Until the colours fade away von Monsterseifenblase ================================================================================ Kapitel 3: ...die meine Welt bunt macht. ---------------------------------------- …die meine Welt bunt macht. Ich sitze an einem Baum angelehnt und starre in den Wald. Ich habe mich nicht weit vom Haus entfernt, aber ich sitze hier nun schon seit über einem Tag und starre ins Nichts. Keiner hatte mich gestört, keiner hatte mit mir einkaufen oder jagen gehen wollen. Das sichere Gefühl, dass ich es Edward zu verdanken habe, durchströmt mich. Er weiß nicht genau, was ich durchmache, aber er weiß, dass da etwas ist, was mir keine Ruhe lässt. Etwas, das ich einfach nicht abzuschütteln vermag. Ich kann gar nicht ganz genau sagen, wie lange ich mich nun schon nicht mehr bewegt habe, aber ich verspüre noch immer kein Bedürfnis aufzustehen. Zurück zum Haus zu gehen, hieß nicht nur, mich wieder dem Alltag auszusetzen. Es bedeutete etwas viel schlimmeres, denn ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich kann nicht sagen, wann ich es getan habe, oder warum. Was der Anlass dazu war, oder wie ich es hätte vermeiden können, aber ich habe es nun einmal getan. Und eine der wenigen Eigenschaften, die mir nicht abhanden gekommen ist, ist nun einmal meine Beharrlichkeit. Wenn ich einmal einen Entschluss gefasst habe, dann halte ich unweigerlich an ihm fest, ohne etwas dagegen machen zu können. Ein Stich der Trauer durchfährt mich. Denn ich bin im Begriff etwas zu tun, was ich noch vor ein paar Wochen für nahezu unmöglich gehalten habe. Doch vorher, habe ich noch etwas anderes zu erledigen. Ich glaube, dass ich ihm keinerlei Rechtfertigung schuldig bin. Aber eine Erklärung. Ich schließe die Augen und lausche noch einmal der Stille des Waldes. Ich genieße es, dann öffne ich sie wieder und stehe auf. Manchmal gibt es eben kein zurück. Zielstrebig gehe ich zum Haus und eile nach oben in unser Zimmer. Wir haben es uns immer geteilt, nie haben wir etwas anderes gewollt. Während ich mich auf dem Hocker an dem antik aussehenden Schreibtisch niederlasse, höre ich ihre Stimmen. Ihr Lachen. Die natürliche Fröhlichkeit meiner Familie, die selbst mein momentaner Zustand nicht vollkommen zu unterdrücken vermochte. Sie sitzen zusammen am großen Tisch und spielen Poker. Ich kann hören, wie die Spielchips über den Tisch rollen. Ein Gefühl der Vorfreude durchströmt mich, denn noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben irgendwann wieder unter ihnen zu sitzen. Ich öffne die Schublade und ziehe das alt aussehende, dünne Tagebuch hervor, das in den letzten Wochen mein bester Freund gewesen ist. Wie ein Spiegel ist war es, ist es immer noch. Vorsichtig schlage ich die Seiten auf und greife nach dem Füller. Das, was ich nun schreiben würde, war nicht nur ein Tagebucheintrag. Es war ein Brief, den ich zurücklassen würde. In meinem alten Leben. Liebes Tagebuch, seit über vier Tagen habe ich nicht mehr geschrieben. Bin davor zurückgeschreckt die Füllerfeder auf deine weißen Seiten zu drücken und sie mit der blauen Tinte zu beschmutzen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, in der Gegend herumzusitzen und allen aus dem Weg zu gehen. Und während dieser Zeit ist endlich das geschehen, was ich immer habe vermeiden wollen. Ich habe mich entschieden. Gegen dieses Leben. Zumindest vorerst. Der Grund dafür, dass ich an seiner Seite nicht mehr glücklich- Ich halte inne. Es würde hier bleiben. Er würde es lesen. Ich will, dass er es ließt. Ich will, dass er versteht. Kurz entschlossen streiche ich den letzten Satz wieder durch. Der Grund dafür, dass ich an deiner Seite nicht mehr glücklich