Graue See von Hikari-Tenten (Atemberaubend tödlich) ================================================================================ Prolog: Ein friedlicher Tag --------------------------- Leise rauschten die Wellen gegen den Bug der ‚White Mokona‘. Möwen kreisten über den Mast hinweg und die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel. Die Segel schwellten und Jolly Roger wehte unruhig im Wind. Die Mannschaft verrichtete ihre Arbeit oder lungerte auf dem Deck herum. Unterhaltungen über verborgene Schätze und wunderschönen Nixen machten ihre Runde. Ein recht friedlicher Tag, wenn man bedachte, wer der Kapitän dieses Schiffes war. Doch genau von diesem fand sich keine Spur. Vor Wut leicht rot im Gesicht stampfte Sakura Kinomoto, der erste Offizier und einzige Frau am Schiff, zu einem Crewmitglied nach dem Anderen und mit jedem weiteren wuchs das Rot. Gerade näherte sie sich einer Gruppe von Männern, welche an der Reling sassen und über Frauen redeten. Die Braunhaarige blieb vor der Gruppe, bestehend aus sieben Piraten, stehen und schrie los: „Hat einer von euch Nichtsnutze den Käpten gesehen?!“ Teils respektvoll, teils desinteressiert schauten die Männer sie an. „Woher sollen wir wissen, wo sich der Käpten vor dir versteckt. Geh ihn doch suchen.“, kam es frech von einem der Männer, worauf seine Kameraden lachten. Nun auch noch in ihren Stolz gekränkt, ballte Sakura ihre zarten Hände zu Fäusten. ‚Wie können die es wagen, mich so zu demütigen! Na wartet.‘, drohte sie ihnen und atmete tief ein. Das Wutrote verschwand aus ihrem Gesicht und ihre Haltung wurde lockerer. Das Lachen der Piraten verstummte und skeptische Blicke wurden ausgetauscht. Es war selten, dass ihr erster Offizier sich nicht sofort mit einem spitzen Kommentar revanchierte oder ihnen gar das Trinken am Abend verbot. „Was denn? Hat’s dir die Sprache verschlagen?“, höhnte das vorlaute Crewmitglied weiter, hatte die veränderte Haltung seines Vorgesetzten nicht gemerkt. Mit einem Lächeln antwortete Sakura ihm: „ Es war schön, dich gekannt zu haben. Ich statte unseren Käpten von dir schöne Grüße aus.“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Es ist natürlich schwer als gesuchter Pirat ehrliche Arbeit zu finden, aber dennoch viel Glück.“ Ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen, drehte sich die Braunhaarige um und entfernte sich von der Gruppe. Das Grinsen verschwand jedoch nicht. Sie konnte sich das bleibe Gesicht des Mannes gut vorstellen. Immerhin machte sie nie leere Drohungen und der Käpten half ihr liebend gern, sie umzusetzen. „Hey, das war doch nicht ernst gemeint, Sakura!“, ertönte nun die verzweifelte Stimme des Mannes und Sakura konnte sich ein Lachen nur schwer verkneifen. Die Faulpelze waren dumm wie Stroh und unterschätzten sich oft in ihrem Tun, sodass sie erst zu spät merkten, dass sie alles verloren hatten. Die Hand hebend und lachend ging sie weiter. Sakura musste nichts mehr sagen, sie nahm die Entschuldigung an. Denn so schwer und gefährlich ein Piratenleben auch war, ging es auf der ‚White Mokona‘ um einiges friedlicher zu als auf so manchen anderen Schiff. Nicht zu Letzt lag dies an ihrem Kapitän Fye D. Flourite. Er nahm alles auf die leichte Schulter, unterschätzte die Gegner aber nicht. Selbst beim schwersten Sturm behielt er einen klaren Kopf und kontrollierte das Geschehen an Deck. Er dachte an das Wohl seiner Crew und liebte es zu rauben. Er war charmant, jung und höflich. ‚Hätte es so einem Mann mal früher in meinem Leben gegeben, dann wäre ich vielleicht nicht abgehauen.‘, dachte Sakura und seufzte frustriert. Ungern erinnerte sie sich an ihre Vergangenheit. Sie war trist und furchtbar. Auch wenn sie ihre Familie, die nur noch aus ihrem Bruder bestand, und ihrem besten Freund Yukito vermisste, so wollte sie nicht zurückkehren. Vielleicht wird sie die beiden bei der nächsten Möglichkeit besuchen. Aber jetzt war es ihre Aufgabe ihrem Kapitän zu finden und diesen zu der Kriegsbesprechung zu schleifen. „Fye D. Flourite! Wo, zu Teufel, steckst du?“ Ihre Stimme hatte wieder die Wut in sich, welche sie am Anfang ihrer Suche gespürt hatte und auch wenn sie ihren Kapitän ungern anschrie, so hatte sie keine Lust auf dessen Versteckspiel. Leise kicherte Fye als er den zornigen Ruf seines ersten Offiziers hörte. Antworten würde er aber nicht. Etwas Leid tat es ihm ja schon, sein kleines Juwel weiter suchen zu lassen. Doch diese vermaledeite Kriegsbesprechung brachte eh nichts! Als wüsste einer von diesen Hohlköpfen, was er dort erzählte. Meistens brach seine Crew im Eifer des Effekts in Panik aus und er wurde gefragt, was sie machen sollten. Seufzend lehnte sich Fye an das stabile Holz des Krähennestes. Die Sonne schien angenehm auf sein Gesicht und der leichte Wind umwehte sein goldenes Haar. Der Duft von Salzwasser und morschen Holz drang in seine Nase. Er wollte diesen Moment vollkommen auskosten, denn schon in wenigen Augenblicken würden dichte Regenwolken den Himmel bedecken und ein Orkan entstehen, welcher dann versuchte sein Schiff zu kentern. „Fehlt nur noch eine ordentliche Flasche Wein…“, dachte Fye laut und seufzte abermals. „Die kannst du später trinken.“, meinte eine genervte Frauenstimme. Leicht zuckte Fye zusammen, drehte sich jedoch mit einem Lächeln zu Sakura um. Diese stand in den Takelagen, ihre Arme auf den Wandrand des Mastkorbes verschränkt und ihren Kopf auf diese gelegt. „Mein Juwel des Meeres! Hast du mich doch gefunden!“, grinste der Kapitän der ‚White Mokona‘ und setzte sich ordentlich hin. „Ja.“, meinte die junge Frau genervt und kletterte ebenfalls ins Nest, „John, der eigentlich hier oben sitzen sollte, hat mir verraten, dass du hier bist.“ Kichernd rückte der Blonde und machte etwas Platz. „John also. Das grenzt schon fast an Meuterei! Dafür wird er Kiel geholt.“, rief Fye aus. Leise lachte Sakura nun auf. „Aber nicht doch! Er hat mir nur geantwortet.“, lächelte sie. Es war nur ein Scherz, aber dennoch sollte man bei ihrem Kapitän keine Risiken eingehen. „Da magst du Recht haben. Aber was ist, wenn ich mich vor den Feinden verstecke und einer mich verrät?“ Streckend ließ sich Fye zurückfallen und lehnte sich wieder an die Wand des Korbes. „Dann könnte ich auch gleich rufen: Hier bin ich!“, witzelte er, während er die Hände hinterm Kopf verschränkte. Lachend lehnte sich auch die Braunhaarige zurück. „Das würdest du eh tun.“, antwortete sie und schallendes Gelächter drang nach unten über das Deck. Vergessen war fürs Erste die Kriegsbesprechung. Nun saßen sowohl der Kapitän der ‚White Mokona‘ im Ausguck als auch der erste Offizier und genossen die Sonne. Wolken bahnten sich ihren Weg und verdeckten für Sekunden die Sonne. Der Wind wurde frischer, die Wellen höher. „Käpten?“, brach die Braunhaarige nach einiger Zeit die Stille. „Was denn, mein Juwel?“, kam es verschlafen von den Blonden. „Die Kriegsbesprechung wird nachgeholt! Und diesmal ohne das Versteckspiel!“, ermahnte die junge Frau den Mann neben ihr, der mit geschlossenen Augen nickte. Warum sollte Fye auch widersprechen? Es handelte sich immerhin um eine sehr wichtige Besprechung! Die Böen wurden stärker und rissen an seinem Haar, schlichen sich wie hauchzartes Eis unter seine Kleidung. Die ‚White Mokona‘ schwenkte mit den tobenden Wellen. Seufzend öffnete der blonde Kapitän die Augen. Das war es wohl mit der Ruhe. „Nun denn, die Arbeit ruft!“, meinte er lächelnd und setzte sich den dunkelblauen Federhut mit den goldenen Umrandungen und Verzierungen auf, der neben ihm im Krähennest lag. Die ersten panischen Schreie hallten von unten herauf. Verzweifelt riefen die Männer nach ihren Kapitänen. „Scheint so.“, murmelte Sakura, ihre grünen Augen gen Himmel gerichtet. Graue Wolken bedeckten nun den vorhin strahlendblauen Himmel. Erste Regentropfen fielen in das tobende Meer. Vorsichtig kletterten Fye und Sakura den Takelagen hinunter und wurden auch gleich von den Männern umzingelt. Ängstliche Gesichter schauten in das lächelnde ihres Kapitäns. „Okay, ihr Nichtsnutze! Alle auf ihr Posten!“, schrie er gegen den lauter werdenden Sturm. „Aye, Käpten!“, schrien die Männer und Sakura zurück und rannten los. John eilte in den Mastkorb, einige Piraten schnürten die Fässer und sonstige Kisten fest und selbst das Steuer musste mit zwei Mann gehalten werden, während Sakura daneben navigierte. Langsam schritt Fye D. Flourite am die Reling seines Schiffes, sah hinaus in die wütende See. Schreie hallten gedämpft durch den Regen über das Deck, niemand verstand sie. Blitze zuckten, erhellten für Sekunden den dunklen Tag. Donner grollte und die ‚White Mokona‘ wurde von den Wellen mitgerissen. Leise lachend legte Fye seine Arme auf das stabile Holz und schaute mit traurigem Blick in die Weite. „Hasst du mich so sehr, dass du mein Schiff und meiner Mannschaft den Tod wünschst?