Stille in mir von blockhead (Verstehst du, was ich meine?) ================================================================================ Kapitel 1: Seifenblasen ----------------------- S t i l l e i n m i r – S e i f e n b l a s e n Es regnete nicht. In der Tat war der Himmel blau, so blau. Ein Blau, wie das Schlumpfeis, dass man als Kind in der Eisdiele nur bestellte, weil man die Farbe so toll fand. Nicht eine Wolke war zu sehen, nicht mal eine kleine, fast nebelhafte. Lediglich die schwarzen Linien der Stromleitung unterbrachen dieses endlose, irgendwie glatte Blau. Sakura hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Sie starrte weiter in den Himmel, überlegte, ob das Blau noch besser zur Geltung kommen würde, wenn die Stromleitungen nicht da wären, die die Bahn über die Gleise vor ihr fahren ließ. Er war zu spät. Fünf Minuten schon, aber sie nahm ihm das nicht übel. „Achtung, Achtung. An Gleis Fünf fährt der Zug aus Shibuya ein. Bitte treten Sie zurück und warten Sie, bis der Zug vollkommen zum Stehen gekommen ist.“ Der Fahrtwind, der mit dem weißen Zug einher ging, wehte ihr ihre rosafarbenen Haare ins Gesicht. Ein paar flogen in ihren leicht geöffneten Mund. Sie beeilte sich die Haare wieder loszuwerden und fuhr mit den Fingern über ihre Zungenspitze, damit das komische Gefühl, dass die Haare auf der Zunge verursachten, schnell verschwand. Sie sah ihn nicht an, als er sich neben sie auf die Bank setzte. Ihr war klar, dass sie den Gedanken, den Satz, dass es schon lange vorbei war, nicht länger aufschieben konnte. „Ich liebe dich.“ Als Wahrheit war dieser Satz ein Geschenk, als Lüge vergrößerte er nur den Abstand zwischen zwei Menschen. Sie hatte das feststellen müssen – auch wenn sie nicht wusste, wie er zu dieser Sache stand. „Sakura.“ Sie setzte sich gerade hin, blickte nun nicht mehr in den Himmel, sondern auf ihre Füße. „Sieh mich an.“ Sie sah nach rechts. In sein Gesicht. Das Gesicht, das sie seit einem Jahr und zweieinhalb Monaten bereitwillig geliebt hatte. Oder zumindest hatte sie es versucht. „Sasuke.. Schön, dass du gekommen bist..“ Als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, waren sie gerade auf die Mittelschule gekommen. Mit zwölf Jahren hatte sie neben ihm im Klassenzimmer gesessen und mit ihm hatte sie auch das erste Wort an der neuen Schule gewechselt. „Hallo, ich bin Sakura Haruno. Wie heißt du?“ Mit seinen schwarzen Augen hatte er sie angesehen und sie war rot geworden. „Sasuke Uchiha. Ich möchte dem Lehrer zuhören, du nervst.“ Wie leicht war es ihr gefallen, ihn als „Blödmann“ abzustempeln und sich mit Ino und Hinata über ihn aufzuregen, wenn er mal wieder seine Meinung kundtat? Wie einfach hatte sie ihren ersten Kuss an Naruto vergeben können, weil es ja letzten Endes doch nur ein einfacher Kuss war? Wenn sie jetzt an diesen „Kuss“ dachte, musste sie schmunzeln. „Kuss“. Es war ein kurzes Berühren der Lippen, mehr nicht, aber damals hatte jedes Mädchen, dass sich das getraut hatte, rote Wangen, große, kindliche Augen und ein breites Lächeln besessen. „Worum geht’s?“ Er konnte in ihren Augen erkennen, dass sie für einen Moment nicht anwesend gewesen war. Ihre Wangen nahmen kein Rot an, ihr Blick senkte sich nicht. Sie sah ihn einfach nur an und als sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl, musste er plötzlich schlucken. Wann war sie „erwachsen“ geworden? Wann hatte sie aufgehört, bei jedem Wort, dass er sagte, rot zu werden? „Ich glaube.. es wäre besser, wenn wir uns.. trennen..