sein kann, ist ein ganz einfacher und hat rein gar nichts mit dir oder den anderen zu tun, Edward. Das Problem bin ich und ich sage das nicht, um es dir einfacher zu machen. Es ist schlichtweg die Wahrheit. Ich kann mit mir selbst nicht mehr glücklich sein, kann mich selbst nicht mehr als Bella empfinden. Jetzt, da ich hier sitze, ist mir klar geworden, dass ich damals naiv war. Ich habe soviel gewollt, ohne zu sehen, was ich alles schon habe. Ich war fest davon überzeugt, dass alles gut werden und ich auch die Verwandlung unbeschadet überstehen würde, vor der ich so viel Angst hatte. Denn meine Mum hat mir einmal gesagt: Nichts ist so schlimm, wie wir fürchten. Heute weiß ich, dass auch nichts so gut wird, wie wir hoffen. Das wäre zu einfach. Und trotzdem habe ich damals geträumt. Von einem Leben als Vampir, von einem Leben mit dir. Von einer Liebe, die bis in die Ewigkeit mein Herz erfreut. Wer träumt dem wachsen Flügel, aber irgendwann, stürzt man hoffnungslos ab. Dann ist die Realität nichts weiter als eine abstrakte Illusion zerstörter Träume und Ideale. Ich weiß, dass das schwer zu verstehen ist, wenn ich sage, dass ich selbst nicht mehr genau weiß, wer ich bin. Es hat lange gedauert, aber jetzt weiß ich, dass alles, was mich zu Bella gemacht hat, ganz normale Eigenschaften und Charakterzüge waren. Eigenschaften und Charakterzüge eines Menschen. Es klingt seltsam, aber ich glaube, jetzt gerade gibt es nichts, was ich mir mehr wünsche, als einmal die Treppe hinunter zufallen, oder einen Ball nicht fangen zu können und mit voller Wucht gegen den Kopf zu bekommen. Damals habe ich mich so darauf gefreut, es nie wieder erleben zu müssen und heute weiß ich, dass diese Schusseligkeit, diese nicht vorhanden Fähigkeiten der guten Koordination, ein Teil von mir gewesen. Ein wichtiger Teil, der mich ausgemacht hat. Oder der Geruch meines Blutes. Ich habe ihn selber nie wahrgenommen, aber er war der einzige Grund, der dich dazu bewegen konnte, sich ernsthaft mit mir auseinander zu setzen. Er war der Grund dafür, dass du mich lieben gelernt hast. Glaube ich. Aber jetzt ist er nicht mehr da, genauso wenig wie mein Herzschlag. Weißt du noch, vor ein paar Tagen auf der Lichtung? Du vermisst ihn. Du hast es zugegeben und dafür bin ich dir unendlich dankbar. Denn dadurch ist mir erst bewusst geworden, dass er mir auch fehlt und, dass ich einen Ersatz finden muss. Etwas, das mich ausmacht. Etwas, das mich wieder zu Bella macht, auch wenn ich die Bälle, die man mir zuwirft ohne weiteres fangen kann. Ich muss lernen eine Bella zu werden, die fünf Fremdsprachen beherrscht, obwohl mir das Vokabellernen nie sonderlich gelegen hat. Ich schlucke. Obwohl ich so lange nachgedacht habe, ist es schwer, all mein Inneres in Worte zu fassen. Ich weiß, dass ich alle hier enttäusche. Ich weiß, dass sie es nicht wirklich nachvollziehen können, nur Rosalie vielleicht. Weißt du, was sie einmal zu mir gesagt hat? Ich kann mich noch daran erinnern, als wäre es erst ein paar Stunden her. „Es dauerte eine Weile, bis ich meine Schönheit für das verantwortlich machte, was mir zugestoßen war, und erkannte, dass sie ein Fluch war. Bis ich mir wünschte, ich wäre … nun ja, nicht hässlich, aber durchschnittlich.