Ein Hauch von Rache... von Ye_Tianyu (Endlich verheiratet!) ================================================================================ Kapitel 1: Erstens kommt es anders... ------------------------------------- Ein Hauch von Rache Die Scheinwerfer blendeten Kyoko, als die Moderatorin das Set betrat und die Show einleitete. Um Kyoko herum wirbelten kleine Geister aus Hass, die die Zuseher hinter den Flimmerkisten sicher nicht sehen konnten. Während Kyoko den Worten der hübschen Moderatorin lauschte, fragte sie sich, warum sie immer wieder diesen Geschichten verfiel- romantische Hochzeit, Liebesglück und das Leben einer Prinzessin. Nun saß sie hier, in einem Brautkleid, das einer Prinzessin würdig war, wunderschön geschminkt und mit dem Mann an ihrer Seite, den sie um keinen Preis der Welt heiraten wollte – Sho Fuwa. Um dem ganzen Spektakel noch eine Krone aufzusetzen, saß eine Reihe hinter ihr Ren Tsuruga, der neben einer hübschen Sängerin saß, die von nun an seine „Ehefrau“ darstellen sollte. Und dennoch konnte sie immer wieder Tsuruga-sans Blicke in ihrem Nacken spüren. Obwohl sie darüber verwundert war, dass er hier war, hatte sie sich nie gefragt was ihn dazu veranlasst hatte, bei dieser Fernsehsendung teilzunehmen… „Willkommen! Ich darf Sie herzlich bei ‚Endlich verheiratet’ begrüßen! Die Sendung mit den beliebtesten Traumpärchen aus der Film- und Fernsehwelt! Ihre Lieblingsstars spielen hier für Sie ein verheiratetes Ehepaar und präsentieren sich so, wie in ihrem normalen Leben! Und wer weiß, vielleicht entsteht dadurch sogar die eine oder andere wahre Liebe?“ Die Moderatorin lachte künstlich, während sie zu den vier rosa Tischen blickte, an denen die „Frischvermählten“ saßen. Tsuruga-san setzte sofort ein strahlendes Lächeln auf, und auch die anderen Pärchen, die Kyoko nicht kannte, sahen zumindest zufrieden aus. Nur Kyoko und Sho wirkten so, als wären sie alles andere als glücklich verheiratet. „In der ersten Episode sehen Sie, wie unsere Pärchen sich das erste Mal treffen und in ihr neues Zuhause einziehen! Viel Spaß, Film ab!“ Kyoko zitterte bereits am ganzen Leib, versuchte jedoch ruhig zu bleiben. Zum Einen saß Tsuruga-san hinter ihr – er legte viel Wert auf Professionalität –, zum Anderen wollte sie ihre Fans nicht enttäuschen. Der einzige Grund, aus dem sie neben ihrem Sandkastenfreund sitzen musste, war der, dass sie als Engel in seinem Musikvideo aufgetreten war. Obwohl sie nicht damit gerechnet hätte gab es doch tatsächlich Personen, die Kyoko und Sho Fuwa gerne als Pärchen sehen würden. Doch diese Bilder von sich selbst und Sho noch mal zu sehen war wie ein zweiter Ritt durch die Hölle… „Bin ich hier richtig?“, dachte Kyoko laut vor sich hin, als sie an einem kleinen Coffe Shop ankam. Sie öffnete ein rotes Kuvert, dass sie zuvor von dem Kameramann der Sendung ‚Endlich Verheiratet’ bekommen hatte, und las nochmals die Adresse, die auf dem Zettel notiert war. Voller Erwartung betrat sie das Lokal und blickte sich um. Es war ein modernes, kleines Kaffeehaus, jedoch nicht sehr gut besucht. Sie blickte sich um und entdeckte eine Person in der Ecke, die ein rotes Kuvert auf dem Tisch vor sich liegen hatte. Kyoko schritt zielsicher auf ihn zu, doch als er die Zeitung herunternahm, die er gerade las, drehte sich Kyoko reflexartig in eine andere Richtung und versteckte sich hinter einem kleinen Hibiskus, der in dem Lokal stand. „Das… das kann nicht wahr sein!