Digimon Destiny von Kiripurin (season 6) ================================================================================ Kapitel 41: Zeit der Vergebung ------------------------------ Über Nacht hatte es wieder geschneit. Nun lag eine dünne Schneedecke auf den Dächern, Wiesen und Straßen, die in den Strahlen der Sonne glitzerte. Nayuta war gerade auf dem Weg zum Spielplatz. Kirbymon war natürlich bei ihm. Es war noch ziemlich früh, der Junge sah nur hier und da ein paar Leute auf den Wegen. Warum er bereits unterwegs war? Rico hatte ihm eine SMS geschrieben, dass er reden wollte. Daraus hatte er geschlussfolgert, dass Alice gestern erfolgreich gewesen war. Und wenn Rico reden wollte, dann hatte er nichts dagegen sich anzuhören, was er zu sagen hatte. Bereits von zehn Meter Entfernung konnte er seinen ehemals besten Freund ausmachen. Er lehnte gegen das Klettergerüst und redete mit Acimon. Als er ihn ebenfalls entdeckte, verstummte er und blickte ihn an, bis Nayuta bei ihm angelangt war. Eine Weile sahen sie sich einfach nur an, ohne etwas zu sagen. Nayuta wurde langsam kalt vom Herumstehen und tappte nervös von einem Fuß auf den anderen. Was war denn nun? „Hi“, fing Rico endlich an zu reden. „Hi“, begrüßte er ihn ebenfalls, auch wenn er eigentlich schon seit einer halben Minute da war. „Dass du sogar einverstanden warst, dich mit mir zu treffen.“ „Ich hab noch immer Hoffnung, dass du dich entschuldigst“, sagte er es klipp und klar um zu verdeutlichen, dass er sich mit nichts anderem zufrieden gab. „Hab ich mir fast gedacht.“ „Und? Hast du es auch vor?“ Rico antwortete nicht sondern drehte sich zur Seite und blickte hinauf ihn den Himmel. Nayuta setzte ein verwirrtes Gesicht auf. Was sollte das denn jetzt? Manchmal war Rico echt seltsam. „Ich hab vor, dir alles zu erzählen“, entgegnete er ihm, während er seine Aufmerksamkeit wieder Nayuta widmete. „Was ‚alles‘?“ „Einfach alles. Alles, was ich dir je verschwiegen hab.“ Nayuta war überrascht. Meinte er das ernst? Hatte er sich da gerade verhört? Rico wollte keine Geheimnisse mehr vor ihm haben? Na da war er aber gespannt … „Na dann, ich höre.“ „Wo fang ich am besten an?“, sprach er seine Gedanken laut aus und wartete einen Moment, bevor er fortfuhr. „Wo du willst, muss in keiner chronologischen Reihenfolge sein.“ „Okay …“, meinte er, woraufhin er einmal tief ein und aus atmete, „Ich hab Ryan verprügelt, weil mir Hime erzählt hat, dass er Alice belästigt hat. Ich hab erst später von meiner Schwester selbst erfahren, dass das Blödsinn war, weil sie sich nämlich selbst darauf eingelassen hat. Ich wollte es dir nicht erzählen, weil ich damals noch nicht wusste, dass das eine Lüge war und ich Alice beschützen wollte.“ „Beschützen vor mir? Hast du geglaubt, dass ich es irgendwem weiter erzähle?“ „Nein, das nicht, aber ich hätte es eigentlich auch nicht wissen dürfen, deswegen hättest es du nicht auch noch erfahren müssen. Aber jetzt ist eh schon klar, dass es gar nicht stimmt, also kannst du es wissen.“ „Gut okay, das verstehe ich … Aber weißt du auch, warum ich so sauer war?“ „Ja, du hast es mir schließlich laut und deutlich gesagt und deswegen will ich dir jetzt auch noch mehr erzählen.“ „Nur zu.“ „Diesmal geht es um meine Eltern“, begann er und blickte dabei zu Boden, „Meine Familie ist längst nicht so, wie es scheint …“ Nayuta zog die Augenbrauen zusammen. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet. Wobei, hätte er es sich nicht eigentlich denken können? Er war fast noch nie bei Rico zu Hause gewesen und wenn er es einmal war, waren seine Eltern nicht da gewesen. Außerdem hatte Rico nie von seiner Familie gesprochen, da hätte ihm doch ein Licht aufgehen müssen. Hin und wieder hatte er schon mit dem Gedanken gespielt, dass da etwas nicht stimmte, aber er hatte es aufgrund Ricos abweisender Art zu dem Thema wieder verdrängt. Rico erzählte ihm alles, was es zu seiner Familie zu wissen gab, was keiner wusste. Er erzählte ihm, dass sich seine Eltern eigentlich schon immer so verhalten hatten und davon, was sie ihm und Alice alles angetan beziehungsweise nicht getan hatten. Er berichtete von den Streitereien und davon, dass sie oft betrunken nach Hause kamen und sie schon lange nicht mehr treu geblieben waren. Er erzählte ihm einfach alles, was ihm einfiel und er sich vorher überlegt hatte. „Warum hast du mir das nicht erzählt?