Unsterblich von Medienmogul (Die Chroniken von Aymerel) ================================================================================ Kapitel 1: One Shot. -------------------- „Nestarion!“ Der Ruf einer jungen Frau erklang, wurde beinahe vom Scheppern der aufeinanderschlagenden Schwerter erstickt und klang nur leise an das Ohr des Mannes, für den der Schrei bestimmt war. Der Elf wand den Kopf. Sein braunes Haar war von Blut verklebt und hing ihm in Strähnen über die Schultern. Seine Augen suchten das Schlachtfeld ab. Überall waren noch kleinere Gefechte zu erkennen, doch wo war Liwriel? Sie war dicht bei ihm gewesen. Wie konnte er sie verloren haben? Von wo war der Schrei gekommen? Seine Gedanken rotierten nur um diese Fragen. Gerade noch im richtigen Moment bemerkte er den Menschen, der sein Schwert gegen ihn erhob. Klirrend schlug Stahl auf Stahl, als Nestarion den Schlag parierte. Der Mensch war stark, keine Frage, zu stark, für Nestarion, dessen Gedanken nicht ganz beim Kampf bleiben konnten. Der Elf strauchelte und fiel. Erneut holte sein Gegner zum Schlag aus, doch merkte scheinbar nicht, wie Nestarion zu seinem Dolch griff und zustach, als der Soldat sich über ihn beugte. Mit einem entsetzten Keuchen brach der Mann über Nestarion zusammen. Angestrengt schob er den Menschen von sich. Der Elf hatte noch einmal Glück gehabt, doch nun musste er seine Frau finden. Noch immer bereute er, dass er zugelassen hatte, dass sie mit ihm in die Schlacht zog und nun hatte er sie auch noch aus den Augen verloren. Er konnte nicht leugnen, dass sie eine ausgezeichnete Magierin war, aber dennoch plagte ihn die Sorge, etwas könnte ihr Geschehen, zumal sie zuhause in Torhim, der Stadt, die nicht weit entfernt war, noch eine kleine Tochter hatten. Liwriel hatte genau wie er die Stadt und ihre Kinder beschützen wollen. Glücklicherweise war Maël, ihr ältester Sohn, dort geblieben, um die Stellung zu halten und sich um seine Schwester zu kümmern. Liwriel hatte ihm das Versprechen abgenommen, dort zu bleiben und für die Sicherheit der Stadt zu sorgen. Doch sie selbst hatte nicht auf Nestarion hören wollen, als dieser sie beinahe angefleht hatte, zuhause zu verweilen. Nun nagte seine Schuld schrecklich an ihm. Auch wenn sie diese Schlacht zu gewinnen schienen, denn langsam wurde die Linie der Gegner schwächer, er hätte niemals aufgeben sollen, als sie darauf bestanden hatte, ihn zu begleiten. Noch immer suchte er das Feld ab. Ihren Namen rufend lief er los, in der Hoffnung, sie endlich zu entdecken. Ein paar Mal lieferte er sich einen kurzen Kampf mit Mitgliedern der gegnerischen Armee bis er die blonde Elfe schließlich im Kampf mit zwei Gegnern entdeckte, sie schien sich ganz gut zu schlagen, doch Nestarion wusste inzwischen, wie schnell ein solcher Kampf umschlagen konnte. Der Elf schritt ein. „Zwei Männer gegen eine Frau? Das scheint mir ungerecht…“, erklärte er, ehe einer der Angreifer mit einem wilden Schrei auf ihn zustürmte. Den Schlag blockend blickte Nestarion einen Moment zu seiner Frau. Sie schien dankbar über seine Hilfe. So schafften sie es Seite an Seite – sie mit Magie und er mit dem Schwert – ihre Gegner zu besiegen. Ein Moment der Ruhe kehrte ein, man merkte, dass die Schlacht beinahe zu Ende war. Um sie herum waren so gut wie keine Gegner mehr, jedenfalls sah Nestarion niemanden, der nicht von ihren Truppen in Schacht gehalten wurde. „Ich dachte, ich hätte dich verloren…“, erklärte er schwer atmend und erntete ein Lächeln seiner Frau. