Little Brother + Big Brother =Chaos von Gouda-kun (Der ganz normale Wahnsinn!) ================================================================================ Kapitel 15: Die Macht der kleinen Worte --------------------------------------- Mit schnellen Schritten und einem glühendheißen Gesicht machte sich Lucy auf den Weg zur der stillgelegten Schokoladenfabrik, in der seit kurzen ihre neue Familie und gleichzeitig Anführerin Scarlet Nemesis wohnte. Das vertraute Gefühl von Angst machte sich in ihrer Magengrube breit, als sie wenige Minuten später über das abgelegene Gelände der Fabrik lief. Lucy wusste ganz genau, dass es hier nur so von wilden Hunden wimmelte. In der Nähe war nämlich eine große Müllhalde von der manch einer der Tiere ausbüxte, und sich hier ein schönes Leben machte. Dumm nur, dass niemand von ihnen wusste dass sie ein paar neue Nachbarn bekommen hatten, die ihnen nicht nur regelmäßig die Beute weg fraßen, sondern auch mal gerne einer von ihren Rudelmitgliedern. In der Tat war die kleine Kamila nicht grade wählerisch, was Fleisch anging. Wie und woher sie es bekam interessierte das junge Mädchen nicht im Geringsten. Hauptsache es war Fettig und eiweißhaltig. Dicke Schweißperlen tropften von ihrem Gesicht als Lucy das Eingangstor der Fabrik hinter sich ließ und einen Fuß über die magische Grenzline setzte, die Scarlet rum um ihr Versteck gezogen hatte, um andere Lebewesen auf Abstand zuhalten. Der Geruch von Verwitterung und toten Tieren verschlug ihr für einen Moment den Atem und sie wünschte sich, umkehren zu können. Aber das war ein Ding der Unmöglichkeit: Ohne ihre Familie war Lucy aufgeschmissen. Die Dämonen würde sie verfolgen und ohne mit der Wimper zu zucken, zu Hackfleisch verarbeitet. Also, bloß schnell weg von hier ehe sich Lucys Mittagessen auf den Weg Nachdraußen machte. Nicht darüber nachdenken und einfach weiter gehen, mahnte sie sich und öffnete eine unscheinbare Türe, die in einer schwarzen, kahlen Wand eingelassen war und an diesen Ort sehr desplatziert wirkte. Mit einer Hand fuhr sich Lucy flüchtig durch ihre halblangen Haare und hoffe so, ein wenig Ordnung in ihre struppige Mähne zubekommen, bevor Yukiko ihr deswegen wieder einen bissigen Kommentar reinwürgte. Mit der anderen zupfte sie noch ihre rote Schleife zu Recht, und zog den weißen Faltenrock grade. Das monotone Summen der eingebauten Klimaeinlage begrüßte Lucy als sie die Wohnung betrat, ansonsten blieb alles Still. Außergewöhnlich still. Sie sah nach rechts und links; Weder in der Küche, noch im angrenzenden Wohnzimmer war jemand zusehen. „Hallo…?“ rief sie unsicher, leise. „Scarlet? Yukiko? Seit ihr da?“ Nichts. Keine Antwort. Entweder wurden ihre Rufe ignoriert, oder wirklich nicht gehört. Das Apartment schien wie ausgestorben. Ein kleines seufzen der Erleichterung kam über die Lippen des 13-jährigen Mädchens. Allem Anschein nach, war sie heute alleine zu Gast in der Schokoladenfabrik. Sie lächelte ein wenig, als sich Lucy auf das dunkle Ledersofa im Wohnzimmer niederließ und den Schwarzen Plasmafernsehen einschaltete. Man konnte es glauben oder nicht, aber für eine Killer-gruppe die nichts gegen einen Kampf auf Leben-und Tod einwenden hatte, herrschte absolute Ordnung und fast peinliche Sauberkeit in der gesamten Wohnung; Kein bisschen Staub, alles Tipp top gepflegt, moderne Ausstattung und sogar geschmackvolle Dekorationen auf Schränke und Tische verteilt. All diese vielen kleinen Details zeigten dass ihre Anführerin großen Wert auf Disziplin und Hygiene legte. Grade wechselte Lucy das Programm zu einer dieser Telenovela Sendungen am Nachmittag, als sie ein leises Atmen ganz in ihrer Nähe vernahm. Ihre Nackenhaare sträubten sich, als sie den Kopf nach hinten drehte. Sofort zog sie die schmalen Schultern hoch, als erwartete sie einen Schlag aus dem Nichts, der sie Treffen und zufalle bringen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen sah sie dass die Türe am Ende des Raumes, einen spaltbreit offen stand, während Dunkelheit aus ihren Inneren sickerte. Wie frisches Blut aus einer geöffneten Wunde, schoss es Lucy ein wenig sarkastisch durch den Kopf. Tatsächlich rechnete sie mit so etwas oder dergleichen, denn dies war das *Esszimmer* der Nemesis. Jetzt erst recht nervös stand sie auf und ging mit wackeligen Beinen zu der Türe und drückte sie Millimeter für Millimeter weiterer auf. Bei den ersten Lichtstrahlen die in den abgedunkelten Raum drangen, sah Lucy eine schmale Gestalt auf der zweiten Couch, diesmal in Sandfarben, liegen. Eingerollt wie ein kleines Baby im Mutterleib. Diese Pose würde vielleicht bei jedem anderen Wesen einen schutzbedürftig und niedlich Eindruck erwecken, doch leider hatte sie bei dieser Person nichts von der ungetrübten Reinheit eines ungeborenen Kindes an sich. Nein. Ganz im Gegenteil: Yukiko wirkte eher wie ein schlafender, bösartiger Drache in seiner Höhle. Auf den ersten Blick hätte sie die verschollene Schwester des kleinen, verfluchten Mädchens aus >The Ring< sein können, denn genau wie das unheimliche Wesen aus dem Film, waren ihre langen Haare dunkel, und grade geschnitten. Wenn Yukiko dann auch noch die Augen öffnen würde und sich dieses hochmütige und gemeine grinsen auf ihre schmalen Lippen schliche, stände sie seiner Zwillingsschwester Samara Morganin in nichts mehr nach. Langsam gewöhnten sich Lucys Augen an die unnatürliche Dunkelheit und sie ging leise zu der Couch um Yukiko vorsichtig an den Schultern zu rütteln. „Hey…“ wisperte sie. Aber ihr Gegenüber schlief ohne Reaktion weiter. Je länger sie da stand umso nervöser wurde Lucy. Aber eigentlich war sie immer nervös wenn Yukiko sich irgendwie unnatürlich verhielt. Im Allgemeinen verhieß das nichts Gutes. Hatte ihr Gehirn mal wieder einen kranken Plan ausgehegt, um sie oder einen anderen Mitbewohner an die Wäsche zugehen? Es war kein Geheimnis mehr, das Yukiko sich eher für Mädchen interessierte, anstatt für gewöhnliche Jungen. Lucy wusste nicht was grade in Yukiko vorging, war sich aber im Klaren, dass sie es jeden Moment erfahren könnte. Ihr Blick ruhte also wachsam auf das schmale, aber Attraktive Gesicht des schlanken Mädchens in der Embryostellung. Ihre Haut war Cremefarbend und zwei schmale Streifen unter je einem Auge liefen in einer waagerechten Line über ihr Gesicht. Nichts an Yukikos äußerem Erscheinungsbild (und vor allem ihren Essgewohnheiten) verleugnete ihre Nichtmenschliche Abstammung. Erst recht nicht die zwei weißen Engelsflügel auf ihren Rücken, noch der hellstrahlende Heiligenschein über ihren Kopf. Der Fakt, dass Yukiko kein normaler Mensch war sondern ein waschechter Prototyp Angel, lag demnach klar auf der Hand. Sie machte sich aber auch nicht die Mühe um ihr wahres Ich vor den Menschen zu verstecken, sondern nutze jede Gelegenheit, ihnen ihre Macht unter die Nase zu reiben. Fast schüchtern setzte sich Lucy neben Yukiko und bettete das Kinn nachdenklich in ihren Handflächen. Sie starrte sie immer noch ohne zu blinzeln an. Lucy schluckte schwer; bis jetzt war sie ihr noch nie so nahe gekommen... Ihre Mundwinkel zuckten leicht, und für einen kurzen Moment verspürte Lucy das heftigen verlangen Yukio eine verirrte, lila Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Erschrocken von ihren eigenen Gedanken keuchte Lucy auf. Sie wusste ganz genau, dass wenn Yukiko von der Berührung aufwachte, diese Tat direkt als Liebesbotschaft ansehen würde. Doch jetzt grade im Schlaf sah sie viel freundlicher aus, immer noch furchteinflößend, aber nicht mehr so bösartig wie vorher. Eigentlich war Yukiko sogar sehr hübsch, aber der lodernde Zorn gegenüber den Dämonen und den Menschen machte sie so kalt, wie schwarzes Eis. Ein tiefes Knurren ertönte plötzlich in der Kehle des Prototyp Angels und Lucy sprang mit einem gewaltigen Satz auf die Beine. Ein Schauer durchfuhr Yukiko wie ein Blitz: Die einzelnen Hautschuppen ihres Körpers richteten sich der Reihe nach auf. Scharf und Angriffslustig schossen sie in die Waagerechte, wie bei einer Schlange. Im Allgemeinen besaß Yukiko sowieso viele Eigenschaften von diesem schaurigen Tier; Listig, Klug und zweifellos tödlich. Dann natürlich die rauche Schuppenhaut und die langen Reißzähne die bei Kontakt einen lähmenden Mix auf Schlaf – und Betäubungsmittel absonderten. Unentschlossen tänzelte Lucy vor dem Sofa rum, während sie darauf wartete, das Yukiko vollständig erwachte. Und lange ließ sie das Blauhaarige Mädchen auch nicht mehr zappeln. Mit einem Ruck riss sie die Augen auf, und linste ein wenig benommen zu Lucy rauf. „Hi Süße, wie Spät ist es?“ fragte sie mit noch schlaftrunkender Stimme. Eine Fahne von getrockneten Blut und alten Fleisch wehte Lucy entgegen. Sie sah das Yukiko einen weißen Verband um den Kopf trug. „Gleich 16.30 Uhr…“, antwortete Lucy und unterdrückte das flaue Gefühl in ihrem Magen. Nicht mehr viel und sie würde Yukiko ohne Reue auf den Teppich Kotzen. „Mann Yukiko, was hast du eigentlich gegessen? Du stinkst ja schien wie ein Metzger!“ „Sorry Lucy, aber nach der letzten Nacht war ich besonders Hungrig... Heute Morgen habe ich mir ein ganzes Pfund Hackfleisch in die Hals geschoben.“ „Ist ja besser als Hundekeule.“, bemerkte Lucy trocken und verschränkte leicht die Arme vor der Brust. „Wie geht es Kamila heute?“ Die 16-Jährige Yukiko rollte sich auf den Rücken und atmete lange aus um den Rest des Schlafes abzuschütteln. Ein paar Sekunden blieb sie noch regungslos auf der Couch liegen und hielt die Augen geschlossen. Dann, mit einer einzigen fließenden Bewegung saß sie Kerzengrade und schaute Lucy herausfordern an. Ihr hübsches Gesicht verwandelte sich von der einen, auf die andere Sekunde in Stein. Etwas Seltsames lag in ihrem Blick. Etwas Gefährlich Seltsames. „Wo warst du eigentlich den ganzen Tag?!“, fauchte sie Lucy an. „Deine Schwester hat die ganze Zeit nach dir gefragt! In ihrer Trauer hat sie ganze 3 Scheiben Panzerglas zerstört. Wenn das so weiter geht, sind wir bald Pleite.“ Lucy schluckte geräuschvoll. Sie wusste, dass ihre Schwester Kamila seit langem an physischen Problemen litt, und sie ihre Fähigkeiten bei heftigen Emotionen nicht mehr Kontrollieren konnte. Aus eben diesem Grund mussten sie Kamila auch von der Öffentlichkeit isolieren, und sie in einer Zelle unterhalb der Schokoladenfabrik sperren. Unter anderen Umständen konnte man ihren zerstörerischen Fähigkeiten keinen Einhalt gebieten. „Entschuldige. Das Treffen mit diesen Jungen hat mich sehr mit genommen. Er hat sich geweigert zu Kämpfen, und wollte mir sogar zu einem normalen Leben verhelfen.“, gestand Lucy leise brachte aber wenigstens den Mut auf, Yukiko in die Augen zuschauen. Eisblaue Seelenspiegel und eine rote Bindehaut, bohrten sich wie Messer in ihre Eigenen. „Für wenn hält dieser Typ sich eigentlich?! Nur weil sein Papi eine große Nummer in der Unterwelt ist, heißt das nicht, dass er sich als Held aufspielen darf. Was weiß dieser kleine Bengel schon von den Grausamkeiten dieser Welt?“ Lucy nickte und lief knallrot an. Das erste Mal in ihren Leben spürte sie so richtig, wie die ihr die ungebremste Wut ins Gesicht schoss. „Natürlich kann er uns nicht verstehen!“ zischte sie zustimmend. „ Sonst würde er nicht so einen Hirnlosen Bockmist erzählen. Ich könnte Kotzen wenn ich daran denke, dass ich ihm fast geglaubt hätte. Der will uns doch nur alle Verarschen, und beweisen was er für ein toller Kerl ist!“ „Das ist Richtig!“, pflichtete Yukiko ihr bei und stieß ihre Faust in die Luft. „Beim nächsten Mal schlagen wir ihn Tod! Ihn, und die anderen Dämonen von denen Scarlet erzählt hat.“ „Du meinst Mephisto und die Stone Face? Den Werwolf hab ich schon erledigt. Eine Sorge weniger. Der kann uns nicht mehr gefährlich werden. Aber…“ „Aber…?“, hackte Yukiko interessiert nach, als Lucy nicht Anstalt machte weiter zureden. „Ach nichts… ich frage mich nur, wie es weiter geht und ob Alles wirklich so läuft wie Scarlet sagt, wenn wir erst mal Remira erweckt haben.“ Wie von Geisterhand, und ohne sich ihre Reaktion selbst erklären zu können, setzte sich Lucy neben Yukiko und lehnte den Kopf gegen ihre Schulter. „Außerdem habe ich Angst das Kamila für immer in dieser verdammten Zelle bleiben muss. Sie ist doch noch so klein, und hat es nicht verdient in Gefangenschaft zu leben!“ „Ich weiß. Das fände ich auch schrecklich.“ Yukiko ließ ihren Kopf vorsichtig auf Lucys sinken. „Aber ich bin mir sicher das Remira als Krönung unsere Species eine Lösung für dieses Problem findet. Sie besitzt Kräfte, von denen wir alle nur träumen können.“ „Woher wissen wir eigentlich, dass dieser Hybrid uns wirklich hilft? Gibt es dafür irgendeine eine Garantie? Wenn Remira erfährt das Avalon Tod ist, wird sie sich vielleicht von allen Abwenden und ihr eigenes Ding durchziehen. Dann wären auch wir Humanoid Demon und ihr Prototyp Angel Geschichte!“ „Wir sprechen hier aber von Remira! DER REMIRA?! Sie ist niemand der ihre Leute hintergeht. Du erinnerst dich wohl garnicht mehr an Sie, hmm?“ Kommentarlos stimmte Lucy zu, mit einem leicht betrübten Ausdruck im Gesicht, bevor sie doch den Mund aufmachte. „Das ist jetzt schon mehrere Jahre her! Damals war ich noch ein kleines Kind, und zudem mit Kamila beschäftigt. Ich erinnere mich nur noch daran, das Remira hell blonde Haare hatte und ein rotes Kleid trug, das ihr das Aussehen einer Prinzessin verlieh. Und ich glaube, sie hätte Flügel… aber meine Erinnerung ist verschwommen.“ „Genau. Und orange Augen, die grell Leuchten.“ Die beiden Mädchen sahen sich an und nickten leicht. Zusammen fiel es ihnen leichter ein Bild von Remira herauf zu beschwören. Vor mehreren Jahren, bevor Mephisto dem Mädchen ihren Makaber entriss und ihre Seele in ein Gefäß sperrte, lebte sie bei den Nemesis. Aber eines Tages fand der Teufel sie, und wollte ihr als letztes, lebendes Exemplar der mächtigen Hybrid-Reihe ein Ende setzten. Der Plan ging auf; Remira verlor alles was sie besaß; ihren Makaber, die Quelle ihrer Kraft und ihre Seele. Der Körper verbrannte Mephisto zu Asche, aber diesen konnten ihre Freunde Notfalls ersetzten, sobald sie die anderen beiden Teile zusammen hatten. Und genau das war Scarlets großer Traum; sie wollte Remira, ihre beste Freundin und heimlicher Star, wieder um sich haben und mit ihr die überflüssigen Dämonen von der Bildfläche putzen. Erst dann konnten sie in Frieden leben, und nie mehr befürchten das ihren welche Kranken Wissenschaftler ein Experiment mit Menschlichen Versuchskaninchen machte. „Ich werde mal nach Kamila sehen.