“, konnte Nayuta nicht verstehen und blickte ihn vorwurfsvoll an, „Ich bin dein bester Freund. Vielleicht hätte ich dir nicht helfen können, aber wenigstens unterstützen! Du hättest dich bestimmt besser gefühlt, wenn du mit jemanden darüber gesprochen hättest.“ „Du hast sowieso schon genug Probleme gehabt, ich wollte dich nicht auch noch damit belasten …“ „Aber du belastest mich doch nicht! Ich bin immer für dich da, nur hast du mir noch nie wirklich Gelegenheit dazu gegeben, es dir zu beweisen!“ „Ich weiß, es tut mir leid …“, entschuldigte er sich, woraufhin Nayuta einen mitleidigen Blick aufsetzte, „Ich weiß, dass ich dir viel mehr erzählen hätte sollen. Du warst der einzige, der immer zu mir gestanden hat, aber ich hab dir nie gezeigt, dass ich das schätze. Vielleicht habe ich es früher sogar gar nicht getan … Ich brauchte nur ein paar Tritte in den Hintern, um es zu kapieren. Von dir, von Alice und Acimon.“ „Und was wirst du tun wegen deinen Eltern? Habt ihr es schon jemanden erzählt?“ „Nein, noch nicht, ich weiß nicht, was wir tun sollen …“ „Aber ihr müsst das doch melden! Das kann doch nicht ewig so weiter gehen! Oder willst du das etwa?“ „Nein, das will ich nicht, aber das Problem ist, dass wir nicht wissen, wo wir sonst hin sollen“, erklärte Rico mit trauriger Stimme, „Unsere Verwandten sind nicht viel besser als sie, ins Jugendheim wollen wir schon gar nicht und alleine leben können wir noch nicht, dazu sind wir zu jung.“ „Jetzt erzählst du mir einmal alles und ich hab keine Ahnung wie ich dir helfen kann“, meinte Nayuta, während er seufzend über seine Überflüssigkeit den Kopf schüttelte. Rico streckte seinen Arm nach seinem Freund aus und legte ihn um seine Schulter, um ihn an sich zu drücken. Nayuta weitete seine Augen, da er so eine Geste gar nicht gewohnt war. „Nein, Nayuta, du musst dir keine Vorwürfe machen“, entgegnete er und ließ seine Stirn auf seine Schulter sinken, „Das müssen Alice und ich schon alleine regeln, aber wenn ich Rat brauche, dann werde ich zu dir kommen und ich werde dich auf jeden Fall auf dem Laufenden halten.“ „Okay, damit bin ich einverstanden“, gab er zurück und lächelte kurz. „Aber eine Sache gibt es noch, die ich dir erzählen muss“, bemerkte Rico, nachdem er von ihm abgelassen hatte. „Noch etwas?“, fragte er und sah ihn verwundert an. Shunichi öffnete mit Mantamon auf dem Kopf die Tür zum Restaurant von Ryans Eltern. Es waren überhaupt keine Gäste da, kein Wunder, es war ja auch gerade erst mal zehn Uhr Vormittag. Er erblickte sofort den Vater seines besten Freundes, der Reserviert-Schilder auf die Tische verteilte. „Guten Morgen, Herr Sanoof“, begrüßte er ihn und bobachtete ihn. „Guten Morgen, Shunichi“, entgegnete er ihm lächelnd und hielt in seiner Bewegung inne. „Heute viele Reservierungen?“ „Ja, sieht so aus“, gab er zurück und machte wieder weiter, „Ryan schläft noch, denke ich.“ „Ja? Na gut, dann geh ich ihn mal aufwecken.“ Shunichi marschierte die Treppen nach oben und blieb, bevor er zu Ryan ging, bei Jimis Zimmer stehen. Das Kind war schon wach und es schien sich über den Besuch zu freuen. Nachdem Shunichi kurz mit ihm gespielt hatte, schaute er zu Ryan. „Ryan?“, fragte er und trat in den Raum ein. Baluamon, das auf Ryans Bett geschlafen hatte, sah nun auf und strahlte sofort, als es Mantamon erblickte. Ryan selbst saß auf dem Boden mit seinem Laptop auf der Schoß und einem Aschenbecher neben sich, in dem sich bereits eine ausgerauchte Zigarette befand. „Hey“, meinte der weißhaarige Junge und stellte den Laptop zur Seite, während Mantamon aufs Bett sprang und mit Baluamon herum tollte. „Hey, was hast du gestern so gemacht?“, erkundigte sich Shunichi, woraufhin er sich verkehrt auf den Schreibtischsessel setzte und sich mit seinen Armen auf der Rückenlehne abstützte. „Ach ich hab nur ein Digimon bekämpft und bin mit Alice unterwegs gewesen“, erklärte er ihm, als ob das nichts Besonderes wäre. „Warte mal, Digimon? Du meinst, Alice hat dich gefragt, ob du ihr helfen kannst?