“ Seine Stimme wurde von dem Tosen des Windes verschluckt. „Das ist aber unfair. Immerhin hab ich dir so lange gedient…“, murmelte er. Die See stürmte, der Wind heulte. Das Meer stürzte ins unendliche Nichts. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hallo, meinen lieben Leser!^^ Hier ist der überarbeitete Prolog! Es sind nur kleine Änderungen, aber auf jeden Fall ein Vorbote, dass es weiter geht. LG, Hikari Kapitel 1: Der Plan ------------------- Heya, Leute! Fast einen Monat hat das Kapitel gedauert, aber nun ist es da! ^^ Viel Spaß beim Lesen! LG, Hikari ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Leise knarrten die Planken der ‘White Mokona’ und die zerfetzten Segel wehten sachte im Wind. Einzelne oder zerbrochenen Fässer schaukelten mit den sanften Wellen im Takt. Erschöpft saßen die Männer am Mast oder gegen die Reling gelehnt. Sakura stützte sich, völlig durchnässt und kraftlos von dem Sturm, an das Steuerrad. Neben ihr hockte der Steuermann schwer atmend. Es war eine Knochenarbeit das Ruder bei so einem Orkan ruhig zu halten. Ihr Steuermann und zwei andere mussten mit aller Kraft das Steuerrad gegen die aufgebrachten Wellen halten, damit die ‘White Mokona’ nicht kenterte. Die eingeschränkte Sicht durch den starken Regen hatte ihr das Navigieren erschwert, doch ihre Erleichterung war groß als ihre grünen Iren die Sonnenstrahlen sah, welche sich durch die dicken Wolken kämpften. Freudig seufzte Sakura und ein kleines Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Der Orkan war überstanden und die Müdigkeit würde schon bald von der Crew fallen. Das Schiff hatte zwar einiges abbekommen, doch die Schäden hielten sich in Grenzen. Wenn sie an der nächsten Insel vor Anker gehen würden, konnten sie diese beseitigen. Langsam kam wieder Leben in die Crew. Sie liefen auf den Deck herum und schienen den Beschädigungen zu betrachten. „Oh nein! Der schöne Rum ist hin!“, jammerte einer der Männer, der sich neben eine kaputte Kiste mit zersplitterten Flaschen hockte. Ein paar andere stießen Flüche aus oder trauerten dem Alkohol hinterher. Kritisch beäugte Sakura das Spektakel. Sie verstand einfach nicht, was die Männer nur immer mit ihrem Gesöff hatten. Sie selber trank zwar auch, aber deswegen machte man keinen solchen Aufstand! Die Augen verdrehend ließ sie das Ruder los. Etwas wackelig ging sie einige Schritte zur Reling am Heck und chaute zu den dunklen Wolken am Horizont. Durch sie kämpften sich die roten Strahlen der Abendsonne, welche das Wasser in einem sanften Rot schimmern ließ. „Käpten Sakura?“, wurde sie zaghaft angesprochen. Als sie sich umdrehte, blickte sie in das dunkelhäutige Gesicht von John. Sofort erkannte sie die Sorge, die sich in den braunen Augen widerspiegelte. „Gibt es irgendwelche Verluste?“, fragte Sakura direkt und schaute zu den großen Mann auf. John war etwa doppelt so groß wie sie und sein muskelbepackter Körper jagte jedem Respekt ein. Dennoch hatte der Riese ein freundliches Wesen, was ihm ihren Feinden gegenüber nicht ungefährlicher machte. Leicht schüttelte John den kahlen Kopf. „Verluste gab es keine. Einige Fässer mit Wasser und ein Großteil des Rumvorrates sind draufgegangen. Beim Schiff wirkt der Schaden schwerer als er eigentlich ist.“, erklärte er in kurzen Sätzen den Sachverhalt. Trotzdem hatte Sakura das Gefühl, dass ihr der Mann etwas Wichtiges sagen wollte. Mit einer Handbewegung forderte sie ihn auf weiterzureden. Dieser nickte und verkündete seine Unruhe: „Es geht um Käpten Flourite. Er scheint weggetreten.“ In dem Daumen zeigte er über seine breite Schulter zu ihrem Kapitän. Dieser stand immer noch dort, wo er schon am Anfang des Sturmes gestanden hatte und schaute mit leeren Blick in die Ferne. Nun spürte auch sie die Sorgen in sich aufsteigen. Wenn ihr Kapitän ein solches Verhalten zeigte, bedeutete das meistens, dass die Gefahr noch längst nicht überstanden war. „Ich kümmere mich darum. Sorg du bitte dafür, dass die Männer hier Ordnung machen." Wieder nickte der Riese und murmelte ein leises „Aye" als er sich auch schon zu zwei Männer der Crew, welche völlig außer Atem am Mast des Rahsegels lehnten. Unsanft wurden sie am Kragen ihres Hemdes gepackt und hoch gezerrt. „Hey , John! Was soll das?", protestierte einer der beiden und fing an sich kräftig unter den Griff zu winden. „Lass uns wieder runter!", maulte nun der andere, hing jedoch eher wie ein nasser Sack in der Luft. John brummte nur und schleifte sie beide mit sich. „Ich hab den Vize gehört. Ab an die Arbeit.", meinte der Dunkelhäutige knapp. Leicht schmunzelnd beobachtete Sakura die Szene. John war ein Pirat mit Ehrgefühl und wusste, was sich gehörte. Deswegen bewunderte sie ihn auch. Immerhin war der Riese von Anfang an auf diesem Schiff gewesen und sollte nun eigentlich erster Offizier sein, doch ohne zu Zögern hatte er den Titel Sakura überlassen. Hatte ihr sogar seine Loyalität bis in den Tod versprochen. Ihr Kapitän hatte das mit einem Lachen hingenommen und John für seinen Edelmut gelobt. Mit Kopf schüttelnd vertrieb die Braunhaarige die Erinnerungen ihrer Anfangszeit. Sie musste mit ihrem Kapitän sprechen und zwar bevor das nächste Unheil auf sie zukommt. So eilte sie mit einem sorgenvoll ernsthaften Gesicht zu ihrem Kapitän. Tief in Gedanken versunken stand Fye da, die Hand auf die Reling gelegt und den Blick gen Horizont gerichtet. Sein Schiff hatte das Unwetter gut überstanden und seine Crew war nur erschöpft. Dennoch plagte Fye der Gedanke - es war eher eine Vorahnung -, dass ihm schon sehr bald etwas wertvolles genommen wurde. Und auch das Gefühl, etwas wichtiges zurück zu bekommen, ließ ihn nicht los. „Ist alles in Ordnung, Käpten?“, fragte ihn eine ernstwirkende Stimme und er konnte seinen ersten Offizier neben sich ausmachen. Sakura’s Gesicht wirkte starr und ihre grünen Iren schauten forschend herauf. Ihre Haltung war schlaff und ihr waren die Strapazen des Orkanes deutlich anzusehen. Trotzdem machte sich die junge Frau Sorgen um das Schiff und deren Crew. Lächelnd drehte sich Fye zu der Braunhaarigen, doch man konnte das Nachdenkliche in seinem Augen lesen. Er machte sich nicht die Mühe dieses vor seinem ersten Offizier zu verstecken. Sie hatte es eh schon gemerkt. „Mach dir keine Sorgen, Sakura.“, meinte der Blonde und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Aber bitte pass beim nächsten Landgang gut auf.“ Mit diesen Worten schritt er an Sakura vorbei, um sich selber von den Schäden der ‘White Mokona’ zu überzeugen. Die Sonne schien auf sie hinab und am Himmel zogen weiße Wolken vorbei. Das Meer war friedlich und nichts ließ auf das Unwetter von vor einer Stunde schließen. Die Mannschaft der ‘White Mokona’ eilte über das Deck, in den Armen zerstörte Bretter, Flaschen mit Wein und Rum und andere Dinge, welche noch in Takt waren... „Verdammt! Der Hauptmast hat einen gewaltigen Riss!“ ...oder auch nicht. Einige der Männer, darunter ein kleiner, etwas älterer Mann mit gräulichweißem Haar und gleichfarbigen Schnauzbart. Langsam ging er zu der Schar und beobachtete wie der alte Mann den Mast begutachtete. „Der muss erneuert werden, Käpten, sonst kann ich für nichts mehr garantieren.“, meinte der Mann ohne sich zu ihm umzudrehen. Nun schauten auch die anderen zu ihm, hatten sie ihn doch nicht näherkommen hören. Grinsend schaute er auf den Alten. Dieser wusste immer, wenn Fye in seiner Nähe war. Ob er es nun sah oder nicht. „Ich vertrau auf dein Fachwissen, Benjamin, und werde dir dabei nicht im Wege stehen.“, lächelte er und musste sich einen fiesen Kommentar verkneifen. Die Crew wusste, wie Vergesslich der alte Mann war und sagte man ihm nicht, dass er etwas essen sollte, würde er selbst dies vergessen. Schnaubend wandte sich Benjamin zu den Blonden um. Eine leichte Wut loderte in den erfahrenen, braunen Augen. Natürlich hatte er den Wink von Fye verstanden und er wusste über seine Vergessenheit sehr gut Bescheid. „Es bleibt Euch auch nichts anderes übrig, Käpten Flourite. Ihr faules Pack - und damit sind Sie und unser Erster eingeschlossen - hättet das Schiff schon längst Schrottreif gefahren, würde ich nicht aufpassen.“, grummelte Benjamin und ging wütend durch die Menge, an seinen Kapitän vorbei. Fye lächelte nur. Nichts regte sich in den feinen Gesicht des Blonden. Als jedoch Benjamin an ihn vorbei ging ohne ihn eines Blickes zu würdigen, eränderte sich der Ausdruck in den Augen des Kapitäns. „Benjamin!