“ Wie in einem blöden Klischee hatte sie sich in ihn verliebt. Hinter seiner kühlen Fassade steckte eine einfühlsame Seele. Hinter seiner Schweigsamkeit steckte eine Tragödie. Hinter jedem Wort an sie, eine versteckte Botschaft. Irgendwie hatte sie es geschafft, ihn sich schön zu reden, für jeden Fehler eine Ausrede zu finden, so lange bis sie glaubte, es wäre die Wahrheit. Erst als sie im Regen vor ihm gestanden hatte, die Hände auf die Brust gepresst, mit vierzehn Jahren – selbstverständlich reif und erwachsen – und die Luft noch voll von den Worten, die sie ihm gerade entgegen geworfen hatte.. erst dann.. dann ging ihr auf, dass sie sich alles zurecht gedichtet hatte. „Immer an deiner Seite.“ „Hoffentlich lange, sehr lange.“ „Ich liebe dich.“ Doch als er auf sie zukam, die Arme um sie legte und seinen Kopf an ihren Hals lehnte, als sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte – wurde ihr klar, was sie getan hatte. Und was für unverschämtes Glück sie gehabt hatte, denn sie hatte auf unwirkliche Weise Recht gehabt. Hinter seiner kühlen Fassade dachte er über sich und andere nach. Hinter seiner Schweigsamkeit steckte der Verlust seiner Eltern. Hinter jedem Wort an sie, eine Herausforderung, ob sie schlau genug für ihn war und ihn durchschaute. Sasukes Augen weiteten sich nicht, sein Atem beschleunigte sich nicht, er sah sie einfach nur an. „Wie kommst du darauf?“, wollte er schließlich wissen und ihre Antwort verzögerte sich, weil hinter ihnen rauschend ein Zug in den kleinen Bahnhof einfuhr und jedes Wort unhörbar machte. „Der Gedanke“, gab sie zögernd und sehr leise zu, „Kam mir.. schon vor einiger Zeit..“ Gegen seinen Willen bildete sich ein bitterer Zug um seinen Mund. Seine Augen verengten sich. „Dann.. Hast du..?“ Er musste die Frage nicht zu Ende formulieren, um sie damit zu verletzen. Seine Augen hatten sich eben nicht geweitet, aber ihre wurden nun auf eine seltsame Weise groß und ungläubig, als könne sie diesen Gedanken nicht nachvollziehen, oder, besser gesagt, nicht verstehen. An ihrer bebenden Unterlippe konnte er jedoch erkennen, dass sie es sehr wohl konnte. „Hast du mir etwas vorgemacht?“ „Gott, nein.. Du musst mir glauben!! Ich habe.. habe dich die ganze Zeit geliebt!“ Der Uchiha wandte den Blick ab. Wie konnte er ihr glauben, wenn sie.. er.. „Wieso?“, lautete seine Antwort auf ihre Bitte hin nur und sie blinzelte Tränen weg, die früher oder später sowieso sichtbar werden würden. Er kannte sie gut. Lange. Oder hatte er das die ganze Zeit nur geglaubt..? Mit einer zittrigen Hand ergriff sie seine und beinahe, beinahe, hätte er seine wieder weggezogen. „Bis vor einem Monat oder so war wirklich alles gut! Es liegt nicht an dir, Sasuke, wirklich... Es.. Es.. liegt an mir! Wirklich!“ Im Kindergarten war Ino das hübscheste Mädchen. Sie hatte große, blaue Augen. Kein ordinäres, gewöhnliches Blau, sondern ein helles, hübsches. Ihre blonden Haare schimmerten im Sonnenlicht und waren lang, ihre Haut pfirsichfarben, ihre Nägel glänzten und manchmal durfte Ino sogar mit ein bisschen Lipgloss von ihrer Mama in den Kindergarten kommen. Alle Jungs wollten mit ihr spielen, aber nur ganz wenige Mädchen wollten ihre Freundin sein. „Ino ist eine Angeberin!“, hieß es da. „Ino macht alle Jungs verliebt in sich, weil sie gemein und böse ist!“, wurde geflüstert, wenn das kleine, blonde Mädchen ihren Mantel an ihren Haken mit dem Papageien drauf hängte. „Inos Mama meckert andere Mädchen an und erzählt böse Sachen an andere Mamas weiter!“ Als Neue konnte Sakura ihre „Fraktion“ frei wählen. Sie kannte niemanden, niemand kannte sie und letzten Endes würde man sie erst wirklich beachten, wenn sie sich der einen oder der anderen Gruppe anschloss. Temari aus der „Anti-Ino“-Gruppe war ein Jahr älter und hatte ihr beim Anziehen einer Barbie geholfen und Tenten war mit ihr zur Erzieherin gelaufen und hatte ihre Hand gehalten, als sie vom Klettergerüst gefallen war. Und trotzdem hatte Sakura am nächsten Tag Inos Schuhe angezogen, obwohl sie wusste, dass Reißzwecken vorne in den Spitzen lagen. „Wieso hast du das gemacht?