“, raunte Lucy und stand von der Couch auf. Sie betrachtete Yukiko noch einmal aus dem Augenwinkel, und lächelte sie an. „Ruh dich aus. Unser nächstes Zusammentreffen mit den Dämonen wird sicher heftig. Nachdem ich eins der Stone Face fast gekillt hätte, werden sie sicher vorsichtiger sein.“ Langsam stieg Lucy die morsche Treppe zum Kellner hinunter, und rammte ihre spitzen Fingernägel in die feuchten Wände um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. In dieser Enge konnte sie unmöglich Fliegen und würde sich nur Verletzten, weil sie sich in Scarlets Energiefelder verfing, die diese zum Schutz errichtete hatte. Die Feuchtigkeit fand den Weg durch ihre Kleidung und Lucy fröstelte es. Sie verfluchte diesen verdammten Keller! Sie verfluchte auch diese beschissene Fähigkeit die ihre kleine Schwester unterwarf, und sie zu einer tickenden Zeitbombe machte. Wie gerne würde sie mit Kamila tauchen, ihr ihre Macht schenken und sich diesen sturen Makaber in die Brust rammten. Mit ihr würde es der Stein nicht so ein leichtes Spiel haben, und er müsste sich Lucys Willen irgendwann beugen. Da war sich die blauhaarige Feuerbändigerin sicher. Bei ihr würde es anders aussehen. Aber Kamila schaffte es nicht; sie war schwächer, und der Makaber machte mit ihr was er wollte. Allerdings war es nicht immer so gewesen. Kurz nachdem Lucy und Kamila nach langen Jahren der Gefangenschaft aus der Forschungseinrichtung flohen, konnte die Kleine ihren Fähigkeiten ohne Probleme einsetzten. Sie erwies sich sogar als sehr mächtiger Humanoid Demon, und beschützte die große Schwester oft vor Feinden. Abrupt hielt Lucy in ihrer Bewegung inne. Nach kurzen zögern ging sie weiter und ließ ihre Gedanken schweifen. Mit 9 Jahren floh sie mit Kamila und lebte mehr als 2 Jahre als Obdachlose Kinder auf der Straße einer großen Stadt, an dessen Name sie heute nicht mal mehr wusste. Flammen schossen aus Lucys Haut und knallen zischend gegen die feuchten Wände, als sie ihre Wut runter schluckte; sie musste sich beherrschen, durfte nicht wieder wie letztes Mal im Kampf mit diesen Albino in ihrer Gedankenwelt versinken. Sie schloss die roten Augen, versuchte ihre Atmung zu kontrollieren und sich über diese chaotischen Empfindungen klar zu werden, die diese längst vergangenen Erinnerungen in ihr auslösen. Sie wollte diese Zeit endlich vergessen, und nach vorne blicken. Einen halben Tag zuvor… Frustriert betrachtete Marcel sein Gesicht im Spiegel des neuen Garderobenschranks, als er leise die Eingangstüre hinter seinen Rücken schloss und die Diele betrat. Verdammte Tränen. An den rot geschwollenen Augen würden Kiley sofort erkennen, das er wieder mal geheult hatte. Und Verdammter Daimon, der ihn mit seinen Gemeinheiten mal wieder Quälen musste, weswegen er auch so traurig wurde. Eigentlich wollte Marcel nur etwas Gutes tun, als er sich vor ein paar Stunden auf die Suche nach seinen älteren Bruder machte, aber dieses Vorhaben scheiterte dann gründlich an Daimons ungezügeltem Temperament. Aus der Küche vernahm Marcel ein leises Geräusch. Er horchte gespannt auf. Dass Kim zu dieser späten Zeit noch wach war, wunderte ihn sehr, da sein zweiter Bruder in den vergangen Tage nur wenig Schlafen konnte, da er ständig unter Stress stand. Erst musste er Kuroro versorgen der eines Mittags im Wald angegriffen wurde, dann befand sich Kim überrachenderweise selbst in der Opferrolle und heute, beziehungsweise gestern Nacht, behandelte er denn zusammen geschlagenen Dylan im Haus. Marcel stand unschlüssig im Flur rum. Konnte er dem labilen Teenie-Dämon in solch einer geschwächten Verfassung unter die Augen kommen, oder würde er sich hier nur die nächste Abfuhr abholen? Ich glaube nicht, dass er mich mit blöden Fragen löchert, dachte Marcel und konnte nur mit Mühe seine aufkommende Panik unterdrücken. Natürlich war dies nur Wunschdenken. Kiley würde ihn bis aufs Blut ausquetschen! Auch wenn er nicht so gewalttätig wie sein Zwillingsbruder Daimon war, so saß Kims Zunge doch auch recht locker. Marcel warf noch einen verzweifelten Blick in den Spiegel und der Junge mit den blonden Haaren, und den viel zu großen Augen sah ihn mitleidig an. Mach schon, schien sein Spiegelbild zu flüstern, dann hast du es hinter dir und kannst dich in dein Bett verkriechen. In der Hoffnung, halbwegs Normal auszusehen strich Marcel seinen Pony ins Gesicht und verdeckte die rote Bindehaut mit den Spitzen, bevor er in die Küche ging. „Kiley…? Noch wach?“ Der Angesprochene drehte sich halb um und verstaute mit einer schnellen Handbewegung eine Teetasse im Küchenschrank. „Hi.“ Erwiderte Kiley monoton. Der kalte Glanz, der in seinen Augen zum Vorscheinen kam, erinnerte Marcel an eine Pistolenkugel. Trotz des Tagelangen Schlafentzugs sah Kim mit seiner kurzen, schwarzen Strubelfrisur und den dunkel umrandeten Augen einfach umwerfend aus. Marcel konnte nicht anders als ihn eifersüchtig anzustarren. Wie machte Kiley das bloß? Marcels mühevoll errichteter Schutzwall verpuffte innerhalb einer Sekunde. „Wie siehst du denn aus?“, fragte Kim spöttisch und musterte ihn aufmerksam. „Hast du dich auf die Fresse gelegt oder warum siehst du so aus, als ob du Maulwurf gespielt hättest?!“ „Ich…ähm… weißt du…“ Fiebrig suchte Marcel nach den passenden Worten und lief rot an – Hilfe, wie peinlich! Langsam veränderte sich Kims Gesichtsausdruck. Sein ohnehin schon dünner Geduldsfaden zitterte und er sah seinen kleinen Bruder eisig an. Schlecht gelaunt fielen Kims Mundwinkel nach unten und er schnalzte kurz mit der Zunge, worauf hin Marcel nach Luft schnappte. „Wo warst du die letzten 2 Stunden?“ Kims Laune sank auf Kellerebene. „Ich hab dir doch verboten vom Haus weg zugehen, und was machst du? Verpisst dich einfach sobald ich dich aus den Augen lasse. Naja, aber was will man schon von einem einfachen Menschen erwarten…? Sag mir lieber ob du Daimon gefunden hast?“ Marcel schob sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr und bemühte sich, sich nicht von dem schwarzhaarigen einschüchtern zulassen. „Gefunden habe ich ihn, aber will nicht her kommen solange Dylan bei uns ist.“ Verächtlich zog Kim die Augenbrauen hoch und seine Mundwinkel folgten indem sie sich zu einem bösen Grinsen verzogen. „Dann bleibt er wohl heute Nacht draußen.“ Es lag auf der Hand das das Thema Daimon hiermit vom Tisch war. Unglücklicherweise schien Kim das meckern immer noch nicht leid zu sein, und taxierte stattdessen wieder Marcel. „Und du gehst jetzt am besten in dein Zimmer und legst dich hin. Ich bin heute wirklich nicht mehr in der Stimmung um mich mit dir zu beschäftigen. Gute Nacht.“ Marcels Knie wurden mit Lichtgeschwindigkeit weich und er stieß ein eingeschnapptes brummeln aus. „… Danke Marcel, dass du so nett warst und den gesamten Wald für mich nach diesem Schläger Daimon abgesucht hast. Tut mir leid das ich so zickig bin, aber ich bin total übermüdet.“ Widerstrebend lauschte Kim dem Gehörten. Seines Rotes und Goldenes Auge zogen sich bedrohlich zu ein paar Schlitzen zusammen, die angriffslustig in seinem makellosen Gesicht glitzerten. Das Marcel ihn grade bis auf den letzten Nerv provozierte, war ihm mehr als nur Bewusst. Etwas in seinem inneren fühlte sich glühendheiß an und er schlucke lautlos. Unter anderen Verhältnissen hätte er Marcel nun mit einem gezielten Flammenschoß in Asche verwandelt. „Vielleicht hast du Glück und ich bin morgen besser drauf.“ Ein kleines Lächeln lag auf Kims blutleeren Lippen. „Oder du hast Pech und ich schleich mich diese Nacht in dein Zimmer, wo ich dir dann im Schlaf den Schädel zerschmettere…“ „Toll.“, zischte Marcel und drehte die blauen Augen zur Decke. Offen gestanden hätte er vor Angst am liebsten das Weite gesucht, anstatt Kim Kontra zu geben. Aber diesen Triumph wollte Marcel ihm nicht gönnen, auch wenn seine miese Laune an diesem Tag vielleicht berechtigt war. „Du hattest auch schon mal bessere Beleidigungen auf Lager…“ Gut, das klang schon mal Selbstbewusster. Marcel fühlte sich schon etwas wohler in seiner Haut, und auch ein wenig Mutiger als zuvor. Aber… Scheiße! Noch mehr solcher Frechheiten und es würde Hiebe vom Himmel regnen! Mein Gott, heute war wirklich nicht sein bester Tag. Erst ärgerte er Daimon, und jetzt Kiley...? Das ist keine gute Idee, teilte ihm sein Verstand mit, die machen dich Platt! Aber wenigstens machte er Marcel einen besseren Vorschlag, und ließ ihn nicht in der Luft hängen: Nimm deine Beine in die Hand, und lauf!! Die kalte Angst in seinen Herzen bewegte sich und Marcel lief ein Schauder über den Rücken. Fröstelnd rieb er über seine dünnen Arm, bevor er sich in die Höhle des Löwen begab und den gesenkten Blick hob. Als sich ihre Blicke kreuzen, spürte Marcel wie die Luft brannte. Verlegen räusperte er sich und drehte sich auf den Fersen um. . „Sorry… Ich geh ja schon hoch. Aber sagst du mir noch, wo Dylan ist?“ Die Stirn in Falten gelegt antwortete Kim; „ Er schläft schon. Ich habe ihn Jeremys Zimmer gegeben. “ „Okay, bis Morgen…und danke…“ „…wofür?“ fragte Kim ohne einen Funken von Freundlichkeit in der Stimme und starrte Marcels Rückseite an. Wieder trat eine kurze Atempause ein. Wieso brachte er Marcel nur so aus der Fassung? Lag es an seinem unverschämt guten Aussehen, oder an seiner entwaffnenden Schlagfertigkeit? „Das du mir… und Dylan geholfen hast.“ „Nichts zu danken. Du bist mein kleiner Bruder.“ Schon klang Kim viel sanfter, aber vielleicht auch eine Spur belustigt. Wegen der Kälte in seinen schmalen Augen ließ sich dies schwer beurteilen, und so schlurfte Marcel mit hängenden Schultern die Treppe rauf. Der Montagmorgen empfing die Menschen in Thirsk nass und stürmisch. Auf den feuchten Straßen waren an diesen Morgen wenige Leute unterwegs. Man sah nur ein paar vereinzelte Jugendliche, die sich mit ihren Schultaschen auf den Weg in die Schule machten. Ein Windstoß fegte um die Ecke und Marcel stopfte die schwarz lackierten Fingernägel in die engen Hosentaschen seiner dunkelroten Röhrenjeans. Seufzend warf er einen Blick auf seine Handyuhr und stellte fest, dass er noch knapp 30 Minuten bis zum Beginn des Unterrichts hatte. Ein trauriges Lächeln legte sich auf seinen rosafarbenden Mund, als Marcel mit zusammen gekniffenen Augen in den trüben Himmel sah. Heute Morgen nahm er einen extra frühen Bus damit er vor Schulbeginn, nochmal mit Dylan über die Ereignisse der letzten Wochen reden konnte; Über Nemesis, Lucy Etoile- den Flammenmädchen, und den Drohbriefen die Dylan von ihr bekommen hatte. Aber von dem Albino fehlte jede Spur. Na super, dann war er also umsonst früh ausgestanden. Na gut, er musste gestehen das Dylan auch nichts von seinem Plan wusste, und er einfach mal auf gut Glück her gekommen war. Während er so dar stand, und hoffte das die Zeit schneller verging, ließ Marcel die Nacht von Samstag auf Sonntag noch mal Revue passieren, und kam sich allmählich ziemlich dämlich vor. Bestimmt lachten sich Kim und Daimon grade Löcher in den Bauch. Sie wussten dass Marcel nicht sehr schlagfertig, dafür aber sehr sensibel war. Gehässig genug waren die beiden dazu. Unwillkürlich bekam Marcel eine Gänsehaut. Nicht zu fassen, das er sich tatsächlich Sorgen um die Beiden gemacht hatte. Sein Mitleid zerplatzte wie eine übergroße Seifenblase. Kim mochte vielleicht sehr kühl und arrogant erscheinen, doch mit Recht – in seinen jungen Jahren besaß er schon viel mehr Selbstdisziplin als Gleichaltrige, und Dummheit war ihm zuwider. Marcel grummelte missmutig. „…hätte Kim doch mal mehr von Jeremys Charakter, anstatt von Daimons abbekommen.“ Nach einer Weile klingelte die Schulglocke und symbolisierte somit, dass der Unterricht gleich beginnen würde. Auf den Weg zu seiner Klasse bemerkte Marcel eine Nachricht von Fee im Posteingang, die ihm fragte wo er sei. „Bin schon unterwegs. Wir sehen uns später.“ Schrieb er ihr zurück und verstaute sein Handy wieder in der Hosentasche. Soviel er wusste, hatte sie heute zur selben Zeit Schulbeginn, und würden sich damit in der großen Pause sehen. Er war so in seinen Gedanken vertieft dass er gar nicht die flinke Person bemerkte, die wie von einer Tarantel gestochen über den Gang flitze. „Wah!“, rief jemand laut aus, und ehe Marcel wusste wie ihm geschah, fühlte er sich plötzlich mit den Fußboden konfrontiert. Verwirrt blinzelnd, und leicht angepisst hob er den Blick und entdeckte – eine Portion Zuckerwatte. Was?! Perplex klappte ihn der Mund auf. Die klebrige Süßigkeit bewegte sich und ein paar violette Steine erschienen aus dem Nichts. „Uh… Tut mir leid.“, sprach die Person und rieb sich mit Schmerz verzehrtem Mund den Hals. „Ich hab dich nicht gesehen. Bist du verletzt?“ Aufgeregt schluckte Marcel seine hoch gekommene Galle runter und wurde sogleich rot, als er das Gesicht des Mädchens erkannte, das halb auf ihn drauf lag. Das war Roxanne Anderson, oder wie ihre Freunde sie nannten, Hikari. Sie war ein ausgesprochen hübsches Mädchen mit Rosa Wuschelmähne, einen großen, schlanken Körperbau und besaß zudem ein sehr attraktives Gesicht, mit hohen Wangenknochen. Ihre großen Augen erinnerten an den Edelstein Amethyst, besonders, wenn dieses aufgeweckte Leuchten in ihrem Inneren erschien. Sie war zwar kein Überflieger in Sachen Sport oder Intelligenz, aber alle Schüler mochten Hikari. Die Lehrer schienen großes Vertrauen in ihr zu setzten, und so wurde sie letztes Jahr zum Schülersprecher gewählt. Doch obwohl sie eine Berühmtheit war, konnte man ganz normal mit ihr Umgehen und Reden. Hikari rappelte sich auf und zog Marcel gleichzeitig auf die Beine. Inzwischen waren einige Schüler stehen geblieben und verrenkten sich neugierig die Hälse. Verlegen knete Marcel seine Hände und wollte grade an dem Mädchen vorbei stürmen, nur um im nächsten Moment von ihr am Kragen festgehalten zu werden. „He, warte doch Mal. Nicht so schnell! Du bist doch Daimons kleiner Bruder. Erinnerst du dich noch an mich? Wir haben uns damals beim Karatetraining kennengelernt.