“, murmelte Kyoko leise vor sich hin, ohne darauf zu achten, dass der Kameramann jeden Schritt von ihr mitfilmte. Für Kyoko war es war so, als existiere dieser Mann nicht. Der Schock zwar zu tief. Sho Fuwa war ihr EHEMANN? Dabei hatte sie von einer romantischen Hochzeit geträumt, sich vorgestellt, wie sie mit einem attraktiven Schauspieler die spannendsten Ausflüge unternahm und ein Haus bewohnte, das mehr wie ein Schloss war. Diese Sendung entwickelte sich zu einem Alptraum. „Ich muss hier raus, ich muss schnell weg, ich muss-“ – „Bist du meine zukünftige Brau-…“ Sho Fuwa stoppte mitten im Satz. Er hatte den Kameramann entdeckt und vermutete eine schüchterne Frau hinter dem Hibiskusstrauch. Doch nun entdeckte er Kyoko, wie sie leise vor sich hin murmelnd auf dem Boden hockte. Kyoko sah entsetzt zu Sho. „NEIN!“, kreischte sie, „NEIN! Ich werde dich nicht heiraten!“ Kyoko rauschte aus dem Lokal und Sho und der Kameramann hinter ihr her. Sho packte Kyoko am Handgelenk und riss sie herum. Kyokos Rachegeister flogen ihm wie wild entgegen, weshalb er schnell ihre Hand losließ. „Stell dich nicht so an, das hier ist eine TV-Show!“, sagte Sho und setzte sich seine Sonnenbrille auf, um sich vor den Blicken der erstaunten Passanten zu schützen. Sho drehte dem Kameramann den Rücken zu und flüsterte Kyoko ins Ohr. „Das hier ist Publicity. Es ist eine Sendung durch die du beliebt und bekannt wirst, wenn du alles richtig machst. Ich lass mir diese Chance nicht entgehen. Selbst wenn ich dafür so tun muss, als wäre ich mit dir verheiratet…“ Kyokos Augen funkelten bedrohlich. Natürlich, sie war inzwischen auch ein kleiner Star. War es nicht auch das, was sie wollte? Sich an Sho Rächen, indem sie beliebter wurde als er – und das am Besten durch ihn? Kyoko stemmte ihre Hände in die Hüften und versuchte sich so groß zu machen, wie sie konnte. Ruckartig streckte sie die Hand aus und richtete ihren Zeigefinger auf Sho Fuwas Gesicht. „Hör mir gut zu, Sho Fuwa! Diesmal werde ich mich geschlagen geben, doch erwarte nicht, dass du es mit mir leicht haben wirst!“, sagte Kyoko, schnappte Sho am Kragen und ging mit ihm weiter. „Bringen wir’s hinter uns, ich will nicht zu viel Zeit mit dir vergeuden…“ Plötzlich blieb Kyoko stehen und sah sich um. „Was… müssen wir überhaupt tun?“ Sho befreite sich aus Kyokos Griff und zog ein rotes Kuvert aus der Innentasche seines Mantels. „Hier steht, wir sollen zu unserer neuen Wohnung gehen. Die Adresse klingt so, als wäre es nicht weit von hier…“, sagte Sho und blickte sich suchend um. Kyoko riss ihm das Kuvert aus der Hand und stapfte los. Ungefähr zehn Minuten später wagte es Sho endlich Kyoko anzusprechen: „Weißt du auch, wo wir hingehen?“ Ruckartig blieb Kyoko stehen. Zuerst vermutete Sho, dass sich die Love Me Praktikantin wieder aufregen würde, so sehr bebten ihre Schultern, doch stattdessen reichte sie ihm das rote Kuvert nach hinten und murmelte hilflos: „Ich glaube…wir haben uns verlaufen.