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Das ist nicht möglich…“, erwiderte die jung wirkende Elfe. Wie konnte sie so ruhig bleiben? Hatte sie gewusst, er würde sie finden und ihr helfen? Es war erstaunlich, wie sehr eine solche Geste auch Nestarion beruhigte. Es war nicht viel, doch es sagte ihm so vieles. Sie brauchte nichts dazu zu sagen. Vielleicht machte er sich auch immer zu viele Gedanken. Aber wie konnte er das nicht, wenn seine Frau in einem Krieg an seiner Seite kämpfte? Es wäre ihm um einiges lieber, wenn sie zuhause wäre und sich dort um alles kümmern würde und Maël sie dort beschützen würde, doch sie hatte einen unvergleichlichen Dickkopf und ihre kleine Tochter zeigte inzwischen auch erste Anzeichen dieses Starrkopfes. Nestarion lächelte sie an. Alles schien gut gegangen zu sein. Die Schlacht war beinahe vorbei und ihre Verteidigungslinien waren nicht durchbrochen worden. Morgen Mittag konnten sie schon wieder nach Hause zurück kehren und er hatte sein Versprechen sich selbst gegenüber gehalten, dass seiner Frau nichts passierte. Selbst wenn seine Sorge ihn noch gerade geplagt hatte, jetzt, wo sie wieder bei ihm war und nur leicht verletzt schien, war er beruhigt. War sie doch eine der wichtigsten Personen in seinem Leben. Doch plötzlich weiteten sich Liwriels Augen. „NEIN!“ Ehe Nestarion reagieren konnte, sah er schon die Regung in seinem Augenwinkel und spürte, wie sich seine Frau, geschwind wie sie war, in Bewegung setzte. Der Augenblick verging wie eine Ewigkeit. Alles schien langsamer ab zu laufen, dennoch realisierte Nestarion nicht, was geschah. Das Nächste, was er sah, war Blut, überall. Blondes Haar. Ein erstickter Schrei. Wie mechanisch bewegte der Elf sich. Sein Kopf schien leer. Er fühlte sich, als könne er seine Handlungen nicht mehr steuern. Er parierte einen erneuten Schlag, schlug dem Angreifer das Schwert aus den Händen und stieß zu. Er blickte zu Boden, während er auf die Knie fiel. „Liwriel…“ Er streckte eine Hand aus. Seine Stimme klang brüchig, Verzweiflung zeichnete sein Gesicht. Mit zitternden Händen strich er über ihre Wange. Eine Träne rann über sein Gesicht und tropfte von seinem Kinn hinab auf ihre Stirn. Langsam hob die Blondine eine Hand und strich die Träne weg. „Weine nicht, mein Liebster… Du….“ Sie keuchte, versuchte aber dennoch ihr Lächeln nicht zu verlieren, doch Nestarion konnte sehen, wie sehr sie sich quälte. Er konnte ihrer Bitte nicht nachkommen. „Du …lebst… das … das ist die Hauptsache für mich…“ Ihre sonst so liebliche Stimme schien zerkratzt und drang nur noch leise von ihren Lippen. „So darfst du nicht sprechen…“ Nestarion blickte für einen kurzen Moment zu der stark blutenden Wunde, die ihren Bauch durchzog und ihr Wams beinahe schwarz färbte. Das Schwert hatte sie durchbohrt. Egal was sie sagte, er konnte seine Tränen nicht zurückhalten. Seine Frau, sein Herz, seine größte Liebe. Sie war sein Gegenstück, in jeglicher weise. Sie so zu sehen und so reden zu hören, brach ihm das Herz. Die Jahrhunderte, die sie sich kannten, hatte sie nie so gesprochen. „Bitte… Halt durch… Ich bring dich zu einem Heiler und der