer sein Gesicht. Es war anstrengender als sie gedacht hatte. Naruto hatte keinerlei Kontrolle mehr über seinen Körper und hing auf ihrer Schulter wie ein nasser Sack. Die Straßen waren noch immer menschenleer; wenigstens hatte es aufgehört in Strömen zu regnen. Das Wetter beschränkte sich auf ein geräuschloses Nieseln. Hinata war froh darüber, dass sie wusste wo Narutos Wohnung lag und wie sie auf dem schnellsten Weg dorthin gelangen konnte. Ihre Schwärmereinen waren also doch zu etwas nütze gewesen. Damals war hatte sie bei seinem bloßen Anblick Herzklopfen bekommen und hatte kein Wort mehr hervorbringen können. Als sie ihn mit den Jahren immer seltener gesehen hatte, war sie darüber hinweg gekommen. Das hatte sie zumindest geglaubt. Jetzt, ausgerechnet heute, begann ihr Herz wieder wie wild zu schlagen und ihr Blut schoss in ihre Wangen. Gedankenverloren bugsierte sie Naruto durch kleine Nebenstraßen. Sie erreichte den Park, der stumm und schwarz auf sie zu warten schien. Wenn etwas schlimmer war als dunkle Gassen dann war es ein dunkler Park. Sie wurde nervös und zögerte. Plötzlich regte sich Naruto. Vorsichtig gab sie seinen Arm frei, als er sich schwankend aufrichtete. „Naruto-kun? Geht es dir besser?“ fragte sie vorsichtig. Naruto gab keine Antwort, er wankte einige Schritte, bis er den Wegrand des Parks erreicht hatte, fiel auf die Knie und übergab sich. Hinata zuckte zurück. Doch dann hockte sie sich neben ihn und strich unsicher über seinen bebenden Rücken. Sie war sich nicht sicher ob er sie überhaupt bemerkte, doch sie wusste nicht wie sie ihm sonst hätte helfen sollen und war froh überhaupt etwas tun zu können. Es dauerte eine Weile bis Naruto sich keuchend mit der Hand über den Mund fuhr. Er zitterte am gesamten Körper, während er auf dem nassen Boden hocken blieb. „Du kannst nicht hier sitzen bleiben, Naruto-kun. Lass uns gehen“, Hinata versuchte ein Lächeln als Naruto sie mit leerem Blick anstarrte. Er sagte nichts, ergriff jedoch ihre Hand und stand mit ihrer Hilfe auf. Besorgt musterte sie ihn. Er war käseweiß im Gesicht und seine Augen schienen durch sie hindurch zu blicken. Seine nassen Haare klebten ihm im Gesicht und Regen tropfte von seiner Nase. Teilnahmslos stand er mitten auf dem steinigen Parkweg und bebte vor Kälte. Obwohl sie sich am liebsten auf die nächste Bank gesetzt und geweint hätte, ergriff sie seine kalte Hand und sagte bestimmt: „Naruto-kun? Wir gehen jetzt nach Hause.“ Zum wiederholten Mal fiel ihr der Haustürschlüssel aus den klammen Fingern auf den Boden des dreckigen Mietshausflures. Hinata hob ihn auf und stocherte in der Dunkelheit nach dem Schlüsselloch. Sie hatte den Lichtschalter nicht finden können und Naruto war noch immer keine große Hilfe. Er lehnte an der Wand neben dem Treppenaufgang und hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben. Er war weiß wie ein Gespenst und schien nicht mehr in dieser Welt zu wandeln. Er hatte sich noch zwei weitere Male übergeben und Hinata hoffte, dass sein Körper jetzt allen giftigen Alkohol losgeworden war. Die Tür öffnete sich zu ihrer Überraschung geräuschlos und den Lichtschalter fand sie genau dort wo sie ihn vermutete: an der rechten Wand neben der Tür. Eine schwache Glühbirne erwachte zum Leben und erhellte den schmalen Flur. Rasch nahm Hinata Naruto bei der Hand und lotste ihn in seine Wohnung. Sorgfältig schloss sie die Tür und versuchte sich zu orientieren. Der Flur führte geradewegs in einen Raum, der wohl zugleich Küche, Wohn- und Schlafzimmer war. Die Lampe war nicht ganz so altersschwach wie ihre Kollegin im Flur und verbreitete ein angenehmes Licht. Das Bett, an der rechten Wand des Zimmers, war unordentlich und darum herum lagen verstreut einzelne Kleidungsstücke. Mitten im Raum stand ein kleiner hölzerner Tisch, auf dem sich zahlreiche Überreste vergangener Mahlzeiten stapelten, mit drei Stühlen. Die Küchenzeile an der linken Seite des Zimmers war noch mehr zugemüllt. Ein Poltern ließ Hinata aus ihrer Beobachtung aufschrecken. Der Flur war leer als sie ihn erreichte und Naruto verschwunden. „Naruto-kun?