Puss in Boots von the-suicide-circus (Von Kätzchen in Strapsen und ihren Betthäschen) ================================================================================ Kapitel 3: Von besten Freunden und anderen Problemen ---------------------------------------------------- Es war bereits halb neun, als er es endlich geschafft hatte, sich aus dem Bett zu quälen und ins Bad zu schleppen, und Uruha traf fast der Schlag, als er in den Spiegel sah. Völlig zerzauste Haare, immer noch verwischte Schminke vom Konzert, Augenringe und auch die Spuren seines nächtlichen Dates mit sich selbst nachdem Aoi gestern einfach so abgehauen war zierten noch seinen Schritt. Aoi... Uruhas dünne Augenbrauen zogen sich zusammen und bevor er noch weiter denken konnte war er schon in die Dusche gestiegen und ließ das Wasser über seinen Körper rinnen. Doch auch als er fertig gekämmt und angezogen war, hatte er nicht wirklich Lust, sich über letzte Nacht den Kopf zu zerbrechen und so betrat er eine geschlagene Stunde später so gut wie unvorbereitet den Frühstückssaal. Sofort erkannte er seine vier Bandkollegen in der hinteren rechten Ecke und machte sich sofort auf den Weg zu ihnen, wobei er fest stellte, dass sie wohl gar nicht so schlecht gelaunt sein mussten, wie es ihm sein Unterbewusstsein vorausgesagt hatte. Schließlich lächelte Aoi und das war bekanntermaßen kein schlechtes Zeichen. Ebenfalls mit einem Lächeln auf den Lippen und einem fröhlichen „Guten Morgen“ kam er also bei ihrem Tisch an, doch kaum hatte er neben Reita Platz genommen, war dieser auf gesprungen und hatte ohne ein weiteres Wort den Raum verlassen. Der Dunkelblonde sah ihm verzweifelt hinterher; bildete er es sich ein, oder verschlimmerte sich die Situation zwischen ihnen beiden mit jedem Tag drastisch? Mit einem Seufzen wandte er sich wieder nach vorne, bereute es allerdings noch im selben Moment; eiskalte Stimmung breitete sich am Tisch aus. Aoi, der wie Ruki gegenüber von ihm saß, butterte sein Brötchen mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, als ob er jeden Moment irgendjemanden ermorden wollte- und Uruha konnte sich gut vorstellen, dass er dieser jemand war- und der Vocal starrte verbittert in seine Kaffeetasse. Kais Gesicht konnte er nicht einmal erkennen, da sich dieser hinter einer Zeitung vergrub, doch eigentlich war er ganz froh darüber. Hunger hatte er nun keinen mehr, also beschloss er, sich nur einen Kaffee hinunter zu kippen und dann schnell wieder zu verschwinden. Doch wie immer kamen ihm die anderen zuvor; kaum hatte er eine Regung gemacht, hatte der Leader die Zeitung auf den Tisch geschlagen, seine Tasse mit einem Zug leer getrunken und machte es Reita gleich mit den Worten, „Ich hab noch was zu erledigen.“ Noch bevor Uruha dies realisiert hatte, schob sich auch vor ihm ein Stuhl zur Seite und das letzte was er vernahm waren ein paar genuschelte Worte des Kleinen, bevor die beiden verschwunden waren. Der Gitarrist starrte ratlos vor sich hin. Okay, er konnte verstehen, warum sein bester Freund sauer war, oder zumindest war das nichts neues mehr gewesen. Und er konnte definitiv nachvollziehen, warum Kai sauer war, immerhin hatte er gestern Nacht beinahe seinen Exfreund flachgelegt, für den er offensichtlich immer noch Gefühle hatte. Doch was zur Hölle war Ruki über die Leber gelaufen? Und warum saß eigentlich der einzige, der wirklich Grund hatte, ihm von nun an aus dem Weg zu gehen, als einziger noch mit ihm an einem Tisch? Das war doch bizarr; Uruha verstand die Welt nicht mehr. „Möchtest du nicht auch aufstehen?“, fragte er ironisch und schenkte sich endlich seinen Kaffee ein. „Nein“, meinte Aoi im Kauen und musterte ihn nun mit gelangweiltem Blick, „Ich möchte noch fertig Frühstücken.“ „Wow, wirklich nett von dir“, schmollend rührte er in dem heißen Getränk herum. Warum war die Welt eigentlich so ungerecht zu ihm? War er denn so ein schlechter Mensch gewesen...? Wahrscheinlich. „Es tut mir Leid...“, flüsterte er nach einer langen Schweigepause. „Du brauchst dich nicht bei mir entschuldigen.