lose Seiten von Trollfrau (One-Shot-(WB-Beitrags)-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 7: Timeout – 1. die Stunde null --------------------------------------- Die Straße war Menschenleer. Eine Tatsache, die recht ungewöhnlich war, für diese Uhrzeit. Immerhin war es erst 00:05 Uhr. Um diese Zeit kamen einige Schichtarbeiter aus den Fabriken. Zenobia stand am Fenster ihres Büros, welches sich im dreißigsten Stock befand und blickte mit hinter dem Rücken verschränkten Armen hinunter. Diese Ruhe da unten sagte ihr nicht zu. Nein, überhaupt nicht! Noch kurz ließ sie den Blick nach unten schweifen, dann wand sich die junge Polizistin jedoch ab und ihrem Schreibtisch zu. Sie ließ sich auf dem Drehstuhl aus rotem Kunstleder, nieder und fuhr mit den Fingern über die gläserne Tischplatte, bis sie an einer Stelle verharrten, an welcher sie mit ihrem Fingerabdruck das Kommunikationssystem aktivierte. „Nachrichten?“, war ihre Standardfrage, die sie dem System stellte. Für gewöhnlich bekam sie ihre Aufgaben über den Kopfhörer gesagt, doch sobald sie ihr Büro betrat, schaltete sich dieser automatisch ab. Dringende Nachrichten wurden jedoch auch über den Rauminternen Lautsprecher sofort weitergegeben. „Keine Auffälligkeiten in Ihrem Bezirk“, war die Antwort, die ihr das System nach wenigen Sekunden gab. Zenobia nahm den Finger von der Armatur und lehnte sich zurück. „Nichts? Na schön“, sagte sie gelangweilt seufzend. Dann hatte sie als alle Zeit der Welt. Sie hatte sich daran gewöhnt. Zum einen an diese Schichten, die sie eigentlich nur machte, weil sie damit ihren Verdienst hier erheblich verbessern konnte und zum anderen das eben jene Schichten auch stinklangweilig sein konnten. Zenobia griff sich ihren Becher mit dem Koffein – Glucose Getränk und nahm einen großen Schluck. Eigentlich mochte sie dieses Zeug gar nicht, da dieser Geschmack aus einer Mischung von Lakritze und Pappe nicht so ganz ihren Vorstellungen von wohlschmeckend entsprach, doch dieses Zeug wirkte und das sogar so gut, das kaum ein paar Sekunden vergingen, dass sie sich bereits fitter fühlte. Es gab zwar auch noch Waldmeister, aber diese Sorte löste bei ihr Kopfschmerzen aus. Wieso, konnte sie sich selbst nicht erklären. Alles andere hatte sie irgendwie noch nie probiert. Auf der Armatur begannen drei LEDs der Reihe nach zu blinken. Keinen Moment später meldete sich wieder die weibliche Computerstimme: „Beginn der regulären Streife in null Stunden, zehn Minuten.“ Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Das passierte jedes Mal, wenn sie diese Meldung bekam. Sie war nur froh, dass dieses Gerät nicht mit den Angaben Wochen, Monaten und Jahren begann. So ein Aufriss wegen zehn Minuten? Zenobia trank den Becher aus, erhob sich und warf ihn in den Abfallschacht, in der Ecke des Zimmers. In weniger als fünfzehn Minuten würde dieser Becher wieder in seine Bestandteile zerlegt worden sein, geschmolzen und bereits wieder in einer neuen Form einer anderen Aufgabe zugedacht werden. Wie schnell solche Prozesse doch mittlerweile von statten gingen. Sie hatte darüber eine Reportage gesehen, was jedoch nicht heißen sollte, dass sie sich für so etwas interessierte. Nein, in Wirklichkeit war es ist so ziemlich egal, woher die Becher kamen und wohin sie gingen. Zenobia verließ ihr Büro und trat über den Gang. Da sie bereits jetzt ihren Laserschusssicheren Arbeitsanzug trug, konnte sie sich jetzt Zeit lassen. Mal wieder. Der