“ Der Blondhaarige schluckte schwer. Er spürte wie die Haut auf seinem Gesicht warm wurde. Die fragenden Blicke seiner Mitschüler bohrten sich unangenehm in seinen Nacken, und machten Marcel nur noch Nervöser. Als er den Mut aufbrachte sie anzusehen, strahlte Hikari ihn Warmherzig an, und bemerkte, wie er zugleich noch eine Nuance verlegener wurde. „Du… du bist Hikari, oder? Eine von Daimons Schülerinnen.“ Sie nickte lächelnd. „Genau die. Und… dein Name war… irgendwas mit >M<. Entschuldige, aber ich kann mir wahnsinnig schwer Namen merken.“ „…ich heiße Marcel.“ „Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein.“, grinste Hikari und lief die nervigen Blicke ignorierend neben Marcel her. „Wie geht es dir eigentlich? Bei den letzten Karatestunden warst du nicht mehr dabei. Ist das doch nicht der richtige Sport für dich?“ Er starrte auf seine Schuhspitzen und überlegte eine Weile. „Ich denke nicht, nein. Das ist mir einfach zu Brutal.“ „Du meinst wohl, Daimon ist dir zu Brutal.“ Jetzt konnte Marcel sich nicht mehr zurückhalten und musste schließlich auch leicht grinsen; es sah dabei aber wehmütig und auch irgendwie enttäuscht aus. „Oder so.“ „Mach dir keinen Kopf darum. Irgendwann findest du schon die Sportart, die dich ausfüllt… Hallo Zicke.“ Sie blieb neben einer Gruppe Jugendliche stehen und legte die schlanken Hände auf die Schultern eines muskulösen Jungen. Dieser drehte sich zugleich um, und taxierte Hikari mit forschem Blick. Bei diesem Exemplar von Schüler handelte es sich um den allzeit gut aussehenden Basketball-crack, Gunnar Di Lauro, der auf dem Gymnasium ebenso beliebt war, wie Hikari. Marcel kannte diesen Jungen zwar nicht persönlich, aber sein selbstbewusstes, etwas hochmütiges Lächeln schüchterte ihn ein. Gunnar umgab eine glänzende Aura, und die Mädchen lagen ihm zu tausenden zu Füßen. „Da bist du ja, Schnecke.“, flötete der 19-Jährige. „Und diesmal sogar in Begleitung…“ Marcels Mundwinkel zuckte kurz. Erschrocken, von der plötzlichen Bemerkung suchte er Schutz hinter Hikaris Rücken. Er biss sich auf die Unterlippe und sah mit bangem Blick zu Gunnars Gesicht hoch. Er musste zugeben, dass der junge Basketballspieler wirklich gut aussah… Er war sicher so groß wie Daimon und ebenso Trainiert wie dieser. „Das ist Marcel Sandjoé.“, erklärte Hikari seelenruhig. „Sandojé, sagst du?“ In Gunnars Gesicht flammte auf einmal Interesse auf. „Er heißt Sandjoé, so wie die Zwillingsbrüder? Hey Blondie, sind die beiden etwa deine Geschwister?“ Nickend stimmte Marcel zu. „Er ist ein bisschen Schüchtern. Also sei lieb zu ihn, oder du kriegst es mit mir zu tun.“, mahnte Hikari ihren Freund mit funkelnden Augen. „Ja ja schon klar. Aber wow, das flasht mich jetzt irgendwie total. Daimons kleiner Bruder hätte ich mir nie SO vorgestellt. Er sieht den Zwillingen aber auch kein bisschen ähnlich, oder? Die sind ja so unterschiedlich wie Tag und Nacht.“ Wieder ergriff Hikari für Marcel die Partei und zuckte lässig die Schultern. „Ist doch egal, wie er aussieht. Er muss doch auch nicht so eine Kante wie Daimon sein… So wie er ist, finde ich ihn eigentlich ganz knuffig.“ Sarkastisch hob Gunnar eine Braue an. „So? Mutterkomplexe?“ „Schon möglich.“ Es sah so nicht aus, als ob Hikari das irgendwie unangenehm wäre. Fürsorglich legte sie den Arm um Marcels Nacken und drückte ihn kurz, aber energisch an ihre Brust. „Bis dann, und pass auf dich auf.“, flüsterte sie ihm mit warmer Stimme zu und ließ ihn dann wieder los. Marcels Herz machte Anstalt um aus seiner Brust zu springen als er sich umdrehte, und zu seinen Klassenraum eilte. Er ließ es sich aber nicht nehmen, um nochmal über die Schulter zu schauen und Hikari einen fragenden Blick zu zuwerfen. Sie erwiderte den Blick und zwinkerte verschmitzt, wobei sich ein breites Lächeln auf ihrem schönen Gesicht ausbreitete. Suchend blickte sich in Marcel in der Klasse nach seinen besten Freund um. Das Zimmer war bereits relativ voll, und er hatte Schwierigkeiten den Überblick in der Menschenmasse zu behalten. „Hey Morsi!“, rief Connor von der Ecke aus und hob grüßend die Hand. Ein zufriedenes schnaubend entkam Marcel als er sich an seinen Platz gesetzt, und seine Schulsachen auf den Tisch ausgebreitet hatte. „Wir haben dich nicht im Bus gesehen.“, meinte Connor sofort und stützte seinen Kopf neugierig in seine Handfläche, bevor ein kleines Grinsen seine Miene erhellte. „Bist du heute wieder mit Dylan zur Schule gekommen?“ Überrascht drehte sich Marcel um und konnte nicht verhindern, das ihm das Blut in die Wangen schoss. „Wieso sollte ich denn mit ihm hierher kommen?“ Ein leises Kichern war zu Hören als sich Connor nach seiner Tasche beugte, um ebenfalls seine Schreibmaterialen raus zu holen. „Weil ihr mir so verdammt Vertraut vorkommt.“ „Wie kommst du denn darauf?“ zischelte Marcel. „Und wieso redest du überhaupt freiwillig über ihn? Ich dachte, du könntest Dylan nicht leiden. Woher kommt denn diese plötzliche Sympathie, Hmm?!“ „Weil ich gemerkt habe, das dieser Albino doch ganz Cool ist.“, meinte Connor und lehnte sich zufrieden in seinen Stuhl zurück. „Am Samstag hat er uns denn Kopf gerettet. Ohne ihn wären wir jetzt Grillfackeln. Marcel…?“ „Was?!“ murmelte Marcel und biss sich nervös auf die Zunge. Connors Tonfall nach zu urteilen lag ihm etwas Wichtiges auf den Herzen. Und er konnte sich gut vorstellen, in welche Richtung dieses Gespräch gehen würde… „Dieses Mädchen war keine Einbildung, oder? Sie konnte wirklich Feuer produzieren? Und Dylan…“ Man sah wie blass Marcels bester Freund wurde. „Der ist auch nicht normal, hab ich recht? Als uns dieses andere Mädchen im Garten des Museums angriff, habe ich gesehen, wie er einen riesen Ast auf sie geschmissen hat, der so dick war, das noch nicht mal Daimon ihn anheben könnte.“ „Hm.“, machte Marcel und fuhr sich mit den Fingerspitzen durch seine blonde Haar bevor er dem Anderen ein bitteres Lächeln zuwarf: „Ich weiß was du damit sagen willst, Connor; Du bist nicht verrückt. Ich habe sie auch gesehen. Dieses Mädchen, Lucy heißt sie, gibt es wirklich und was sie kann, ist auch Real. Leider.“ „Woher weißt du das?“ Vor Schreck bekam Connor den Mund gar nicht mehr zu. „Ich weiß es eben. Und was Dylan betrifft, da hast du ebenfalls recht. Er ist auch nicht normal, aber er gehört zu den Guten…“ „Zu den Guten, sagst du? Dann gibt es mehr von ihnen?“ „Hmm, ja…“ Unruhig rutschte Marcel auf seinen Stuhl umher. „Aber mehr kann ich dir leider nicht erzählen. Ich hab versprochen ihr Geheimnis nicht weiter zu sagen, und ich will sie nicht enttäuschen.“ Das Daimon oder Kim ihm dafür den Hals umdrehen würden, war ihm durchaus bewusst und er traute es ihnen, Daimon jedenfalls, auch ohne weiteres zu. Welch Grausame Vorstellung. Hätte er das Geheimnis Fee doch bloß nie erzählt. Es wäre alles so viel einfacher gewesen! Auf einmal saß Marcel kerzengrade und schaute sich hektisch um. „Connor!“, fiepte er aufgebracht und umfasste dabei seinen Arm. „Du musst mir versprechen dass du niemanden von Dylan oder Lucy erzählst! Das ist super wichtig.“ Würden die Zwillinge davon Wind kriegen, das Connor wüsste das Dämonen existieren, hätten sie Grund zur Annahme, dass Marcel auch ihre Identität Preis gegeben hätte. Und bekanntlicherweise war mit den Dämonen ihrer Gattung nicht zu spaßen…! Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er fühlte sich schlecht. Mal abgesehen von seinen Geschwistern, was würde so jemand wie Mephisto machen, wenn ihm ein Mensch auf die Schliche kämme? Connors Blick traf auf Marcels und irgendwie hatte er Angst, dass man ihm ansehen könnte, dass es noch mehr zu erzählen gab; dass das Übernatürliche in Wirklichkeit näher war, als das man vermutete. „Natürlich.“, sagte Connor ernst und berührte vorsichtig Marcels Hand, dessen Finger sich mit beängstigender Kraft immer tiefer in seinen Oberarm bohrten. „Aber kommst du mit diesem Geheimnis überhaupt zurecht? Ich an deiner Stelle wäre mit so einer Last ziemlich überfordert.“ Wie wahr! Dankbar lächelte Marcel seinen besten Freund an. Ja, Connor hatte vermutlich Recht. Wäre seine Familie nicht für diese Last zuständig, wäre er schon längst daran zerbrochen. Aber die Angst, dass seine Brüder ihn deswegen verlassen könnten, war einfach stärker und schenkte Marcel die nötig Kraft durch zuhalten. „Ich schaffe das schon. Mach dir keine Sorgen um mich…“, versicherte Marcel und versuchte dabei selbstbewusst zu klingen. Die Klasse plauderte noch ein paar Minuten fröhlich weiter bevor ihr Englischlehrer, Herr Carrington , den Raum betrat und die Schüler zur sofortigen Ruhe aufforderte, obwohl bereits sein Erscheinen dafür sorgte, das alle Gespräche verstummten. Herr Carrington war ein Mann mittleren Alters, sicher 1.90 cm groß und hatte etwas längeres, dünnes Haare in einem unangenehmen Silber-Grauton. Viele Schüler konnten ihn nicht ausstehen. Er war berühmt für seine Strenge und Herr Carrington hatte auch kein Problem damit, schlechtere Schüler vor der versammelten Klasse bloßzustellen. Die Schüler stöhnten leise, als der Herr Lehrer sein Buch aufschlug und sofort, ohne ein paar allgemeine Worte, mit dem Unterricht begann. „Ich kann ihn nicht ausstehen.“, murrte Marcel zu Connor gewandt, der bereits den ersten Satz in seine Unterlagen geschrieben hatte. „Ich auch nicht… Er ist so ein Mistkerl! In Fees Klasse schreibt er immer wieder unangekündigte Klausuren, die dann sogar die besten Streber verhauen. Ich habe Mitleid mit ihr.“ „Hast du dir schon mal die riesen Pupillen hinter seine Hornbrille angesehen?“, fragte Marcel kichernd und wackelte mit den Augenbrauen. „Der hat definitiv etwas Illegales zu sich genommen! Ich sag dir, der hat sicher Cannabis oder sowas geraucht.“ Die beiden sonst so ruhigen Schüler in der letzten Reihe verfielen in ein leises, bösartiges Gelächter. „Hast du heute schon Dylan gesehen? Draußen auf den Gang war er definitiv nicht.“, fragte Marcel mit vorgehaltener Hand. Connor verneinte mit einem kurzen Kopfschütteln. Als Marcel schon weiter Fragen wollte, sorgte ein rüder Ellenbogenschlag in seine Rippen dafür, dass er verstummte. Ein Schatten legte sich über ihren Tisch und das fahle Gesicht von Herr Carrington erschien über Marcels Kopf. Nervös schluckte dieser - oh, du höhere Macht steh mir bei! „Ah, Marcel Sandjoé...“, säuselte der Englischlehrer mit gestellter Stimme. „Wie ich sehe, hast du es nicht nötig meinem Unterricht zu folgen. Nun denn…“ Puderrot um die Nase löste Marcel denn Blickkontakt mit ihm, beziehungsweise hatte es vor, denn ganz ohne Vorwarnung wurde er von einer Hand die sich um seinen Arm schloss gepackt, und auf die Beine gezogen. Herr Carrington funkelte den verängstigenden Schüler bösartig an und drückte ihn mit den Worten, löse die Aufgabe die an der Tafel steht, die Kreide zwischen die Finger. „Aber…“, stammelte Marcel geistesgegenwertig und sah Hilflos zu Connor rüber, der das ganze Geschehen mit offenen Mund beobachtete und aussah, als würde er gleich den Schock seines Lebens kriegen. Die Schüler in den ersten Reihen drehten sich langsam auf ihren Stühlen um und betrachteten Marcel mit einer Mischung, aus Mitleid und Schadenfreunde. „Was ist denn?“ Herr Carrington sah den Blonden auffordern an. „Geh schon! Die Stunde hat nur 45 min und ich will meinen Kaffee in der Pause warm Trinken. Wenn du es nicht nötig hast, mir zu zuhören dann kannst du die Aufgabe doch sicher mit links lösen, oder?“ Aus Marcels Brust schlich sich ein unzufriedenes Knurren und er drehte sich mit bangem Blick zur Tafel um. Faust in der Tasche machen und durch, mahnte er sich in Gedanken und überschlug im Kopf die Möglichkeiten, die er hatte, um die Aufgabe ohne viel Drumherum zu lösen. Er runzelte Leicht die Stirn – das war jetzt wohl ein Scherz…!? Scheinbar desinteressiert ging er geschwind zur Tafel, warf den zitternden Connor ein selbstsicheres Grinsen zu und begann unter den finsteren Blick seines Lehrers, zu schreiben. „Das war so COOL!“, schwärmte Connor und tätschelte Marcel die Schulter als sie in der kleinen Pause in Richtung Cafeteria gingen. „Ich dachte du klappst gleich zusammen und dann – BÄM! Gibst du diesen Vollidiot eine mentale Ohrfeige indem du an die Tafel gehst, und diese behinderte Aufgabe auch noch richtig löst. Alter, ich glaube ich flipp gleich aus…! Das sah so Hammer aus.“ „Das ist doch nur Englisch.“, entfuhr es Marcel scheinheilig. „Du weißt das ich in den Sprachfächern, wie Französisch und auch Englisch gut bin.“ „Schon. Aber das sah so krass aus! Wie du geguckt hast, wie du dich bewegt hast…! Noch nicht mal Kiley hatte so einen geilen Badass-Aufritt in Anatomie hinlegen können.“ Allmählich wurde es Marcel dann doch ein bisschen zu bunt. Verlegen kratze er sich am Hinterkopf und sah seinen besten Freund flehend von der Seite an. „Bitte Connor…. Das reicht jetzt langsam. Lob mich noch mehr und ich habe so viel Schmetterlinge im Bauch, das ich nichts mehr Essen kann…“ Connor lachte als Antwort nur und murmelte etwas von falscher Bescheidenheit. Die nächsten 15 Minuten verbrachten sie in der Cafeteria und Connor erzählte Fee währenddessen alle Einzelheiten über Marcels grandiosen Auftritt, diese über den Tisch spähte und den Blonden ihr hübsches Gebiss zeigte. „Gut hast du das gemacht!“, lobte sie ihn und konnte nicht anders als ziemlich breit zu grinsen. „Wie ich sehe hast du dir endlich mal die positiven Seiten von den Zwillingen abgeguckt.“ Sie zwinkerte, vorauf Marcel leicht Rot wurde. „Übrigens… wo ich grade von ihnen Rede, fällt mir was ein. Wie haben sie eigentlich reagiert als du Samstagnacht plötzlich vor der Haustüre standst?“ Marcel verdrehte die Augen und nippte an seiner Apfelschorle. „Ehrlich Leute, das WOLLT ihr nicht wissen. Daimon ist total ausgerastet – das war wieder so eine typische Aktion von dem Kerl! Glücklicherweise habe ich diesmal nichts abbekommen…“ Aber dafür Dylan, dachte er und griff mit getrübten Blick nach seinen Butterbrot. Überall auf den Tisch verstreut lagen die Nahrungsmittel der drei Kinder. Wie es ihm wohl ging? Und noch viel wichtiger; Wo war Dylan an diesen Morgen überhaupt?! Während Marcel den Kopf leicht im Takt zu seiner Musik aus dem Mp3-Player hin und her warf, nahm er sein Handy hervor und prüfte seinen Display, sowie Make-up in diesem. Praktisch, das man sein Handy auch als Spiegel benutzen konnte! Mit kritischem Blick zupfte er seine blonde Mähne zu Recht, zog mit den schwarzen Kajal die Katzenaugen nach undverteilte eine feine Schicht Labello auf seine Lippen. „Du bist ja noch schlimmer als ich…“ Fee seufzte leise, schielte aber Sehnsüchtig auf den Labellostift. „Darf ich?