“, hielt er den Schiffszimmermann zurück. Der Blick der blauen Iren war eiskalt und auch wenn sie sein Lächeln auf den Lippen des Piraten nicht verändert hatte, so wirkte es jetzt etwas bedrohlich. Die Männer um ihn herum sogen scharf die Luft ein, ihre Augen waren ängstlich auf das Szenario vor ihnen gerichtet. Niemand von ihnen wusste, wie dieses Gespräch ausging. Als er gerufen wurde, blieb Benjamin stehen und musterte den schmalen Rücken seines Kapitäns. Er konnte das Gesicht nicht sehen, doch die panischen Gesichter der Piraten sagten ihm, dass etwas nicht stimmte. „Was gibt’s, Käpten?“, fragte er in neutralen Ton. Wenn er nun den Zorn des Blonden auf sich gezogen hatte, sollte er ihn nicht noch mehr reizen. Schwungvoll drehte sich der blonde Pirat zu seinem Schiffszimmermann. „Diesmal werde ich deine Frechheit dulden, aber sollte eine weitere Beleidigung über Sakura deinen Mund verlassen, schneide ich dir die Zunge heraus.“, lächelte Fye und seine Stimme klang so kalt, dass dem alten Mann ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Stille herrschte zwischen den Männern. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein, nur der Wind wehte und die Wellen rauschten. Seine Crew traute sich nicht zu atmen, vor Angst, es könnte der letzte Atemzug sein. Ihr Kapitän war für seine Grausamkeit berühmt, welche er hinter seiner gelassenen Art versteckte. Auch wenn er viele ihrer Feinde am Leben ließ, so hatte er keine Skrupel zu töten. Fye D. Flourite war ein Mann, so Schön und Edel wie manch eine Frau. Doch man sagte, sein Herz war so verdorben, das selbst der Tod sich vor ihm fürchtete. Das Lächeln verschwand nicht von den Lippen des Piraten. Er brauchte unbedingt seine Ruhe, sonst könnte es einen Todesfall am Bord geben. Jeder einzelne wusste, wie sehr Fye es hasste, wenn man über Frauen schlecht sprach oder gar dachte. Immerhin waren sie „reine„ Wesen, die es zu hüten galt. Und Sakura machte da keine Ausnahme! Außerdem war sein weiblicher Offizier sehr zartfühlend und schnell zu verletzen. Doch er konnte seinen Schiffszimmermann nicht töten. Dieser alte Sack hatte einfach zu viel Wert. Selten schloss sich ein erfahrener Handwerker einer Piratenmannschaft an, außer man zwang ihn. Doch Benjamin war im Auftrag der „Piraten-Mutter„ auf die ,White Mokona’ und somit der Hüter des Schiffes. Missmutig stiefelte der Blonde in die Kapitäns-Kajüte, wo er sich hinter dem schön verzierten Schreibtisch aus dunklem Holz setzte. Die Arme darauf abstellend und den Kopf auf einer Hand abstützend seufzte der Kapitän der ,White Mokona’. Gezielt wanderte die freie Hand zu einer der vielen Schubladen,öffneten sie und zogen geschickt eine Weinflasche heraus. Vorsichtig hob er sie an, um die Aufschrift des Etiketts zu lesen. Ah, ein ‘Vin De Constance’. „Eine gute Wahl!“ Leise kicherte Fye als er sich von den gepolsterten Stuhl erhob und aus das leere Weinglas von seinem Nachttisch nahm. Zufrieden schenkte er sich den guten Tropfen ein und stellte die Flasche auf seinen Schreibtisch, neben den Aufzeichnungen der heutigen riegsbesprechung. Desinteressiert flogen die blauen Iren über das Papier, während er sachte an dem Wein nippte. So, so. Es ging also um eine Kaperung von einem königlichen Handelschiff. Ein ziemlich gewagtes Unterfangen. Wenn man bedachte, wie gut die Adligen heutzutage ihre Schätze hüteten, wäre es sicher eine gute Ausbeute. Doch die Wachen wären erfahrener als der Grünspan, der ihm bis jetzt unter die Augen traten und mindestens doppelt so viele. Vorsichtig stellte Fye das leere Glas zur Seite, um sich die Aufzeichnungen genauer anzusehen. Anerkennend nickte der blonde Pirat. Die Angaben und Zeichnungen waren möglichst genau. Man hatte herausgefunden, wie viele Personen insgesamt auf der ‘Saint Mary’ sein könnten und auch welche Personen nicht zu entbehren waren. Somit beschränkte sich die Zahl der ungefähren Soldaten auf nicht mehr als 15 Personen. Auch wieso und wohin es unterwegs war, stand in lesbaren, leicht krakeligen Lettern da. ‘Das hat sich einer aber Mühe gegeben.’, schmunzelte Fye in Gedanken, während sein Gedächtnis sich jedes Detail einprägte. Die ‘Saint Mary’ gehörte zum Königreich Tysem und sollte Friedensgeschenke in das Königreich Krysemto bringen. Dieses stolze Schiff stand bei vielen Piraten auf der schwarzen Liste, doch bisher gelang es niemanden die Schaluppe einzufangen. Eine Schaluppe war durch ihre vielen Segeln auch bei leichtem Wind recht schnell, da würde die ‘White Mokona’ zwar mithalten, aber nicht einholen können. Man müsste in der Nacht eingreifen, doch dann bewachten die Soldaten das Schiff besonders gut. Doch wenn man warten, bis die ‘Saint Mary’ den sicheren Hafen erreichte und dann zuschlägt, müsste es zu schaffen sein. Mit seiner Entscheidung zufrieden schenkte sich Fye noch etwas Wein ein, als auch schon die Tür aufschwang und eine leicht schnaubende Sakura im Rahmen stand. „Schön dich zu sehen, Sakura. Ich habe mir gerade einen Schlachtplan einfallen lassen.“, lächelte der Kapitän seinem ersten Offizier an und nahm einen Schluck des süßlichen Rotweins. Nach Luft schnappend stand die junge Frau im Rahmen, versuchte verzweifelt ihre Atmung zu beruhigen. Sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen, schaute Fye sie an. „Was hast du, mein Juwel?“, fragte er etwas besorgt, doch machte keine Anstalten aufzustehen. „Käpten... Sie müssen... mitkommen... Schnell!„, keuchte die Braunhaarige und eilte schon wieder aus der Tür. Seufzend erhob sich Fye, stellte in aller Seelenruhe das Glas hin und schlenderte dem Juwel der ,White Mokona’ hinterher. Wütende Schreie hallten über das Achterdeck, auf dem sich in diesem Augenblick die gesammelte Mannschaft befand. In einen Kreis hatten sich die Piraten um die Streitenden gestellt und feuerten sie lauthals an. Als Fye hinter Sakura, welche sich neben John gesellte, auftauchte, erblickte er vier seiner Crewmitglieder, die sich mit Beleidigungen zuwarfen und auch nicht davor zurückschreckten, handgreiflich zu werden. Auf den Boden zwischen den Parteien lag ein Medaillon, unachtsam weggeworfen. Die goldene Kette war gerissen und der Anhänger zeigte eine sehr hübsche Frau mit schwarzem Haar. Ihr Lächeln zeugte von Trauer und auch sonst schien sie auf den Bild keinen gesunden Eindruck zu machen. „Käpten. Was sollen wir tun?“, wandte John sich ihm zu und schaute Fye mit undurchdringlichen Augen an. Lächelnd und mit einem Kopfnicken in die Richtung der Streithähne, gab der Blonde das Zeichen, das er in die Auseinandersetzung eingreifen wollte. Wer wusste schon, was sonst noch passieren würde. Es war seine Pflicht als Kapitän für Ordnung am Bord zu sorgen! Außerdem nagte die Neugier an ihm. Wer war diese Frau und wieso stritten diese Männer? John verstand, um was er ihn leise bat und schon begann der Riese die Meute auseinander zu schieben, wodurch noch lautere Proteste echoten. Als sie ihren Kapitän jedoch bemerken, blieben sie ihnen im Halse stecken. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, lief er durch die Menschentraufe und stellte sich in sicheren Abstand zu den Kontrahenten. Auch diese hatten in ihrem Tun innegehalten und starrten den Blonden an. Augenblicklich kehrte Stille auf der ‘White Mokona’ ein. Niemand traute sich auch nur zu atmen. Was würde ihr Kapitän nun tun? „Dürfte ich erfahren, worum es geht?“, fragte er höfflich und sofort hörte man eine Beschwerde nach der anderen. Die fünf Männer redeten durcheinander und lauter als eigentlich nötig. Kurzum: Er verstand kein Wort! Mit einer Handbewegung brachte Fye sie zum Schweigen. Dann zeigte er auf einen der Männer. Er besass schwarzgelocktes Haar und eine Narbe zog sich seitlich durch seine linke Gesichtshälfte. Die dunklen Augen funkelten ihn erzürnend entgegen. Wie es aussah, schien der Mann nicht sonderlich erfreut, dass er sich einmischte. Dennoch antwortete er schnaubend. „Es ging um das Medaillon, welches Ihr da unten am Boden seht, Käpten. Dieser elende Dieb“ - anklagend zeigte er auf einen der Männer, mit denen er gerade Schimpftriaden ausgetauscht hatte - „hat es aus Henry Kidd’s Schlafstätte entwendet.“ Mit verzerrtem Gesicht drehte sich der Schwarzhaarige zu den Angeklagten um. „Ich hab hier nichts gestohlen, du Dreckskerl! Das ist eine gemeine Lüge!“, schrie dieser los und die Auseinandersetzung schien wieder auszuarten, wäre John nicht dazwischen getreten. Mit verschränkten Armen brummte der Riese und quittierte beide mit einem mahnenden Blick. Diese verstummten augenblicklich und schauten wieder zu den Blonden. Unverändert stand Fye an Ort und Stelle, bedankte sich bei John mit einem Nicken. Langsam bückte sich der Kapitän der ‘White Mokona’ und hob die zerstörte Kette behutsam auf. „Wer ist diese Frau?