“, fragte er verblüfft. „Ja, sieht ganz danach aus“, erwiderte er und griff nach der Zigarettenschachtel, die neben ihm lag. „Bloß nicht!“, machte ihm Shunichi einen Strich durch die Rechnung und schmiss einen Stift nach ihm, der am Schreibtisch gelegen hatte, „Was hast du jetzt schon wieder getan?“ „Gar nichts“, verteidigte er sich und legte das Päckchen eben wieder hin, „Ich hab ihr lediglich gesagt, dass wenn sie einmal mit mir ausgeht, ich sie in Ruhe lassen werde, mehr nicht.“ „Kannst du sie nicht einfach so in Ruhe lassen?“ „Mach ich ja jetzt eh … Es sei denn, sie kann doch nicht genug von mir haben.“ „Wie meinst du das?“ „Ich denke, dass ihr der Nachmittag gestern recht gut gefallen hat. Deswegen kann es gut sein, dass sie sich von sich aus nochmal mit mir treffen will“, erklärte er und hob unschuldig seine Hände, „Ich mache auf jeden Fall nichts mehr.“ „Na gut, ich nehm das mal so hin“, bemerkte er, war aber noch immer skeptisch. „Warum bist du eigentlich hier?“ Shunichi erzählte Ryan alles, was es über Yui und Hime zu wissen gab. Ryan hatte zwar keine Freundin und war nicht wirklich nett zu den Mädchen, aber wenn er sich mit etwas auskannte, dann war es das weibliche Geschlecht. Warum sonst rannten ihm alle Mädchen hinterher? „Eigentlich wollte ich es ja vermeiden, dich um Beziehungs-Rat zu bitten, aber ich weiß echt nicht, wie ich das alles auf die Reihe kriegen soll“, beendete Shunichi seine Geschichte und starrte betrübt zu Boden. „Hm … Das hätte ich echt nicht von dir erwartet“, kommentierte Ryan nur mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ich ja auch nicht von mir.“ „Ich weiß echt nicht, warum du so herum trödelst. Trenn dich doch einfach von Yui. Niemand hat etwas davon, wenn du bei ihr bleibst. Klar, Yui jetzt, aber später ist sie diejenige, die die Arschkarte hat.“ „Das weiß ich doch schon alles.“ „Was willst du dann von mir?“ „Ich will wissen, wie ich mit Yui schlussmachen soll. Dir fällt bestimmt etwas ein, oder?“ „Sag ihr einfach alles“, meinte er schulterzuckend, „Dass du weißt, dass du sie nie lieben wirst, dass du es schon länger weißt, aber dich nicht getraut hast, es ihr zu sagen. Kurz gesagt: Dass du Hime willst und nicht sie.“ „Hime … Ich weiß ja noch nicht mal, ob ich sie will oder nicht.“ „Sag mal, hast du sie noch alle?“, fragte er, woraufhin er von seinem besten Freund verwirrt angeblickt wurde, „Jetzt sagt dir deine beste Freundin, die dir alles bedeutet, dass sie dich liebt und du weißt nicht, ob du sie willst?“ „Denkst du, dass das so einfach ist? Immerhin riskieren wir damit dann …“ „Nein, komm mir jetzt nicht damit, dass ihr dadurch eure Freundschaft zerstört“, viel Ryan ihm ins Wort und warf Shunichi den Stift zu, mit dem er zuvor abgeschossen worden war, „Es wird sowieso nicht so sein wie früher. Hime liebt dich und wenn ihr einfach so weiterhin befreundet seid, wird sie dass nur noch mehr tun. Mann, sei doch kein Idiot! Hime ist das Beste, was dir passieren kann, warum siehst du das denn nicht? Du magst sie doch, oder?“ „Ja, natürlich mag ich sie.“ „Na siehst du, worauf wartest du dann noch?“ „Ich weiß aber nicht, ob ich sie über Freundschaft hinaus auch mag …“ „Soll ich dir mal was sagen? Das einzige, das sich ändern wird ist, dass das Küssen und Rummachen dazu kommt. Sonst macht ihr eigentlich eh schon alles, was normale Pärchen auch machen.“ „Vielleicht hast du Recht …“ „Nicht nur vielleicht, ich hab Recht. Also sie zu, dass du mit Yui redest und dann ab zu Hime!“ Nayuta saß auf der Wohnzimmercouch und sah sich genau in Ricos Wohnung um. Es war lange her, als er das letzte Mal hier gewesen war und irgendwie hatte er sie kleiner in Erinnerung. Er hatte von Rico erfahren, was vor einmal Jahr wirklich passiert war. Nicht dass er jemals geglaubt hätte, dass er Ashley das wirklich angetan hatte, aber zu wissen, was tatsächlich passiert war, erleichterte ihn sehr. Zwar konnte er nicht nachvollziehen, warum er die Schuld auf sich genommen hatte, aber er hatte das nicht lang und breit diskutieren wollen. Diese Geschichte gehörte der Vergangenheit an und langsam wuchs eh schon Gras darüber. Rico war der Meinung gewesen, dass wenn er jetzt keine Geheimnisse mehr vor ihm hatte, Nayuta auch ruhig zu ihm nach Hause kommen konnte. Seine Eltern waren sowieso noch ein paar Tage fort. „Ich muss dann noch etwas erledigen“, meinte Rico, als er neben Nayuta Platz nahm und zwei Gläser auf den Wohnzimmerrisch stellte. „Was denn?