“, hatte Ino gefragt, als Sakura ihre weißen Socken mit roten Blutflecken ausgezogen hatte. „Weil es an mir lag. Ich hätte dich warnen müssen. Du hättest dasselbe für mich getan.“ Die beiden waren ab diesem Zeitpunkt an unzertrennlich. Vor diesem Tag hätte Ino sicherlich keine weißen Socken für Sakuras Füße riskiert, aber unabhängig von dieser Tatsache, hatte Sakura begriffen, dass man nicht immer alles haben konnte. Sasukes Augenbrauen hoben sich in die Höhe und er lachte kurz und ungläubig auf. Es war ein bisschen wie in einem schlechten Film, einer dummen Geschichte, in der Worte und folgende Verkaufszahlen mehr Wert waren, als die Gefühle der Figuren, die das Erlebte durchmachen mussten – was im Übrigen niemanden interessierte. „An dir? Dir?“ Zwischen ihnen stand dieses kleine Wörtchen wie eine Mauer. Sie wussten beide, dass es an ihm lag und nur an ihm. Das er sie nicht ansehen konnte, als wäre sie das kostbarste der Welt, das er nicht mit einem Blick begreifbar machen konnte, dass seine Liebe keine Grenzen kannte und das er nicht mit einer Berührung tausend verschiedene Formen von Liebe zu ihr senden konnte – all das hatte sie von ihm entfernt. „An mir.. Es liegt an mir, weil ich endlich gesehen, endlich erkannt habe, das es so nicht geht.“ Ihre grünen Augen schwammen förmlich in Tränen und er glaubte die Sekunden herunterzählen zu können, bis der erste Tropfen sich den Weg über ihre Wange bahnte. Sasukes ratloser Blick machte ihr bewusst, dass er nicht verstand, was sie meinte, wieso sie sich trennen, ihn wegstoßen wollte, wenn sie doch weiterhin seine Hand umklammerte, als wäre sie Ertrinkende und er Rettungsring. So, wie sie es schon immer getan hatte. „In letzter Zeit“, flüsterte die Haruno mit erstickter Stimme, „Ist da diese Stille in mir. Wenn ich dich ansehe, sehe ich keinen anderen, sondern nichts. Ich weiß auch nicht, aber da ist kein Bauchkribbeln und kein verrücktes Herzschlagen mehr! Ich kann doch auch nichts dafür, Sasuke!!“ Sasuke zuckte unter ihrem anklagenden Ton zusammen, während ihre Wimperntusche schwarze Linien in Einklang mit ihren Tränen malte. „Das da nichts ist. Das liegt an dir. Aber wieso da nichts mehr ist..“ Seine raue Stimme machte eine Pause. Seine aufgewühlten Augen suchten ihre. „Das liegt an mir.“ Sakura blinzelte und zog ihre Hand weg. Plump und taub lag sie auf dem Holz der Bank zwischen ihnen, wie ein unerwünschtes Geschenk, von dem man weder Sinn noch Zweck kannte und auch nicht kennen wollte. Langsam stand Sakura auf. „Ich möchte meine Zukunft nicht so verbringen“, wisperte sie und ihre Stimme scheiterte zweimal an dem Wort Zukunft. Meine Zukunft nicht mit dir verbringen. „Ich möchte nicht noch länger so tun, als wäre da etwas..“ Sie biss sich heftig auf ihre Unterlippe, hob den Blick zum Himmel, als stünde dort etwas, was ihr weiterhalf, ihr die richtigen Worte zuspielte.. „Es ist ein bisschen wie barfuß über Glasscherben laufen.“ Er stand ebenfalls auf, zog sie langsam, wie in Zeitlupe, in seine Arme, ihre Worte immer noch im Ohr - nicht in einem verzweifelten Versuch zu retten, was nicht zu retten war, sondern zu fühlen, was er bereits verloren hatte. „Du kannst nicht weiterkommen, ohne zu bluten.“ Sasukes Blick blieb an ihr haften, bis sie sich zwischen zwei hellhaarigen Touristen hindurchgeschoben hatte und dann die Rolltreppe hinunter fuhr. Ohne sich umzudrehen. Ohne ihn wissen zu lassen, was kommen würde. Er hatte ihr nie erzählt, was seine liebste Erinnerung war. “Sasuke!! Boa, Mann, die Leute aus der C sagen, dass Sakura-“ „Halt den Mund, Blödmann. Mich interessiert nicht, was die Leute aus der C sagen.