Im Regen stehen von Sunrisepainter (Daiyako) ================================================================================ Kapitel 1: Im Regen stehen -------------------------- Im Regen stehen Zuerst fielen nur einzelne Regentropfen. Bald wurde daraus ein feiner Nieselregen und am Ende fühlte es sich an, als würde sie direkt unter einem Wasserfall stehen. Aber sie kümmerte sich nicht darum. Sie stand nur da und starrte. Auf die Stelle, an der er nur wenige Minuten zuvor noch gestanden hatte. Als er ihr sagte, dass es vorbei war. Es hatte angefangen zu regnen, als er sagte, er würde sie verlassen. Und dann war er gegangen und ihre Welt wie ein Spiegel zersprungen. Niemand war da, um die Splitter ihres gebrochenen Herzens aufzusammeln. Niemand, dem sie vertrauen konnte. Niemand. Nur der Regen und sie. Obwohl ihr Tag nicht besser hätte anfangen können. Es schien als würde es ein sonniger Tag werden und sie war aufgeregt, weil sie sich mit ihrem Freund Ken Ichijouji treffen wollte. Sie waren jetzt seit zwei Jahren zusammen und sie fühlte sich so glücklich wie an dem Tag, an dem sie sich gegenseitig ihre Liebe gestanden hatten. Es war perfekt. Er war perfekt. Mitfühlend, freundlich, intelligent, süß, gutaussehend, sensitiv, talentiert...alles, was sie wollte. Er hatte ihr geschworen sie niemals zu verlassen und sie hatte ihm geglaubt. Obwohl sie manchmal eifersüchtig wurde, wenn er mal wieder von vielen Mädchen bewundert wurde, hatte er ihr immer das Gefühl gegeben etwas besonderes zu sein. Er hat sich für sie interessiert und die Stunden, die sie zusammen verbracht hatten waren wie Tage im Himmel. Heute waren sie in einem noblen Restaurant gewesen. Alles war gut gewesen. Sie redeten. Und lachten. Und umarmten sich. Und küssten. Doch plötzlich wirkte er ein wenig abgelenkt. Als ob ganz woanders gewesen wäre. Als er sie nach Hause brachte, hatte fragte sie ihn behutsam, woran er gerade dachte. Da er angehalten und sie mit einem unlesbaren Gesichtsausdruck angesehen. Sie hatte sich sehr unwohl in diesem Moment gefühlt. Schließlich sagte er ihr, was er über sie dachte. Über ihre Beziehung. Wie er herausgefunden hatte, dass er sie nicht liebte. Das er jemand anderen liebte. Hikari Yagami. Ihre beste Freundin. Doch dass er wusste wie unerreichbar diese für ihn war, weil sie Takeru Takaishi liebte. Allerdings könnte er nicht länger mit Miyako zusammen sein, wenn er immer zu an jemand anderen denken musste, also wollte er ihr nicht länger etwas vormachen. Und dann erzählte er ihr die ganze Wahrheit. Das sie ein nettes Mädchen war, aber ihm manchmal etwas zu nervös und überdreht. Er könnte damit nicht länger umgehen und das ein anderer Junge, der nicht so ruhig wie er selbst war, sie glücklicher machen würde. Am Ende drehte er sich um und ging davon. Zurück ließ er eine verzweifelte Miyako, die sich nicht mehr bewegen konnte. Nun, einige Minuten nach seinen harten Worten, liefen ihr stumme Tränen über die Wangen und fielen genauso lautlos zu Boden. Zusammen mit den Regentropfen. Sie hätte einen See damit füllen können. Vielleicht hatte sie das schon. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Ihr gesamter Körper war taub. Und die Regentropfen fielen weiter auf ihren Kopf. Es kümmerte sie nicht. Es kümmerte sie nicht mal, dass ihr Haar und ihre Kleidung nass wurden. „Hikari“, flüsterte sie den Namen ihrer Freundin als wäre sie ihre größte Widersacherin. Miyako konnte nicht verhindern, dass die Eifersucht in ihr hoch kroch, weil Hikari in vielerlei Hinsicht perfekt war. Sie war das ruhige Mädchen mit großen, braunen Augen und dem Herz am richtigen Fleck. Sie war nichts im Vergleich zu ihr