Schocktherapie von Tombstone (Die Folgen von Mobbing) ================================================================================ Kapitel 1: Der Bürohengst ------------------------- 1.Der Bürohengst Mein Name ist Bernhard Steiner, der typische Erbsenzähler im Büro. Vom Beruf bin ich Sachbearbeiter bei einer Lebensversicherung, hab einen mickrigen Stundenlohn und komm nur geradeso über die Runden. Zuhause warten täglich meine Frau, mein 3 Jähriger Sohn und meine 14 Jährige Tochter. Und jedes Mal wenn ich nach Mitternacht nachhause komme, weil ich Überstunden mache, dann ist meine Frau natürlich eifersüchtig und denkt ich hätte eine Affäre im Büro. Und dabei mache ich das alles doch nur für die 3! Eigentlich könnte ich in meiner Abteilung schon längst auf dem Scheffsessel sitzen. Immer nur gute Noten in der Schule, nie unter 2, sogar die Uni hab ich mit 1 abgeschlossen. Aber was geschieht? Bernie mach mal dies, Bernie kopier mal das hier. Bernie, kannst du mir noch einen Kaffee bringen? 2 Stück Zucker. Pah, die kotzen mich an. Aber irgendwie hab ich ja selbst schuld, denn ich hab nie gelernt mich durchzusetzen, oder schwierige Entscheidungen zu treffen. Auch heute sitze ich wieder über einem dicken Stapel von Akten. Leute bei denen ich entscheiden muss, ob es Selbstmord war, oder ein natürlicher Tod. Gerade hab ich einen jungen Mann vor mir, der in der Spree ertrunken ist, hier in Berlin. Die Polizei hat keine Fremdeinwirkung entdeckt, geht also von Selbstmord aus, und nun muss ich entscheiden ob er einfach nur übermüdet war, als er in den Fluss fiel. Auch Alkohol wurde keiner gefunden. Ich spüre schon wie meine Konzentration nachlässt. Ein Blick auf meine Armbanduhr, die auch schon 13 Jahre alt ist, verrät mir dass es punktgenau 23 Uhr ist. Und mein Kaffeebecher ist auch schonwieder leer. Seit 7 Uhr morgens bin ich schon hier, brüte über allen möglichen Fällen. Mir reichts jetzt. Langsam erhebe ich mich von meinem Schreibtisch. Ich wanke. Mein gesammtes linkes Bein ist eingeschlafen. Ich saß auf meiner Brieftasche, kein Wunder. Mit dem Becher in der Hand wanke ich zur Kaffee-Maschiene, doch die Kanne ist leer. Heute ist nicht mein Tag. Leise fluchend setze ich neue Plörre auf, ich könnt beinahe einschlafen. Ich bin mal wieder der Letzte im Büro, fast überall sind die Lichter aus. Das schummrige Licht wirkt genauso benebelnd, wie die stickige Luft. Ich gehe zum Fenster rüber kippe es an, genau wie selbiges im Nachbarraum, damit mal etwas durchzug herrscht. Stoßlüftung, ihr versteht? Ich rechne nicht damit, dass der reinkommende Windstoß meine Unterlagen durcheinander wirbelt, mein Schreibtisch steht genau vor meinem Fenster. Heute ist wirklich nicht mein Tag. Die Maschiene piepst, der Kaffee ist durch. Ich eile zurück, gieß mir das frischgebrühte schwarze Gold in den Becher… Scheiße ist das heiß! Verdammt! Ich hab mir die Zunge verbrüht! Ich kann nichts mehr schmecken! Verdammte Scheiße! Langsam beruhige ich mich gehe langsam zu meinem Schreibtisch zurück, schließe das Fenster und versuche die Unterlagen zu sortieren. Eigentlich konnte es ja nicht mehr schlimmer werden. Gleichgültig stempel ich den Fall als Unfalltod ab und lege ihn zu den Akten. Ein weiterer Blick auf die Uhr: Halb 12. Nichts geht mehr, mein Kopf knallt auf den Schreibtisch und ich schlaf ein. Irgendjemand klatscht neben meinem Ohr in die Hände, ich schrecke auf und verschütte meinen Kaffee über der Hose. „Verdammt!