Star Seekers von Jughead (Are you still alive or already dead?) ================================================================================ Kapitel 3: Miura - Rings In Water ---------------------------------   Ganze fünf Wochen bin ich nun schon im Krankenhaus. Und, verdammt, ich will nach Hause! Im Ernst mal, ich krieg hier drinnen noch die Krätze! Alles weiß und so hell und dieser Geruch nach Desinfektionsmittel! Widerlich!! Ha… Ich drehe hier wirklich durch. Vor allem, weil das Essen hier zum Kotzen schmeckt. Und noch etwas… Schmerzen und Alpträume sind eine verdammt schlechte Kombination. Ziemlich deprimierend die ganze Sache hier. Na ja. Zu meiner Verwunderung sind Hizumi und der Rest der Band jeden Tag hier. Ich meine… Jeden Tag! Sie haben sogar alle anderen Konzerte abgebrochen, mit der Begründung, Hizumi bräuchte wegen des Vorfalls eine Pause. Peinlich. Alles nur, weil ich im Krankenhaus liege. Nur, wegen der Lichtorgel… Aber im Ernst jetzt. Auf Dauer sind die vier creepy. Creepy und nervig. Echt sowas von nervig. Da sind Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu wirklich öfter in meinem Zimmer, um mich zu besuchen, als Len und Michiyo zusammen. Schockierend, oder nicht? Mir ist aufgefallen, dass Tsukasa es liebt, sich selbst reden zu hören. Und Zero und Karyu schweigen lieber. Außerdem mampft Zero meine Süßigkeiten weg. Okay, ich esse sowas ja nicht, aber trotzdem. Für Michiyo lässt er nichts übrig. Naja, das Motto Wer zuerst kommt, malt zuerst hat gegen Ladies First knallhart gewonnen. Schon lustig irgendwie. Vor allem, wenn das Keks-Gespräch losgeht. Mindestens fünfmal in der Woche muss ich mir diese Diskussion anhören. Und immer dieselben Argumente. Hizumi hält Tsukasa, Zero und Karyu für bescheuert, Tsukasa will die Kekse, die er von Hizumi bekommt nicht mit Karyu teilen und Zero will Süßigkeiten. Total krass.   Eigentlich sollte ich morgen das Krankenhaus verlassen. Das heißt, dass ich morgen nach Hause darf. Aber die vier sitzen immer noch in meinem Zimmer. Ich meine immer noch. Seit fünf Wochen liege ich im Krankenhaus und ich bin sie noch immer nicht los…   Heute ist Montag. Das heißt, das heute wieder Hizumis Diskussionsrunde ist. Wie sonst auch sitzen Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu um mein Bett herum. Im ersten Moment schweigen noch alle. Aber dann stützt Hizumi seine Ellenbogen auf den Knien ab. Und wie er uns ansieht, richtig creepy…   »Also dann, Leute.«, sagt er und seufzt etwas, »Lasst uns mal über ein ernstes Thema sprechen.«   Tsukasa, Zero, Karyu und ich schauen Hizumi einfach nur schweigend an.   »…Will keiner was vorschlagen? Also schön. Dann sag' ich eben ein Thema an.«, meint Hizumi dann, »Reden wir über's Spannen.«   Die anderen und ich schweigen wieder.   »Los Leute!... Also gut… Dann fange ich eben nochmal an. Ich hab schon gespannt. Sehr oft sogar.«   »Wetten, dass du mich beim Duschen bespannt hast?«, äußert Tsukasa.   »Ah, Tsukasa, du bist so intelligent. Komm, kriegst 'n Keks.«   »Oh ja, ich mag deine Kekse.«   »Ich weiß, ich mache tolle Kekse.«   »Muss ich dann wieder zu dir kommen und sie abholen?«   »Ja, eigentlich schon. Ich sag' dir sogar, wo ich sie versteckt habe.«   »Ach ja? Wo denn?«   »In meinem Bett.«   »Soll das heißen, dass ich in dein Bett krabbeln und die ganzen Kekse zusammen suchen muss?«   »Ich würde alles tun, um dich ins Bett zu kriegen.«   »Sehr schmeichelhaft, Hizu-Chan.«   »Hey, ich will auch was sagen.«, meint Kayu auf einmal.   »Halt' die Klappe da hinten. Du hast nichts zu melden.«, murmelt Tsukasa.   »Ich will Süßigkeiten.«, mischt sich Zero dann noch ein.   Wieder großes Schweigen. Zeros Argument eben war wohl knallhart. Ich lache ein wenig. Ist schon irgendwie geil gewesen grade. Einfach zum Schießen.   »Hey, hey, Miura. Was ist so lustig?«, fragt Karyu grinsend, »Ich will auch mit lachen.«   »Nichts, nichts. Es ist nichts.«   »Ach ja?«   »Jaha.«   »Sag' schon.«   »Gebt dem armen Zero doch seine Süßigkeiten.«, meine ich dann lachend.   »Finde ich auch.«, sagt Zero zustimmend.   Karyu schweigt einen Moment, sieht zu Hizumi rüber.   »Hizumi, ich will auch Kekse.«, jammert er dann.   »Sieht schlecht aus. Die kriegt alle Tsukasa.«, murmelt Hizumi, »Frag' ihn, ob du welche kriegst.«   »Tsukasa, krieg ich Kekse?«   »Nein.«   »Bitte…?«   »Nein.«   »Tsukasa, du kannst Karyu ruhig ein paar Kekse abgeben.«, meint Hizumi dann.   »Nein! Ich teile nicht! Das sind meine Kekse! Die teile ich mit niemandem!«, murrt Tsukasa.   »Komm schon, Tsukasa, nur ein ganz Kleiner…«, bettelt Karyu.   »Nein.« Zero und ich lauschen nur den anderen dreien, schweigen dabei brav. Kurz schiele ich zu ihm rüber.   »Eh, Miura.«, sagt er leise, »Hast du noch Süßigkeiten?«   »Normal schon. Da in der Schublade sind glaube ich noch welche.«   »Cool.«   Noch ehe ich irgendetwas anderes sagen kann, kramt Zero schon in meiner Schublade herum. Er wird sogar fündig. Und wieder bleibt wohl nichts für Michiyo übrig. Schon lustig irgendwie.   Die Diskussionsrunde, ob Karyu nun Kekse von Tsukasa bekommt, geht bis zum Abend. Len und Michiyo haben sich heute noch gar nicht blicken lassen. Ich will aber hoffen, dass Len mich morgen nicht vergisst. Schließlich will ich nach Hause…   Als später dann wieder die Krankenschwester in mein Zimmer kommt, um die D'espairsRay rauszuwerfen, verabschieden sich die vier von mir, winken ein wenig und verschwinden dann. Manchmal ist sie, also die Krankenschwester, ein richtiger Segen. Wenn sie etwas jünger wäre, dann würde sie ein noch Größerer sein. Aber naja, da kann man nichts dagegen machen. Als ich mich dann auch von den D'espas verabschiedet habe, haue ich mich etwas auf's Ohr. Natürlich nicht wortwörtlich, das würde ich ja niemals überleben.   Und dann träume ich auch schon wieder. Die grüne Wiese, der blaue Himmel… Doch, wie sonst auch verdunkelt sich der Himmel. Fast schwarz ist er plötzlich. Wieder sehe ich jemanden in der Ferne stehen. Ich kenne ihn aber nicht. Zumindest glaube ich das. Schließlich erkenne ich dort niemanden, außer die Silhouette desjenigen. Aber viel anfangen kann ich damit nicht. Wenigstens ist der Traum um einiges milder, als alle anderen bis jetzt. Tut ja irgendwie gut, finde ich zumindest.   