Little Brother + Big Brother =Chaos von Gouda-kun (Der ganz normale Wahnsinn!) ================================================================================ Kapitel 8: Die Hitzeperiode --------------------------- Kuroro lag auf den Rücken im Gras und blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne. Ihre warmen Strahlen fielen angenehm auf seinen ohnehin schon gebräunten Körper. Manchmal warf er Marcel einem verborgenen Blick zu. Der kleine, blonde Menschenjunge war für ihn wie ein Hilfloser Welpe, den er betüdeln musste. Ganz gleich was geschah, es lebte nun mal ein Wolf in seiner Brust – Und diese Wesen konnten gar nicht anders als einen Welpen zu beschützen. Vor vielen Jahren hatte Jeremy ihm aus der Patsche geholfen, und da er ein stolzer Kerl war, ließ er diese Schuld nicht belanglos auf sich sitzen. Die Röte in Marcels Gesicht gefiel Kuroro schon mal gar nicht. Das könnte böse enden, wenn man nicht rechtzeig eingriff. Der junge Wolf richtete sich auf. „Marcel… ich glaube du hast einen Sonnenbrand“ Ein wenig perplex sah dieser ihn an. Himmelblau traf auf Karminrot. Marcel berührte mit den Fingern sein Gesicht – die Haut fühlte sich verdammt warm an, und zum Zerreisen gespannt. „Ach verdammt“ murmelte er. „Ich liege hier noch nicht mal eine Stunde, und schon habe ich mich verbrannt!“ Kuroro lächelte ihn nachsichtig an, „Du bist ja auch voll die Milchflasche, das ist also nicht wirklich sonderbar, hm? Am besten gehst du jetzt ins Haus zurück und nimmst eine kalte Dusche – das wird die Haut erst mal kühlen“ Das gesagte klang in Marcels Ohren so ziemlich nach einem Befehl. Außerdem hatte Kuroro höchstwahrscheinlich recht – auch wenn er lieber noch ein wenig in der Sonne gelegen hätte. Er nahm sein Handy und steckte es zu einer leeren Kaugummi Packung in seine Hosentasche. Grade wollte er die Liege zusammen klappten, als Kuroro überraschender weise seine Hände fasste. „Lass sie nur stehen; ich wollte mich noch ein wenig sonnen. Naher räume ich die Liege auch weg“ Marcel nickte. Er hatte das Gefühl, das man dem jungen Werwolf man Vertrauen konnte. Auch wenn es sich in dem Fall nur ein Sonnenliege handelte. Vielleicht wiegte er sich in falscher Sicherheit, aber Daimon war ja noch in der Nähe… Im Haus war es angenehm kühl und still. Also waren Jeremy und Kiley immer noch auf dem Heimweg. Plötzlich hörte Marcel leise Schritte hinter sich. Zugleich drehte er sich um. Daimon. „Ach, du warst draußen…“ der ältere Bruder musterte sein Gesicht genau. Ein kurzes Jucken umspielte Daimons blasse Lippen, „…hast dich ja ordentlich verbrannt, wie?“ Marcel zuckte die Schultern, „Geht, es tut ein bisschen weh, aber…- “ „Kein aber! Einen Sonnenbrand sollte man ernst nehmen, Junge!“ Noch während Daimon zeterte zog er den Kleinen in die Küche und bereitete dort einen kühlenden Quarkwickel vor. „Manchmal bist du echt Strohdoof! Hast du dich vorhin überhaupt eingecremt?! Nein oder? Wusste ich es doch…. Das gibt naher nur wieder Stress mit Jerry; er denkt dann wieder ich wäre nicht dazu fähig um auf dich aufzupassen. Sagt grade der richtige!“ Wild vor sich her diskutierend drehte sich Daimon auf den Fersen um, und klatschte Marcel recht lieblos den Quarkwickel ins Gesicht. Dann setzte er seine Schimpfkanone fort. „Vor knapp 24 Stunden hätte er dich beinah auf Kreuz gelegt, und ausgesaugt. Mir ist das noch nie passiert, also bei dir meine ich, genau so wenig Kim. Wir beiden können uns immer beherrschen, und das ist nicht grade ein Zuckerschlecken wo du doch ständig da bist. Aber dieser Jeremy! Hat der nichts Besseres zu tun als dich anzugreifen! Ohne Kim und – “ „Schon gut Daimon!“ Plötzlich fühlte Marcel etwas das er noch nie in Daimon Gegenwart gespürt hatte; Der verhasste Bruder machte sich tatsächlich sorgen um IHN. Und er war sogar richtig wütend darüber dass Jeremy IHN fast ernsthaft verletzt hätte. Das änderte die gesamte Situation. Doch Daimon schien sich auf einmal unbehaglich zu fühlen, er kaute nervös auf seinem Lippenpiercing herum. Doch so gut er es auch verbergen wollte - Marcel war sich ziemlich sicher dass er den Grund dafür wusste; Noch nie hatte Daimon ihm gegenüber Gefühle gezeigt, das war dem Dämon fremd. Das war in seinen, in Daimons Augen, ein Zeichen für Schwäche. So dachte zu mindestens Marcel über die Sache. Als Marcel wenig später den Quark wegwarf und das Handtuch, wo drin dieser eingewickelt war, in die Waschküche brachte saß sein Bruder schon längst im Wohnzimmer. Recht gelangweilt schaute Daimon aus. Die Augen hatte er bereits halb geschlossen. Aus irgendeinem unbegreiflichen Grund wollte Marcel heute an seiner Seite bleiben. So setzte er sich neben Daimon, bedacht darauf ihn nicht all zu sehr auf die Pelle zu rücken. Er schaute den Rotschopf fragend an. Einen kurzen Moment nur. Doch das reichte schon um zu sehen, das sich nicht wirklich ähnelten. Marcel fühlte im Herzen einen Stich der Eifersucht; Daimon war schön, und er nicht. Vom weitem wirkte seine Haut weich und warm, und doch sie war die kalt und hart wie Stein! Oder nicht? Vielleicht nur wenn er in seiner anderen Gestalt war. Da konnte Marcel sich plötzlich nicht mehr zurück halten, so viele Fragen in seinem Kopf, so wenige, und unbefriedigende antworten! Er streckte die Hand aus und berührte vorsichtig Daimons Wange. Warm wie ein frisch gebackener Muffin, und weich wie ein Kissen? Fehlanzeige! Die Haut war Stahlhart und so undurchdringlich wie die von Kiley, als er sich im Wald in eine Stone Face verwandeltet hatte. Marcel war so sehr in Gedanken vertieft, das er Daimons Augen nicht bemerkte die sich vor Schreck um ein zehnfaches geweitet hatten. „Ganz vorsichtig Kleiner…“ warnte er monoton und zischte dabei wie eine Kobra. Der Ausdruck in Daimons Blick war erschreckend und fremdartig. Benommen betrachte Marcel das seltsame Bild vor sich. Nach etwas vergleichbaren zu suchen wäre unnötig gewesen. Um es mit einfachen Worten zu erklären; Daimon sah gefährlich aus. Er strahlte ein intensives Gefühl der Macht aus. Dann drückte er Marcels Hand weg, ganz bestimmend, und hielt sie mit seiner eigenen fest. Im selben Moment schreckte Marcel zurück, er wusste nicht warum er sich auf einmal nicht mehr bewegen konnte. Schnell begriff er dass der Schweiß auf seiner Stirn nur bedeuteten konnte, dass er Angst hatte. Angst vor dem sonderbar, verstörten Blick seines Bruders. „Es… ist nicht gut… wenn du jemanden einfach so anfasst… er könnte sich erschrecken… und dir weh tun“ brachte Daimon schließlich mühsam hervor. Langsam öffnete er seine Finger um Marcels Hand freizugeben. „Was war das?