“, rufe ich. Irgendjemand lacht. Es ist hell, ich hab die Nacht anscheinend im Büro geschlafen. Meine lieben Kollegen lachen mich aus, das Blut schießt mir in den Kopf. Und jetzt ist da noch der Alte da. Er winkt mich in sein Büro. Mit hochrotem Kopf, wie ich vermute, schlurfe ich ins Büro des Cheffs, lasse mich in den Stuhl fallen und höre ihm aufmerksam zu, soweit es ohne Kaffee oder etwas vernünftiges im Magen geht. „Herr Steiner…“, beginnt der Alte langsam. Sein Ton gefällt mir überhaupt nicht. „Sie wissen ja, dass wir im Moment finanziell nicht besonders gut da stehen. Deshalb müssen wir leider ein paar Stellen kürzen.“ So langsam wird mir schlecht. Ich vermutete es schon lange, den Job hab ich nichtmehr lange. „Deshalb, so Leid es mir tut, muss ich ihnen nun die Kündigung aussprechen.“ Ich habe das Gefühl, als müsste ich mich gleich übergeben. „Aber…“, stammle ich, „wie soll ich denn jetzt meine Familie ernähren? Ich habe eine Frau und 2 Kinder! Ich zahle monatlich Raten auf Haus und Auto! Wie soll es denn jetzt weitergehen!?“ „Es tut mir sehr leid, Herr Steiner.“, beteuert mein Scheff. 15 Jahre lang habe ich alles für diese verdammte Firma getan, hab für jeden meiner verfickten Kollegen Extrawürste gebraten, zusätzlich Kopien angefertigt obwohl ich selber keine Zeit hatte, bis über beide Ohren steckte ich immer wieder in Unterlagen, Fällen und Akten. Und jetzt, nach 15 Jahren? „Ist es weil ich die ganze Nacht über hier war?“, hake ich nach, doch was macht der Alte? Er weicht mir aus, beteuert dass es nur an unseren finanziellen Nöten läge und verabschiedet mich. Mein Kopf qualmt, ich wanke zurück zu meinem Schreibtisch, schnapp mir mein Jacket und verlasse das Bürogebäude, in der Nähe vom Bahnhof Friedrichstraße. Ich habe eine Monatskarte. Im Zug denke ich nach, was ich nu tun soll. Meine Frau tobt sicher vor Eifersucht. Ich verdränge den Gedanken an sie. Mich quälen seit fast 20 Jahren die Erinnerungen an meine Schulzeit. Damals war ich ein schmächtiger Junge, verdammt schlau, schlauer als die Meisten an der Schule. Darum wurde ich auch immer Streber genannt. Selbst als ich versuchte absichtlich schlechte Noten zu schreiben, unter eine 2 bin ich einfach nie gekommen. Das eine ums andere Mal wurde mir sogar der Kopf gewaschen, wie man damals sagte. Die stärkeren steckten meinen Kopf in die Kloschüssel und drückten die Spülung. Ein anderes Mal war meine Schultasche aufgeschnitten, als ich sie gerade schultern wollte, und der gesammte Inhalt, also Hefte, Bücher, Stifte, alles fiel heraus. Oder das eine Mal, wo ich gerade nach dem Sport aus der Dusche kam und all meine Sachen weg waren. Die schlimmste Zeit meines Lebens, aber ich hab durchgehalten. Ich hatte damals eben einen starken Charakter. Ich höre das Signal, die S-Bahn hällt, ich steh auf und steige aus. Da bin ich nun, nur noch eine Straße von meinem Haus entfernt. Mir ist alles egal. Ich seh einen Penner auf der Straße, zieh mir das Jacket aus und geb es ihm. Ich brauch es nicht mehr. Langsam geh ich die Straße entlang, seh mich um, und erinnere mich sofort an die Worte des unsterblichen Peter Fox: Guten Morgen Berlin, du kannst so hässlich sein… Ja, diese Stadt hatte keinen Glanz mehr, sie war hässlich. Eine rote Ampel. Scheiße, ich habs satt. Die verkackten Autofahrer rasen durch die Straßen, schneiden die Kurven so, dass sie mich beinahe überrollen, während ich am Straßenrand warte, dass endlich wieder grün wird. Hallelulia, grün! Schnell eile ich über die Straße, mein Haus ist gleich um die Ecke. Endlich zuhause. Keiner da. Ich geh in die