Hass+Hass=Liebe? von Himikario ================================================================================ Kapitel 13: Regen ----------------- Am nächsten Tag ging Ed zwar arbeiten, aber eigentlich war er den ganzen Tag geistig abwesend. Ständig fielen ihm Sachen runter, die er in seiner Unachtsamkeit umwarf oder er starrte einfach nur Löcher in die Luft und versuchte eine Endscheidung zu fällen. Eine Entscheidung mit der er sich unglaublich schwer tat. Obwohl den Anderen Eds merkwürdiges Verhalten mehr als nur auffiel, sagte keiner ein Wort dazu, denn keiner wusste was los war. Sogar Mustang sah heute davon ab, Ed sarkastische Sprüche oder Witze über seine Größe an den Kopf zu werfen, was er normalerweise jeden Tag zu pflegen tat. Gemeinsam sorgten sie dafür, das auch Edwards Arbeit erledigt wurde, denn sie alle hatten schnell bemerkt, das Ed heute einfach nichts auf die Reihe bekommen würde. Aber es war auch ein ungewöhnlich ruhiger Tag, was es ihnen einfach machte, Eds Arbeit unter sich aufzuteilen. Mustang seufzte schwer. Die Befragung zu dem merkwürdigen Vorfall gestern stand noch an und Roy würde nicht drum herumkommen, das heute noch mit Ed zu erledigen. Er fragte sich wie er aus diesem schwachen Abbild von Ed überhaupt etwas herausbekommen sollte. Er seufzte erneut. Sams Befragung hatten sie glücklicherweise schon gestern hinter sich bringen können. Laut seiner Aussage hatte ihn, der ihnen als Envy bekannte Homunkulus, aus heiterem Himmel angegriffen und so zugerichtet, Ed sei ihm zur Hilfe geeilt und hatte ihn in Schach gehalten, bis der Rest des Militärs durch den Lärm alarmiert wurde und Envy angesichts der Übermacht floh. Aber welches Motiv sollte dieser grün haarige Homunkulus haben, Sam einfach anzugreifen. Abgesehen davon, das diese Homunkuli verdammt launisch schienen und öfters ihren undurchsichtigen Pläne verfolgten, gab es keinen annähernd logischen Grund. Obwohl die viel wichtigere Frage hierauf natürlich lautete: „Wie zur Hölle dieser Homunkulus völlig unbemerkt ins Central City Hauptquartier eindringen konnte.“ Ed hatte ihnen zwar bereits damals, nach ihrer ersten Begegnung berichtet, das dieses Wesen es vermochte, die Gestalt von anderen anzunehmen, aber sollte seine Fähigkeit wirklich so perfekt sein, das Niemand im ganzen Hauptquartier erkannte, das es sich um eine Fälschung handelte? Das warf eine erhebliche Sicherheitslücke auf und zudem weitere Fragen. Wenn er sich schon so einfach ins Hauptquartier hatte schleichen können, wieso hatte er es nicht auf King Bradley oder einen anderen hohen Offizier abgesehen, sondern auf einen frisch her versetzten Leutnant? Egal er bräuchte von Fullmetal lediglich die Bestätigung dieser Geschichte. „Fullmetal“, rief der Colonel. Keine Reaktion. Edward starrte weiterhin gedankenverloren aus dem Fenster. Mustang knirschte ungeduldig mit den Zähnen. „Fullmetal“, rief er nun mit Nachdruck in der Stimme. Noch immer keine Reaktion. Nicht mal ein Zucken oder ähnliches. Die Augenbrauen des Colonels zogen sich zusammen wie zwei schwarze Gewitterwolken und während er aufstand bildete sich ein nervöses Zucken um seine verstimmten Mundwinkel. „Edward Elric“, sagte er in drohenden Unterton während er auf Ed zukam. Doch noch immer schien Ed nicht auf Mustang zu reagieren. Das reichte! Alle um sie herum hielten gespannt die Luft an. Als Mustang hinter Ed stand, verpasste er ihm einen harten Schlag auf den Hinterkopf. „Aua, verdammt, was soll der Scheiß“, fluchte Edward,endlich zurück in der Gegenwart. „Das kommt davon wenn man seinen Vorgesetzten einfach ignoriert“, fauchte Mustang ihn an. Eds warf ihm einen verwirrten Blick zu. Er hatte ihn ignoriert? War er wirklich so sehr in seine Gedanken vertieft gewesen, das er alles um sich herum ausgeblendet hatte? Selbst seinen vor Wut schnaufenden Chef? Mustang seufzte wieder. Dieser Junge war unverbesserlich. „ Wie auch immer“, murmelte Mustang und stellte dann endlich doch die Frage: „Was ist gestern Abend vorgefallen, Fullmetal?