“ fragte Marcel. Seine Stimme zitterte ein wenig, „Ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper…“ Diese Aussage schien Daimon nicht ernsthaft zu wundern. „Das ist ganz normal. Wenn die Beute den Jäger erblickt, ist sie erstmals vor Schreck gelähmt. Danach kann sie erst ihre Kräfte mobilisieren und fliehen“ „Momentmal – bin ich hier etwa die Beute?“ Ein sarkastisches Lächeln zog sich über Daimons Gesicht. „Von dir mageres Würmchen wird doch noch nicht mal eine Stechmücke satt! Dich kann man wohl kaum als Beute ansehen!“ Das Verhältnis zwischen ihnen hatte sich offenbar doch nicht gebessert, es war schlecht wie eh und je. „Aber Jeremy konnte mir anscheinend nicht wiederstehen“ konterte Marcel stur. „Er konnte deinem Blut nicht wiederstehen, und deinem Geruch. Mit deiner selbst hat das nichts zu tun. Das sind zwei unterschiedliche Dinge“ erklärte Daimon seelenruhig. Jetzt fühlte sich Marcel plötzlich schlecht. Hatte sein Blut und sein Geruch wirklich so eine starke Wirkung auf seine Brüder, dass sie den Verstand verloren? „Geht es euch den nur um das Zeug was ich meinen Adern fließt? Kann es sein, dass ich für euch so etwas wie eine eiserne Reserve bin? “ „Was? Eiserne Reserve?“ Blitzschnell richte Daimon seinen Oberkörper auf, „Bist echt Strohdoof oder? Päh, ab wir an dir drei genug hätten! Es gibt andere, schrecklichere Dinge über die du dir Gedanken machen darfst!“ „Oh, noch schrecklichere? Was gibt es den schlimmeres? Dass ich zu mager für euch bin, weiß ich mittlerweile. Von mir werden ihr Fresssäcke nicht Satt!“ Im Raum wurde es auf einmal ganz still. Beide hielten gleichzeitig die Luft an um den anderen wütend zu taxieren. Eigentlich war es an der Zeit für Marcel das Weite zu suchen; Falls Daimon j auf die Idee käme, ihn eine reinzuhauen gäbe es kein Entkommen mehr. Aber in Daimons Mundwinkel lautere bloß ein schelmisches Grinsen. Nun, lag in seinen Augen etwas wie… wie Vorfreude. „Was passiert denn?“ fragte Marcel verunsichert. Grade spielte sich in Daimons Kopf offenbar etwas sehr interessantes ab. Er grinste hämisch. „Du kommst so langsam in die Pubertät. Das hat nicht nur Auswirkungen auf dich, sondern auch auf uns. Wenn deine Hormone verrücktspielen, riechen wir das, und bleiben nicht verschont. Sozusagen erleben wir drei selbst die Pubertät nochmal. Als Kim damals in diese Phase kam, war er noch kein Stone Face. Zudem Zeitpunkt hatte Jeremy ihn noch nicht gebissen. Das heißt, jetzt passiert dasselbe mit dir, wie damals bei Kim. Oh man, das wird ein Spaß. Ich weiß noch genau das Ich total durch geknallt bin; hab mich an jedes halbwegs niedliche Menschlein der gesamten Schule geschmissen. Und Jeremy wurde total überempfindlich. Er hat Kim keine Sekunde aus den Augen gelassen. Wahrscheinlich hatte er Angst, jemand könnte ihn auf offener Straße Vergewaltigen. Wobei diesbezüglich von Jeremy selbst die größte Gefahr ausging. Manchmal hat er aber auch komische Sachen mit Kim angestellt. Bis heute frage ich mich, ob da etwas zwischen ihnen passiert ist…“ So entschlossen wie Daimon jetzt dreinblicke würde er Kim heute Abend wirklich fragen. Marcel beobachte ihn zwar genau, und er hatte auch aufmerksam zugehört, aber er wusste das Daimon maßlos übertrieb. Jeremy würde sich niemals an einem Kind vergreifen, schon gar nicht an seinem kleinen Bruder. „Das bezweifel ich stark“ meinte Marcel entschlossen, und diesmal wirklich. „Kim war zwar in der Pubertät und ihr standet gewissermaßen unter dessen Einfluss, aber ich glaube nicht dass Jeremy ihn jemals angefasst hat! Er liebt Kim nur als Bruder. Sein Körper reizt ihn nicht“ Zum ersten Mal lächelte Daimon sanft, er betrachte seinen kleinen Bruder mit einen halb mitleidigen und einem halbwissenden Augenaufschlag. „Wenn du wüsstest wie sehr wir uns verändern, würdest du auf der Stelle weglaufen. Es hat schon begonnen, und du hast es noch nicht mal bemerkt!“ Irgendwas an Daimons Tonlage gab Marcel das Gefühl, dass er misstrauisch werden musste, wobei ihm der Grund verborgen blieb. „Wie meinst du das?“ fragte er äußerst Skeptisch. Merkte Daimon den gar nicht wie sehr er in auf die Folter spannte? Reine Schikane? „Zum Beispiel, das Kim und ich uns dir gegenüber verändert haben. Okay. Besonders Kim, ich eher weniger…“ Daimons kam immer näher, und als Marcel schließlich den Rot-Orangen Ton in seinen Augen funkeln sah, erstarrte er. Sein Herzschlag setzte aus. Wie war das nochmal mit der Beute und dem Jäger? „Soll ich dir zeigen was passen kann, wenn du willst?“ Es klang wie eine normale Frage, doch da hinter versteckte sich mehr. Viel mehr. Marcel war so verängstig das es ein paar Minuten dauerte, bevor er die Hand an seiner Jacke registrierte welche langsam den Reißverschluss öffnete, ihn immer weiter nach unten zog. „Daimon…“ stammelte Marcel verwirrt. „Daimon, was machst du?