“ „Klar.“, meinte Marcel grinsend und schob ihn zu seiner Freundin rüber. „Sag mal, hast du heute Morgen zufällig Dylan gesehen?“ „Nein. Im Bus war er jedenfalls nicht.“ „Aso…“ Nein! NEEIN! Das war doch alles Unfair. Grade als Marcel gedachte hatte, dass sich alles wieder zum Alten wenden könnte, verstand Dylan schon wieder von der Bildfläche! Angestrengt versuchte er nicht geknickt zu wirken. Er fühlte sich von dem Albino benutzt und auch ein kleinwenig verarscht. Im momentan wusste Marcel nicht ob er lachen, heulen oder seinen Kopf in regelmäßigen Abständen auf die Tischplatte schlagen sollte. Und das Alles am besten alles Gleichzeitig, damit es auch schön Verrückt aussah. „Huhu…“, fragte Connor von der Seite und wedelte mit der Hand vor Marcels Augen rum. „Bist du noch auf der Erde, oder schon im All?“ „W…Was?“, fragte der Angesprochene leicht verwirrt. „Du wirkst so abwesend. Alles klar bei dir?“ Konnte man es Marcel verübeln, das er den Blick hob und Connor jetzt total perplex ansah? „Mir geht es gut. Sorry. Ich bin was in Gedanken…“ Nun schaltete sich auf Fee ein und griff über den Tisch nach Marcels Hand. Ihr Blick wurde hart, und ihre Stimme monoton. „Wirklich? Oder haben die Zwillinge wieder Scheiße gebaut?“ „Nein. Diesmal haben die beiden nichts damit zu tun…“ Verlegen rieb er seine Oberarme und spähte zu den anderen Tischen rüber, um sich zu vergewissern, das auch niemand lauschte. „Ich bin wegen Dylan genickt. Ich dachte, dass wir uns nach dem Wochenende wieder so gut wie früher verstehen werden, aber anscheinend habe ich mich da getäuscht.“ „Ach Marcel, jetzt sei doch nicht so pessimistisch. Es ist doch erst Montag, und vielleicht ist er Krank, wenn er zuhause geblieben ist. Hast du schon daran gedacht?“ Ja… daran könnte etwas sein. Marcel biss sich leicht auf die Unterlippe. Von Daimons Schlägen schwirrte ihm wahrscheinlich immer noch der Kopf, und wenn Mephisto seinen Ziehsohn so angeschlagen sah, würde ihm sicher nicht erlauben, in die Schule zu gehen. Als Marcel so an Mephisto dachte, wurde ihm Augenblicklich übel; Hoffentlich, HOFFENTLICH, hatte Dylan ihm nicht erzählt, von wem er die Prügel kassiert hatte… Ansonsten sah Marcel für Daimons Zukunft schwarze Zeiten voraus. Er wusste schließlich aus eigener Erfahrung, wie sehr sich der Teufel für Dylan und für seine Gesundheit interessierte. Mit großen Augen sah Marcel das rothaarige Mädchen an. Wahrscheinlich lag sie richtig. Fee hatte mit fast allem recht. Immerhin war sie überdurchschnittlich Intelligent, und genoss früher als sie mit ihren Eltern noch in Paris wohnte, das Leben an einer teureren Privatschule. Und als ihm so die überdurchschnittliche Klugheit von den einen, oder anderen Menschen im Kopf rum geisterte, fiel Marcel etwas Unangenehmes ein. Etwas sehr unangenehmes, wohl gemerkt. Wenn er später nach Hause kommen würde, musste er sich einem Problem stellen… Aber er hatte da schon einen Plan in Petro; Fee und Connor müssten herhalten! „Hey, ich habe eine Idee!“, sagte Marcel und sah seine beiden Freunde aufmerksam an. „Sollen wir drei nach der letzten Stunde in die Stadt fahren? Wir haben schon lange nichts mehr Normales Unternommen. Ich zum Beispiel würde gerne nach neuen Klamotten schauen. Im EMP finde ich diesen Monat nichts Gescheites…“ „Heute Mittag…?“, stammelte Fee plötzlich ganz nervös, und schielte zur Seite. Ein Blick auf ihr erschrockenes Gesicht ließ Marcel Übels Ahnen. „… da kann ich nicht Marcel. Sorry.“ „Schon gut. Ist nicht Schlimm, dann gehe ich eben alleine mit Connor.“, meinte Marcel leicht enttäuscht und drehte sich zu seinem Streberkumpel – der allerdings genauso deprimiert aussah. „Du kannst auch nicht…?“ Jetzt klang Marcel leicht verzweifelt. Alles im einen kam er zu dem Schluss, das HEUTE DER SCHLIMMSTE TAG IN SEINEM LEBEN WAR! ALTER! FUCK! „Ich habe keine Lust nach der Schule, sofort nach Hause zu gehen …Und wenn es sein muss, gehe ich eben alleine in die Stadt.“, knurrte der Blonde grimmig und zerquetsche dabei seine Apfelschörle grob mit den Händen. „Kiley wollte einer ehemaligen Klassenkameradin, die kurz vor ihrer zweiten Abi-Prüfung steht, Nachhilfe in Sachen Mathe geben. Und dieses Dilemma will ich mir nicht antun. Ich kann mir schon vorstellen, wie das bei denen Abläuft; Kim versucht der dummen Putte verzweifelt etwas von Mathematik erklären, während sie ihn nur mit großen Augen mustert und hofft, dass er sie am Ende der Stunde Flachlegt. Bäh! Nein, das will ich mir wirklich nicht reinziehen! Alles, aber um Gottes willen, nur DAS nicht!“ „Du scheinst das aber gar nicht lustig zu finden.“ Fee legte ihren kleinen Kopf schief und zog ihre Augenbrauen hoch, während sie Marcel aufs Genauste musterte. „Lass ihn doch seinen Spaß haben. Kiley ist fast Volljährig, und dann erwachsen. Außerdem sieht er gut aus, und es würde mich auch schwer wundern, wenn er bei seinem Charme keine Freundin kriegen würde. Ich bin mir sicher, dass er sich auf der Straße vor wildgewordenen Fangirls kaum retten kann.“ „Er hat aber keine Freundin!“, schoss Marcel scharf und prompt zurück. „Und Fangirls habe ich auch noch nie gesehen.“ „Nein? Und die zwanzig Weiber die in der Pause immer an seinem Arsch kleben, sind nur Taschenträger? Jetzt mal im Ernst, Morsi; du kannst nicht verhindern, das Kiley irgendwann mit einer Tussi nach Hause kommt. Und wenn ich dich so reden höre, müsste man doch glatt meinen, das du eifersüchtig auf dieses Mädch-!“ „Ich bin nicht eifersüchtig!“, zischte Marcel mit hoch rotem Kopf und verpasste Fee einen schmerzhaften Tritt mit dem Knie. „Wie kommst du auf denn auf so einen Scheiß?! Erst denkt ihr ich hätte was mit Dylan, und jetzt… jetzt… mit Ki-Kiley! Meinem Bruder?!“ „Das hat doch keiner behauptet!“, maulte Fee und rückte einen Platz weiter, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen. „Aber du solltest dich mal selbst sehen! Du benimmst dich wie eine verliebte Tsundere aus den Animeserien! Jawohl! Du hast doch sicher schon mal den Anime Toradora! von Yuyuko Takemiya gesehen?! Du verhältst dich genauso wie Taiga.“ Völlig überfordert riss Marcel seine Hände in die Höhe. Himmel, Arsch und Zwirn! Er nahm alles, was er bis jetzt über Fees vermeintliche Klugkeit gesagt hatte, zurück. Mit sofortiger Wirkung. „Das ist aber ein Anime, und dies hier die Realität. Außerdem sind Kiley und ich GESCHWISTER, und wir HASSEN uns. Und wir sind beide Männer! Schon vergessen…?“ „…“ „Na, siehst du ein dass ich Recht ein habe?“ „Nein. Tsundere…“ FEEEE!! Am Ende der letzten Stunde nahm sich Marcel vor, das er nie wieder ein Wort mit Fee wechseln würde, und sich zu Hause unbedingt noch ein paar Animes anschauen sollte. Aber solche Serien wie dieses verrückte Toradora! standen ganz sicher nicht auf seiner Liste. Okay, ganz ehrlich gesagt musste er zugeben das es mit der weibliche Protagonistin doch gewisse Ähnlichkeiten gab: Sie war ebenfalls sehr Klein, im inneren zerbrechlich und auf einen anderen Menschen angewiesen. Aber sie hegte ganz sicher keine Gefühle für ihren Bruder, wenn sie denn einen hätte! „Und warum ist dir beim Kuss mit Kiley fast das Herz aus der Brust gesprungen, wenn dir das SOO egal ist, was er mit dieser Tussi veranstaltet?“, pappte Marcels Sarkatischeseite seinen Besitzer an, und in den Blonden regte sich etwas, das sich auch schlechtes Gewissen nannte. „Weil… weil es mein erster Kuss - mein erster Richtiger Kuss- war.“, wehrte er sich. „Verarschen kann ich mich auch selber! Gib es doch zu; dir hat es Gefallen. Ich weiß doch schließlich wie es in deinem Herzen aussieht.“ „Guck doch mal lieber in dein eigenes Herz!“ „Hahaha, sehr witzig du Spast…“ „Schon okay. Kannst du dich wieder schlafen legen? Ich muss jetzt erstmals überlegen wo ich hin gehe.“ „Mit wem redest du da?“, fragte eine Stimme von der Seite und Marcel stolperte fast über seine Füße. „Was?“ Rasch drehte er sich um. Eigentlich wollte Marcel etwas zu seiner Verteidigung sagen, aber die Spucke blieb ihm im Halse stecken – wieder eine lebende Portion Zuckerwatte - wieder Hikari! Seine Augen klebten an dem schönen Mädchen, das langsam ein wenig verlegen wurde. „Hey was starrst du mich so an? Habe ich mich seit heute Morgen etwa so verändert?!“ Erst jetzt fielen Marcel die niedlichen Grübchen in Hikaris Gesicht auf, als sie verschämt grinste. Ihr kleines Kichern klang noch immer so unbeschreiblich wundervoll, das es Marcel gleichzeitig heiß und kalt wurde. Wenn er nicht mit 100 prozentiger Sicherheit wüsste, dass er mehr auf Männer stand anstatt auf Frauen, würde er jetzt sagen dass er sich in Hikari verknallt hätte. Aber Nein! Die hatte Brüste – wenn auch kleine- aber Brüste! Und die fand Marcel nicht so anziehen, wie zum Beispiel den durchtrainierten Körper von Daimon, oder Kims samtige Lippen… Oh weh… sehr lustig Marcel… Denk nur schön weiter an diesen Kuss, und du wirst eines Tages lachend in eine Kreissäge rennen. Dennoch musste er schlucken und verfluchte die unanständigen Bilder in seinem Kopf und die aufkeimenden Gefühle gleich mit. Warum? Warum musste er Schwul sein!?Und wieso war er mit den beiden heißesten Männern der Schule verwand?! Ausgerechnet DIESE geilen Typen!? Wollte Gott ihn damit Bestrafen? So nach dem Motto: „Anschmachten darfst du die, aber NICHT Anfassen.“ Verdammt seist du höhere Macht…! Was plante der Herr da Oben nur in seinen kleinen, kranken Köpfchen? War er vielleicht ein Sadist und amüsierte sich sogar über Marcels Gefühlschaos? NEEIIN! Das war alles NICHT Fair. Mit Daimon als Bruder konnte er gut Leben, aber Kim… den, musste Marcel zugeben, hätte er auch gerne als festen Freund gehabt! Doch die schlichte Antwort des Schöpfers lautete, Fick dich… „Marcel? Alles okay mit dir? Ich glaube… du sabberst.“ Die Stimme seines Gegenübers holte Marcel schlagartig in die Realität zurück. Etwas verwirrt blinzelte er das Mädchen an. „Du bist total Rot.“, sagte Hikari und musterte Marcel von Kopf bis Fuß. „Hast du etwa Fieber?“ „Nein, alles in Ordnung.“, beeilte sich Marcel zusagen und fühlte sich immer noch total benebelt. Er war nicht einmal ansatzweise bei Verstand. Eigentlich konnte Marcel nicht mal einen klaren Gedanken fassen. In seiner Fantasie befand er sich wieder in der Küche und küsste grade Kim, und das war wesentlich Interessesanter als die Realität. „Gut. Aber wenn ich dich nach Hause fahren soll, sag mir Bescheid.“ Marcel konnte nur den Kopf schütteln um dankend Abzulehnen. An Sprechen konnte er grade wirklich nicht Denken. Über seine Lippen würde nach dieser kleinen Traumreise sowieso nur Unsinn kommen, und ihn bis auf die Knochen blamieren. Nachdenklich sah Hikari den blonden Jungen an, und kam zu dem Schluss dass etwas passieren müsste. „Ich habe gehört, wie du gesagt hast, dass du irgendwo hin willst?“ „Das habe ich gesagt? Hmm, das war eigentlich nur Laut gedacht. Ich habe Überlegt wo ich jetzt hin soll. Ich will noch nicht nachhause gehen.“ Und Kiley mit dieser bekloppten Fotze beim Vögeln erwischen! „Hmm, also ich wollte jetzt nach Thirsk, in das neue Maid-Cafe gehen. Wenn du möchtest, nehme ich dich gerne mit dorthin. Die haben da wirklich sehr hübsche Kellnerinnen.“ Sie zwinkerte Marcel spitzbübisch zu, und wollte ihn mit diesem Vorschlag wahrscheinlich nur auf andere Gedanken bringen. Allerdings wusste sie nichts von seiner sexuellen Orientierung, und konnte daher nicht ahnen, dass Marcel diese hübschen Mädchen eher langweilig finden würden. Doch da er selbst keine bessere Idee für den Nachmittag hatte, nahm Marcel Hikaris Einladung gerne an. Solange die Maids ihre kleinen, mit Kuchen verschmierten Finger bei sich behielten, konnte Marcel ihre Anwesenheit ertragen, dennoch war ihm diese Situation nicht ganz geheuer. Wenn er an Maid-Cafe dachte, erschien zugleich das Bild von Prostituierten in seinem Kopf. Auf Hikaris Frage hin begann Marcel zögerlich zu nicken, was dem Mädchen wohl nicht als Antwort ausreichte. „Kannst du schon sprechen? Dann darfst du mir auch gerne antworten.“, sagte Hikari in einen ruhigen, aber strengen Ton der einem sofort an Jeremys Charakter erinnerte. „Ja. Ja ich komme mit.“, antwortete Marcel kurz und knapp, woraufhin er dann leicht und gequält lächelte. Er war sich sicher das Hikari genau so sauer werden konnte wie Jeremy, wenn sie schon so redete wie er. Die Fahrt in Hikaris Auto verlief relativ Spannend. Sie erzählte Marcel von der Schule und fragte nach seinen Hobbies und Vorlieben. Dass er sich gerne schminkte, oder oft sehr weiblich anzog schien dem Mädchen zu gefallen, und so erlebte Marcel ein Zwanzigminutiges Kreuzverhör alla Richterin Barbara Salesch. Hikaris Fürsorgliche und Rührende Art schien demnach nicht gespielt zu sein, und ein zutiefst berührtes Lächeln formte sich auf dem Gesicht des Kleinen. Schon als sie sich beim Karatetraining das erste Mal begegnet waren, konnte er die Rosahaarige gut leiden, und ihr freundliches leicht an eine Mutter erinnerndes Wesen, störte Marcel nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil. Bei ihr fühlte sich Marcel wirklich so geborgen, wie bei seiner eigenen Mutter, auch wenn er leider keine Erinnerungen an diese Frau hatte. Aber von Kiley wusste er, das Daimon…. Ja genau Daimon… ihrer lieben Mama wohl am ähnlichsten war. Jetzt stellte sich nur die Frage, VORIN: Sahen sie sich Aussehen her ähnlich, oder vom Charakter? Danach hatte Marcel die Drei nie gefragt. Und auch niemand machte sich die Mühe ihm von damals zu erzählen. Als Marcel so in seinen Gedanken eintauchte, schossen plötzlich mehre Fragen gleichzeitig durch seinen Verstand: 1. Was war eigentlich mit seinen Eltern während Jeremys Verwandlung passiert? Konnten sie ihren Sohn zu dieser Zeit überhaupt bändigen? Oder passierte der Biss etwa nach ihrem Unfall? 