Geschichte eines Vampirs von shinichi_san (Ohne wenn und aber) ================================================================================ Kapitel 1: Ein neues Abenteuer kann beginnen -------------------------------------------- Verlassen stand sie im Wald. Verlassen von ihren Freunden und von ihrer Familie. Nirgendwo konnte sie hingehen. Alle hatten sich gegen sie verschworen, selbst ihr allerbester Freund, der meinte, alles wäre gut. Von wegen! Wenn alles gut wäre, würde sie dann hier im dunklen, kalter Wald stehen und auf ihren Tod warten? Bestimmt nicht! Sie wusste nicht einmal genau, warum sie hier im Wald stand. War es wegen der schlechten Zensuren, weil sie einmal weggelaufen wen rechten Arm ohne Grund gebrochen hatte oder alles zusammen? Sie sah sich im Wald um und dachte scharf nach. Hier rum sitzen und auf den Kältetod warten war bestimmt nicht die beste Wahl, also lief sie, die Arme um den Oberkörper geschlungen in eine Richtung, die sie nicht kannte und auch nicht wusste, wo dieser Weg hinführen würde. Erst als sie stolperte und sich ihre Hände schützend vor das Gesicht hielt, merkte sie, dass ihre Füße taub vor Kälte und ihre Hände rau waren. Als sie sich mit den Ellenbogen aufstützte, sah sie die dunklen Flecken auf ihren Händen. Sie roch daran, wünschte sich aber zugleich, es nicht getan zu haben. Dann übergab sie sich. Sie stand vorsichtig auf und lehnte sich an einen Baum. Ihre blutverschmierten Hände wischte sie grob an ihrer Hose ab. Sie lehnte den Kopf an die Raue Rinde und ihr liefen Tränen über die Wangen. Diese brannten durch die Berührung mit der salzigen Flüssigkeit, sodass sie die Tränen mit dem Ärmel ihrer lila Fleecejacke abtrocknete. * * * An einer alten Eiche lehnte sie. Ich konnte ihr Blut riechen und ich würde mich nicht mehr lange halten können, wenn sie weiterhin da unten stehen würde. Ich sog mit ihrem Blutgeruch auch ihren Körpergeruch in die Nase ein und wunderte mich, warum mir plötzlich schlecht wurde. Das war innerhalb der letzten Jahre noch nie passiert. Ich stellte meine Atmung ab und versuchte mich nur auf das Blut zu konzentrieren, das aus ihren Adern ran. Also stürzte ich mich von der Tanne, auf der ich gesessen hatte. Ich brauchte ihr Blut, sonst würde ich durchdrehen. Als ich auf dem Boden landete, kam keinerlei Reaktion von dem Mädchen. Sie hatte mich nicht bemerkt. Ihre Augen waren zum Himmel gerichtet und geschlossen. Ich sah sie aus den Augenwinkeln an und ging langsam auf sie zu. Immer noch zwang ich mich dazu, ihren Körpergeruch zu ignorieren. Kurz vor ihr, hätte ich den Arm gehoben, hätte ich sie umarmen können, blieb ich stehen und legte meinen Kopf schief. Nicht einatmen, rief ich mir ins Gedächtnis. Ich konnte meine Lippen fast auf ihren Hals drücken. Nicht einatmen, sagte ich mir wieder. Ich presste meine Lippen auf ihren Hals, merkte, wie sie erschrocken zurückzuckte und atmete ein. Meine Lippen fingen an zu brennen und mich überkam ein Brechreiz. Ich lies von ihr ab, lehnte mich an den nächsten Baum und übergab mich. * * * Der Junge, der ihr gerade noch am Hals gehangen hatte, drehte sich plötzlich um, hielt sich an einer Buche fest und brachte würgende Geräusche hervor. Janie blickte den schwarzhaarigen Jungen fragend an. “Ist bei dir alles in Ordnung?”, fragte Janie unsicher und fast flüsternd. Der Junge richtete sich schnell und für das menschliche Auge zu schnell auf und blickte sie wütend an, was Janie dazu brachte, einen Schritt zurückzutreten. Allerdings stolperte sie über eine Wurzel und fiel unsanft auf ihren Hintern. Der Junge kam auf sie zu und sah sie gequält an. “Hm.”, machte er nur. Er drehte sich um und sah in die pechschwarze Nacht. Janie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte, sodass sie ihn nur fragend und verunsichert anstarrte. Dann drehte er sich wieder zu ihr und bot ihr seine Hand an. Janie zögerte kurz. Dann griff sie zu. Seine Hand war hart und eiskalt. Mit einem leichten Ruck zog er sie hoch und lies sie gleich darauf wieder los. Irgendetwas faszinierte Janie an ihm. Ob es seine Art war, wie er sich bewegte, oder ob es doch die Kraft war, mit deren Hilfe sie innerhalb von wenigen Sekunden wieder auf dem Boden gestanden hatte, wusste sie nicht genau, aber er war auf jeden Fall faszinierend. Als sie gerade etwas sagen wollte, sah er ihr tief in die Augen und seine Augen waren von einem unnatürlichen gelb-rot, sodass Janie sich wieder erschrak. “Geh!”, zischte der Junge sie an und drehte sich wieder um. Janie blickte ihn erschrocken an. “Warum?”, fragte sie leise. Wo hätte die denn hingehen sollen? Man hatte sie verstoßen! Außerdem, wenn nicht er sie tötete, war es irgendjemand, oder irgendetwas anderes, was es ihm abnahm. * * * Warum? So eine bescheuerte Frage! Wusste sie denn nicht, was ich bin, was ich vorhin machen wollte? “Geh einfach und frag nicht so blöd!”, brachte ich zwischen zusammengepressten Lippen hervor. Konnte sie nicht einfach gehen? Einfach VERSUCHEN, weiter zu leben? “Nein, ich will nicht gehen!”, sagte sie leise, aber fest. Ich drehte mich wieder zu ihr und funkelte sie böse an. Was war denn nur so schwer daran, wegzulaufen? Langsam wurde ich panisch! Ich sank auf die Knie. Den kopf in den Händen vergraben und fing an zu schluchzen. Entweder sie ging oder ich würde sie umbringen, egal wie sehr sie stank. * * * Als er so vor ihr kniete, überkam sie Trauer, Mitgefühl und Leid. Warum wollte er so sehr, dass sie verschwand? Sie konnte nicht weg von hier, verdammt! “Ich kann nicht weggehen!”, sagte sie vorsichtig, denn der Vampirjunge wirkte jetzt ziemlich zerbrechlich. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen und seinen Rücken gestreichelt, aber irgendetwas hinderte sie daran. Ein unterdrücktes Lachen kam von dem Jungen. Er richtete sich auf und sprang auf einen hohen Ast einer Buche. Sie folgte ihm mit ihrem Blick. So betrachtet sah er umwerfend aus und nicht wie ein gefährliches Raubtier. “Warum?”, fragte er laut. Janie sah ihn fragend an. “Wie warum?” Sie wurde langsam unsicher. Warum hatte er sich so sehr von ihr entfernt? Janie fühlte sich alleingelassen. “Warum kannst du nicht weggehen? Du hast zwei gesunde Beine, wie ich das sehe!”, meinte er und betrachtete sie eindringlich. Sollte sie ihm wirklich erzählen, warum sie alleine im Wald herum sprang, warum sie hier war und nicht weg wollte? Nein, ganz bestimmt nicht! Sollte er sie doch einfach töten. Das wäre das einfachste für uns beide, dachte Janie. Der Vampir beobachtete sie unwissend und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Eine Träne lief ihr über die Wange und es brannte fürchterlich, aber janie traute sich nicht, sich zu bewegen. Sollte er doch sehen, dass sie schwach war. Sie wäre froh, wenn er von dem blöden Baum runterkommen und sie endlich umbringen würde. Ihr fröstelte bei dem Gedanken und sie schlang die Arme um den Oberkörper. Dann lies sie sich auf den Boden sinken und begann zu schluchzen. * * * Irgendwie tat sie mir Leid, wie sie so zusammengesunken an der Eiche saß. Ihr Weinen tat mir weh. Ich sprang leise auf einen weiter unten liegenden Ast. Sollte ich sie trösten? Nein! Ich bin ein Vampir und Vampire trösten niemanden. Ich sprang leise auf den nächsten Ast. Konnte ich sie jetzt eigentlich noch töten? Ja! Wollte ich sie jetzt überhaupt noch töten? Ich sprang weiter. So schlimm war ihr Geruch eigentlich gar nicht! Noch ein Ast. Wieso weinte sie? Hatte ich sie verletzt, ohne es zu merken? Ich betrachtete meine hand, mit der ich ihr vorhin aufgeholfen hatte. Ich schloss die Augen und roch Blut. Ihr Blut. Ich führte die Hand zum Mund und leckte sie genüsslich ab. * * * Über ihr erklang ein lautes, genussvolles Stöhnen, was sie aufschauen lies. Einen Ast über ihr hockte der junge und leckte seine Hand ab. Was sollte das? Janie sprang auf und sah ihn böse an. “Was machst du da?”, fragte sie leicht irritiert. Der Junge hielt abrupt in seiner Bewegung inne. Dann wischte er seine Hand an seiner Hose ab und sprang neben sie. “Nichts!”, sagte er leise und drehte sich zum gehen. Janie sah ihn verwirrt an. “Wo willst du hin?”, fragte Janie ihn und lief hinter ihm her. Der Junge drehte sich plötzlich um, Janie versuchte