“, fragte er niemanden bestimmtes. Das Amulett hatte keinen hohen, materiellen Wert, doch für seinen Besitzer durchaus wertvoll. Das erkannte man an der guten Erhaltung. Es wirkte wie neu, obwohl es sicher schon einige Jahre alt war. „Es handelt sich um meine Mutter. Sie war mit dem Grafen von Drimos verheiratet, der sie mit seiner Eifersucht und Wut in den Selbstmord trieb. Sie sprang eine Klippe herunter... ins Meer.“, antwortete ein junger Mann mit hellbraunen Haare, welches hinten zu einem lockeren Zopf zusammengebunden war. Fye schätzte ihn nicht älter als 20 Jahre, vielleicht nur so alt wie Sakura? Sein Gesicht zeigte die Trauer, die hinter diesen Worten steckte. „Wieso hast du nicht gesagt, dass es deines ist, Edward?“, fragte der Mann neben den Jungen und leichte Wut legte sich in die blauen Iren des Jüngeren. „Hab doch geschrien, es ist meins! Hat bei eurem Geplärre bloß niemand gehört!“, brauste Edward auf. Das helle Lachen ihres Kapitäns durchbrach die schmale Kommunikation. „Gut, dann wäre das geklärt.“, meinte Fye, schritt auf den Jungen zu und hielt ihm die Kette hin. Zögernd und mit einem leisen „Danke“ nahm er sie an. „Und nun zu euch!“ Das Lächeln war aus den Zügen des blonden Piraten verschwunden und auch die sonst immer präsente ‘gute Laune’ spürte man nicht mehr, als Fye sich den Kontrahenten zudrehte. „Diebe werden nicht verschont! Ihr wisst, was zu tun ist, Männer.“ Gemächlichen Schrittes trat er wieder zu Sakura und stellte sich neben sie. „Und...“, fügte er hinzu, als er die teils erwartungsvollen und teils ängstlichen Blicke auf seinen Rücken spürte, „Die Unruhstifter werden in den Kerker gesperrt. Auf meinen Schiff gibt es keine Schlägereien oder sonstiges!“ Gespielt genervt seufzte der Blonde und wandte sich seinem ersten Offizier zu. „Lass uns eine Tasse Tee zusammen trinken, meine Liebe. Ich möchte etwas mit dir besprechen.“ Mit bleichen Gesichtern schauten die vier Kontrahenten ihren Kapitänen hinterher. Sie hatten zwar mit einer so einer Reaktion gerechnet, aber das er nun alle bestrafte... „D-Das kann er doch nicht machen!“, protestierte einer von ihnen, „Immerhin haben wir die Diebe erwischt!“ Lachend und grinsend beobachteten die anderen Männer die vier Verurteilten. Diese wurden nur noch schockierter als die restliche Mannschaft einen Schritt auf sie zumachte. Sie waren umzingelt, es gab keinen Fluchtweg. „Und er ist immerhin der Käpten! Und sein Befehl ist Gesetz.“, grinste ein Glatzkopf und packte einen der Unruhestifter an den Armen. Nach und nach griffen die Hände nach den Vieren, die sich schreiend versuchten von der Mannschaft zu befreien. Sich streckend lehnte sich Fye in den gemütlichen Stuhl zurück, der vor seinem Schriebtisch stand. Ihm gegenüber sass Sakura auf einen Schemel und schaute fragend mit ihrem grünen Augen in seine. Lächelnd schob der Blonde die Unterlagen der Kaperung zu ihr. „Es müsste zu schaffen sein, die ‚Saint Mary‘ zu plündern, doch ich möchte deine Meinung wissen.“, durchbrach Fye die Ruhe, welche sie umgab. Nachdenklich und den Blick auf die Unterlagen in ihren Händen gerichtet, nickte Sakura. Gründlich las sie die Informationen durch, um die Situation zu analysieren. Aus Erfahrung wusste die junge Frau, dass diese Unterfangen ein gewisses Maß an Risiko mit sich brachte. „Wir sollten bedenken, dass die ‚Saint Mary‘ ein Schiff zur Unterstützung bei sich hat.Es könnte ebenfalls mit Soldaten ausgestattet sein.“, gab sie zu Bedenken, „Außerdem können die Soldaten die eigentlichen Seemänner ganz leicht ersetzen, sodass ihre Anzahl verdoppeln könnte.“ Lachend nahm Fye die weiße Tasse aus feinen Porzellan. „Daran hab ich gar nicht gedacht, meine Liebe.“, meinte der Kapitän der ‚White Mokona‘ und genehmigte sich einen Schluck des aromatischen Tees. Kurz herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen, tief in ihrem Gedächtnis nach einer Lösung graben. Schließlich seufzten beiden synchron gequält auf. „Was haben Sie sich denn gedacht?“, fragte Sakura letztendlich. Vielleicht würden sie eine Lösung finden, wenn die Braunhaarige den Plan ihres Kapitän wüsste. „Nun, ich wollte vorschlagen, die Schaluppe im Zielhafen zu überfallen. Die meisten Soldaten wären am Land und das Schiff nur notdürftig bewacht. Wenn man leise genug war und die Wachen zu Boden schlägt, bevor sie um Hilfe rufen, sollte es klappen.“, erklärte Fye seinem ersten Offizier, welche nickte. „Ein Versuch wäre es wert.“, stimmte sie zu. Grinsend sprang der blonde Mann auf und hob die Weinflasche, die immer noch auf seinem Schreibtisch stand, hoch. „Dann ist es beschlossen! Wir lassen erst die ‚White Mokona‘ reparieren und dann geht es nach Krysemto!“, rief Fye aus und mahn einen großen Schluck des Weines. „Wie können Sie nur nach einem so leckeren Tee auch noch Wein trinken. Ich sag’s Ihnen, morgen ist Ihnen schlecht.“, murrte Sakura und schaute mit leicht verengten Augen zu, wie ihr Kapitän zwei weitere Schlücke nahm und sie ihr dann hinreichte. „Du vergisst, ich bin Pirat! Wenn mich so was aus den Socken haut, kann ich meinen Hut an den Nagel hängen.“, lächelte der Blonde und schaute zu, wie sich auch auf Sakura’s Lippen ein Lächeln bildete und ihm die Flasche abnahm. Kapitel 2: Uxor Aves; Vir Aves ------------------------------ Leise brachen die Wellen am Rumpf der ‘White Mokona’, die friedlich im seichten Wasser lag. Am Himmel zogen weiße Wolken in die Ferne und der Wind tanzte durch die langen Palmenblätter. Der Sand des Strandes war heiß und wurde von Palmen und Gestrüpp vom restlichen Teil der kleinen Insel abgeschottet. Jubelschreie gingen durch die Reihen seiner Mannschaft als sie schwankend durch den Sand stampften. Zwei Wochen war es her, seit sie ihren letzten Landgang hatten. Und so schön es auch war, auf der See herum zu schippern, beruhigte das Fest doch die Nerven und den Verstand. Mit einem erleichterten Seufzen streckte sich Sakura, die neben ihn stand, und ließ sich kurzerhand nach hinten in den Sand fallen. “Es wurde aber auch langsam Zeit, dass wir wieder an Land gehen.”, meinte sie. Leicht lächelnd schaute Fye den Strand auf und ab. Einige seiner Männer taten es Sakura gleich, lagen nun im Strand und ließen sich die Sonne auf die Haut scheinen. Zu gerne würde er sich dieser Faulenzerei anschließen, aber sie hatten keine Zeit zu verlieren. “Entschuldige, mein Juwel, aber wir haben Arbeit zu erledigen.” Den zweiten Teil des Satzes rief er schon fast, damit es auch der Rest der Männer hörte. Stöhnend und ächzend richteten sich diese auf und schauten ihren Kapitän klagend an. Auch Sakura wirkte nicht sonderliche begeistert, sich aus ihrer gemütlichen Lage zu erheben. Lachend wendete sich Fye zu Benjamin, der einem der Crew mit einem Fußtritt zum Aufstehen verhalf. “Nimm die Hälfte der Männer und besorg Material für die Reparaturen. Einige sollen die Umgebung absuchen.”, meinte er und erhielt ein grummelndes “Aye” von den alten Mann. “Sakura, du suchst dir bitte auch einige der Jungs und versuchst Nahrung und Trinkwasser zu finden.”, befahl er seinem Ersten. “Jawohl, Käpten!”, salutierte die Brünette. “Der Rest hilft mir die ‘White Mokona’ so nah an den Strand zu holen, dass es keine Probleme macht, die Schäden zu beheben. John hält nach Schiffen, Seeungeheuer und dergleichen Ausschau.”, meinte der Blonde noch zu guter Letzt und schon marschierten die Männer - und Sakura - los, um sich widerwillig auf ihre Arbeit zu stürzen. Die Sonne hatte gerade ihren höchsten Stand erreicht, als Fye und sein Team die ‘White Mokona’ in Sand gesetzt hatten. Schweiß lief über die Oberkörper und Arme der Männer und selbst Fye trug nur noch Hemd und Hose. Erschöpft schlurften sie in den Schatten der Palmenwedel. “Die anderen brauchen ziemlich lange, Käpten.”, keuchte einer der Männer, schaute aus müden Augen zu den Blonden. Fye nickte nur. Er war zu matt, um noch etwas zu erwidern. Dennoch rasten seine Gedanken, dass es ihm schon fast Kopfschmerzen bereitete. Er hörte das feine Rauschen der Blätter und Wellen, roch den süßen Duft der wilden Blüten und Früchte, sah das weite Blau des Meeres, welches er so liebte. “Wir warten noch ein bisschen, dann machen wir uns auf die Suche.”, meinte der Kapitän der ‘White Mokona’, während er die Augen schloss. Skeptisch, aber zustimmend brummen lehnten sich die Männer an die Stämme der Palmen oder legten sich in den Sand. Begleitet von den Melodien des Windes und der seichten Brandung schlief die Crew schon bald unter den warmen Berührungen der Sonne ein. Mit erstickenden Schrei wachte Fye wieder auf. Die Abendsonne blendete ihn mit ihrem