“ Edward schwieg einen Moment. Was sollte er ihm erzählen? Er konnte unmöglich Lügen, die Wahrscheinlichkeit, das Sam ihnen bereits von dem grün haarigen Formwandler erzählt hatte, war einfach zu groß. Außerdem war Mustang nicht blöd genug, um nicht eins und eins zusammen zählen zu können. Er war mit Sicherheit darauf gekommen, das es sich bei Sams Angreifer nur um Envy handeln konnte. Also was sollte er ihm erzählen, ohne sich selbst und Envy vielleicht zu verraten? Wie viel wusste Mustang? Wusste er von dem Kuss bevor Envy sie fluchtartig verlassen hatte? Allerdings wenn er es wüsste, hätte er Ed vielleicht nicht bereits festnehmen lassen, da er annehmen müsste, das er selbst gemeinsame Sache mit den Homunkuli machte? Dann hatte Sam ihn also nicht verraten? Trotz allem was ihm dank Envy gestern widerfahren war und obwohl Sam wusste, das Ed ein Verhältnis mit ihm hatte? Wahrscheinlich sollte er sich bei Sam bedanken und versuchen herauszufinden, wie es überhaupt zu diesem Angriff gekommen war. Vielleicht würde es Mustang genügen einen Ausschnitt des Abends zu hören, er würde die selbst belastenden Teile einfach diskret unter den Tisch fallen lassen. Ed biss sich auf die Lippen, es fühlte sich ein wenig wie Verrat an. Aber hatte nicht auch Envy ihn mehr oder weniger verraten? „Envy, der Homunkulus Envy, begegnete uns gestern Abend in ihrer Gestalt in den Kellerräumen des Hauptquartiers. Nach einem kurzen Gespräch zwischen Sam und ihrem Abbild, ließen mich die beiden stehen. Kurze Zeit später hörte ich Gepolter aus einem der nahegelegenen Räume und ging der Sache nach. Envy hatte seine ursprüngliche Gestalt angenommen und Sam übel zugerichtet. Ich versuchte ihn davon abzuhalten, Sam noch mehr Schaden zuzufügen und konnte ihn irgendwie lange genug von Sam ablenken bis uns andere Soldaten zur Hilfe eilten. Allerdings konnte ich ihn nicht davon abhalten, rechtzeitig vor dem Eintreffen der Soldaten, zu fliehen. Es tut mit Leid, Colonel. Wie geht es Sam?“, schilderte Ed kurz und mit reichlich Aussparungen den gestrigen Abend. „Sam geht es den Umständen entsprechend gut. Wir können von Glück sprechen, da er lediglich zwei gebrochene Rippen hat und hier und da ein paar Blutergüsse. Er wird bald wieder auf den Beinen sein. Das hat er wahrscheinlich alleine dir zu verdanken, wärst du nicht rechtzeitig eingeschritten, wäre er jetzt vielleicht nicht mehr am Leben“, versuchte ihn Mustang aufzumuntern, nicht wissend das er damit eher das Gegenteil erreichte. Denn die Aussicht das Sam auch kalt und weiß im Leichenschauhaus liegen könnte, nur weil er zufällig in der Nähe war, als Envy ihn aufgesucht hatte, ließ eine widerliche Übelkeit in ihm aufsteigen. „Colonel, wäre es vielleicht möglich, Leutnant Flaker besuchen zu gehen?