Abhang der Veränderung von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Mum?“ Denise betrat die Wohnung, warf die Tasche in die Ecke und lauschte. Eine Antwort bekam sie jedoch nicht. Ihre Mutter war wohl wieder länger auf Arbeit. Na ja, was soll’s. Statt der zunächst erhofften Antwort vernahm sie das Geräusch sich zügig nähernder Schritte. Kaum einen Augenblick später kam ihr stattdessen ihr bester Freund entgegen. Schwanzwedelnd und mit einer Euphorie, die nur er ihr entgegenbrachte. „Ja Hallo“, entfuhr es ihr und sie ließ sich von ihrem von Herzen geliebten schwarzen Labrador, Snake, zur Begrüßung anspringen. Schnell wanderten ihre Finger über sein weiches Fell. „Hast dich Mami schon wieder alleine gelassen?“ Ihn für einige Stunden alleine in der Wohnung zu lassen, war schon lange kein Problem mehr. Stubenrein und ruhig. Eben ein Musterknabe von einem Haustier. Nervös lies er sich auf dem Boden vor ihr nieder und blickte erwartungsvoll zu ihr auf. Denise überlegte nicht lange und fasste nach der Hundeleine, die am Schlüsselbrett neben der Tür hing. Sofort war Snake wieder auf den Beinen. „Na dann komm.“ Noch bevor sie das Treppenhaus betreten hatten, war die Leine angelegt. Obwohl der Vermieter es nicht gerne sah, durften sie Snake hier behalten. Sie hatten eben keine andere Wohnung gefunden – noch nicht, aber bei den augenblicklichen Einkünften, war mehr nicht drin. Unnötigen Reibereinen, weil er mal wieder in den oberen Etagen des Wohnblockes herumlief, ging sie dabei dennoch lieber aus dem Weg. Auf dem Fußweg angekommen, bogen sie sofort links ab – die altbekannte Strecke. In dieser Richtung lag der Park. Denise zog den Reisverschluss ihrer Jacke richtig zu und ließ die freie Hand in der Tasche verschwinden. Schon seit Wochen war es jeden Tag fast das gleiche. Sie kam heim und außer Snake war keiner da. Immer wieder schob ihre Mutter längere Schichen, manchmal sogar die doppelte Zeit. Das Geld war knapp geworden, seit ihr Vater nicht mehr hier lebte und für über die Hälfte der Einnahmen sorgte. Sie waren sogar in eine Kleinere Wohnung gezogen. Unglücklich blickte sie auf Snake herab. Immerhin hatte ihn ihre Mutter nicht ins Heim geben wollen. Wenn ihre Mutter dann schließlich nach Hause, war sie selbst meist schon im Bett, oder sie versuchte zu lernen. Wie gerne würde sie mal wieder mit ihr ein bisschen reden, aber bei ihrem Stress... Snakes Weg führte ihn wie jeden Tag gerade aus und seine Nase hing tief am Boden, doch Denise war an der nächsten Ampel stehen geblieben und zog den Labrador zum anhalten zurück. „Heute müssen wir noch wo anders hin, Schatz.“ Ihr Hund verdrehte die Ohren. Und Denise senkte betrübt den Blick, bis ihr das Klopfzeichen der Ampel zu verstehen gab, dass sie jetzt endlich gefahrlos über die Straße konnte. Wenn sie nur daran dachte, wohin sie ihr Weg jetzt führte, kam augenblicklich wieder rasende Wut in ihr hoch. Sie war auf dem Weg zum Krankenhaus. Und was sie dort wollte? Ihre Klassenkameradin und beste Freundin besuchen. Ihr Name ist Ellena und die Beiden kennen sich seit reichlich drei Jahren. Als Ellena hier her kam, war sie eine Außenseiterein gewesen, wie sie selbst. Doch schnell hatten sich die Beiden angefreundet und diese Freundschaft hatte auch jetzt noch bestand. Der Grund warum sie hier im Krankenhaus lag? Der war ganz schnell erklärt. Ellena kann ursprünglich aus Spanien. Und das allein war der Grund für einige aus ihrer Schule, sie