“, fragte Nayuta neugierig, woraufhin aber keine Antwort kam, „Rico, jetzt fang nicht schon wieder an!“ „Jaja, schon gut …“, gab er etwas genervt zurück und lehnte sich an der Banklehne zurück, „Ich muss noch mit Honoka reden.“ „Mit Honoka? Wieso das denn?“, erkundigte er sich und nahm anschließend einen Schluck von seinem Getränk. „Ich war in letzter Zeit nicht sehr nett zu ihr“, erklärte er und starrte auf die Glasplatte des Tisches, „Und da sie sich anscheinend viel aus mir macht, finde ich es nicht fair von mir, so mit ihr umzugehen.“ „Das ist eine Untertreibung“, bemerkte Nayuta, woraufhin er ihn angrinste, „Honoka ist total in dich verschossen.“ „Ach Quatsch, du übertreibst doch …“, widersprach Rico und drehte sein leicht rot gewordenes Gesicht von Nayuta weg. „Und was war mit dem, was ihm Park passiert ist?!“, brachte sich auf einmal Acimon ein, während es aufgeregt auf und ab sprang. „Was ist im Park passiert?“, wollte Nayuta sofort wissen, was Rico aber nur mit einem Seufzen und Augenverdrehen kommentierte, „Beim Date? Komm schon, erzähl!“ „Sie haben sich geküsst!“, schrie Acimon durch die Wohnung. „Was? Ist das war?“, fragte er wieder, woraufhin er ihn ungläubig aber auch erwartungsvoll anblickte. „Nein, Honoka hat mich geküsst, das macht einen großen Unterschied“, korrigierte er es und verschränkte stur seine Arme. „Ach deswegen bist du ihr dann aus dem Weg gegangen.“ „Woher weißt du das eigentlich? Wir haben doch seitdem nichts mehr miteinander gesprochen.“ „Ich muss nicht mit dir reden, dass ich weiß, was abgeht“, erklärte er wissend und hatte noch immer ein Grinsen im Gesicht, „Ich hab dich so lange beobachtet, bis du abgehauen bist, versteht sich.“ „Ach ja …“ „Also? Magst du sie?“ „Auf jeden Fall nicht so, wie sie mich mag …“, antwortete er und drehte seinen Kopf wieder leicht beschämt weg. „Vielleicht kommt das ja noch.“ „Da kommt gar nichts, sie kann echt nervig sein, mit solchen Leuten komm ich nicht klar.“ „Na wenn du meinst … aber trotzdem denke ich nicht, dass sie sich so einfach abwimmeln lässt.“ „Vielleicht, wir werden sehen.“ Hime war gerade dabei, Alice alles zu erzählen, was gestern vorgefallen war. Die beiden Mädchen hatten beschlossen ein bisschen Spazieren zu gehen und die winterliche Landschaft zu genießen, während sie über die gestrigen Ereignisse redeten. „Und er sagt mir beinhart ins Gesicht, dass er sich noch nicht von Yui getrennt hat, als ich ihn gerade küssen wollte!“, regte sich Hime leise auf, „Ich meine, hätte ihm das nicht schon vorher einfallen können? Er hat alles zugelassen, egal was ich gemacht habe und als es am peinlichsten wird, rückt er mit der Wahrheit heraus.“ Alice wusste, dass sie ihrer besten Freundin zuhören sollte, war aber selber so in Gedanken versunken, dass sie es nicht tat. Sie dachte an Ryan, denn gestern war nach ihrem Date noch etwas passiert, das ihr keine Ruhe ließ. „Dann hab ich ihm einige unschöne Sachen an den Kopf geworfen, aber er hat es verdient“, erzählte sie weiter, blickte dabei aber traurig zu Boden, „Ich dachte echt nicht, dass Shunichi so ein Kerl ist. Liebe macht anscheinend wirklich blind, ich sehe in ihm etwas, das er gar nicht ist …“ Hime starrte dann eine Weile einfach nur nach unten und wartete, bis ihr Alice etwas entgegnen würde, doch es kam nichts. Verwirrt blickte sie neben sich und stellte fest, dass Alice nicht mehr an ihrer Seite ging. Das Mädchen blieb stehen und drehte sich um, um zu schauen, wo sie blieb und erblickte Alice gleich, wie sie vor einer Seitengasse stand und hinein starrte. „Alice?“, fragte Hime noch immer überrascht. Ein seltsames Gefühl durchlief Alice‘ Körper. Es war nicht das erste Mal, dass sie diese seltsame Anziehungskraft spürte. Es war ihr nicht gleich eingefallen, aber nun konnte sie es zuordnen. Das letzte Mal, als sie hier vorbeigekommen war, hatte sie dasselbe empfunden. Sie suchte irgendeinen Anhaltspunkt in der Dunkelheit der Seitengasse, sah aber weder irgendetwas leuchten, noch dass sich irgendetwas bewegte. Aber dort musste etwas sein. Was würde sie sonst so sehr anziehen, dass sie sich bemühen musste, nicht hineinzugehen? „Alice?