“, rief Hinata leise. Aus dem einzigen angrenzenden Raum hörte sie ein Würgen und schob die Tür hastig auf. Erleichtert registrierte sie, dass Naruto das Badezimmer alleine gefunden hatte. „Ich hole dir Wasser“, sagte sie laut, war sich aber nicht sicher ob er sie gehört hatte. Sie konnte sich selbst beruhigen wenn sie sprach, dass hatte sie mittlerweile herausgefunden. In der gesamten Küche schien es kein sauberes Glas mehr zu geben. Sie suchte eine Weile herum, gab schließlich auf und spülte eines der schmutzigen weitgehend aus. Dann füllte sie es mit sauberem Wasser aus dem Hahn und ging zurück zu Naruto. Der Blonde saß entkräftet vor dem Waschbecken und öffnete die Augen erst als sie sich vor ihn hockte. Sein Blick war ein wenig klarer geworden. „Hier, du solltest etwas trinken“, sagte sie leise und war überrascht als er selbstständig nach dem Glas griff. Still beobachtete sie ihn wie er zögernd wenige Schlucke trank. Er setzte das Glas ab und der Blick seiner blauen Augen richtete sich auf sie. „Danke“, murmelte er leise und nahm noch einen Schluck Wasser. Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber. Naruto, eingepfercht zwischen Toilette, Waschbecken und Dusche, während Hinata auf ihren Beinen mitten in der Tür zum Flur saß. Sie bemerkte wie die alte Beklemmung wieder in ihr aufkeimte, die sie damals so erfolgreich daran gehindert hatte ein normales Gespräch mit Naruto zu führen. Der Blick seiner Augen irritierte sie noch immer und so war sie beinahe froh, als er den Kopf nach hinten gegen das Waschbecken lehnte und sie nicht mehr ansah. Im gleichen Augenblick hoffte sie jedoch genau darauf. Du törichte Ziege! , schalt sie sich selbst, Zwei ganze Jahr verschwendest du kaum einen Gedanken an ihn und jetzt beobachtest du ihn wieder verstohlen. Hör auf damit! Ertappt wandte sie den Blick ab und sah zu Boden. Alte Liebe rostet nicht, flüsterte eine leise hämische Stimme in ihrem Kopf. „Das stimmt nicht“, murmelte Hinata trotzig und ballte ihre Hand zur Faust. Naruto regte sich und warf ihr einen fragenden Blick zu. Dann setzte er sich so behutsam auf, als vertraute er seinem Körper nicht mehr. „Du brauchst nicht zu bleiben“, sagte er langsam und sah sie fest an. Hinatas Herz machte einen kleinen Hüpfer und sie spürte wie sie unter seinem Blick errötete. Dumme Ziege! Hör auf! „Ich…“, stammelte sie und verstummte wieder. Ihre innere Stimme gab einfach keine Ruhe. Tu es dir selbst nicht an! , schrie sie sich stumm an. Naruto wandte seinen Blick abrupt ab und fuhr sich mit zitternder Hand durch die nassen Haare, die ihm danach in die Augen fielen. Hinata glaubte zu spüren, dass das Rot auf ihren Wangen noch eine Spur tiefer wurde und schämte sich sogleich dafür. „Vielleicht wäre es sogar besser so“, sagte er leise, „wenn du gehst.“ Ihr Herz schien auszusetzen. Die Hand, ohnehin schon geballt, verkrampfte sich. Na bitte! Da hast du’s!, triumphierte die Stimme in ihrem Kopf. Hinata biss sich auf ihre Unterlippe und atmete tief ein. Endlich klärten sich ihre Gedanken wieder, zumindest ein wenig. Im Bruchteil einer Sekunde beschloss sie so zu tun, als hätte sie seine Worte nicht gehört. „Naruto-kun, du solltest dir trockene Kleidung anziehen. Auf jeden Fall musst du aus den nassen Klamotten raus“, sagte sie so bestimmt wie möglich und machte Anstalten aufzustehen. Naruto starrte sie an wie eine Erscheinung. „Äh, Hinata, ich, ähm“, brachte er hervor und machte eine Bewegung, als wollte er sie zurückhalten, doch er führte sie nicht zu Ende. „Darf ich nachsehen ob ich etwas für dich finde?“, fragte sie und erhob sich schnell, bevor er noch etwas sagen konnte. Naruto seufzte, während Hinata erneut den spärlich erhellten Flur betrat. Er will dich wirklich nicht in seiner Wohnung haben, stellte die Stimme in ihrem Kopf fest und machte alles nur noch schlimmer. Einen Augenblick übte die Haustür eine starke Anziehung auf Hinata aus. Sie würde einfach verschwinden können, genau so wie er es wollte. Dann kam ihr in den Sinn, wie hilflos er noch vor wenigen Minuten gewesen war und wandte sich von der Tür ab. Alle Kleider, die Naruto im Zimmer verteilt hatte, schienen mehr oder weniger schmutzig zu sein. Vergeblich suchte Hinata nach einem Schrank mit sauberer Wäsche. „Was brauchst du denn so lange?