nicht hier haben zu wollen. Sie waren zu dritt gewesen, als sie den beiden Mädchen aufgelauert haben. Ihnen hatten wohl auch Denises Klamotten nicht gefallen, denn auch vor ihr wollten sie nicht halt machen. Sie waren außerhalb der Sichtweite von der Schule und auch sonst war keiner in der Nähe, der hätte eingreifen können. Wenn sie daran dachte, drehte sich auch jetzt noch ihr Magen um. Erst wurden sie nur dumm angemacht, doch dann wurden sie auch handgreiflich. Die beiden wehrten sich wie die Tiere, doch sie hatten keine Chance. Machten sich diese Arschlöcher doch einen Spaß aus der Sache, bis es schließlich ganz eskalierte und Ellena bewegungslos am Boden lag. Als dann doch endlich Hilfe nahte, war von den Jungs natürlich keiner mehr da und Ellenas Nase war angebrochen und auch sonst hatte sie einige blaue und blutige Stellen. Sie selbst hatte jedoch gekniffen, die Polizei zu alarmieren. Sie hatte solche Angst vor den Jungs gehabt, obwohl sie einen von ihren sogar kannte. Er war in ihrer Klasse. Ein ehr schweigsamer Junge, doch seit er diese Schlägertruppe kannte, war er wie ausgewechselt. Er kam sich so ungeheuer cool vor, denn die anderen waren sicherlich zwei Klassen älter, wie sie selbst. Ellena war auf ihr stillschweigen hin, nicht sonderlich gut auf sie zu sprechen gewesen, doch heute würde sie es erneut versuchen. Ihre Schritte beschleunigten sich. Die Angst war auch jetzt wieder bei ihr. Nur gut, dass sie jetzt Snake an ihrer Seite hatte. Er würde sie verteidigen. Bis aufs Blut würde er kämpfen! Der gepflasterte Weg, der sich von der Seite dem Haupteingang näherte, war an beiden Seiten mit Knie hohen Büschen bewachsen. Dieser Weg, auf dem von beiden Seiten keine Gefahr ausging, ließ sie endlich ruhiger werden. Denise atmete tief durch und hielt schließlich an. An der rechten Seite befand sich hier eine Parkbank und daneben ein Papierkorb. Sie band ihren vierbeinigen Freund daran fest und graulte ihm noch einmal ausgiebig den Kopf. „Ich bin gleich wieder da“, versprach sie. „Schön artig sein.“ Snake ließ sich sofort neben dem Papierkorb, vor der Bank nieder. Er würde hier keinen Alarm schlagen, es sei denn, irgendwer würde ihn angreifen. Denise ließ beide Hände in den Taschen verschwinden und ließ schlurfenden Schrittes auf die breite Tür zu. Da sie genau wusste, wo sie hinwollte, würde sie sich jetzt auch nicht erst an der Anmeldung abhalten, sondern sofort das Zimmer betreten, in welche Ellena noch immer lag. Sie hatte einiges einstecken müssen und die Ärzte haben sie zur Beobachtung noch hier behalten wollen, obwohl sie bei ihrem letzten Besuch schon besonders munter gewirkt hatte – jedoch auch besonders wütend. Denise schritt mit einer knappen Begrüßung an die Diensthabenden Schwester an der Anmeldung vorbei und ihr Weg führte sie sofort in die nächste Etage. Hier auf der linken Seite war Ellena im vierten Zimmer untergebracht. Unruhe und Angst wühlten sie sofort wieder auf. Wie würde ihre einst noch beste Freundin wohl heute auf sie reagieren? Vor der Tür angekommen, atmete sie abermals tief durch. Ganz besonders leise öffnete sie die Tür und steckte den Kopf hinein. Das erste Bett was sie sehen konnte, war leer, aber dieses war auch nicht dass, ihrer Freundin gewesen, also trat sie ganz ein. Ellena lag in ihrem Bett und sie schien fest zu schlafen. Mit dem Verband auf der Nase sah die hübsche Spanierein völlig unmöglich aus. Denise beobachtete sie eine Weile und