“ Während Kyoko diese Bilder im Studio sah, wollte sie im Boden versinken. Sie hatte daran gedacht Sho als Sprungbrett zu mehr Erfolg zu nutzen, stattdessen machte sie sich in dieser Sendung nur zum Affen… Nachdem Kyoko die Aufnahmen im Studio überstanden hatte, saß sie vollkommen erschöpft vor dem großen Set, das nur so von Hochzeitsutensilien, rosa Herzen und Blumen überhäuft war. Ihre erste TV-Hochzeit hatte sie sich mit einem hübscheren Mann vorgestellt… „Gute Arbeit, Mogami-san.“, sagte eine Stimme hinter Kyoko. „Tsuruga-san! Sie haben auch gut gearbeitet.“, erwiderte Kyoko erstaunt, während sie sich verbeugte. „Wie ist das Eheleben?“, fragte Ren kühl und setzte sich neben seine junge Kollegin. „Es ist…“ Kyoko suchte nach Worten, versuchte Ren irgendein Wort zu sagen, das er nicht falsch interpretieren konnte, doch sie fand nichts passendes. „Es ist die Hölle.“, sagte sie letztendlich entschlossen und unterstützte ihre Wort durch einen scharfen Blick. Ren lächelte dezent und starrte auf das Set vor sich. „Sho Fuwa als Partner… Warum machst du das mit?“ Kyoko zögerte. Sollte sie Ren von dieser Chance erzählen? Sie wollte kein falsches Licht auf sich werfen, deshalb zuckte sie nur mit den Schultern. „Vielleicht kann ich so seinen Fans zeigen, was für ein mieser Typ er ist! Warten Sie nur, Tsuruga-san, die nächste Episode wird mit Sicherheit sehr aufschlussreich!“, sagte Kyoko, erhob sich und verabschiedete sich von Ren. In der darauf folgenden Woche saß Kyoko bereits vor der Sendung deprimiert in ihrer Umkleidekabine. Wie konnte sie sich nur so von dieser Show verwirren lassen! Auch als die Moderatorin wieder das Set betrat und mit ihrer fröhlichen Stimme ‚Endlich verheiratet’ einleitete, konnte sich Kyoko nur schwer aufraffen und einen halbwegs zufriedenen Gesichtsausdruck aufsetzen. Gleich würde sie sehen, was man aus ihrem Tag mit Shotaro gemacht hatte. Wenn sie nur daran dachte, wollte sie sich die Haare raufen. Allerdings hätte sie der Haarstylistin unnötige Arbeit gemacht, weshalb Kyoko ruhig dasaß und mit ansah, wie der Kameramann ihre „Traumehe“ mit Sho Fuwa darstellte: „SHO! Steh endlich auf!“, brüllte Kyoko und klopfte energisch an die Tür. Sho war in die von der TV-Sendung gemietete Wohnung eingezogen, um sich an die Umgebung zu gewöhnen. Und nun schlief er. Kyoko konnte sich vorstellen, was er die ganze Nacht über getan hatte. Wahllos Ramen in sich hineingestopft, Musik gehört, Videospiele gespielt und einen seiner schmutzigen Filmchen geschaut. Sie klopfte ein weiteres Mal wütend an die Tür, bis ihre Geduld am Ende war und sie einfach die Tür aufriss. „SHOTARO, RAUS AUS DEM BETT!“, rief Kyoko und erbleichte, als sie Shotaro halbnackt auf seinem Bett sitzen sah. Sie schlug sich die Hände vor die Augen, warf ihm das Shirt über den Kopf, das neben ihr auf einem Stuhl hing, und drehte sich um, um den Raum zu verlassen. Kyoko erinnerte sich daran, dass sie dabei in den Kameramann gelaufen war, der in der Tür gestanden hatte, um diesen Moment so gut es ging festzuhalten. In der Sendung wusste niemand davon, dieser blamable Teil wurde nicht gesendet, doch Kyoko spürte nach wie vor die Beule auf ihrem Kopf. Die nächste Szene zeigte die beiden beim Frühstück. Kyoko hatte vor Verlegenheit begonnen zu Kochen und Sho schien diesen Service zu begrüßen. „Weißt du, normal frühstücke ich nicht. Aber das hier ist in Ordnung.