Am nächsten Morgen, als ich wach werde, starre ich die Zimmerdecke an und warte seufzend darauf, dass ich mich wieder bewegen kann. Dauert natürlich wieder seine Zeit. Wieder so fünf bis acht Minuten. Langsam setze ich mich auf, geht ja mittlerweile wieder. Ist ein wenig umständlich, aber es geht. Ich schaue zum Nachttisch. Da steht ein Glas Wasser. Muss die Krankenschwester wohl hingestellt haben, als ich geschlafen habe. Als ich das Glas in die Hand nehmen will, fallen mir komische Ringe im Wasser auf. Irgendwie kommt mir die Situation bekannt vor. Ich meine, dass ich solche Ringe im Wasser sehe. Ich weiß nur gerade nicht mehr, was damals war. Geschweige denn, wann es war. Ich schaue das Glas weiter an. Sieben Ringe kann ich zählen. Sieben… Was soll mir das bringen?   Den ganzen Vormittag zerbreche ich mir über diese bescheuerten Ringe den Kopf. Wirklich so lange, bis es an der Tür klopft und Len herein kommt. Er hilft mir mehr oder weniger, meine Sachen zusammen zu packen und meine Jacke anzuziehen. Geht mit Gips eben ein bisschen schwer… Als wir das Krankenhaus dann endlich verlassen, natürlich erst nachdem ich mich bei der netten Krankenschwester verabschiedet habe, seufze ich erleichtert.   »Endlich bin ich frei!«, sage ich dann glücklich.   »Deine Arme sind aber immer noch tot.«, lacht Len.   »Ach verdammt… Versau mir doch nicht alles…«   »Hehe. Sorry, Shorty.«   »Es sind nur vier Zentimeter!«   »Trotzdem bist du kleiner.«   »Es sind vier Zentimeter!«   »Ja, ja. Okay… Hast ja gewonnen.«   »Schön. Das freut mich.«, grinse ich dann.   »Was ist eigentlich mit deinen Freunden?«   »Wen meinst du?«   »D'espa…«   Oh Gott… Ehe Len D'espa gesagt hat, steigen Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu aus einem Auto aus. Ich hab die vier, in meiner Freude endlich nach Hause zu kommen, total vergessen. Gut, abhauen kann ich ja sowieso nicht. Wie auch.   »Puh. Da haben wir's gerade noch geschafft.«, meint Hizumi, als er mir entgegen kommt.   »Ja? Habt ihr mich denn so vermisst?«   »Aber sowas von.«   »Hast du Süßigkeiten für mich, Miura?«, fragt Zero und linst an Hizumis Schulter vorbei.   »Verdammte Scheiße, bist du groß.«, murmelt Tsukasa nebenbei, »Fast so groß wie Karyu…«   »Ach was…«, entgegne ich ebenfalls murmelnd, »Len ist größer…«   »Stimmt…«   Tsukasa sieht von Len zu Karyu und wieder zurück.   »Sie sind gleichgroß.«, stellt er dann fest.   Ich nicke dann einfach zustimmend. Eigentlich bin ich mit meinen Gedanken ja schon zu Hause. Plötzlich hält Hizumi mir einen Zettel vor die Nase und Karyu einen Stift. Ich blinzele ein wenig, schiele fragend zu Len, der ja einfach nur schweigt.   »Was soll ich damit?«, frage ich dann.   »Du musst uns schon deine Adresse geben. Sonst können wir dich ja nicht mehr besuchen.«, meint Hizumi grinsend.   »Ach so… Okay… Äh… Len?«   »Oh ja, klar. Sorry.«, lächelt Len schief, schnappt sich Zettel und Stift und schreibt den vieren meine Adresse auf. Kann ich ja schlecht mit zwei toten Armen. Irgendwie aber erschreckend, dass die Jungs mich noch immer besuchen wollen. Nicht, dass ich was dagegen hätte, aber trotzdem. Len reicht Hizumi den beschrieben Zettel und ich schaue die anderen drei kurz an.   »Danke. Also dann, Miura. Wir sehen uns.«, meint Hizumi.   Ich nicke und schaue zu Len.   »Gehen wir?«, frage ich ihn.   »Jop. Gehen wir.«, nickt Len und hebt ein wenig die Hand, »Bye, Leute.«   »Bis dann!«, rufen Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu und winken.   Ich hebe den linken Arm, winke auch ein wenig. Geht ja mit dem Rechten gar nicht, der ist voll tot… Gottverdammter Bänderriss… Ich steige vorsichtig in Lens Auto, lehne mich sofort in den Sitz und seufze ein wenig. Das Surren des Motors ist schon beinahe Musik in meinen Ohren. Zumindest ein schöneres Geräusch als im Krankenhaus das Geklapper der Instrumente. Schon allein die Vorstellung, dass die mir mit so einem Skalpell die Arme aufgeschnitten haben ist eklig. Im Ernst mal… Sie haben mir im rechten Arm die ganze Elle aufgeschnitten. Was sie beim linken Arm gemacht haben, will ich gar nicht wissen. Ich betrachte kurz den Verband um meinen rechten Arm. Mit ziemlicher Sicherheit gibt das eine voll fette Narbe. Wie soll ich mit sowas noch eine Freundin kriegen!? Tja, ist sehr fraglich, oder? Vor allem, wenn sie so wählerisch wie Michiyo oder andere Mädchen aus der Schule sind. Irgendwie muss ich mir überlegen, wie man sowas verhindern kann. Ich meine… Als Single will ich nicht sterben!   Deprimierend. Als ich daheim ankomme und Len dabei ist, die Tür zu öffnen, betrachte ich irgendwie ungewollt die ganzen Wesen auf der Straße. Nicht ein einziger normaler Mensch ist dort zu sehen. Nur geisterhafte Geschöpfe.   »Hast du's bald?«, frage ich leise.   »Ja, ja. Moment.«   Ich warte also weiter. Will ich ja eigentlich nicht, denn ich starre die Wesen an, ob ich will oder nicht. Irgendwie scheiße.   Nach geschlagenen zwanzig Minuten hat Len es geschafft, die Tür aufzuschließen. Glücklich, wie ich nun mal darüber bin, springe ich hinein und schaue mich um.   »Verdammt… Ist das staubig hier…«, murmle ich.   »Ist ja krass… Dabei warst du nur fünf Wochen im Krankenhaus… Solange gehen Leute wie ich in den Urlaub.«, meint Len.   »Schon irgendwie…«   Ich seufze ein wenig. Wie soll ich das mit meinen Armen putzen? Schon recht deprimierend, wenn ich so darüber nachdenke. Ich könnte Len fragen, will ich aber nicht. Außerdem weiß ich, dass er nicht gerne putzt.   »Kommst du alleine klar?«, fragt Len und stellt die Tasche ab.   »Ja. Sicher. Und danke…«, sage ich und nicke.   »Schon gut. Ich muss dann in die Schule…«, murmelt er, »Ich komm' heute Abend wieder, ja?«   »Okay.«   Len geht zur Haustür raus, macht sie hinter sich zu. Gut, zum Einen habe ich keine Lust, die Tür irgendwie abzuschließen. Und zum Anderen kann ich das noch nicht einmal wirklich. Zumindest noch nicht. Seufzend hocke ich mich auf's Sofa und schalte mit Mühe den Fernseher ein. Kommt nicht wirklich was interessantes hier. Naja, irgendwie nicke ich weg. Nicht fest, auch nicht lange, denn es klingelt an der Tür, wodurch ich leicht aufschrecke. Gähnend stehe ich auf und verschwinde an die Tür.   »Wer ist da?«, frage ich, ohne, dass ich die Tür auch nur anfasse.   »Huhu! Hier ist Sexy Tsukasa!«   »Hizumi!«   »Und Karyu!«   »Zero, oder so.«   Oh je. Ohne Worte…   »Die Tür ist auf.»Die Tür ist auf.«, murmle ich, trete ein wenig zurück.   »Ich hoffe mal, dass wir dich nicht stören.«, grinst Hizumi.   »Nein, nein. Passt schon.«, sage ich.   Zero ist der Letzte der eintritt und macht, zu meinem Glück, die Tür hinter sich zu. Ich deute mit dem Kopf in Richtung des Wohnzimmers.   »Da drüben müssten irgendwo noch Süßigkeiten sein.«, sage ich und grinse ein wenig.   »Cool.«, entgegnet Zero und verschwindet im nächsten Moment ins Wohnzimmer.   Ich schaue ihm noch kurz nach, gehe dann mit den anderen dreien in die Küche.   »Tut mir leid, dass es hier so aussieht.«, seufze ich, »Eigentlich… Sieht's bei mir nie so aus.«   »Passt schon.«, meint Hizumi.   »Staubig ist es trotzdem.«, murmelt Tsukasa.   Karyu nickt nur schweigend. Ich zucke mit den Schultern. Eigentlich haben sie ja Recht. Wenn meine Arme noch ganz wären, würde es echt nie so bei mir aussehen. Ja, ich bin ein Ordnungsfreak hoch zehn. Aber echt sowas von. Auf einmal kommt Zero auch noch in die Küche, mit den ganzen Süßigkeiten im Schlepptau. Leicht blinzelnd schaue ich ihn an. Recht fraglich, wo die alle her sind.   »Wollt ihr was trinken?«, frage ich.   »Ja, gern. Was hast du alles da?«, entgegnet Hizumi.   »Wasser und Coke.«   »Große Auswahl.«   »Ich nehme an, ihr wollt die Coke…«   Schweigendes Nicken. Ist ja Antwort genug, für mich zumindest. Ich blinzle kurz, ehe mir einfällt, dass sich die Jungs wohl selbst bedienen müssen. Welch grausamer Gastgeber ich doch bin…   »Ähm…«, gebe ich nachdenklich von mir, »Die Gläser sind in dem Schrank da. Und die Coke ist normalerweise im Kühlschrank.«   Karyu nickt leicht, erhebt sich vom Stuhl und nimmt die Gläser aus dem Schrank. Tsukasa schnappt sich derweil die Coke aus dem Kühlschrank. Ich schaue den beiden zu, wie sie die Gläser auf den Tisch stellen und die Coke einschenken. Schweigend betrachte ich die Flasche auf dem Tisch an, schaue hin und wieder zu, wie ab und an einer der vieren seine Coke trinkt und sehe in der Flasche wieder solche Ringe. Wieder sieben Stück. Genau wie heute Morgen auch. Schon komisch. Und gruselig…   »Also schön, Leute. Jeder hatte jetzt was zu trinken. Fangen wir an.«, meint Hizumi plötzlich, stellt sein Glas auf den Tisch und steht auf.   »Womit sollen wir anfangen?«, fragt Karyu nebenbei.   »Wir helfen Miura die Wohnung aufzuräumen. Also los! Bewegt euch!«   »Das muss doch nicht sein…«, murmle ich.   »Da hörst du's. Es muss nicht sein.«, grinst Karyu.   »Und wie das sein muss!«, protestiert Hizumi, »Zero, du nimmst das Wohnzimmer. Tsukasa das Schlafzimmer. Karyu… Du nimmst das Badezimmer. Und ich nehme die Küche.«   »Okay. Wie du meinst. Gerne.«, grinsen Tsukasa und Zero.   »Wieso muss ich das Bad nehmen?«, fragt Karyu.   »Weil's eben so ist, fertig!«   »Ach so, okay… Bin darüber aber nicht erfreut. Nur dass du's weißt.«   »Du kriegst auch Kekse.«   Noch ehe Hizumi fertig geredet hat, ist Karyu auch schon ins Badezimmer verschwunden. Was zum Teufel macht er für Kekse!? Naja, irgendwie kann ich mir schlecht darüber den Kopf zerbrechen, denn die vier stellen gerade meine Wohnung auf den Kopf. Und dieser mehr oder weniger vorhandene Enthusiasmus. Gut, Zero mampft nebenbei meine Süßigkeiten alle, Hizumi durchwühlt erst meine Küche, bevor er anfängt sie zu putzen. Karyu hantiert in meinem Badezimmer, zumindest hört es sich danach an. Und was Tsukasa in meinem Zimmer macht… Will ich gar nicht wissen. Ich schaue also schweigend zu, wie Hizumi meine Küche halbwegs auseinander nimmt.   »Sag mal, Hizumi…«, sage ich dann, »Was ist an deinen Keksen denn so toll?«   »Haha, weiß ich auch nicht wirklich. Die drei stehen aber voll drauf.«, meint er grinsend.   Ist schon lustig auf eine Art und Weise.   »Soll ich dir mal welche vorbeibringen?«, fragt Hizumi und betrachtet das Brotmesser in seiner Hand.   »Klar, wieso nicht.«, antworte ich und nicke.   Am Abend, spät am Abend, sitzen Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu völlig fertig im Wohnzimmer und pennen tief und fest. Meine Wenigkeit kann und will nicht schlafen. Daher schaue ich mich in der Wohnung um. Schließlich will ich ja auch wissen, was die vier gemacht haben. Was Hizumi mit meiner Küche gemacht hat, weiß ich ja. War ja immerhin dabei. Besteck poliert, Schubladen sortiert, Arbeitsplatte geputzt, und so weiter. War echt interessant, wie er das gemacht hat. Vor allem, wie kompliziert. Aber für gewöhnlich soll man den Meister nicht kritisieren. Tja, ich verschwinde dann also ins Badezimmer, schaue mich da auch noch um. Richtig sauber, für das, dass Karyu gar keine Lust darauf hatte. Nach dem Badezimmer laufe ich wieder durch's Wohnzimmer, weiter in mein Schlafzimmer. Irgendwie ahne ich Schlimmes. Ich schaue mich um, irgendwie hat sich nichts verändert. Äußerlich zumindest nicht. Erst, als ich die Schublade meines Kleiderschranks öffne, haut's mich fast aus dem Fenster. WIESO IN GOTTES NAMEN SORTIERT TSUKASA MEINE UNTERWÄSCHE!?   Noch immer recht schockiert, setze ich mich, ganz vorsichtig, auf mein Bett und lege mich hin. Ich starre die Decke an, blicke hin und wieder zu meiner Uhr an der Wand. Obwohl ich langsam müde werde, will ich nicht schlafen. Diese Ringe, die ich im Wasser sehe, bringen mich erneut zum nachdenken. Aber so richtig.   Trotzdem schlafe ich ein. Einfach so. und träume wieder. Aber dieses Mal ist es völlig anders als sonst. Keine grüne Wiese, kein klarer, blauer Himmel. Stattdessen sehe ich Karos am "Himmel", Streifen am "Boden". Richtig abstrakt.   »Wo zum Teufel bin ich?«, frage ich und schaue mich dabei weiterhin um.   »Miura!«, ertönt es plötzlich hinter mir, »Was soll das!? Du weißt genau, dass ich nicht will, dass du so redest!