feurigen Rot, während sie sich immer weiter dem Horizont näherte. Desorientiert schauten sich die blauen Augen um, entdeckten nicht weit von sich seine Mannschaft, die vor sich hin dösten. Langsam erinnerte er sich wieder. Der Sturm, die Insel, die Reparaturen der ‘White Mokona’. Diese steckte fest im knöcheltiefen Wasser. Doch wo war der Rest seiner Mannschaft, welche sich vor längerer Zeit sich den Weg in das innere der Insel gebahnt hatten? All seine Sinne schrieen nach Gefahr. Wieso waren Sakura und auch Benjamins Trupp nicht zurückgekehrt? Aufgeschreckt von dieser Erkenntnis weckte er seine Männer und begann sich auf die Suche. Das dickte Blattwerk der Bäume verschluckte schon bald die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Eine unheimliche Dunkelheit breitete sich schon bald im gesamten Wald aus. Finstere Geräusche drangen aus dem Nichts zu den Männern. Das Licht der Fackeln spendete nur wenig Schutz in Anbetracht des Ungewissen. Mit ihren Säbeln bahnten sie sich einen Weg durch Dickicht. Eng anliegend standen die Männer hinter ihrem Kapitän. Die Zeit verging, während Fye und seine Mannschaft durch den Wald irrten. “Käpten? Irgendwas stimmt hier nicht!”, flüsterte einer der Männer. Fye spürte die Angst, die über sie ruhte. Selbst seine Nerven war zum Zerreißen. “Hm.”, stimmte er nachdenklich zu, “Ich frage mich, was Sakura aufgehalten hat.” Seit einigen Stunden hatten sie weder ein Tier noch das Sonnenlicht gesehen. Allgemein wirkte dieser Wald üppiger und riesiger als die bisherigen, die er sah. Je tiefer sie in den Wald eindrangen, desto schneller schlug sein Herz. Die Ungewissheit, die seinen Verstand vergiftete, fraß sich immer tiefer. Aber in diesen Wald hätte nichts hausen können... “Sakura hätte uns gewarnt...”, sprach Fye den Rest seines Gedanken laut und erhielt fragliche Blicke seiner Crew. Ohne darauf zu achten, redete der Blonde weiter: “Vielleicht sind es nur einige Eingeborene, die wir mit unserem Auftreten verschreckt haben. Oder aber es sind wilde Pooka! Die lieben es, Streiche zu spielen...” Noch verwirrter als vorher starrten die Männer ihren Kapitän an. Mit geschlossenen Augen und nachdenklicher Miene kletterte dieser über die immer breiter werdenden Wurzeln hinweg. Doch dann ganz plötzlich blieb Fye stehen und drehte sich freudestrahlend um. “Jetzt weiß ich’s!”, rief er dabei aus. Kurze Stille herrschte, während die verdatterten Blicke ihn nun neugierig musterten: “Es sind überdimensionale Spinnen!” Und auch nach dieser Aussagen hielt die Stille an. Seufzend und Kopfschüttelnd sahen die Piraten in verschiedenen Richtungen. So sehr sie ihren Kapitän auch achteten und fürchteten, in solchen Momenten fragten sie sich wirklich, ob die Gerüchte aus seiner Vergangenheit stimmten. Fye beobachtete belustig, wie der Zweifel der Männer an ihm anwuchs. Aber spätesten beim nächsten Unglück würden sie alle wieder zu ihm gerannt kommen. Es war seine liebste Aufgabe, den Zwiespalt zu schüren und ihn dann wieder zu zerschlagen. So konnte er seine Männer besser kontrollieren und einer Meuterei aus den Weg gehen. “Käpten!” Dieser Ausruf von der gehetzten und verängstigten Stimmer seines Juwels ließ ihn sich umdrehen. Sein erster Maat rannte - gut verschnürt - auf sie zu. “Hach, meine Augenweide! Wie schön, dass du zu uns zurück gefunden hast.” Doch als seine Augen sie erfassten, erkannte er sie. Nicht weit hinter seinem ersten Maat huschten sie entlang - sieben an der Zahl. Ihre schwarzen durchscheinende Flügel surren in der Luft und die schwarzen Perlen in ihren Gesicht funkelten Hasserfüllt. Schnell war die Situation klar und mit einem Handwink bedeutete Fye seinen Männern ihre Musketen zu ziehen. “Wartet bis sie nahe genug sind. Ein Fehlschuss könnte jedem von uns das Leben kosten.”, mahnte der blonde Kapitän mit ruhiger Stimme und vernahm das harte Schlucken neben sich, sowie das Zittern der Leiber. Mit Angst in den Augen rannte Sakura so schnell sie konnte. Was waren das für Wesen hinter ihr? Wieso hat sie diese nicht gespürt? Sonst warnte sie ihr Gefühl doch auch immer vor Gefahr! Die Brünette wusste es nicht. Friedlich waren sie durch den Wald gestrichen und auf ihrer Suche einige der Tiere hier erlegt. Doch plötzlich - wie aus dem Nicht - hatten diese Geschöpfe sie angegriffen. Mit ansehen musste sie wie einiger ihrer Männer der Kopf abgesäbelt wurde. Andere wiederum schrieen auf, da sie etwas getroffen hatte. Das Blut färbte schon bald die grünen Blätter und Gräser. Was hatten sie so schreckliches getan, das sie so elendig niedergestreckt wurden? Sie waren Piraten - ja! Doch sie waren doch noch harmlos in Gegensatz zu so vielen anderen. War es wegen den Tieren oder weil sie den Bäumen geschadet hatten? Auf einmal verlor sie den Boden unter den Füßen und fand sich schon bald zwischen den Wurzeln der Bäume und Büsche wieder. Genau auf diesen Moment hatte Fye gewartet. "Feuer!" Damit gingen alle Musketen und Pistolen los, welche die Piraten mit sich trugen. Man hörte die qualvollen Schreie der Kreaturen, als sich die heißen Kugeln ihr Fleisch zerfetzten. Sie fielen erschrocken zu Boden, ihre Kreische wollten die Ohren der Piraten bluten lassen. Einige rappelten sich wieder auf. Die schnabelähnlichen Münder waren aufgerissen und ihre Reißzähne fletschten sich ihnen bedrohlich entgegen. "Feuert noch mal!", rief Fye und es liefen noch einmal ein Dutzend Schüsse. Somit streckten sie auch die Letzten nieder. Schnell lief Fye zu Sakura, ließ sich neben ihr auf die Knie fallen und öffnete die Knoten. Fast genauso schnell war die Braunhaarige auf Wunden begutachtet worden und die Geschehnisse ausgetauscht. "Einige der Männer wurde verschleppt. Das Dorf ist nicht weit von hier.", erklärte Sakura hastig. Ein Nicken des Blonden und alle hatten verstanden - die Rettung ihrer Kameraden stand an. "Was sind das für Wesen?" Zwei seiner Männer hatten sich um die geschundenen Leichnamen versammelt und prüften diese vogelartigen Geschöpfe. Vorsichtig traten nun auch die anderen heran. Sakura versteckte sich etwas hinter den Rücken des Blonden. Respektvoll wanderten die Saphire über die Toten. Ihre komplett schwarzen Augen waren weit aufgerissen, während sich das Blut ihrer Wunden sowie die Federn der Flügel auf den Boden ausbreitete. Ihre Körper waren die von Frauen, welche mit einer leichten Federschicht bezogen war. Ihre Gesichter - vor Entsetzen und Schrecken verzerrt - wirkten so schön, fast schon perfekt. "Man nennt sie Uxor aves. Die Männlichen Vir aves.", begann Fye zu erzählen. Sofort hatte er die gesamte Aufmerksamkeit. "Laut Legende wurden diese armen Kreaturen aus Neid von den Weisen der Urzeit - unheimliche, alte Magier - in das, was sie jetzt sind, verwandelt. Seitdem hegen sie einen Gräuel gegen jeden und alles." "Deswegen konnte ich auch nichts spüren...", hörte er Sakura hinter sich flüstern. Er nickte. Die Uxor aves waren zwar von aggressiver Natur, aber keinesfalls bösartig. Ihre Verwirrtheit und das Unverständnis hatten sie zu das gemacht. Nachdenklich schaute der Blonde auf die Leichen, dessen Leben er ausgelöscht hatte. Sie hätten nicht sterben müssen. Seit jeher lebten die Uxor aves und Vir aves in Pein, abgesondert von der restlichen Welt, missverstanden und gefürchtet. Plötzlich preschten alle Geräusche und Gerüche des Waldes auf seine Sinne ein. Er musste die Augen schließen, da das schwache Licht, welches herrschte, ihn Kopfschmerzen bereitete. Irgendetwas stimmte hier nicht. Doch was war es? "Lasst uns erstmal zurück zur 'Mokona' gehen.", sprach nun Sakura, welche die leichte Angespanntheit ihres Kapitäns bemerkt hatte. Die Sonne neigte sich schon dem Horizont entgegen als die Piraten aus dem Dickicht hinaus stolperten und die 'White Mokona' im seichten Wasser auftauchte. Erleichternd seufzte Fye als er Benjamin und seinen Suchtrupp an dem Schiff herum werkeln sah. John stand neben den alten Mann, welcher heftigst mit dem großen Schwarzen zu diskutieren schien, während er den Hammer schwang. Langsam näherte sich der Kapitän seiner Mannschaft, hob im Vorbeigehen seinen Mantel und Hut auf. Sakura und die Männer folgten ihn mit starrem Blick. "Wir haben ein schwerwiegendes Problem, meine Herren!", erlangte der Blonde die Aufmerksamkeit der Arbeiter. Fast augenblicklich ließen alle von ihren Reparaturen ab. Verwunderung lag in ihren Gesichtern. Sich den Hut aufsetzen, sprach Fye weiter: "Ein paar unserer Kameraden wurde von Vogelmenschen gefangen genommen. Vielleicht sind sie noch am Leben." Weiter brauchte er nicht erzählen und die Männer antworteten mit einem schallenden "AYE!". "Waren es Harpyien, Käpten?", fragte John und musste in