Küche, setz frischen Kaffee an und pflanz mich vor den Fernseher. Nichts als Stuss im Fernsehen. Irgendwelche dummen Hühner, die sich bei Olliver Geissen gegenseitig zerfleischen. Ich schalt die Glotze aus, leg mich etwas hin. Aber schlafen kann ich nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich gelegen habe, vielleicht ein paar Minuten, vielleicht ein paar Stunden. Ich stehe auf, greif mir meine Jacke und vertrete mir die Beine. Wie soll ich meiner Frau und den Kindern nur erklären, dass ich keinen Job mehr habe? Ich kann nicht mehr. Von einem Bekannten weiß ich, wo ich hier eine Waffe herbekomme, Geld hab ich genug dabei. Irgend so ein Affro vertickt sie mir für 200 Mücken, Munition nicht inbegriffen. Die kostet nochmal 20. Wieder zuhause wartet schon meine wütende Frau auf mich, keift mich an wo ich die ganze Nacht war, was ich getrieben habe, blablabla… „Ich bin hab heute frei.“, erwiedere ich. Sofort verstummt sie, spürt anscheinend, dass etwas nicht stimmt und lässt mich in ruhe. Ich greife zum Telefonbuch, genauso wie zum Telefon und suche mir die Nummer einer Praxis mit Gesprächstherapie. Ich habe Glück, das erste Mal heute. Ein Platz in der Gruppe ist noch frei, schon morgen kann ich dahin. Meiner Frau erzähle ich nichts. Der Alte hat mich rausgekantet, weil es der Versicherung finanziel nicht gut geht. Ich hab schon längst mit mir und der Welt abgeschlossen. Schon am nächsten Nachmittag bin ich auf Weg in die Praxis, ironischer Weise ist die genau in der Straße, wo ich gerade erst meinen Job verloren habe. Nichts geht mehr, mir ist alles egal. Auch dass ich etwas früh da bin stört mich nicht. Ich überlege, was ich noch tun kann, um mit mir ins Reine zu kommen, doch der Therapeut bittet uns alle rein. Wir sind genau 6 Mann an der Zahl, davon sind 2 Frauen. Es folgt das übliche Blabla… neue Mitglieder in der Gruppe heißt, dass sich die dann vorstellen. Ein korpulentes, 16 jähriges Mädchen stellt sich zuerst vor. „Mein Name ist Kerstin, ich bin 16 Jahre alt. Ich bin fett, mag mich selber nicht. In der Schule werd ich immer gehänselt, steck mir aus Frust den Finger in den Mund um abzunehmen. Ich will mich endlich auch schön fühlen, darum bin ich hier. Für ein aussehen wie ihres,“ sie deutet auf eine junge Frau, einen Platz links von mir, „würde ich sogar töten.“ Mich lässt das kalt. „Danke Kerstin. Michelle, warum bist du hier? Was ist dein Problem?“ Die junge Frau neben mir steht auf. Ich würde sie auf gerademal 20 schätzen, vielleicht etwas jünger. „Mein Name ist Michelle, ich bin Model vom Beruf. Ich bin immer am Ende, spiel meine Rolle aber richtig gut. Gestern hatte ich geburtstag… verdammt! Mit 13 wird ich schon vergewaltigt!“ Autsch, das ist hart. „Mein Körper ist meine Strafe, niemand sieht den Menschen, immer nur die Frau mit der Traumfigur. Jeden Tag denke ich, man ist das beschissen. Nur Mama hat mich immer davon abgehalten, dass ich mir Säure ins Gesicht kippe, ich will einfach nicht mehr hübsch sein. Jaja, ihr denkt die ist total bekloppt, und ich sage ja. Ich will nicht mehr schön sein, danke.“ Ich schweige. Sie hat mehr erlebt als ich. Aber wieder kommen die Erinnerungen an früher hoch, die Gefühle von gestern. Ich erhebe mich, hohle noch einmal tief Luft. Die Waffe steckt hinten in meiner Hose. „Über mich wurde schon als Kind abgelästert, war Klassenbester und hab die Uni mit Bestnote abgeschlossen. Über 15 Jahre lang habe ich alles für meine Kollegen getan, hätte schon längst die Leitung über die Abteilung haben können. Nein, nein ich konnte nicht. Ich bin einfach keine Führungskraft. 