“, fragte Ed. Mustang lächelte. Er wusste, der Junge trug das Herz am rechten Fleck. „Geh ruhig, Fullmetal“, erteilte ihm der Colonel die Erlaubnis und begab sich dann ohne ein weiteres Wort zurück zu seinem Schreibtisch. Das ließ sich Ed nicht zwei Mal sagen, er packte schnell seine Sachen zusammen, verabschiedete sich kurz und war auch schon auf dem Weg in den Militär Krankenflügel. Nachdem er kurz bei der Empfangsdame nachgefragte hatte in welchem Zimmer sich Sam befand, stand er auch schon vor dessen Tür. Allerdings zögerte er noch hinein zu gehen. Immerhin war es zumindest auch indirekt Eds Schuld, das Sam überhaupt hier war und trotz allem hatte Sam scheinbar für ihn gelogen. Oder zumindest wie er selbst einige verräterische und belastende Details ausgelassen. Obwohl wie sich eigentlich kaum kannten, wusste Sam bereits einige Dinge, die niemand Anderes wusste, nicht einmal sein eigener Bruder und jetzt beschützte Sam ihn auch noch. Hatte er das alles denn überhaupt verdient? Immerhin war er scheinbar dumm genug gewesen sich in einen Homunkulus zu verlieben, der in seinem ganzen unsterblichen Leben wahrscheinlich nichts anderes gemacht hatte, als Unheil und Tod über die Menschen zu bringen und zu Lügen und zu betrügen, wo es nur ging. War sein Herz wirklich so einfältig zu hoffen, das sich etwas ändern könnte? Edward lächelte traurig. Ja, das war es wohl noch immer. Er würde sich entschuldigen und gleichzeitig bedanken müssen, bei dem Mann hinter dieser Tür. Genau das würde er jetzt tun. Ed straffte die Schultern und klopfte an die Krankenzimmertür. „Herein“, rief eine kräftige Stimme von innen. Ed öffnete die Tür und betrat den weißen, kahlen Krankenraum. „Edward“, begrüßte Sam ihm mit einem schwachen, aber ehrlichen Lächeln. Ed schloss die Tür hinter sich und trat an Sams Bett heran. Eds Augen waren auf den Boden zu seinen Füßen gerichtet. „Sam, es tut mir alles so leid, ich...“, begann Ed, stockte dann jedoch und biss sich wieder auf die Unterlippe. Gab es dafür eigentlich eine richtige Entschuldigung? „Schon gut, Ed. Dich trifft keine Schuld, das Herz will manchmal einfach was das Herz will, ohne das der Verstand da viel zu sagen hätte“, meinte Sam. Liebe war schließlich nicht was man wirklich steuern konnte, manchmal überrollte sie einen einfach ohne Vorwarnung und Rücksicht auf Verluste. Leise schlichen sich zwei kleine Tropfen aus Eds Augen. „Aber würde ich ihn nicht...würde ihn nicht...“, begann Ed stockend. „Lieben?“, beendete Sam den Satz für ihn. Jetzt sah Ed zum ersten Mal auf und blickte in Sams Augen, in denen weder Hass, noch Ekel oder Abscheu ihm gegenüber zu lesen war. „Aber ohne mich wärst du nicht hier“, murmelte Ed und machte eine, denn Raum umfassende Handbewegung. Wie konnte er ihn nur noch immer nicht hassen? Ein weiches, etwas trauriges Lächeln zierte sein Gesicht. „Stimmt, ohne dich wäre ich vielleicht schon längst tot“, sagte Sam. „So ein Blödsinn! Ohne mich wärst du doch gar nicht erst in diese Situation geraten“; brüllte Ed schon fast etwas ungehalten. Weitere Tränen bahnten sich damit ihren Weg aus Edwards goldenen Augen. Sam schüttelte leicht den Kopf. „Sei dir da mal nicht so sicher, Ed. Denn eigentlich bin ich schon länger hinter Envy her, aus persönlichen Gründen. Früher oder später hätte ich ihn wahrscheinlich sowieso gefunden und dann wäre es unweigerlich zu einer Konfrontation gekommen. Denn ich werde ihm nie vergeben können was er mir angetan hat“, erklärte Sam und hielt einen Moment inne, ehe er fortfuhr, „Ich wusste um Envys Wandlungsfähigkeit und als er uns gestern Abend aufsuchte, kam der vermeintliche Mustang mir merkwürdig vor. Während ihr vorgegangen seid, habe ich ein paar Telefonate geführt und konnte somit ausschließen, das es sich um Mustang handelte. Deswegen bin ich euch gefolgt und wollte mit ihm alleine sprechen. Ich weiß um deine Gefühle für ihn, aber ich werde ihm nie vergeben können, niemals!