2. WARUM schwiegen sich die Drei über das Thema >Vergangenheit<, und >Eltern< so dermaßen aus? Bis jetzt taten Jeremy und die Zwillinge immer so, als hätte es die beiden nie gegeben, und sie schon immer zu viert in diesem Haus lebten. 3. Wenn die Eltern starben tapezierten die zurück geblieben Kinder meistens die Wände mit ihren Fotos, aber bei ihnen Zuhause hatte er noch kein einziges Bild von Mutter oder Vater gesehen. Warum? 4. Warum nahmen die 3 Dämonen den Tod ihrer Eltern so gelassen hin? Ihnen wurde damals doch der Boden unter den Füßen weggerissen. Mit einem Schlag verloren sie alles was sie liebten, und zurück blieb nur die Leere… Normalerweise dauert es Jahre, oder teilweise sogar ein Leben lang, bis man diesen Verlust überwunden hatte und wieder irgendetwas anderes als diesen schier unerträglichen Schmerz spüren konnte. Marcel wusste, das Jeremy alle Fotoalben in seinem Zimmer unter dem Bett aufbewahrte und sie eigentlich für alle Familienmitglieder frei zugänglich waren. Aber bis heute hatte Marcel noch nie ein Bedürfnis nach diesen zwei Menschen verspürt. Und wenn er ehrlich war, fand er das ein wenig unheimlich… Verwirrt und sichtlich überfordert mit diesem Gedanken- und Gefühlsgängen griff Marcel mit den Fingern nach seiner Hose, und vergrub panisch seine Nägel in den Stoff. Diese plötzlichen Gedanken machten dem Jungen tierische Angst. Wieso fielen ihm diese Fragen erst jetzt ein, und nicht schon viel früher? Auf einmal erschien die Realität Marcel wie eine verzerrte Illusion, die ihm seine Brüder schon vor vielen Jahren in den Kopf pflanzten; Für Marcel fühlte es sich wirklich so an, als ob seine Mutter und Vater nie existiert hätten, denn alles an was er sich erinnern konnte, waren Jeremy, Kiley und Daimon. Nur diese Drei. Andere Menschen gab es in dieser Erinnerung nicht. Es vergingen einige Minuten in denen Marcel in seiner Position verharrte, bevor er sich schließlich selbst aus dieser verstörten Gedankenwelt riss und die Augen öffnete. Ihm blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn Hikari hatte einen Parkplatz gefunden und zog den Schlüssel aus der Zündung. „Wir sind da!“, verkündigte sie unnötigerweise, und sah ihren Beifahrer einen Moment lang einfach nur schweigend an. Etwas überrascht über dessen starren Gesichtsausdruck, beugte sie sich vor um Marcels Wohlbefinden zu überprüfen. Sanft stupste Hikari ihn an. „Marcel…? Träumst du?“ „Ich…“ Langsam blickte Marcel zu dem besorgt aussehenden Mädchen auf, und in seinen Blick lagen tausend Fragen, doch wo und wann er Antworten darauf kriegen würde, wusste er nicht. „Geht es dir wirklich gut, Kleiner? So langsam mache ich mir nämlich Sorgen um dich. Du siehst aus als hättest du ein Gespenst gesehen.“ Behutsam legte sie ihren schlanken Arm um Marcel, und zog ihn ein kleines Stück näher. „Es ist Okay wenn man Angst hat, oder Weint… Das ist auch kein Zeichen von Schwäche wie viele Deppen gerne behaupten, sondern zeigt einfach nur dass man ein Mensch ist, und Gefühle hat. Du brauchst dich nicht verstellen… ich weiß wie es ist, wenn man immer Stark und Perfekt sein möchte.“ Noch immer leicht benommen lehnte sich Marcel vorsichtig gegen Hikari und atmete zitternd aus. Auch wenn sie sich grade erst kannten, fühlte es sich nicht komisch oder gar seltsam an so vertraut mit ihr um zu gehen, und es störte ihm auch nicht, dass sie ihm mit warmen Fingern eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Wenn du willst, fahr ich dich naher nach Hause. Ich wollte sowieso nochmal mit Daimon quatschen, und kann so zwei Fliegen mit einem Streich erledigen.“, flüsterte Hikari mit sanfter Stimme in Marcels Ohr, bevor sie ihm ein weiteres Mal über das Gesicht streichelte. Langsam drückte Marcel seine Stirn gegen die des Mädchens, und beinahe Zeitgleich schlangen sich seine Arme um ihren Körper. „Danke dass du so lieb zu mir bist…“, nuschelte er mit zitternder Stimme in ihre lange Mähne. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so nette Menschen wie dich in dieser Stadt gibt. Du bist wirklich toll, Hikari. Jetzt kann ich auch verstehen, warum du so verdammt beliebt bist.“ „Hilfe, ich kriege gleich einen Ständer!“, lachte Hikari und Verstrübbelte liebevoll Marcel ohnehin schon wilden Haare. „Du kleiner Casanova! Willst du mich hier verführen, oder was?!“ „Was! Nein!“, rief Marcel peinlich berührt und zuckte sofort von seinem Gegenüber weg. „Wirklich? Wärst du ein paar Jahre Älter, würde ich mich wahrscheinlich sogar darauf einlassen…!“ „Sag doch sowas nicht! Willst du etwa die halbe Schule gegen mich aufbringen? Du hast doch sicher genügend Kerle die dich umgarnen.“ Wieder lachte Hikari auf, und Marcel errötete merklich als das Mädchen ihn nochmal kurz an ihre Brust schmiegte, gerade so, als wolle sie überspielen wie unangenehm es ihr war, den Jungen mit einer so kleinen Bemerkung zu verunsichern. „Sollen wir jetzt weiter schmusen, oder uns mal langsam auf den Weg machen? Ich kriege Hunger. Leicht verlegen wendete Marcel den Blick ab, und ließ ihn über die Umgebung außerhalb des Wagens streifen. Wo wollte Hikari noch gleich hin? In ein Maid-Cafe, oder? „Wo liegt der denn Laden, wo du hin willst?“ „Ganz in der Nähe. Kennst du das Naturkundemuseum der Stadt? Dort haben sie seit ein paar Monaten einen Raum gemietet, und ihr Cafe eröffnet. Es wundert mich wirklich das du noch nie dort war´s. Du scheinst ja ein wirklich frommer Bursche zu sein.“ Na… Naturkundemuseum? DAS Naturkundemuseum?!! War das zufassen? Nein, war es nicht! Wo war der Mensch geblieben der aus einem Gebüsch sprang und „Willkommen bei der versteckten Kamera!!“ rief? Marcel kam sich verarscht vor, und das nicht gerade ein bisschen. Hatten sich denn heute WIRKILCH alle Mächte dieser Welt gegen ihn verschworen? Die Worte blieben Marcel noch auf den Weg nach draußen, im Halse stecken: Dieses Museum zählte mit seinen Englischlehrer zu den Dingen, die er gerne NIE WIEDER sehen würde. Oder in die Luft gesprengt. Hauptsache weg! Weit weg. „Cool…“, krächzte Marcel mit tonloser Stimme. Ja, ganz Cool. Bei seinem Glück musste eigentlich auch gleich ein Flugzeug auf das Auto Stürzen, und sie platt machen. Erneut rief er sich die Bilder vor Augen welche ihn vor einigen Stunden noch durch den Tag begleitet hatten. Seit Anbeginn dieser Autofahrt hatte er keinen einzigen Gedanken mehr an diese Lucy, und den Nemesis verschwendet. Waren diese ganzen Begegnungen vielleicht Schicksal? Hätte man ihm vor einem Jahr erzählt, das er mal mit Dämonen unter einem Dach leben würde, wäre er vor Panik wahrscheinlich an die Decke gegangen. Aber was konnte Marcel nach all den Erlebnissen der letzten Monate mit seinen Freunden, und vor allem mit seiner Familie, noch als ´Normal´ bezeichnen? Garnichts mehr. Zu viele Fragen schwirrten durch seinen Kopf, zu viel Chaos herrschte in seinem Herzen und von dem Schlachtfeld auf welchem sich grade sein Verstand mit seinen Gefühlen prügelte, wollte er gar nicht erst anfangen. „Ich habe auch Hunger. Lass uns gehen.“, pflichtete Marcel seiner neuen Freundin bei, und machte sich mit zögerlichen Schritten auf den Weg in die Hölle. „…echt mal? Ich glaube du bist der einzige Kerl der Schule der noch NIE in diesen Laden war!“ „Ja und? Es gibt wichtigere Sachen als sich halbbekleidete Teenigirls in kurzen Röcken an zusehen! Zum Bespiel Lernen.“ „Whao~ irgendwie ist das unheimlich aus dem Mund eines Jungen zuhören, der grade in der Blüte seiner Pubertät steht, und mit Daimon verwand ist!“ „Willst du damit sagen, das Daimon auch schon in diesem Puff – Verzeihung, Maid-cafe - war?!“ „Marcel, Himmel! Was denkst du denn?! Natürlich war er schon mal dort. ALLE Männer – Ausgenohmen du – waren schon mal da!“ „Connor, Dylan und Kiley waren auch noch nie in diesem Cafe!“ „Mit Connor und Dylan hast du vielleicht recht, aber Ki- “ Gut. Okay – an dieser Stelle musste Marcel gestehen dass ihn grade das Herz in die Hose rutschte. NA SUPER, SO VIEL ZUM THEMA EIFERSUCHT! Scheiss Verräter… Ohne etwas zu sagen blieb Marcel stehen, und Hikari drehte sich mit einem überlegenden Grinsen um. Sie wackelte mit ihren Augenbrauen und stemmte provokant die Hände in ihre schmale Hüfte. „Kiley war auch… da?“ „Natürlich. Genau wie Daimon. Wir drei waren das erste Mal sogar zusammen dort, und haben uns prächtig mit den süßen Kellnerinnen amüsiert. Deine Brüder hatten es echt gut – ich wurde nicht so herzlich umgart wie sie!“ Kurz nachdem die beiden das Auto verlassen hatten, war diese hitzige Diskussion über dieses Ominöse Maid-cafe entstanden. Marcel konnte, und WOLLTE nicht glauben, dass er der einzige sein sollte, der diesen Laden noch nie besucht hatte. Aber dass die Zwillinge auch schon dort waren, womöglich sogar öfters, bereitete ihm Magenschmerzen. „Da ist aber nichts passiert? Du weißt schon worauf ich anspiele; Keiner von beiden hatte etwas mit eins von diesen Mädchen, oder?“, fragte Marcel mit leicht verärgerter Stimme, während er eilig versuchte, seine aufgekommene Wut hin unter zu schlucken. Wenn Hikari jetzt mit >Ja< antwortete, würde er sich umdrehen, und dann vor dem nächstbesten Zug springen. „Nein Mann! Wo denkst du hin? Die beiden haben schließlich einen Ruf zu verlieren, und den setzten die ganz sicher nicht für eine schnelle Nummer, mit einer dummen Gans aufs Spiel!“ Erneut grinste Hikari Marcel an, welcher über diese positive Antwort mehr als nur Erleichert war. „Hättest du denn ein Problem damit, wenn etwas zwischen diesen Mädchen und deinen Brüdern passiert wäre?“, fragte Hikari sehr viel ruhiger und besonnener als zuvor. „Ja, irgendwie schon. Ich kann mir weder Daimon… noch Kiley mit einer festen Freundin vorstellen. Die scheinen immer so mit sich selbst beschäftigt, das da gar kein Platz für jemand an ihrer Seite wäre.“ „So? Das denkst du also? Das finde ich aber schade; ich kann mir beide eigentlich sehr gut als Partner vorstellen. Klar sind Daimon und Kiley sehr Eigen und Schwierig. Sie lieben ihre Freiheit, aber selbst sie möchten später einmal ihre eigene, kleine Familie gründen, und mit Frau und Kinder Alt werden.“ Mit jedem weiteren Wort verlor Hikari an Lautstärke, während sie entschlossen Löcher in die Wolken starrte. „Möchte das nicht jeder von uns?“ „Aha? Ich glaube ich bin aber Schwul!“ WAAS?! Entsetzt biss sich Marcel auf die Zunge. Das war jetzt peinlich… Hätte er grade wirklich gestanden, dass er auf Männer stand? Vorsichtig blinzelte er zu Hikari hinauf, dann holte er tief Luft. „Also, ich glaube das zu mindestens... In der letzten Zeit habe ich bemerkt, dass ich Mädchen zwar Nett finde, keine Frage, aber mich in eins verlieben? Nein. Das könnte ich nicht. Bei Jungs denke ich da schon anders. Es gibt einige Kerle die ich wahnsinnig attraktiv finde. Viel attraktiver als Mädchen sogar.“ Tja, was will er auch machen wenn ihm nur noch hinreisende Dämonenschönlinge über den Weg liefen, sie Marcel Alle wie eine kostbare Puppe behandelten, und nicht grade mit Zärtlichkeiten sparten? Erst Dylan, dann Kuroro, später Mephisto, zwischen durch mal Daimon oder Kim, und zum Schluss der gute, alte Jeremy – der sogar der erste Mann in Marcels Herzen war, und für den es dort wohl auch immer einen festen Platz gab. Von einem seufzen begleitet warf Hikari eine lockere Haarsträhne über ihre Schulter zurück, und sah mit leicht vernebelten nach vorne. Der Himmel an diesem frühen Nachmittag erschien ihr ungewöhnlich grau. Deutlich konnte sie ihn zwischen den Silhouetten der hohen Häuser erkennen, und spüre den Wind in ihrem Gesicht, spüre wie eine längst vergessene Leichtigkeit ihren schlanken Körper erfüllte. Dann glitt ihr wachsamer Blick durch die dunkeln Gassen, wo sich zu dieser Tageszeit JEDER verstecken könnte. Aber Hikari konnte keine Menschenseele in der Dunkelheit erblicken. Und das beruhigte das Mädchen… „Na und. Findest du das Schlimm? Ich persönlich habe damit kein Problem, wenn dein Herz eher für Männer schlägt. Ich steh zum Teil ja auch auf Frauen.“ Die Verwirrung die sich auf Marcels Gesicht breit machte, interpretierte sie genau richtig und fragte einem belustigten Tonfall_ „Was guckst du so? Das hättest du jetzt wohl nicht erwartet, ne?“ „Nein, ehrlich nicht. Du sieht aber auch nicht grade wie eine Lesbe aus.“ „Ich weiß.“ Überrascht und auch ein wenig verärgert, knuffte sie Marcel in die Seite. „Und ich bin auch froh dass ich so ein hübsches Mädchen bin, wenn du andeuten willst, das Lesben für gewöhnlich hässlich sind!“ „Habe ich das Gesagt?! Nein.“, verteidigte sich Marcel entrüstet und versuchte die leichten Seitenhiebe abzublocken. „Aber du siehst wirklich sehr gut aus, und so eine hübsche Lesbe habe ich noch NIE gesehen.“ „Jetzt hör mal auf zu schleimen! So langsam kauf ich dir das mit den Schwul sein nicht mehr ab, und muss dann wohl befürchten, dass du mich doch verführen möchtest…!“ „Du solltest dir mal überlegen, ob du in Zukunft vielleicht doch öfters hierher kommst.“, merkte Hikari relativ trocken an, als sie Marcels große Augen bemerkte, nachdem sie grade das warme Cafe betraten hatten, und der Blonde einen Blick auf die hübschen Uniformen der Mädchen warf. Ein eindeutiges nicken reichte als Antwort, und die roten Wangen des Jungen bestätigte diese Reaktion nur. Ja, Hikari hatte recht gehabt; die Outfits der Kellnerinnen waren wirklich nicht von schlechten Eltern… Ein junges Mädchen mit braunen Locken gesellte sich nach einer höfflichen begrüßen zu den beiden Schülern, und wies ihnen mit einer kleinen Geste einen gemütlichen Platz am Fenster zu. Lächeln reichte sie zwei Karten, und verschwand dann wieder nach einer kurzen Verbeugung. Marcel schaute dem Mädchen interessiert hinterher. „Und? Habe ich dir zu viel versprochen?“, schlussfolgerte Hikari schließlich amüsiert aus dem eben beobachteten, und schlug lächelnd ihre Karte auf, während sie mit den Augen kichernd über den Rand linste. „Die Mädchen hier sind super. Bei deinem Aussehen könntest du sicher die eine, oder andere mit nachhause nehmen.“ „Ich dachte die Frage nach meinem Geschmack wäre nach der Aussage von eben geklärt.“, entgegnete Marcel mit scharfer, aber dennoch amüsierter Stimme. Allmählich nervte ihn Hikaris ständige Stichelei, auch wenn er solche Provokationen von den Zwillingen gewöhnt war. „Guten Tag, haben Sie sich schon entschieden?