“, drang Himes Stimme plötzlich zu ihr durch. Das Mädchen wandte sich zur Seite und blickte in das besorgte Gesicht ihrer besten Freundin. Sie hatte die Hand auf ihre Schulter gelegt. Alice schüttelte leicht ihren Kopf, weil sie gerade echt entgeistert ausgesehen haben musste. „Ich hab dich jetzt schon zweimal was gefragt“, meinte sie, während sie sie noch immer besorgt anschaute, „Was ist los?“ „Spürst du nichts?“, fragte sie und starrte wieder in die Gasse. „Was soll ich spüren?“, wollte sie wissen, nahm ihre Hand weg und folgte ihrem Blick. „Na dort … dort ist irgendetwas“, erklärte sie, woraufhin die beiden schweigend in die Dunkelheit blickten. „Nein, tut mir leid, ich spüre nichts“, antwortete Hime dann und trat einen Schritt von Alice weg, „Was genau spürst du denn?“ „Es ist fast so, als würde mich irgendetwas von dort anziehen“, erwiderte sie, wandte dann aber ihren Blick ab und ging weiter, „Ach egal, ich bilde mir sicher nur etwas ein.“ „Meinst du?“, erkundigte sie sich, während sie ihr hinterher eilte, „Also seit ich Fikadamon kenne, würde ich solche Dinge nicht unterschätzen. Wer weiß was alles möglich ist. Vielleicht hat das ja irgendetwas mit den Digimon zu tun.“ „Ach Quatsch, da ist bestimmt nichts, ansonsten würden Naokimon und Fikadamon doch auch etwas spüren“, tat Alice es ab und widmete sich dann wieder dem vorigen Thema, „Was hast du vorhin gesagt? Es tut mir leid, irgendwie war ich völlig in Gedanken.“ „Schon gut. Ich hab dich nur gefragt, ob du meinst, dass Shunichi das hält, was er versprochen hat, nämlich dass er sich von Yui noch vor dem neuen Jahr trennt.“ „Ja, ich denke schon“, gab sie zurück und lächelte sie an, „Wenn er es nicht tun würde, hätte er dir nicht solche Hoffnungen gemacht. Vor allem jetzt wo er weiß, dass du in ihn verliebt bist, sollte er vorsichtig mit seinen Versprechen sein.“ „Ich hab nur Angst, was dann ist“, erklärte Hime und blickte dabei traurig zu Boden, „Wenn er nachdem er nachgedacht hat darauf kommt, dass er mich wirklich nur als gute Freundin sieht. Er wird mich nicht so behandeln wie früher, da bin ich mir sicher.“ „Jetzt warte einmal ab“, riet Alice ihr und rempelte sie leicht an, „Es wird schon alles gut werden, eure Freundschaft ist viel zu tief, als dass sie einfach so aufhören könnte.“ „Ja, vielleicht hast du ja Recht …“, meinte sie und lächelte nun ebenfalls, „Aber sag mal, wem hast du dir gestern eigentlich zur Hilfe geholt?“ „Ryan“, antwortete sie ihr monoton, „Ryan hat mir geholfen.“ „Ist das dein ernst?“, fragte sie ungläubig, „Ich hätte gedacht, du willst ihn meiden.“ „Wollte ich auch, aber dann hat eines zum anderen geführt …“ Alice erzählte Hime die ganze Geschichte ab dem Vorfall im Supermarkt. Als sie sich daran zurück erinnerte, wie schön es zu Weihnachten gewesen war, musste sie leicht schmunzeln. Hime konnte nicht ganz verstehen, wie sie das so gelassen sehen konnte. „Denkst du wirklich, dass er dich in Ruhe lassen wird?“ „Ja, das denke ich“, entgegnete sie ihr überzeugt, „Aber ich glaube, dass ich das gar nicht will. Ryan hat mir eine Seite von sich gezeigt, die anders ist, die mich zum Lachen bringt und bei der ich mich wohl fühle. Wenn er sich wirklich bemüht, dann kann er echt nett sein.“ „Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist“, bemerkte sie, während sie sie skeptisch anblickte, „Aber ich weiß, dass ich dir das sowieso nicht ausreden kann, also werde ich es nicht einmal versuchen. Denk nur daran, was du über Ryan weißt. Er ist ein Frauenheld und das wird er auch immer bleiben. Sei vorsichtig, ja?“ „Ja, keine Sorge, ich weiß schon, was ich tue.“ Ganz sicher war sie sich dabei nicht. Es war ein hohes Risiko, das war ihr klar, aber das würde sie schon durchstehen. Ihr war seit Weihnachten klar geworden, dass es eine Seite an Ryan gab, die sie mochte und die sie nicht nur anziehend fand. Und außerdem glaubte sie, Ryan jetzt etwas beeinflussen zu können, was er aber nie mitkriegen würde. „Was war heute zwischen Hime und dir los?