bringt das wieder in Ordnung… Es ist gar nicht so schlimm, wie es aussieht… Bitte gib nur nicht auf…“ Er konnte doch nicht zusehen, wie sie starb. Irgendwas musste er doch tun. Sie durfte nicht von ihm gehen. Das Land brauchte sie, die Kinder brauchten sie, ER brauchte sie. Noch immer hatte Liwriel ein Lächeln auf den Lippen, ihre Hand ruhte auf seiner Wange. Ihr Daumen strich sacht hin und her, wie sie es bei den Kindern immer getan hatte, wenn es Probleme gab. Nestarion, am ganzen Körper zitternd, wollte sie anheben, doch sie hielt ihn mit einem gequälten Stöhnen und einem Blick auf. In diesem Blick lag so viel. Lass es, sagte er ihm, vergeude nicht deine Kräfte. Hatte sie sich damit abgefunden? Das durfte sie nicht. Sie musste Leben, sie hatte doch noch so viel vor sich. „Nestarion…“ Sie hustete auf, ein wenig Blut lief von ihrer Lippe. „Bitte… Gib dir nicht die Schuld dafür… Ich werde immer bei dir sein, egal … was … egal was passiert …“ Sie schien schwächer zu werden und hatte starke Probleme zu sprechen. Wie konnte er sich nicht die Schuld geben? Hätte er sie nicht aus den Augen verloren…. Hätte er konzentriert das Geschehen beachtet…. Hätte er seine Deckung bewahrt… Hätte… Es gab so viel, was hätte sein können. Er hätte sie beschützen müssen, das war seine Aufgabe. Für Nestarion gab es um sie herum nichts mehr. Er sah nur Liwriel und dieses Bild zerriss ihm beinahe das Herz. Sie durfte nicht aufgeben. Sie wollten zusammen nach Hause zurückkehren und ihre Tochter aufziehen. Sie hatten doch so viele Pläne. Wenn sie jetzt aufgab…. „Ich bitte dich…“, begann sie erneut so leise, dass Nestarion sich zu ihr hinunter beugen musste, um ihre Worte zu verstehen. „Kümmer dich um die Kinder… Sag ihnen, ihre Mutter liebt sie.“ Nein. Nein, das durfte nicht sein. „Bitte gib nicht auf… Schone deine Kräfte, ich finde eine Lösung, nur bitte bleib bei mir…“, sagte er leise, noch während sie sprach. „Versprich es mir… Dir gilt meine ewige Lieb….“ Mit jedem Wort wurde sie leiser, bis ihre Stimme mit einem Seufzer schließlich erstarb. Ihre Hand trennte sich von seiner Wange und fiel gen Boden. Der Körper Nestarions zitterte heftig, als er sich über sie beugte, um sie in die Arme zu schließen. Seine Tränen vermischten sich mit dem Blut, das an ihrem Gesicht klebte. „Nein… Bitte… Verlass mich nicht…“ Egal was er sagte, es war zu spät, doch er konnte und wollte es nicht fassen. Er hatte seine Frau verloren. Man hatte sie ihm genommen und er fühlte sich, als hätte man ihm sein Herz herausgerissen. Sie war einfach nicht mehr da. Jegliche Kraft war ihres Körpers gewichen. Er küsste seine Liebste auf die Stirn, ehe er sie dicht an sich zog und sich dem Gefühl der Verzweiflung ergab, das in ihm aufgestiegen war. Er wusste nicht, wie viel Zeit verging oder was um sie herum geschah. Eine Hand auf seiner Schulter riss ihn wieder zurück in die Realität. Er blickte auf und erkannte seinen Bruder Gideas und um sie herum noch einige ihrer eigenen Krieger. „Lass mich dir helfen… Ich bringe euch hier raus…“ Nestarion senkte den Blick auf seine Frau und nickte schließlich kaum merklich. „Bring meine Frau hier weg… Ich bleibe…“ Er sprach leise, doch klang entschlossen, sein Ton ließ keinerlei Widerrede zu. Sein Beschluss war unwiderrufbar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)