“ Im selben Moment beugte sich Daimon noch ein Stück nach vorne, er saß seinem Bruder nun Angesicht zu Angesicht gegenüber. Er lächelte, wahrhaftig, und zwei spitze, lange Eckzähne lauerten hinter seinen Lippen – wie eine Katze die eine Maus in die Enge getrieben hatte. Welches der beiden Tier Marcel spielte, erklärte sich von selbst. Abrupt löste er seinen Körper aus der unbeweglichen Starre und stieß Daimon energisch von sich, dummerweise verlor er dabei das Gleichgewicht und fiel rücklings vom Sofa. Völlig Regungslos und emotionskalt starrte Daimon zu den Kleinen hinunter. Das Grinsen was sich dann auf seinem schönen Gesicht ausbreitete gehörte zu der Bösartigen Sorte. „Hättest du etwa Angst?“ fragte er spöttisch. „Dachtest du, ich wolle dich beißen? Und das nachdem ich dir eben lang und breit erklärt habe das von mir keine Gefahr ausgeht“ Daimon lachte kurz, und kam mit einer einzigen Bewegung auf die Beine. Die roten Augen hatten sich derweilen in ein paar Grüne zurück verwandelt. „Da fährt jemand die Einfahrt hoch. Moment, das ist… Oh, das sind ja schon Jerry und Kim!“ Wenige Sekunden später verschwand er auch schon im Hausflur um die Heimkehrenden willkommen zu heißen – auf seine Art natürlich. Was zu folgen hatte das er eine kurze Rangelei an der Wohnungstüre gab; Daimon war nämlich so neugierig das er Kim einfach die einkaufstüte aus den Händen riss, ehe Jeremy ihn dafür einen kurzen Schlag auf den Hinterkopf verpasste. „Du bist einfach unmöglich!“ meinte Jeremy recht trocken. „Wieso? Im Gegensatz zu mir hat Kim etwas Neues bekommen, dann will ich wenigstens als erster sehen was er hat. Ist doch wohl klar“ Gereizt atmete Jeremy aus. „Daimon… Liebling… Sollen wir beide vor die Türe gehen?“ Dieses Mal ließ Daimon sich nicht sonderlich einschüchtern. Sein Grinsen verrutschte kein bisschen. „Wenn es damit endet das wir in einem Bett landen und wie die Wölfe übereinander herfallen, ist es mir recht!“ Die Temperatur im Flur erreichte augenblicklich seinen Gefrierpunkt. „Oje, das tat weh…“ Marcel verlieh seinem Gesicht eine Unschuldsmine und trat an Jeremys Seite. Seine Brüder bemerkten ihn kaum. Er wiederum nahm die frostige Atmosphäre sofort wahr. Es war keine Aggressive Stimmung - viel mehr die Ruhe vor dem Sturm. Kim schüttelte lachend den Kopf, Daimon feixte Spitzbübisch und seltsam nachdenklich schaute Jeremy. Hatte Daimon seinen großen Bruder tatsächlich Mundtot gemacht? Doch dann kam unerwartet der Gegenschlag. „Wenn du möchtest, können wir sofort gehen… ohne Prügeleinheiten vorher“ ein Leuchten erschien in Jeremys Augen. Er lächelte sanft. „Aber ich muss erst die Einkäufe wegräumen. Wenn du Sex haben willst, komm heute Abend in mein Zimmer“ Mit den Worten drehte er sich um und verließ den Flur – aber nicht ohne Marcel vorher nochmal über die Wange zu streicheln. Unwillkürlich schauten sich die Zwillinge an; der Argwohn stand ihnen ins Gesicht geschrieben. „Ging die Runde nun an dich?“ fragte Kim. Daimon zuckte lässig mit den Schultern; „Das zeigt sich später. Ich werde ihn heute Abend auf jedenfalls besuchen. Gucken, was er darauf sagt, oder macht“ „Stopp! Warte!“ rief Marcel plötzlich und riss die Hände in die Höhe – er würde er versuchen einen Schlag abzuwehren. „Du willst es doch nicht drauf ankommen lassen? Das ist Krank, und verrückt – aber überwiegend Krank!“ Daran war etwas Wahres. Das gleiche dachten sich Daimon und Kim. Sie schwiegen einen kurzen Moment. „Ach was!“ Kim brach als erster die Stille. „Hund die Bellen beißen nicht. Er trägt mal wieder Dick auf. Also nichts worüber man sich sorgen machen muss. „Was heißt das ich ohne Gleitgel und Kondome zu Jeremy gehen kann?“ „Jop“ sagte Kim schlicht. „Aber wenn es doch passieren sollte, mach dich schon mal auf Schmerzen gefasst; ER ist riesig“ fügte er lächelnd für seinen Zwilling hinzu. „Kinder!? Kommt ihr mir freiwillig helfen die Einkäufe weg zu packen, oder muss ich euch vorher weh tun?“ rief Jeremy auf einmal von der Küche aus. Seine Stimme klang verärgert und belustigt zugleich. Es war offensichtlich, dass er das Gespräch belauscht hatte. Nachmittags saß Marcel in seinem Zimmer und lernte für die Schule. Doch das Konzentrieren fiel ihm an diesem Tag ausgesprochen schwer; Immer wieder kamen ihm Daimons Worte in den Sinn, und ließen seine Gedanken abschweifen. Tödlich für jeden Aufmerksamkeit. Es dauerte noch eine Zeit lang bis jemand an die Zimmertüre klopfte, und hinein wollte. „Ja?“ rief Marcel vom Tisch aus. Die Türe öffnete sich einen winzigen Spalt, und Jeremy erschien im Rahmen. „Ich hab die was leckeres mitgebracht“ verkündete er fröhlich während er in die Mitte des Raumes ging, einen schneeweißen Porzellan Teller mit einem Stück Schokoladenkuchen auf den Schreibtisch setzte. „Den habe ich frisch gebacken – das hier ist jetzt die Feuerprobe; Schmeckt er, oder schmeckt er nicht?“ Zugleich lachte Marcel auf. „Du Schauspieler! Alles was du kochst schmeckt gut – Nein, das ist untertrieben. Alles was du kochst schmeckst phantastisch – das würde das Herz jeden Chefkochs brechen“ Dieses Kompliment ging Jeremy die Kehle runter wie heißes Öl. „Schleimer, aber danke Schatz“ Er hatte sich über Marcels Rücken gebeugt. Zur Belohnung küsste er seine Haare. „Was lernst du grade?“ neugierig warf Jeremy einen Blick auf Marcels Unterladen und überflog rasch das erste Blatt. „Verstehe, Französisch; Ils parlent français si bien?“ „Seit der Sieben klasse…- Was?!“ „Sprechen Sie auch Französisch…?“ „Das meine ich nicht! Warum spricht du überhaupt Französisch?“ „Hauptsächlich deshalb, weil ich mit Kiley für das Abitur gelernt habe. Und Französisch sein Leistungskurs war -neben Biologie und Chemie natürlich – der ihm am meisten Spaß machte. Darum lenkten wir unsere größte Aufmerksamkeit auf dieses Fach“ Wow. Eine ganz alltägliche Aussage. „Und wie klappt es bei dir?