“, fragte Shunichis Mutter ihren Sohn, der gegenüber von ihr beim Esstisch saß, besorgt, als sie gerade eine Hose flickte. „Nichts, es ist alles okay“, log er, während er gedankenverloren das Fernsehprogramm durchblätterte. „Ichi, du weißt, dass ich alles heraus finde?“, bemerkte sie grinsend, ohne ihn anzusehen. „Ja, leider … Ich bin ein Dummkopf, deswegen war sie sauer.“ „Warum das?“ „Weil ich mich noch immer nicht von Yui getrennt hab“, antwortete er ihr, woraufhin sofort Schuldgefühle in ihm aufkamen. „Ich verstehe.“ „Was verstehst du?“, erkundigte sich der Junge verwirrt. „Alles.“ „Ach komm schon, Ma“, meinte er etwas beleidigt, dass sie so geheimtuerisch redete und verschränkte dabei die Arme. „Hat Hime es dir schon gesagt?“, fragte sie einfach weiter, woraufhin er nur noch mehr verwundert drein schaute. „Woher, weißt du …?“ „Das ist doch offensichtlich“, viel sie ihm ins Wort, „Man muss Hime nur eine Weile beobachten, wie sie sich verhält und wie glücklich sie ist, wenn ihr zusammen seid. Ich kann echt verstehen, dass sie traurig darüber ist, dass du noch nicht Schluss gemacht hast, obwohl du es gesagt hast … oder eher viel mehr enttäuscht.“ „Enttäuscht, ja, das war sie definitiv …“, erwiderte er traurig und starrte betrübt auf die Tischplatte. „Ich würde dir gerne helfen, Ichi, aber ich hab schon alles getan, was ich tun kann“, meinte sie, legte die Hose zur Seite und stand auf, „Du weißt, was du zu tun hast, du musst es nur noch umsetzen. Das spielt sich alles nur in deinem Kopf ab.“ „Ich weiß …“ „Die Gefühle eines Mädchens kann man sehr leicht verletzen, sei vorsichtig“, erklärte sie ihm, während sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer machte. „Meinst du jetzt Hime oder Yui?“, fragte er, woraufhin aber keine Antwort kam, Ma?“ Als Shunichi aufsah, konnte er seine Mutter nicht mehr sehen. Besorgt blickte er sich um, doch er konnte sie nirgends ausfindig machen. Warum antwortete sie ihm nicht mehr? Der Junge stand auf, um im Wohnzimmer nachzusehen. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er seine Mutter am Boden liegen sah. „Ma!“, schrie er besorgt und setzte sich sofort neben sie auf den Boden, um ihr Befinden zu kontrollieren. Sie lebte noch, soviel war sicher. Einen Herzschlag konnte er noch spüren. Er nahm sie in die Arme und versuchte sie aufzuwecken, doch sie bewegte sich nicht. Sie war vollkommen weggetreten. „Pa!“, rief er, den Tränen nahe, woraufhin er vom oberen Stock die Stiegen herunter kam. „Was ist denn los, Shunichi?“, erkundigte er sich verwirrt, erkannte dann aber gleich, warum sein Sohn so traurig klang, „Lea!“ Rico saß an einem Tisch im Café um d’Eckn und tippte ungeduldig mit seinen Fingern auf der Tischplatte herum. Er blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass es bereits viertel vier war. Um drei war der eigentliche Treffpunkt und da er fünf Minuten zu früh da gewesen war, wartete er nun schon ziemlich lange. Plötzlich hörte er, wie die Eingangstür aufgemacht wurde und blickte neugierig in die Richtung. Sie war schon oft geöffnet worden und hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, doch diesmal war es wirklich Honoka, die das Café betreten hatte. Im schnellen Schritt eilte sie zu seinem Tisch, da sie ihn sofort erblickt hatte. „Hi, tut mir leid, dass ich zu spät bin“, entschuldigte sie sich und setzte sich ihm gegenüber, „Ich hab’s nicht so mit Pünktlichkeit.“ „Hi, schon okay“, meinte er, obwohl es ihn schon etwas nervte. „Ich hab mich gefreut, als du mir geschrieben hast“, erklärte sie, während sie beschämt auf ihre Hände starrte, die sich vor Nervosität miteinander verknoteten, „Immerhin hab ich schon ziemlich lange nichts von dir gehört.“ „Willst du nicht erst einmal etwas zu trinken bestellen?“, erkundigte er sich und winkte schon die Kellnerin her, ohne eine Antwort von ihr abzuwarten. Also warteten sie, bis Honoka ihr Getränk bestellt hatte und es kam. Die Wartezeit vertrieben sie sich nicht mit Reden, sondern mit gegenseitigem Anschweigen. Das Mädchen wollte nur zu gern etwas sagen, doch sie hatte Angst, dass das Rico nicht gefallen würde und sie wollte ihn nicht jetzt schon auf die Palme bringen. „Wo warst du denn?