Digimon Destiny von Kiripurin (season 6) ================================================================================ Kapitel 24: Yukikos Alltag -------------------------- Voll konzentriert starrte ich auf den Fernseherbildschirm und beobachtete, wie der Gegner zu Boden ging. Ich lehnte mich auf meinem Sitz-Sack zurück und legte den Controller der Konsole auf den Boden neben mich. Auch wenn viele es mir nicht zutrauten und dachten, dass ich in meiner Freizeit immer irgendein Buch lesen würde, war ich verrückt nach Aktion-Spielen, sei es auf meinem GameBoy, der PlayStation oder auf der Wii. Zugegeben, das war auch nicht gerade eine Beschäftigung mit der man angeben konnte, deswegen redete ich eigentlich auch nicht in der Schule darüber, aber meiner Meinung nach war das noch immer besser, als jedes Wochenende auf irgendeine Party zu gehen. Laut hatte ich das noch nie, außer vor Honoka und meiner Mutter, gesagt, ich hatte nämlich viel zu sehr Angst davor, was die anderen dann über mich sagen würde. Ja, ich machte mir definitiv viel zu sehr daraus, was andere von mir hielten. Das war auch ein Grund, wieso ich nichts redete, weil ich immer Angst hatte, etwas Falsches zu sagen. Honoka war da ganz anders als ich, sie scherte sich einen Dreck um die Meinung anderer und machte einfach das, was ihr gefiel, deswegen bewunderte ich sie ja auch so. Ich nahm den Controller wieder in die Hand und widmete mich dem nächsten Level. Ein Talent war ich nicht in solchen Spielen, sehr kompliziert durften sie nicht sein. Außerdem brauchte ich immer Ewigkeiten, bis ich eines ganz durchgespielt hatte. Honoka war da viel besser als ich, sie machte mich jedes Mal fertig, das war schon sehr deprimierend … Plötzlich hörte ich meine Mutter meinen Namen rufen. Ich drückte auf „Pause“, erhob mich von meinem Sack und marschierte zur geschlossenen Tür. Nachdem ich sie aufgemacht hatte, streckte ich meinen Kopf hinaus und sah mich suchend in der Wohnung um, ob ich sie irgendwo sehen konnte. „Ja?“, fragte ich, woraufhin meine Mama aus dem Badezimmer trat. „Ich treff mich jetzt mit Karumi“, erklärte sie mir und ging auf mich zu, während sie gerade ihren Ohrring in ihr Ohrloch stach, „Das heißt du bist dann alleine zu Hause.“ Karumi war der neue Freund meiner Mutter. Sie kannte ihn seit einer Woche und schwärte mir seitdem jeden Tag vor, wie toll er nicht war. Ich hatte nichts gegen ihn, im Gegenteil, er war gutaussehend und lustig. Ob ich ihn akzeptierte oder nicht, war ein wichtiger Faktor, ob sie länger mit ihm zusammen blieb. Sie meinte immer, dass sie sich nie einen Mann nehmen würde, mit dem ich mich nicht verstand und dafür war ich ihr sehr dankbar. „Okay, passt. Wann bist du ungefähr wieder zurück?“ „Ich weiß nicht, vielleicht komm ich heute auch gar nicht nach Hause“, entgegnete sie mir und grinste mich an. „Na dann, also viel Spaß“, gab ich zurück, woraufhin sie sich ihre Handtasche schnappte und in ihre Schuhe schlüpfte, „Tschüss.“ „Tschau“, verabschiedete sie sich und verließ die Wohnung. Jetzt war ich alleine, wieder einmal. Mir machte es nichts aus, alleine zu sein. Ich hatte es zwar auch gern, wenn Honoka bei mir war, aber richtig einsam war ich nie. Honoka war eigentlich meine einzige richtige Freundin. Sonst kannte ich vielleicht ein Mädchen, mit dem ich mich auch privat traf und das ziemlich selten. Aber ich brauchte eigentlich auch nicht mehr Freunde, das reichte vollkommen und jetzt kamen ja auch noch die ganzen Digi-Ritter dazu, zumindest hoffte ich das. Mit Ryan und Alice würde ich mich nie anfreunden. Die beiden waren solche Personen, vor denen ich Achtung hatte, weil sie sich immer so cool gaben. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass sie mich nicht leiden konnten. Wer war ich denn schon? Ein schüchternes Mädchen, mit dem man so wenig wie möglich zu tun haben wollte. Aber bei Hime und Shunichi war das etwas anderes. Sie redeten mit mir und nahmen mich war. Sie waren solche Menschen, die bei jedem gut ankamen. Wahrscheinlich lag das daran, dass sie fast keine schlechten Eigenschaften hatten, auf die Schnelle viel mir zum Beispiel nichts ein. Rico war da wieder ein Thema für sich. Er ignorierte mich, aber trotzdem konnte ich mit ihm relativ normal reden. Ich mochte ihn, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er ziemlich gutaussehend war. Bevor die Sache mit den Digimon angefangen hatte, hatte ich ein wenig Angst vor ihm gehabt, das musste ich zugeben, aber wenn man ihn nur ein bisschen näher kennen lernte, merkte man, dass er eigentlich ganz nett war. Und dann war da noch Nayuta, den ich sehr mochte. Ich wusste nicht genau was es war, dass mich glücklich machte, wenn ich ihn sah. Vielleicht lag meine große Zuneigung zu ihm auch nur daran, dass er mir viel Aufmerksamkeit schenkte. Dass er nicht dasselbe für mich empfand wusste ich, aber trotzdem hielt mich das nicht davon ab, ständig von ihm zu träumen. Ich ließ mich wieder auf meinen Sitz-Sack fallen und beschloss einfach weiter zu spielen. Dabei steckte ich Kopfhörer an mein Handy an, um Musik zu hören, mit Musik ging nämlich alles viel einfacher. Doch nach wenigen Minuten musste ich feststellen, dass die Kopfhörer ihren Geist aufgaben. Ich durchkramte einige Laden, doch nirgends waren Ersatz. Dann musste ich wohl oder übel welche kaufen gehen. Morgen hatten wir Freistunde und außerdem benötigte ich auf dem Hinweg zur Schule immer Musik. Normalerweise würde ich jetzt Honoka anrufen, aber das war gerade nicht möglich. Sie hatte ein Date mit Rico, auch wenn ich noch immer nicht genau wusste, wie sie das angestellte hatte. Also schnappte ich mir eine Tasche, schmiss mein Handy und mein Geldbörsl hinein, verließ die Wohnung und machte mich auf den Weg. Ich wohnte gar nicht weit von den Geschäften weg, das war ziemlich praktisch, wenn man schnell irgendetwas zu kaufen hatte. Schon bald war ich in der richtigen Straße angelangt und hatte mit meinen Händen fest den Griff meiner Tasche umschlossen. Ich hasste es, alleine wo hin zu gehen und das lag nicht daran, dass ich Angst hatte, von irgendwelchen komischen Typen überfallen zu werden. Das war eher meine kleinste Sorge, immerhin würden mich solche Menschen ja gar nicht bemerken. Nein, ich fühlte mich einfach unwohl. Ich kam mir immer so seltsam vor, wenn ich alleine ging. Außerdem starrte ich die ganze Zeit auf den Boden, die Leute die an mir vorbei kamen, dachten sich sicher, dass ich bescheuert wäre. Wenn ich versuchte, gerade aus zu schauen, funktionierte das vielleicht für ein paar Sekunden, aber länger hielt ich es nie aus. Zum Glück war ich schnell beim Geschäft angelangt und trat ein. Sofort steuerte ich auf die Abteilung zu, wo ich das finden würde, was ich brauchte. Doch ich wurde langsamer, als ich plötzlich einen Jungen dort stehen sah, der mit mir in die Grundschule gegangen war. Sofort bog ich nach links ab, stellte mich vor das Regal mit den USB-Sticks und tat so, als ob ich etwas suchen würde. Ich hatte Angst und ich wusste, dass das lächerlich war. Mir war nie wohl dabei, irgendwelchen Leuten, vor allem Jungs, die ich kannte, über den Weg zu laufen, weil sie mich immer ignorierten und das war absolut nicht gut für mein Selbstwertgefühl. Ich hasste es zwar, wenn die Aufmerksamkeit bei mir lag, aber ich konnte ja wenigstens erwarten, dass man mich wahr nahm und mich grüßte, oder? Das war nämlich der springende Punkt. Irgendwie hielten es die Leute nie für nötig mich zu grüßen. Ich hatte keine Ahnung, warum. Vielleicht strahlte ich eine dunkle Aura aus, oder sie konnten mich einfach nicht leiden … ich wusste es nicht. Wenn einer den Grund kannte, würde ich ihn gerne erfahren. Aber ich musste mir jetzt überlegen, was ich tun würde, schließlich konnte ich nicht ewig hier stehen bleiben. Eines von meinen Problemen war übrigens, dass ich zu viel nachdachte, bevor ich nur einen Finger rührte. Deswegen ging bei mir alles immer nur ziemlich langsam voran. Aber egal, zurück zum Thema. Ich würde jetzt einfach noch einmal zum Kopfhörer-Regal gehen. Wenn der Junge aus der Grundschule, der übrigens Mishi hieß, noch dort stehen würde, würde ich