selbst. Jeder Junge war verrückt nach der süßen Hikari Yagami. Daisuke Motiyama hatte etwas für sie übrig seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Koushiro Izumi konnte nicht aufhören zu stottern, wenn er im selben Raum mit ihr war. Ihr Freund Takeru würde alles für sie tun. Hätte sie ihm gesagt er solle sich von einer Brücke stürzen (was sie natürlich nie verlangen würde), dann hätte er es getan, nur um sie glücklich zu machen. Selbst ihr Bruder konnte ihr nicht widersprechen. Und Miyako fühlte sich wie den größten Loser, wenn Hikari neben ihr stand. Sie war etwas größer und im Kontrast zu Hikaris braunen, glatten, perfekten Haaren, sahen ihre eigenen violetten Locken erbärmlich aus. Und die Brille machte alles noch schlimmer. Sie musste es einsehen: Mit einem Mädchen wie Hikari konnte sie niemals mithalten. “Miyako?” Sie zuckte zusammen, als sie hinter sich eine bekannte Stimme ihren Namen sagen hörte. Doch sie bewegte sich nicht. Drehte sich nicht mal, um zu sehen, wer es war. „Warum stehst du hier im Regen? Ist dir nicht kalt? Du könntest dich erkälten.“ Sie wusste jetzt genau, wem diese Stimme gehörte, doch sie war nicht in der Stimmung ihm zu antworten. Sie hoffte, dass, wenn sie nicht reagierte, er sich langweilen und sie alleine lassen würde. Doch unglücklicherweise gehörte er ausgerechnet zu den Hartnäckigen. Auch wenn jemand ihm zeigte wie unerwünscht er war, gab er nicht auf. Er stellte sich vor sie, damit er ihr in die Augen schauen konnte. Er schaute auf sie hinab und sein Lächeln verschwand. „Whoa, Miyako! Was ist passiert? Warum weinst du?“ Plötzlich spürte sie wie sie sich wieder bewegen konnte und wie Wut durch ihre Adern rauschte. „Das geht dich nichts an, Daisuke. Lass mich einfach nur alleine!“ „Aber du siehst aus als ginge es dir nicht gut. Vielleicht kann ich dich aufmuntern“, er lächelte sie warm an. Jetzt war sie verwirrt. Sie und Daisuke hatten sich nie gut verstanden. Immer wenn sie eine Konversation begannen, endete sie meistens in einem Riesenstreit mit Geschrei und zufallenden Türen. Meistens stritten sie sich über dumme und unwichtige Dinge, doch das war nun mal das Fundament ihrer Freundschaft. Nicht in einer Million Jahren hätte Miyako je zugegeben, dass sie es genoss mit ihm zu zanken. Es war hilfreich den Ärger, der sich täglich ansammelte, los zu werden und lustig war es manchmal auch. Danach fühlte sie sich immer viel ruhiger und befreiter. „Warum würdest du mich aufheitern wollen?“ „Weil wir Freunde sind“, meinte er einfach. „Klar, aber hast du vergessen das du mich bei unserem letzten Gespräch als egoistisch, laut und total nervende hysterische Tussi bezeichnet hast?“, blaffte ihn an. „Na ja, du bist eine hysterische Tussi, aber diesmal muss es was ernsthaftes sein. Ansonsten kann ich dich schon hundert Kilometer weit heulen hören“, meinte er. Sie biss sich auf die Unterlippe. Nein, er war die letzte Person mit der sie über ihre Gefühle gerrdet hätte, aber sie konnte sie nicht länger verstecken. „Er hat mir gesagt, dass er mich nicht mehr liebt, sondern jemand anderen. Ich meine, es waren die besten Tage aller Zeiten und dann – bamm! - alles wird anders, nur weil er nicht mehr mit mir zusammen bleiben kann. Nur weil er sie liebt. Das ist nicht fair! Er hätte von Anfang ehrlich sein können, doch stattdessen hat er nur geheuchelt! Kannst du das glauben? Ich fühle mich wie ein kompletter Idiot“, platzte sie heraus und Tränen flossen wieder über ihr Gesicht. Sie schämte sich vor ihm zu heulen, aber sie konnte nicht anders. „Okay, also als erstes: Beruhige dich, Miyako“, sagte Daisuke und legte seine Hände auf ihre Schultern, „nur ein und aus atmen.