Turbolift würde nur ganze fünf Sekunden brauchen, bis er unten in der Garage ankam und wenn sie Pech hatte, wartete sie ebenfalls maximal fünf Sekunden, bis dieser überhaupt hier ankam. Zeit? Was war das hier schon noch? Alles ging so rasend schnell, dass man schon gar nicht mehr darüber nachdenken musste. Während sie um die nächste Ecke bog, öffnete sich bereits der erste Lift, der sich in diesem Teil des Gebäudes befand und jemand, den sie mehr als nur gut kannte, trat heraus. Ein erfreutes Lächeln zierte sofort ihr Gesicht. „Kay...“ Der herausgetretene sah sofort von seinem direkten Weg ab und blieb genau vor ihr stehen. „Zeno Baby.“ Er schloss sie in die Arme, zog sie dabei eng an sich und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen. Als sie diese endlich wieder für sich hatte, blickte sie ein bisschen ratlos zu ihm auf. „Haben sie deinen Dienstplan umgestellt?“ Wenn ja, konnte das noch nicht so lange her sein. Schließlich waren die Beiden ein Paar und so etwas hätte sie gewusst. „Ja. Zu minderst für die nächsten drei Wochen. Es sind schon wieder zwei von uns ausgefallen.“ Was er damit meinte? Kay war ein Klon. Von seiner Baureihe gab es insgesamt 50 Stück. Obwohl Baureihe ein schlecht gewähltes Wort ist. Immerhin war er ein Mensch, auch wenn er das ein oder andere mechanische Teil in sich hatte. Unter anderem einen Speicherchip, der seine Firmeninternen Informationen beinhaltete, ein nachtsichtfähiges Auge, was sich von dem anderen jedoch optisch nicht unterschied und auch ein Ohr, mit dem er ihm Ultraschallbereich hören konnte. Von diesen 50 waren jedoch nur noch 23 in Betrieb gewesen. Obwohl auch dieses Wort mehr als unpassend war. Sie waren gestorben. Einige hatten einen Unfall, andere sogar durch Fehlfunktionen. Und nun waren es wohl wieder zwei weniger. Da die Regierung und die Herstellerfirma es vorgezogen hatten, sie aus Kostenspargründen, nicht wie die Hühner in einer Legebatterie zu halten und sie damit ebenfalls vermeiden wollten, dass einige von ihnen durchdrehten und zu Psychopaten wurden, wurden die Klone stattdessen bei Pflegeeltern untergebracht und damit hatte er auch einen Namen bekommen. Kay Redradex war sein voller Name nun und seine Kennnummer war die 2.043. Kay versuchte alles, um sich von den anderen seiner Baureihe abzuheben. Er hatte gern einen Iro und seit geraumer Zeit trug er auch eine tätowierte Spinne an seinem Hals, was ihm zusätzlich den Spitznamen Spider eingebracht hatte. „Es sind schon wieder zwei ausgefallen?“ Wenn Zenobia so etwas hörte, drehte sich ihr fast der Magen um. Es hörte sich in ihren Ohren so unmenschlich an und gleichzeitig hatte sie große Angst, dass es auch ihn irgendwann erwischen würde. „Was war es dieses Mal?“ „Kann ich dir nicht sagen, Liebling. Solche Informationen kommen nie bei uns an.“ Er legte ihr seine Stirn auf die Schulter und schmuste sich an sie. Um ihn abzulenken, klopfte sie ihm auf den Rücken und blickte keck zu ihm auf. „Das heißt also, wir haben jetzt drei Wochen lang die gleiche Schicht?“ Ihr Lächeln hiebt sie bei. Kay gab ihr erneut einen Kuss und grinste anschließend. „Genau dass heiß es.“ Dann gab er sie aus ihrer Umarmung frei. „Weißt du schon wo sie dich hinschicken?“, fragte er interessiert. Zenobia schüttelte den Kopf. „Wohin die Reise geht, werde ich sehen, wenn ich aufgestiegen bin.“ Unruhig sah sie sich um, doch an dieser Stelle gab es natürlich keine Uhr. „Ich muss los Schatz.