anzuhalten und fiel direkt in seine Arme. “Jagen!”, sagte er und stellte sie wieder auf die Beine. Dann rannte mit einer hohen Geschwindigkeit in den Wald hinein und lies Janie alleine am Waldrand stehen. “Herzlichen dank auch! Blödmann!”, schrie sie ihm nach, suchte sich einen Baum, an den sie sich lehnen konnte und schlief wenig später ein. * * * Nachdem ich meinen Blutdurst gestillt hatte, der Bär hatte sich ganz schön gesträubt, bevor ich ihn töten konnte, kehrte ich langsam wieder zu dem Mädchen zurück, das mich Blödmann geschimpft hatte. An einer alten, dicken, verkrüppelten Kastanie lag sie. Und ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Sie schlief. Ich ging langsam auf einen nebenstehenden Baum zu, sprang hoch, setzte mich auf einen Ast und betrachtete sie genauer. Sie war hübsch, auch wenn ihr Gesicht von Schlamm, Dreck und ein paar Blutspritzern bedeckt war. Ihre Haare, eine Mischung aus Schokobraun und Dunkelviolett, schimmerten im Mondlicht und hatten sich durch das Rennen verfitzt. Sie waren kurz geschnitten, wenn sie stand, reichten sie ihr nur bis kurz über die Schulter und ihr Pony war ziemlich ausgefranst. Ob das heutzutage toll war, wusste ich nicht, ich hatte nicht viel mit Menschen zu tun. Ihre lila Jacke, aus welchem Stoff auch immer sie war, hing schlaff an ihrem Körper und ihre Hose war schlammverkrustet. Ihre Hände waren rot, na ja, eher schon braun, von Blut und Erde. Und sie hatte einen Alptraum. Sie zuckte ab und zu zusammen, entkrampfte sich wieder und rollte sich hin und her. * * * Als sie aufwachte, war es hell und sie lag im Schatten, sodass ihr leicht fröstelte. Sie stemmte sich mit den Händen vom Waldboden ab und starrte in den Wald. Von dem Vampirjungen war nichts zu sehen. Typisch! “Guten Morgen!”, kam es von weit oben aus den Bäumen. Janie blickte in seine Richtung. Er war ja doch da! “Du schläfst ziemlich unruhig!”, sagte er laut, sprang von seinem Ast und landete direkt von Janie. Diese stemmte sich mit aller Kraft vom Boden ab und stand leicht schwankend auf. “Warum hast du dich übergeben, als du mir das Blut aussaugen wolltest? Warum hast du es nicht getan?”, fragte Janie leise. Sie hoffte innständig, ihn mit diesen Fragen nicht aus der bahn geworfen zu haben. Der Junge blickte sie verunsichert an und schien nachzudenken. Dann grinste er. “Erstens einmal: Ich bin Jonathan. Zweitens: Du riechst einfach nur zum Kotzen und drittens: Du warst mir irgendwie zu schade zum töten, auch wenn dein Blut gar nicht so übel ist.” Sein Grinsen wurde breiter und Janie zweifelte langsam an seinem Verstand. Sie holte aus und boxte ihn auf die Schulter, wobei sie wahrscheinlich eher sich selbst als ihm wehtat. “Ich tue was?”, fragte sie stinksauer. “Du blöder Vampir!” Jonathan blickte sie wachsam an. “Hast du eigentlich gar keine Angst vor mir?”, fragte er immer noch mit einem leichten Grinsen im Gesicht. Janie zuckte die Schultern. Sie hatte keine Ahnung, was sie empfand. Sie wollte keine Gefühle mehr haben, warum auch? Sie drehte sich von ihm weg und ging langsam den Waldweg entlang. Plötzlich landete Jonathan vor ihr und sie lies sich vor Schreck fallen, landete auf ihren Hintern und starrte ihn böse an. “Wie heißt du?”, fragte Jonathan leise. Janie zog die Augenbraun hoch und starrte ihn fragend an. Dann wurde ihr bewusst, was er gefragt hatte. Sie schüttelte den Kopf um wieder Herr ihrer Gedanken zu werden. “Janie!”, sagte sie heiser. Jonathan nickte, half ihr hoch und lief rückwärts weiter. Janie folgte ihm, den Blick gesenkt. “Warum streifst du eigentlich so alleine durch den Wald? Du hättest getötet werden können! Zum Beispiel von mir!”, sagte er leicht ironisch. Janie lächelte leicht und sah ihm direkt in die Augen. Erst jetzt sah sie, dass seine Augen eine ganz andere Farbe hatten. Sie waren braun und strahlten sie warm an. “Warte mal! Hast du nicht gesagt, ich würde stinken?”, fragte Janie ausweichend. Sie wollte jetzt nicht über ihre Familie und den damit verbundenen Komplikationen sprechen. Das würde sie jetzt nicht aushalten! “Wieso bist du dann so nah bei mir?”, fragte sie ihn weiter. * * * Sie hatte mich durchschaut! Mist! Na ja war ja nicht so schlimm! Schließlich wusste sie auch, dass ich ein Vampir bin, also was soll es, sag ich es ihr halt. Ich wollte gerade eine umschweifende Erklärung abgeben, als mir ein weiterer Geruch in die Nase stieg. Ein Vampir. Ich schaute in die Baumwipfel. Ja, eindeutig! Ich zerrte Janie am Handgelenk hinter mich. * * * Als Jonathan Janie hinter sich zog, fragte diese sich, was jetzt wohl passieren würde. In ihr kroch die Angst langsam hervor. Janie merkte, wie ein Blick auf ihr ruhte, konnte aber nicht bestimmen, woher dieser kam. Auf einmal, ohne jegliche Vorwarnung stand ein Mann Mitte dreißig vor Jonathan und starrte Janie gierig an. Jonathan knurrte ihn warnend an. * * * Das hatte mir gerade noch gefehlt! Ein anderer Vampir, der mir das Essen wegnehmen wollte. Nicht das ich Janie wirklich als Essen betrachtete, aber anders konnte ich sie in der Gegenwart dieses Vampirs nicht nennen. “Hau ab. Das ist meine!”, knurrte ich warnend. Er sollte sich sein eigenes Frühstück suchen Ich würde dieses Essen verteidigen. “Ach komm schon! Wir können sie uns doch teilen. So durstig siehst du gar nicht aus.”, knurrte der andere bestimmend und versuchte, an mir vorbei zu kommen. Ich sprang ihm vor die Füße. “Vergiss es. Ich teile mit Niemandem!” * * * Wie Jonathan und der Andere sich gegenüberstanden und sich gegenseitig anfauchten, machte sie wütend. Am liebsten wäre sie dazwischen gegangen und hätte jedem von ihnen eine gescheuert. Normalerweise wäre sie glücklich, wenn sich zwei um sie streiten würden, aber bei zwei Vampiren war das da schon ein bisschen was anderes. “Renn in den Wald!”, fauchte Jonathan. Da er in die Richtung des Anderen sprach, blieb Janie stehen, wo sie stand. “Janie, renn!”, schrie er sie an, ohne den anderen Vampir aus den Augen zu lassen. Janie rannte, wie Jonathan es verlangt hatte, in den Wald hinein und versuchte nicht zu stolpern. Allerdings, nachdem sie zehn Minuten nur gerannt war, gelang es ihr nicht und sie fiel auf ihren linken Arm. Sie heulte laut auf und versuchte den stechenden Schmerz zu verdrängen, der von ihrem Arm ausging. Dann setzte sie sich auf und lehnte sich an einen Baum. Es war ihr so klar gewesen, dass sie sich irgendetwas tut. So was von klar. Und Jonathan würde sie bestimmt auslachen, toll! * * * Nur mit ein paar Kratzwunden, die sowieso bald nicht mehr zu sehen waren, verlies ich den Ort, an dem der Andere verloren hatte. Er ist weggerannt wie ein feiges Hühnchen. Tja, mit meiner enormen Kraft hatte er nicht gerechnet. Ich rannte in den Wald hinein, immer dem Gestank hinterher. Ich blieb abrupt stehen und roch noch einmal. Blut? Hatte sie sich etwa schon wieder verletzt? Den Kopf schüttelnd rannte ich weiter. Was war wohl dieses Mal passiert? * * * Wo war dieser blöde Vampir, wenn man ihn dringend brauchte? War er vielleicht tot und der Andere war hinter ihr her? Janie richtete sich schnell auf und schrie verzweifelt auf. War der Arm gebrochen? Langsam machte sich Janie Sorgen um Jonathan. Was, wenn er total verstümmelt in einem Baum hing oder so etwas in der Art? “Jonathan?”, fragte sie leise in den Wald hinein. Statt einer Antwort kam eine Gestalt hinter einem Baum hervor. Sie kam langsam näher und Janie versuchte, irgendetwas zu erkennen, was ihr weiterhelfen könnte. “Jonathan? Bist du das?”, fragte Janie leicht ängstlich. Der Angesprochene legte den Kopf in den Nacken und lachte laut auf. Da erkannte Janie, dass es leider nicht Jonathan war. “Mir reicht es jetzt endgültig!”, schrie jemand hinter Janie. Diese drehte den Kopf ruckartig um. Jonathan raste auf den anderen Typen zu, krachte frontal mit ihm zusammen und schleuderte ihn auf einen Baum. “Du glaubst gar nicht, wie nervig es ist, andere Vampire von dir fernzuhalten. Wie können die deinen Gestank nur ausschalten? Versteh ich nicht!” Erst jetzt drehte er sich zu Janie um, die ihn fragend musterte. “Was?”, fragte sie leise. Janie dachte immer noch an den Fremden, den Jonathan auf den Baum geworfen hatte. “Was hast du den mit deinem Arm gemacht?”, fragte Jonathan