“, kam plötzlich Narutos Stimme von der Zimmertür her. Hinata blickte auf. Deutlich war der Ärger zu hören gewesen, der für sie wie ein Schlag ins Gesicht war, und sie zu ihrem Entsetzen an ihren Vater erinnerte. Naruto lehnte mit verschränkten Armen am Türrahmen und beobachtete sie düster. Gut. Wenn er sich weiterhin so verhielt war es einfacher für sie. Blindlings griff sie in einen Stapel Wäsche, der nicht ganz so unordentlich und schmutzig war wie der Rest, und zog eine Hose und ein T-shirt hervor. Die hielt sie Naruto mit ausgestrecktem Arm entgegen und beobachtete, wie er ihr einen düsteren Blick zuwarf und, noch immer unsicher auf den Beinen, auf sie zukam. Kaum hatte er die Kleidungsstücke ergriffen ließ Hinata sie los und wandte sich ab. „Willst du etwas essen?“, fragte sie und bemühte sich um einen möglichst harten und kalten Unterton. „Nein“, knurrte Naruto und kehrte ihr ebenfalls den Rücken zu. Erneut spürte Hinata einen Stich in ihrer Brust und plötzlich kämpfte sie mit den Tränen. Heulsuse! , stellte die Stimme in ihrem Kopf fest; war ja klar, dass du es nicht durchhalten würdest! Du bist echt eine Versagerin! Sie schloss die Augen und versuchte erneut sich zu beruhigen, doch dieses Mal wollte es ihr nicht gelingen. Die Tränen suchten sich ihren Weg unter ihren fest zusammengepressten Augenlidern hervor. Da landete etwas Weiches auf ihrem Kopf. Erschrocken öffnete sie die Augen und blieb wie festgenagelt stehen. „Jetzt nimm es endlich! Sonst bin ich es schuld wenn du krank wirst“, hörte sie Narutos murrende Stimme in ihrem Rücken. Langsam zog sie den langen Pullover von ihren Haaren und hielt ihn vor ihre Brust gedrückt. Mit dem Handrücken fuhr sie sich hastig über ihre Augen und bedankte sich murmelnd. Einen Augenblick zögerte sie, dann wandte sie sich zu Naruto um. Er hatte seine Kleider bereits gewechselt und blickte stur an ihr vorbei. „Ich, ich geh mich umziehen“, der Fußboden schien ihr ein besserer Ansprechpartner, als der Blonde. Sie bekam trotzdem keine Antwort. Hastig stolperte sie auf den Flur und versicherte sich mit einem Blick über ihre Schulter, dass Naruto geblieben war wo er gestanden hatte. Dann zog sie ihre durchnässte Weste und das Shirt darunter über den Kopf und griff eilig nach dem Pullover. Er war warm und weich und reichte ihr hinunter bis auf die Knie. Kurz entschlossen zog sie auch ihre Hose und Sandalen aus. Augenblicklich wurde ihr wärmer. Endlich keine nasse Kleidung mehr. Ihre nackten Füße tappten leise über den Holzboden, als sie wieder in die Wohnküche trat. Naruto stand wie sie ihn verlassen hatte. Sein Blick streifte sie kurz und er wich einige Schritte zurück. Schnell sank er auf einen der hölzernen Stühle und stütze seinen Kopf mit den Händen ab. „Naruto-kun? Alles in Ordnung?“, mit wenigen Schritten war Hinata neben ihm. Sie bekam keine Antwort. Auch nicht nachdem sie ihre Frage wiederholt hatte. Er musste seine Reserven aufgebraucht haben und spürte den Alkohol in seinem Körper mit Sicherheit wieder stärker. Mitleid kam in ihr auf und sie schämte sich, dass sie zuerst gedacht hatte er wäre noch immer sauer auf sie. Behutsam ergriff sie ihn am Arm und zog ihn auf die Füße. Teilnahmslos ließ er sich zu seinem Bett bugsieren und setzte sich widerstandslos auf die Matratzenkante. Wenig später lag Naruto zugedeckt im Bett. Er drehte sich auf die Seite und folgte Hinatas Bewegungen mit den Augen, während sie ein Glas Wasser auf seinem Nachttisch abstellte. Dann schloss er erschöpft die Augen. Hinata kniete sich auf den Boden neben dem Bett. Wenn ich nur warte bis er eingeschlafen ist und dann gehe wird er nicht auf mich böse sein, oder?, fragte sie sich selbst und widerstand dem Drang Naruto die Haare aus dem Gesicht zu streichen. „Er wird nicht böse sein“, flüsterte sie sich selbst zu. Wenn du meinst, fügte ihre innere Stimme ungefragt ihre Meinung hinzu. Kurz darauf waren sie beide eingeschlafen. In dem warmen Pullover zusammengerollt kam ihr selbst der harte Fußboden weicher vor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)