School of eastern Wind von Maliondarin ================================================================================ Kapitel 2: Eingewöhnung ----------------------- Mia hatte bereits einige Tage an der Tagschule verbracht. Die Menschen waren allesamt freundlich und aufgeschlossen. Das Licht das von dieser Schule ausging, schien auf die Herzen dieser Leute ab zu färben. Mia fühlte sich trotzdem wie eine Ausgestoßene. Man hatte sie freundlich aufgenommen, dennoch bewohnte sie als einzige ein Zimmer für sich allein. Man begegnete ihr höflich, jedoch immer mit einer gewissen Distanz. Das junge Mädchen fühlte sich trotz der Mitschüler allein. Oft dachte sie daran, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie bei ihrem Cousin und Mikãel geblieben wäre. Sie hatte sich ihre Entscheidung doch etwas zu leicht gemacht. Es hatte ihr auf der einen Seite nicht gefallen, also war sie Hals über Kopf auf die andere Seite aufgebrochen. Nun war sie hier und es war eigentlich gar nicht so verschieden. Auf die Nachtschule gingen eher die Sportler und jene die in Naturwissenschaften und Sprachen besser waren, besuchten die Tagschule. Mia konnte sich zu keiner der beiden Eigenschaften einordnen. Sie konnte nix besonders gut und auch nichts besonders schlecht. Sie war eben eine durch und durch normale Schülerin. Oft verbrachte sie ihre Nachmittage in der Parkanlage ihres Schulteiles. Es war idyllisch hier und so ruhig wie nirgendwo sonst. Die Blumen hinterließen einen herrlichen Duft und dennoch war die Luft klar. Mia ließ sich die Sonne auf die Nase scheinen und las ein Buch über Hexenverbrennungen. Sie interessierte sich für alles, was mit dem Mittelalter zu tun hatte. 'Die Zeit damals muss faszinierend gewesen sein.', dachte sie sich. Doch im selben Augenblick schüttelte sie den Kopf und korrigierte sich sofort selber. Es war eine grausame Zeit. Mia konnte froh sein, nicht in einer früheren Zeit geboren zu sein, sondern in einer ausgesprochen wohlhabenden Familie im zwanzigsten Jahrhundert. Als die Sonne plötzlich hinter einer Wolke verschwand, blickte die Schülerin auf. Es war spät geworden. Die Blätter der Bäume und Sträucher begannen sich langsam dunkel zu färben. Es wurde wohl Zeit, langsam wieder in das Schulgebäude hinein zu gehen. Sie klappte ihren Wälzer zu und klemmte ihn sich unter den Arm, stand dann auf und machte einen letzten Streifzug durch die schöne Flora des kleinen Parks. Es war wirklich erstaunlich, wie viele hier blind vorbei liefen. Es war der schönste Platz der ganzen Schule. Zwischen einer Hecke mit Rosen und einem Apfelbaum erblickte sie ein Mädchen. Ihre Haare reichten ihr gerade bis zu den Ohren und waren von einer orangen Färbung, die Mia noch nie gesehen hatte, ihr erster Gedanke war, dass sie wohl einer Karotte ähnelte. Langsam trat Mia hinter sie. Vorsichtig schaute sie der Fremden über die Schulter und beobachtete überrascht, dass sie mit einer Schere die Hecke schnitt. „Hi, was tust du da?“, fragte Mia neugierig und tippte der Anderen auf die Schulter. Diese fuhr erschrocken zusammen und fiel regelrecht rücklings in den Rosenstrauch. Zu deren Glück fing sie Mia noch rechtzeitig auf und ersparte ihr die Schmerzen der Dornen. „Erschreck mich doch nicht so!“, fauchte sie misstrauisch. Es war wahrlich ungewöhnlich, dass sich zu dieser Zeit überhaupt noch Menschenseelen hierher verirrten, waren sie tagsüber doch schon rar. Mia konnte verstehen, dass sie das Mädchen erschreckt haben musste. „Sorry, mein Name ist Mia. Ich wollte doch nur wissen, was du da tust.“, meinte sie überrascht. 'Die ist aber abweisend.', dachte sie traurig bei sich. „Ach so, ja 'tschuldigung.“, grummelte sie vor sich hin. „Mein Name ist Elice. Ich leite die Garten-AG. Gut, es gibt nix zu leiten, ich mach das allein.