“ Jeremys glühender Blick versenkte Marcels Nacken. Der Kleine lief Knallrot an - Französisch war sein bestes Fach. Aber wenn er jetzt die Wahrheit sagte, würde sein Bruder große Erwartungen in ihn setzten. Dem fühlte er sich nicht gewachsen. „Normal“ murmelte Marcel leise. „Oh Okay… Jetzt esse aber erstmals den Kuchen. Er ist nicht vergiftet“ Marcel befolgte die Anweisung und Jeremy setzte sich auf sein Bett. Er ließ seinen Blick zum Fenster schweifen, und blickte nach draußen. „Wie ich hörte hast du mit Kuroro Bekanntschaft gemacht“ Verunsichert schaute Marcel ihn an. „Ja, er hat sich vorhin bei mir Vorgestellt. Er ist wirklich nett“ „Ist er auch, und zuversichtlicher als jeder andere Typ in seinem Alter. Ob man es glaubt oder nicht, aber Kuroro ist Psychisch gesehen erst 21 Jahre“ „Und wenn man es Biologisch betrachtet?“ „Dann wird er um die 200 sein. Noch recht Jung für einen Werwolf. Mit anderen Worten, der Junge steckt grade in der Pubertät“ Pubertät – noch einer?! So langsam wurde Marcel unruhig; Ob er Jeremy mal fragen könnte, wegen der Sache mit der Veränderung bei ihnen? „Was guckst du so?“ Jeremys Art Geheimnisse und Lügen aufzuspüren zeigte sich vom neuem, „Stimmt was nicht?“ Marcel seufzte. Es jetzt zu leugnen wäre feige. „Daimon und ich haben uns unterhalten… über euch, also über dich, Kim und ihm. Und wie ich auf euch wirkte“ seine Wangen fingen Feuer. „Er sagte, dass seine und Kims plötzliche Veränderung mit der Pubertät zusammenhängt. Zuerst dachte ich ja, sie sind jetzt so freundlich zu mir weil ich nun endlich weiß, dass ihr Dämonen seid. Dass sie sich nicht mehr verstellen müssen. Aber es hat nur mit den Hormonumschwung meinerseits zutun… - “ „Mach mal Pause!“ Unterbrach Jeremy ihn rau. „ Bevor du jetzt voreilige Schlüssel ziehst, hör mir zu; Es stimmt nicht das sie sich nur alleine wegen deiner Pubertät und den Hormonen verändert haben, natürlich spielt das auch eine Rolle aber das ist eher nebensächlich. Lass dich nicht so sehr von unseren Eigenarten kontrollieren, und konzentriert dich auf wichtigere Dinge. Wir kommen schon damit klar“ Nachdem Jeremy geendet hatte presste er seine Lippen zu einer strengen Line. Die Augen waren leicht zusammen gekniffen und wirkten leicht Schlangenhaft auf Marcel. „Jetzt bist du wütend. Ist in Ordnung; Ich bin ja schon still…“ Die plötzliche Traurigkeit in Marcels Stimme verleitete Jeremy dazu aufzustehen und ihn feste in den Arm zunehmen. „Ich bin nicht deinetwegen sauer“ flüsterte er sanft in sein Ohr. „Ich habe dich doch lieb, und versuche dir nur zu helfen“ Langsam zog Jeremy den Kleinen aus dem Stuhl, und ließ sich mit ihm zurück auf das Bett sinken. „Komm schon, du weißt dass ich nicht Lüge!“ „Aber du hast mich doch so böse angeguckt! Was soll ich den anderes denken?“ „Ich bin auf Daimon sauer nicht auf dich, weil er dir unnötigen Mist erzählt hat“ „Das ist nicht unnötig! Ich möchte nicht, dass ihr meinetwegen noch mehr Probleme habt wie bisher. Daimon sagt, das ihr euch durch die Pubertät verändert und komische Sachen anstellt!“ Während Marcel verzweifelt argumentierte kamen auf einmal alle Schuldgefühle gegenüber seinen Brüdern gleichzeitig hoch. Es fühlte sich an, als müsse sein Herz vor Reue in tausend Stück zerspringe. Sein Blut, sein Geruch und jetzt auch noch die Pubertät – seine bloße Anwesenheit reichte aus um die 3 Menschen - Vampire eher - die er am meisten liebte, sinnlos zu foltern. „Ich möchte das nicht mehr…“ wisperte er so leise, dass es grade mal Jeremy verstand. „Ihr müsst immer wegen mir leiden. Das tut mir so weh… ich fühle mich einfach schuldig. Ohne mich … Wenn ich nicht bei euch wäre, könntet ihr ein normales Leben führen. Ihr bräuchtet euren Instinkt nicht ständig zügeln, weil ich nicht mehr da bin. Für euch bin ich doch sowieso Nutzlos…“ In der nächsten Sekunde hielt Jeremy ihm auch schon den Mund zu. Seine Hand zitterte leicht. „Das reicht!“ zischte er tonlos. „Du redest Unsinn. Ohne dich verliere unsere Lebensqualität an Bedeutung! Tag und Nacht richten wir uns nach dir – du bestimmst inzwischen unseren gesamten Tagesablauf. Wir müssen auf dich aufpassen, uns um dich kümmern, dir Liebe und Geborgenheit schenken… Das gibt uns die Gewissheit immer noch Mensch zu sein, und keine blutrünstigen Monster die wir ohne dich mit Sicherheit währen. Du bist der Lichtstrahl, der unsere Seele vor der ewigen Finsternis bewahrt!“ „Jeremy…“ Marcel sah ihn an, und spürte Tränen in seinen Augen aufsteigen. Nicht vor Kummer – vor Liebe. In diesen Moment fühlte er nichts anderes als bindungslose, und unwiderrufliche Liebe im Herzen. Da umfasste Jeremy seine Hüfte und zog ihn Wortlos auf seinen Schoß. Mit der anderen Hand drückte er Marcels Kopf leicht an seine Brust. „Ssscht. Ganz ruhig“ sagte er flüsternd. „Nicht weinen. Alles ist gut. Du brauchst dir keinen sorgen um uns machen, wir sind Stark. Denkt mal lieber mehr an dich selbst, an deine eigene Sicherheit“ „Aber…“ „Marcel…Bitte, vertrau mir. Ich weiß es – ich bin schon ein ganzes Stück älter als du“ Verlegen senkte Marcel die Augenlieder; „Bei euch bin ich in Sicherheit“ Die Stille hielt weniger als eine Sekunde an. „Bei uns bist du nur in Sicherheit wenn wir einen Vorrat Blut im Keller haben!“ „Wenn das so ist, warum verwandelst du mich den nicht auch in ein Stone Face? Bei Daimon und Kiley hast du es schließlich auch getan!“ Erschrocken zuckte Jeremy zurück, so als ob man ihm einen elektrischen Schlag verpasst hätte. Seine Hand rutschte geräuschlos von Marcels Kopf. Ungläubig waren seine Augen auf einen Unsichtbaren Punkt im Zimmer geheftet. „Das geht nicht“ sagte er fast wütend. „Ich werde dir das niemals antun! Nicht in Morgen, nicht in tausend Jahren – Nie!“ „Warum denn nicht?!“ rief Marcel zurück. Die Tränen waren derweilen komplett verschwunden. Langsam würde auch er zornig. „Weil ich es nicht kann!