“ Sams Blick verhärtete sich während er das letzte Wort aussprach. Hinter diesen Worten lang unglaublicher Schmerz und großer Hass. „Ich habe ihn provoziert, obwohl ich weiß, das er unsterblich ist. Aber ich konnte mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Deswegen war es auch nicht deine Schuld, Edward. Es war alleine mein blinder, unüberlegter Zorn und der Wunsch nach Rache, der mich in diese Lage gebracht hat,“ versicherte Sam Edward. Edwards Augen waren während dieser Erzählung immer größer und größer geworden. Niemals hätte er mit so etwas gerechnet. „Was hat er dir angetan?“, flüsterte Edward kaum wahrnehmbar. Diese Frage war ihm einfach so rausgerutscht. Jetzt war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er die Antwort auf diese Frage überhaupt wollte. Er wusste das Envy viele schlimme, unverzeihliche Dinge getan hatte. Doch sein Gewissen, hatte seid dieser Anziehungskraft die die beiden füreinander empfanden, stets diskret versucht, solche Gedanken möglichst nicht in sein Bewusstsein dringen zu lassen. „Das kann ich dir nicht sagen, du bist noch so jung und es würde uns beide schmerzen und ich für meinen Teil habe im Moment genug Schmerzen. Vielleicht irgendwann einmal“ sagte Sam und blieb Ed so eine Antwort schuldig. Aber wahrscheinlich hatte er Recht. Es würde Edward schmerzen zu hören, welche Grausamkeiten Envy, den er liebte, Sam angetan hatte. Gerade weil Sam für ihm zu einem Freund und Vertrauten geworden ist. Weder sein Herz, noch sein Verstand wären wirklich in der Lage dazu, Envys morbide und zärtliche Seite in Einklang zu bringen. Wie auch? Das Alles passte einfach nicht zusammen, denn wie konnte er Bilder in Einklang bringen, wo Envy auf der einen Seite Menschen tötete und Erinnerung wie er ihm mit den gleichen Hände zärtlich über die Wange fährt? Immer mehr Tränen sammelten sich an Eds Kinn. Wie hatte das alles nur passieren können? Und wie war es möglich, das er so jemanden wie Envy liebte? Wie? Er wusste darauf keine Antwort. „Es tut mir so leid, Sam“, entschuldigte sich Edward erneut und verließ fluchtartig denn Krankenflügel, ehe Sam noch irgendetwas erwidern konnte. Edward war so verwirrt und unsicher. Er hielt es mit sich selber in seinem Kopf kaum mehr aus und er wollte Sam damit nicht noch weiter belasten, er war nur in diese Sache mit rein geraten, weil Edward ihm so viel über seine Beziehung mit Envy anvertraut hatte. Ganz gleich, was Sam sagte. Ohne ihn, wäre Sam Envy gewiss nicht so nah gekommen, denn die Homunkuli ließen sich nur finden, wenn sie selbst das so wollten, weil sie ihre Pläne verfolgten. Niemals wäre Sam Envy einfach so begegnet. Ed lief und lief und lief. Er lief weg vor der Wahrheit, dem Schmerz, seiner Liebe, seiner Verwirrung. Er versuchte allem zu entfliehen, doch es hatte sich fest an sein Herz gekettet. Es hatte keinen Sinn weg zu laufen. Er würde all dem nicht entkommen. Bald war Edward außerhalb von Central City. Er war so weit gelaufen. Jetzt stützte er sich nach Atem ringend gegen eine verwitterte Mauer, die nur noch zur Hälfte stand. Als sich sein Atem einigermaßen beruhigt hatte und er sich umblickte, sah er in einiger Entfernung einen kleinen Bauernhof mit vielen angrenzenden Weizenfeldern, die zwar schon hochgewachsen aber noch sehr grün schimmerten. Ansonsten umgab ihn nichts als eine Natur und Einsamkeit. Die Vögel sangen fröhliche Melodien, in der warmen Brise und die Grillen zirpten mindestens ebenso vergnügt. Ed war im Moment so gar nicht nach Fröhlichkeit zu mute. Nein. Nein, das konnte unmöglich sein. Das konnte unmöglich ER sein, der da den