nächsten Moment Benjamin's Hammer ausweichen. "Was für eine dämliche Frage! Harpyien leben in bergigen Gebieten. Denk nach, bevor du sprichst!", zeterte der alte Mann ungehalten. "Aber Käpten, was ist mit Krysemto?", gab nun einer der Männer zu Bedenken. "Das muss warten.", murmelte er ernst. Langsam ließ er seine eiskalten Iren über die Männer gleiten, "Wir lassen niemanden, der auch nur ansatzweise zu retten ist, zurück! IST DAS KLAR?!" Diese Frage erzürnte ihn. Wie konnten diese vermaledeiten Ratten ihre Kameraden zurücklassen? Es auch nur in Betracht ziehen?! Er hatte doch nicht die Meere bereist und all die Gefahren überstanden, nur um sich eine Mannschaft aus Angsthasen auszuerwählen. Am liebsten hätte er dem Mann die Zunge herausgerissen, doch war dieser Moment höchst ungeeignet dafür. "Dann sollten wir uns spurten.", ergriff nun John das Wort. Fye nickte. Der Riese hatte Recht. Sie mussten sich spurten, sonst konnten sie mehr Gräber schaufeln, als ihnen lieb war. "An die Waffen, Männer. Es wird Zeit.", befahl Fye und das Werkzeug wurde achtlos hingeworfen, worauf Benjamin wieder fluchte. "Habt Ihr schon einen Plan, Käpten?", fragte nun auch Sakura, welche sich alles stillschweigend mit angesehen hatte. Auch hatte sie die Verkrampfung des blondhaarigen Mannes neben ihr bemerkt. Sie vermutet, dass es mit der Frage von diesem - wie hieß er noch - Oswald Craft zu tun hatte. Sie selbst mochte diesen Kerl nicht. Sie hatten ihn vor fünf Vollmonden in ihre Bande aufgenommen und seitdem hatte sie ein eigenartiges Gefühl. Doch hielt sie es für schlauer abzuwarten. "Diese Wesen sind sehr stark und brutal. Es wäre Selbstmord einfach hinein zu stürmen." Vielleicht sollte sie später mal mit Fye reden. "Mach dir keine Sorgen, Sakura. Ich weiß, was ich tue.", antwortete Fye kühl. Er befestigte den Gürtel seines Schwertes, welches er beim heranholen des Schiffes abgelegt hatte, um seine Hüfte. Nur wenige Augenblicke später stand seine Crew vor ihm, zum Angriff bereit. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte er sich um und ging zurück in den Wald, gefolgt von seinen Männern und Sakura an seiner Seite. Versteckt im Dickicht warteten die Piraten auf ihre Gelegenheit. Die Anspannung war zum Greifen nah. Niemand traute sich zu sprechen, zu regen oder gar zu atmen. Fye hockte zusammen mit Sakura hinter einem dicken Baumstamm und beobachteten die Lichtung, zu welcher sie Sakura geführt hatte. Die Sonne war mittlerweile ganz untergegangen und im Wald herrschte absolute Finsternis. Schwach erleuchtete das Licht des Sichelmondes das Stück Grün, welches gut bewacht war. Kugelartige Bauten aus Lehm, Stroh und Stöckern waren einen Meter über den Waldboden an den starken Baumstämmen befestigt. Ein einfaches Loch schien als Ein- und Ausgang zu dienen. Verstreut auf der Lichtung flackerten einzelne Feuer und einige der vogelähnlichen Gestalten hockten davor. Ihre schrillen Schreie, das Klappern der Schnäbel und das Flattern der Flügel übertönten die Geräusche der Bäume und des Windes. Achtsam wanderte der Blick des blonden Piraten über die Lichtung. Es mussten etwa 29 Aves sein. Wie viele in den Häusern kauerten, konnte er nur erahnen. "Wieso leben sie so nah am Boden, obwohl sie wie Vögel sind?", murmelte Sakura ihm zu. "Das liegt daran, dass sie nicht fliegen können. Ihr Körper ist zu schwer und ihre Muskulatur zu schwach. Durch ihre flügelartige Arme können sie nur durch die Luft gleiten, was sie schneller macht.", flüsterte Fye, ließ sein Augenmerk über den Rand des düsteren Waldes. Seine Mannschaft hatte sich gut versteckt. Er selber konnte sie kaum sichten. "Da!" Entsetzt nickte Sakura auf eines der Häuschen. Es lag etwas höher als die anderen, unterschied sich aber sonst nicht. Plötzlich kam Regung in die Aves. Die, welche um das Feuer sassen, standen auf. Ihre ausdruckslosen Pupillen in die gleiche Richtung starrend. Einige Zeit herrschte Stille, dann traten aus dem Nest zwei Vir aves. Sie waren größer und schlanker als die Restlichen. Während die, welche verteilt standen, nur Fetzen von Stoff trugen, waren diese beiden in kostbaren Gewändern gekleidet. Auch ihre schwarzen Augen schweiften umher. Die storchenartigen Beine gingen steif und in kleinen Schritten voran. Einer von ihnen hielt einen seilähnlichen Gegenstand in der Kralle, der in die Dunkelheit des Nestes führte und an dem nun kräftig gezogen wurde. Genau im gleichen Augenblick hörte aus den Haus einen schmerzverzerrten Schrei und nach und nach stolperten die entführten Seeleute heraus. Ihre Hände waren an dem Seil gefesselt, gegen welches sie sich versuchten zu wehren. Gnadenlos wurden sie weitergezogen, sogar über den Boden geschleift, begleitet von den grellen Schreien der Einwohner. "Was haben die vor?" John hatte sich leise hinter Sakura geschlichen und schaute skeptisch auf die Szenerie vor sich. "Das, mein Lieber, nennt sich Ritual und wie es scheint, wollen sie unsere Kameraden opfern.", antwortete Fye und deutete mit einem breiten Lächeln auf das Nest, woraus ein riesiger Uxor aves hinaus trat. Genau wie die storchenähnlichen Gestalten trug sie Kleider aus feinstem Stoff. Ihr Haarschmuck aus Beeren und Ästen ließ sie bedrohlich und respektvoll wirken. Fye's Männer hockten in der Mitte des Platzes, die Augen waren verbunden. Nun trat der riesige Uxor aves heran. Mit erhobenem Haupt schritt sie durch die Reihen ihrer Artgenossen, während diese aufgeregt mit den Schnäbeln klapperten. Als die Riesin die Männer erreichte, fing sie an zu 'tanzen'. Wild, aber grazil riss sie ihre Arme in den Himmel, drehte sich um sich selber, flog einige Meter über den Boden, nur um dann wieder von der einen zur anderen Seite zu tippeln. "Wieso sollten sie Menschen töten? Das ergibt keinen Sinn.", murmelte Sakura, doch sah sie aus dem Augenwinkel wie das Lächeln ihres Kapitän=s breiter wurde. Und da war noch etwas... Ein schwarzer Schatten in den ach so blauen Augen. Nein, er würde jetzt nichts mehr erzählen. Sie hatten keine Zeit für Geschichten aus alten Zeiten. Denn genau in diesem Moment fingen alle Aves an laut auf zu schreien. Kurz sah er etwas im Feuerschein aufblitzen und in der nächsten Sekunde wurde einem seiner gefangenen Männer sauber der Kopf vom Hals geschnitten. Fye hörte wie John scharf die Luft einzog und spürte Sakura, die sich ängstlich an ihn klammerte. Ihr Gesicht versteckte sie in seiner Seite. Er selber konnte nur entsetzt auf das Geschehen vor ihm schauen. Er hatte es gewusst. Er hatte gewusst, dass diese Männer sterben würden, aber dennoch ist es immer wieder ein schockierender Anblick. Der Kopf des Mannes rollte auf den Boden, das Gesicht vor Angst gezeichnet. Er hatte nicht mal die Chance bekommen zu schreien. Sein schlaffer Körper fiel zuckend zu Boden. Das Blut spritzte wie eine Fontäne aus den offenen Arterien. Der Mann daneben wirkte bleich. Aus Angst, so schien es, konnte er keinen Mucks von sich geben. Stolz hob die riesige Uxor Aves den Kopf in die Luft und ließ einen markerschütternden Schrei verlauten. Ihre Artgenossen taten es ihr gleich. Das schien das Zeichen für die storchenartigen Vir aves zu sein, denn nun traten sie hervor und erschlugen ihrerseits zwei weitere Männer. Wieder jubelten die Aves. Entsetzt schauten die Piraten dabei zu wie ihre Kameraden nach und nach enthauptet wurden. Wie gelähmt blickte Fye zu, unfähig sich zu regen oder gar einen Befehl zu erteilen. „Käpten…“, drang die Stimme von John leise in sein Ohr. Sie mussten handeln, und zwar sofort! Doch sein Körper fühlte sich steif. Bilder aus längst vergangener Zeit vernebelten seinen Geist. „Käpten!“ Diesmal war John’s Stimme lauter. Sakura sah – durch Johns Stimme alarmiert – zu ihrem Käpten auf. Das sonst so tiefe Blau seiner Augen starrte durch alles hindurch. Was war nur los? Er hatte ihr doch erzählt, dass er schon weitaus schrecklicheres gesehen hatte. Also, wieso wirkte er nun wie von Medusa verhext? Ein Todesschrei riss sie aus ihren Gedanken. Sie mussten handeln! Und wenn ihr Käpten es nicht konnte, musste sie ran. „John! Gib das Zeichen!