“ Ach nicht? „Und bei wem sonst? Bei Kai sicher nicht, der ist selber Schuld. Schließlich war er es, der Schluss gemacht hat.“ „Doch nicht bei Kai, der kriegt sich schon wieder. Er ist im Moment nur ein wenig gestresst, sonst nichts.“ Der Größere dachte einen Augenblick lang nach, „Bei...Ruki?“ Er wusste bei Gott nicht was er dem kleinen gegenüber falsch gemacht hatte. Nun erhob sich auch der vierte vom Tisch, „Du kapierst es einfach nicht, oder?“ Aoi funkelte ihn böse an, was war denn jetzt wieder los? „Was? Nein tu ich nicht und ich wäre froh, wenn mich endlich mal jemand aufklären würde was hier überhaupt los ist!“ Der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf und setzte sich in Bewegung, „Vergiss es einfach.“ „Schön!“, schrie Uruha durch den Raum und nahm dabei keine Rücksicht auf die anderen Gäste, die ihn verstört ansahen. Sollten sie eben alle abhauen, er brauchte sie nicht! Er brauchte niemanden... Doch leider brauchten sie ihn und so wurde er noch am selben Abend von Kai buchstäblich an den Haaren zum nächsten Konzert gezogen. Er hatte so gar keinen Bock darauf und so hatte er 10 Minuten vor Beginn schon eine halbe Flasche Sake intus, was den Schlagzeuger nicht gerade glücklicher stimmte, doch angesichts der Umstände hielt er diesmal wohl seinen Mund. Er soll lieber froh sein, dass ich überhaupt spiele, dachte sich Uruha und leerte den Rest der Flasche auch noch. Was allerdings vielleicht keine so gute Idee gewesen war. Leicht wankend folgte er den anderen, die abgesehen von Kai alle zusammen kein Wort mit ihm gewechselt hatten seit dem Frühstück, auf die Bühne und das erste mal seit langem musste er sich anstrengen, die richtigen Töne zutreffen. Die nächsten Lives verliefen vielleicht ein bisschen weniger alkoholisierter, jedoch eines davon schlimmer als das andere- von seinem Standpunkt aus zumindest. Die anderen schienen sich immer schön zu amüsieren, besonders Reita und Ruki, die die Fans mit ihrem übertriebenen Fanservice fast zum Umfallen brachten. Doch den Höhepunkt erzielte sein bester Freund bei dem Konzert in Yokohama. Nach zwei Wochen hatte sich alles wieder halbwegs normalisiert gehabt, zwar waren die meisten Bandmitglieder immer noch schlecht auf ihn zu sprechen, doch wenigstens sprachen sie überhaupt wieder mit ihm und da sie in dieser Zeitspanne sowieso ein Live nach dem anderen gehabt hatten, war alles nicht zu dramatisch gewesen. Dachte Uruha zumindest. Es war in der Zugabe passiert, sie hatten gerade das Lied „Bite to all“ angestimmt; einen Song, den sie seit Ewigkeiten nicht mehr performt hatten. Sowohl Fans als auch Bandmember waren bereits ziemlich angeheizt und alle schienen zur Abwechslung mal ihren Spaß zu haben, zumindest bis der Große bemerkte, dass Reita sich plötzlich verspielt hatte. Ein wenig besorgt wandte er sich um, schließlich kam so etwas nur vor, wenn der Bassist oder jemand anderes kurz vor einem Zusammenbruch stand, so perfekt beherrschte er sein Instrument. Doch in diesem Moment war eher er derjenige, der am liebsten seine Gitarre auf den Boden geworfen hätte und von der Bühne gerannt wäre. Er konnte es kaum fassen; Aoi und Reita standen da und küssten sich. Mitten auf der Bühne. Und das war nicht nur irgendein Kuss, oh nein, das glich ja beinahe schon einem Softporno! Perplex drehte sich Uruha wieder um und musste fest stellen, dass er beinahe sein Solo verpasst hätte. Normalerweise hätte er sich an dieser Stelle zu Rukis Podest begeben sollen, doch er blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf sein Instrument und auch den Rest des Konzerts versuchte er, sich einfach nur auf seine Griffe zu konzentrieren. Sein Puls raste, als er nach dem Schwarzhaarigen den Backstagebereich betrat; er beschloss, nicht lange zu fackeln sondern ihn gleich zur Rede zu stellen. „Was zum Teufel sollte das?!“, brüllte er, vielleicht lauter als geplant, und packte seinen Kollegen am kragen, um ihn dann unsanft gegen die Wand zu drücken. „Was sollte was?