“ Damit war sie auch bereits im Fahrstuhl verschwunden, in den sich, neben ihr, noch drei weitere Kollegen gesellt hatten. Kay sah sie noch so lange an, bis sich die Tür geschlossen hatte, dann setze auch er seinen Weg fort. Bevor er seine Tour fahren würde, sollte er noch einmal bei seiner Chefin vorsprechen. Wahrscheinlich ging es um die Schichtänderung durch den Ausfall Seinsgleichen. „5 – 4 – 3 – 2 – 1...“ Zenobia zählte leise mit. Sie zählte immer mit, wenn sie die Turbolifts benutzte. Allerdings hatte sie auch keine andere Wahl. Es gab zwar auch ein Treppenhaus, aber bei 30 Etagen? Dafür hatte selbst sie keine Kondition. Wenn sie laufen würde und hier ankam, würde sie sicherlich zusammenbrechen. Zenobia folgte schließlich ihren Kollegen durch die hell erleuchtete Halle, in welcher sie beim bloßen hindurch schreiten auf ihren körperlichen Zustand überprüft wurden, genau wie die Kleidung auf ihre Intaktheit. Bei den Anzügen kam es hin und wieder vor, dass er eine Beschädigung hatte und ausgetauscht werden musste um die Sicherheit seines Trägers zu gewährleisten. Die darin enthaltenen Codes machte eine genaue Zuordnung sofort möglich. Und natürlich blieb auch jetzt die Computerstimme nicht still: „8622 Kabine 20“, war ihre Angabe. Einer der Männer hob registriert die Arme. „Ich wusste es.“ Die beiden Anderen lachten auf und auch Zenobia konnte sich ein grinsen nicht verkneifen. Einige ihrer Kollegen legten es nahezu darauf an, diese Technik immer und immer wieder zu testen. Kabine 20 hieß jedoch lediglich, dass irgend etwas an seinem Anzug nicht stimmte. Keine Besorgnis also. Alles was die Gesundheit betraf, war nur bis Kabine zehn. Und mehr davon waren auch nicht nötig. Denn wer sich wirklich schlecht fühlte und das auch selbst an sich merkte, der kam gar nicht erst hier her. Die kleine Gruppe, der nun auch noch weitere Kollegen und Kolleginnen gefolgt waren, hatten den Scanraum endlich durchschritten und kamen nun an die Ausgabestelle, in der sie ihre Waffen und die Helme bekamen. Hier herrsche immer reges Gedränge, trotz dass es hier mindestens fünfzig Konsolen gab. Immerhin musste es manchmal schnell gehen, aber natürlich waren die, mit den kürzesten Weg immer zuerst blockiert. Zenobia ließ sich davon nicht mitreißen. Sie hatte noch junge Beine und trat regelmäßig bin in die hinteren Bereiche heran. Hier hatte sie wenigstens ihre Ruhe. Vor der Konsole stehend, nahm sie Haltung an. „Del Piri, Zenobia. Kennnummer: 7583.“ Dann wartete sie, denn der Augenscan musste noch vollzogen werden. Durch die mehr als genaue Angabe aller Daten wurde sichergestellt, dass kein Unbefugter irgendetwas erlieht und jeder Polizist nur die ihm zugeteilten Waffen, deren Erlaubnis er besaß. Genau wie die Helme, die sich natürlich unterschieden, welcher Aufgabe jeder Polizist nachging. Und jeder bekam seine Kopfhörer, für weitere Instruktionen, der Leitstelle. Sie war Streifenpolizistin. Unterwegs war sie mit dem Motorrad. Also bekam sie einen Faser mit Holster, der auf Betäubung stand und einen Motorradhelm. Auf den Weg, zu den Maschinen klemmte sie den Kopfhörer fest und schlang sie den Waffengurt um sich. Der Helm, der bis dahin optisch nur an einen Kopfhörer erinnerte, hing ihr dabei um den Hals. Erst wenn sie ihn sich auf die Ohren setzte, würde er wie ein Fächer auseinander klappen und schließlich den Motorradhelm bilden. Auch bei den Maschinen trat sie wieder bis ganz nach hinten durch. Sie standen in Reih und