Weg hoch gerannt kam, aus der Richtung von Central. Aber diesen schlanken Körper und diese grünen Haare würde er wohl überall wiedererkennen, auch auf die große Distanz, die noch zwischen ihnen lag. Eine Art Schüttelfrost breitete sich in seinem Körper aus. Ihm war heiß und kalt gleichzeitig. Diese beiden Kräfte begannen in seinem Inneren zu wütend und drohten alles zu zertrümmern, alles was in ihm bis jetzt so lange Bestand gehabt hatte. Er wusste nicht mehr wirklich wo oben und unten war. Er wusste gar nichts mehr, aber umso näher Envy ihm kam, umso mehr legte sich dieser innere Sturm immer mehr und mehr. Sobald sie sich in die Augen sehen konnten, hielten sie einander mit Blicken fest. Envy rannte nun nicht mehr, sondern ging langsam auf Ed zu. Ein paar Meter vor Ed blieb er verunsichert stehen. „Edward“, flüsterte Envy sehnsüchtig. „Envy“, sagte Edward mit bitterem Unterton. Envys Stirn legte sich in düstere Falten, ihm schwante nichts Gutes. „Edward, es tut mir leid“, bat Envy um Entschuldigung und machte dabei einen Schritt auf Ed zu. Aber Ed schüttelte leicht den Kopf und ging im Gegenzug einen Schritt zurück. Ein eisiges Messer schien sich plötzlich in Envys Herz zu bohren, denn alleine diese kleine Geste tat bereits entsetzlich weh. „Ich bin nicht Derjenige, bei dem du dich entschuldigen solltest“, meinte Edward traurig. Envy blieb jetzt stehn. „Aber du bist der Einzige bei dem ich mich entschuldigen kann. Er würde das weder wollen, noch akzeptieren. Er hasst mich. Wahrscheinlich würde er mich am liebsten töten“, erklärte Envy und seine Hände glitten dabei unbeholfen, ruhelos durch die Luft. Ed begann am ganzen Körper zu zittern, geschüttelt von Wut und Verzweiflung. Envy streckte die Hände nach Ed aus und wollte die Distanz zwischen ihnen überwinden, doch bevor er sich auch nur einen Schritt vor gewagt hatte, flüsterte Edward mit Nachdruck: „Nicht!“ Envy blieb stehen und ballte hilflos die Hände zu Fäusten und bohrte sich die Fingernägel tief in die Handflächen, sein ganzer Körper versteifte sich augenblicklich. „Was hast du ihm angetan?“, fragte Ed mit brüchiger Stimme. Seine Augen brannten heiß, doch noch war er nicht bereit dieser Schwäche, diesem Brennen nach zu geben. Noch nicht. Envy schluckte schwer, ehe er sagte: „ Etwas Unverzeihliches, etwas das so schrecklich ist, das er gar nicht anders kann um mich abgrundtief zu hassen und mir den Tod zu wünschen.“ Envy schlug den Blick nieder. „Wieso?“, flüsterte Edward und die erste Träne lief ihm über die Wange. Envy schüttelte den Kopf. Er konnte ihm darauf keine Antwort geben, keine die diese Schmerzen, die Edward schüttelten, beendeten. „Wieso?“, fragte Ed nun lauter und machte einen Schritt auf ihn zu. Envy blickte ihn an, aber noch immer kam kein Ton aus ihm heraus. „Wieso?“, brüllte Edward ihn nun an und überquerte die Distanz zwischen ihnen völlig. Edwards scharfer, goldener Blick bohrte sich wie ein Pfeil in seine Augen. Dann traf ihn unvermittelt Edwards metallene Faust und riss ihn von den Beinen. Envy fiel hart auf den Boden, ätzte kurz als sich die ganzen Unebenheiten in seinen Rücken bohrten. Drei Sekunden später saß Edward rittlings auf ihm drauf und hämmerte mit seinen Fäusten gegen seine Brust. Es schmerzte äußerlich wie innerlich. Jeder Schlag hallte in seinen Knochen und in seinem Herzen wieder. Bohrte sich tief hinein in seine schwarze Seele, hinein in die undurchsichtigste Dunkelheit seines Seins. Es brachte alles ins wanken. „Wieso Ich? Wieso ausgerechnet ich und wieso bist du so...so“, brüllte Ed ihn an und rang gleichzeitig um Worte. Envys Mund öffnete sich, doch kein Laut drang daraus hervor. Edwards Schläge ließen langsam nach. Resignation umschlang sein Herz. Ed krallte seine Hände in Envys Oberteil und durchnässte es mit den verzweifelten Tränen, die seinen Augen entströmten. „Sag mir wieso, Envy“, flüsterte Ed. Wieder öffnete Envy den Mund. „Weil ich dich liebe, Ed“, sagte Envy mit einem traurigen Lächeln. „Aber was ist es für eine Liebe, wenn du mich, wenn du die die mir nahestehen verletzt?