“, zischte sie zwischen den Zähnen hindurch und machte sich geistlich auf einen blutigen Kampf bereit. John tat wie ihm geheißen und stieß einen schrillen Pfiff aus, worauf ein zweiter und auch ein dritter ertönten. Danach ging alles schnell. Die Vogelmenschen hielten in ihrer Feier inne und sahen sich lauernd um. Im gleichen Moment schmissen sich die Piraten, welche sich in den Ästen der Bäume versteckt hatten, auf einige der Wesen und schossen ihnen eine Kugel zwischen die Augen oder schlitzten sie mit dem Säbel auf. Wild flatterten die Aves mit ihren flügelähnlichen Armen und kreischten erschrocken auf. Nun griffen auch die Männer in den Büschen ein und töteten alles, was versuchte in den Wald zu fliehen. John hatte sich schützend vor Sakura gestellt und verteidigte sie vor den Angriffen. Das Mädchen hatte ihm befohlen, zusammen mit ihr, ihren Kapitän zu schützen. Es war ein schreckliches Spektakel, was sich vor ihren Augen bot und Sakura wollte am liebsten den Blick abwenden. Wie sehr sie es doch hasste, jemandem das Leben zu nehmen. Das war nicht die Aufgabe eines Menschen, nur Gott durfte darüber entscheiden… Plötzlich ein Schmerzenslaut und sie sah, wie John zur Seite taumelte und dann zu Boden fiel. Die riesige Uxor aves war auf sie zu gekommen und hatte John wohl mit ihrem Dolch attackiert, denn von diesem tropfte frisches Blut. Jetzt stand sie der Riesin selbst gegenüber. Angst quoll in ihr empor und ihre Hände, in der sie ihre Pistole hielt, fingen an zu zittern. Sie hatte doch keine Chance gegen ihren Gegner, doch sie hatte keine Wahl. Sie würde ihren Käpten nicht im Stich lassen, immerhin hatte er ihr so sehr geholfen. Die Uxor aves schritt auf sie zu. „Halt! Wenn du näher kommst, erschieße ich dich!“, schrie Sakura und richtete ihre Waffe auf die Vogelfrau. „Geh zur Seite, unglückliche Kreatur. Dein Leben ist unbedeutend, im Gegensatz zu seinem.“, krächzte eine tiefe Frauenstimme und die Riesin richtete ihr Augenmerk auf den blonden Mann, welcher in den Büschen stand und sich nicht rührte. „Lange ist es her, Mann mit goldenem Haar. Lange warte ich nun schon.“, sprach sie Fye an und tatsächlich schien der Mann aus seiner Starre zu wachen. Wieder ging die Riesin einen Schritt auf ihn zu. „Ich sagte halt! Wehe du kommst noch näher!“, schrie Sakura nochmals eine Warnung. Die schwarzen Augen der Vogelfrau richteten sich auf sie und plötzlich konnte sie sich nicht mehr bewegen. Egal, welchen Befehl sie ihrem Körper gab, einzig ein Zucken rührte davon. „Du störst, Mädchen.“, knurrte ihr Gegner und schritt an ihr vorbei. Verzweifelt versuchte sie sich zu bewegen. Sie wollte doch ihren Käpten beschützen! Wieso konnte sie es nicht und war immer diejenige, welche man schützen musste? Ein leises, dunkles Lachen ließ sie erschaudern. Nun stoppte auch die Vogelfrau und durchbohrte mit ihrem Blick den kleineren Mann. „Jetzt verstehe ich. Du hast mich mit einem Lähmungszauber belegt, wie nun auch meinen Ersten…“, murmelte Fye und blickte nun lächelnd auf. „Du hast Recht. Es ist lange her, Granzadir, und wie ich sehe hast du dich nicht verändert.“ Schweigen… Keiner der beiden bewegte sich, während der Blick der Uxor aves vor Hass und Zorn rot aufleuchteten. Doch Fye beeindruckte das nicht. Immer noch stand er da und sah zu, wie sich das Wesen vor ihm aufbaute. „Du verwunschene Seele! Du, der zerfressen bist von Pein und Einsamkeit. Der sich gegen seine eigene Zunft gestellt und seinesgleichen verriet!“ Immer noch bewegungslos, lauschte Sakura dem Gespräch. Fye kannte diese Frau?! Aber wenn er sie kannte, wieso unternahm er nichts?! Aus irgendeinem Grund ahnte der erste Maat, dass sie schon bald Antworten bekommen würde. „Das stimmt nicht ganz, Granzadir. Und das weißt du.“, sagte Fye und seine Stimme klang belegt. Verdammt! Hatte er nicht geschworen, dieses Kapitel seines Lebens den Rücken zuzukehren! Kurz senkte er seinen Blick. Er musste jetzt handeln, sonst würden sie alle sterben… „Lass meine Kameraden am Leben und wir ziehen weiter.“ Die blauen Iren sahen in die Pechschwarzen seines Gegners. Nur zu deutlich konnte er den Hass spüren. Der schlanke, doch recht weibliche Körper zitterte und die Klinge lechzte nach seinem Blut. „Ich werde deiner verfluchten Seele die Erlösung bringen.“, murrte Granzadir und schon schoss die scharfe Klinge nach vorne. „Käpten!“, kam es entsetzt von Sakura. Sie hörte das Zerschneiden der Luft und wie der Dolch auf etwas stieß. Doch was war das für ein Geräusch? Es hörte sich klangvoll an. Ganz leise und doch so intensiv, dass es in den Ohren wehtat. Plötzlich spürte sie einen kühlen Lufthauch, welcher sie wie eine Hülle umgab. Und nicht nur sie, sondern die gesamte Lichtung schien in ein eiskaltes Blau getaucht. Was war geschehen? Was ist hier eigentlich los? In ihrer Verwirrung bemerkte Sakura nicht, wie sich ihre Starre löste. Immer mehr Hass sammelte sich in diesen schwarzen Iren von Granzadir. Fye wusste, dass dieser Hass grenzenlos war. Er hatte das Herz in tiefes Schwarz getaucht. Kein Erbarmen, keine Menschlichkeit, kein Entkommen. Und das schlimmste von allem, es war berechtig. Dass dieser Hass und dieser Blutrausch, welcher ihm galt, vollkommen das Recht dieser Wesen war. „Du hast deine Kunst nicht verlernt. Du bist immer noch mächtig.“, knurrte Granzadir und Fye musste lächeln als er den leichten Anflug von Respekt in ihrer Stimme hörte. Ohne sein Zutun hatte er die Hand gehoben und Mithilfe eines Schutzbannes die Klinge abgefangen. „Verzeih mir, aber ich kann nicht zulassen, dass euer Hass meine Leute tötet.“ Mit diesen Worten breitete sich der Bann über das Geschehen, hüllte die Piraten ein und schützte sie vor den Vogelmenschen. Nein, auch wenn er selber hier und jetzt sterben würde, diese Männer hatten nichts damit zu tun. Zudem war er ihr Kapitän! Es war seine Pflicht, sie vor Unheil zu bewahren. „Sakura!“, schrie er seinen ersten Maat entgegen und sah, wie sie vor Schreck sich zu ihm umdrehte. Ihr Gesicht war blass und ihre schönen, grünen Augen zeigten Angst. Wie selbstverständlich lächelte er ihr zu. „Nimm die Männer und geht zurück zum Schiff. Ich werde nachkommen.“ „A-Aber…“ setzte Sakura an. Sie merkte, wie auf einmal ihre Beine anfingen zu zittern. „Kein Aber! Das ist ein Befehl!“, kam es zurück und sie blickte für einen Moment in das leicht wütenden Gesicht ihres Kapitäns, bevor sie nickte. Sie drehte sich zurück zum Geschehen und setzte sich mit schnellem Schritt darauf zu. Als sie John erreicht hatte, nahm sie seine große Pranke und zog ihn mit sich. „Wir müssen hier weg. Alle!“, sagte sie ihn. „Und der Käpten?“, fragte John leicht zweifelnd. „Jede Weigerung ist Meuterei!“, meinte sie nur und biss sich auf die Unterlippe. Kurzes Schweigen trat ein und dann hörte sie nur ein „Aye, Käpten.“ Am liebsten würde sie ihn schlagen. In aller Ruhe sah Fye zu wie seine Männer von Sakura eingesammelt wurde und alle, wenn auch etwas widermutig, die Lichtung verließen. Sie waren nun in Sicherheit. Durch den Schutzbann waren die Aves bewegungsunfähig und konnte sie so nicht verfolgen. „Deine Mannschaft wird büßen, viele von uns getötet zu haben.“, knurrte Granzadir, der Griff um den Dolch festigen. „Das werde ich aber nicht zulassen.“, lächelte er. Seine Stimme klang neckisch, „Euch traf damals am wenigsten Schuld und ich weiß, dass mein Tod euer Erlös wäre. Doch…“ Unwirsch wurde er von Granzadir unterbrochen: „Dann stirb doch.“ Lächelnd schwieg der blonde Mann. Normalerweise würde ihn nichts davon abhalten, sein Leben zu lassen. Aber noch nicht heute. „Es tut mir leid, aber ich bin an ein Versprechen gebunden, dass mich an dieses Leben fesselt.“, sagte er und sein verzweifeltes Lachen klang über die Lichtung. Plötzlich fing die Luft an zu vibrieren. Hastig rannten die Piraten durch das Dickicht. Niemand von ihnen schaute hinter sich. Aus Angst, dass die Gegner sie verfolgten. „Sakura! Was ist mit dem Käpten?!“, keuchte einer von ihnen, doch erhielt er keine Antwort. Sie hatte andere Sorgen, als irgendwelche Fragen zu beantworten. Immer noch drehten ihre Gedanken um das Gespräch, welches Fye und die Uxor Aves geführt hatten. Woher kannten sie sich? Wieso wollten sie Fye tot sehen? Was zur Hölle war hier los?! Gefangen in ihren wirren Gedanken bemerkte sie nicht, wie sie an den Strand gelangen. „Hm?“ Benjamin sah von seiner Arbeit auf. War da nicht gerade etwas? Scharf durchquerte sein Blick das Buschwerk, welches undurchdringlich schien. Er wollte es nicht eingestehen, doch er sorgte sich um seine Kameraden. Die Sonne streifte schon den Horizont und immer noch gab es kein Lebenszeichen. Nicht von seinem Kapitän, noch von den anderen Männern. „Hab mich wohl geirrt.“, meinte er dann, als er nach einigen Minuten nichts erkannte. Mit gezielten Hammerschlägen schoss er den letzten Nagel in den neuen Mast. Das Schiff war auslaufbereit. Die ‚White Mokona‘ war ein prächtiges Schiff. Ein Schoner mit zwei Masten an denen weiße Segel flatterten. Das Holz war in weiß lackiert und mit goldenen Verzierungen versehen. Drei Kanonenlucken besetzte jede Seite. Ihr spitzer Bug war dafür geschaffen das Wasser zu zerschneiden. Am außergewöhnlichsten jedoch war die Galionsfigur - ein riesiger großer Edelstein. Aber wenn Benjamin so nachdachte, das gesamte Schiff war außergewöhnlich. Ab und zu kam es ihm sogar vor, dass es nach seinen eigenen Willen fungierte. Doch das sollte nicht sein Problem sein. Für ihn war dieses Schiff seine Liebe, welche er zur See und ihrer Fahrt führte. Ja, es war seine Pflicht, dass dieses Schiff, welches von dem größten Piraten aller Piraten seinem grunschnabeligen Kapitän anvertraut wurde, noch in 100 Jahren die See durchstreift. „Benjamin!