“, brach sie dann doch das Schweigen, wagte es aber kaum ihn anzuschauen. „Ich hab einfach ein bisschen Abstand von allem gebraucht“, erklärte er ihr, während er sein Glas hin und her drehte. „Ach so …“ „Und wie geht’s dir so?“, erkundigte er sich, woraufhin sie ihn überrascht ansah. „Wie’s mir geht?“, wiederholte sie überrumpelt, „Gut … mir geht’s gut.“ „Ich hätte nicht so mies mit dir umgehen dürfen“, gab er zurück, konnte ihr dabei aber nicht in die Augen sehen, „Ich hätte mit dir reden und dich nicht einfach ignorieren sollen … nach dem Kuss …“ Honoka hätte nicht gedacht, dass er das Thema noch einmal ansprechen würde. Sie hatte schon befürchtet, dass er es einfach verdrängt hatte, aber wie es aussah, beschäftigte es ihn noch immer. Irgendwie freute sie sich darüber. „Ja, da hast du Recht …“, stimmte sie ihm zu, da sie keinen Grund wusste, ihre Gefühle zu verstecken, „Das war wirklich nicht sehr nett.“ „Deswegen will ich jetzt mit dir reden“, fuhr er fort, „Ich will, dass du weißt, dass ich nicht dasselbe für dich empfinde, wie du es für mich tust.“ „Das weißt ich.“ „Was willst du dann noch von mir?“ „Glaubst du, dass ich einfach aufhöre, dich zu mögen, nur weil du mir das sagst?“, fragte sie und lächelte in an, „So einfach geb ich nicht auf, das hab ich dir doch schon einmal gesagt. Vielleicht magst du mich jetzt noch nicht, aber irgendwann vielleicht und solange werde ich warten.“ Rico war verwirrt. Was fand sie an ihm? Warum konnte sie sich nicht irgendwem anderen suchen? Es gab so viele Menschen auf der Welt, warum ausgerechnet er, der ihre Gefühle nie erwidern würde? „Du bist komisch“, bemerkte er nur, während er zur Seite blickte. „Ja, ich weiß“, entgegnete sie ihm mit einem Grinsen im Gesicht, „Aber du bist auch nicht ganz normal, oder?“ „Wie meinst du das?“ „Naja, du bist so still und unnahbar, aber wer ist schon normal? Wir sind doch alle irgendwie verkorkst“, antwortete sie ihm, woraufhin Rico aber schwieg, „Mich freut es, dass du mit mir geredet hast, aber du bist mich nicht los.“ „Das hab ich schon verstanden.“ „Du hast doch eh keine Freundin, oder?“ „Nein, keine Sorge …“, meinte er etwas beschämt. Als Alice Ryan entgegen kam, konnte sie schon ein Grinsen auf seinem Gesicht ausmachen. Das Mädchen seufzte, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war? Sie war sich bewusst, dass Ryan genau das bekam, was er gewollt hatte, aber sie musste einfach wissen, ob er heute noch einmal so nett sein würde, oder ob das gestern nur eine einmalige Ausnahme gewesen war. Aber sie war zuversichtlich, dass es sich zum Positiven wenden würde. Seitdem sie etwas herausgefunden hatte, sah sie Ryan mit ganz anderen Augen. Er würde schon alles richtig machen, genauso wie sie es wollte. „Was grinst du so?“, fragte Alice, als sie bei ihm angelangt war. „Versprichst du mir, dass wenn ich es dir sage, du nicht weggehst?“ „Raus damit.“ „Ich hab ja gesagt, dass du mich wieder sehen willst“, antwortete er nun und hielt schon einen Arm abwehrend vor sich, doch Alice ging einfach an ihm vorbei. „Was du nicht sagst.“ Etwas verwirrt, dass Alice seine Aussage einfach so akzeptierte, folgte er ihr hinein in die Bowlinghalle. Er konnte noch immer nicht ganz glauben, dass sie ihn so schnell wiedersehen wollte. Er hatte damit gerechnet, dass sie in ein paar Tagen angekrochen kam, aber nicht jetzt schon. Anscheinend hatte er gestern gute Arbeit geleistet. Zuvor hatte er noch onetimegirl um Rat gefragt, was sie meinte, wie er sich heute verhalten sollte. Ihrer Meinung nach, konnte er diesmal ruhig mehr wagen. Wenn Alice das wollte, würde er das schon merken, hatte sie gemeint. Und da ihre Ratschläge bis jetzt immer gute Wirkung gezeigt hatten, beschloss er, sich auch heute an sie zu halten. „Kannst du bowlen?“, fragte er sie, als er gerade alle Einstellungen für ihr kommendes Spiel vornahm. „Ein bisschen“, gab sie zurück und beobachtete ihn dabei aufmerksam, „Ansonsten hätte ich wohl kaum vorgeschlagen, dass wir Bowlen gehen, oder? Ich bin nicht scharf darauf, dass du es mir beibringst, nur dass du es gleich weißt.“ „Okay, okay, schon klar“, meinte er und kam anschließend auf sie zu. Sie sahen sich in die Augen und keiner wandte seinen Blick ab. Als Ryan langsam seinen Oberkörper vorbeugte, fing Alice‘ Herz an schneller zu schlagen. Er griff aber bloß nach einer Bowlingkugel, die neben ihr platziert war. „Na dann, willst du anfangen?