Glied und heute hatte sie die, mit der Nummer 39. Zenobia stieg auf den Sitz und legte die Finger auf die Sensoren, dass die Maschine anhand ihres Fingerabdruckes auf sie reagierte, doch was nach der Registrierung geschah, war das aufblinken einer Anzeige, dass sie den Helm nicht trug. Ein Schmunzeln legte sich auf ihre Lippen. Ja, auch sie testete hin und wieder die Technik aus. Sie fasste schließlich nach dem Helmbügel und setzte ihn sich auf die Ohren. Dann dauerte es vielleicht zwei Sekunden und die einzelnen Teile fächerten sich nach der einen Seite über ihr Gesicht und brachten damit das verdunkelte Visier zum Vorschein und die andere Hälfte legte sich über ihren Hinterkopf und lief schließlich mit dem Ende des vorderen Teils zusammen. Erst nach dem erneuten Griff nach dem Lenker startete die Maschine und das Tor, dem sie am nächsten stand, rollte sich nach oben auf. Endlich konnte die Fahrt losgehen. Durch die zunächst vom Autopilot gesteuerte Fahrt, konnte sie sich erst einmal seelisch und moralisch auf ihre jetzt sicherlich mehrere Stunden dauernde Fahrt vorbereiten. Sollte es keine Zwischenfälle geben, aber die gab es meistens. Die Verbindung zum Server wurde aufgebaut. Dadurch, dass sie sich jetzt nicht auf die Straße konzentrieren musste, hatte sie die Anzeige genau im Blick. Dann war auch bereits die Computerstimme hörbar. „Bezirk 60, Straße 7CA. Unnatürliche Stromunregelmäßigkeiten.“ Die Maschine wendete sofort. Auch jetzt hatte der Verkehr nicht zugenommen. Zenobia dachte nach, was sich in diesem Bezirk befand. Der Gedanke daran, dass er doch recht weit von ihrem jetzigen Standpunkt entfernt war und dies recht ungewöhnlich war, dass sie gerade dorthin gelotst wurde, ließ sie etwas unruhig werden. Doch sie versuchte sich zu beherrschen, immerhin wollte sie nicht wieder zurück geschickt werden, nur weil ihr Herz einen panischen Rhythmus einschlug. Bezirk 60 waren auf jeden Fall Industrieanlagen. Zapfte vielleicht wieder jemand heimlich Strom ab und brachte damit die Versorgung der Konzerne durcheinander? Eine Ungewöhnlichkeit war es jedenfalls nicht mehr. Das waren Verbrechen, die sich in dieser Stadt zusehends häuften. Aber warum schicken sie gerade sie dort hin? Hatte sie nicht eine andere Einteilung zu erhalten? Wenn man jetzt schon Polizisten aus Bezirken heranzog, die mindestens 30 Bezirke entfernt waren, musste es wirklich ein Notfall sein. Es dauerte nicht sonderlich lange und sie war längst nicht mehr der einzige Polizist, der in diese Richtung fuhr. Also doch ein Notfall? Die einzelnen Maschinen verteilten sich. Es waren jetzt auch Pkws unterwegs und in der Ferne konnte sie sogar zwei Gleiter ausmachen. Was da wohl los war? Die Computerstimme meldete sich erneut. „Betäubung des Fasers auf 60 % heraufgesetzt.“ Zenobia nahm dies überrascht zur Kenntnis. Normalerweise war ihrer auf 15 % eingestellt. 60 % waren da schon eine ganze Menge mehr und legten wesendlich länger lahm. „An alle Fahrzeuge: Störung der genauen Ortung durch wiederholte Spannungsschwankungen des gesamten Netzes in den Bezirken 60, 61, 71 und 72.