zog sich dann jedoch, ohne das Wort erhoben zu haben, wieder zurück. Sollte sich Ellena erst einmal anständig ausruhen. Noch zwei Tage, dann durfte sie sicherlich heim. Der Blick der Krankenschwester an der Anmeldung folgte ihr auch jetzt wieder, als sie nach so kurzer Zeit abermals an ihr vorbei Schritt, doch sie erhob nicht das Wort. Was hätte sie ihr auch sagen sollen. Und Denise? Sie hätte ihr wahrscheinlich ohnehin nicht geantwortet. Als sie wieder nach draußen trag, schien die Zeit wie im Fluge vergangen zu sein. Snake hatte aufmerksam die Tür beobachtet, in welcher sein Frauchen verschwunden war und stand augenblicklich auf den Beinen, als er sie sich nähern sah. Seine Rute schlug vor Aufregung gegen den metallenen Ständer des Papierkorbes. Schnell band sie Snake wieder los, hockte sich vor ihn und knuddelte ihn anständig durch. Das hatte sie jetzt gebraucht. Der schwarze Labrador schleckte ihr dabei über die Nasenspitze. Denise hasste es, wenn er das tat, doch im Augenblick war ihr das reichlich egal. Ihr Weg führte sie jetzt wieder zurück an die Ampel. Aber jetzt würden Beide einfach geradeaus im Park verschwinden, so wie sie es schon seit einer Ewigkeit taten, nur das hin und wieder auch Ellena mit von der Partie war. Ein älteres Ehepaar kam den Beiden zunächst entgegen. Auch sie hatten einen Hund dabei. Einen Dackel und wahrscheinlich auch einen Rüden, denn er fing sofort an, den Dicken zu markieren, doch Snake ließ sich davon gar nicht beeindrucken. Er lief einfach weiter und markierte stattdessen den nächsten Baum. Denise war so froh, dass sie ihn hatte. Er war ein guter Zuhörer, jetzt wo ihre Mutter so gut wie keine Zeit hatte und ihr Ellena immer noch böse war. Schlurfenden Schrittes betraten sie das Parkgelände. Ein frischer Wind der aufkam, brachte Denise dazu, tiefer in ihr Jacke zu kriechen. Urplötzlich wollte sie wieder Heim, doch das konnte sie Snake nicht antun. Den ganzen Tag war er doch breites in der Wohnung gewesen... Zwei Jogger kreuzten ihren Weg und Denise musste schmunzeln. Sie fand dieses Hobby so überaus dämlich. Konnte man sich die Zeit nicht anders vertreiben? Kopfschüttelnd beschleunigte sie ihr Schritte, bis sie an einer Gabelung ankam. Wenn sie jetzt hier nach rechts abbiegen würde, würden sie wie meistens die große Runde laufen, doch Denise war darauf plötzlich die Lust vergangen. Sie zog Snake schließlich weiter, der sich nur kurz dagegen zur Wehr setzte. Stimmen von Kindern erfüllten plötzlich den recht dichten Wald. An einigen Stellen war das Unterholz so dicht, dass es auch hin und wieder andere dazu veranlasste, hier ihren Müll einfach dazwischen zu legen. Denise machte so etwas stinksauer. Die zuvor gehörten Kinder stürmten mit einem Male auf sie zu und rechts und links an ihr vorbei. Ganz sicher kamen sie vom Bolzplatz. Snake sprang sofort herum und begann wie wilde zu kläffen. „Ist ja gut, Schatz!“ Sie hatte jetzt keine Lust, auf solche Spielchen. Er sollte sein Geschäft verrichten und dann würden sie sofort den Heimweg wieder antreten. Ein knacken von links weckte sofort abermals ihre Aufmerksamkeit. Waren es wieder Füchse? Sie hob den Blick, doch sie sah definitiv einen Mensch. „Hey. Da vorne!“ Denise horchte auf. Sie kannte diese Stimme. Sie war sich sicher. Waren es etwa wieder die Verrückten, von denen sie sich immer wieder dummes Zeug anhören durfte? Aus den Augenwinkeln heraus erkannte sie einen von ihnen. Sie hatte Recht. Da war wieder dieser Trupp Kerle, mit den schlechten Frisuren – wie sie es nannte. „Das konnte doch nicht wahr sein!