«   Ich drehe mich schweigend um. Was, oder besser wen ich da sehe, will und kann ich nicht glauben.   »Oma?«, frage ich leise nach.   »Ja, natürlich. Wer denn sonst? Deine Mutter, oder was?«   Es ist wirklich meine Großmutter. Creepy…   »Hätte mich gewundert wenn…«, murmle ich und betrachte meine Großmutter, »Was machst du hier?«   »Wohl nicht das Selbe wie du, oder?«, lacht sie.   »Komm schon. Rück's raus.«   »Ich bin nur hier, um dir einen kleinen Tipp zu geben.«   »Und der sieht wie aus?«   Sie lächelt mich nur an, löst sich dabei langsam auf. Wieder verlässt sie mich, ohne mir etwas zu sagen. Gut… Sie kann nichts dafür, dass sie gestorben ist. Trotzdem. Außerdem weiß sie ganz genau, dass ich Rätsel hasse.   »Das glaub ich jetzt nicht!«, rufe ich, »Oma!! Komm zurück!«   Ich bekomme keine Antwort. Aber was anderes. Kalte Ohren. Es zieht ein eiskalter Wind an mir vorbei. Ich drehe mich um und ganz plötzlich spüre ich ein Stechen im Bauch. Eigentlich ganz harmlos. Tut nicht weh, oder sonst was. Piekst nur ein wenig. Auf einmal erscheint so ein komischer, schwarzer Schatten, welcher sich langsam zu einem Typen zusammensetzt. Zu einem Typen mit braunen, schulterlangen Haaren.   »Buh.«, sagt er grinsend und hält ein Messer, welches in meinem Bauch steckt, in der Hand.   Aaaaaaah!   Ich weiß nicht wer schreit, wen ich schreien höre. Wahrscheinlich mein eigenes Echo. Das sind ganz plötzlich so höllische Schmerzen in meinem Bauch. Das, was vorher nur ein kleines Pieksen war.   So vor Schmerzen schreiend, wie ich es träume, wache ich auf. Nur nicht alleine. Als ich wach und schreiend im Bett sitze, schreien Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu auch. Erschrocken und nach Luft ringend sehe ich die vier an.   »Miura, was ist los?«, fragt Zero und fasst sich an die Brust, »Wegen dir bekomm' ich hier noch einen Herzinfarkt…«   »Tut mir leid… Ich… Ich hab geträumt…«   Die vier schauen mich schweigend und fragend an. Ich seufze ein wenig. Völlig verrückt, aber ich erzähle den vieren alles. Was ich sehen kann und was ich träume. Es wundert mich gewaltig, dass sie nicht lachen. Komisch, irgendwie. Ich glaube, es vergehen Stunden, bis ich mit Erzählen fertig bin.   »Alter… Du bist ein Vollfreak.«, meint Karyu dann.   »Halt' die Klappe, Karyu!«, sagt Hizumi und schlägt ihm auf den Hinterkopf.   »Lass' ihn doch. Ich hör' das jeden Tag, da macht Karyu auch nichts mehr.«, meine ich und lache etwas schief.   »Trotzdem. Das ist nicht nett. Entschuldige dich bei ihm, Karyu!«   »'tschuldigung, Miura.«   »Schon gut.«, lache ich.   »Coole Uhr.«, sagt Tsukasa auf einmal.   Ich wende meinen Blick zu meiner Uhr an der Wand.   »Findest du?«, frage ich nach.   »Schon. Wieso hängt sie so weit oben?«   »Damit ich sie sehen kann, wenn ich im Bett liege und mich nicht bewegen kann.«   »Okay…«   Ich nicke nur noch und lege meine Hand auf meinen Bauch. Schon komisch. Irgendwie verspüre ich eine Art Pieksen, oder sowas. Ich hebe mein Hemd etwas hoch und, verdammt. An derselben Stelle, an der das Messer in meinem Bauch steckte, habe ich nun einen blauen Fleck. Keinen Runden, eher einen länglichen, so… Fünf Zentimeter vielleicht.   »Wow… Was hast du denn da gemacht?«, fragt Zero und piekt mir auf den Fleck.   »Au!«   »Sorry.«   »Das tat richtig weh…«, murmel ich und lasse mein Hemd wieder runter, »Ich hab keine Ahnung, wo das Ding herkommt.«   »Interessant.«, meint Tsukasa.   Die anderen drei nicken nur schweigend.   »Wollt ihr was Frühstücken?«, frage ich.   »Nee. Eigentlich nicht.«, sagen sie und grinsen.   »Ah… Okay.«   »Willst du etwas essen?«, fragt Zero.   »Nein. Ich esse morgens nichts. Da muss ich von Kotzen.«   »Haha, in Ordnung.«   Wieder nicke ich, seufze ein wenig. Irgendwie fällt mir gerade auf, dass Len gar nicht mehr vorbeigekommen ist. Ich glaube, dass ich bald an Alzheimer leide…   »Ähm… Nochmal danke für alles…«, lächle ich.   »Schon gut. Musst dich nicht bedanken.«, meinen die vier und grinsen breit.   Nach einem tollen Mittagessen von Hizumi, verschwinden die vier wieder. Besser gesagt, musste ich eine Stunde mit ihnen diskutieren, dass ich alleine zurechtkomme. Hat gedauert, aber ich hab's geschafft.   Als ich mir ein Glas Wasser einschenke, was recht schwierig ist, und über den Traum mit meiner Großmutter nachdenke, sehe ich wieder diese Ringe. Ich zähle sie nach. Sechs Stück. Gestern waren es noch sieben. Komisch. Erst die Ringe, die ich schon früher einmal gesehen habe, dann träume ich von meiner verstorben Großmutter… Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht. Ich gebe es auf, mir darüber den Kopf zu zerbrechen und versuche, wie die Geister die ich sehe, diese Ringe zu ignorieren. Klappt ganz gut. Denke ich zumindest…   Sechs Tage sind jetzt schon vergangen. Jeden Tag sind Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu bei mir und helfen mir, wo es sein muss und auch da, wo es nicht sein muss… Kein Kommentar zu letzterem. Außerdem hat sich Len zigmal dafür entschuldigt, dass er an dem einen Abend nicht mehr vorbeigekommen war. War schwierig, den wieder zu beruhigen… Und noch etwas Interessantes ist passiert. Jeden Tag, wurde es ein Ring weniger, den ich im Wasser sehen konnte. Heute ist gar keiner mehr da. Überhaupt keiner. Irgendwie gruselig. Aber ganz plötzlich erinnere ich mich wieder. Das letzte Mal, als ich diese Ringe gesehen hatte, starb meine Großmutter. Demnach denke ich, dass jemand anderes stirbt. Jemand, der mir nahe liegt… Aber ich kenne niemanden, außer Len, Michiyo und wohl oder übel die D'espas.   Am nächsten Morgen, als ich mit den Jungs in der Küche sitze und die Zeitung durchforste, besser sie von Hizumi vorlesen lasse, habe ich schon so ein mulmiges Bauchgefühl.   »Hey, Miura.«, sagt Hizumi plötzlich, wodurch ich ihn ansehe, »Kennst du einen Akihiro Fujiwara?«   »Äh… Ja, schon. Wieso fragst du?«   Er hält mir die Zeitung vor die Nase. Schon doof, was ich da lese…   Fujiwara Akihiro, geboren am 07.Juli 1964, gestorben am 12.Dezember 2009 "Deine Frau, deine beiden Söhne und deine Tochter werden dich ewig lieben und niemals vergessen."   »Bist du mit dem Fujiwara verwandt?«, fragt Hizumi nach.   Ich starre den Artikel weiterhin schweigend an. Name und Geburtsdatum stimmen ja. Frau und Tochter könnte auch noch hinhauen. Aber deine beiden Söhne… Ich habe zwei Brüder, demnach sind wir auch drei Söhne, oder nicht? Heute ist der 13. Dezember und, falls das wirklich mein Vater ist, der da gestern verstorben ist, wieso ruft dann niemand an? Grausige Frage. Ich will nicht darüber nachdenken, schüttle daher den Kopf und schniefe leicht.   »Nein. Nein, ich glaube nicht.«, antworte ich dann.   »Ach so. Hätte ja sein können.«   Ich nicke, schaue kurz aus dem Fenster.   »Sorry Leute, dass ich euch für heute rausschmeiße.«, sage ich dann und schaue wieder zu den Jungs.   »Wieso schmeißt du uns jetzt schon raus?«, fragt Zero.   »Eh… Mir geht's nicht gut. Bin müde und so…«   »Also gut. Dann kommen wir morgen wieder.«, murmelt Tsukasa.   »In Ordnung.«   Ich begleite die vier zur Haustür, sehe zu, wie Karyu, als Letzter, die Tür zumacht und bleibe noch einen Moment vor der geschlossenen Tür stehen. Keine Ahnung wieso, aber ich laufe ins Wohnzimmer und schnappe mir das Telefon, so gut es geht zumindest. Ohne wirklich darüber nachzudenken, wähle ich die Nummer meiner Eltern an.   »Ja, hallo?«, meldet sich wer, leicht schniefend; eindeutig meine Mutter.   »Wieso hast du nicht angerufen und gesagt, dass Dad gestorben ist?«, frage ich.   »…Wer ist da?«, entgegnet sie.   »Das weißt du ganz genau! Sag mir, wieso du nicht angerufen hast!«   »Würden Sie mir freundlicherweise Ihren Namen nennen?«   Klar weiß sie, wer ich bin. Aber trotzdem. Spiel ich ihr Ich-Habe-Nur-Zwei-Söhne-Spiel eben mit…   »Miura… Miura Fujiwara… Dein verrückter Sohn.«   »Oh… Du…«   »Ja, ich.   »Woher weißt du davon?«   »Ich besitze auch eine Tageszeitung. Sag mir jetzt, wieso du nicht angerufen hast. Aki und Yu wissen es doch bestimmt auch schon…«   »Ich hatte deine Nummer nicht.«   »Und wie du sie hast… Sag's mir doch einfach. Sag mir, dass du mich hasst.«   Sie schweigt. Eigentlich rechne ich damit, dass sie einfach auflegt. Hat sie ja sonst auch schon getan.   »Die Beerdigung ist morgen.«, sagt sie noch bevor sie wirklich auflegt.   Obwohl sie mir nicht gesagt hat, wo sie Beerdigung stattfindet, weiß ich es. Denke ich zumindest. Wird wohl dort sein, wo auch meine Großmutter beerdigt wurde, oder eher verbrannt. Anscheinend sieht mich meine Mutter wohl wirklich nicht mehr als einen ihrer Söhne an. Ziemlich… Krank. Ich hocke mich schmollend aufs Sofa und starre auf den Fernseher. Okay, er ist aus. Wenn er aber an wäre, würde das an der Situation auch nichts mehr ändern. Ich schließe die Augen und döse etwas vor mich hin. So lange, bis es plötzlich an der Tür klingelt. Seufzend öffne ich wieder die Augen und gehe an die Tür. Michiyo steht davor. Ihre pinken Haare schimmern durch's Haustürfensterchen. Ich wische mir über die Wangen, als mir eine Träne herabläuft.   »Die Tür ist auf…«, murmel ich.   Michiyo kommt zur Tür herein und sieht mich schweigend an.   »Miura… Was ist los?«   »Es… Ach, verdammt!«   Wer hätte gedacht, dass ich wegen jemandem weine, der mich unbedingt loshaben wollte? Ich laufe, ohne ein weiteres Wort zu sagen, in die Küche und stütze mich dort über dem Spülbecken ab. So gut es geht zumindest. Ich kotze mich da regelrecht aus. Wundert mich, dass ich noch kein Blut oder sonst was spucke. Als ich dann Michiyos Hand auf meinem Rücken spüre, beruhige ich mich etwas. Aber eben nur etwas.   »Miura… Sag schon. Was ist passiert? Das letzte Mal, als du so gekotzt hast, war, als deine Oma gestorben ist…«   Ich ringe etwas nach Luft, keuche ein wenig und rutsche das Becken entlang nach unten auf den Boden. Es ist recht schockierend, dass Michiyo das noch weiß. Ich weiß es zumindest nicht mehr.   »Deine Mutter?«, fragt sie leise.   Ich schüttle den Kopf.   »Mein… Vater.«   Alleine als ich dieses Wort sage, könnte ich noch eine Runde kotzen. Zumindest würgt es mich schon. Vorsichtig streicht mir Michiyo durch die Haare.   »Los, Miura. Steh' auf. Ich mach' dir einen Tee.«, meint sie und hilft mir hoch.   Ich sträube mich irgendwie ein wenig, aber nur ein wenig. Schweigend setze ich mich, als ich wieder stehe, an den Küchentisch, stütze meinen Kopf auf dem Gips des linken Armes ab. Hin und wieder schaue ich zu, wie Michiyo in der Küche hantiert.   »Hast du hier so aufgeräumt?«, fragt sie und sieht mich an.   »Nein. Hizumi hat die Küche aufgeräumt. Tsukasa mein Zimmer, Zero das Wohnzimmer und Karyu das Badezimmer.«   »D'espa haben dir geholfen?«   »Ja. Sie kommen jeden Tag vorbei.«   »Sie… Jeden Tag!?«   »Hörst du schlecht?«   »Wo sind sie jetzt?«   »Wieder weg… Hab sie für heute rausgeschmissen.«   Schon toll, wie sie auf einmal alles andere vergisst, wenn man Hizumi, Tsukasa, Zero, Karyu oder einfach nur D'espa erwähnt. Ich lache deshalb ein wenig. Leicht in Gedanken versunken, stellt sie mir die Tasse Tee vor die Nase und hockt sich neben mich.   »Wer hat dich angerufen?«, will sie dann wissen.   Ich bedanke mich für die Tasse, nippe ein wenig daran und schiele zu ihr.   »Niemand.«, flüstere ich, »Hizumi hat's gesagt.«   »Hizumi kennt deinen Vater!?«   Ich schüttle den Kopf, deute auf die Zeitung. Sie sieht diese an, blättert ein wenig herum.   »Zwei Söhne? Seid ihr nicht drei Jungs?«   Manchmal glaube ich, dass Michiyo hyperintelligent ist, oder sowas. Ich meine… Sie hat das Ding so schnell gelesen, als müsste sie es nur ansehen. So… Keine Ahnung… Schwer zu beschreiben. Sie ist manchmal richtig gruselig. Creepy eben.   »Eigentlich schon… Aber meine Mutter kennt mich ja nicht mehr. Was soll's. Aki, Yuu und Asuka haben mich sicher auch schon vergessen. Ich bin doch "verrückt".«   »Deine Mutter ist verrückt. Nicht du.«   »Ach ja? Seit wann bin ich nicht mehr verrückt?«   »Seit… Ach, egal!«   Tja… Und manchmal verstehe ich dieses Mädchen einfach nicht. Die Unlogik in Person. Aber eben nur manchmal.   »Rufst du Len für mich an? Ich brauch' jemanden, der mich morgen zur Beerdigung fährt.«, frage ich dann.   »Äh… Klar. Mache ich.