“ Abrupt setzte er Marcel auf die Matratze zurück, und erhob sich ohne das das Bett auch nur Quietschte. Dann stürmte Jeremy aus dem Raum, ohne seinem Bruder einen weiteren Blickes zu würdigen. Kaum war es verschwunden breitete sich eine innere Unruhe in Marcels Magen aus. Ihm war leicht elend zumute. Ob seine Bitte Jeremy verletze hatte, dass er direkt so ausfallend wurde? Marcel schloss seufzend die Augen. Irgendwann würde er Jeremy nochmal fragen. Aber eins war so sicher wie das Amen in der Kirche – die verstörte Reaktion seines Bruders würde er sich genauestens einprägen. Die Zeit bis zur Abenddämmerung verging rasend schnell. Ehe man sich versah zogen lila, blaue Wolkendecken am Horizont auf, und verdeckten großflächig die untergehende Sonne. Aber es war noch immer recht warm draußen, das Thermometer auf der Schattigen Veranda zeigte nach wie vor 25 Grad an. „Ach… jetzt eine kühle Limo!“ schnaubte Marcel, und wischte sich mit zwei Fingern ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus den Augen. Die letzten Stunden hatte er damit verbracht die kniffligen Aufgaben aus dem Mathebuch zu lösen. Am liebsten hätte er Jeremy gefragt ob er ihn dabei helfen könnte. Doch er traute sich nicht, ihm jetzt ins Gesicht zu blicken. Hin und wieder warf einen sehnsüchtigen Blick durch das Fenster, und hoffte irgendwo den Wolfsjungen zu entdecken. Doch Kuroro war nicht zusehen, wahrscheinlich hatte er sich schon längst in den kühlen Wald hinterm Haus zurückgezogen, und döste vor sich hin. Nach einer weiteren Stunde gesellte sich zum Durst, langsam Hunger. Und bald darauf hatte Marcel keine Kraft mehr um sich weiter im Zimmer zu verstecken. Früher oder Später musste er Jeremy sowieso unter die Augen treten – ob nun wollte oder nicht. Mit der Mine eines Märtyrers ging Marcel provozierend ruhig die Treppe runter und schlurfte gemächlich in die Küche, wo er glücklicherweise sah dass er alleine war. Er aß eine Scheibe Brot ohne etwas zu schmecken, und erledigte danach eiligst den Abwasch. Noch hatte er Glück – bis hatte Jeremy sich nicht blicken lassen. Doch dann öffnete sich irgendwo im Haus eine Türe. Marcel zuckte zusammen; er hörte ein leises Fluchen, und dann einen Knall wie der einer Gewehrkugel. „Du hättest mich auch sanfter aus deinem Zimmer schmeißen können, Idiot!“ Zur Überraschung tauchte auf einmal Daimon vor Marcels Nase auf, noch deprimierter ausschauend als er selbst „Oh…“ machte Daimon leise, und versuchte ein Grinsen was jedoch schrecklich unnatürlich aussah, „Was machst du denn hier?“ „Ich habe gegessen“ antworte Marcel ruhig. Heimlich musterte der Daimons niedergeschlagenes Gesicht. „Natürlich… Hab vergessen das du ja im Gegensatz zu uns in regelmäßigen Abständen Nahrung zu dir nehmen musst“ Marcel tat so, als hätte er Daimon nicht gehört. „Was ist los mit dir? Du bist total komisch drauf! So habe ich dich noch nie erlebt“ Bevor Daimon auch nur den Mund aufmachen konnte, nahm ihm jemand das Wort ab. „Er hat einen Korb bekommen...“ Am Rand der Küche stand Kim locker an die Wand gelehnt, und kam jetzt mit raschen schritten auf die beiden zu. Im vorbei gehen klopfte er Daimon sachte auf die Schulter. „Reiß dich zusammen Junge!“ sagte er zu seinem Zwilling. „Und heul bloß nicht rum - du kannst froh sein, das dein Kopf noch da sitzt, wo er hingehört!“ Daimon murmelte nur leise vor sich hin. Zuerst sah es so aus ob er jeden Moment zusammenbrechen würde, doch dann konnte sich Daimon nicht länger zurückhalten. Lautstark begann er zu Motzen. „Er… er hat mich einfach abblitzen lassen und mir 2 Schellen verpasst, so schnell konnte ich noch nicht mal gucken! Ich verstand die Welt nicht mehr als mir Jeremy plötzlich eine klatschte. Dabei hat er doch selbst gesagt dass ich gegen Abend zu ihm gehen soll, oder nicht? Ich versteh den Kerl einfach nicht. Erst redet er so, dann wieder so“ Kim nickte, sagte aber nichts weiter. „Ihr müsst euch das ungefähr so Vorstellen: Kurz nach Sonnenuntergang bin ich in sein Schlafzimmer gegangen, und habe mich zu ihm auf die Bettkante gesetzt. Die Beine locker übereinander geschlagen, in den Augen einen aufreizenden Schlafzimmerblick. Alles lief wie geplant, dank den Proben vorm Spiegel. Zuerst habe ich ihn einfach nur angeschaut, sogar ein wenig gelächelt, doch er hielt wiederrum ein Buch in der Hand und ignorierte mich vollends. Wir saßen ungefähr 5 Minuten so, ohne uns zubewegen. Wie zwei Statuen aus Marmor im Stadtpark. Ich spürte, wie ich langsam ungeduldig wurde. Von Sekunde zu Sekunde wuchs die Wut in meinem Bauch an. Und Jeremy lag noch immer ruhig da, und las stillschweigend seinen verdammten Thriller ohne auch nur die geringste Notiz von mir zu nehmen. Wisst ihr eigentlich, wie entwürdigend so etwas ist? Ich hätte ihn Umbringen können - Auf der Stelle. Aber ich hielt mich unter Kontrolle und anstatt auf ihn ein zu prügeln, beugte ich meinen Körper dem seinem entgegen. Langsam ließ Jeremy das Buch sinken – er unterdrückte ein zischen - und schaute mich halb neugierig, halb verärgert an. „Was willst du? Müsstest du nicht schon längst im Bett liegen und schlafen?“ „Ich bin doch im Bett, und gestehe dass es mir außerordentlich gut gefällt. Hier ist es viel gemütlicher, und riecht auch noch toll. Irgendwie nach…. Weißen Rosen. Du hast ein viel besseres Zimmer als wir! Das ist doch unfair. Was hältst du davon, wenn ich heute Nacht bei dir bleibe? Nur du und ich… in einem Bett, ganz alleine und ungestö…“ „Denk bloß nicht weiter!“ zischte Jeremy tonlos. Der Groschen war gefallen. „Sonst wird’s peinlich für dich!“ Dann lächelte er mich mit seinem typischen, sanften lächeln an und seine Zähnen funkelten dabei im Licht wie Sterne. Sarkastische Züge umspielten seine leicht hochgezogenen Lippen. Ich holte tief Luft. Er verstand mich immer noch nicht, auch wenn er es vielleicht glaubte. „Egal was du glaubst, du liegst falsch!