“ Ich weiß so genau, was sie meint. Alles in mir sehnt sich danach in einen Spiegel zu schauen, der wieder die Bella zeigt, die ich war. Nicht so perfekt. Nicht so schön. Denn das sind Eigenschaften, die meinem alten Ich so sehr widersprechen, dass ich einfach nicht mit ihnen umgehen kann. Draußen fängt es wieder an zu schneien und das Lachen unten im Wohnzimmer wird lauter. Morgen früh werden wir weiterfahren. Nein, das ist nicht ganz richtig. Sie werden weiterfahren. Ohne mich. Ich bitte dich nicht, mir zu verzeihen, was ich tue, Edward, denn ich weiß, dass ich kein Recht dazu habe. Vor einer Zeit habe ich dir alles versprochen. Meine Liebe, meine Zuneigung, mein Leben. An den ersten beiden hat sich rein gar nichts geändert und möchte, dass du das weißt und, dass du mir das glaubst. Ich liebe dich mehr als alles andere, was mir je begegnet ist. Ich liebe dich so sehr, dass ich mir sicher bin, dass dieses Gefühl bis an mein Ende mein Herz erfüllen wird. Aber ich kann nicht bleiben. Ich muss fort von hier, von diesem Ort, dieser Familie und auch von dir. Die Schneeflocken sind dick und wirken bauschig, wie Watte. Sie sind wunderschön und offenbare die Faszination des Winters. Früher habe ich ihn nicht gemocht. Das Glatteis hat mich zu oft fallen lassen, mich zu oft ins Krankenhaus befördert, als dass ich die Kälte hätte mögen können. Jetzt gab es für mich nichts Schöneres. Wie sehr man sich doch ändern konnte. Ich würde für alles, was mich damals aufgemacht hat, einen solchen Ersatz finden müssen. Ich würde mich wieder finden müssen, um meinen Traum irgendwann leben zu können. Und ich würde all das allein finden müssen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie unglaublich weh das tut, es aufzuschreiben. Denn erst dadurch wird mir selbst bewusst, wie endgültig diese Aussage ist. Ich brauche eine Chance, Edward. Ich brauche eine Chance, wieder ich zu sein um danach das Leben führen zu können, was ich mir immer gewünscht habe. Die Spitze des Füllers drückt sich in das Papier. Immer fester und es dauert, bis ich merke, dass sie kurz davor ist, zu brechen. Sofort verringere ich den Druck und betrachte den großen Tintenfleck, der sich gebildet hat. Wie eine der Tränen, die ich nicht weinen kann. Alles in mir vergeht vor Kummer, wenn ich nur daran denke, was ich dir damit antue. Wenn ich mir nur versuche vorzustellen, wie sehr ich dich enttäusche, wie sehr ich dich verrate. Aber vielleicht finde ich darin einen neuen Anfang, denn aus den Trümmern unserer Verzweiflung bauen wir unseren Charakter, ist es nicht so? Ich würde so gerne weinen, denn irgendwann habe ich in einem wunderschönen Gedicht einmal gelesen, dass Tränen das Herz reinigen. Das wäre so wunderbar einfach. Doch da sind keine Tränen in mir, da ist gar nichts mehr in mir und ich stehe vor der großen Aufgabe, diese Leere wieder zu füllen. Ich werde versuchen, es so gut wie möglich zu meistern, und danach zurückzukehren. Nicht einfach nur in diese Familie zurückzukehren, sondern vor allem zu dir. Versprechen werde ich es allerdings nicht, denn wenn ich eins gelernt habe, dann, dass man keine Versprechen geben sollte, von denen man sich nicht zu einhundert Prozent sicher ist, dass man sie halten kann. Ich möchte zurückkommen, Edward. Ich möchte nichts mehr, als erfolgreich sein bei meiner Suche und irgendwann wieder voller Glück in deinen Armen liegen können, denn diese Vorstellung, ist das einzige, was mich noch dazu treibt weiter für das zu kämpfen, was ich will. Alleine deine Existenz, allein dein Anblick gibt mir Hoffnung und das macht dich zu etwas besonderem, zu etwas großem. Denn die größten Menschen, oder auch Vampire, wie du magst, sind die, die anderen Hoffnung geben können. Hoffnung ist nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgeht, Edward. Hoffnung ist die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht. Und du bist nun einmal die Farbe, die meine so graue Welt wieder bunt zu machen vermag. Meine Augen brennen. Sie tränen nicht, sie können es gar nicht mehr, aber sie brennen, als würde ich jeden Moment losweinen. Das ist ein schönes