“ Denise beschleunigte ihre Schritte. Sie sah sich aufmerksam um, doch auch jetzt war natürlich niemand in der Nähe, der ihr gegebenenfalls helfen konnte. „Verdammt! Snake lauf!“ Sie nahm die Beine in die Hand. Nicht schon wieder. Das hatte sie doch erst durch. Sie ließ ihren Hund von der Leine und versuchte Schritt zu halten. Warum zum Teufel immer sie...? Hinter ihr wurde ein Grölen laut. Es waren mindestens drei. Hecktisch sah sie sich um und bog in den nächsten, um einiges schmaleren Waldweg ein. Das konnte doch nur ein Albtraum sein. Denise rannte, so schnell sie konnte. Zwischen den alten Kastanien schlüpfte sie hindurch und blickte sich sofort nach Snake um. Der schwarze Hund war nicht weit und mit einem kaum hörbarem Pfeifen rief sie ihn zu sich. Er machte sofort kehrt und eilte auf sie zu. Denise duckte sich und griff ihn am Halsband. Dann zog sie ihn in geduckter Haltung zwischen den Dornenbüschen hindurch. Anschließend hörte sie auch bereits wieder die Stimmen der Jungen. Es war ihr noch nicht gelungen, sie abzuhängen. Schnell befreite sie sich von ihrer Jacke und hängte diese an einen der abstehenden Äste. „Sitz“, machte sie Snake begreiflich und blickte sich abermals suchend um. Widerwillig blieb er auf seinem Hintern, neben der Jacke sitzen, als sich Denise weiterhin geduckt, davon machte, doch er gehorchte. Er würde jetzt für ein Ablenkungsmanöver herhalten müssen, auch wenn ihr das mehr als widerstrebte. Snake war klug. Er würde schon wieder nach Hause finden. Abermals sprintete sie los, als sie Stimmen vernahm. „He, warte! Wir wollen uns doch nur bei dir bedanken, dass du uns nicht angeschwärzt hast...“ Danach war ein hämisches Lachen zu hören. Na klar, dachte sie sich und wäre fast in den Fluss gefallen. Im letzten Moment kam sie zum anhalten. Auch wenn er nicht besonders breit und tief war, hatte er genügend Wasser. Denise trat einen Schritt zurück und sprang mit Schwung darüber, doch dieser reichte nicht ganz aus und sie trat mit einem der Fuß genau in den Schlammigen Rand des Gewässers. Ihr dünner Stoffschuh war sofort durchgeweicht. Hätte sie nur festeres Schuhwerk angezogen! Nachdem sie ihn endlich aus dem Morast gezogen hatte, schlug sie sofort wieder die Richtung nach links ein. Hier würde sie wieder auf den breiten Hauptwaldweg gelangen. Hinter einer breiten Eiche verschnaufte sie kurz. „Hier ist sie nicht! Sie hat uns verarscht!“ Ihr bester Freund gab ein kurzes Jaulen von sich. Denise fuhr dieser Laut wie ein Stich ins Herz. Sie wollte Snake rufen, doch vor Angst brachte sie kennen Ton hervor. Hoffentlich würde er nicht ihre Deckung verraten. Dann waren Schritte zu hören und wieder Stimmen. „Verdammt! Wo ist sie hin? Die kann doch nicht weg sein!“ Eine andere Stimme: „Vielleicht sollten wir es gut sein lassen.“ „Hey! Wirst du weich?“ Denise rutsche hinter den Baum, an dem sie sich bis eben noch angelehnt hatte. Sie zogen im Laufschritt an ihr vorbei. Ihr blieb das Herz fast stehen. Ging es Snake gut? Sie wollte zu ihm. Aber rufen war unmöglich. Sie war noch nicht außer Hörweite. Fest presste sie die Augen zusammen und hoffte, dass dieser Albtraum schnellstens vorbei war. Wie spät war es wohl? Sie hatte ihr Zeitgefühl verloren und ihr Handy? Das war noch in ihrer Jackentasche. Verdammt! Sie musste zurück. Denise hob den Blick und aus dem Augenwinkel heraus, konnte sie die Truppe auf dem Waldweg gerade hinter den Bäumen verschwinden sehen. Erleichtert atmete sie auf und lief sofort wieder in die andere Richtung los. Um nicht abermals in den Fluss zu treten, zog sie es jetzt vor, geradeaus den Weg zurück zu nehmen. Hier gab es nicht weit entfernt eine Brücke. Denise hatte sie kaum überquert, da konnte sie Snake bereits ausmachen. Er wirkte unverletzt. Abermals atmete sie erleichtert auf. „Geht es dir gut, Snake?