“, brummte sie in ihren nicht vorhanden Bart hinein. 'Es würde gut tun, wenn sie etwas deutlicher reden würde.', Mia ärgerte sich. Sie hasste es, wenn man sie nicht ernst nahm. „Kann ich dir helfen? Ich liebe den Park und würde mich gern mit darum kümmern.“, erklärte sie ernst. Elice blickte sie nur mit zusammengekniffenen Augen an. „Wenn du unbedingt willst, schön, komm morgen um 16 Uhr hier her, dann zeig ich dir was, das du machen kannst. Solltest du dazu in der Lage sein.“, mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in der Dunkelheit. Jetzt erst merkte Mia, wie lange sie noch draußen gewesen war. Wenn ein Lehrer das mitbekam, konnte es durchaus eine Strafe geben. Sie hastete durch das Gebäude der Tagschule und stand nach wenigen Minuten auch schon vor ihrer Zimmertür. Der Schlüssel wollte mal wieder nicht ins Schloss passen. Mit zittrigen Fingern werkelte sie noch ein bisschen am Schloss rum, bis der Schlüssel endlich passen wollte. Ihr Zimmer war eigentlich eine Schlafstätte für drei bis vier Mädchen gewesen. Man hatte es ihr allein überlassen und Mia war nicht gerade traurig darüber. Sie hatte ein Bad für sich allein und hatte sich entscheiden können, welches der Betten sie wollte. An ihrem ersten Tag hatte sie sich auf jedes einmal gelegt und getestet, welches ihr am besten gefiel. Letzten Endes hatte sie sich für das Weichste von allen entscheiden. Es stand direkt unter dem westlichen Fenster. Von hier konnte sie sogar Abends noch die letzten Strahlen der untergehenden Sonne einfangen und genießen. An diesem Abend sah sie nix mehr von einer Sonne, die dort zweifelsfrei mal gewesen war. Es war schon viel zu spät. Mia war müde, zog sich schnell um und ließ sich glücklich auf ihr Bett fallen. Es war so angenehm, ein zu schlafen ohne das jemand schnarchte oder laut atmete. Bei ihren Klassenfahrten früher war sie immer als Letzte eingeschlafen, es machte sie einfach fertig, wenn jemand anderes noch im Raum war. Der Schlaf hatte meistens gesiegt und sie war übermüdet in einen von Alpträumen geplagten Schlaf gefallen. Jetzt aber schlief sie sofort ein. Ihre Augen fielen zu und Mia entschwebte in eine andere Welt. Die Nacht war kalt und die Sterne schienen hoch über ihr. Sie wusste nicht, wo sie hingehen sollte, doch ihre Schritte lenkten sie von allein. Ihre Füße leiteten sie durch eine Allee von Eichen und Kastanien. Außerhalb der Baumreihen war ein dichter Wald und der Weg dem sie folgte war nur dadurch zu erkennen, dass die Bäume in regelmäßigen Abständen und immer wieder in der selben Reihenfolge wuchsen. Mia schwebte durch ihre Traumwelt. Es ängstigte sie, doch tief in ihrem Herzen wusste sie, dass ihr nichts geschehen konnte. Zwischen zwei Bäumen stand Elice. Sie winkte ihr zu und lächelte über das ganze Gesicht. So eine Elice hatte sie ja noch nie gesehen! Die Schülerin die ihr heute über den Weg gelaufen war, war ein griesgrämiges, abweisendes Mädchen gewesen. Selbst in dieser Dunkelheit konnte man noch ihre orangefarbenen Haare leuchten sehen. 'Ein verwunderliches Mädchen.', dachte Mia bei sich. Eine ganze Weile schritt sie so dahin. Die Zeit flog an ihr vorbei und ob nun Stunden oder Minuten vergingen, dass konnte sie nicht einschätzen. Für sie jedenfalls verging eine Ewigkeit. Ein strahlendes Licht bahnte sich auf einmal seinen Weg zu ihr. Es blendete Mia und sie musste sich schützend die Hand vor die Augen halten. War dies das Ende? Würde sie in diesem Licht das Paradies finden? Mit dem Arm vor ihrem Gesicht lief sie weiter. Es kostete sie einige Anstrengung sich vorwärts zu kämpfen, doch mit jedem Schritt kam das Licht näher. Doch je näher es kam, umso intensiver wurde es. Mia musste nun, hinter der Hand, auch die Augen zukneifen, die Schmerzen wurden unerträglich. Die Bäume neben ihr schienen