“, fragte er ruhig und ein scheinheiliges Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Du weißt genau, was ich meine“, sagte er streng und verringerte den Abstand zwischen ihnen. „Ich habe nicht angefangen.“ „Uruha, was soll das?!“, hörte er Kais Stimme hinter sich, doch zu spät. Nach dem letzten Satz hatte er endgültig die Beherrschung verloren und beförderte den Kleineren mit voller Wucht Richtung Boden. Dann griff er erneut nach ihm, zog ihn zu sich rauf, holte aus und- plötzlich spürte er einen Schlag im Gesicht und konnte sich gerade noch an der Wand abfangen. Unter einem schmerzerfüllten Zischen presste er seine Hand auf seine Lippen, von denen Blut tropfte, während er sich mit der anderen abstützte. Als er schließlich aufsah konnte er seinen besten Freund erkennen, der mit eiskaltem Blick auf ihn herabsah und drohend mit den Fingerknöcheln knackste. Das war wohl sein endgültiges Todesurteil, dann konnte er auch gleich verschwinden. Er richtete sich auf, blickte noch einmal auf Aoi, der ebenfalls gerade dabei war, aufzustehen, und ging vorbei an Reita, der sich nicht einmal mehr umdrehte, und an Kai, der ihn völlig eingeschüchtert ansah. So kannte er ihn wohl nicht, aber das war nicht sein Problem. Es war ihm auch egal, ob er gerade in Bühnenoutfits und total auf-gestylt ab haute, er wollte einfach nur weg von hier. Weg von diesen Menschen, die er einmal seine Freunde genannt hatte. Draußen angekommen wartete er noch einen Moment, wischte sich das restliche Blut von den Lippen und atmete noch einmal kräftig durch, bevor er weiter ging. Hinter ihm hörte er eine Tür auf und zu gehen. „Wo willst du hin!“, hörte er den Schlagzeuger schreien, doch er reagierte nicht darauf. „Uruha!“ Und schon war er um die nächste Ecke verschwunden. Wo sollte er denn hin? Eine Bar wäre nicht schlecht gewesen... Am besten, er nahm gleich die nächste, an der er vorbei kam; dann hatte er wenigstens eine Chance, dass sich dort Fangirls aufhielten. Die konnte er dann alle der Reihe nach flach legen. Oh ja, das war ein guter Plan... Einen Fuß nach dem anderen setzend tastete er sich an der Wand entlang, nur nicht das Gleichgewicht verlieren. Uruha hatte keine Ahnung, wie er hier her gekommen war, doch er hoffte, er war im richtigen Stock. Geschweige denn im richtigen Hotel. Langsam machte er noch einen Schritt und blieb dann stehen, was war noch mal seine Zimmernummer gewesen? Zweihundertdreißig oder so... Vorsichtig tastete er sich weiter, bis er an eine Tür kam, die schon mal mit den Ziffern 2 und 3 anfing. So weit er erkennen konnte zumindest, vielleicht war es auch eine Sieben? Wie auch immer, er vertraute auf das Schicksal und klopfte einfach an die nächstbeste Tür. „Kai? Kai... bisu da? Ich... ich hab meinen Zimmerschlüssel nicht mit... bitte lass mich rein...“ Er klopfte noch ein paar mal, doch nichts tat sich. „Kai...“ Schön bald verließen ihn seine Kräfte, seine Augenlider schlossen sich und langsam sackte auch sein Körper zusammen- er schaffte es gerade noch, sich an der Tür entlang hinab rutschen zu lassen. „Reita...“ Das automatische Licht war schon längst wieder aus gegangen, als plötzlich das Holz, das seinen Kopf stützte, nach ließ und er nach hinten fiel. „Uruha, was machst du denn hier?!“, hörte er eine Stimme auf einmal sagen und er zwang sich, seine Augen zu öffnen. „Schlafen...“, war seine geistreiche Antwort, „Kai...lässt mich nich' ins Zimmer...“ Die Person über ihm hatte sich zu ihm hinunter gebeugt, erst jetzt ging das Licht wieder an, „Oh... hey Ruki...“ Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er den Kleinen erkannte; gleichzeitig fragte er sich, wann er den Sänger das letzte mal völlig ungeschminkt und im Pyjama gesehen hatte. Jedenfalls war es ein ziemlich ungewohntes Bild... aber irgendwie süß. „Alles okay mit dir?“, fragte er und sah ihn besorgt an. Der Gitarrist grinste ihn immer noch liegend an, „Alles bestens....“ Dann fielen seine Augen wieder zu. „Am besten, ich bring dich erstmal rein, hier kannst du ja nicht liegen bleiben. Kannst du aufstehen?