«   Sie greift nach dem Telefon und ruft Len an. Ziemlich krasse Gespräche führen die beiden immer. Ich meine… Wenn die beiden sich unterhalten gibt es kein einziges Mal einen netten Satz. Höflichkeit ist bei denen völlig fehl am Platz. Manchmal echt zum schießen die zwei.   »Also schön. Len holt dich morgen um halb sieben ab.«, lächelt Michiyo.   »Okay… Danke…«   Ich lächle schief. Diese Gefühlswandlungen sind auch ziemlich gruselig.   Bis zum Abend habe ich Michiyo am Hals. Nicht, dass ich sie nicht mehr leiden kann, oder so, aber ich bin ziemlich fertig heute. Alleine schon, weil ich meinen ganzen Mageninhalt dreimal ausgekotzt habe. Als sie dann nach Hause geht, hocke ich mich wieder auf's Sofa und schaue fern. Irgendwann schlafe ich auf dem Sofa ein.   Am nächsten Morgen, halb sechs um genau zu sein, wache ich auf und starre zur Decke. In einer Stunde wird Len auftauchen. Leicht seufzend schaue ich zum Fernseher, welcher die ganze Nacht gelaufen ist. Ich schalte ihn aus und erhebe mich langsam. Wieder habe ich geträumt. War zum Glück ganz harmlos. Okay… Irgendwer wurde schon wieder gekillt, aber solange ich es nicht aus nächster Nähe sehe und nicht selbst das Opfer bin, ist es mir relativ egal. Ich sitze in der Küche und trinke ein Glas Wasser. Eigentlich sollte ich was essen, schließlich habe ich gestern alles ausgekotzt. Aber mir ist immer noch schlecht, daher lasse ich es sein und trinke stattdessen nur etwas.   Um Punkt halb sieben klingelt es an der Haustür. Ich stehe auf, gehe hin und öffne sie. Len steht davor. Wer auch sonst?   »Morgen…«, murmel ich und schaue ihn an.   »Hey.« Ehe ich ihn zur Tür rein lassen kann, tätschelt er mir auf den Kopf und wuschelt etwas durch meine Haare, so... Großer-Bruder-Like eben. Ich lächle daraufhin ein wenig.   »Wie geht's dir?«, fragt er dann.   »Eigentlich ganz gut… Denke ich…«   »Denkst du… Aha.«   »Ja…«   »Ähm… Bist du soweit?«   Ich nicke, schnappe mir meine Jacke und meine Schlüssel und gehe mit Len zu seinem Auto. Schweigend setze ich mich in den Wagen und schnalle mich an. Ich hoffe nur, dass die D'espa-Jungs nicht vor meiner Haustür sitzen und auf mich warten. Wäre irgendwie… Weiß nicht… Komisch? Als Len dann losfährt und auf die Nationalstraße abbiegt, schaue ich leicht gedankenverloren aus dem Fenster.   »Soll ich mit, oder willst du alleine hingehen?«, fragt er auf einmal.   »Ich glaube, ich gehe allein. Trotzdem danke.«   »Schon gut.«   Er hält vor einer Treppe an. Mein Blick wandert kurz dieses aus Stein geschlagene Etwas entlang nach oben. Richtig lang das Ding. Wenn ich schätzen müsste, würde ich tausend Treppenstufen oder so behaupten. Da ich aber schlecht im Schätzen bin und weiß, dass es siebenhundert sind, schweige ich.   »Danke, Len.«   »Schon gut. Ruf' an, wenn ich dich wieder abholen soll.«   Ich nicke, lächle ein wenig. Nachdem Len wieder weggefahren ist, mache ich mich auf den Weg diese siebenhundert Stufen zu besteigen. Nennt man das so? Ach was soll's.   Nach zwei Stunden, mit Pausen und ausatmen und so, habe ich es geschafft und stehe vor dem Tempel. Ich seufze erleichtert. Ein Glück, dass die Beerdigung erst in einer viertel Stunde losgeht. Zumindest steht das auf so einem kleinen Schildchen. Ich schaue mich ein wenig um. Irgendwie fühle ich mich beobachtet, aber ich sehe nichts und niemanden. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinab. Nach einer Weile, so kommt es mir vor, kommen die ersten Leute. Ich kenne sie nicht. Wahrscheinlich Arbeitskollegen meines Vaters. Ich stehe etwas abseits der anderen Leute. Weit von den anderen weg. Trotzdem nah genug, um sie noch zu verstehen. Zumindest verstehe ich meine beiden Brüder, meine Schwester und meine Mutter. Gut… Sie schluchzen mehr oder weniger, aber trotzdem. Nach der langen Rede von dem Typ, blicke ich wieder zu dem Teil, der sich mal Familie nannte. Schluchzend, deprimiert, was weiß ich… Im Prinzip ist es mir so egal, wie ich ihnen egal bin. Doch dann, ganz plötzlich, sehe ich, wie mein Vater vor den vieren erscheint. Er versucht sie zu berühren, redet mit ihnen. Zumindest will er das. Aber sie hören und sehen ihn nicht. Weder meine Mutter, noch Aki, Shou oder Chanisa. Niemand von ihnen. Niemand, außer ich. Ich beobachte meinen Vater und seine hoffnungslosen Versuche, mit seiner Familie zu reden. Meine Wenigkeit gehört ja seit sieben Jahren nicht mehr dazu, das habe ich schon bemerkt. Seufzend drehe ich mich um.   »Miura! Miura! Nein, Miura, bitte! Warte!«, ertönt es ganz plötzlich hinter mir.   Ich drehe mich um, ganz langsam, als würde ich meinen Vater nicht sehen können. Leicht blinzelnd schaue ich an ihm vorbei, zum Rest der Familie.   »Miura… Wenn du mich sehen könntest… Mich hören könntest… Was ich dir noch sagen wollte, bevor ich sterbe…«   Ich hebe meinen blick und schaue ihn an. Wie er den Tränen nahe ist, tut mir ja beinahe schon weh.   »Dann sag's mir… Ich sehe dich doch…«   Er sieht mich schweigend und ungläubig zugleich an, legt seine Hand auf meinen Kopf und streicht mir ein wenig durch's Haar.   »D-du… Siehst mich?«, fragt er vorsichtig.   »Glaubst du mir jetzt, dass ich Geister sehen kann? Jetzt, wo du tot bist? Musst du denn erst sterben, um deinem Sohn zu glauben? Oh… Verzeih'. Ich bin ja nicht mehr euer Sohn…«   Wieder schweigt er einen Moment. Womöglich habe ich ihn nun völlig geschockt, interessiert mich aber nicht sonderlich… Ebenso schweigend, wie er, schiebe seine Hand von meinem Kopf.   »Ich gehe dann wieder. Anscheinend willst du auch nicht mehr-«   Ich unterbreche meinen Satz, als ich auf dem Dach des Tempels ein wunderschönes Mädchen sitzen sehe. Gut… Ob sie wirklich so wunderschön ist, weiß ich nicht. Aber ein anderes Wort fällt mir leider nicht dazu ein. Recht feminin vielleicht? Nein, das ist bescheuert. Wie kann sie femininer sein, wenn sie schon weiblich ist? Sie sieht eher so aus… Wie ein Engel, solche Flügel hat sie auch, wenn ich genauer hinschaue.   »Miura? Junge, was ist los?«, fragt mein Vater und unterbricht meine Gedanken dadurch.   »Äh… N-nichts. Es ist nichts.«, entgegne ich ihm.   Mein Vater umarmt mich kurz, schluchzt dabei lautstark.   »Miura… Es tut mir leid, dass ich dir nicht glauben wollte. Vergib' mir…«, murmelt er mir ins Ohr.   »Schon gut… Daran kann man nichts mehr ändern. Würde ja auch nichts mehr bringen.«, nuschle ich, drücke ihn von mir weg und gehe los.   »Miura…«   »Nein! Lass… Lass mich einfach in Ruhe… So wie die letzten sieben Jahre auch.«   »Warte doch!«   Ich laufe weiter, einfach so. wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gar nicht zur Beerdigung gekommen. Dieses Gejammer hält ja keiner aus. Doch auf einmal hält er mich fest. Schweigend schaue ich ihn an.   »Au…«, gebe ich leise von mir.   »Tut… Tut mir leid…«, murmelt er, »Was ist mit deinen Armen passiert?«   »Nichts besonderes…«   »Sag' schon.«   »Das Krankenhaus hatte bei euch angerufen… Also frag' deine Frau!«   »…Miura… Hasst du uns etwa? Wieso?«   »Du fragst echt noch wieso!? Ihr wolltet doch alle nichts mehr von mi wissen! Abgeschoben habt ihr mich! Einfach in eine Psychiatrie gesteckt! Ihr… Ihr dachtet doch alle, ich sei verrückt! Und jetzt? Nach sieben Jahren, einfach so. Jetzt wo du tot bist und ich mit dir reden kann, siehst du endlich ein, einen Fehler gemacht zu haben? Wollt ihr mich eigentlich alle verarschen!? Als ob man sieben Jahre einfach so, in einem Bruchteil einer Sekunde vergessen könnte!«   Ob das wohl zu hart für ihn gewesen ist? Wohl kaum. Es ist schließlich die Wahrheit, aber wer verträgt die schon? Trotzdem sieht er mich schon wieder so schweigend an, irgendwie nervig.   »Was ist!?«, frage ich nach, so aufgebracht wie ich bin.   »G-gar nichts… Du… Hast ja Recht, Miura… Verzeih' mir trotzdem, bitte… Ich wollte nie, dass du in die Psychiatrie kommst, oder alleine wohnen musst.«   »Und trotzdem hast du mich für verrückt gehalten…«   »Ja… Das… Das tut mir auch wirklich leid. Ich hätte dir von Anfang an glauben sollen…«   »Sehe ich auch so.«   Ich seufze ein wenig, gehe dann in Richtung der Siebenhundert-Stufen-Treppe. Im Hintergrund höre ich, wie mir mein Vater nachruft, dass ich doch stehen bleiben soll. Ja klar. Meinetwegen. Bin ich eben ein Sturkopf, wen interessiert's? ich tabse also wieder langsam die Treppenstufen hinab, schaue mich ein wenig um. Ich meine, die Gegend die man so sehen kann, wenn man die Treppen runter läuft, ist wirklich atemberaubend. Kurz strecke ich mich ein wenig, neige den Kopf von einer Seite zur anderen, als ich ganz plötzlich eine leicht melodisch klingende Stimme höre.   »Findest du nicht, dass du ein wenig zu hart zu deinem Vater warst?«, fragt sie nach.   Ich blicke nicht auf. Irgendwie kann ich mir denken, dass die Stimme zu irgendeinem dieser Wesen gehört.   »Kann dir doch egal sein.«, antworte ich dann einfach.   »Schon irgendwie. Ich will's aber trotzdem wissen.«   »Wozu?«   »Weil eben.«   Ich bleibe stehen, ungefähr die Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte habe ich geschafft. Also rein gar nichts. Schweigend drehe ich mich um und erblicke den Engel, der auf dem Tempeldach gesessen hat.   »Weil eben… Tolle Begründung. Ich wollte noch nicht einmal zur Beerdigung. Ich hab' genau gewusst, dass sowas passieren würde. Dass der Typ endlich kapieren würde, dass ich euch sehen kann…«   »So ist das also. Du schmollst.«, kichert sie dann.   Ich schweige, setze meinen Weg weiter fort. Sie verfolgt mich. Definitiv. Ich merke das…   »Wie heißt du?«, frage ich dann, ohne dabei hinter mich zu schauen.   »Lovelie. Lovelie My Suzuki.«, antwortet sie, »Und du?«   »Miura Fujiwara.«   »Süßer Name.«   Nun schaue ich sie doch an, hebe dabei eine Augenbraue. Irgendwie ist sie Michiyo ähnlich. Vor allem, da Michiyo das Selbe von meinem Namen hielt. Komisch… Nein, verrückt. Naja, egal. Lovelie tapst neben mir her, sieht mir zu, wie ich mich abracker.   »Du bist doch der, der Hizumi gerettet hat, oder?«, fragt sie dann.   »Ja, bin ich…«   »Tat die Lichtorgel denn sehr weh?«   »Keine Ahnung. Weiß ich nicht mehr.«   »Auch cool… Darf ich mit dir mit?«   Noch einmal schaue ich sie an und schweige kurz.   »Wohin mit?«, frage ich nach, blinzle ein wenig.   »Mit zu dir nach Hause.«   »Ach so… Äh… Keine Ahnung. Wenn du willst.«   »Toll!«   Lovelie quietscht förmlich und klebt an meinem Hals. Ich lache nur schief. Fraglich, wieso ich zugestimmt habe. Sowas können schöne Augen einem antun. Nein, ich korrigiere mich: Sowas können schöne Augen Miura antun.   Als ich meinen Weg fortsetze, zücke ich mein Handy und rufe Len an. Ich sage ihm, dass ich noch ungefähr eine Stunde brauche, um die Treppen runterzukommen. Er lacht dabei auch noch, kann man sich das vorstellen? Ist doch gemein! Jedenfalls holt er mich in einer oder eineinhalb Stunden ab. Also habe ich noch Zeit, die Treppen runter zu laufen… Steigen… Was weiß ich. Ist mir auch egal. Leicht seufzend schaue ich in den Himmel.   »Siehst du da was interessantes?«, fragt mich Lovelie auf einmal.   Ich senke meinen Blick wieder und schaue zu ihr.   »Eigentlich nicht. Nein.«   »Aha.«   Wieder kichert sie. Irgendwie süß. So süß, dass ich schmunzeln muss. Komisch eigentlich. Normalerweise würde ich mich ja lieber irgendwo verstecken. Schließlich gehört Lovelie ja auch zu diesen Wesen, oder nicht?   Nach nicht ganz einer Stunde, komme ich unten an. Viel geredet habe ich mit Lovelie aber nicht. Wozu auch. Ist eben die Ich-Ignoriere-Diese-Wesen-Angewohnheit. Kann ich wohl nichts daran ändern.   »Hey, hey, Miura!«, quietscht sie dann plötzlich.   »Ja?«, entgegne ich ihr und setze mich auf die letzte Stufe.   »Welche Bands hörst du denn so?«   »Ähm… Eigentlich… Höre ich keine Musik.«   »Echt nicht!?«   Ich schüttle nur den Kopf. In meiner ganzen Wohnung ist nicht eine CD zu finden. Nur mein CD-Spieler, oder Radio… Keine Ahnung wie die Scheiße heißt. Den brauche ich aber nur zum Radiohören. Nachrichten und so…   »Was hörst du denn gern?«, frage ich anschließend nach.   »Miyavi…«, sagt sie und bekommt auf einmal so glänzende Augen.   »Echt?«   »Ja. Der Typ ist einfach toll!«   »…Und… Wer genau ist das?«   Gut, ja. Ich schäme mich, dass ich Miyavi nicht kenne. Aber… Gut, dazu fällt mir nun nicht einmal eine Ausrede ein. Verdammt! Wieso frage ich denn dann noch nach!? Bin ich bescheuert oder so!?   