“, fragte Edward und krallte sich noch fester in Envys Oberteil. „Die Liebe meines schwarzen Herzens“, antwortete Envy und auch seine Augen begannen zu brennen. Edward schluchzte schwer und zitterte noch immer, wie vom Fieber geschüttelt. „Envy, ich kann das nicht!“, sagte Edward und drückte seinen Körper in ein aufrechte Position, „ich weiß nicht wie ich die die ich liebe vor dir schützen soll, wenn ich dich liebe. Ich weiß nur wie, wenn ich dich... wenn wir wieder...“ „Feinde sind?“, fragte Envy bitter und seine Augen brannten immer mehr, schon fast unerträglich. Die Dunkelheit komprimierte sich immer mehr um Envys Herz und drückte es zusammen, wie eine Weintraube. „Aber ich liebe dich doch, Edward. Ich liebe dich, wie ich noch nie jemanden geliebt habe“, hauchte Envy und legte seine Hände nun auf Edwards Rücken, „ und du liebst mich doch ebenfalls, Ed“ „Und wieso bin ich dann der Einzige der weint?“, fragte Ed und sah Envy aus verquollenen, goldschimmernden Augen an. Envy setzte sich unter Edward auf während er flüsterte: „Weil du für mich die Tränen mit weinst, die ich verlernt habe zu weinen.“ Edwards Augen wurden groß und Envy zog ihn fest in seine Arme. Das war vielleicht das letzte Mal, das er Ed so im Arm halten würde. Nun konnte Edward spüren, wie sehr auch Envys Körper zitterte, so dich aneinander gepresst. Tief sog er Envys Geruch in sich auf. Aber diese Nähe war nicht gut, sie würde ihn schwach werden lassen. Er versuchte sich aus Envys warmen, kräftigen Armen zu lösen, aber sie legten sich nur noch fester um ihn. „Bitte nicht Edward“, flüsterte Envys heißer Atem in sein Ohr. „Bitte gewähre mir noch diese kurzen Momente“, bat er sanft. Edward gab seine Gegenwehr wieder auf und ließ sich völlig vereinnahmen. Es würde das letzte Mal sein. Vorsichtig löste Envy sich etwas von Ed und sah ihm tief in die Augen. Ihre Augen verschmolzen miteinander, ebenso wie ihre Münder wenige Sekunden später. Es lag eine schwere Sehnsucht, eine schwere Tiefe und Erkenntnis in diesem Kuss. Es war ein feuchter, hitziger Kuss und doch der Allerbeste und Schrecklichste zugleich. Kurz löste Envy ihn. „Ich werde immer da sein, um dich zu hassen, mein süßer Edward“ , versprach Envy ihm keuchend, bevor er seine Lippen wieder mit Edwards vereinte. Edward krallte sich an Envy fest, wie ein Ertrinkender an einem Rettungsreifen in stürmischer See. Er hatte das Gefühl er müsste ertrinken, wenn er ihn losließ. Aber er wusste, das er das vielleicht unweigerlich eines Tages würde, wenn er sich weiter an ihm festhielt. Welche Ironie. Im nächsten Moment traf Ed ein Tropfen, erst dachte er Envy hätte angefangen zu weinen, aber als er vorsichtig den Kuss löste und hinauf in den Himmel blickte, hatte sich eine schwarzgraue Wolkenfront über ihnen zusammen gebraut und schon traf Ed erneut ein Regentropfen und noch einer und noch einer, bis es kurze Zeit später in einen gleichmäßigen Strom überging. Auch Envy blickte hinauf in den Himmel und dann zurück in Eds Augen, eine tiefe Traurigkeit hatte sich in den amethystfarbenen Augen niedergelassen. Sie waren etwas