“ Denise kniete sich auf den Waldboden. Ihr vierbeiniger Freund kam sofort auf sie zu und sie drückte ihn fest an sich. Sein dickes, warmes Fell an ihrer Haut zu spüren, machte ihr sofort eine Gänsehaut auf den Armen. Es hatte etwas so beruhigendes. So langsam wurde es wirklich zu kalt, für dieses ärmellose Top. Der nun aufkommende Wind machte es dadurch nicht erträglicher. Die Sonnenstrahlen begannen sich bereits rot zu färben. Denise lauschte dem Wind in den Ästen und dem Knacken neben ihr... „Was ist denn Snake für eine Name?“ Erschrocken sprang sie wieder auf. Sie hatte sie wohl doch nicht abgewimmelt, doch es war nur einer, der neben ihr aufgetaucht war. Da war er wieder. Der Kerl aus ihrer Klasse. Wie hieß er noch gleich? Ricardo? „Komm keinen Schritt näher, oder bist du scharf aus seinen giftigen Biss?!“ „Na klar.“ Er glaubte ihr kein Wort. Aber sie würde nicht scherzen. Ganz sicher nicht. Er hatte keine Ahnung, wie gut dieser Hund auf sie hörte. „Böser Mann!“ Sie zeigte auf Ricardo und Snakes Ohren zuckten. Er kannte diesen Befehl und begann sofort zu knurren. „Ich rate dir, jetzt zu verschwinden!“ Denise verstand keinen Spaß mehr. Ricardo ignorierte jedoch ihre Worte. Das war sein Fehler. „Fass!“ Mit einem Satz schnellte Snake auf ihn zu. Ricardo war so perplex, dass ihn der große Hund fast umrannte. Nach einigem heftigen sich zur Wehr setzen, hatte er Snake schließlich von seinem Arm wegbekommen und trat übereilt und völlig koordinationslos den Rückzug an. Er sprang ins Unterholz, doch seine Landung war alles andere als sanft. Ricardo knickte weg und das letzte, was Denise von ihm hörte, war ein markerschütternder Schrei. Snake wollte ihm nach, doch sie bekam ihn wieder unter Kontrolle. „Gut gemacht! Der macht uns keinen Arger mehr!“ Sie kraulte Snake hinter den Ohren und die Beiden traten den Rückweg an. Ihre Jacke durfte sie auf keinen Fall vergessen. Von hier aus war diese nicht weit. Als sie dort ankamen, durfte sie feststellen, dass die Hundeleine zwar noch da war, aber ihr Handy fehlte. „Na toll!“ Auch das noch. Konnte der Tag noch beschissener werden? Ihr Handy konnte sonst wo sein und ganz bestimmt würden diese Arschlöcher damit sonst wen anrufen. Sie sah sich schon in einem handfesten Streit mit ihrer Mutter. Sie klinkte Snake schnellstens wieder am Haken an und schlüpfte in ihre Jacke. „Lass uns verschwinden.“ Sie würden jetzt den anderen Weg benutzen, der sie wieder aus dem Park führte. Auch wenn das bedeuten würde, dass sie jetzt erst an all den Schrebergärten vorbei mussten. Das würde ganz sicher noch eine halbe Stunde dauern, bis sie wieder zu Hause waren. Vielleicht auch länger. „Hey!“ Eine Stimme lies sie zusammenfahren. „Denise?“ Ricardo? War er noch hier? Hatte er immer noch nicht genug? „Bist du noch hier...?“ Sie schluckte. Was war denn jetzt? Seine Stimme klang so... verängstigt? „Hallo?