“, sagte Sho mit vollem Mund, während er eine weitere Ladung Reis auf seinen Stäbchen platzierte. Kyoko erwiderte nichts darauf, während sie Sho einige Stückchen Huhn auf seinen Reisberg platzierte. Sie kannte diese Situation noch aus der Zeit, in der sie mit ihm gelebt hatte. Mit ernster Miene bediente sie ihn und wachte erst aus ihrer Trance auf, als der Kameramann gegen ein Regal stieß, um Kyokos Gesichtsausdruck festhalten zu können. Sie starrte auf ihre Hand, die gerade das letzte Stück Fleisch platzieren wollte, um ein fleischiges Herz auf Shos Reis zu vollenden. Kyokos Auge zuckte, bevor sie einen Schrei losließ und mit bloßen Händen alle Fleischstücke entfernte. Für einen Moment starrte Kyoko außer Atem auf die Kamera, bevor sie sich herumdrehte und zähneknirschend das schmutzige Geschirr wusch. „Was müssen wir heute tun?“, fragte Kyoko, die das Geschirr förmlich in den Schrank warf, nachdem sie es getrocknet hatte. „Hm, hier steht…“, begann Sho seinen Satz, verstummte jedoch Augenblicklich. „Zieh dir einfach etwas Nettes an, wir gehen spazieren.“ Kyoko sah an sich hinab. Sie empfand ihr sommerliches Kleid als gut genug, vor allem hatte sie keine Wäsche zum wechseln dabei. Was bildete sich dieser Affe eigentlich ein? Einige Minuten später befanden sich die beiden in einem hübschen Park. Das Wetter war wunderschön, Kinder spielten auf dem Spielplatz und um Kyoko und Sho herum hatten sich viele Schaulustige versammelt. Sho Fuwa war ein großer Star, die Leute wollten herausfinden, was er hier trieb. Zusätzlich animierten die Kameramänner einige Personen dazu, sich lächerlich zu machen, um ins Fernsehen zu kommen. Kyoko bekam weder von dem hübschen Ort, noch dem strahlenden Wetter viel mit. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt herauszufinden, was Sho Fuwa vorhatte. Was war in diesem dummen Kuvert gestanden? Welche Aufgabe hatten sie für diese Episode? Kyoko hätte ihm am liebsten das Kuvert abgenommen, aber er hatte es gut in seiner Hosentasche verstaut und Kyoko würde niemals ihre Hand in die Nähe dieses Ortes lassen. Stattdessen zerbrach sie sich den Kopf darüber, was er hier tun könnte und bemerkte nicht, dass er langsam seinen Arm um Kyoko legte. Erst durch die direkte Berührung mit seiner Haut erwachte Kyoko und zuckte erschrocken zusammen. „WAS…zum Teufel tust du da?“, fragte Kyoko und senkte nach ihrem Ausbruch sofort die Stimme. Auch Schaulustige könnten Fans werden, weshalb sie so ruhig wie möglich bleiben wollte. Sho zog Kyoko näher an sich heran, sodass der Duft seines Parfums in Kyokos Nase stieg. „Das Publikum möchte etwas sehen, denkst du etwa, die sehen sich an wie wir schweigen nebeneinanderher gehen?“, flüsterte er seiner Sandkastenfreundin ins Ohr und lächelte vergnügt, während er den Schaulustigen mit seiner freien Hand zuwinkte. Kyoko brodelte innerlich, hielt sich jedoch mit dem Gedanken an eine erfolgreiche Rache ruhig. Wenn Sho sie so behandelte, dann würde sie seine Fans bald für sich gewinnen. Und dann konnte sie ihnen offenbaren, was für ein schlechter Charakter sich in Sho Fuwa versteckte. Kyoko lächelte bösartig, bevor sie umständlich zu stolpern begann und beabsichtigt zu Boden