“, hörte er eine weibliche Stimme und im gleichen Moment wurde er von einer gewaltigen Druckwelle umgeworfen. „Was zum-“ Schnell rappelte sich der alte Mann wieder auf und sah wie seine Kameraden auf das Schiff zu rannten. Irgendwas war hier doch faul. Und wo zum Geier war ihr Kapitän?! Wieder spürte er wie eine Druckwelle das Schiff von der Sandbank aufs Meer drückte. ‚Als wollte jemand, dass wir nicht hier sind.‘, dachte Benjamin und schaute sich um. Alle, die mit ihm auf dem Schiff geblieben waren, hockten sich auf den Boden oder hielten sich irgendwo fest. Und die anderen? Sein Blick schweifte über die Reling hinüber. Diese lagen im Sand, wurden von der Kraft der Druckwelle umgeworfen. Wenn sie sich nicht beeilten, würden sie das Schiff nicht mehr erreichen, bevor es in See war. „Los, macht schon! Sonst ist es zu spät!“, rief er ihnen zu, während er sich zwei Burschen schnappte und ihnen anwies, den Anker im Sand zu versenken. Sakura atmete schwer. Selten war sie so schnell gelaufen, doch auch der Sand erschwerte es sehr. Mit letzter Kraft rappelte sie sich auf, sank jedoch wieder auf die Knie. Sie konnte einfach nicht mehr. Sie hatte einfach keine Übung, denn selten nahm Fye sie mit ins Gefecht, schonte sie, wo er nur konnte. Und nun schaffte sie es nicht einmal aufzustehen und auf das Schiff zu gelangen? Sakura fühlte sich erbärmlich. Was war sie nur für ein Erster Maat? Sie konnte ja nicht mal richtig kämpfen… Plötzlich wurde sie hochgehoben und über eine muskulöse Schulter gelegt. „Was..?“ Erschrocken blickte sie auf John’s Hinterkopf. „Wir müssen auf’s Schiff, sonst wird der Kaptän sauer.“, meinte dieser nur und rannte mit Sakura und gefolgt von den anderen weiter. Ein Ohrenbetäubendes Krachen ließ sie zusammen zucken und Sakura’s grünen Augen blickten in das Dunkel des Waldes. Dann merkte sie einen Ruck und entsetzt schaute sie auf John hinab. Ohne ein Wort der Warnung hatte er sie einfach hoch in die Luft geschmissen. Das nächste, was sie merkte, war ein weicher Untergrund und ein leichtes aufheulen. „Ja, was…“ Weiter kam Benjamin nicht, denn schon musste er Sakura, die von John einfach mal hochgeworfen wurde, auffangen. Durch die Wucht wurde er umgeworfen. Doch bevor beide das realisieren konnten, wurde sie schon von John, der in der Zwischenzeit auf die ‚Mokona‘ geklettert war, geschnappt. „Alle unter Deck, SOFORT!“, rief der schwarze Riese und setzte Sakura in der Kapitänskajüte ab. „Kleine, du bleibst hier.“, meine Benjamin, „Und egal, was du hörst oder siehst: DU SETZT KEINEN FUSS NACH DRAUSSEN!“ Damit wurde die Tür geschlossen und – wie sie meinte zu hören – verschlossen. Dann ging auch schon ein Ruck durch das gesamte Schiff. Sie hörte Männer schreien, das Knarren der Planken. Immer noch entsetzt und verwirrt sass Sakura nun auf dem Boden und wusste nicht, was los war. Das alles überforderte sie. Langsam liefen ihre heißen Tränen über die blasen Wangen… „…“ Leise Stimmen drangen an ihr Ohr. Als Sakura die Augen aufschlug, fand sie sich in der Koje des Kapitäns wieder. Erschrocken schnellte sie hoch und sah sich um. Durch die Fenster am Buck des Schiffes verstrahlte der Mond sein kühles Licht und erleuchtete zusammen mit einer einzelnen Kerze, die auf dem Schreibtisch stand, den Raum. Langsam wurde sie wacher und versuchte sich zu erinnern. Sie haben ihre Kameraden retten wollen und wurden daraufhin von Vogelähnlichen Wesen angegriffen. Es kam zum Kampf, ja und Fye wurde angegriffen. Dann sind sie – ohne ihn – zum Schiff zurück gelaufen und John und Ben hatten sie hier eingesperrt… Sie musste eingeschlafen sein, doch warum lag sie dann in der Koje und nicht auf dem Boden? Was war mit dem Kapitän? Der Käpt’n! Eilig stand sie auf und rannte zur Tür. Als Sakura diese aufriss – war sie etwa doch nicht abgeschlossen? – traf sie der nächste Schock. Das gerade erst reparierte Schiff war verwüstet. Die Fässer, welche noch heile waren, rollten über das Deck. Die Segel hingen in Fetzen von den Befestigungen. Selbst Jolly Roger, der Stolz aller Piraten, hatte schon bessere Zeiten gesehen. Die Mannschaft lief fluchend und maulend umher. Doch nirgends konnte die Brünette ihren Kapitän, John oder Benjamin sehen, weswegen sie ein vorbeilaufendes Mitglied festhielt. „Wo ist Fye?“ Das noch recht junge Gesicht des Mannes wirkte müde. Stumm zeigte er in Richtung der Luke, welche nach unten in den Bauch des Schiffes führte. Sofort stürmte sie los, rannte die steile Treppe hinunter, stolperte auf den letzten über ihre eigenen Füße und legte sich erst einmal der Länge nach hin. „Hey, Sakura. Bist du in Ordnung?“ Eilig waren einige der Männer, welche hier unten für Ordnung sorgten, herangeeilt halfen dem Mädchen auf. Eine Hand auf das leicht eingedellte Gesicht haltend und Tränen in den Augen, nickte sie. „Na, na, na, mein kleines Juwel. Du weißt doch, dass man die Treppe nicht hinunter rennen sollte.“, lachte eine Stimme und Sakura erkannte sie. Niemand außer ihr Käpt’n würde sie hier jemals ‚Juwel‘ nennen. Und als sie ihren Kopf zur Seite drehte, erkannte sie ihn. Breit grinsend mit einem Verband um den Kopf und verbundenen Händen. Doch er lebte. Und dann fand Sakura Kinomoto ihre Stimme wieder: „Fye D. Flourite, du bist der schlimmste und schlechteste Kapitän der Welt!“ Tränen liefen ihr übers Gesicht und am liebste würde sie ihm eine Schlagen, doch sie konnte nichts anderes als auf diesen Boden zu hocken und weinen. Ihr war alles egal. Sie wollte nicht einmal wissen, was genau passiert war, nachdem sie gegangen sind. Sie war einfach nur erleichtert. Erleichtert und froh, dass es dem blonden Mann gut ging. Das Grinsen auf Fye’s Gesicht wurde schmaler und liebevoller, als er die junge Dame vor sich sitzen sah, mit Tränennassem Gesicht und einer rötlichen Nase. „Geht wieder an eure Arbeit.“, meinte er leise und die Männer um ihm herum gingen. „Bitte hör auf zu Weinen, Sakura.“, meinte der blonde Mann und hockte sich ebenfalls auf das Holz neben das brünette Mädchen, „Du als mein erster Maat musst dich doch immer Würdevoll und Stolz geben. Eine Stärke ausstrahlen, wenn die Männer verzweifelt sind.“ Sachte legte er einen Arm um ihre zitternden Schultern. „Außerdem gefällst du mir lachend besser.“ Immer noch lächelnd betrachtete er, wie Sakura sich trotzig über die Augen wischte und genauso trotzig geradeaus starrte. Oh weia, da war jemand sauer auf ihm. „Ne, Sakura-chan! Was hältst du davon, wenn wir heute Abend feiern.“, sprach er sie noch einmal, nun etwas alberner, an. Daraufhin sah diese ihn verwundert an. Er wollte nicht, dass sich Sakura Gedanken machte, was passiert war oder was alles hätte passieren können. Und das sie ihm böse war. Es reichte, dass er wusste, wie knapp es dieses Mal um sie stand. Langsam rappelte er sich auf, darauf bedacht, seine Hände nicht zu sehr zu belasten. „Und dann werden wir unseren Plan in die Tat umsetzen!“ Sakura sah in die blauen Augen des Mannes vor ihr, welche nur schwer im leichten Schein der Laternen zu sehen war. Sie verstand ihn nicht. Sie wollte ihn nicht verstehen, aber ihm vertrauen. Er hatte sie gerettet, sie alle. Und sie wusste, dass, egal was sein würde, er seine Mannschaft immer rettet. Und er würde sein Leben aufs Spiel setzen. ‚Immerhin sind wir Piraten. Ein Piratenleben lauert voller Abenteuer und Gefahren.‘ Ihre verweinten Augen brannten und sie fühlte sich müde, dennoch bildete sich ein zaghaftes Lächeln auf ihr – wie Fye fand – engelsgleichem Gesicht. Genauso zaghaft griff sie nach dem ihr da gebotenen Arm und ließ sich hochziehen. Ja, sie würden feiern. Feiern wie es nur Piraten konnten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Übersetzung Mann der Vögel = Vir aves (lat.) Frau der Vögel = Uxor aves (lat.) Diese habe ich mir selber ausgedacht. Pooka (oder aber auch Púca) kommen aus der keltischen Mythologie.^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Geschafft! In 5 Teilen hochgeladen und nach ewiger Zeit. Aber es ist vollbracht!^^ Ich möchte mich schon mal entschuldigen, solltet Ihr enttäuscht sein. Aber ich finde, ich habe mir Mühe gegeben und ich hoffe einfach, dass Ihr mir verzeiht. LG, Hikari-Tenten Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)