“, erkundigte sich plötzliche eine helle Stimme von der Seite. Überrascht wendete sich Hikari der fragenden Maid zu, und wollte grade ihre Bestellung abgeben, als sie Marcel erschrocken die Luft anhalten hörte. Verwirrt sah sie ihn an. „Was ist jetzt wieder los…?“, fragend ließ sie den Blick zu dem Rothaarigen Mädchen schweifen, bevor sie ihn zurück auf das Gesicht ihres Begleiters platziert. „Hey…!“ „Fee…!“, kränzte Marcel total paff, ohne auch nur einen Gedanken an Hikaris Frage zu verschwenden. Und immer noch kam niemand der „Willkommen bei der versteckten Kamera?“ rief, und das war komisch… Das Blut wich der Kellnerin aus dem Gesicht, und ein verzweifelter Laut verließ den vor Anspannung verzerrten Mund der sonst so coolen Fee, welche beinahe die Kontrolle über sich zu verlieren schien. Sie starrte Marcel mit Schreckens weiten Augen an, unterdrückte ein Schlunzen und eilte ohne einen Kommentar davon. Oh Nein! Mit einem Satz war Marcel auf den Beinen. All die Monate hatte er die kleinen Zeichen die Fee ihren Freunden gab, nicht deuten können und nun war es raus gekommen! Die teureren Sachen die sich leistete, das Fee plötzlich keine Zeit mehr für ihre Freunde hatte und die Panik die Fee ergriff als sie am Wochenende das Museum besuchten. „Hey!“, beschwerte sich Hikari lautstark. Trotz der Langsam kippten Atmosphäre sah sie es nicht ein den Mund zu halten, und wollte nicht schweigend beobachten, auch wenn sie sich über ihre eigene Reaktion ein bisschen wunderte. „Kennst du dieses Mädchen?!“ „Ja!“, knurrte Marcel leise. „Sie ist meine Beste Freundinn. Und bis grade eben, wusste ich nicht, dass sie hier arbeitet. Scheiße. Das muss ihr ja mega unangenehm sein…“ Er fand nicht die Worte um das zu beschreiben, was er grade fühlte. Fee musste es wie ein kleiner Weltuntergang empfinden. So sie es eben auch versuchte, den Schmerz über das aufliegen ihres Geheimnissen, konnte sie nicht länger verbergen. Hikari griff sich nachdenklich an ihr Kinn, und schaute dem eben verschwundenen Mädchen fragend hinterher. Sie zog die schmalen Augenbrauen hoch, und stieß ein leises seufzten aus. „Dann geh sie doch suchen.“ Marcel nickte, ohne darüber nach zu denken, dass ihn die anderen Gäste oder Maids inzwischen schon verwundert anstarrten und lief zu den Toiletten, wo er seine Rothaarige Freundin am ehesten vermutete. Schwungvoll öffnete er die Türe, und rief in den Raum: „Fee!?“ Aus den zwei Toilettenkabinen neben der Wand ertönte ein erschrockenes schniefen, und dann eine anklagende Stille, welche Marcel nur als die *Ruhe vor dem Sturm* interpretierte. „Fee… ich weiß das du hier bist.“ Langsam nähere er sich der zweiten Kabine, und beugte sich vor, und erkannte dann ein schwarzes Schuhpaar zwischen dem Boden und der Türe. „Dann weißt du auch, dass du von hier verschwinden kannst!“ Wut lag in ihrer Stimme, Schmerz und tiefe Qualen, wie sie nur ein Mensch empfinden konnte, der kurz davor war, die Beherrschung zu verliert und jemand anderen an die Kehle zu springen. „Ich bitte dich, wir sind Freunde. Sag mir einen Grund, warum ich es nicht verstehen sollte, das du hier in diesem Cafe aushilfst…“ „Weil es peinlich ist… und jetzt verschwinde. Bitte…!“ „Nein!“, merkte Marcel kühl an, während er seine Arme vor der Brust kreuzte und den Fuß kurz gegen das Holz der Türe schnellen ließ. KLONG! Die gleißenden Strahlen seiner hellblauen Augen schienen sich mit aller Kraft an den Ort zu klammern. „Ich bleibe solange hier, bist du da raus kommst gescheit mit mir redest.“ „Dann bleibst du da lange stehen.“, murrte Fee leicht unverständlich von der anderen Seite aus. Ungerührt von Marcels Sorge ließ sie ihr Kinn in die aufgestützten Handflächen fallen, und verdrehte die grünen Augen. „So? Wundert sich dein Chef nicht, wenn du hier einfach ein Päuschen machst?“ „Das geht dich einen SCHEISS an!“ „Warum markierst du hier wieder die Zicke?! Ich dachte, ich wäre die Tsundere von uns beiden, und nicht du!“, scherzte Marcel halbherzig in dem Versuch, die missliche Lage noch zu retten. Allerdings führte dies nicht grade zu dem gewünschten Effekt. Unter lautem Grollen wurde die Toilettentüre von innen entriegelt, und aufgerissen. Das junge Mädchen stand blass und mit einem sprachlosen Gesichtsausdruck im Rahmen und starrte Marcel an, dann holte sie tief Luft. „Jetzt verarsch mich nicht! Das ist NICHTS vorüber man sich Lustig machen könnte! Du enttäuscht mich Marcel! Ich dachte du hättest Verständnis dafür. Außerdem… du weißt ja noch nicht mal, was eine Tsundere ist!“ Jetzt bekam Marcel ein schlechtes Gewissen, und senkte reuevoll den Blick. Er wollte Fee mit seiner Aussage nicht verletzten, sondern lediglich die angespannte Situation entschärfen. Leider ging dieser Versuch deutlich nach Hinten los; Fee war wütend, Tränen glitzerten sogar in ihren Augen. „Fee…“ Er hob den Blick und suchte den Kontakt zu ihr. „Tut mir leid, das war ein blöder Kommentar, denn ich mir auch hätte verkneifen können. Aber ich versteh nicht, warum du so Böse auf mich bist. Ich bin doch dein Freund, dein bester Freund, und ich würde dich doch nicht auslachen, nur weil du hier jobbst.“ Und wohl auch auf seinem Gesicht, spiegelte sich seine Stimmungslage wieder, denn Fee machte einen kleinen Schritt nach vorne und legte ihre Hände auf Marchels Schultern. „Mir tut es auch leid. Tja, du bist wohl nicht der einzige mit der mit der Zeit immer Erwachsener wird, und sich verändert.“ Die leichte Röte, welche noch vor wenigen Minuten zu erkennen war, hatte sich mittlerweile in ein tiefes Rot gewandelt. „Ich Arbeite hier doch nur, weil ich mein eigenes Geld verdienen möchte und nicht ständig meinen Eltern auf der Tasche liegen muss. Ich möchte nicht, dass mich unsere Mitschüler weiterhin als neureiche Göre ansehen, die sich von vorne bis Hinten von ihren Alten verwöhnen lässt.“ „Was hast du da gesagt!?“ Ein kaum merkbarer Unterton machte sich in Marcels Stimme breit. „Welcher Arsch hat dich neureiche Göre genannt, und warum erfahre ich das erst jetzt?!“ „Weil… du in letzter Zeit immer so… gereizt erscheinst.“ Auf einmal klang Fee ungewöhnlich Ernst, und drückte die Hände fester auf die Schultern des Anderen. Auch Marcel sah sie ernst an, und nickte leicht mit dem Kopf. „Connor und ich haben uns eine Zeitlang wirklich Sorgen um dich gemacht! Du wirktest immer so gestresst und unnahbar auf uns, dass wir dich kaum noch wieder erkannt haben. Du erzähltest uns immer weniger von deinem Leben, und ich dachte schon, das hätte alles mit Dylan zu tun.“ Enttäuscht ließ sie den Kopf hängen, heiß schoss ihr das Blut in die Wangen. Fee stoppte einen Augenblick, nur um alles, was ihr bereits über die Lippen gesprudelt war, ein weiteres Mal zu verarbeiten. „Ich war bis zum letzten Wochenende extrem Eifersüchtig auf diesen Jungen. Es sah so aus, als ob er dich uns weg nähme! Ihr habt euch so gut verstanden, dass ich echt Angst um meinen besten Freund hatte… Für mich sah es so aus, ob es der Marcel denn Connor und ich so gerne haben, vielleicht nie wieder zu uns kommt.“ Das Geständnis seiner besten Freundin ließ Marcel erst Mals nach Luft schnappen. Langsam, beinahe unbewusst, machte er einen kleinen Schritt nach hinten, versuchte sich selbst zu beruhigen, und seine verloren gegangene Stärke zurück zu gewinnen. „… Und das Alles sagst du mir erste jetzt? Fast 2 Monate nachdem ich das… Geheimnis meiner Geschwister erfuhr und der ganze Ärger erst anfing?“ Ein leicht enttäuschter Ausdruck machte sich auf Marcels Gesicht breit. Von seinen besten Freunden hätte er sich was anderes erwartet, und nicht so heimliche tue reih hinter vor gehaltener Hand. Es stimmte ihm traurig, das Connor und Fee offenbar so schlecht über ihn dachten. Hitze floss wie Lava durch seine Adern, zäh, doch unaufhaltsam breite sie sich Langsam in seinem Körper aus. „Wieso hat ihr mich nicht schon viel früher gefragt, und euch hinter meinen Rücken den Kopf zerbrochen? Hattet ihr Angst, oder warum rügst du erst so spät mit der Sprache heraus? Das passt doch gar nicht zu dir, Fee?! Du bist doch sonst nicht so schüchtern, und redest wie dir der Schnabel gewachsen ist. Das hätte uns allen eine Menge Arbeit erspart, und diese ganzen Missverständnisse aus der Welt geschaffen. Spätestens, als ich dir von den Dämonen in meiner Familie erzählt habe, hättest du etwas sagen können.“ „Das wollte ich doch…!“, rief Fee dazwischen und schüttelte ihren Kopf. „… Aber als ich dieses Geständnis erst mal verdaut hatte, kam Daimon auch schon und nahm dich auf nimmer wieder sehen mit. Und dann war ich nur noch einmal mit dir Alleine um darüber zu reden, und das war während der Fahrradfahrt nach Connor. Wenn du daran zurück denkst, erinnerst du dich sicher daran, dass wir über dieses Thema dann auch gesprochen haben! Ich wollte dich wirklich nicht kränken, Marcel. Aber du musst doch begreifen, dass ich nach so einer Geschichte auch erst mal total baff bin.“ Plötzlich wurde es in der Toilette heiß, die Luft hing wie eine schmierige Suppe im Raum und das grelle Licht der Glühbirne reizten die Sinne der zwei Kinder. Marcels Nerven begannen unheilvoll zu flattern. Er spürte wie die Wut in seinem Bauch beinahe überschäumte und ihn in den Mund schoss, wo sie Fee dann mit verletzenden Worten angreifen würde. „Wenn es dir so wichtig gewesen wäre, mit mir zu reden, hätte du einen anderen Weg finden können! Du hättest mich doch Anrufen können, oder mich während der Schulpause in ein leeres Klassenzimmer verschleppen. Weiß der Geier, was es sonst noch für Möglichkeiten gibt um mit jemanden ungestört zu sein. Aber dein Argument klingt für mich eher nach einer schwachen Ausrede, als nach der Wahrheit.“ Die Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Schweißperlen rannen Marcel die Stirn hinunter und er atmete schwer. Aufregung stieg wie ein brodelndes Feuer in ihm auf. Wie gerne würde er Fee in diesem Moment schlagen… aber sie war leider ein Mädchen, um damit Tabu. Mühsam schluckte Marcel seinen Groll hinunter und setzt einen Fuß in Richtung Ausgang. Doch in dieser winzigen Sekunde blitzt ein fiktives Messer in ihm auf, und bohrt sich heiß und tief in sein Herz. Der Junge lieb röchelnd stehen und griff sich mit weit aufgerissenen Augen an die Brust. Es ging wieder los! Die Energie, das sich wie jedes Mal in seinem inneren Öffnete wie das Maul eines Löwen, fühlte sich wieder so verdammt heiß an, das Marcel glaubte beim lebendigen Leibe zu verbrennen! Jede Bewegung verursacht Schmerzen unvorstellbaren Ausmaßes, er war bereits kurz davor Um zu kippen. Schwarze Kreise tauchen vor Marcels Augen auf. Er versuchte sich auf den Beinen zu halten, schaffe es aber nicht lange. Nach wenigen Augenblicken gaben seine Füße den Kampf auf, und er schlug der Länge nach auf den Boden hin. Eine Woge neuen Schmerzes fuhr durch seinen zierlichen Körper, und Marcel musste sich auf die Zunge beißen. Er wollte nicht schreien! Er wollte nicht zeigen wie dreckig es ihm ging, und das er bereits das Antlitz des Todes vor seinem Innerenauge sah. Die Macht über seinen Körper entglitt Marcel, Angst wich der Panik, die sich immer weiter in seinen Kopf breit machte und alle Vernunft verdrängte. „Marcel!?“, kreischte Fee laut und sprang mit einem Satz an die Seite des keuchenden Freundes. Hastig griff sie nach seinen Schultern und rüttelte Marcel mit aller Kraft. „Was hast du?! Hörst du mich?! Marcel, bitte mach die Augen auf! Nun sag doch was!“ Ihre Gedanken rasen. Was sollte sie jetzt tun; Erste Hilfe leisten, oder nach draußen Laufen und Jemanden holen? Sie entschied sich für das Letzte; Die Chance dass ein Erwachsener Marcel Retten konnte stand höher, und in der Zwischenzeit konnte sie schon mal einen Krankenwagen rufen. Mit vor Panik verzerrtem Gesicht stand Fee auf und wollte in die Longe wanken, als sie auf einmal eine Bewegung spürte, und sich eine Hand blitzschnell um ihr Bein schloss. Der Schreck war bloß ein stummer Schrei in ihrem Kopf, als Fee den Blick nach unten richtete und zwei Orangene Pupillen sah, die sie wie eine angriffslustige Kobra musterten. Marcels Lippen waren weiß, und er hatte die Zähne feste zusammengebissen, als müsste er etwas in seinem Inneren unterdrücken – doch seine Augen, die auf einmal die Farbe von glühender Kohle angenommen hatten, ließen Fee das Blut in den Adern gefrieren. Urplötzlich schoss ein Schmerz durch ihren Körper. Eine versenkende Hitze durchströmte Fee und überbot Alles, was sie bisher ertragen hatte, doch es war eine neue Art von Schmerz – ein verdammtes, echtes Feuer breite sich rasend schnell in ihren Adern aus! „…Nein.“, krächzte Marcel kraftlos, und konzentrierte seinen ganzen Verstand auf seine Finger. „Bleib hier… Geh nicht weg.“ Fee riss den Mund auf, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Das Entsetzen zerrte sie in einem Strudel aus Angst und Grauen, und doch - kein Schrei entfloh ihren Lippen. Geräuschlos sank sie zu zurück auf den Boden, und klammerte sich Schutzbedürftig an Marcels kalte Hand fest. Das wütende Brennen in ihrem Körper verschwand langsam. „Du Idiot.“, fluchte sie mit zitternder Stimme. „Warum soll ich keine Hilfe holen? Willst du hier etwa verrecken?!“ „Ich kenne solche Anfälle schon… am Museum ist mir das doch auch passiert. Beruhige dich, ja? In ein paar Minuten geht es mir wieder besser.“ Im dem kalten Licht der Glühbirne leuchtenden Fees Augen wie geschliffene Diamanten. Ihr roter Mund presste sie zu einer schmalen Linie und sah Marcel finster an. „Und dann bist du noch immer nicht beim Arzt gewesen, und hängst wie Blöde in diesem Cafe rum?! Was ist, wenn es etwas Ernstes ist und du qualifizierte Hilfe brauchst? Solche Krämpfe sind doch nicht normal…!“ „Wenn es schlimmer wird, gehe ich auch zum Arzt. Aber im Moment hoffe ich noch dass es einfach nur mit dem Stress denn ich in letzter Zeit ausgesetzt bin, zusammen hängt.