fiel. Sho, der damit beschäftigt war seinen Fans zuzuwinken, konnte nicht rechtzeitig reagieren, um seine Frau zu fangen, weshalb sie auf dem Boden landete. Sofort begann Kyoko ihren Knöchel zu halten, rollte auf dem Boden hin und her und schrie vor Schmerzen. Für einen Moment hielt sie inne, öffnete ihre Augen einen Spalt breit und beobachtete Shos Reaktion. Er stand verblüfft da und wusste im ersten Moment nicht, was er tun sollte. Kyoko erinnerte sich lebhaft daran, dass Sho nur ungern etwas mit sich herumtrug. Stattdessen hatte Kyoko Shotaro herumgetragen und ihn bedient. Sie hatte ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen – und nun nutze sie dieses Wissen um seine Schwächen und ließ sich von ihm herumtragen. Ohne zu wissen, dass Kyokos Sturz nur gespielt war, trug er sie nun mit hochrotem Kopf durch den Park und suchte Fieberhaft nach einer Lösung. Wie konnte er aufhören sie herumzutragen, ohne dabei zu wirken wie ein Loser? Kurzerhand drehte Sho um und ging direkt zu dem kleinen Springbrunnen, an dem sie vorhin vorbeigeschlendert waren. Er setzte Kyoko an den Rand und zog ihr vorsichtig den Schuh aus. „Was soll das, willst du mich ertränken?“, fragte Kyoko und zog ihren Fuß zurück. „Nein, ich kühle deinen Fuß. Halt still.“ Sho befreite Kyoko von ihren Sandalen und steckte ihren Fuß ins kühle Nass. „Wenn du dich verletzt kannst du nur beschränkt schauspielern. Was würde der Produzent von ‚Dark Moon’ dazu sagen?“, fragte Sho, während er das erfrischende Wasser über Kyokos Schienbein leerte. Für einen Moment schämte sich Kyoko dafür, dass sie Sho so übel mitspielte. Doch als sie sich an all die Jahre erinnerte, in denen sie ihren Erzfeind bedient hatte, schüttelte sie den Kopf. „Mir ist langweilig, lass uns etwas anderes machen!“, rief Kyoko plötzlich, um diese unangenehme Stimmung zu vertreiben. „Ich habe eine Überraschung für dich!“, sagte Sho plötzlich. Kyoko schlüpfte zurück in ihre Sandalen und stand auf. „Geht’s deinem Fuß gut?“, fragte Sho scheinbar besorgt, woraufhin Kyoko nickte. Sho nahm Kyoko an der Hand und zog sie hinter sich her. Erst als sie ankamen, realisierte Kyoko, dass sie sich in einem Tonstudio befanden – in Sho Fuwas Tonstudio. Erstaunt sah sie sich um, war sie doch noch nie an einem solchen Ort gewesen. „Na, gefällt’s dir?“, fragte Sho mit einem attraktiven Lächeln auf den Lippen, während er Kyoko vor das Mischpult setzte. Kyoko konnte nicht anders, als zu nicken. Obwohl sie nicht singen konnte und wollte, mochte sie diesen Ort. Früher hatte Sho sie von Tonstudios fern gehalten. Sie war seine Bedienstete und hatte nichts an seinem Arbeitsplatz verloren. Kyoko berührte zaghaft einen der vielen Knöpfe, woraufhin Sho erklärte, was er bewirkte. „Warte hier!“, rief Sho, und ging auf die andere Seite des Raumes, um den Aufnahmeraum zu betreten. Kyoko beobachtete Sho dabei, wie er seine Kopfhörer aufsetzte, das Mikrofon einstellte und die Gitarre zur Hand nahm. „Hör gut zu, Kyoko-chan.“, sagte Sho. Für einen Moment fühlte sich Kyoko in ihre Kindheit zurückversetzt, als Sho sie wenigstens noch zum Spielen mitnahm. Sie hatte ihn so sehr verehrt, dass sie sich für einen Moment wunderte, warum sie Sho Fuwa so sehr hassen konnte. „Das hier ist ein Lied, das die Welt noch nicht kennt. Für dich.