“ Ratlos blickte sie auf Snake herab. Was wollte der nur? Ihr war unwohl, als sie sich seiner Stimme näherte. Dann sah sie ihn endlich. Ricardo war einen kleinen Abhang hinuntergerollt. Sein Gesicht war aufgeschürft und er wischte sich gerade Blut von der Nase, als er sie bemerkte. Er war wohl mit vollem Schwung da hinunter gerollt. Denise suchte die Stelle ab, an der es für ihn wohl abwärts gegangen war. Wurzeln, die aus dem Boden ragten. Augenblicklich zog sich ein hämisches Grinsen über ihr Gesicht. „Hat dir Snake sooo große Angst gemacht...?“ Sie verschränkte abschätzig die Arme. Sein schmerzverzerrter Blick fiel sofort nach oben. „Du musst mir helfen!“ „Wieso sollte ich das tun?“ „Ich... ich glaube, ich habe mir etwas gebrochen...“ „Und? Was geht mich das an? Als du Ellenas Nase gebrochen hast, war dir das doch auch egal.“ Sie hatte so eine Scheißwut auf den Kerl, dass es sie nicht interessierte, was aus ihm hier wurde. „Lass uns gehen, Snake.“ Sofort machten die beiden kehrt. „Denise...?“ Sie schnaubte gereizt und hielt nochmals an. Das konnte doch nicht wahr sein! Als sie abermals nach unten blickte, hatte er sich wage aufgerichtet. Ein seltsames Gefühl machte sich plötzlich in ihr breit. Hatte sie Mitleid mit ihm? Hatte man Mitleid, mit ihrer besten Freundin? Nein, mit ihr hatte man das ganz sicher nicht und zudem war sie jetzt auf sie selbst auch noch sauer. Ihr schlechtes Gewissen appellierte schließlich doch an sie, da hinunter zu steigen. Erleichtert beobachtete Ricardo sie dabei, wie sie sich Schritt für Schritt zu ihm hinunter kämpfte. Der Splitt auf diesem Hang war wirklich ungeheuer rutschig. Auch sie wäre fast gestolpert, doch sie konnte sich wieder fangen, bevor sie unten angekommen war. Hier unten waren die Steine zudem noch um einiges größer. Denise schenkte ihm einen verhassten Blick, als sie sich neben ihn auf den Boden hockte. „Gebrochen, ja?“ Ricardo deutete auf sein Knöchel. Ohne Scheu zog sie ein Stück sein Hosenbein herauf und begutachtete die besagte Stelle. „Hm...“ Denise griff unsanft nach seinem Bein, so dass er sich einen Schrei nicht verkneifen konnte. „Warum hast du ihr eine reingehauen, du Arschloch!“ Ricardo versuchte sie davon abzuhalten, doch er konnte ihre Hand nicht greifen. „Warum? Rede gefälligst mit mir!“ „Ich habe ihr keine Gelangt Das war ... .“ „Klar! Und jetzt versuchst du auch noch den Unschuldigen zu spielen? Du bist so ein verdammtes Arschloch!“ Denise trat ihm unsanft gegen das Bein und erhob sich wieder. „Lass mich nicht hier liegen! Bitte...“ „Nenn mir einen guten Grund!“ Sein völlig verängstigter Blick weckte ein Gefühl von Macht in ihr, doch wollte sie das wirklich? Hatte sie nicht zu Beginn, als er noch neu in ihrer Klasse war, anders über ihn gedacht? Sie hatte ihn doch irgendwie niedlich gefunden. Er war eben der schüchterne, zurückhaltende, der nie eine große Klappe riskiert hätte. Doch jetzt? Jetzt gehörte er diesen haarlosen Kreaturen an. Denise schnaubte gereizt, hatte aber plötzlich ein Einsehen. „Sitz!“ Dann ließ sie Snakes Leine los. Denise lief um Ricardo herum, um eine richtige Stelle zu finden, an der sie ihn packen und auf die Beine hieven konnte. Sie hakte ihn schließlich von hinten unter den Armen ein, doch sie bekam ihn nicht sonderlich weit von Boden weg und stürzte stattdessen auf ihn. Dabei kam sie ihm näher, wie sie es jemals beabsichtigt hätte. „Tja. Ich schätze, du bist mir zu schwer. Ich bekomm dich hier nicht weg...“ Seine Augen wanderten über ihr Gesicht. „Nicht dass du fett bist, aber... du bist eben zu groß und zu schwer für mich...