gerötet, obwohl er nicht eine einzige Träne geweint hatte. Aber vielleicht konnte er das ja wirklich nicht mehr? Es dauerte nur wenige Sekunden bis die beiden bis auf die Knochen vom Regen durchnässt waren. „Du solltest jetzt gehen,Edward“, sagte Envy zögerlich, „denn sonst weiß ich nicht, ob ich dich gehen lassen kann“ Die Tränen, die zwischendurch versiegt waren, traten nun wieder in Edwards Augen. „Auf Wiedersehen, mein Liebster“ Ed hauchte ihm einen letzten zarten Kuss auf die Lippen. „Sei gegrüßt, mein Feind“ Mit diesen Worten erhob sich Edward von Envy, hielt seinen Blick noch einen kurzen Moment gefangen, der sich anfühlte wie ein Wimpernschlag. Dann drehte er sich um und rannte davon. Lief erneut davon, nur diesmal vor seiner Liebe, vor seiner Sehnsucht und der Gefahr. Umso weiter er sich von ihm entfernte, umso größer wurde das Loch in seinem Herzen, aber er konnte nicht bleiben und riskieren, das es ganz aufhörte zu Schlagen. Er hatte ein Versprechen gegeben, welches er unbedingt halten wollte. Vielleicht würde er sein Herz in den Abgrund stürzen, wenn er sein Versprechen erfüllt hatte, aber jetzt musste er erst einmal davor wegrennen, auch wenn es sein Herz brennen ließ, trotz des kühlen Regens. Envys Augen hingen noch lange am Fullmetal Alchemisten. Je mehr sich Edward von ihm entfernte, umso mehr tat das auch sein Herz. Die Verzweiflung fraß sich immer tiefer in sein ausgedörrtes schwarzes Herz, welches sich so sehr nach Liebe gesehnt hatte. Die Liebe, die kurzen Augenblicke, die ihm mit Edward vergönnt gewesen waren, hatten es wieder etwas wachsen lassen, aber die Verzweiflung verschlang es jetzt regelrecht. Es war ihm nicht nicht gestattet, sein eigenes Glück in dieser Liebe zu finden. Aber jemand Anderes kam für ihn nicht in Frage. Edward war der Eine, der diese Dunkelheit durchdrungen hat und ihm Licht gebracht hatte, das einzige Licht, welches er nach Jahrhunderten mal wieder gesehen hatte und nun war er fort. Fort aus seinen Augen und fort aus seiner Seele. Zurück blieb nur die schwarze Leere. Er blickte hinauf in den ebenso schwarzen Himmel und schrie ihn an. „Wieso!“ Wieso wurde ihm das Einzige genommen, was ihm etwas bedeutete. War das die Strafe für all die Dinge, die er in seinem unsterblich Leben, anderen angetan hatte? Eisige Finger umklammerten sein Herz, immer mehr und mehr, sie würden es nicht mehr hergeben. Ein Tropfen fiel Envy in den Augenwinkel und rann sein Gesicht hinab zum Kinn. Weinte der Himmel jetzt die Tränen die er nicht hatte weinen können? Wieso war es selbst dem Himmel vergönnt zu trauern? Nur ihm nicht? Sekunden später füllten sich seine Augen mit stillen Tränen, die sich mit den Tränen des Himmels vermischten und von der Tragödie zeugten. Envy sank völlig in sich zusammen und wurde von Weinkrämpfen geschüttelt. Er liebte ihn doch, er liebte ihn so sehr. Nie hätte er ihm Leid zugefügt, aber das hatte er indirekt. Aber wie konnte er behaupten ihn zu lieben, wenn er ihm weh tat? Vielleicht war seine Liebe nicht stark genug gewesen, um die nach Blut lechzenden Kreaturen in seinem Inneren zu überwinden. Aber wie sollte er jetzt erfahren, ob sie je hätte stark genug werden können? Das hätte sie! Das hätte sie ganz Gewiss. Doch jetzt war alles verloren. Alles auf was er je zu hoffen gewagt hatte, seitdem er sich zu Edward hingezogen gefühlt hatte. Die Dunkelheit schlug immer mehr um sich und verschlang nach und nach Envys Körper und sein Innerstes. Es blieb zurück in völliger Dunkelheit. Was würde er jetzt tun? Was? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)