“ Uruhas einzige Antwort war er murren, bevor er sich auf die Seite drehte, um es sich gemütlicher zu machen. Dann spürte er plötzlich zwei Hände unter seinen Armen und wurde in den Raum geschleift, begleitet von Flüchen, er sollte gefälligst mal abnehmen. Er wollte sofort protestieren, war allerdings zu müde und eigentlich hatte er sowieso gleich wieder alles vergessen gehabt. „Alles okay?“, er wurde mit dem Rücken an etwas Weiches gelehnt. Uruha wollte nicken, doch dann machte sich mit einem mal ein sehr ungutes Gefühl in seinem Magen breit. „Mir...is' schlecht...“ „Oh nein...“ Ein paar Sekunden später hing er bereits bei der Kloschüssel und erbrach so ziemlich alles, worauf ihn seine treuen Fans die letzten paar Stunden alles eingeladen hatten. Nachdem er sicher war, dass sich in seinem Magen nichts mehr befinden konnte, dass noch raus wollte, betätigte er die Spülung und lehnte sich schließlich an die kühlen Fließen des Badezimmers. Irgendwann kam Ruki ins Bad und kniete sich zu ihm, „Wie geht’s dir?“ Er wirkte immer noch so besorgt, so kannte er den Sänger doch gar nicht. „Ich fühl' mich elend...“ Der kleinere lächelte schwach, „Tja, so ist das nun mal. Auch ein Uruha muss so etwas einmal durch machen.“ Angesprochener murrte nur gequält auf, was den Vocal endgültig zum lachen brachte. „Komm her“, plötzlich zog er an seinem T-shirt und zog es ihm über den Kopf, „Das schöne Tourshirt... völlig vollgekotzt.“ Sie schwiegen ein paar Augenblicke, „Was hast du denn mit deiner Lippe gemacht?“ Uruha öffnete die Augen, um sicher zu gehen, dass Ruki ihn auch wirklich fragend ansah, schloss sie danach aber sofort wieder da ihm das helle Licht nur noch mehr Kopfschmerzen bereitete. „Habn' dir die anderen gar nichts erzählt...?“ Stimmt, er war ja noch auch nicht anwesend gewesen, als er abgehauen war, da er noch länger auf der Bühne geblieben war. „Nein, sie haben mir nur gesagt, dass du abgehauen bist...“ „Akira hat mich geschlagen“, sagte er leise nach ein paar weiteren Sekunden Stille. „Wieso?“, fragte der andere in einem Ton, als ob das etwas völlig normales wäre, jedoch ein wenig verzögert. „Weil... weil ich Aoi schlagen wollte...“ „Wieso...?“, wiederholte er sich. „Weil er n' Arsch is!“, versicherte der Dunkelblonde ihm. Er wartete schon darauf, dass Ruki ein weiteres mal nach fragte, doch es kam nichts. Stattdessen spürte er, wie sich ein warmer Körper neben ihm setzte und Uruha zögerte daraufhin nicht lange, lehnte sich zur Seite und legte sich quer über Rukis Schoß. Sofort begann der Jüngere, ihm durch die Haare zu streicheln. „Ich hasse ihn...“, schmollte er. „Wen?“ „Reita!“ War doch offensichtlich... „Aber gerade hast du doch noch von Aoi gesprochen...“ „Aber Schuld an allem is' Reita! Er hat es ja nichmal' für wichtig empfunden, mir zu sagen warum er mich so hasst....“ Der Sitzende seufzte, „Du weißt es also wirklich nicht?“ Der Gitarrist schüttelte heftig den Kopf, ein wenig zu heftig, denn gleich wurde ihm wieder übel. „Ich, also... ich hab es auch nur durch Zufall mitbekommen aber... Als ich heute nach der Zugabe in den Backstagebereich gegangen bin, waren dort nur Aoi und Reita und, na ja...“ „Was?“, nuschelte er. Aoi wusste also doch etwas... „Rei hat Aoi seine Liebe gestanden.“ So war das also... Uruha wusste nicht, warum ihn diese Nachricht nicht so schockte, wie sie es eigentlich hätte sollen; vielleicht, weil er es in Wirklichkeit schon längst geahnt und nur verdrängt hatte. Verdrängt aus Angst, er könnte den Blonden verlieren... und nun hatte er ihn viel mehr verloren. „In Aoi also...“ Warum war eigentlich die ganze Welt in Aoi verknallt? Ein stechender Schmerz breitete sich in ihm aus, wieso nur? „Ruki...?“ „Ja?“ „Bist... bist du auch in Aoi verliebt?“ „Nein, bin ich nicht.“ Er hatte das gefühl, das war die ehrlichste Antwort, die er je in seinem leben erhalten hatte. Weitaus beruhigter schmiegte er sich noch mehr an den anderen an, der immer noch sanft über seine Haut streichelte. Er war kurz vorm einschlafen, als der Sänger noch einmal zu sprechen begann. „Ich liebe doch dich...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)