“ Oh man... diese Augen... diese blauen Augen... Denise schluckte erblichen und ging schleunigst ein Stück von ihm weg. Das konnte doch nicht war sein! Was war das jetzt? „Ich würde ja Hilfe holen, ABER MEIN HANDY WURDE MIR LEIDER GESTOHLEN!“, schrie sie ihn an, um sich schnellstens auf andere Gedanken zu bringen. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, griff er in seine Tasche und holte selbiges heraus. Denise bekam große Augen. „DU hast es mir gestohlen?“ Sie verpasste ihm eine Kopfnuss, die nicht von schlechten Eltern war. „Ich habe es nur sichergestellt...“, redete er sich jedoch heraus. „Klar. Nenn es wie du willst.“ Mit eine Ruck hatte sie es ihm aus der Hand gerissen. „Snake!“ Ihr vierbeiniger Freund spitzte die Ohren. „Aufpassen!“ Seelenruhig setzte er sich jetzt neben den, dem er kurz zuvor den Jackenärmel zerbissen hatte. Denise selbst begab sich wieder auf dem Weg nach oben. Sie würde jetzt den Krankenwagen rufen. Ricardos Blick fiel unruhig nach oben. Sie würde jetzt nicht weggehen. Was hatte er nur angerichtet. Das er jetzt hier lag, war ja wohl die gerechte Strafe für alles. Nach wenigen Augenblicken tauchte Denise wieder oben an der Kante auf. „So, ich habe angerufen. Sie sind unterwegs und ich denke, dieser Weg hier ist breit genug für den Krankenwagen.“ Sie hockte sich an den Rand, stütze die Arme auf die Ellenbogen und blickte zu ihn hinunter. Snake hatte sich nicht wegbewegt. Ihr Blick fiel auf ihren völlig verschlammten Schuh. „Deine dämlichen Freunde haben meine Schuhe ruiniert!“ Ricardos Blick fiel wieder nach oben. „Ich kaufe dir neue, versprochen! Ich danke dir, dass du nicht weggegangen bist. Es tut mir so leid.“ „Ich denke du solltest dich stattdessen bei Ellena entschuldigen.“ Das darauffolgende Schweigen, machte Denise ungeheuer nervös. Wie er so zu ihr heraufblickte. So verlegen, so schüchtern... So hatte sie ihn einst kenngelernt... Schleunigst riss sie sich von diesem Gedanken frei. „Und wo sind deine ach so dicken Freunde jetzt? Sie scheißen auf dich! Wenn du das jetzt nicht kapierst, ist dir nicht mehr zu helfen!“ Ricardo seufzte. „Sie waren die ersten, die mich ernst genommen haben...“ Denise schnitt ihm sofort die Worte ab. „Nein, da liegst du falsch. Aber gewaltig! Die haben nur einen Tölpel gesucht.“ „Unsere Klasse kann mit Neuen ja nicht all zu viel anfangen...“ Er wand den Blick ab. „Das stimmt nicht ganz. Da gab es durchaus eine, die mit dem einen Neuen etwas anfangen konnte...“ Daraufhin erhob sie sich. „Sie sind da...“ Ricardo kniff die Augen zusammen. Sie waren feucht geworden und er konnte es nicht länger unterbinden. Hatte er es gerade bei der einigen Person aus seiner Klasse verschissen, die ihn doch irgendwie gemocht hatte? Er war sich sicher, dass Denise von sich selbst gesprochen hatte. Ein Wagen hielt nicht weit von den beiden und Denise lief auf ihn zu. „Er ist da unten“, machte sie den Männern begreiflich und deutete in die besagte Richtung. Mit einem kurzen Pfeifen war Snake wieder an ihrer Seite. Denise wartete jedoch noch, bevor sie verschwand. Sie beobachtete die Sanitäter dabei, wie sie Ricardo schließlich auf die Trage luden und fixierten, dass er nicht wieder herunterstürzte. Sie hatte ein seltsames Gefühl, als sie ihn an ihr vorbeitrugen. „Erzähl das bloß keinem, verstanden?! Schon gar nicht Ellena. Die erschlägt mich...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)