immer näher zu kommen, die Allee wurde immer schmäler und Mia begann, sich doch vor den alten Bäumen zu fürchten. Es wurde langsam unheimlich hier. Doch das Licht zog sie an, so wie eine Motte ebenfalls von Licht angezogen wurde. Eine schiere Unendlichkeit später trat sie in das Licht hinein. Was sie dahinter erwartete verschlug ihr glatt die Sprache. Eduardo stand mit einem bösen Blick vor ihr. Er sah aus, als wolle er sie am liebsten umbringen. Seine Hände waren weiß, weiß wie Schnee. Edu hatte sie zu Fäusten geballt und stand breitbeinig da, bereit zuzuschlagen. Ein Schock ließ sie gefrieren und ihr Körper schien unfähig, sich überhaupt noch zu bewegen. Plötzlich machte er einen Satz und griff an. Ohne zu wissen wie, wich Mia blitzschnell aus. Ihr Herz raste und ihre Sinne waren geschärft. Sie hatte sich nur darauf konzentriert, ihrem Cousin auszuweichen, erst in diesem Moment wagte sie es, den Kopf zu drehen und sich um zu schauen. Eduardo hatte es gar nicht auf sie abgesehen! Hinter ihr stand, oder besser lag eine Gestalt die ihr völlig unbekannt vor kam. Mia rappelte sich hoch und warf erneut einen Blick in die Runde. Vor ihr stand nun auch Mikãel. Er blickte sie sehnsüchtig und besorgt an. Was war das denn für ein Traum? Mikãel war alles, aber sicherlich nicht besorgt um sie! Weitere Gestalten und Schemen formten sich aus dem Nebel hinter dem Bekannten. Wer sie waren, dass wusste Mia nicht. Eduardo trat an ihr vorbei. Er war wohl wieder unbesorgt und stand nun lächelnd neben ihr. „Willkommen daheim.“ Ein Mark erschütterndes Klingeln, was sich als Schulwecker herausstellte, weckte sie aus ihrem merkwürdigen Traum. Die Gesichter lösten sich in Rauch auf und verschwanden von ihrem inneren Auge. Mia trabte ins Bad und wusch sich Gesicht und Hände. Das kalte Wasser auf ihrem verschwitzten Gesicht tat ihr gut. Es weckte neue Geister in ihr und vertrieb die dunklen Schatten der Nacht. Mia legte die Schuluniform der Tagschule an und trat aus ihrem Zimmer hinaus. Die Schule würde bald anfangen, aber zu erst wurde gemeinsam gefrühstückt. Es war eben ein richtiges Internat. Die eigenen Eltern sah man nur ein paar mal im Jahr, zu Weihnachten und nach den Abschlussprüfungen. Mia wollte auch gar nicht nach Hause. Das Essen wurde in einem Speisesaal eingenommen. Es saßen immer kleine Gruppen an einem Tisch für vier bis sechs Personen. Da nicht genügen Platz war, musste sich Mia immer gezwungener Maßen einen Platz an einem der Tische suchen. Es war nicht leicht für eine Außenseiterin wie sie. Doch an diesem Morgen erblickte sie Elice, sie saß, ebenfalls allein, an einem der großen runden Tische und aß gerade ein Brötchen mit Marmelade. Mia trat an ihren Platz heran und lächelte ihr entgegen. „Hi, ist hier noch Platz?“, fragte sie freundlich. Die Antwort war mehr als schlicht. Elice zuckte mit den Schultern und nuschelte, zwischen zwei Bissen: „Setzt dich halt hin.“. Mia tat dies auch. Mit diesem schrägen Vogel zu essen war alle mal besser als allein oder mit Fremden. Der Unterricht an diesem Tag war eher trocken und öde. Mia passte nur teilweise auf, viel lieber starrte sie aus dem Fenster und beobachtete die Vögel, wie sie an ihrem Fenster vorbei flogen. In der Ferne am Horizont konnte sie einen dichten Wald erkennen. Er war düster und machte ihr Angst. Ihr Blick schweifte über die grünen Wellen und als sie fast drohte, darin zu versinken, schreckte sie aus ihrer Trance auf. Da war doch eben ein kleines Dach mitten in diesem grünen Meer gewesen! Doch wer wohnte schon in so einer Hölle, immerhin herrschte dort das dunkle, tiefe Grün. Mia ließ ihren Blick erneut über die Baumkronen schweifen, doch ein zweites Mal konnte sie nichts sehen. Am Nachmittag ging sie nervös in den Park. Es war mal wieder niemand zu sehen. 