“ Als ob mich eine unsichtbare Energie ihrer Kontrolle unterwarf krabbelte ich auf allen Vieren über Jeremys Beine, und berührte mit den Fingerspitzen sein Gesicht. Ich saß, wie sein Lächelt augenblicklich verblasste. „Schon besser…“ flüstere ich leise. Mir gefiel Jeremys verdutztes Gesicht. Damit sah er in vielerleich Hinsieht ganz anders aus, viel weicher und verletzlicher wirkte er nun auf mich. Doch ich hatte nicht mehr viel Zeit zum nachdenken, wenn ich den Sieg haben wollte musste ich Handeln. Sofort! Da Jeremy mir ohnehin schon nah war, brauchte ich mich nur noch ein kleines Stück nach vorne zu beugen um meine Lippen mit seinem zu verschließen. Doch er reagierte schneller als ich es konnte. Und das war verdammt schnell. Ich sah den Schlag noch nicht mal kommen, sondern spürte nur den brennenden Schmerz der Ohrfeige auf meiner Wange. Eh ich mich versaß flog mein Gesicht erneut zur Seite als mich mit voller Wucht die zweite Schelle im Gesicht traf. Mir schwirrte bereits der Schädel. Schmerzen. Zu viele Schmerzen am Kopf, dröhnte es wie ein Echo in mir. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an den Schmerz. Das war nicht gut. Gar nicht gut! Und im nächsten Moment lag ich auch schon neben dem Bett am Boden und starrte irritiert an die Decke. Krass ne?“ Daimon schüttelte sich. Die Augen weit aufgerissen und starr. „Ja und dann hat Jeremy mich einfach aus dem Zimmer geworfen. Kommentarlos“ Innerhalb von einer Sekunde stand Kim bei ihm und drückte ihn sanft auf den Küchentisch. Er umarmte Daimon vorsichtig, und redete leise auf ihn ein. Seine Stimme klang dabei so angenehm und beruhigend wie die rhythmischen Schläge auf einem malaiischen Gong. „Daimon, hast du seine Worte etwa ernst genommen? Das er mit dir… na du weißt schon“ Doch Daimon schüttelte mechanisch den Kopf. „Mir ging es sich nicht um Sex, Kiley. Ich wollte einfach einen Grund haben mal wieder mit ihm zu reden und ihm nahe zu sein. Er hat sich so verändert. In den letzten Jahren hat sich Jeremy immer mehr von uns distanziert“ er warf einen flüchtigen Blick in Marcels richtig. „Von uns beiden, meine ich“ „Ich weiß… aber da kann man halt nichts machen“ sagte Kim und seufzte abgrundtief. Mehrere Minuten des Schweigens folgten. Diese kurze Zeit war für Marcel ein echter Horrortrip - Einmal durch die Hölle und wieder zurück. Jetzt wusste er das Jeremy ihn anderes behandelte, doch den Grund dafür nicht. Warum bevorzuge sein Bruder ihn? Und nur ihn alleine? Noch während Marcel mit Feuereifer nach einer Antwort suchte, grinste Kim plötzlich über das ganze Gesicht. Er hatte eine Idee, einen Geistesblitz. Beinahe Ruckartig griff er nach Daimons Handgelenk. „Komm mit“ flüsterte er verschwörerisch. „Wir besorgen uns woanders Liebe!“ Sein Zwilling starrte ihn verständnislos an. Er begriff nicht, worauf Kim hinaus wollte. „Die Mädels. Heute Abend. Wir machen eine riesen Party bei Rick, der hat nämlich Sturmfrei. Seine Eltern machen die kommenden 2 Wochen Urlaub in Spanien. Sowas muss man ausnutzen!“ Und dann grinste auch Daimon. Der Name Rick hörte sich schon mal viel versprechend an. Das war, soweit er wusste, ein guter Freund von Kim. Ein reicher Schnösel, aber ein wahnsinnig guter Kumpel und zugleich der angesagteste Weiberheld der Unterstufe. Vielleicht ein bisschen arrogant und voreingenommen, aber solche Kerle waren besser wie diese Freaks die den ganzen Tag am Computer hockten, und irgendwelche realitätsfremden Online-Games im Internet zockten. Aber eigentlich möchte Daimon diese kranken Freaks ganz gerne; irgendwann laufen die Amok (weil sie ständig gemobbt und verprügelt wurden) und er konnte denen dabei so richtig die Visage polieren. Das war reine Notwehr, sagte er hinterher dem Schulleiter der ihm eh alles glaubte und abkaufte, weil er Jeremy an einem schlechten Tag kennengelernt hatte. Immer wenn Daimon in seinem Büro saß, was des Öfteren der Fall war, zitterten dem Schulleiter die Knie und sein Herz überschlug sich fast vor Angst. Unter keinen Umständen wollte er Jeremy Sandjoé wieder in seiner Schule sehen. Der Junge, Rick, genoss andere Vorteile; Er war zum Beispiel unglaublich beliebt, vor allem bei den Mädchen der Zehnten, elften und zwölften Klasse. und darüber hinaus noch äußerst spendabel. Fehlte einem aus der Clique mal das Geld um sich was beim Kiosk zukaufen, was aber eher selten vorkam, drückte er demjenigen so einfach einen 10 Euroschein in die Hand und lächelte freundlich. Ja, Rick war ein guter Junge und nicht umsonst in Kims Gruppe. Die Zwillinge tauschten einen glühenden Blick. In ihren Gesichtern spiegelte sich nun deutlich die Freude auf die kommende Party. „Wollt ihr jetzt noch gehen?“ fragte Marcel plötzlich leise. „Es ist doch schon viel zu spät…“ Daimon kicherte bösartig. „Du bist einfach viel zu brav für diese Welt! Du kannst nicht ewig an Jeremy hängen. Mach doch mal was aus deinem langweiligen Leben! Sei ein Rebell, Kleiner!“ Kleiner… Noch einer, der ihn so nannte. Der ungeliebte Kosename würde Marcel wohl bis zum bitteren Ende begleitet. Anreget griff Kim nach Daimons Arm und lächelte auf dieselbe Art und Weise wie der Zwillingsbruder. Nur hinterlistiger. „Lass uns ihn doch einfach mitnehmen! Wenn wir 2 bei Marcel sind, sagen die anderen nichts. Sie würden sich noch nicht mal wagen ihn auch nur schief anzugucken, denn sie haben Angst vor uns, und vor unseren Jungs! Bitte Daimon, das wird bestimmt ein riesen Spaß“ Dann führte er seine Lippen an Daimons Ohr, und flüsterte leise. „Die Weiber stehen übrigens eh total auf niedliche Milchbubis…“ „Ich weiß nicht“ knurrte Daimon abwehrend, „Wenn Jeremy dass spitz kriegt sind wir geliefert! Dann bringt der uns um. Garantiert!