schockiert und hockte gleich darauf neben ihr. Janie konnte nichts dazu sagen. * * * Gebrochen hatte sie sich den Arm! Toll! Ich schüttelte genervt den Kopf und schob meinen linken Arm unter ihren Oberkörper und den rechten unter ihre Kniekehlen. Dann hob ich sie vorsichtig hoch und rannte mit ihr in den Armen aus dem Wald. Ob so etwas wohl noch öfters passieren würde? Hoffentlich nicht! Kapitel 2: Neue Bekanntschaften... oder Alte? --------------------------------------------- Am Waldrand wurde Janie das Gerenne zuviel. Ihr war durch die hohe Geschwindigkeit, mit der Jonathan sie mit sich rum trug, übel geworden. Und sie würde den Brechreis bestimmt nicht so schnell ausschalten können. “Jonathan, halt bitte an!”, sagte sie ziemlich leise. Jonathan rannte ungehemmt weiter. “Jonathan! Stop!”, sagte sie dieses Mal lauter. Doch der Vampirjunge überhörte sie gekonnt. “Jonathan!”, schrie sie ihn an und strampelte mit den Beinen. Warum hatte er sie überhaupt auf die Arme genommen und getragen? Sie hatte ihn nicht darum gebeten. Jonathan stoppte sofort und sah Janie fragend an. “Was ist los?”, fragte er leise. “Lass mich runter!”, schrie Janie ihn weiter an. Jonathan lies sie vorsichtig runter und lehnte sich an den letzten Baum des Waldes. Janie ging ein paar Schritte, bevor sie sich auf den Boden setzte und tief ein- und ausatmete. * * * Langsam verstand ich Janie nicht mehr. Was sollte das? Sie musste ins Krankenhaus und zwar sofort. Stattdessen sitzt sie auf der Wiese und starrt Löcher in die Luft. Ich kann warten. Dass mache ich schon lange, aber sie? Ihr Leben war schon halb vorbei, vor allem, wenn gleich wieder ein Vampir auftauchen würde. Mensch, was ist nur los mit ihr? Ich ging langsam auf sie zu und setzte mich neben sie. Janie starrte stur geradeaus. In ihren Augen glitzerte es. “Janie, hast du gemeint?”, fragte ich leise. Ich hatte Angst, dass ich sie verletzen könnte. Janie lachte kurz auf, dann schluchzte sie und ihr liefen Tränen über die Wangen. Was hatte sie nur so aus der Fassung gebracht? Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte, schließlich hatte ich keine Erfahrung mit menschlichen Wesen des anderen Geschlechts. Ich sah sie nur traurig an. Mehr konnte ich für sie nicht tun. “Janie, alles ist gut!”, versuchte ich sie zu trösten. Janie schlug um sich. Sie weinte und hörte einfach nicht mehr auf. Ich presste die Hände gegen meinen Kopf. * * * Als Jonathan anfing, laut zu schreien, sah Janie ihn erschrocken an. Die Hände hatte er in den kurzen schwarzen Haaren vergraben, die Augen geschlossen, den Mund geöffnet. Er kniete auf dem Boden neben ihr und wippte vor und zurück. “Hör auf Janie, bitte, Janie, hör auf!”, schrie Jonathan sie an. Janie zuckte erschrocken zusammen. Was hatte sie getan, dass er so durcheinander war? “Jonathan?”, fragte Janie unsicher. Es könnte ja sein, dass er sie angreifen würde. Janie überwand ihre Angst vor dem neben ihr hockenden Vampir, hob den Arm und legte die Hand vorsichtig auf seinen Rücken. Jonathan hörte erschrocken auf und sah sie fassungslos an. Janie schluckte. War das die richtige Entscheidung gewesen? Selbst über der Jacke von ihm fühlte sie eine gewaltige Kälte, die von ihm ausging. Wieso war er nur so kalt? Wieso fror er nicht? Ohne das Janie es merkte, war Jonathan aufgestanden und lief im Kreis. Er wurde immer schneller. Irgendwann konnte Janie ihm nicht mehr zuschauen und sie schloss gequält die Augen. Neben ihrem Ohr war Jonathans Stimme zu hören. “Wir müssen weiter!”, sagte er und hob Janie hoch. Diese lies die Augen geschlossen. Sie dachte, die Welt draußen würde sich weiter drehen, und zwar in die vollkommen falsche Richtung! * * * Es war schwierig gewesen, sie dazu zu bewegen, die Augen zu schließen. Aber schließlich und endlich hatte ich es geschafft und ich brachte sie - im Sonnenschein wohlgemerkt - in das beste Krankenhaus der Stadt. * * * Der Raum, in dem sie lag, war weiß. Eine grelle Lampe hing über ihr und leuchtete sie an. Janie wollte den Arm heben und ihn vor die Augen halten, aber sie konnte sich nicht bewegen. Ein Mann mit einem Mundschutz beugte sich über sie und versperrte das Licht. Ja, so ist es besser!, dachte sie und wollte lächeln, was ihr allerdings nicht gelang. Im nächsten Augenblick starrte sie eine junge Frau an. Diese stülpte ein Plastikgerät über Janies Mund und Nase. Dann schloss Janie wieder die Augen und schlief ein. Die Ärzte machten sich indessen daran, Janies Arm wieder zu Recht zubiegen, was nicht gerade schwer war, denn sie war nicht zu doll gefallen, sodass es hätte zersplittern können. * * * Ich fragte mich, warum ich eigentlich immer noch hier war. Hier, inmitten von Menschen. Kranken Menschen, deren Blut danach schrie, ausgesaugt zu werden. Warum auch nicht? Die meisten hier würden sowieso sterben. Der alte Mann, der gerade langsam an mir vorbeilief an Herzversagen, ein junges Mädchen, das mich fasziniert beobachtete an Hirnblutungen. Wieso hielt ich mich bloß zurück? Ihr Blut! Als ich es roch, drehte ich blitzschnell den Kopf zum OP-Raum, aus dem ein Mädchen geschoben wurde. Janie. Ich lief, so langsam ich konnte, auf die Ärzte zu und blieb direkt vor Ihnen stehen. “Sind Sie Ihr Bruder?”, fragte mich einer der Ärzte. Was? Ich schüttelte den Kopf. Ich könnte Ihr Urgroßvater sein. Der Arzt kniff die Augen zusammen. “Ihr Freund?” War ich das? Ich nickte stumm. Der Arzt tat es mir gleich. Dann fuhren die anderen mit Janie weiter. Ich wollte hinterher, aber der Arzt hielt mich fest. Nicht, dass ich ihn hätte abschütteln können, ich hätte ihm den Kopf abreisen können, aber hier waren zu viele Zeugen. Das wäre wahrscheinlich nicht so gut, ihn einfach so und ohne Grund zu töten, denn eigentlich sollte ja niemand wissen, was ich war. “Wissen Sie, was passiert ist?” Ich nickte. “Sie ist gestolpert!”, sagte ich leichthin. Dann wurde ich wütend. Wie konnte der Kerl so etwas denken? Ich riss mich zusammen und dachte nach. “Ich habe sie nicht geschubst, wenn sie das meinen.” Ich war ein ehrenvoller Vampir, ich töte keine wehrlosen Wesen. Na ja gut, aber nur ab und zu. “Das habe ich doch gar nicht gesagt!” Aber gedacht! “Nun ja, sie wird bald aufwachen. Zimmer 431.” Das hätte er mir nicht sagen brauchen, schließlich lag ihr Blut in der Luft. Ich ging los. Leider war ihr Blut überall. Jeder Arzt und jede Schwester hatte es an sich. Also musste ich sie auf konventionelle Art suchen. Wie ein MENSCH! * * * Schlafend lag sie im Krankenbett, unfähig sich zu rühren, geschweige denn die Augen zu öffnen. Das wollte sie auch gar nicht. Sie wollte nicht wieder in dieses grelle, weiße Licht schauen müssen. Ihre Arme und Beine waren taub. Ihr Gehirn fühlte sich an wie Mouse. Sie konnte nicht klar denken und nicht aufwachen. * * * Zimmer 431 war ein Drei-Bett-Zimmer und hatte zwei Wände, die nur aus Glas bestanden. Toll. Eine 50 prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die anderen zwei in diesem Zimmer mich als Wesen der Nacht identifizieren könnten. Janie lag, wie konnte es anders sein, genau dort, wo die Sonne am grellsten schien. Ich seufzte. Warum hatte ich mich gleich noch mal darauf eingelassen, sie nicht zu töten? -Keine Ahnung! Ich stand im Schatten, als die Tür geöffnet wurde und ein weiteres Krankenbett hinein geschoben wurde. Schade, jetzt konnte ich sie nicht mehr ihres Blutes berauben. Ich ging zu einer Sitzecke und pflanzte mich auf einen der Stühle. Ich hoffte nur, dass Janie bald aufwachen würde. Ich hatte Durst, obwohl ich erst letztens einen Bären erlegt hatte. Hier waren einfach zu viele Menschen, nach deren Blut ich dürstete. Die Schwestern, die das Bett reingeschoben hatten, verließen jetzt das Zimmer. “Wach auf, Janie, ich will hier weg!”, sagte ich leise. Aufwecken wollte ich sie eigentlich nicht. Auch wenn ich es nicht aushielt. Ich atmete noch einmal tief ein. Merkwürdig! Der stechende Geruch von Moder, Moos und Tod war weg. Stattdessen nahm ich Pfirsichgeruch war, mit einem Hauch von Pfefferminz. Seltsam! “Janie?”, fragte ich leise. Etwas lief hier falsch! * * * Janies Kopf schmerzte. Die Schmerzmittel wirkten nicht mehr. “Argh!”, stöhnte Janie und schlug die Augen auf. Sonnenlicht schien auf ihr Gesicht. Janie