“ Sho begann die Saiten seiner Gitarre zu schlagen, stimmte eine zärtliche Melodie an und hob seine Stimme, um der Musik Worte zu geben. Kyoko saß wie versteinert da. Dieses Lied kannte sie nicht. Weder von seinen CDs, noch von seinen Übungen zuhause. Was bedeutete dieses Lied? Hatte diese Sendung alles vorbereitet? Kyoko verstand die Welt nicht. Die kleinen Rachegeister, die gerade noch auf Kyokos Schultern gesessen hatten, verzogen sich laut schreiend als Sho zu singen begann. Ein Lied über Kinder, die miteinander aufwuchsen, die sich mochten und immer zusammen bleiben wollten. Das Mädchen, das sich als eine Prinzessin herausstellte und den Jungen verlassen musste, der Junge, der erkannte, dass er das Mädchen liebte… Auch als das Lied schon lange geendet hatte, saß Kyoko noch immer unbewegt da. War das Shotaros Ernst? Hatte er dieses Lied für sie geschrieben? Shotaro kam aus dem Aufnahmeraum zurück, setzte sich neben Kyoko und sah sie von der Seite an. Für einen Moment herrschte absolute Stille im Raum, bevor Sho laut zu lachen begann. „Du solltest dein Gesicht sehen!“, platzte er heraus und klopfte sich auf den Oberschenkel, während er mit der anderen Hand auf Kyoko zeigte. Kyoko stand auf, holte mit einer Hand aus und gab Shotaro eine schallende Ohrfeige. „Von dir möchte ich sowieso kein Liebeslied, du Idiot!“, rief Kyoko und rannte aus dem Tonstudio. Selbst der Kameramann konnte nicht mithalten, weshalb der Drehtag somit beendet war. Nach wiederholtem Betrachten dieser Szene konnte sie Shotaro noch viel weniger in die Augen sehen, als sie es ohnehin schon tat. Sie räusperte sich leise, während die Abenteuer von Ren Tsuruga und seiner Frau gezeigt wurden. Romantische Bootsausflüge, ein Wochenende auf Okinawa und ein Abendessen in einem Nobelrestaurant. Diese Dinge hatte sich Kyoko gewünscht. Stattdessen bekam sie einen schrecklichen Ehemann mit einem schrecklichen Charakter und noch viel schrecklicheren Einfällen zum Thema ‚romantische Dates’. Auch nach der Sendung wusste Kyoko noch immer nicht, ob das Lied, das Sho ihr geschrieben hatte, vom Produzenten vorgegeben war oder ob es irgendetwas mit Shos Aufgabe für diese Episode zu tun hatte. Erst als sie in ihre Kabine kann, entdeckte sie einen roten Umschlag. „Kyoko-san wirkt sehr unglücklich mit dieser Ehe. Mach deiner Frau einen schönen Tag! Wenn du es nicht schaffst, endet eure Ehe.“, las sie und setzte sich betrübt auf den Stuhl vor dem Spiegel. „Einen schönen Tag… Der Mistkerl kennt mich kein bisschen! Ein schöner Tag wäre ein Ausflug wie Tsuruga-san ihn mit Amuro-san gemacht hat! Er singt mir ein bescheuertes Lied und lacht mich anschließend aus! Idiot!“ Kyoko warf das Kuvert in eine Ecke und zog sich um. Als sie ihre Kabine verließ wartete der Produzent vor der Tür. „Kyoko-san, gute Arbeit… Ich muss Sie kurz sprechen.“, sagte er und deutete Kyoko auf der Bank hinter ihm platz zu nehmen. Kyoko setzte sich und sah den Produzenten erwartungsvoll an. „Es tut mir sehr leid, aber es scheint als hätte ich dir keinen guten Ehepartner gegeben. Du wirkst sehr unglücklich in dieser Sendung. Darum ist die nächste Episode die letzte für euch. Bitte bereite dich gut darauf vor, denn ihr werdet ein Fanmeeting haben. Ihr seit als Paar die beliebtesten, aber da du, Kyoko-san, bei den letzten Dreharbeiten früher gegangen bist und auch heute sehr betrübt aussiehst, werde ich euch ersetzen müssen. Es tut mir sehr leid.