15 Jahre Treue, und was geschiet? Ich wurde gefeuert!“ Ich zieh meine Waffe, richte sie auf meinen Kopf, alle schrecken zurück. „Bernhard…“, versucht der Therapeut auf mich einzureden… „Ich hab nen Haufen Raten! Wie soll ich das denn alles machen!?“ „Bernhard, beruhige dich!“ „Und was soll ich meiner Frau noch sagen…“ „Bernhard, wirf die Waffe weg!“ „…Hä!? MIR REICHTS JETZT!!!“ „Bernhard! Bernhard, NEIN!!!“ Ich drücke ab, ein Knall, dann ist alles schwarz. Ich bin tot. Keine Sorgen quälen mich mehr. Ich bin tot… Radionews: Heute ereignete sich ein schrecklicher Vorfall… NTV-News: …als ein 37 jähriger in den Räumlichkeiten einer Psychotherapeutischen Praxis, während der Gesprächstherapie und in… Punkt 12-News: … Anwesenheit von anderen Patienten, eine Waffe gegen sich selber richtete und Selbstmord beging. Sat. 1-News: …Der Mann der einen Tag davor seinen Job verloren hatte, hinterlässt Frau und zwei Kinder. Kapitel 2: Das Model -------------------- 2. Das Model Ich bin Michelle, Model. In meinem Breuf braucht man ein dickes fell, inzwischen hab ich das auch, aber das war nicht immer so. Schon in der Schule war ich immer die Schönste, hab es immer drauf angelegt, und mit 13 war es zu viel. Aber darum geht es nicht. Es geht hier nur um mich, und ich erzähle euch, wie sich mein Leben schlagartig geändert hat. Vor etwa 3 Tagen war ich noch in Parí, wurde für die Fashion Week gebucht, weil ich die Idealmaße hatte, oder besser gesagt hab. Ich sollte bald erfahren, dass ich nicht die schlimmsten Probleme hatte: Dies ist die Geschichte von dem Tag, an dem sich alles für mich änderte. Schon am Flughafen Schöhnefeld hatte ich so ein komisches Gefühl, als würde bald etwas passieren. Vielleicht weil es in Ströhmen regnete. Vor dem Flughafen-Gebäude wartete auch schon mein Taxi, ich packte meinen Koffer in den Kofferraum, stieg ein und sagte wo ich hinwollte. Die Fahrt war langweilig, sterbenslangweilig, aber irgendwann, es kam mir vor wie eine Ewigkeit, war ich dann doch endlich zuhause. Mama begrüste mich natürlich gleich sehr herzlich, bemerkte aber auch dass etwas nicht mit mir stimmte. „Kind, was ist los mit dir? Du siehst wirklich nicht gut aus.“ „Mir geht es auch nicht so gut. Ey, ich leg mich auch gleich hin, ich bin so geschafft.“ Ohne dass ich Mama sagte was los war, ging ich gleich nach oben in mein Zimmer und warf mich auf mein Bett. Schlafen konnt ich nicht. Ich überlegte nur, was ich jetzt tun sollte. 3 mal war ich jetzt schon rückfällig geworden, jetzt mit eingerechnet. 3 mal war ich schon auf dem Ana-Tripp, steckte mir den Finger schon so oft in den Hals, nur weil die Ärsche von Modenschau-Futzis Skelette als Models haben wollen. Ich dachte mir so, Michelle, dachte ich, noch kannst du umkehren. Geh wieder zum Psycho-Heinie und lass dich volllabern. Aber irgendwann, war ich dann doch weg, einfach weggeratzt. Am nächsten morgen erzählte mir Mama, sie hat meiner Gruppe gesagt, ich bin wieder in der Stadt, und da sagten die natürlich schick die Miki mal morgen wieder vorbei, ham paar neue Gäste. Naja, geh ich eben da hin. Aber erst nach dem Frühstück, und ohne danach alles wieder auszukotzen. Und erst im verlaufe des Tages wurde mir klar, dass ich meinen Geburtstab verpennt hatte. Naja, gibt ja auch noch ein nächstes Jahr. Aber dann am Nachmittag bin ich schon in der Praxis, wartete zusammen mit den anderen das der Doktor uns reinbittet. Der süße Bürotyp da neben mir starrt aber nur in die Gegend, irgendwie komisch. Darum beschließe ich ihn anzusprechen. „Hi, ich bin Michelle, wie heißt du?