“ „Jetzt wird es ja wirklich interessant“, murmelte Zenobia und machte sich bereit, den Autopilot abzuschalten und selbst die Kontrolle des Motorrades endlich zu übernehmen. Sie fuhr ohnehin lieber selbst. Diese ganze Fernsteuerei ging ihr auf die Nerven. Aber hin und wieder war diese Technik auch ganz praktisch. Sie ließ sich noch bis über die nächste Kreuzung bringen und schaltete den Autopilot endlich ab. Im Rückspiegel sah sie weitere drei Motorräder ihr Tempo drosseln. Auch diese taten es ihr wohl gerade gleich. Sie holten kurz auf und begaben sich somit neben ihr in eine Reihe. Zenobia beobachtete ihre Anzeige, auf der Maschine, welche in einen warnenden Bereich überging. „Gefährlichkeit Stufe vier“, säuselte der Kopfhörer. „Vier?“, wiederholte sie und in ihrem Kopf arbeitete es. Hatte sie jemals einen Auftrag mit der Stufe vier erledigen müssen? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. In Reihe fuhr die kleine Gruppe schließlich nach rechts in die nächste Gasse ein. Hier war jetzt jedoch deutlich zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Zügig durchquerten sie die schmale Durchfahrt. Hier waren sie nicht sicher. Auf der anderen Seite angekommen, fuhren sie noch bis an die nächstengrößte Kreuzung und stiegen ab. Zwei verdächtige, abgedunkelte Transporter waren den dreien ins Auge gefallen, doch mit einem male meldete sich wieder ihr Kopfhörer: „Fehlalarm! Bezirk 60 räumen. Neuer Einsatzort: Bezirk 26!“ „Was?“ Aber das war doch unmöglich! Den Faser fest im Griff ließ sie sich von dieser Meldung nicht abhalten. Sie würde da jetzt reingehen! „Wieder brummte die Stimme in ihrem Ohr und wiederholte seine letzten Worte. Doch der Empfang hatte merklich nachgelassen. Ein Knistern hatte sich darunter gemischt, welches kurz davor war, unangenehm zu werden. Die erneute Wiederholung der selben Worte, brachte sie endlich dazu, dem nachzukommen, was sie tun sollte. Zenobia kehrt um. Die Anderen waren längst wieder auf ihre Maschinen gestiegen. Dann ein erneuter Funkruf: „Neuer Einsatztort: Bezirk 10.“ Die junge Polizistin begann an ihrem klaren Verstand zu zweifeln. Was zum Teufel war hier los? So eine Koordinationsrosigkeit herrschte doch sonst nicht. Sie hob den Blick und merkte, dass es den Anderen, die mit ihr noch immer hier waren, wohl nicht anders ging. Als einer der Blicke sie traf, hob Zenobia resigniert die Arme, denn eine weitere Meldung gesellte sich zu der zuvor gehörten, welche sich zu wiederholten begann, als hätte eine Disc einen Sprung. Dann liefen beide Funkrufe nahezu parallel. Etwas stimmte hier nicht. Aber ganz gewaltig. Sie befestigte ihre Waffe wieder an ihrem Holster und trat mit großen Schritten auf ihr Motorrad zu. Vielleicht würde sie das Stimmenwirrwarr aus ihren Ohren bekommen, wenn sie doch einen der beiden Zielorte anfuhren? Hier würde sie das jedenfalls nicht länger aushalten. Zenobia saß auf und folgte den bereits losgefahrenen Motorrad. Dieses fuhr, wie es schien in den Bezirk 26. Der war von hier aus auch näher als die zehn, also würde sie sich ihm anschließen. Der Andere folgte ebenfalls. Drei Straßenkreuzungen, welche sie geradewegs durchfuhren, gesellten sich wieder in paar Andere zu ihrer Gruppe. Sie bogen alle schließlich ab, doch da meldete sich die Warnanzeige an ihrer Maschine. „Ein Flugobjekt?“ Zenobia zuckte unmerklich zusammen. Auf Autopilot konnte sie jetzt nicht schalten. Die vollkommen wirren Zielortangaben würden die Maschine nur durcheinander bringen, also beließ sie es bei einem knappen Blick in den Rückspiegel. Und tatsächlich. Einer der Gleiter tauchte darin auf. War er außer Kontrolle geraten? Das hatte ihnen gerade noch gefehlt! Die Anderen hatten ihn auch längst gemerkt und bogen in verschiedene Richtungen ab. Zenobia wusste zunächst nicht, wem sie sich anschließen sollte, folgte dann jedoch der rechten Gruppe. „Gleiter außer Kontrolle im Bereich 53, 12, 7...