“ Kyoko klappte der Mund auf, doch sie besann sich schnell. „Es tut mir sehr leid, Ihnen so große Umstände zu machen! Ich werde aus meinen Fehlern lernen…“, murmelte Kyoko mehr zu sich selbst und dachte daran, das Fan-Meeting einen vollen Erfolg werden zu lassen. Am nächsten Tag traf sie Shotaro bereits Stunden vor dem Offiziellen Beginn des Fan-Meetings. Sie mussten sich vorbereiten, auf Geschenken für die Fans unterschreiben und ihren Auftritt planen. Obwohl Kyoko die Scheinehe mit Shotaro nicht mochte war sie traurig und benahm sich an diesem Tag seltsam ruhig. Sie unterzeichnete alle Geschenke und war bereit so viele Fotos mit Sho zu schießen, wie der Fotograf wollte. Als die Fans die kleine Halle langsam füllten, saß Kyoko voller Unbehagen neben Shotaro auf der Couch, die als einzige Dekoration für die große Bühne diente. Kyoko hatte viel Spaß daran, die Fragen der Fans zu beantworten und unterhielt sich gerne mit ihnen. Als das Meeting vorbei war, wollte Kyoko sich bereits von der Bühne entfernen. Doch Sho bekam seine Gitarre gereicht, und dieser stimmte wieder das Lied aus dem Tonstudio an. Kyoko sah auf ihre erste Liebe. Diesmal sang er anders, mit einem ernsten Blick und voller Gefühle. Es war ein Abschiedsgeschenk für Kyoko. Sie lauschte dem Lied bis zum Ende, lächelte freundlich, und verbeugte sich vor dem Publikum. „Kyoko, es tut mir Leid, wegen der Geschichte im Tonstudio. Ich hoffe, du kannst mir verziehen?“ Kyoko schaut verdutzt auf Shotaro. Diese Sendung war vorbei, worauf wollte er hinaus? „Gib ihm noch eine Chance!“, rief jemand aus dem Publikum. „Wir lieben euch!“, rief eine andere Stimme. „Kyoko, du bist die Beste!“, schrie ein Mädchen aus Leibeskräften. Kyoko sah auf Shotaro und schüttelte den Kopf. „Die Sache mit dem Tonstudio ist vergessen. Aber warte nur, irgendwann…“ Der Rest ihres Satzes war unverständliches Gemurmel und während sie die Bühne verließ konnte Shotaro förmlich sehen, wie die Rachegeister Kyokos wieder herauskamen und stärker loderten als früher. „Mach dich auf meine Rache gefasst, Shotaro Fuwa, denn sie wird schrecklicher denn je!“, sagte Kyoko zu sich selbst und ihre Rachegeister kicherten zustimmend. „Du bist ausgestiegen?“, stellte Ren fest, als er auf dem Set von Dark Moon auf Kyoko traf. „Ja.“, sagte Kyoko schlicht. „Sie haben ebenfalls mit der Sendung aufgehört, Tsuruga-san? Ich dachte Sie und Amuro-san verstehen sich gut? Ihre Ausflüge waren immerzu sehr romantisch!“, sagte Kyoko. Ren schwieg für einen Moment. „Die Sendung wurde irgendwie…langweilig. Amuro-san war zu ruhig für mich.“, sagte Ren und nippte an seinem Getränk. „Vielleicht hätte Sho Fuwa seinen Gefallen an ihr. Ich denke, er kann mit dieser Art von Mädchen gut umgehen.“, sagte Kyoko leise. ‚Nur bin ich nicht mehr das Mauerblümchen von früher, sondern Kyoko, der brennende Engel aus dem Musik Video. Das ist inzwischen sogar Shotaro klar.’, dachte Kyoko. ‚Und darum wird meine Rache schrecklicher denn je!’ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)