ihn einfach grüßen. Das war so etwas wie eine Mutprobe für mich. Ich würde lieber Bungee-Jumping machen, ganz ehrlich. Wenn Mishi aber nicht mehr dort stehen würde, hatte ich schlicht und ergreifend Glück. Also holte ich einmal tief Luft und machte mich wieder auf den Weg zu meinem eigentlichen Einkaufsziel. Ich stellte fest, dass der Junge gerade dabei war, in meine Richtung zu gehen. War ja klar, wäre ich nur ein paar Sekunden später los gegangen. Doch ich würde das jetzt durchziehen, ein einfaches „Hallo“ konnte ja nicht so schwer sein. Wir kamen immer weiter auf einander zu und ich suchte Blickkontakt zu ihm. Ich hatte mir angewöhnt, nur Leute zu grüßen, die wenigstens einmal kurz den Kopf zu mir gedreht hatten, um sicher zu gehen, dass sie mich auch bemerkt hatten. Wenn sie das nämlich nicht taten und ich grüßte sie, kam nie etwas zurück. Bei Mishi hatte ich jetzt keinen Blickkontakt herstellen können, aber ich nahm mir vor, ihn trotzdem zu grüßen. „Hallo“, meinte ich leise und kaum hörbar, als wir nur noch einen Meter von einander entfernt waren. Ich blickte ihn so lange an, bis er an mir vorbei gegangen war. Er hatte keinen Ton gesagt, das war erniedrigend. Manchmal fragte ich mich, ob die Leute mich wirklich nicht sahen oder erkannten, oder ob sie mich absichtlich ignorierten. Ich tippte eher aufs zweite. Es war ja eh immer das gleiche … Ich gab zu, dass ich auch nicht immer grüßte, eben wenn ich merkte, dass ich Luft für die andere Person war. Aber wenn jemand „Hi“ zu mir sagte, gab ich das auch immer zurück. Die einzige Ausnahme war, wenn ich zu spät merkte, dass ich angesprochen war, das war mir dann auch immer sehr peinlich. Seufzend stellte ich mich eben vor das Regal mit den Kopfhörern und nahm die in die Hand, die ich brauchte. Ich sah mich noch ein wenig im Geschäft um, um zu sehen, was es so Neues gab. Als ich der Meinung war, dass es nichts Interessantes gab, ging ich zur Kassa, um zu bezahlen. Nachdem ich der Verkäuferin das Geld gereicht hatte, verließ ich den Laden und überlegte kurz, was ich nun tun würde. Heim gehen, oder noch irgendwo anders hin schauen? Eigentlich war es ziemlich unnötig, nur wegen den Kopfhörern in der Stadt zu sein, also beschloss ich noch ein Paar Geschäfte abzuklappern. Viel Geld hatte ich nicht mit, aber ich sah mich ja nicht unbedingt um, um etwas zu kaufen. Ich wollte schon in den nächsten Laden rein gehen, als mich plötzlich ein komisches Gefühl überkam, das mich inne halten ließ. Sofort blieb ich einen Meter vorm Eingang stehen, sodass sich die automatische Schiebetür öffnete. „Wollen Sie nicht rein kommen?“, fragte mich eine Verkäuferin, die gerade Regale in der Nähe des Einganges einräumte. „Nein“, entgegnete ich ihr schnell und leise und blickte hinauf zum Himmel. Ich sah mich dort oben um, fand aber nichts Spektakuläres. Er war einfach nur grau und mit vielen Wolken bedeckt, eigentlich sah es so aus, als ob es jeden Moment zu regnen anfangen würde. Doch plötzlich konnte ich in der Ferne einen Vogel entdecken, der gerade dabei war, abzustürzen. Das war kein normaler Vogel … das war Takomon! Ich setzte mich in Bewegung und ging schnellen Schrittes auf den Ort zu, wo ich vermutete, dass es abgestürzt war. Was hatte es denn? Ob es verletzt war? Ich musste es herausfinden und auch wenn es keine Hilfe wollte, würde ich ihm helfen. Schließlich war es mein Partner und ich trug die Verantwortung für es. Es dauerte nicht lange, bis ich an meinem Zielort ankam, da ich das letzte Stück gerannt war. Die Leute hatten mich zwar komisch angesehen, aber ehrlich gesagt, war mir das in dem Moment egal. Gute Einstellung! Tatsächlich entdeckte ich unter einem Baum mein Digimon. Es sah verletzt aus und ich eilte zu ihm und hockelte mich neben ihm auf den Boden. Mein Blick viel sofort auf seinen Flügel, in dem sich ein Zweig verfangen hatte. Wahrscheinlich konnte es deswegen nicht gescheit fliegen. „Verschwinde! Was willst du?“, wollte es von mir wissen und funkelte mich böse an. „Dir …“, setzte ich an, sah mich dann aber um und fuhr in flüsterndem Ton fort, „Dir helfen, was ist passiert?