Gefühl. Ein menschliches Gefühl. Ich lehne mich zurück. Schon wieder sitze ich so unglaublich lange hier und starre die weißen Seiten an, während ich verzweifelt versuche, meine Gefühle und Gedanken geordnet auf das Papier zu bannen. Ich habe das Gefühl, dass ich kläglich scheitere, dass ich mich wiederhole. Dass ich einfach nicht zum Punkt komme, dass ich gar nicht zum Punkt kommen will, weil es dann einfach so endgültig wäre. Ich atme tief durch. Dann mache ich einen Absatz und beginne erneut zu schreiben. Mir ist bewusst geworden, dass es das Schwierigste im Leben ist, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. Mein Verstand hat mir schon lange gesagt, dass es nicht ewig so weiter gehen kann. Mein Herz hat widersprochen, wollte bei dir bleiben, dich glücklich machen. Aber ich mache dich nicht glücklich, ich sehe in deinen Augen, wie sehr du an mir verzweifelst. Es würde schlimmer werden, Edward, bis wir uns irgendwann nicht einmal mehr ansehen könnten und das kann ich nicht zulassen. Mein Herz hat inzwischen eingesehen, dass es noch jemand anderen gibt. Jemanden, den ich beinahe genauso sehr liebe, wie dich und den ich nicht einfach im Stich lassen kann. Und das bin ich selbst. Und wenn man sich selbst treu bleiben will, dann kann man nicht immer anderen treu bleiben. Es ist der einzige Ausweg. Ich werde gehen, denn wenn ein Herz in Gefahr ist, dann gibt es genau zwei Möglichkeiten. Entweder man ignoriert die Probleme und alles bleibt, wie es ist, oder man greift an. Ich habe mich zu letzterem entschlossen. Ich werde alles geben, damit alles wieder wird, wie es hätte werden sollen. Es gibt Momente wie diesen, in denen es nicht auf die Worte ankommt, die man zueinander sagt, sondern darauf, dass man hingeht und etwas tut. Ich hoffe du verstehst das, wenigstens ein wenig. Ich will mich retten und dadurch uns. Wenn ich mich wieder finde, kehre ich zurück, das kann ich versprechen. Ob du mich dann noch lieben wirst, weiß ich nicht und das kannst auch du noch nicht wissen. Denn ich werde nicht mehr die sein, die ich heute bin oder gestern war. Ich kenne niemanden, der sich nicht einmal verändert hat. Ich hoffe, dass du mich dann trotzdem noch magst, mich mit denselben Augen siehst, wie damals. Mich mit demselben Blick musterst und mir noch immer dein schiefes Lächeln schenkst. Wenn nicht, werde ich dir keine Vorwürfe machen. Ich finde wieder in die Realität zurück, als ich bemerke, dass ich auf meinem Stift herumbeiße. Ich habe es ganz unbewusst getan und mit meinem unerschütterlichen Kiefer das Holz zerstört. Aber es stört mich nicht. Es ist mein Stift. Jetzt gerade habe ich viel mehr das Bedürfnis verstanden, als geliebt zu werden. Und deshalb werde ich aufbrechen, sobald ich diesen Brief zu Ende gebracht habe. Ich bereue das wenigste von dem, was ich getan habe, Edward, denn man soll nicht die Momente verfluchen, in denen man glücklich war. Vergiss niemals, dass auch die Ewigkeit aus Augenblicken besteht und du so viele wie möglich von ihnen genießen solltest, egal ob mit oder ohne mich. Ich verlange nicht von dir, auf mich zu warten. Es wäre einfach zu viel, wenn nicht sogar unverschämt, wenn ich diese Forderung stellen würde. Aber ich klammere mich an die Hoffnung wieder zu kommen, so klein sie auch sein mag. Denn wer die Sterne sehen will, der muss den Kopf heben und in den Himmel schauen. Anders geht es nicht. Ich liebe dich Edward, lasse dich niemals dazu verleiten, daran zu zweifeln, selbst wenn ich jetzt gehe. Denn auch wenn ich mich hiermit von dir verabschiede, weil ich zu feige bin, zu schwach bin um dir mit diesen Gedanken gegenüber zutreten und mir dir zu reden, mein Herz tut es nicht. Es