“ „Wahrscheinlich…“ enttäuscht ließ Kim den Kopf hängen, die großen Augen halb geschlossen. „Aber irgendwann mal nehmen wir Marcel mit. Egal was Jerry sagt! Er ist alt genug um selbst zu entscheiden, was er will“ Er hob eine Hand und gewuschelte fast liebevoll Marcels Haarschopf. Ein kleines Lächeln umspielte seinen schön geschwungenen Mund. „Du gehst jetzt am besten Schlafen. Morgen früh ist Schule… zu mindestens für dich. Ach, und erzähl bitte nichts von unseren nächtlichen Ausflug. Sonst gibt’s wieder Hausarrest von Jeremy“ Seufzend wendete Marcel den Blick ab. Er war nun neugierig auf die Party, allzu gerne wäre er dabei gewesen. Doch Daimon hatte recht; Jeremy würden erst den beiden den Kopf abreißen, und dann ihm. Der Frust nagte an seinen Körper, und ließ Marcel müde werden. „O… Okay“ gähnte er leicht säuerlich. „Dann ein andermal. Es gibt ja bestimmt noch einige Feiern in Zukunft. Viel Spaß euch beiden“ Seine Brüder schenkten ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Nacht Kleiner“ „Schlaf schön, und träum nicht von wilden Partys!“ Als Marcel am nächsten Morgen aufwachte, hatte er das Gefühl letzte Nacht gar nicht geschlafen zu haben – seine Augenlider waren so schwer wie die Boxsäcke im Fitnessraum. Ihm schwirrte der Kopf vor Müdigkeit. Der einfachste Weg dieses Problem zu lösen bestand daran sich umzudrehen, und für die nächsten drei Stunden die Augen zumachen. Da berührte etwas Warmes seine Wange. Er kniff die Augen fester zusammen. Er wollte Schlafen. Einfach nur Schlafen. Der warme Druck kam zurück, diesmal etwas bestimmender. „Bist du Wach?“ fragte jemand leise. Es klang sanft und unheimlich vertraut. Mit einem Seufzer schlug Marcel die Augen auf. Ein Weißer schatten verdeckte ihm die sieht auf sein Zimmer. Da war etwas, ganz nah bei ihm. Er spürte einen warmen Luftzug auf seiner Haut. Dylan saß hockend neben seinem Bett, das Gesicht nur wenige Zentimeter von Marcels entfernt. „Guten Morgen, entschuldige dass ich einfach durch dein Fenster gestiegen bin“ Er lächelt geheimnisvoll. Marcel blinzelte zweimal ehe er sich aufrichtete. „Was machst du denn hier?“ „Dich abholen. Das habe ich dir doch versprochen“ Abholen? Was zum Geier ging hier vor? So langsam wurden Marcels Gedanken klarer. Die Erinnerungen vom gestrigen Abend kehrten zähflüssig zurück. Für einen Moment löste er den Blick von Dylan und sah zum Wecker. 7. 51 Uhr. Marcel stöhnte vor entsetzten. Er sprang so schnell auf, das Dylan erschrocken nach hinten kippte. „Gib mir 5 Minuten!“ zischte er während er Blindlinks nach einer Hose und einem Hemd im Kleiderschrank suchte. „Wartet Mephisto auf uns? Oh man, das tut mir echt leid… Mein Wecker… ich habe ihn noch nie überhört. Ehrlich!“ „Kein Problem. Du hast noch ein paar Minuten Zeit. Notfalls überfährt Mephisto eine rote Ampel“ Dylan kicherte. Marcel war die Lust am Lachen vergangen. Als die Klamotten saßen rannte er ins Bad und wusch in eilig sein Gesicht, putze die Zähne und bürstete seine Haare. Für alles andere fehlte ihm die Notwenige Zeit. Er warf ein letztes Mal einen Blick in den Spiegel. Die Katzenwäsche hätte er sich auch sparen können; er so Kaputt aus, wie er sich fühlte. Lautlos ging er in sein Zimmer zurück und hang sich gähnend die Schultasche um. Wenn Dylan nicht wäre, hätte er eiskalt die Schule geschwänzt. Er schaute fragend in seine Richtung. Dylan verstand Wortlos; er stand auf und öffnete das Fenster. Ein Lächeln lag auf seinen vollen, makellosen Lippen. „Wir sehen uns unter“ Und schon sprang er Kraftvoll nach draußen, wo er sicher auf den Füßen im taufrischem Gras landete. Marcel beeilte sich um so schnell wie möglich die Treppe runter zu kommen, seinetwegen wartete Mephisto schon fast eine Viertelstunde. 8. Minuten später packte der dunkelfarbige Lamborghini vor den Toren des Städtischen Gymnasiums in Goathland. Unglücklicherweise hatten sie noch genau eine Minuten Zeit, um in die Klasse zukommen, ehe es zum letzten Mal läutete. Der erste Gong. Sie rannten, entgegen der Schulordnung, durch den Flur. Der zweite Gong. Dylan riss die Klassenzimmertüre explosionsartig auf. Der dritte, und letzte Gong erstarb schließlich. Grade noch Rechtzeit ließ Marcel sich am Fensterplatz neben seinen besten Freund Connor nieder. Dieser schaute anerkennend auf seine Armbanduhr. „So grade noch geschafft, Morsi“ sagte er und grinste verwegen. „Tut mir leid“ keuchte Marcel und schaute kurz über die Schulter; Dylan lächelte ihm von der andern Seite des Zimmers milde an. „Ich habe verschlafen. Dylans… Ähm, Vater… hat mich mitgenommen, sonst hätte ich es echt nicht mehr geschafft“ Anstatt eine nette Bemerkung über Dylans >Vater< zumachen, verfinsterte sich Connor Mine. Der dunkelte Ausdruck in seinen hellen Augen beunruhigte Marcel. „Soso, Dylan“ auch Connor sah zu flüchtig zu Dylans Ecke hinüber, doch diese Geste hatte nichts Freundliches an sich. „Ich mag den Kerl nicht. Echt nicht. Hast du bemerkt wie sehr er sich verändert hat? Anfangs sah er wirklich aus wie ein normaler, 14 Jähriger Junge doch jetzt… ich schätze ihn mittlerweile auf Anfang 16. Er ist unheimlich. Fast die ganze Stufe redet über ihn. Sie fürchten sich, Marcel. Sie denken, er wäre ein… ein… Ach keine Ahnung. Irgendeine Art von Monster halt, auf jeden Fall nichts Normales. Schon alleine wie er aussieht; Seine Haare, seine Haut alles Schneeweiß. Das ist doch nicht gewöhnlich, das ist abnormal. Und an deiner Stelle würde ich nichts mit ihm zu tun haben wollen. Nachher bringt der Kerl dich in Schwierigkeiten“ Abschätzend sah Marcel seinen besten Freund an, anscheinend zu verwirrt um eine Entscheidung zu treffen. Er verzog das Gesicht vor Schmerz als er begriff, dann holte Marcel tief Luft. „Ich mag Dylan“ sagte er ohne Umwege und mit dem sicheren Wissen das dieser ihn hörte. „Er ist für mich kein bisschen komisch, und schon gar nicht ein Monster, oder was auch immer die anderen behaupten!“ „Das heißt, du kennst ihn Persönlich?