“ Ein paar Menschen befanden sich um uns, die mich jetzt wahrscheinlich für verrückt hielten. Es kam ja nicht alle Tage vor, dass sich ein Mädchen neben einen Baum hockelte und sich mit dem Boden unterhielt. Deswegen dachte ich mir auch gerade einen Plan aus, wie ich hier so schnell wie möglich wegkam. „Das geht dich nichts an!“, gab es bissig zurück und wich ein Stück nach hinten, als ich meine Hand nach ihm ausstreckte, um es mitleidig zu streicheln. „Natürlich geht mich das was an!“, widersprach ich leise und war schon langsam von seiner egoistischen Art genervt, „Ich bin dein Partner, hast du das vergessen?“ Ich wollte schon Anstalten machen, es hoch zu heben und in meine Arme zu nehmen, doch es wehrte sich mit allem, was es hatte. Naja, wenn es so nicht ging, musste ich es eben auf die unbequeme Art und Weise machen. Takomon war geschwächt und das hieß, dass es eigentlich nichts dagegen machen konnte. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert. „Hey, was hast du vor?”, erkundigte es sich, als ich mein D-Maak aus meiner Tasche geholt hatte und sah mich mit großen Augen an. „Wenn du dich nicht von mir tragen lässt, musst du eben ins D-Maak“, erklärte ich und richtete das Gerät auf es. „Nein, warte!“, beschwerte es sich, doch es kam nicht mehr dazu viel mehr zu sagen, weil es nach einem kurzen rosa Lichtstrahl verschwunden war. Wow, es hatte tatsächlich geklappt. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen, weil ich etwas gegen seinen Willen tat, aber was hätte ich sonst tun sollen? Ich erhob mich und merkte, dass mich einige Leute anstarrten. Sie drehten sich aber schnell um und gingen weiter, wahrscheinlich wollten sie nicht von mir bemerkt werden. Ich verließ den Platz ebenfalls und beschloss nun, mich auf den Heimweg zu machen, um mich um Takomon zu kümmern. Ich wollte es so schnell wie möglich wieder aus dem D-Maak heraus holen. Ich stellte mir vor, dass da drinnen nicht viel Platz war und gerade spannend war es bestimmt auch nicht. Außerdem förderte das bestimmt nicht unsere Freundschaft. Als ich schon die Hälfte meines Weges geschafft hatte, entdeckte ich Nayuta. Er saß mitten in der Fußgängerzone auf einer Bank, die rund um die Umzäunung eines Baumens angebracht war. Neben ihm befand sich Kirbymon, das die Augen zu hatte. Er schien mich noch nicht bemerkt zu haben und ich blieb stehen, um zu überlegen, was ich jetzt tun würde. Ich betrachtete ihn eine Weile aus der Ferne und mir fiel auf, dass er ziemlich traurig wirkte. Irgendwie hatte ich den Drang mich zu ihm zu setzen und mir seine Probleme anzuhören. Ich würde gerne mit ihm reden. Nayuta war einer der wenigen Leute, die mit mir sprachen und außerdem kam es mir vor, als ob er Wert auf meine Meinung legen würde. Aber war das nicht etwas aufdringlich? Vielleicht wollte er alleine sein, warum sonst hätte er sich so einen Platz ausgesucht, wo man ihn nicht finden würde, wenn man ihn suchte? Noch dazu war ich bestimmt die letzte Person, der er seine Sorgen an den Hals werfen wollte. Warum sollte er gerade mir etwas anvertrauen? Ich beschloss auf Nummer sicher zu gehen. Ich würde einfach an ihm vorbei gehen, ihn grüßen und ihn nicht länger stören. Nachdem ich meine große Überlegerei beendet hatte, setzte ich mich wieder in Bewegung und ging auf ihn zu. Obwohl ich mich eigentlich am besten in sie hinein versetzen konnte, weil sie die Person ist, die am meisten meinen Charakter wieder spiegelt, fiel es mir nicht leicht sie zu schrieben =S Wahrscheinlich liegt das daran, dass man sein eigenes Verhalten nur schwer beschreiben und rechtfertigen kann, vor allem bei negativen Dingen. Ich weiß, dass sie mit ihrer selbstkritischen Art manchmal ziemlich nervig sein kann, aber eigentlich war mein Ziel bei Yukiko, den Lesern zu vermitteln, was sich schüchterne Leute so denken, wenn sie nichts reden. Ich hoffe ich rede nicht zu viel Blödsinn XP Also Fazit zu dem Kapi: Ich finde es eigentlich ziemlich gut gelungen ^^ Kiripurin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)