“ fragte ich mit meiner verführerischsten Stimme, doch er ignorierte mich einfach. Und dann bat uns der Dok rein. Er begann mit dem üblichen Blabla, dass die neuen sich zuerst vorstellen. Und als erstes kam da dieses dicke Ding ran. „Mein Name ist Kerstin, ich bin 16 Jahre alt. Ich bin fett, mag mich selber nicht. In der Schule werd ich immer gehänselt, steck mir aus Frust den Finger in den Mund um abzunehmen. Ich will mich endlich auch schön fühlen, darum bin ich hier. Für ein aussehen wie ihres,“ sie deutete auf mich und irgendwie war ich hin und hergerissen, weil ich mich geschmeichelt fühlte, aber auch etwas unwohl, „würde ich sogar töten.“ Dass jemand sogar Töten würde um so eine Figur wie ich zu haben konnte ich mir nicht vorstellen, denn irgendwie war ich etwas neidisch auf Kerstin, weil sie nicht so ein Hungerhaken war wie ich. „Danke Kerstin. Michelle, warum bist du hier? Was ist dein Problem?“ Ich erhob mich und sah noch einmal den süßen Typen neben mir an. Er schien irgendwie gleichgültig. Hoffentlich ist es nichts schlimmes, was ihm auf der Seele liegt. „Mein Name ist Michelle, ich bin Model vom Beruf. Ich bin immer am Ende, spiel meine Rolle aber richtig gut. Gestern hatte ich geburtstag… verdammt! Mit 13 wird ich schon vergewaltigt!“ Die anderen sahen geschockt aus, sowas hatten sie wohl nicht erwartet. „Mein Körper ist meine Strafe, niemand sieht den Menschen, immer nur die Frau mit der Traumfigur. Jeden Tag denke ich, man ist das beschissen. Nur Mama hat mich immer davon abgehalten, dass ich mir Säure ins Gesicht kippe, ich will einfach nicht mehr hübsch sein. Jaja, ihr denkt die ist total bekloppt, und ich sage ja. Ich will nicht mehr schön sein, danke.“ Ich setzte mich wieder, der Typ neben mir stand auf und atmete tief durch, bevor er sich vorstellte. „Über mich wurde schon als Kind abgelästert, war Klassenbester und hab die Uni mit Bestnote abgeschlossen. Über 15 Jahre lang habe ich alles für meine Kollegen getan, hätte schon längst die Leitung über die Abteilung haben können. Nein, nein ich konnte nicht. Ich bin einfach keine Führungskraft. 15 Jahre Treue, und was geschiet? Ich wurde gefeuert!“ Auf einmal zog er eine Waffe und richtete sie auf sich selbst. Alle schrien auf. „Bernhard…“, versuchte der Therapeut auf ihn einzureden… „Ich hab nen Haufen Raten! Wie soll ich das denn alles machen!?“ „Bernhard, beruhige dich!“ „Und was soll ich meiner Frau noch sagen…“ „Bernhard, wirf die Waffe weg!“ „…Hä!? MIR REICHTS JETZT!!!“ „Bernhard! Bernhard, NEIN!!!“ Er drückte ab, schoss sich das Hirn weg. Ich war gelähmt, das Blut spritzte mir ins Gesicht. Radionews: Heute ereignete sich ein schrecklicher Vorfall… NTV-News: …als ein 37 jähriger in den Räumlichkeiten einer Psychotherapeutischen Praxis, während der Gesprächstherapie und in… Punkt 12-News: … Anwesenheit von anderen Patienten, eine Waffe gegen sich selber richtete und Selbstmord beging. Sat. 1-News: …Der Mann der einen Tag davor seinen Job verloren hatte, hinterlässt Frau und zwei Kinder. An diesem Tag hat sich mein Leben komplet verändert. Ich hab meine Modelkarriere beendet und pädagogik studiert. Nun bin ich Schulsozialarbeiterin und berate an Schulen in ganz Berlin und Umgebung die Schüler, im Punkte Anorexie und Bolemie. Kapitel 3: Der Verstoßene Sohn ------------------------------ Hallo, ich bin Jan, inzwischen 30 Jahre alt, und meine Geschichte hat nichts