suchte mit ihrer Hand das Bett ab. Eine kalte Hand tätschelte ihren Arm. Janie zuckte zusammen. “Was suchst du, Janie?”, fragte Jonathan sie. Janie sah ihn fragend an. Was hatte er hier zu suchen? “Mir tut alles weh!”, stöhnte sie. Jonathan drückte den roten Knopf am Kopfende des Bettes. Dann legte er seine rechte Hand vorsichtig auf ihre Stirn. “Oh!”, stöhnte Janie wieder. Jonathan nahm die Hand von der Stirn und starrte sie verunsichert an. Janie zuckte zusammen. Dann schüttelte sie vorsichtig den Kopf. Sie suchte nach Jonathans Hand und legte sie sich auf ihre Stirn, als sie sie fand. “Besser!”, sagte sie leise und lächelte Jonathan vorsichtig an. Jonathan lächelte freudig zurück. Dann nahm er schnell seine Hand von Janies Stirn und saß im nächsten Augenblick auf der Sitzbank. Gleich darauf stürmten drei Schwestern und ein Arzt in das Zimmer. Janie schmiss den Kopf hin und her. Die vier Mediziner brabbelten unverständliche Worte und eine Schwester rammte Janie eine Spritze in den Arm. Kurz darauf war sie ruhig gestellt. Die Augen geschlossen, stöhnte Janie leise. Der Arzt verschwand mitsamt seinen Schwestern und Janie schlief ein. * * * Da ich nichts weiter für Janie tun konnte, machte ich mich in der dunklen Stadt auf Nahrungssuche. Was hätte ich auch anderes machen sollen? Ich war kein Menschenfreund und hasste es, mich in Ihrer Nähe aufzuhalten, weil mein Hunger dann immer unersättlich war. In einer Gasse fand ich einen Hund, der schon halbverwest war. Ich stürzte mich auf ihn und saugte ihn vollkommen aus. Ich wollte nicht Menschenblut trinken und nie wieder etwas anderes trinken wollen. Das kam eigentlich gar nicht in Frage. Aber warum wollte ich dann ihr Blut so sehr? Ich verstand es einfach nicht, warum ich wegen ihr eine Ausnahme machen wollte! So hatte ich mich in Gegenwart von Menschen, oder sogar Mädchen noch nie gefühlt. Ich war irritiert! Ich schüttelte die Gedanken aus meinem Kopf und ging langsamen Schrittes in das Krankenhaus zurück. * * * Als Janie die Augen aufschlug, fühlte sie sich richtig schlecht. Ihr Kopf dröhnte und in ihrem Arm hämmerte der Schmerz nur so. Warum verdammt, lebte sie noch? Dann hätte sie keine Schmerzen mehr. Janie’s Blick schweifte zu der Sitzecke, nachdem sie sich an die Dunkelheit des Raumes gewöhnt hatte. Wo war denn Jonathan? Nicht dass sie ihn vermisste, aber irgendetwas fehlte ohne ihn. Janie lächelte kalt. Wo war der Vampir nur? Die Tür ging langsam auf und Janie schloss die Augen. Die Tür wurde wieder geschlossen. Janie sah den Fremden an. * * * Als ich die Tür hinter mir schloss spürte ich einen Blick auf mir ruhend. Ich drehte mich um und starrte Janie fragend an. Sie biss sich auf die Lippen und drehte den Kopf von mir weg. Ich setzte mich auf die Sitzbank ihr gegenüber. “Wie geht es dir?”, fragte ich sie leise, aber doch so laut, dass sie mich verstehen konnte. Janie sah zu mir und wurde leicht rot. Ich lächelte. Diese Wirkung hatte ich auf viele Mädchen, wenn ich unter Menschen war. “Es könnte mir besser gehen!”, sagte Janie, den Blick wieder abgewandt. Ich nickte. “Wie geht es deinem Kopf?”, fragte ich weiter. “Er tut mir immer noch weh, Jonathan, was soll die Fragerei? Sag mir doch einfach wa..” Ich war sofort bei ihr und legte meine Hand auf ihre Stirn. Sie lächelte mich freudig an. “Danke!”, meinte sie und schloss die Augen wieder. “Janie, ich muss dir was sagen!”, meinte ich und nahm meine Hand wieder von ihrer Stirn. “Mach das, aber leg bitte deine Hand wieder auf meine Stirn, Jonathan, komm schon, bitte!” Ich verdrehte die Augen und legte meine Hand wieder auf ihre Stirn. “Ich glaube ich geh wieder!”, sagte ich leise. Janie sah mich fragend an. “Was, jetzt schon? Du bist doch gerade erst gekommen!”, sagte sie vorwurfsvolll. Ich lachte kurz auf. “So war das nicht gemeint! Ich meine damit, dass ich ganz weggehe! Dich hier zurück lasse.” Janie setzte sich auf und ich nahm meine Hand zurück. “Du willst mich hier lassen? Das kannst du nicht machen! Ich habe hier niemanden! Lass mich nicht alleine!” Ich schluckte. Ich hatte nicht erwartet, dass das Mädchen so reagieren würde. “Janie, leg dich wieder hin!” Sie schüttelte widerwillig den Kopf. “Nein! Erklär mir, warum du das machen willst! Vor allem: Warum kommst du her, um mich so zu bestürzen? Du bist ein bescheuerter Vampir!” Ich nickte. Sie hatte ja Recht. “Ich weiß es doch auch nicht, ich wollte dich noch einmal sehen, bevor ich gehe. Ich dachte, du würdest schlafen!” “Dann wärst du einfach so gegangen? Ohne mir etwas zu sagen?”, fragte sie mich und starrte mich entrüstet an. Ich sah zu Boden. So seltsam gemein hatte ich mich das letzte mal vor siebzig Jahren gefühlt, als ich den Teddy meiner kleinen Schwester kaputtgemacht hatte. Ich stand auf und ging aus dem Raum. “Jonathan?”, fragte Janie. Ich blieb vor der Tür stehen. “Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich werde dich vermissen!” Ich nickte. “Doch, ich glaube es dir!”, sagte ich und ging aus der Tür hinaus. * * * Warum musste er ihr das antun? Janie stand von ihrem Krankenbett auf und zog sich ihre Sachen vom Vortag an. Er hatte sie provoziert und das hätte er nicht machen sollen! Natürlich wusste Janie, dass sie ihm körperlich nicht verletzen konnte, aber sie schwor sich selbst, dass sie ihn ausfindig machen und ihn irgendwie zur Strecke bringen wollte. Wie, war ihr noch nicht bewusst. Hauptsache er würde leiden! Sie einfach alleine lassen! Wie konnte er nur? * * * Warum war ich nur gegangen? Ich hang an dem kleinen Geschöpf, das sich Janie nannte. Sie roch so unwahrscheinlich gut und sie war… so wunderschön! Ich schüttelte widerwillig den Kopf und rannte weiter. Wieso dachte ich gerade jetzt an sie? An das niedliche Mädchen mit den braunen Locken und den braunen Rehaugen? Wieder schüttelte ich den Kopf und lehnte mich an den nächsten Baum. Mit diesen Gedanken in meinem Kopf konnte ich mich doch nicht zu einem Kampf um Leben und Tod stellen. Nun gut, es ging um halbtot und ganz tot… Trotzdem. So konnte ich meinem Gegner nicht unter die Augen treten. Er würde sich auf mich stürzen, als wäre ich ein wehrloses Tier… Mist! * * * Janie schlich leise und ohne von jemandem bemerkt zu werden, aus dem Krankenhaus und sah sich um. Wo hatte dieser blöde, niedliche Vampir sie nur hingebracht? Als Janie an ihn dachte, wurde sie traurig. Er hatte sie doch tatsächlich alleingelassen und er hatte ihr noch nicht einmal einen vernünftigen Grund dafür genannt. Sie seufzte und machte sich daran, die Stadt nach ihm abzusuchen. Das er schon längst weg sein könnte, daran dachte sie gar nicht. * * * Ich seufzte leise, bevor ich mich von dem Baum, an den ich mich zum nachdenken gelehnt hatte, wegstieß. Wieso waren meine Gedanken voll von diesem Mädchen, dass mir noch nicht mal ihre Geschichte erzählt hatte? Den Kopf schüttelnd lief ich wieder zurück. Ich musste etwas unternehmen, aber ich wusste nicht was. Plötzlich roch ich wieder einen Vampir, nein mehrere! Ich roch noch einmal und sah dann nach oben. Da sah ich sie, drei Vampire, die mich blöd anstarrten. Als sie meinen Blick bemerkten, sprangen sie von den Baumwipfeln und landeten zeitgleich vor mir. Ich kannte die drei schon. Sie waren von Vampirministerium und kontrollierten Vampire, die noch nicht allzu lange Vampir waren. Ich wusste aber nicht, was sie gerade bei mir wollten, schließlich war ich kein Jüngling mehr! Einer von ihnen, er hatte längere, braune Haare trat einen Schritt zu mir und roch ausgiebig an mir. Ich sah ihn fragend an. Was sollte der Scheiß? “Haben Sie in letzter Zeit einem Menschen das Blut ausgesaugt?”, fragte er mich nach seiner Schnüffelaktion. Ich schüttelte den Kopf. “Nein, nur einen Bären und einen Hund!”, sagte ich. Ein anderer, mit weißen Haaren, sah mich fragend an. “Dann frage ich mich, warum sie so sehr nach Mensch riechen!”, meinte er und zog ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche, um sich damit ausgiebig die Nase zu schnäuzen. “Weil ich einen Menschen ins Krankenhaus gebracht habe.”, sagte ich zu ihm. Er hob andächtig eine Augenbraue. “Und weshalb haben sie das getan?”, fragte er mich weiter. “Weil sie sich den Arm gebrochen hatte.” Der braunhaarige schlich immer