wird immer bei dir sein, also gib gut darauf Acht. In ewiger Liebe, Bella Als ich unterschreibe, zittert meine Hand. Die Schrift wird ein klein wenig krakelig, nur minimal, aber sie ist nicht mehr perfekt. Ein schönes Gefühl. Mein Blick wandert über die eng beschriebenen Seiten und in meinem Innern wird das Bedürfnis, mich in eine Ecke zu setzen und einfach nur hemmungslos zu weinen, immer größer. Aber ich kann es nicht. So oft ich es schon versucht habe, ich kann nicht mehr weinen. Stattdessen beuge ich mich vor und hauche einen Kuss auf das Papier, das hier bei Edward bleiben würde. Ich habe mir bereits ein neues Tagebuch gekauft. Eines, für mein neues Leben. Den Stift lasse ich auch liegen und sehe, wie sich ein zweiter Tintenklecks auf dem Papier breit macht. Ich wende den Blick ab. Ich habe eine Entscheidung getroffen und werde sie nicht dadurch hinauszögern, dass ich mich an unzähligen Kleinigkeiten aufhalte. Ich schaue kurz aus dem Fenster, dann gehe ich zum Kleiderschrank und öffne ihn. Das erste, was mir ins Auge sticht, ist ein dunkler unauffälliger Mantel und ein roter Schal. Ich greife danach und schlüpfe hinein, um zu vermeiden, bei solch einem Wetter aufzufallen. Dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen und ziehe einen kleinen Schuhkarton hervor. Er ist alt, bestimmt fünfundzwanzig Jahre und enthält einige Kleinigkeiten, von denen ich mich nie habe trennen wollen. Der Großteil davon wird hier bleiben und vielleicht vergeblich auf meine Rückkehr warten, doch eines wird mich auf meiner Reise begleiten. Ich öffne den Karton, krame darin herum und ziehe schließlich das kleine Medaillon hervor, das mir Edward vor Jahren geschenkt hat. Ein Erbstück seiner Mutter. Ich verwahre es hier drin auf, da ich Angst habe, es zu verlieren. Doch diese Zeiten sind nun vorbei. Ich hänge es mir um und verstaue es unter meiner Jacke, damit ich etwas habe, woran ich mich festhalten kann. Dann schließe ich den Kleiderschrank wieder, greife nach dem neuen, noch unberührten Tagebuch auf dem Tisch und lasse das Alte aufgeschlagen liegen. Ich will gerade die Tür öffnen, als Edward eintritt. Er bleibt auf der Schwelle stehen, mustert mich. „Du gehst“, sagt er. Es ist keine Frage. Es ist eine Feststellung. „Ja“, sage ich. Meine Stimme ist leise, wollte ich ein solches Aufeinandertreffen doch eigentlich vermeiden. Er macht einen Schritt auf mich zu und schaut mich direkt an. Ich sehe Trauer in seinen Augen, doch er verzieht keine Miene. Da wird mir klar, dass er es die ganze Zeit gewusst hat, dass er die ganze Zeit darauf gewartet hat. Seine Hand hebt sich und streicht mir schließlich vorsichtig über die Wange. Als will er die Tränen wegwischen, die ich nicht weinen kann. „Hast du Angst?“, flüstert er leise und ich schließe die Augen. Dann nicke ich. „Das ist gut“, höre ich ihn murmeln und spüre noch immer seine Finger auf meiner Wange. „Das bedeutet, dass du noch etwas zu verlieren hast.“ Seine Lippen berühren leicht meine Stirn. Ich spüre es, will, dass es nicht aufhört, doch schon nach Sekunden ist es vorbei. Als ich die Augen öffne, steht er nicht mehr vor mir. Ich muss mich umdrehen und sehe, dass er am Fenster ist und hinausschaut. Das Tagebuch hat er noch nicht angefasst. „Ich liebe dich, Bella, vergiss das nicht, in deinem neuen Leben.“ Ich will etwas sagen, will den Mut haben, ihm all das zu erzählen, was in meinem Kopf umherschwirrt und das ich bisher nur dem Papier anvertraut habe. Ich will ihm sagen, wie Leid es mir tut. Wie sehr ich ihn liebe. Doch meine Stimme versagt. Ich versage. Ich schaue zu Boden, dann drehe ich mich um und gehe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)