mit der von Bernhard, Michelle oder Kerstin zu tun. Nur soviel, dass es auch mir mal verdammt schlecht ging. Und ich möchte jetzt erzählen, wie es dazu kam, dass ich heute bin, wie ich bin. Zuerst einmal wuchs ich in einer etwas wohlhabeneren Familie auf. Mein Vater ist Geschäftsmann, und das bekam ich dann später auch zu spüren. Wie auch immer, ich hab noch eine kleine Schwester, jetzt ist sie ich glaube 18. Und meine Mutter ist Hausfrau, allerdings hab ich mit keinem von ihnen in den letzten 10 Jahren Kontackt gehabt. Äh… ja. Okey, wollen wir mal nicht vorgreifen. Nun ähm… ich denke es begann schon während meine Schwester und ich zur Schule gingen. Sie ging auf eine private Sportschule, während ich ein normales Gymnasium besuchte. In allen Wettkämpfen schloss sie immer mit Bravur ab und wurde von Papa in höchsten Tönen gelobt. Und ich? Mpf! Wenn ich alles gegeben habe in den ganzen Tests und Klausuren, dann kam höchstens eine 2 dabei heraus und ratet mal was mein Erzeuger dann immer sagte… „Warum ist es keine 1?“ Ohne Scheiß, seine Worte. Meine Schwester war nur an den Wochenenden da und merkte nichts von alle dem, was Zuhause vor sich ging. Ich denke, ich war immer eifersüchtig auf sie. Übrigens, ihr Name ist Jessika. Tja, wie auch immer. Jedenfalls hat mein Vater mir irgendwann dann einen Ausbildungsplatz in irgend einer Firma besorgt, den ich gar nicht wollte. Und nach 2 monaten brach ich ab, mein Vater drohte mir mich rauszuwerfen. Ich wollte mich erkundigen, was mir zustehen würde, sollte er mich tatsächlich rauswerfen, ging zu einer Beratungsstelle und erfuhr, mein Vater würde mir Unterhalt zahlen müssen. Das bekam ich schriftlich und legte ihm diese Information auf den Schreibtisch. Jetzt kommt der Punkt eiskalter Geschäftsmann, den ich vorhin schon ansprach: 2 Tage nachdem ich Vater das Informationsschreiben auf den Schreibtisch gelegt hatte, bekam ich ein Schreiben seines Anwaltes. Mein eigener Vater hatte mich verklagt, weil ich den Familienfrieden stören würde und forderte meinen Auszug innerhalb der nächsten 7 Tage. Mit Hilfe einiger Freunde holte ich dann meine Sachen ab und zog mit einem von denen in eine WG, seitdem hab ich keinen Kontackt zu meiner Familie mehr gehabt. Kaum zu glauben, aber mein eigener Vater hat mich aus dem Haus geklagt. Und dabei wollte ich ihn nie auf Unterhalt verklagen. Eine völlig überzogene Reaktion! Aber echt mal! Die nächsten Jahre ging es mir echt mieß, ich bekam Depressionen, hab sogar schon einmal versucht mir das leben zu nehmen. Das war etwa 1 Jahr nach meinem Rausschmiss. Ich war 2 Wochen im Krankenhaus und noch einige Zeit in Psychiatrischer Behandlung, bis ich wieder halbewegs normal leben konnte. Und dann machte ich eine erste eigene Entscheidung: Ich wurde Kindergärtner, ein wunderbarer und ehrlicher Beruf, bei dem man die soziale und pädagigische Ebene wonderbar festigen kann. Tja, mir geht es soweit ganz gut inzwischen, ich habe sogar schon eine Ehefrau, Lisa, und eine Tochter, knapp ein Jahr alt, Lena. Nach 10 Jahren wurde ich dann das erste mal von Jessika angerufen, es ginge meinem Erzeuger nicht gut, er hätte Leukämie, also Blutkrebs und weder Mama, noch Jessi währen geeignete Knochenmarkspender. Wir trafen uns alle 4 im Studio einer sehr bekannten Kölner Fernseh-Psychologin, Vormittags um 10 und Nachmittags um 14 Uhr auf Sat1 zu sehen. Ist ja auch egal. Ich freute mich zwar, mal wieder von meiner Familie gehört zu haben, aber ich war enttäuscht, dass mein Vater erst jemanden vorschicken