noch um mich herum. “Und wobei hat sie sich den Arm gebrochen? Haben Sie sie gestoßen?” Warum dachte jeder das selbe? Ich schüttelte den Kopf. Der Braunhaarige wollte mir die Kehle zudrücken, aber ich war schneller und schleuderte ihn auf den nächsten Baum, natürlich, ohne die anderen aus den Augen zu lassen. Die sahen mich jetzt noch wütender an. “Nein, sie ist gefallen!”, sagte ich. Der Weißhaarige lächelte kalt. “Eugene, würdest du dich bitte um diesen unzurechnungsfähigen Vampir kümmern?” Es war keine Frage, es war ein Auftrag, mich zu töten. Kapitel 3: Unheimliche Nebenerscheining --------------------------------------- Wo konnte dieser Vampir nur sein? Nachdem Janie die Stadt durchkämmt hatte, setzte sie sich auf einen großen Stein am Stadtrand, von dem man die halbe Stadt überblicken konnte. Sie seufzte. Warum musste sie gerade ihm so verfallen? Er war doch nichts Besonderes, außer vielleicht das mit der Vampirgeschichte. Janie seufzte erneut und legte den Kopf in die Hand. Verdammt!, dachte sie. * * * Eugene war ein eher bulliger Verwandter. Er war groß und stämmig, seine Arme konnte man vor lauter Muskeln gar nicht mehr erkennen. Ich seufzte. Ich wollte doch nur zu Janie und mich bei ihr entschuldigen. Als der bullige Kerl auf mich zukam, wich ich ihm aus, indem ich hoch sprang. Der Bullige sprang ebenfalls, hielt mich am Fuß fest und schleuderte mich gegen einen Baum. Dieser knackte unter meinem Gewicht gewaltig. Ich schrie auf. * * * Ein Schrei? Janie stand ruckartig auf und lief, so schnell sie konnte, in die Richtung, aus der er gekommen war. Vielleicht brauchte dort jemand ihre Hilfe… * * * Ich rappelte mich wieder auf und entging einem Faustschlag meines Angreifers. Eugene knallte daraufhin mit der Hand gegen den Baum, der augenblicklich zersplitterte. Er zog seine Hand zurück und sah mich wütend an. “Warum soll ich sterben?”, fragte ich den Weißhaarigen, der uns immer noch zu sah. “Weil du gerade da bist! Eugene muss wieder fit werden. Außerdem hast du Karl weggeschmissen!” Der bullige Kerl kam wieder auf mich zugeraunt, aber ich wich ihm wieder aus. “Karl? Er wollte mich doch auch töten!”, sagte ich und wich einer erneuten Attacke von Eugene aus. “Nun, ja, wir müssen dich halt loswerden.”, meinte er. “Eugene, jetzt beeil dich doch einmal!”, motzte er den bulligen Typen an. Dieser nickte und rannte wieder auf mich zu. Wieder wich ich aus. Der Weißhaarige lächelte kalt. Dann drehte er sich verwirrt zur Seite. Eugene sah ihn fragend an. “Was ist los, Boss?”, fragte er ihn. Dieser drehte sich wieder um. “Riechst du das denn nicht?”, fragte der Weißhaarige. Ich atmete tief ein und erschrak. Was wollte dieses Mädchen hier? Wie hatte sie mich gefunden? Ich nutzte die Gelegenheit, sprang auf den bulligen Typen und riss ihm den Kopf ab. Er fiel um wie ein nasser Sack. Der Weißhaarige sah mich geschockt an. Ich sprang und landete direkt vor ihm. “Wie willst du mich jetzt noch loswerden?”, fragte ich ihn. * * * Janie rannte immer weiter, aber sie wusste nicht mehr, ob sie in die richtige Richtung rannte, oder ob sie vom Kurs abgekommen war. Sie hoffte so inständig, dass der Person, die geschrien hatte, nichts geschehen war. * * * Der Weißhaarige holte mit der Hand aus, um mir den Kopf abzureißen. Ich wich aus und sprang einige Meter nach hinten. Er war stärker, als er aussah. Und Janie kam immer näher! “Du wirst mir nicht entkommen! Ich töte dich!”, sagte der Alte. “Wie kannst du dir so sicher sein?”, fragte ich, wusste aber, dass er wahrscheinlich recht hatte. “Der Mensch, der da kommt, hat Blut, das nach dir schreit! Hörst du es denn nicht?” Ich schluckte. Er lächelte wieder kalt. “Nein, ich verdränge es!”, log ich. Er nickte. “Natürlich! Das würde jeder Vampir machen!” Er schüttelte den Kopf. “Stell dich nicht so an. Saug sie aus, bevor du stirbst!” Ich sah ihn geschockt an. “Nein, niemals!” * * * Sie ging auf eine Art Lichtung zu, von der sie leise Stimmen hörte. Ihre Atmung ging schnell und unregelmäßig. Vom langen Rennen war ihr schwindlig geworden. Sie ging weiter und kam kurz darauf am Rande der Lichtung an. Rechts stand Jonathan, den Blick stur geradeaus gerichtet. Links stand ein weißhaariger, alter Mann, der sie kalt angrinste. * * * Ich nutzte die Gelegenheit seiner Unaufmerksamkeit und sprang auf ihn zu. Janie!, dachte ich, sieh weg! * * * Jonathan stürzte sich auf den alten Mann, der ihn ohne große Mühe einige Meter von sich warf. “Jonathan!“, rief Janie laut auf. Jonathan keuchte und stand wieder auf. Er machte sich wieder auf den Weg zu dem Alten, und schleuderte ihn gegen einen Baum. Janie wollte etwas sagen, aber da wurde ihr der Mund zugehalten und sie wurde weggeschliffen. Ihr stiegen Tränen in die Augen, obwohl sie gar nicht wusste, warum. Jonathan!; dachte sie, hilf mir! * * * Als er an dem Baum zu Boden glitt ergriff ich die Chance und riss auch ihm den Kopf ab. Ich sah nach rechts, doch Janie war verschwunden! Sollte ich ihre Anwesenheit geträumt haben, damit ich mich stärker fühlte? Aber warum hatte der Weißhaarige sie auch gesehen und gerochen? Ich atmete tief ein und knurrte. Dieser blöde Karl! Ich hatte ihm doch schon gezeigt, was ich konnte, warum stahl er mir einfach mein Mädchen? Ich ging der Duftspur hinterher und fand bald darauf Janie, wie sie ohnmächtig an einem Baum lag. Eine Falle!, war das erste, woran ich dachte, also atmete ich noch einmal tief ein. Aber von dem Vampir war keine Spur. Ich beugte mich zu dem Mädchen und betrachtete sie. Was hatte er mit ihr gemacht? Ich entdeckte weder irgendwelche Brüche, Prellungen, noch Bissspuren. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. “Sie wird bald wieder wach sein!”, sagte jemand hinter mir. Ich drehte mich um und sah Karl böse in die Augen. “Sie soll nur nicht mitbekommen, wie du stirbst!” Was für eine Androhung! “Was hast du mit ihr gemacht?”, fragte ich ihn. Er zuckte die Schultern. “Nicht viel! Sie ist einfach umgekippt! Das Mädchen ist schwach! Was willst du von ihr?” “Sie ist stärker als du denkst!” Ich sprang und stürzte mich auf ihn. Er wich aus und schnappte sich die schlafende Janie. “Was nun?”, fragte er mich. Ich schnaubte. “Bist du wirklich so ein Feigling, dass du unbedingt einen Schutzschild brauchst?”, fragte ich gereizt. Karl lächelte. “Wenn es hilft!”, lachte er laut. Ich schüttelte den Kopf und sprang auf ihn zu, versuchte aber, Janie nicht allzu sehr zu verletzen. Karl krachte laut auf den Boden und ich nahm ihm Janie ab, um sie an einen Baum zu lehnen. Dann drehte ich mich wieder zu Karl und nahm ihn ohne großes Zögern auseinander. * * * Als Janie aufwachte, war es draußen dunkel und nur das flackernde Feuer vor ihr erhellte die Nacht. Sie setzte sich auf und griff sich an den schmerzenden Kopf. “Auch schon wach?”, fragte jemand sie. Janie blinzelte. Woher kam die Stimme? “Jonathan? Wo bist du?”, fragte sie ins Halbdunkel. Hinter dem Feuer erhob sich jemand. “Tut mir Leid, dass ich soweit weg bin, aber dein Blut ist zu verführerisch!”, sagte er und setzte sich wieder hin. “Blut?”, fragte sie. Da erst bemerkte sie, dass ihre Stirn klebrig war und zog ihre Hand zurück. Rot war sie. Sie schloss die Augen und hielt die Hand von sich. Dann stand Janie auf und schwankte stark. “Bleib sitzen! Du bist sehr geschwächt!”, sagte Jonathan, rührte sich aber keinen Millimeter. Janie öffnete die Augen und tappte zu ihm. Bei ihm angelangt, setzte sie sich neben ihn und reichte ihm ihre Hand. Jonathan sah sie fragend an. “Du willst doch sowieso mein Blut! Leck meine Hand ab, dann ist es für mich nicht mehr so ekelig!”, sagte sie leise. “Janie! Das kann ich nicht machen!”, schimpfte er und lehnte die Hand ab. “Komm schon, Jonathan! Trau dich! Ich vertraue dir voll und ganz!” Wieder gab sie ihm ihre Hand. Dieses Mal nahm er sie in seine und leckte sie genüsslich ab. Janie kicherte leise. Jonathan blickte auf. “Was ist?”, fragte er. “Nichts! Es kitzelt mich nur! Mach weiter!”, sagte sie und lehnte sich an den kalten Stein, der sich Jonathan nannte. Jonathan machte sich wieder daran, das Blut von ihrer Hand abzulecken. * * * Wieso war ihr Blut einfach nur so köstlich? Ich musste mich zusammen- reißen, um nicht doch noch zwei Löcher