“, beteuerte Marcel leise. Der Schmerz allerdings saß immer noch tief in seiner Brust und die Fesseln der Angst drückten sich schwer auf seine Seele nieder. Dass diese Krämpfe nicht von der normalen Sorte rührten wusste er selber, doch die Furcht vor einer schweren Diagnose verweigerte ihm schließlich jedes Mal den Gang zum Speziallisten. Mühsam rang sich Marcel zu einem ersten Versuch durch, seine Oberkörper auf zu richten. Es gelang dem erschöpften Jungen nicht gleich, aber nach mehrmaligen Anläufen schaffte er es schließlich doch und saß dann grade auf den Fliesenboden. Zugleich bemerkte er Fee kritische Blicke im Nacken, und wendete ihr den Kopf zu. Noch immer hielt ihn das Gefühl von unbändiger Angst gefangen, doch nun ging es Marcel etwas besser, und der Schmerz klang langsam aber stetig ab. Einige Sekunden schloss er die Augen, saß da und genoss die wohlige Ruhe in seinem Inneren. Kein Brennen mehr, kein Schmerz, und keine unheimliche Kraft, die sich Marcel von allem Qualen am wenigstens erklären konnte. Fee sah ihn immer noch schweigend an. Die roten Haare umrahmten ihr Gesicht wie ein Vlies, und ihre blauen Augen funkelten voller Ungeduld. Sie wartete noch immer auf eine Erklärung für sein sonderbares Benehmen. „Ich verspreche es dir wirklich, Fee; Wenn es nicht besser wird gehe ich sofort mit Kim in Begleitung zum Arzt. Er wird dafür sorgen, dass ich nicht auf halber Strecke umdrehe und mich zur Praxis schleifen. Du kennst Kiley, du weißt dass er das ohne Gnade durchziehen würde. Und jetzt wollen wir uns weiter Streiten?“ „Vergiss es.“, knurrte sie grob. „Ich gehe jetzt wieder rein und mache mich im Cafe nützlich. Am besten gehst du auch zu Hikari zurück und…. Und… Warum bist du überhaupt mit ihr hier? Habe ich was verpasst, oder warum hängst ganz plötzlich du mit ihr ab?!“ Schuldbewusst zuckte Marcel vor ihren klaren Worten zurück. Es wusste wonach ihr gemeinsames Auftauchen aussah. „Das ist purer Zufall.“, erklärte er die Situation. „Wir trafen uns an der Schule und sie bot mir an, in dieses Cafe zu gehen. Natürlich nahm ich ihren Vorschlag gerne an, da ich wie du weißt nicht sofort nach Hause wollte. Wenn ich diese Tussi mit Kiley bei irgendwas anders als Lernen erwischt hätte, könnte ich ihm NIE mehr in die Augen schauen.“ „Na gut, das klingt einleuchtend… Aber mal was Anderes: dir ist klar, dass ich dich trotzdem darum bitten muss, niemanden von meinen Mini-Job zu erzählen. Noch nicht mal deinen Brüdern, oder Connor, ja? Ich will nicht, dass es noch jemand erfährt. Es ist mir einfach peinlich in diesen leicht verruchten Laden zu kellnern.“, flüsterte Fee in kaum vernehmbarem Ton und lächelte traurig, während ihre weit geöffneten, blauen Augen glänzten und die Unendlichkeit ihrer Seele widerspiegelten. Marcel und Hikari blieben nicht mehr lange im Maid-cafe und machten sich nach 2 Stunden auf den Heimweg. Das hübsche Mädchen hielt ihr Versprechen, und fuhr Marcel nach Hause. Licht und Schatten jagten einander und doch spiegelte sich in ihrem wilden Hin- und Herhetzen die blanke Furcht vor dem jeweils Anderen. Marcels Kopf lehnte gegen die Fensterscheibe des Wagens, seine Hände lagen untätig auf dem Sitzpolster mit dem schwarzen, weichen Lederüberzug. Doch trotz dieser Haltung ging eine unangenehme Lebendigkeit von ihm aus, das wusste er selbst, denn unablässig glitten seine Blicke umher, und Hikari fröstelte es unter diesen Augen, die sie an glühende Kohlen erinnerten. Nachdem Marcel es einige Male zugelassen hatte, starrte er plötzlich zurück, sein eiskalter Blick bohrte sich in ihre Iris und dann flüsterte er, nein, eigentlich flüstere er gar nicht, sondern bewegte lediglich die Lippen, so dass sie seine simple Botschaft verstand: Was denn? „Geht es dir gut?“, fragte Hikari. „Du bist auf einmal so Ruhig geworden seit du von der Toilette zurück gekommen bist. Ist etwas passiert?“ „Nein. Was soll denn schon passiert sein?“, log Marcel ohne Reue und betrachtete wieder das beruhigende Licht und Schattenspiel draußen. „Ich bin einfach nur ein bisschen Müde, und freue mich auf mein Bett.“ Ein gebrochenes flüstern verkündete: „Gleich bist du Zuhause. Noch ein paar Minuten, dann sind wir da.“ Marcel nickte und sah wie von weitem die Lichter des Hauses in der Dämmerung auftauchten. Komisch dachte er noch; Alles sah so klar und scharf aus, als würde er durch ein Fernglas schauen, anstatt nur durch seine menschlichen Augen… Nach 2 Minuten fuhr der Wagen langsamer. Das Radio war stumm und Marcel hörte wie jemand – Hikari – sanft, und leise atmete, zum Schaltknüppel griff und runter schaltete. Der Motor gab ein leises klicken von sich, und die Bremsen zog an. Das Auto nur noch rollte langsam, und blieb dann schließlich in die Einfahrt der Sandjoés stehen. Auf dem Weg zur Haustüre bemerkte Marcel wie Hikari unbewusst auf Abstand ging, und ihre Körper mehr als 1 Meter von einander trennten. Leicht verstimmt richtete er die Augen auf die Türe, und obwohl sie noch nicht mal die Treppen bestiegen hatten, ertönte Tramplende Schritte aus dem Flur und Daimon riss mit Zornsroten Gesicht die Türe auf. „Wo warst du schon wieder?“, blaffte er Marcel aggressiv an, zuckte aber instinktiv zurück als er Hikari an dessen Seite bemerkte. Seine dröhnende Stimme wurde leiser als der Flügelschlag eines Schmetterlings. „Und was machst DU hier?“ Die Rosahaarige machte erschrocken von Daimons Art einen kleinen Schritt nach hinten, und sah denn rothaarigen Jungen im Türrahmen nervös an. Grade hatte sie sich einen Moment lang entspannt, hatte ihrem Körper nach all der Aufregung der letzten Minuten eine Sekunde lang erlaubt, sich nicht mehr auf jedes Geräusch und jedes Anzeichen von Gefahr zu konzentrieren. Vorhin im Auto bemerkte sie eine Unheimliche Präsenz von etwas – etwas nicht menschlichen –, und das ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen. Aber Hikari wurde keine Pause gegönnt und das Adrenalin schoss erneut in ihr Blut. Ließ sie wieder aufmerksam lauschen, und mit weit aufgerissenen Augen starrten. „Wir sind in der Stadt gefahren, und ich wollte Marcel nur zurückbringen. Wenn du dir Sorgen um ihn gemacht hast, dann tut mir das leid, Daimon.“ „Schon gut. Wenn er bei dir war, gibt es keinen Grund sich auf zu regen.“, knurrte Daimon sehr viel sanfter als zuvor und deutete Marcel mit einem kurzen Kopfnicken an, das er verschwinden sollte. „Ich bin aber auch hier, weil ich mit dir reden wollte.“, rief Hikari. „Aber wie ich sehe, hast du heute Abend schon was vor…“ Sie musterte Daimon mit ihren Violetten Augen verstohlen. Für einen gewöhnlichen Abend im Kreise der Familie sah er sehr schick aus. Um nicht zu sagen, ZU schick. Ihr Karatetrainer trug ein schwarzes, ärmelloses T-Shirt, das perfekt seine harte Bauchdecke betonte und leichte Riss hatte, welche einen freizügigen Blick auf seine Muskulöse Brust erlaubten. An den Unter- und Oberarmen funkelten Silberne Armbänder, aus Leder und Metall die Hikari noch nie zuvor gesehen hatte. Daimons langen Beine wurden von einer dunkelgrauen, engen Röhrenjeans bedeckt, und an den Füßen trug er dunkle Sneakers. „Ich wollte nachher mit Kim zu Roland. Er hat Geburtstag und uns beide eingeladen. Aber in der Zwischenzeit kannst du natürlich gerne rein kommen.“ Ein feiner Rotschimmer umspielte Hikaris Wangen und sie nickte leicht. „Was für ein Zufall. Deswegen bin ich nämlich auch hier. Ich bin ebenfalls eingeladen und wusste von Roland dass ihr beiden genau wie ich auf der Party seit… Und naja… da wollte ich dich fragen, ob wir nicht zusammen hin gehen können? Mit >Wir< meine ist selbstverständlich Kiley, dich und mich.“ Daimon zog unbeeindruckt seine Augenbrauen hoch, die Röte in Hikaris Gesicht konnte er sich nicht erklären, und schon mal gar nicht ihre ungewöhnliche Bitte. „Ich dachte dass du mit Gunnar hingehst… Ihr seid doch so Dicke.“ „Schon, aber… ich würde gerne mal mit euch weg gehen. Sonst hänge ich doch immer mit ihm ab, und das wird langsam langweilig.“ Hallo?! Marcel klimperte erstaunt mit den Augen und sah von Hikari zu Daimon, und dann wieder zurück. Wenn da grade keine Funken flogen, dann wusste er es auch nichts besser. Leider machte Daimon den Anschein, als würde er von Hikaris Flirtversuchen nicht das Geringste bemerken, und glotze teilnahmslos aus der Wäsche. So ein Eisklotz…! Bestürzt presste Marcel die Lippen zusammen. Wenn Hikari seinen Bruder überzeugen wollte, musste sie sich aber mächtig ins Zeug legen! Ehrlich gesagt verstand er gar nicht wie Daimon nur so Blind sein konnte – wenn ER nicht schwul wäre, würde er Hikari sofort als Freundinn nehmen! Sofort! Unbemerkt schlängelte er sich an den beiden vorbei, und wollte schon die Treppe hochlaufen als jemanden seinen Namen zischte. „Marcel…!“ „Was?“ Wie aus einer Trance erwacht blinzelte Marcel irritiert, bevor er den Kopf in die Richtung der Stimme drehte; Kim stand halb von der Türe verdeckt, im unteren Badezimmer und winkte seinen kleinen Bruder stumm mit den Finger herbei. Auf Zehenspitzen huschte Marcel zu dem Raum und hüpfte durch den Türspalt, denn Kim für ihn offen hielt. „War das Hikari?“, fragte Kiley neugierig sobald die zwei Brüder unter 4 Augen waren. „Ja.“ „Aha…“, schmunzelte der Dämon amüsiert und begab sich zurück zum Waschbecken, wo er sich seine Haare weiter toupierte. „Das ist ja Interesssant. Frauenbesuch ist für Daimon eher Neuland.“ Marcel war schon drauf und dran, Kim zu fragen was er damit meinte, als ihm plötzlich die Zunge am Gaumen feste klebte. Grade eben fiel ihm auf, dass Kim bis auf eine enge Lederhose komplett Nackt war. Ja genau. STOLZ PÄSENTIERTE DAS MISTSTÜCK SEINEN NACKTER OBERKÖRPER. Marcels Hände fanden den Weg in sein Gesicht und legten sich peinlich berührt über seine Augen. Obwohl sie Geschwister waren, stellte er fest dass sich beim Anblick seines halbnackten Bruders, das Blut in seiner unteren Körperregion sammelte und dort auch blieb. Es war schon viele Jahre her, dass Marcel einen von seinen Brüden ohne Klamotten gesehen hatte. Kims Körper sah wirklich so gut aus, wie er sich ihn in seiner Fantasie immer vorgestellte! Er war schlank und man konnte einen Ansatz von Muskeln sehen, egal wo man auch hinschaute. Entweder lag es an Marcels löchrigere Erinnerungsgabe, oder an Kims Vorliebe für legere Klamotten, dass der Blonde dessen wahrhaftige Traumfigur in der Vergangenheit gar nicht als solche wahrnahm. Während er durch seine Finger spähte, versuchte er, den Anschein von Lässigkeit zu erwecken, obwohl sich Marcel schon mächtig darauf konzentrieren musste, um nicht vom Fleisch ab zufallen – plötzlich fühlten sich seine Beine verdammt wacklig an. „Was guckst du so entgeistert?“, fragte Kim der das Gesicht seines Bruders vom Spiegel aus beobachtete. Seine Schlangenartigen Augen verengen sich leicht im Licht, und er grinste wölfisch. Marcel schluckte schwer, sein Kehlkopf hüpfte nervös auf und ab, als er Kims Spiegelbild einfach nur in die Augen sahen. WOW~ Kims düsteres Grinsen hatte etwas Erotisches an sich. Und das machte ihn unweigerlich an… „Du hast dich ja ganz schön verändert.“, wisperte Marcel mit trockener Kehle und sein Herz begann vor Scham zu glühen. „Du bist in den letzten paar Jahren richtig Männlich geworden.“ „Das weiß ich. Danke.“ „Danke? Ist das das einzige was du zu sagen hast?“ „Ja? Was soll denn noch kommen? Soll ich dir etwa sagen, das du in den letzten Jahren ganz schön weiblich geworden bist…?!“ „Wie war das?“ „Du hast mich schon verstanden.“ „Du bist so ein arrogantes Arschloch…“ „Ich weiß. Danke!“ Jetzt grinste Kim noch mehr und zwinkerte Marcel per Spiegel an. „Möchtest du später eigentlich mitkommen? Ein Kumpel feiert seinen zwanzigsten Geburtstag und hat gesagt, dass wir gerne noch ein paar Leute mitbringen können.“ Kurz dachte Marcel über diesen Vorschlag nach, dann zuckte sein Mundwickel leicht. „Ähm… morgen ist Schule.“ „Dann schwänzt du eben. So ein Angebot kannst du doch nicht ausschlagen! Außerdem haben Daimon und ich dir versprochen, das wir dich irgendwann mal mit nehmen. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen. Jetzt sag schon ja, das ist deine Chance zu beweisen, dass du nicht so ein verklemmtes Mäuschen bist, wie es immer den Anschein erweckt!“ In der ersten Minute war Marcel verwirrt und wütend, in der nächsten gaffe er schon mit offenem Mund Kims breites Grinsen an. Oh, du himmlischer Vater wieso provozierst du mich nur so?! Das war ja zum Haare raufen! „Ich bin nicht verklemmt…“, knurrte Marcel böse und drehte sich halb um. „…na gut, ich bin dabei. Aber wenn ich was Wichtiges in der Schule verpasse, mache ich dich dafür verantwortlich!“ „Ist mir Recht.“, antwortete Kim. Sofort wirkte seine Miene wieder emotionslos, und er umrandete mit geübtem Schwung seine Augen mit einem Kajalstift. „Marcel…?“ Etwas genervt schnalzte Marcel mit der Zunge und wendete sich wieder zu seinen Bruder. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „…“ Plötzlich veränderte sich die Atmosphäre im Raum, Kim stürmte mit schnellen Schritten auf ihn zu. Oh oh! Diesen gehetzten Gang kannte Marcel nur allzu gut von Daimon, und das war kein gutes Zeichen! Danach setzte es meistens eine Tracht Prügel…! Einen Satz nach hinten machend drückte sich Marcel mit den Rücken an die Badezimmertüre, als Kim auch schon nach seinen Händen griff, sie Brutal über seinen Kopf zog, und an das Holz Pinte. Die Pupillen des Dämons glühend, und sahen aus als bestanden sie aus Lava… Diese Kraft! Marcels Herz stolpert mehrmals vor Schreck in seiner Brust, und er fühle wie sein Körper anfing zu kribbeln. „Du steckst grade ganz tief in der Tinte.“, zischelte Kim mit bedrohlich leiser Stimme, und seine Lippen zeigten dabei nicht mal die Spur eines Lächelns. Verfluchter Mist, was macht Kim denn da mit ihm? Blöder Fatzke! Was bildete der sich eigentlich ein?! Ungewollt überkam ihn eine Gänsehaut. „Kim…Du tust mir weh!“, knurrte Marcel. Seinem Unterbewusstsein hatte Kims Verhalten allerdings komplett die Sprache verschlagen, oder es schlichtweg ausgeknockt. „Jetzt schon? Von so ein bisschen Druck?“ „Ich bin nun mal nicht so ein Muskelberg wie ihr Dämonen! Und jetzt mal im Ernst; Lass mich los, Kim!“ Gereizt verdrehte der Ältere die Augen. „Kim hier, Kim da, Kim sonst wo. Kannst auch was anderes sagen, oder muss ich dir diesen erst Namen verbieten?“ „Du elender Sarkast! Ich wünschte dir würden die Arme abfallen!“ Und deine freche Visage gleich mit! Marcel konnte förmlich spüren, wie Kim sich im inneren zu Tode lachte. „Meinst du, das Hilft dir? Dann könnte ich dich immer noch mit meinen Beinen bewusstlos treten.