musste, damit er überhaupt die Frage stellt, ob ich spende, wenn auch nicht persönlich. Ich gebe zu, zuerst als Jessika und ich zusammentrafen, da haben wir uns gefetzt. Doch dann erzählte ich ihr, was damals geschehen ist, sie hatte immer erzählt bekommen, ich währe aus freien Stücken abgehauen, doch ich erzählte ihr die Wahrheit. Sie war schockiert, wie auch nicht? Nun ja. Es dauerte nicht lange, dann kam auch meine Mutter dazu, Vater saß im Warteraum. Immerzu ging es nur um ihn. Papa hat, papa will, papa braucht, du musst, du bist es ihm schuldig… Warum war ich es ihm schuldig ihm das Leben zu retten? Er hat mir Meines ja beinahe zerstört! Ausgerechnet er will das ich einmal das richtige tu, wo nichtmal er weiß was richtig oder falsch ist. Ich sagte klipp und klar, ich würde mich vielleicht testen lassen, wenn er sich persönlich bei mir entschuldigt. Also kam er auch rein. Doch wir hatten uns nichts zu sagen. Alle 3 musste ich erst mit der Nase drauf stoßen, dass ich Monate auf Antidepressiva war, halb tot ins Krankenhaus kam und so weiter, alles was ich euch schon vorher mitgeteilt habe. Und auch das mit meiner Frau und meiner Tochter. Das erste Mal sagte ich meinem Vater so richtig die Meinung, und war schon imbegriff zu gehen. Aber Frau Kalwas gab mir den Hinweis, es währe nur ein weiterer Sieg für ihn. So oder so, er würde bekommen was er wollte. Wenn er einen Feigling als Sohn wollte, so würde er diesen bekommen. Und wenn er das Knochenmark wollte, würde er es auch bekommen. Aber ich würde ihn nicht gewinnen lassen. Also gut, waren meine Worte, würde ich ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Ich lockte ihn aus der Reserve, machte ihm so lange Vorwürfe, bis er nicht anders konnte und zugeben musste, er hätte mich rausgeklagt, weil ich die Frechheit besaß eigenständig zu handeln. Er nannte es: Aktion und Reaktion. Wollt ihr wissen, wie mein Entschluss lautete? Okey. Ich habe mich testen lassen und war positiv, also ein optimaler Spender. Danach wollte ich aber nichts mehr mit meinem Erzeuger zu tun haben. Meine Mutter war so verblendet, sie hielt weiter zu ihm. Aber meine Schwester, sie hielt zu mir. Wir nähern uns langsam wieder an, aber Kontackt zu meinen Eltern hab ich keinen mehr. Inzwischen sind wieder einige Monate vorbei und meine Frau und ich sind gerade zusammen mit unserer Tochter beim Frühstück, als ich im Fernsehen einen Bericht aus dem Berliner Stadtzentrum sehe. Es läuft auf allen Kanälen, so wie auf jedem Sender im Radio. Radionews: Heute ereignete sich ein schrecklicher Vorfall… NTV-News: …als ein 37 jähriger in den Räumlichkeiten einer Psychotherapeutischen Praxis, während der Gesprächstherapie und in… Punkt 12-News: … Anwesenheit von anderen Patienten, eine Waffe gegen sich selber richtete und Selbstmord beging. Sat. 1-News: …Der Mann der einen Tag davor seinen Job verloren hatte, hinterlässt Frau und zwei Kinder. Mir ist klar, dass sich das Leben von vielen Menschen verändern würde. Nach und nach suche ich als Hobby die Passanten dieses Vorfalles auf und rede mit ihnen. Sie sagen mir alle ähnliches. Eine junge Frau, ein Model, zum Beispiel sagt mir, sie hätte ihre Karriere aufgegeben, und studierte Pädagogik, wurde Schulsozialarbeiterin. Im Prinzip sind wir also Kollegen, haben beide mit Menschen zu tun. Dies war meine Geschichte. Und was ist ihre? Überlegen sie ruhig, was sie für probleme haben und überlegen sie, ob sie es schwer hatten, oder ich… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)