“ Rauschen. Dann folgte eine Detonation und diese war verdammt nah, brachte jedoch keinen aus dem Gleichgewicht. Wahrscheinlich war der... „Gleiter angestürzt im Bezirk 53...“ Rauschen. Das war’s. Hoffendlich hatte dieser Gleiter keine Besatzung gehabt. So langsam bekam es Zenobia mit der Angst zu tun und ihr Sensor an der Maschine, der ihren Puls maß, reagierte bereits. Doch da der Autopilot nicht aktiv war, würde das Motorrad auch nicht anhalten. „Gleiter abgestürzt im Bezirk 16... Gleiter außer Kontrolle im Bezirk 50...“ Die Gruppe lenkte jetzt von jenem Bezirk weg, von dem die letzte Warnung gekommen war. Doch diese Straße würde sie geradewegs in die Wälder bringen. Doch in diesem waren sie mit den Motorrädern erst recht nicht sicher. Zumal ihr Radius dort nur noch begrenzt und mit Genehmigung funktionierte. Ohne Autopilot war das zwar kein Problem, aber dennoch. Ein weiteres Geräusch von oben ließ die Erde erbeben. Dieses Mal musste es jedoch etwas größeres sein, als einer der Gleiter, welche für zwei Personen Platz boten und sie fuhren auch noch gerade darauf zu. Ein Personenflugzeug welche annähernd 500 Passagieren Platz bot, sank kontinuierlich gen Boden. Es würde abstürzen! Und zwar in den Wäldern! Und keiner schien es stoppen zu können. Die Gesamte Motorradflotte machte kehrt. Die wenigen Pkws, welche sich ebenfalls angeschlossen hatten, konnten auf dieser Straße jedoch nicht ohne weiteres wenden. Sie würden wohl einen Augenblick länger brauchen, bis sie von hier wegkamen. Doch noch bevor sich ein Großteil der Einheit hinter Industrieanlagen und Kompaktbauten in Sicherheit bringen konnten, gab es einen derartigen Hieb, dass kaum einer seine Maschine noch geradehalten konnte. Was auch immer in diesem Ding geladen war: Es kann nichts gutes gewesen sein. Ihre Bordelektronik setzte sofort aus. Die Stimme in ihrem Ohr verstummte. Auch das Rauschen verschwand. Zenobia schaffte es gerade so, ihrem Vordermann wenigstens nicht ins Hinterrad zu fahren, während sie auf die linke Seite kippte und schon mit ihrem Knie abschloss. Vor Schmerzen schreiend, und gänzlich außer Stande irgend etwas dagegen zu unternehmen, sah sie ihrem Ziel entgegen, welches sie jetzt unweigerlich rammen würde. Ein Motorrad war vor ihr bereits zum liegen gekommen. Zenobia schloss die Augen. Sie wollte nicht sehen, wie sie dagegen prallte. Mit einem Ruck blieb ihr Motorrad jedoch stehen und trotz, dass sie noch immer auf der Seite schlitterte, schaffte sie es nur knapp, nicht nach vorne über den Lenker und das andere Motorrad zu fliegen und sich stattdessen mit aller Kraft festzuklammern. Was war jetzt nur passiert? Mitten auf der Straße lag sie. Die Funkverbindung zur Station war gänzlich abgebrochen und auf der Anzeige ihrer Maschine prangte ein großes, rotes ERROR! Mit zitternden Händen versuchte sie sich unter dem Motorrad herauszuziehen. Es fiel ihr so unsagbar schwer, doch dann näherte sich endlich jemand, um ihr zu helfen. Der Polizist, der herantrat, befreite sich von seinem Helm und Kay war es, der zum Vorschein kam. Zenobia war erleichtert ihn zu sehen und erst recht, dass es ihm gut ging. In den ganzen Wirrwarr und den Uniformen hatte sie ihn gar nicht erkannt. Ohne weiteres hob er diese Maschine an und half ihr mit der anderen Hand auf. Mit Hilfe seiner Bionischen Kräfte, wäre es auch kein Problem für ihn