“, erkundigte er sich und hielt ihr die Kugel hin. „Gerne“, entgegnete sie ihm und ergriff sie. Wenige Zeit später war Ryan klar in Führung. Alice nervte das etwas, sie war keine gute Verliererin, doch sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Sie konnte es sich nicht nehmen, ihn jedesmal anzustarren, wenn er die Kugel warf. Gutaussehend war er, dass konnte sie nicht leugnen, über alles andere ließ sich streiten. „Hier, Prinzessin“, meinte er grinsend, als er ihr die nächste Bowlingkugel in die Hand drückte. „Ich ignorier das jetzt einmal“, bemerkte sie nur und brachte sich in Position. „Weißt du, was du falsch machst?“, fragte er, während er sich hinter sie stellte. Der Junge legte eine Hand auf ihre Schulter und mit der anderen ergriff er ihre Hand, die die Kugel hielt. Er führte ihren Arm so, wie er es immer beim Wurf machte. Alice spürte wie sich ihre Körper berührten, auch wenn er versuchte auf Abstand zu gehen. „Da, so geht’s besser und jetzt schieß“, erklärte er und übte mit Alice gemeinsam ihren nächsten Wurf aus, woraufhin sieben Kegel umfielen, „Na, gar nicht mal so schlecht. Gut gemacht, Prinzessin.“ „Warum nennst du mich ‚Prinzessin‘?“, fragte sie skeptisch. „Wärst du nicht gerne eine?“, erkundigte er sich neckisch, woraufhin er sich auf seinen nächsten Zug konzentrierte. Alice wurde rot und war froh, dass es Ryan nicht sehen konnte, weil er ihr gerade den Rücken zuwandte. Normalerweise mochte sie es nicht, wenn ihr jemand Spitznamen gab, vor allem ‚Prinzessin‘, doch irgendwie fand sie gerade Gefallen daran. Das Mädchen blickte sich um. Es war ruhiger geworden, die anderen Leute schienen gerade alle zu gehen. Ein Schauer überkam sie bei dem Gedanken, hier mit Ryan alleine zu sein. „Wollen wir dann auch gehen?“, fragte sie unsicher. „Was? Jetzt schon?“ „Ja, irgendwie freut es mich nicht mehr.“ „Na gut, wenn du willst.“ Ryan ging bei ihr vorbei, um den Strom für die Bahnen abzuschalten und streifte dabei ihre Hand. Alice fragte sich, ob er das mit Absicht getan hatte. Sie beobachtete, wie der Junge alle Lichter abschaltete. Auf der Liste standen keine weiteren Namen und das hieß, dass sie die letzten für die nächste Zeit waren. Hier galt die Regelung, dass man in so einem Fall alles ausschalten musste, wenn man ging. Da sich die Bowlingbahnen im Keller befanden, gab es auch keine Fenster, durch die Licht herein scheinen konnte. Nur noch eine matte Lampe beim Eingang war eingeschalten. „Gehen wir“, meinte Ryan und ließ Alice den Vortritt. Sie nahm das Angebot an. Während sie ging, schlug ihr Herz immer schneller. Diese Dunkelheit war ungut. Sie hatte das Gefühl so ungeschützt zu sein. Plötzlich hatte sie Angst. Angst davor, dass etwas völlig Unerwartetes passieren würde. Plötzlich spürte sie, wie sie das Gleichgewicht verlor. Sie war über eine Stufe gestolpert. Völlig in ihre Gedanken vertieft, hatte sie nicht mitbekommen, dass schon jetzt die zehn Stufen nach oben kamen. Doch sie wurde aufgefangen. Ryan hatte sie noch rechtzeitig festhalten können. Alice stützte sich mit einem Knie auf den Treppen ab und wandte sich zu ihrem Retter um. Sie blickten sich eine Weile in die Augen. Langsam ließ Ryan sie auf die Stiegen nieder, während sie sich so drehte, dass sie sich nun direkt gegenüber waren. Ohne mit ihren Blicken von einander abzulassen, kam er zu ihr nach unten, sich mit den Knien links und rechts von ihr auf einer Stufe abzustützend. Er beugte sich vor und hielt wenige Zentimeter vor ihrem Kopf inne. „Ich kann dir nicht versprechen, dass ich mich beherrschen kann“, bemerkte er und streichelte sanft über ihre Wange, „Wenn du das nicht willst, dann schubs mich weg.“ „Tu’s einfach“, flüsterte sie, während sie in aus kleinen Augen anblickte. Ryan hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen und Alice vergaß alles, was er ihr bis jetzt angetan hatte. Das Kapi ist wieder länger geworden, als ich gedacht hatte, aber naja was soll man machen? Wo Rico die ganze Zeit abgeblieben ist, weiß man immer noch nicht, aber das kann ja noch kommen ;) Kiripurin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)