'Jeden Tag das selbe! Niemand beachtete dieses wundervolle Fleckchen Erde!'. „Lass die Finger davon!“, bellte jemand hinter ihr. Mia hatte gerade den Kopf einer Rose berührt und war im begriff gewesen, sich zu bücken um daran zu riechen. Doch nun fuhr sie erschrocken hoch. „Ich hab doch gar nichts gemacht!“, wehrte sie sich, während sie sich umdrehte. Hinter ihr war Elice wie aus dem Nichts erschienen. Sie trug ihre Latzhosen, Handschuhe und Gummistiefel. Die selben Gegenstände hatte sie noch einmal auf dem Arm dabei. „Ich hab mir schon gedacht, dass du so daher kommst.“, feixte sie. Mia durfte sich erstmal umziehen gehen und dann, in neuem Look wiederkommen. Elice erklärte ihr viele neue Dinge über den Park, sie lernte, wie sie die Pflanzen zu hegen und zu pflegen hatte. Viel durfte die Schülerin an ihrem ersten Tag in der „Garten-AG“ noch nicht machen, aber das Wenige machte dafür umso mehr Spaß. Selbst Elice taute mit der Zeit immer mehr auf. Sie schien doch gar nicht so verschlossen und abweisend wie am Tag zuvor. Als am Abend die Sonne den Horizont berührte, ließen sich die beiden Mädchen auf eine der zahlreichen Bänke fallen. Elice lachte ausgelassen über einen der eher dümmlichen Witze Mias. „Ich habe dich falsch eingeschätzt Mia, du bist echt cool.“, meinte sie anerkennend. Mia grinste breit. „Naja, die Vorurteile gegen Nightcrawler sind eben doch sehr stark, aber du bist ganz sicher kein Darki! Du bist so anders als alle anderen hier.“, fuhr sie fort. Mia wurde leicht rot im Gesicht. So viel Lob auf einmal war einfach zu viel für die junge Schülerin. „Du bist aber auch ganz anders als die anderen Schüler hier. Du bist glaube ich die erste, die sich ehrlich mit mir unterhält!“, antwortete sie. „Pah! Wer als letztes am Tor ist, ist eine lahme Schnecke!“, reif sie ihr zu. Elice war noch während sie sprach halb aufgesprungen und rannte davon. Mia begriff die ganze Sache erst viel zu spät. Mit nicht einholbarem Vorsprung rannte Elice vor ihr davon. Lachend kam Mia, etwas verspätet, am Tor an. Elice wartete schon, die Augen verdrehend auf sie. „Du bist aber wirklich lahm wie eine Schnecke!“, kicherte sie. Beide liefen zurück in ihre Zimmer. Elice verließ sie schon im ersten Stock. Sie bog nach links weg und verschwand hinter einer weiteren Ecke. Das hier unten auch Zimmer waren, dass hatte Mia noch nicht gewusst. Für sie war immer klar gewesen, dass alle auf dem selben Stockwerk schliefen. Sich wundernd lief sie weiter, die Treppen hinauf. Nach kurzer Zeit war sie dann auch angekommen. In dieser Nacht schlief sie schnell ein. Mia war glücklich, sie hatte endlich ihre erste Freundin gefunden. Es verband sie eine so wundervolle Sache, sie konnten gemeinsam Lachen. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Wie konnte man sich einen besseren Menschen vorstellen als sie? Mia lächelte auch im Schlaf noch. Das Grinsen war ihr regelrecht auf das Gesicht gebrannt. Am nächsten Morgen setzte sie sich völlig selbstverständlich neben Elice beim Frühstück. Die Freundin lächelte nur und sie aßen gemeinsam ihre Brötchen. Elice war wohl ein Marmeladen-Fan. Sie liebte alle möglichen verschiedenen Sorten aber der absolute Höhepunkt war, als sie die Karottenmarmelade heraus holte. Mia konnte sich vor Lachen kaum noch halten. Wie passend es doch war, bei ihren kurzen orangefarbenen Haaren. Die Tage vergingen. Jeden Tag verbrachte Mia die meiste Zeit des Tages mit Elice. Sie waren nicht in der selben Klasse, doch ihre gesamte Freizeit teilten sie miteinander. Mia hatte den Traum der vergangenen Woche schon lange vergessen. Sie fühlte sich gut, sie war glücklich und wollte nicht mehr zurück blicken. Sie hatte sich endlich eingelebt und in Elice eine wundervolle Freundin gefunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)