“ Von Wort zu Wort wurde Kileys Gesichtsausdruck immer gemeiner, und er drehte Marcels Handgelenke genüsslich nach außen, sodass als Reaktion ein schmerzerfülltes wimmern den Raum erfüllte. Ein Teil von Marcel wollte schreiend aus dem Badezimmer rennen, der andere Teil vor lauter Schmerz weinend zusammen brechen. „Kiley…!“, jammerte Marcel verzweifelt, und streckte seine Wirbelsäule um den Druck etwas von seinen Gelenken zu nehmen. Nicht mehr viel, und hätte zwei gebrochene Hände… Mal sehen wie er Fee und Connor das erklären sollte. „Jetzt halt mal für 5 Minuten deine Klappe!“ Plötzlich lehnte sich Kim nach vorne und als Marcel den warmen, sanften Atmen an seinem Hals spürte, erstarrte er. Sofort verkrampft sich sein gesamter Körper. Marcel merkte kaum noch die Wut in seinem Magen, sondern nur noch das unkontrollierte Pochen seines Herzens. „Hat dir gefallen was du eben gesehen hast? Du sahst ja ganz mitgenommen aus…“ „Wo… Wovon sprichst du?“, stotterte Marcel den Kopf zur Seite drehend. Doch zu Spät! Augenblicklich nahm sein Gesicht die Farbe einer Verkehrsampel an. Scheiße, erwischt! Statt einer direkten Antwort, spürte er plötzlich Kileys Lippen auf seiner Haut die anscheint ganz genau wussten, wo sie hin wollten. Eine Sekunde setzte Marcels Atmen aus, und ging dann doppelt so schnell weiter. „Oh ho! Ich glaube du weißt genau wovon ich spreche, mein Süßer…“ Sarkasmus, gemischt mit einer Spur Erotik standen ihm echt gut; Kims Augen verdunkelten sich, und seine Stimme ebenso. „Bist du Blöd!? Ich… I… Ich weiß wirklich nicht was du meinst!?“ Dieses Gespräch nahm gar keine Gute Wendung an! „Warum Schämst du dich denn so sehr? Du kannst mir ruhig sagen, wenn ich dich heiß gemacht habe.“ Kim warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Wie ich sehe haben wir noch ein wenig Zeit…“ Als er Marcel wieder in die Augen sah, fügte er kratzig hinzu. „Ich möchte dich Küssen!“ Ohne irgendeine weitere Erklärung abzugeben beugte sich Kim über Marcels Gesicht, und presste seine weißen Lippen auf dessen Mund. Die ersten Berührungen waren noch vorsichtig, doch schon bald konnte sich er sich nicht mehr kontrollieren, und Kims Küsse wurden fordernder. Als ihre Lippen sich immer heftiger umschlungen, stöhnte Marcel kurz auf. Der Boden kippte unter seinen Füßen weg. Ein Gefühl der Sehnsucht durchzuckte ihn. Ade, du schöne Welt! „Mich hast du auf jeden Fall mit deinen Blicken scharf gemacht.“, flüsterte Kim rau ohne den Kuss zu unterbrechen, und umfasste Marcels Kinn mit den Fingern. Vorsichtig drückte er den roten Mund auf und ließ seine Zunge in diesen Verschwinden, ehe er seinen Oberkörper zum fixieren gebrauchte. Gierig und ohne Erlaubnis drang Kim in das unerforschte Gebiet vor, wo er es ausgiebig aber auch vorsichtig erkundige. Schließlich wollte er denn Kleinen nicht gleich zu Beginn den Kiefer brechen! Marcel keucht leise in den Kuss, sackte etwas in sich zusammen. Blitze aus purer Lust vernebelten seine Sinne, und er nahm die Realität oder den Raum um sich herum, kaum noch wahr. Alles begann sich zu drehen, das Verlangen nach den Älteren überrollte ihn so gnadenlos wie eine Dampfwalze. Die Muskeln in seinem Unterleid zogen sich auf das köstlichste zusammen, und Marcels Blut leckte kochendheiße an seinem tobenden Herzen. Als er bereits mit der Ohnmacht kämpfte, löste Kiley den Straubstock-griff um dessen Handgelenke, und wickelte die Arme stattdessen um seine Hüfte, spendete damit den nötigen Halt, und drückte Marcel immer fester gegen die Badezimmertüre. „Du machst mich fertig…“, wisperte Kim mit angespannter Stimme zwischen zwei Küssen hindurch. „Ich würde dich ja gerne hoch in mein Zimmer schleifen, aber Daimon würde uns die ganze Tour vermasseln.“ Der Dämon vertiefe den nächsten Kuss wieder, fuhr mit der Zunge vorsichtig Marcels Zahnreihen entlang, ehe er sein Ziel fand und es leicht mit der Spitze berührte. Marcel öffnete leicht verwirrt die Augen, sah Kim groß an und ließ die eigene Zunge nach einigen Sekunden vorsichtig zurück stupsten. Oh ja, das fühlte sich großartig an. Sein Atmen ging Flach; er konnte den Blick nicht von seinen Bruder lassen. Endlich war es soweit – der Moment der Momente! Endlich gestand sich Marcel ein, dass er auch nur ein normaler Mensch war der seine Begierden hatte. Wahnsinn, jetzt verstand er warum die ganze Welt von Liebe schwärmte. Mit einem Schlag legte Marcel seine anfängliche Scheue ab, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang seine nun freien Hände um Kims Nacken (die Haare ließ er nach dem Zeitraubenden Stylen besser in Ruhe) und zog ihn energisch an sich. „Kiley… Ich halte das nicht mehr aus! Gib mir mehr…!“ Am liebsten würde er nach dieser Bitte die Augen schließen und im Erdboden versinken, aber Kims Blick hypnotisierte ihn. Mit einem Engelgleichen Lächeln auf den Rot geküssten Lippen beugt sich der Dämon wieder herunter, und knöpfte Marcels Oberteil auf, während er federleichte Küsse auf dessen Wange, sein Kinn und den ebenso roten Mundwinkel verteilte. „Ich will dich ja auch… aber Daimon und Hikari würden uns hören!“ „Dann ignorier sie doch.“ Kim gluckste leise. „Ist klar. Ich würde sie auch ignorieren wenn die zwei das Bad stürmen und mich zu Brei schlagen, weil ich mich an meinem Minderjährigen Bruder vergreife…“ Er schälte Marcel Quälend langsam aus seinen Oberteil und ließ es achtlos auf den Boden zu seinen Füßen fallen. Dann machte Kim einen Schritt nach hinten um sein Werk zu betrachten. Der Ausdruck in seinen Augen fing Feuer, und jagte Marcel einen Schauer nach den anderen über den Rücken. „Du bist wirklich heiß, Kleiner. Deine Haut ist so schön weich und Makellos, das ich gerne jeden Quadratzentimeter davon Küssen würde.“ „Ich halte dich nicht davon ab.“, schnurrte Marcel mit knallroten Wangen verführerisch, und seine plötzliche Offenheit verblüffte ihn ein weiteres Mal. Bitterlächelnd legte Kim die Finger auf sein erhitztes Gesicht, streichelte die Haut mit einem Daumen und drückte Marcel einen nicht allzu kurzen, aber unschuldigen Kuss auf die Lippen. „Du weißt dass das jetzt nicht geht, Marcel. Sorry! Wir werden diesen Augenblick in einer anderen Zeit nachholen müssen.“ Er nahm Marcel in die Arme und drückte ihn leicht an seine warme Brust. Ein leises seufzten kroch sich aus den tiefen seiner Kehle, und Kim vergrub die Nase in den blonden Haaren unter sich. Vorsichtig zog er die Luft ein. Das war unverkennbar Marcel; es war sein Duft, sein süßes Aroma, dem kein Wohlgeruch aus aller Welt gleich kam. Kim atmete erneut tief ein und füllte seine Lungen mit dem Bouquet seines Bruders. Ja, es fiel dem jungen Stone Face wirklich schwer die Arme von Marcel zu nehmen, und ihn sanft weg zudrücken. „Es gefällt mir auch nicht dich raus zu schicken, aber geh dich jetzt bitte anziehen. Du willst doch nicht, das ich dich mit Gewalt vertreibe…!?“ Die Enttäuschung schlug sich auf Marcels Gesicht nieder, verzerrte es, und ließ ihn taumeln; er keuchte leise wischte sich mit den Handrücken über die nassen Augen. Es gefiel ihm nicht, das Kiley ihn schon wieder zurückwies. „Bitte.“, flehte er und warf den Kopf in den Nacken. Sein Mund öffnete sich zu einem Klagelaut, und die ersten Tränen fanden den Weg über seine Wangen. „Schenk mir noch einen Kuss. Nur noch einen letzten!“ Wie von Donner gerührt starrte Kim ihn erst an – dann legte sich ein sehr sanftes Lächeln auf sein wunderschönes Porzellangesicht. Einen kurzen Moment sah es so aus, als erschiene dort ein Ausdruck der Erleichterung, dann wurde seine Miene aber wieder emotionslos. „Jetzt grins mich nicht so scheiße an!“, grollte Marcel so wütend wie es seltend einer von ihm erlebt hatte. „Jetzt mach – hm!“ Rein aus Reflex drückte Kim ihm plötzlich die Lippen auf den Mund, um den Jüngeren damit zum Schweigen zu bringen. Sofort nahm Marcels eben erst beruhigter Puls seine vorherige Geschwindigkeit wieder auf und steigerte sie noch mehr, bis ein ganzes Orchester in seiner Brust trommelte. Er stöhnte heißeren auf, spürte ein erneutes Ziehen in seinem Unterleib und wie erregt er inzwischen war. Bitte, flehte Marcel stumm, Bitte hör nicht auf damit… Mit galoppierenden Herzen und rasenden Puls durchstöberte Marcel nun schon seit mehr als 10 Minuten seinen Kleiderschrank und schmiss mich Stoff um sich, aber ihm wollte einfach kein passendes Outfit in die Hände fallen! Es war ja nicht so, dass er keine schönen Klamotten besaß, aber nichts von dem erschien ihm für diese Party passend. Plötzlich hob Marcel eine blonde Augenbraue, und schob ein paar Hotpants aus seinem Sichtfeld. In der hintersten Ecke des Schrankes entdeckte er eine große, schwarze Plastiktüte und in seinem Verstand regte sich eine verschwommene Erinnerung. Das war von Fee! Anfang des Jahres hatte sie bei ihm übernachtet, und am nächsten Tag ihr Lolitakleid vergessen, das Jeremy dann ganz ohne böse Absichten in diese Tüte packte, und in Marcels Kleiderschrank verstaute. Er dachte, dass es seinem kleinen Bruder gehörte. Marcel machte sich lang und zog das schwarze Knäuel vorsichtig aus der Ecke, und befreite das Kleid von der Verpackung. Er hatte Recht gehabt, es handelte sich wirklich um ein Lolitakleid, und sein Kopf brütete in diesem Moment einen kranken Plan aus. Ich ziehe einfach dieses Kleid an! Wenn mich schon alle Leute als Mädchen abstempeln, kann ich auch wie eins rum laufen. Mit zitternden Fingern streifte er seine Hose von den Beinen, (sein Oberteil lag noch immer im Badezimmer bei Kim), und zog sich das schwarze Kleid über. „Ist das Eng…und so kurz.“, jammerte Marcel und zupfte an dem feinen Stoff herum; ein Hilfloser Versuch das Kleid ein wenig zu verlängern. Allerdings vergebens. Verschämt schloss er den Schrank um sich in dem Spiegel, der in der Türe eingelassen war zu betrachten. Hmm, ja… das sah nicht schlecht aus. Das Lolitakleid bestand zum größtenteils aus schwarzer Spitze und Rüschen, wie es sich für eine Lolita eben gehörte. Die kurzen Ärmel schmiegten sich voluminös, mit kleinen Schleifen verziert, um Marcels schlanken Arme und der weite, mehrlagige Rock ende ungefähr 10 cm über den Knien. Das Brustteil schnürte ihm ein wenig die Luft ab. Es saß eng, enger als Gedacht, da Marcel jetzt erst die Korsage bemerkte, die dem Kleid einen nahezu sinnlichen Touch verlieh. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, damit er auch die Rückseite begutachten konnte: hinten war das Kleid weit ausgeschnitten und schwarze Seitenbänder hielten es dort zusammen. Schwarz, Schwarz, Schwarz – überall Schwarz! Noch nie zuvor hatte Marcel etwas so faszinierenden und zugleich auch melancholisches Gesehen. Sanft strichelten seine Finger über den leicht rauchen Stoff des Kleides, und ein Gänsehaut überzog seine Arme. Er fühlte sich wohl, wenn ihm auch ein bisschen das schlechte Gewissen plagte; es kam ihm nicht richtig vor, Fees Kleid ohne Erlaubnis zutragen, und er beschloss, ihr später auf den Weg zur Party eine SMS zuschreiben. Mit der Hand am Türgriff hielt Marcel plötzlich inne. Er brauchte noch Schuhe – upps. Aber welches Paar sollte er auf dieses Outfit anziehen? Übelkeit machte sich in seiner Magengegend breit. Es mussten PERFEKTE Schuhe sein. Im Sturzflug rannte Marcel wieder zu seinem Schrank und verschwand bald bis zur Hüfte in diesem, als er sich auf die suchte nach einem schwarzen Paar machte. Die Uhr tickte unaufhaltsam – wenn er nicht pünktlich fertig wurde, konnte er die Party vergessen und die Chance auf einen weiteren Kuss gleich mit. „Fuck!“, knurrte Marcel wütend und ein leicht erschrockenes Keuchen ließ seinen Kopf mit einen Metallischen Klirren gegen die Kleiderstange schnellen. „FUCK!“ Seine Hand rieb über die schmerzende Stelle, während sich Marcel erhob und in die Richtung der Türe schaute. Hikari stand mit vorgehaltender Hand im Rahmen und unterdruckte ein leichtes prusten. „Habe ich dich erschreckt? Tut mir Leid…“ Langsam kam sie Näher und ihre Augen begannen zu funkeln. „Mein lieber Scholli. Was hast du denn da Schönes an?“ „Ähm…“, flüsterte Marcel. Sein Gesicht gewann an Röte, und er lachte verlegen. „Das ist…-“ „DAS IST DER HAMMER!“ Hikari war ganz in ihrem Element und tänzelte mit federnden Schritten Kreise um Marcel. „Bist du schon geschminkt? Darf ich dich schminken?!“ „Was?“, rief Marcel erschrocken. „Darf ich dich Schminken? Und deine Haare machen?“ Sie warf ihre Tasche auf Marcels Bett und holte ein kleines Schönheitsstudio mit Schminkkasten, verschiedene Pinseln, Haarklammern – und schleifen und Lockenstarb hervor. Das Grinsen was mit einem Mal auf Hikaris Gesicht lag, erinnerte Marcel an eine Wahnsinnige und so ließ er das Mädchen ohne Kommentar machen… „Grade noch Geschafft.“, murmelte Hikari hoch konzentriert und begleitete Marcel zum Treppenansatz, wo sich noch einmal das Make-up prüfte. Der Blonde wackelte unsicher neben dem Mädchen her, und konnte sich nur mit Mühe grade halten. Ängstlich klammerte er sich an den Dargebotenen Arm. Marcel atmete tief durch und zwang sich, die Fassung zu bewahren. „Halte mich bloß fest, Hikari!“ Die Rosahaarige schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Sie hatte Marcel ein schwarzes Paar High Heels geliehen, die sie zufällig in ihren Kofferraum fand, und die ihm auch noch passten. Einen Schritt nach dem anderen, ermahnte sich Marcel, während er langsam die Treppe hinunterging. Erst als er wieder sicheren Boden unter den Füßen spürte, hob er den Blick, obwohl er das Raunen seiner Brüder schon viel früher gehört hatte, als er in ihr Blickfeld drang. Das Blut schoss ihm wie auf Kommando in die Wangen. Daimon war der erste der sich wieder an seine Stimme erinnerte. „Hey… wir gehen zur einer Geburtstagsfeier, und nicht zu einem Tunten-ball!“ Unter Hikaris zornigen Blick schrumpfte er auf Fingerhutgröße zusammen und verschränkte zickig seine Arme. „… ist doch wahr, Mann!“ Kaum hatte Marcel Daimons bissigen Kommentar verdaut, suchten seine Augen den Blick des Schwarzhaarigen. Einen kurzen Moment war er von Kims Outfit abgelenkt – es bestand aus der schwarzen Lederhose von eben und ein weißen, enganliegenden Hemd mit dunkeln Knöpfen, welche am Kragen offen standen - und lächelte ihn dann ganz verliebt an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)