Wie nicht anders zu erwarten, sieht sie mich eine ganze Weile schweigend an. Creepy…   »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragt sie dann.   »Eh…«   »Uff… Wie soll ich das erklären? Ist… Eben Miyavi! Den kennt man und fertig!«   Ich nicke nur. Wahrscheinlich hat sie Recht. Ich denke einfach mal, dass sie Recht hat. Michiyo kennt den bestimmt auch und Len… Ja, der auch. Also… Habe ich wohl eine sehr gr0ße Bildungslücke in meinem Hirn entdeckt. Wie doof…   »Egal jetzt… Miyavi ist toll und den mochte ich schon, als ich noch gelebt habe.«, kichert sie dann.   Noch so etwas erschreckendes… Unheimlich schnelle Stimmungswechsel… Creepy…   »Und… Äh… Darf ich dich fragen, seit wann du tot bist?«   »Oh… Ich glaube… Seit vier oder fünf Jahren… Vielleicht auch ein wenig länger.   »Aha…«   »Ja.«   Wieder kichert sie. Komisch, dass sie über sowas lachen kann, könnte ich mir zumindest nicht vorstellen. Ich kann mir ja noch nicht mal vorstellen, wie ich nach meinem Tod weiterlebe! Trotzdem lächle ich ein wenig, was mich regelrecht schockiert, und schaue zur Straße. Als ich dann sehe, wie Len auf den Parkplatz abbiegt, versuche ich aufzustehen. Geht nur irgendwie nicht.   »Verdammt…«, murmle ich deswegen.   »Warte, ich helfe dir.«, meint Lovelie und hilft mir auch schon auf.   »Danke.«   »Schon gut.«   Ich lächle wieder ein wenig, gehe mit ihr zu Lens Wagen.   »Hey, Len.«   »Hey, ihr zwei.«, sagt er breit grinsend.   Ich schaue zu Lovelie und blinzle ein wenig.   »Hallo.«, lächelt sie ihm entgegen.   »Äh… Das… Das ist Lovelie. Ja, genau. Lovelie.«, murmle ich.   »Nice… Will sie denn auch mit?«   Ich nicke ein wenig, halte Lovelie die Tür auf und warte, bis sie eingestiegen ist. Meine Wenigkeit macht es sich anschließend auf dem Beifahrersitz gemütlich, so gut es geht zumindest.   »Halt die Klappe, Len.«, sage ich, bevor er was sagen kann, »Sie ist nicht meine Freundin.«   »Nicht? Ich hätte da aber eine Menge Geld gewettet.«   »Sie ist… Äh...«   »Ich bin Miuras Cousine.«, unterbricht mich Lovelie dann.   »Ehm… Ja, genau… Meine Cousine…«   »Aha! Gut zu wissen.«, grinst Len.   Ich nicke, lächle schief. Irgendwie verwirrend. Wieso kann Len Lovelie sehen? Und Long und die anderen Geister sieht er nicht? Da könnte ich mir regelrecht den Kopf zerbrechen. Ich seufze leise.   »Ura-Chan?«, murmelt Len auf einmal.   »Ja?«, entgegne ich ebenso murmelnd.   »Hat deine verrückte Mutter mit dir geredet?«   »Nein. Sie hat mich nicht mal gesehen.«   »Na, das ist ja auch toll.«   Ich nicke zustimmend und schaue, wie sonst auch beim Autofahren, zum Fenster hinaus. Ist irgendwie lustig, die vorbeifahrenden Autos samt Insassen zu beobachten. Viele kommen ja nicht vorbei, denn Len hat richtig Spaß am Fahren. So richtig Spaß am Fahren, meine ich. Den interessiert eine Geschwindigkeitsbegrenzung überhaupt nicht. Egal. Ich muss ja nicht zahlen, oder?   »So, wir sind da.«, sagt er und hält vor meiner Wohnung an.   »Danke, Len.«, sagen Lovelie und ich, steigen beide aus.   »Bis morgen dann. Ich denke, Lovelie macht die Tür auf, oder?«   Ich nicke ein wenig, winke ihm nach und schaue zu, wie er wegfährt. Anschließend schaue ich Lovelie an.   »Also dann… Willkommen in meinem kleinen Reich.«, murmel ich und reiche ihr die Hausschlüssel.   Sie öffnet die Tür, sieht sich im Flur um und blinzelt. Während sie sich umsieht, mache ich die Tür mit meinem rechten Fuß zu und quäle mich aus meiner Jacke.   »Sieht ja nett aus.«, meint sie dann.   »Danke.«, grinse ich und nehme den Schlüssel entgegen, »Trinkt ihr Geister auch etwas?«   »Wie normale Menschen meinst du? Schon, ja. Aber wir brauchen es nicht so dringend, wie ihr.«   »Ach so… Gut zu wissen.«   Ich zeige ihr die ganze Wohnung und als ich gerade damit fertig bin, klingelt das Telefon. Dummer Zufall? Ich gehe also ran und frage wer's ist.   »Ich bin's! Hizumi!«, entgegnet man mir.   »Und Sexy Tsukasa!«, ertönt es im Hintergrund.   »Wir sind auch da!«, was definitiv von Zero und Karyu kommt.   »Ah… Hi… Eh… Wart ihr schon mal bei mir vor der Haustür? Moment… Woher habt ihr meine Telefonnummer!?«   »Hehe, nein, waren wir noch nicht und die Nummer haben wir aus Len gequetscht!«, meint Hizumi.   »Vorhin bist du ja nicht ans Telefon gegangen.«, murmelt Tsukasa vom Hintergrund.   »Äh… Ja… Tut mir leid, dass ich nicht ans Telefon gegangen bin… Ich auf einer Beerdigung.«   »Oh… Okay…«   Ich höre im Hintergrund so ein seltsames Genuschel der vier. Aber irgendwie verstehe ich nichts…   »Dürfen wir wissen wer verstorben ist?«, fragt Zero dann.   »Nur mein Vater.«, antworte ich.   »Nur? Was soll das heißen? Ach egal… Bist du heute noch da? Wir kommen vorbei, ob's dir passt, oder nicht!«, sagt Tsukasa plötzlich.   »O-okay…«   Nach dieser Drohung lege ich auf und gehe in die Küche. Was ich da sehe, ist schon recht erschreckend. Lovelie kocht irgendwas. Riecht aber echt lecker. Ich stelle mich neben sie, schaue ihr über die Schulter.   »Was machst du da?«, frage ich.   »Kochen.«, antwortet sie melodisch.   »Im Ernst? Hätte ich jetzt nicht gedacht.«, grinse ich.   »Doch!«, lacht sie, »Ich hoffe, dass du Ramen magst.«   Ich nicke nur zustimmend. Eigentlich bin ich es ja nicht gewöhnt, dass jemand für mich kocht. Geschweige denn, dass ich hier nur zu zweit bin. Normalerweise wären ja die D'espas hier. Also jede Menge "Partytime". Mehr oder weniger halt.   »Lovelie?«, frage ich dann.   »Ja?«   »Wieso konnte Len dich sehen?«   »Gehört zu meinem Beruf.«   »Engel haben auch einen Beruf?«   »Japp.«   »Und was ist deiner für ein Beruf?«   »Äh… Leute beobachten… Einer Person den Job vermiesen… Tja, das wär's auch schon.«   »Longs Job, wenn man das so nennen kann, ist da wesentlich interessanter.«, murmle ich leise.   »Du kennst ihn?«   »Schon, ja…«   »Interessant…«   Erneut nicke ich zustimmend. Wird bestimmt was tolles werden, wenn sich Long und Lovelie schon kennen.   Als es an der Tür klingelt, wird mein Tag perfekt… D'espairsRay are back. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)