gewesen, dieses Motorrad einige Meter weit zu werfen, doch jetzt hatte er damit zu tun, Zenobia zu halten. Ihr Knie hatte wohl doch mehr abbekommen, wie sie erwartet hatte. Als sie einen Moment verschnauft hatte, nahm auch sie ihren Helm endlich ab und dieser fuhr zusammen. Zenobia hängte sich den Kopfhörer um den Hals und berührte den Knopf in ihrem Ohr mit der Fingerspitze, während sie Kay betrachtete. Er wirkte wie erstarrt. Das gefiel ihr nicht und doch würde sie erst einmal versuchen, einen Funkruf zu starten: „7583 ruft S35.8 Was ist hier los?“ Sie empfing nur ein Rauschen. dann war es für einen Augenblick verschwunden, dann jedoch mit voller Lautstärke zurück kam und sie dabei so arg erschreckte, dass sie sich den Kopfhörer aus dem Ohr riss. Diesen Versuch ohne Ergebnis abgebrochen ließ sie endlich den Blick schweifen. Um sie herum das gleiche Bild. Verletzte, am Boden liegende und Polizisten, die ihnen aus ihren misslichen Lagen halfen. Kays Blick war noch immer starr, als sie wieder zu ihm aufsah, doch dann bemerkte sie etwas, was ihr gar nicht gefiel. Er rauchte aus dem linken Ohr. Sein mechanisches! Kays nun wirrer Blick hing sofort an Zenobia. Irgendwie hilfesuchend. Dann begann er zu taumeln und ließ sie dabei fallen. Sie griff geistesgegenwärtig nach ihrem, hinter ihr liegenden Motorrad und schaffte es noch rechtzeitig den Lenker zu fassen. Auch andere der Gruppe hier, schienen plötzlich Probleme mit dem Gleichgewicht zu haben. Die Klone! Es betraf nur sie. Einer nach dem anderen kippte um. Es waren mindestens vier. „KAY!“ Zenobia versuchte ihn noch zu fangen, aber das war unmöglich. Sie konnte ihr Beim kaum bewegen. Es schmerze, dass sie schreien wollte, doch all das nahm sie gar nicht wahr, als Kay auf dem Boden aufschlug. IHR KAY! „Oh nein. bitte nicht! Scheiße! Scheiße! Scheiße!“ Sie ließ ihre Motorrad los und robbte zu ihm hinüber. „Kay?...“ Sie spürte wie ihre Augen feucht wurden.“ Vorsichtig griff sie seinen Kopf. Das Ohr rauchte noch immer. „Komm schon Baby..“ Erneut griff sie ihren Kopfhörer und versuchte es erneut mit einem Funkspruch, da zuckten seine Lider. Erleichtert holte sie tief Luft. Als er sie anblickte, war das Wirre aus seinen Augen gewichen. „Das wird nichts bringen“, flüsterte er und meinte damit den erneuten Funkspruch, den Zenobia versuchte zu schicken. „Ich bekomme nicht einmal einen Zugang auf den Server.“ Durch die Kabel, die die Klone im Kopf hatten, war das für gewöhnlich kein Problem, aber wenn das nicht funktionierte, hieß das nichts Gutes. „Ich komme auch nicht an den Server.“ Eine Kay-Kopie senkte resigniert den Kopf. Es ging wohl allen so, dann schenkte sie ihm wieder ihre Aufmerksamkeit. Kay Redradex hatte wieder die Augen geschlossen und Zenobia begann ihn sofort unsanft zu schütteln, bis er sie wieder ansah. „Und ich befürchte, dass ich auch nicht an die Informationen auf meinem Chip herankomme.“ Er schwieg kurz. „Doch, jetzt schon, aber der Speicher ist leer. Belegter Speicher: 0%...“ Der Nebel, der durch den Absturz, dieses Fliegers, alle eingehüllt hatte, wurde plötzlich von sämtlichen Lampen und Leuchen erhellt. Zenobia hob den Blick und sah sich um. Der Strom schien zwar wieder zu funktionieren, doch alle digitalen Zeitanzeigen an den Fassaden standen jetzt auf 00:00 Uhr und waren wieder beim Jahre 0 angelangt. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. „Na prost Mahlzeit...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)