in ihre reine Haut zu bohren. Nach- dem ich auch noch ihre blutverschmierte Schläfe abgeleckt hatte, fiel sie wieder in tiefen Schlaf, dieses Mal war er ruhiger und da ich weder Menschen, noch Vampire roch, machte ich mich auf den Weg, mir anderes Blut zu suchen. Ich hoffte inständig, dass sich in der Zwischenzeit niemand an Janie vergreifen würde. * * * Janie wachte wieder auf. Sie sah sich um, von Jonathan war nirgends eine Spur. Hatte er sich schon wieder einfach so aus dem Staub gemacht? Sie schüttelte den Kopf. Nein, das letzte Mal war er auch noch da gewesen! Janie sah nach oben, doch auch in den Bäumen sah sie ihn nicht. Wo konnte er denn nur sein? Das Mädchen raffte sich auf und lehnte sich immer noch geschwächt an den Baum, neben dem sie geschlafen hatte. Sie holte tief Luft. “Jonathan?”, fragte sie leise. Keine Antwort. Ihr lief eine Träne über die Wange. Wann bin ich so schwach geworden?, fragte sie sich. “Jonathan?”, rief sie in den Wald. Doch sie bekam keine Antwort. * * * Konnte sie denn nicht warten? Ich war doch gerade erst losgegangen, verdammt! Ich schüttelte den Kopf und saugte das Reh aus, bevor ich mich langsam auf den Weg zu ihr machte. Wie konnte man nur so wenig Geduld haben? “Jonathan!”, rief sie wieder und ich vernahm deutlich ein Schluchzen, das von ihr kam. Hatte sie denn gar kein Vertrauen in mich? Nun gut, ich würde auch keines in mich haben, aber man musste doch nicht gleich dem ganzen Wald und seinen Bewohnern mitteilen, dass sie mich suchte! Ich rannte auf das Mädchen zu, das an einem Baum lehnte und hielt ihr den Mund zu, damit sie meinen Namen nicht noch einmal schreien konnte. Sie sah mich verwirrt an. “Janie, halt den Mund! Weißt du denn nicht mehr, was letztens passiert ist?”, fragte ich sie und zeigte auf ihren Arm. Sie schloss die Augen und erst jetzt bemerkte ich, dass ihre Augen feucht waren, genau wie ihre Wangen. Ich nahm meine Hand von ihrem Mund und sah sie fragend an. Sie schüttelte den Kopf, drehte sich von mir weg und wischte sich die Tränen mit ihrem gesunden Arm weg. Ich seufzte leise und sprang auf den nächst besten Ast, an den sie unmöglich gelangen konnte. Ich lehnte mich an den Stamm und sah in den noch dunklen Himmel. Kein Mond erhellte ihn und es waren kaum Sterne zu sehen. Ich schloss die Augen und dachte nach. Auch wenn ich nicht schlafen konnte, tat es gut, die Augen zu schließen. * * * Er war hochgesprungen. Auf einen Ast, den sie unter keinen Umständen erreichen könnte. Sie drehte sich wieder zu ihm und beobachtete ihn, auch wenn sie ihn nicht richtig erkennen konnte, es war einfach zu dunkel dafür. Das Feuer war längst erloschen und der Mond schien nicht, doch sie starrte ihn unverwandt an. “Jonathan?”, fragte sie so leise sie konnte. Jonathan antwortete mit einem verstohlenen Blick, sah gleich darauf aber wieder in den Himmel. Sie seufzte laut und vernehmlich. “Warum reagierst du in letzter Zeit so seltsam?”, fragte sie ihn und sah ihn weiterhin an. Jonathan schloss kurz die Augen. Dann zuckte er die Schultern. “Ich weiß nicht, was du meinst!”, sagte er nur. Janie lies die Schultern sinken und schluchzte leise. “Im Krankenhaus bist du einfach gegangen, ohne auf meine Gefühle zu achten.”, sagte sie leise und schluchzte wieder. “An der Lichtung hast du gar nicht auf mich geachtet! Du warst nur in deinen dämlichen Kampf vertieft, wodurch du gar nicht gemerkt hast, dass ich weggeschleppt wurde.” Sie wurde lauter. “Am Lagerfeuer erzählst du mir, dass du mein Blut nicht haben willst, nimmst es dann aber trotzdem! Ich verstehe dich nicht mehr!” Die letzten Worte schrie sie fast. Dann brach sie in lautes Geheul aus. Warum brach er ihr so das Herz? * * * Nein, ich wollte nicht mehr! Wieso musste ich immer Bewacher und Taschentuch spielen? Ich hatte einfach keine Lust mehr dazu. “Hör mir jetzt genau zu Janie, denn ich sage es nicht noch einmal!”, warnte ich sie schon mal vor und schloss die Augen. Sie schluchzte noch einmal und wischte die Nase an ihrem Ärmel ab. Ich öffnete die Augen wieder. “Im Krankenhaus konnte ich nicht auf deine Gefühle achten, weil ich einfach nicht stark genug war, deinem oder anderem menschlichen Blut auszuweichen! Wäre ich geblieben, wärst du jetzt tot.” Ich sprang von meinem Ast und landete einige Meter von ihr entfernt. Janie schniefte leise. “An der Lichtung habe ich dich nicht angesehen, weil du mich, genauso wie ihn auch abgelenkt hättest! Ich wollte mich nicht durch dich umbringen lassen, auch wenn das Leben als Vampir nicht gerade das Tollste ist, was man sich vorstellen könnte, aber ohne dieses Leben wäre ich jetzt nicht hier. Und das mit deinem Blut…” Ich lachte leise auf und stand kurz darauf neben ihr, den Mund an ihrer Kehle. “… das ist eine andere Geschichte, die ich dir vielleicht später erzähle!”, hauchte ich ihr zu. Ich merkte, wie sie zitterte, doch ich wusste nicht, warum. Also trat ich einen Schritt zurück und drehte ihr den Rücken zu. “Wegen dir habe ich unzählige Vampire und Tiere getötet. Du solltest endlich verschwinden. Zumindest aus meinem Leben, auch wenn sich das Weiterleben dann nicht mehr lohnen würde. Geh einfach und denk nie wieder an mich! Vielleicht kannst du dein Leben wieder neu beginnen!” Ich senkte den Kopf. Von ihr kam keine Antwort. Ich wollte auch gar keine erhalten. * * * Wollte er das wirklich? Wollte er wirklich, dass Janie ihn verlies. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Nein, das würde sie nicht zulassen. Langsam ging sie auf ihn zu und legte ihre Arme um ihn, als sie hinter ihm stand. Trotz der Kälte, die von ihm ausging, weigerte sie sich, ihn loszulassen. “Ohne dich hätte ich jetzt auch kein Leben!”, sagte sie leise. Er lachte leise auf. “Wie auch? Ich wollte dich töten, genau, wie viele andere Vampire auch!” Das Mädchen lies ihn los und trat vor ihn. “Ich verstehe immer noch nicht, warum du mich vor jedem einzelnen beschützt hast, obwohl du eigentlich auch nur mein Blut und somit meinen Tod willst.”, sagte sie und starrte ihn unwissend an. * * * Ich lachte leise auf und sah in ihr Gesicht, in dem ihr leckeres Blut zirkulierte, weil sie sich schämte. Ich schnappte mir ihre Arme und zog das Mädchen auf meinen Rücken. Noch ehe sie das registriert hatte, war ich schon mit ihr losgerannt. In die Richtung, in die ich sowieso wollte. In Richtung Zadzumars, der Vampirstadt, in der ich mein Leben gegen ein Vampirdasein getauscht hatte, in der man mir beibrachte, wie ich mich in meinem neuen “Leben” benehmen sollte. Die wenigsten, die sich an den Code der Vampire hielten, waren noch dort zu Hause. Die meisten, die von dem süßen Trank gekostet hatten, waren nur auf der Durchreise, denn sie würden dort nie mehr leben dürfen. Das hatte der Gipfel so entschieden. “Jonathan?”, fragte Janie leise, aber für mich auch gegen den Wind hörbar, sodass ich langsamer wurde und schließlich anhielt. Ich setzte das bleiche Mädchen ab und half ihr, während sie sich setzte. “Tut mir Leid, ich war nur so voller Tatendrang!”, sagte ich und sog die Morgenluft ein. In wenigen Minuten würde die Sonne aufgehen. Ich hockte mich vor Janie, die das Gesicht gesenkt hielt. “Kannst du es noch ein paar Minuten aushalten, von mir getragen zu werden? Ich möchte dir etwas zeigen!” Janie blickte mich irritiert an. “Was willst du mir denn zeigen?”, fragte sie zögernd. Ich seufzte. “Das wirst du noch früh genug erfahren! Komm schon, bitte!” Ich fühlte mich unbesiegbar und wollte jetzt endlich weiter. Das Mädchen nickte vorsichtig und rappelte sich auf. Ich nahm sie wieder auf den Rücken und rannte noch ein Stück auf einen Felsbrocken zu, der sich vor uns in den dunklen Himmel erhob. Dort angekommen, setzte ich Janie ab und sah ihr in das fahle Gesicht. Janie sah auf. “Was willst du mir denn zeigen, Jonathan?”, fragte sie mich. Ich lächelte sie freudig an. “Warte kurz! Es müsste gleich soweit sein! Noch einen Moment. Warte!” Ich war so aufgeregt. * * * Der Vampirjunge neben Janie war richtig hibbelig. Er stand zwar ganz ruhig vor ihr, aber in seinen Augen sah sie die Vorfreude auf etwas hin- und herspringen. “Du benimmst dich wie ein kleines Kind!”, schimpft das Mädchen lächelnd. Jonathan senkte traurig den Kopf. Das Mädchen biss sich