“ „Aber sie sagen, dass Sakuras Lieblingsgegenstand-“ Mit einem Knall flog die Tür auf, die vom Treppenhaus zum Dach der Schule führte und Sakura stand atemlos vor ihnen. Ihre Haare waren wild durcheinander gewirbelt, ihre Brust hob und senkte sich heftig und sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn, um nicht vorhandenen Schweiß hinfort zu wischen. „Sasuke, weißt du was?!“, rief sie, lachte und kicherte und strahlte und beruhigte sich gleichzeitig, „Hast du es schon gehört??“ Naruto verdrehte die Augen bei dem bewundernden, liebevollen Ausdruck in den grünen Augen und verzog sich mit einem lässigen Winken ins Innere des Schulgebäudes. „Ich bin Jahrgangsbeste!“ Angesichts dieser Tatsache bemühte er sich um ein Lächeln, das sogar gelang. „Großartig“, sagte er und meinte es auch so. Natürlich hatte sie keinen Gefühlsausbruch seinerseits erwartet, aber er war zufrieden damit, dass sie ihn immer noch strahlend – kein bisschen enttäuscht – anlächelte. „Darf ich mich setzen?“ Der Uchiha nickte und sie setzte sich. Ihm ging plötzlich auf, dass er ihren „Lieblingsgegenstand“ nicht kannte. War das schlimm? „Was ist mein Lieblingsgegenstand?“, fragte er plötzlich, fast, als Ausrede, dass er ihren nicht kannte, wenn sie seinen ebenfalls nicht kannte, und sie sah ihn verblüfft an. „Ähm.. Der Fächer deines Familienwappens, würde ich mal sagen. Oder das Bild von deiner Familie im Regal in deinem Zimmer.“ Sakura lächelte versonnen, schien eine Erinnerungen Revue passieren zu lassen, die er nicht kannte oder im Moment nicht abrufen konnte. Sasuke zeigte es nicht, wie so oft, aber er war beeindruckt. „Und deiner?“, wollte er als nächstes wissen und hätte am liebsten den Blick abgewandt. Jetzt wusste er, dass sie doch enttäuscht gewesen war, aber sie lächelte trotzdem weiter – nur vielleicht eine Spur trauriger. „Ich?“ Das Lächeln wurde plötzlich ein Grinsen. „Ich mag Seifenblasen. Wie sie im Licht schillern.. Wunderschön.“ Zusammen starrten sie in den Himmel, der Wolken wie Zuckerwatte hatte. „Achso“, antwortete er, „Dann ist ja gut.“ Als ob er nur eine Bestätigung gewollt hätte. In der Gegenwart zog Sasuke eine kleine Plastikflasche in dunkelblau aus seiner Jackentasche. Vorne drauf war ein gelber Bär, der mit einem roten Plastikkreis an einem roten Plastikstiel hellblaue Seifenblasen machte. Um den weißen Deckel war rosafarbenes Geschenkband gewickelt und sorgsam zu einer ordentlichen Schleife gebunden worden. Einige Sekunden lang starrte er die Flasche an. Dann warf er sie auf die Schienen vor sich, stand auf und ging zu den Rolltreppen in der entgegengesetzten Richtung. O w a r i ________♡ Dafür das der One-Shot an einem Tag entstanden ist, bin ich furchtbar vernarrt in ihn! Geschrieben ist er in der Schrift „Sylfaen“ und irgendwie finde ich diese Schrift (auf Größe 11) nicht nur schön, sonder der Name erinnert mich auch an Elfen. Irgendwie. Mal wieder kann ich nicht einschätzen, was ich hier mit dem One-Shot verbrochen habe (weil's für einen Wettbewerb ist schon mal noch 'ne Ecke weniger..), aber das ich etwas derartig Unhappyend-artiges geschrieben habe, liegt aber schon 'ne Weile zurück... Wie auch immer, hier die Playlist! Playlist: Clueso – Gewinner; Clueso – Barfuß; Baschi – Unsterblich. Yann Tiersen – La Plage. Jennette McCurdy – So Close; Sunrise Avenue – Fairytale Gone Bad. Die erste Reihe beim Schreiben, die zweite beim Denken daran, die letzte beim Überarbeiten. Sehr, sehr tolle Lieder, aber weil es so viele sind, werde ich die Links nicht hier rein tun! (Letzten Endes kann die ja auch jeder selbst raussuchen...) Liebe Grüße, papetto Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)