“ Connor wirkte schockiert. Marcel nickte beinahe trotzig. „Dylan ist einfach nur ein guter Freund für mich. Bevor man ein Urteil über jemanden fällt, sollte man die Person erst kennenlernen. Als ich wegen der Höllenberg-Geschichte Streit hatte mit Jerry, hat Dylan mir kompromisslos zugehört, und sogar versucht mich zu trösten“ Die Türe schwang geräuschlos auf, und die Erdkundelehrerin berat schnellen Schrittes den Unterrichtsraum. Alle Gespräche verstummten augenblicklich; Doch Connors Blick nach zu urteilen war das Thema noch längst nicht ausdiskutiert. Das prophezeite einen harten Tag… Immer wieder stieß er Marcel mit der Fußspitze an, um flüsternd an mehr Informationen zu kommen. „Warte bis zur Pause!“ zischte Marcel die ganze Zeit, doch Connor ließ einfach nicht locker. Nach den Klingen gingen die beiden sofort in die Cafeteria wo Fee bereits sehnsüchtig auf sie wartete. „Na, wie war´s?“ fragte sie lächelnd und eine rote Locke fiel ihr frech ins Gesicht. Die Freunde ließen sich Wortlos gegenüber am Tisch nieder; dabei schauten sie sich noch nicht mal an. „Hey – was ist los? Habt ihr euch gestritten?“ Da sprudelten Marcel und Connor gleichzeitig los. „Marcel ist mit diesen verrückten Dylan aus unserer Klasse befreundet! Das geht mir nicht in den Kopf rein!“ „Dylan ist nicht verrückt!“ verteidige Marcel sich wütend. „Und mit wem ich rumhänge, entscheide ich ja wohl immer noch selber. Anfangs habe ich mich auch unwohl gefühlt, aber jetzt bin ich gerne mit ihm zusammen! An Dylan ist nichts ausgewöhnlich Böses dran. Er ist ein ganz normaler Junge“ „Schon gut, Morsi“ sagte Fee ruhig, derweil sie Marcels Handrücken leicht streichelte. „Mir ist egal was die anderen sagen. Wenn du dich geborgen und verstanden bei einem Menschen fühlst, ist das wichtigste für eine gute Freundschaft. Ich bin deine Freundin“ sie warf Connor einen funkelnden Blick zu. „Und respektier deine Entscheidung voll und ganz“ Doch Connor wollte sich nicht einlullen lassen. Grimmig beugte er sich über den Tisch, um die Zuhörer-zahl so gering wie nur möglich zu halten. „Ich finde diesen Albino trotzdem zum Kotzen!“ „Du musst ihn doch nicht direkt Heiraten! Versuch einfach, mit ihn aus zu kommen“ sagte Fee und schob sich ruhig ein Gabel mit Salat in den Mund. Marcel sagte dazu nichts mehr; tief in der Magengrube versteckte sich seine aufgestockte Wut hervorragend. Das Thema schlug ihn gewaltig gegen die Stirn, außerdem wusste er, das Connor nicht nach geben würde. Genau so wenig wie er selbst. Und deshalb blieb ihm keine Wahl mehr; Er musste jetzt sofort aufstehen, und aus der Cafeteria flüchten ehe der Zorn und die Enttäuschung über Connors Denkweise aus seinem Leib heraus brachen. Der darauf folgende Streit wollte Marcel seinen Freunden nicht zumuten. Ohne zu zögern packte er seine Schultasche und rannte nach draußen auf den Pausenhof. Hier konnte Marcel erstmals durchatmen und entspannen. Langsam regte er den Kopf Richtung Himmel, öffnete den Mund weit und zog die frische Luft bis in die letzen Winkel seiner Lunge ein. Endlich Ruhe. Er wollte nur alleine sein, und nachdenken ohne das ihm ein duzten Augenpaare auf Schritt und Tritt folgten. Für ihn stellte Dylan keinerlei Problem da, im Gegenteil, aber wenn sein bester Freund den Dämon hasste, könnte das ganze unangenehm werden. Beide möchte Marcel, beide wollte er nicht verlieren. Aber das war so schwer die zwei unterschiedlichen Jungen zusammen zubringen, wenn eine Partei so verbohrt war! „Hey schaut mal, ist das nicht das Kleinkind aus der achten Klasse? Unser kleines Lieblings Opfer?!“ „Was? Achte Klasse sagst du? Das glaube ich nicht. Niemals! Die Puppe könnte doch grad mal für 12 Jahre durchgehen, wenn überhaupt…“ „Ihhh! - aber diese Klamotten sind ja grauenvoll! Einfach nur schrecklich. Arbeitet die nebenbei auf den Kinderstrich, Felix? Frag mal, wie viel das Baby die Stunde kostet“ „Seid ihr alle blind? Das ist ein Junge! Um genau zu sein, ist dass das Sandjoé-Balg…“ Rasch für Marcel herum. Nicht weit von ihm entfernt standen Felix, und sein anhängliches Klüngel im Schatten des großen Schulgebäudes. Die Clique bestand aus vier stämmige, überheblich wirkende Jungen, und drei aufgebrezelte Mädels; Zentimeterdicke Make-up-Schichten verwandelten ihre Gesichter in starre Masken. Sie alle grinsen Marcel ziemlich provokant an, dem Anschein nach waren sie auf Ärger aus… In geschlossener Formation, und stark an Löwen erinnernder Gangart kamen die Sieben Schüler auf die Mitte des Pausenhofenes. Einige jüngere Gymnasiasten sprangen ihnen erschrocken aus dem Weg, als sie sie näher kommen sahen. Neben Daimons Gruppe verursachten diese Jungen und Mädchen den meisten Ärger innerhalb der kleinen Stadt. Unzählige Diebstähle und Schlägereien vor angesagten Diskotheken gingen auf ihr Konto, womit sie sich den Ruhm einer harten Bande erarbeitet hatten. Marcel ging einen halben Meter nach hinten. Die Sechs Schläger und Felix an der Front jagten ihm ungemein Angst ein; Gegen Felix alleine und einer Überzahl an Schülern im Rücken, traute er sich weitaus mehr zu. Doch jetzt… so ganz alleine… zitterten Marcel die Knie. Grinsend trat der größte der Truppe auf ihn zu. Der große Junge trug eine normale Bluejeans, ein brauner, leichter Pullover mit V-Ausschnitt und dazu moderne Sneakers. Sein Name lautete Gregor. „Ei ei, was haben wir denn da? Eine frische Lieferung vom Kinderpuff! Grüß dich Marcel“ Seine Freunde lachten höhnisch auf während Marcel rot anlief, aber nichts auf den Angriff erwiderte. Wenn er still blieb verloren die Schläger vielleicht das Interesse an ihm, und zogen ab ohne blutige Zwischenfälle im Vorfeld. „Was ist denn los Blondie?“ fragte plötzlich eines der Mädchen an Felix´ Seite. Mit ihren rot lackieren Krallenfingern strich sie sich ein lockige, braune Haarsträhne hinters rechte Ohr. „Hat es dir die Sprache verschlagen, oder bist du einfach nur Mega Schüchtern?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)