auf die Lippen. Hatte sie ihn jetzt wirklich verletzt? Er hob den Kopf und lächelte sie freundlich an. “Kann schon sein! Das ist mir gerade vollkommen egal! Jetzt sieh nach vorne!”, sagte er leise. Janie sah nach vorne und sog überrascht die Luft ein. Vor ihr erhellte ein kleiner Strahl den Himmel. Immer größer werdend ging die Sonne vor den beiden auf. Janie schnappte nach Luft. “Wow, richtig toll!”, sagte sie und sah zu Jonathan. Sie sah einen halb durchsichtigen Jungen, der so schillernd bunt wie ein Regenbogen leuchtete. Er sah weiterhin lächelnd nach vorne. Janie schüttelte ungläubig den Kopf, doch die Erscheinung blieb. Es war keine Halluzination. Es war Realität. Jonathan drehte ihr seinen Kopf zu. Seine Miene verdüsterte sich und der Regenbogen begann zu flackern. In seinen Mundwinkeln sah sie die spitzen Reißzähne und schritt erschrocken zurück. Sie hatte nicht wirklich Angst vor ihm, aber so in der Sonne, sah er ziemlich seltsam aus. So, als würde er sich jeden Moment in Luft auflösen. “Jonathan?”, fragte sie unsicher. Ihr Gegen- über legte den Kopf schief. “Rat kara du monch Iri tragas?”, fragte er sie. Janie blickte ihn verwirrt an. Hatte er wirklich in einer anderen Sprache gesprochen? Nein, das konnte doch nicht sein! War vielleicht etwas mit ihr verkehrt? Sie sah an sich runter, merkte aber keine Veränderung. “Hä?”, machte sie deshalb und ging wieder einen Schritt auf ihn zu. Der Vampirjunge sprang nach hinten und landete direkt auf der Spitze des Felsens. “Rat kara du manch Iri tragas?”, fragte er erneut. Es klang wie eine Beschwörungsformel. Was war nur mit dem Vampir los? Kapitel 4: Immer vorwärts, nie zurück? -------------------------------------- Ihren Plan in die Tat umzusetzen war schwer, sie wollte ihn in den Wald locken. In den Schatten. Doch ihr fiel nichts ein, wie sie ihn vom Felsen hätte locken können. Sie blickte nach unten und sah einen Stock vor sich. Nein, darauf würde er sicherlich nicht reagieren! Ihr Blick schweifte zu dem funkelnden Etwas, dass sie immer noch prüfend anstarrte. Sie schüttelte den Kopf, hockte sich hin und nahm den Stock in ihre Hände. Sie sah wieder zu Jonathan. Dieser hatte die Augen auf den Stock gerichtet. Sollte sie es wirklich versuchen? Janie biss sich auf die Lippen und dachte angestrengt nach. Mit einem Ruck hob sie den Arm und schmiss den Stock in den Wald hinein. Sie verspürte einen Luftzug links neben sich und drehte sich erschrocken um. Ihre Augen weiteten sich. Auf dem Felsen war keiner mehr. Hatte er sich doch in Luft aufgelöst? Sie wurde von hinten angestupst und drehte sich schnell um. Vor ihr stand der noch immer leuchtende Jonathan und hielt ihr den Stock entgegen. Janie blinzelte. Dann zuckte sie die Schultern, nahm den Stock und warf ihn wieder in den Wald. Jonathan war weg und Janie rannte ebenfalls in den Wald. * * * Ich wusste nicht, warum ich es getan hatte. Wahrscheinlich, weil ich Sonnen- aufgänge früher sehr geliebt hatte. Ich hatte nicht an die Tatsache gedacht, dass ich als Vampir durchdrehen würde. Allerdings frage ich mich, warum mir die Sonne am helligen Tag nichts ausmachte, aber dieser Sonnenaufgang. “Jonathan?”, kam die die leise, zögernde Stimme von Janie., die einige Meter von mir entfernt auf einem Baumstumpf saß. Ich hob den Kopf und sah sie fragend an. Sie starrte mich traurig an. “Was war gerade mit dir los?” Ich lachte kurz auf und zuckte die Schultern. “Mir ist das vorher noch nie passiert, Janie! Ich weiß es auch nicht. Es tut mir Leid!” Ich senkte den Kopf wieder. Ich konnte mir denken, was sie jetzt von mir hielt. “Ach, ich fand es eigentlich ganz niedlich, wie du hinter dem Stock hergesprungen bist! Vielleicht brauchtest du nur etwas Bewegung.”, sagte sie und stand auf. Ein wenig Bewegung? Ich war doch nur unterwegs gewesen und hatte sie dabei auch noch getragen. Sie trat auf einen Stock in meiner Nähe und ich sah auf. Das Mädchen hockte sich zu mir und sah zu Boden. Was hatte sie vor? “Ich fand es widerlich, dir gegenüber!”, sagte ich leise, aber noch so laut, dass mich verstand. Sie hob den Kopf und sah mir in die Augen. Sie kam noch näher und lehnte sich an mich. Ich zuckte innerlich zusammen. “Wo willst du hin?”, fragte sie mich. “Zadzumar ist mein Ziel!”, sagte ich. “Die Vampirstadt, die seit Ewigkeiten existiert, die stets zerstört und wieder aufgebaut wurde, die kein Mensch wieder verlässt, jedenfalls nicht lebend.”, setzte ich fort. “Ich bringe dich an einen sicheren Ort, bevor ich gehe!” Janie sprang auf und beäugte mich böse. “Spinnst du?”, fragte sie mich. “Wage es ja nicht, mich hier irgendwo allein zulassen! Dann kannst du wissen, dass ich dich für immer hassen werde.” Sie hockte sich vor mich. “Jonathan, ich bitte dich! Lass mich nicht allein!” In ihren Augen glitzerten Tränen und in meinem Magen zog es sich zusammen. Ich stand auf und lies sie hocken. Ich sprang auf den nächsten Baum und sah gen Himmel. “Janie, ich kann dich nicht mitnehmen! Sie würden dich töten!”, sagte ich. Ich sah sie am Boden hockend die Schultern zucken. “Selbst wenn!”, sagte sie nur. Dann schwieg sie. Ich seufzte leise und machte es mir auf meinem Baum bequem. “Janie, kannst du mir vielleicht etwas über dich erzählen?”, fragte ich sie weiter in den Himmel blickend. Sie seufzte und ich hörte, wie sie sich aufrichtete. “Muss das sein?”, fragte sie und setzte sich an eine jüngere Ulme, die neben meinem Baum stand. “Bitte!”, sagte ich und schloss die Augen. Wieder seufzte sie, holte aber Luft und begann zu erzählen. * * * “Mein Vater war Alkoholiker und hatte überall seine Flaschen stehen gehabt. Mit sechs oder sieben haben meine kleine Schwester und ich uns drei dieser Flaschen genommen. Sie waren zwar fast leer, aber meine Schwester landete mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Drei Monate konnte sie nicht raus und ich war Schuld daran! Das ist mir mit zehn erst aufgefallen. Ich habe mich von allen abgekapselt, war nur noch alleine unterwegs und habe mit vierzehn angefangen, Drogen zu nehmen. Letzten Monat habe ich einen Wutanfall bekommen, meiner Schwester den Arm gebrochen und wieder aufgehört.” Janie hielt inne und sah zu Jonathan nach oben, der gelangweilt in den Himmel sah. “Bevor du fragst: Ich hatte nie harte Drogen genommen, es fiel mir relativ leicht, es einfach aufzugeben.” Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf an den Baum. Eine Träne lief ihr über das Gesicht. * * * Ich sah von meinem Ast zu ihr herunter. In ihren Augen sah ich es glitzern. Ich sprang hinunter, landete lautlos und hockte mich vor sie hin. Die Träne, die ihr über die Wange lief, wischte ich vorsichtig weg. Janie legte den Kopf in meine Hand und öffnete die Augen. Ich schluckte. Was machte dieses Mädchen nur mit mir? “Jetzt bist du dran!”, sagte sie zu mir. Ich sah sie fragend an, konnte ich mich in Ihrer unmittelbaren Nähe doch nicht mehr zusammenreißen. “Erzähl mir, wie du Vampir geworden bist!” Ich lächelte spöttisch. “Das willst du nicht wissen! Du würdest mich …” hassen. Ich dachte es nur. Ich wagte es nicht, es auszusprechen. Was würde sie sagen? Was würde sie tun? Ich lies mich auf die Knie fallen und seufzte. “Selbst wenn ich es dir erzählen wollen würde, ich darf es nicht!” “Schon gut, Jonathan, erzähl es mir ein andern mal. Ich will dich zu nichts zwingen! Es tut mir Leid! Ich wollte…” “Hey! Hör auf damit! Du musst dich nicht entschuldigen! Es ist alleine meine Schuld!” Wieder hatte sie zu weinen begonnen. Ich strich die Tränen vorsichtig weg. “Janie, du hast keinen Grund zu weinen! Bitte hör auf!”, flehte ich das rothaarige Mädchen an. Sie hielt inne und sah mich mit feuchten Augen an. Dann lies sie meine Hand los und stürzte sich auf mich. Sie schlang die Arme um meinen Hals und schluchzte lauthals los. Wir schlugen auf den harten Waldboden auf und Janie vergrub das Gesicht in meinem Hals. Ich hob vorsichtig die Hand und strich ihr über den Rücken. “Verlass mich nicht, Jonathan!”, schluchzte sie in meinen Hals und drückte sich noch mehr an mich. Lange könnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Sie lag auf mir, presste sich an mich und ihre langen Haare lagen auf meinem Gesicht. Ihr Geruch war so aufdringlich, dass ich den Kopf zu ihr drehte und meinen Mund öffnete. Das schluchzende Mädchen merkte davon nichts. Als ich ihren Hals fast berührte, wurde mir schwindlig. Ich drehte meinen Kopf zurück und atmete tief ein. Ruckartig stand ich auf, Janie noch in den Armen, setzte das wimmernde Mädchen am nächsten Baum ab und ging zehn Schritte zurück. “Ich kann nicht!”, sagte ich leise. * * * Janie sah auf und schluckte. Warum war er wieder so weit weg gegangen? Hatte sie sich schon wieder verquatscht? Sie wischte sich die Tränen aus dem Augen und sah nach oben. “Wie spät mag es wohl sein?”, fragte sie sich und lehnte sich an den Baum. Der Schwarzhaarige lächelte kalt. “Essenszeit!”, meinte er und drehte sich zum Wald, kurz davor, wieder loszurennen. “Bringst du mir was mit?”, fragte sie. Jonathan lachte leise, bevor er in den Wald hinein rannte. Das Mädchen seufzte leise und stieß sich von dem Baum ab, dann machte sie sich daran, Feuerholz zu sammeln. Irgendwie war es recht kalt geworden. * * * Ich machte mich auf den Weg, mich zu sättigen. Wieso war ich in der letzten Zeit so verdammt durstig? Hatte ich etwa Fieber? Konnten Vampire überhaupt Fieber bekommen? Ich seufzte. Warum musste es aber auch ausgerechnet mich treffen? “Lange nicht gerochen!”, hörte ich eine Stimme hinter mir. Wie konnte ich diesen Geruch ignoriert haben? Was war denn nur los mit mir? Diesen Geruch nicht wahr zunehmen, kann fatale Folgen haben. Sogleich dachte ich an Janie. “Oh, was sehe ich? Hast du eine kleine Freundin, Joseph?” Ich drehte mich zu dem Ansprechenden und knurrte ihn laut an. “Lass sie in Ruhe, Etienne! Sie hat nichts mit dem zwischen uns zu tun!”, knurrte ich wütend. “Ach ja?” Etienne lachte laut auf. “Da bin ich nicht überzeugt von!” Er lachte und ging noch drei Schritte auf mich zu. “Keine Sorge! Wenn du kooperierst passiert deinem Spielzeug nichts… vielleicht!” Ich wollte ihm an die Gurgel springen, aber ich konnte nicht. Der große Blonde war stark und hatte noch drei andere bei sich, seine Leibgarde, auch wenn er sie kaum benötigte. Ich hatte gelernt, Etienne zu fürchten. “Was willst du von mir?”, fragte ich zornig und sah nun auch Carlos, der hinter einem Baum hervortrat. Der Italiener lehnte sich an jenen. “Weißt du das denn wirklich nicht?”, fragte der Blonde traurig. “Wir wollen dich wiederhaben, Joseph! Wir brauchen dich!”, sagte er und trat noch einen Schritt auf mich zu. Ich wich zurück. * * * Es wurde immer kälter und Janie fror. Sie sah nach oben und erschrak. Der Himmel war dunkel, aber war es denn schon so spät? Nein! Vor wenigen Stunden war doch erst die Sonne aufgegangen. Sie zog die Jacke enger um sich und versuchte einen Funken aufspringen zu lassen. “Kann ich dir irgendwie behilflich sein?”, fragte jemand. Janie drehte sich erschrocken um und sah in das Gesicht eines jungen Mannes, der im Gesicht eine Narbe vom linken Augen über das rechte Auge bis zum Haaransatz hatte. Janie zuckte zurück und landete auf ihrem Hintern. “Wer bist du? Was willst du?”, fragte sie und kroch nach hinten. Der Mann seufzte theatralisch und kam noch einen Schritt auf sie zu. “Ach, wie dümmlich von mir!”, meinte er, grinste aber triumphierend. “Mein Name ist Matheau und ich soll dich zu meinem Boss bringen! Also wehr dich bitte nicht, sonst verletzte ich dich vielleicht noch und du willst doch sicherlich nicht von noch mehr Vampiren umzingelt werden, oder etwa doch?” Janie schüttelte den Kopf und stand wankend auf. Wo war eigentlich Jonathan?, fragte sie sich und ging auf den Mann zu. “Wo ist er?”, fragte sie ihn. Er grinste in sich hinein und legte ihr die Hand auf den Rücken. “Ich bring dich zu ihm! Keine Sorge!” Janie nickte langsam und lies sich von ihm schieben. * * * “Aber ich will nicht zu euch zurück!”, rief ich aus und sprang schnell auf den nächsten Ast. “Lasst das Mädchen und mich in Ruhe! Wir haben euch nichts getan!”, schrie ich die zwei an. Etienne sprang ebenfalls auf einen Ast auf meiner Höhe. “Joseph, du bist zu spät! Sie ist schon in unserer Gewalt.”, meinte er gehässig und zeigte nach unten. “Dein hübsches Spielzeug ist, ohne sich zu wehren, mit Matheau mitgegangen!” Ich sah in die Richtung, in die er zeigte, und tatsächlich trat gerade Janie hinter einem Baum hervor. Gefolgt von dem braunhaarigen Franzosen Matheau. Ich sprang runter, landete einige Meter vor ihr und ging auf sie zu. Bevor ich allerdings bei ihr war, stellte sich jemand vor mich und warf mich nach hinten. Ich drehte mich in der Luft und landete sanft auf meinen Füßen. “Michelle!”, sagte ich und die Angesprochene lächelte zuckersüß. “Was soll das? Du weißt, dass du nichts gegen mich machen kannst!”, zischte ich sie an. “Na und? Dafür bist du unterlegen und in einer Zwickmühle, wenn ich das richtig sehe.”, sagte sie und drehte sich zu Janie um. “Dein kleines Spielzeug ist ja richtig niedlich!”, meinte sie und strich dem Mädchen mit dem Zeigefinger vom Kinn bis zur Brust. Janie hatte die Augen geweitet und starrte mich fragend und eingeschüchtert an. Michelle ging noch näher zu ihr und zog sie an sich. “Wird bloß nicht neidisch!”, sagte sie zu mir und ihre Lippen näherten sich unendlich langsam den Ihren. Ich rannte auf die beide Mädchen zu, riss Michelle von Janie weg, bevor sie mein Mädchen küssen konnte und zog Janie zu mir. “Wag es bloß nicht!”, knurrte ich Michelle an. “Was?”, fragte Janie. Alle sahen sie fragend an. “Wie was?”, fragte Matheau von rechts. Vorsichtig zog ich Janie näher zu mir. “Was sollte sie nicht wagen? Was hatte sie denn vor?” Wieder starrten alle Janie an. Dann fing Michelle an, schallend zu lachen. “Dich küssen!”, sagte sie. “Ich wollte dich nur ohnmächtig machen!”, fuhr sie fort. “Ohnmächtig? Das ich nicht lache, du wolltest sie töten! Das lasse ich nicht zu, solange ich noch mehr oder weniger lebe!”, schrie ich sie an. Janie nahm meine Hand und drückte sie. Michelle und Matheau sahen erst uns und dann sich an, wobei sie ziemlich rot wurden. Carlos kam auf mich zu und legte seine Hand auf meine Schulter. Dann grinste er mich an. “Können wir los?”, fragte er. Ich legte den Kopf schief. Was wollte er von mir? “Ja, auf geht’s!”, sagte Etienne und sprang endlich von seinem Ast. Ich verstand sowieso nicht, warum er das ganze Geschehen von dort beobachtet hatte. “Kann es los gehen, Joseph?”, fragte er. “Was? Ich sagte doch, ich komme nicht mit!”, schrie ich ihn an. “Joseph?”, fragte Janie hinter mir und drückte meine Hand noch fester. “Aber du heißt … Joseph?” “Das erklär ich dir, wenn nicht so viele dabei stehen!”, sagte ich zu ihr gewandt. “Sie weiß nicht wie du heißt! Sehr weise! Si!”, meinte Carlos lachend. “Joseph, du kommst mit, sonst passiert deinem Spielzeug noch irgendetwas! Und das willst du doch sicherlich nicht, oder?”, säuselte Michelle. “Selbst wenn ich mitkäme, würden ihr so manche Dinge passieren! Ich lass sie jetzt nicht alleine. Das kann ich nicht.” Janie legte die andere Hand auf meinen Rücken und lehnte sich an mich. “Sie ist mir wichtig, auch wenn sie nur ein Mensch ist!” Jetzt war ich es, der Janies Hand drückte. “Keiner hat etwas davon gesagt, dass du sie hier lassen sollst! Nimm sie mit, zur Erheiterung eines jeden von uns!”, meinte Matheau mit einem Seitenblick auf das Mädchen hinter mir. Mir klappte der Mund auf und ich lies Janie los. “Mitnehmen?”, fragte ich ihn. “Mitnehmen?”, fragte auch Janie und trat neben mich. “Wohin wollt ihr mich mitnehmen?” Ich schüttelte den Kopf und zog sie wieder hinter mich. “Nein! Auf keinen Fall!”, sagte ich. Janie versuchte, wieder neben mich zu treten, aber ich hielt sie mit beiden Händen fest. Der Blonde winkte ab. “Du hast sowieso keine andere Wahl, Jo!” Er schnippte mit den Fingern und schon standen Matheau, Michelle und Carlos vor uns. Ich seufzte leise und blickte nach unten. Wenn ich mich weigerte, würden sie mich erpressen. Was sollte das denn? “Sagt mir einen guten Grund!”, murmelte ich. “Ich sag dir sogar vier!”, meinte Etienne. “Du bist stark!” “Du hast Mut!”, meinte Carlos. “Du kennst alle Schwächen der Gegner!”, sagte Matheau. “Du gehörst einfach zu uns!”, grinste Michelle. Ich biss mir auf die Lippen und lies Janie los. Was sollte ich tun? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)