“ Er schaute ihr direkt in die Augen und für einen Moment war sie beunruhigt. Doch dann wurde sie wirklich ruhiger. Ihre Atmung wurde wieder regelmäßig und schließlich schloss sie die Augen um einmal tief durchzuatmen. „Und jetzt erzähl mir die ganze Geschichte. Ich vermute mal, dass du von Ken gesprochen hast, oder?“ Sie nickte und begann ihm alles zu erzählen. Obwohl sie mit ihm nicht so gut befreundet war, wie mit Iori oder Hikari, fühlte sie sich erleichtert, dass ihr jemand zuhörte. Es war als wäre sie plötzlich nicht mehr alleine mit ihrem Schmerz und das war der Grund, warum sie immer weiter sprach. Als sie zu der Stelle kam, an der Ken ihr seine Gefühle gegenüber Hikari gestanden hatte, hielt sie für einen kurzen Moment inne und blickte ihn an. Daisuke verzog keine Miene. Das verwunderte sie, trotzdem fuhr sie fort. Als sie endete, wirkte er ziemlich nachdenklich. Es herrschte eine angespannte Stille bis er aufsah und seine Hand zurück auf ihre Schulter legte. „Das tut mir Leid, wirklich. Ich hätte nie gedacht, dass Ken so sein könnte. Auch wenn er mein bester Freund ist, hat er dich nicht verdient.“ „Das sagst du bloß so“, murmelte sie und musterte ihre Füße. „Wie kommst du darauf? Habe ich jemals gelogen? Ich meine, was ich sage“, erklärte er, „du bist eine großartige Person, Miyako. Auch wenn wir uns manchmal in die Haare kriegen und so, denke ich, dass du einmalig bist.“ Sie wurde ein wenig rot und lachte nervös: „Du bluffst. Das kannst du nicht ernst meinen.“ „Warum sollte ich dich auf den Arm nehmen? Ich hab dir bereits gesagt, dass ich nicht lüge. Ich meine, vielleicht hast du es nie bemerkt, aber es gibt viele Jungen an unserer Schule, die gerne mit Ken getauscht hätten. Nicht weil er beliebt ist oder das intelligenteste Kind von Tokio. Nein. Nur weil er dich hat....hatte.“ „Nein, du lügst. Du musst Hikari gemeint haben“, widersprach sie. Er lachte leise und schüttelte seinen Kopf. Funkelnde Regentropfen flogen dabei in alle Richtungen. „Ich würde dich nie mit einem Mädchen wie Hikari vergleichen, weil du so was von nicht so wie sie bist.“ Sie machte ein enttäuschtes Gesicht. Sie hatte gewusst, dass er seine Worte nicht ernst meinte. Natürlich war sie nicht wie Hikari. Und Daisuke wusste das, besser als jeder andere, immerhin mochte er das brünette Mädchen sehr. „Du bist viel besser als sie. Weil du stark und zerbrechlich zugleich bist. Bitter und süß. Intelligent. Lustig. Selbstbewusst. Hübsch. Cool...“, als er aufhörte, brannten ihre Wangen bereits wie Feuer. Das hatte sie nicht erwartet. Und er anscheinend auch nicht, denn auf einmal drehte er ihr den Rücken zu, als hätte er zu viel gesagt. „D-du fin-findest mi-mich hübsch“, stotterte sie. „Also...“, meinte er leise und besah sie mit einem leeren Gesichtsausdruck, „...ja. Wann hast du das letzte mal in den Spiegel geschaut?“ „Ähm....“ „Weil du hübsch bist. Hikari ist bezaubernd, aber du bist wunderschön“, jetzt war er an der Reihe rot anzulaufen. Sie strahlte ihn dankbar an. „Vielen Dank, Dai. Ich fühle mich schon viel besser.“ „Hey, ich hab doch gesagt, dass ich dich aufheitern werde und ganz nebenbei: Seit wann nennst du mich Dai?“ „Äh, wenn dir das nicht gefällt, dann-“, doch er unterbrach sie. „Schon okay, wenn ich dich dafür Miya nennen darf“, er zwinkerte. „Sicher“, sie zuckte mit den Achseln. Sie lächelten und verloren sich in den Augen des anderen. Als Daisuke das bemerkte, räusperte er sich. „Ich glaube, es regnet noch...“ „Hups, das habe ich völlig vergessen“, meinte sie zu ihm und fuhr sich mit einer Hand durch ihr nasses Haar. „Denkst du nicht es wäre cleverer irgendwo hin zu gehen, wo es trocken ist? Was hältst du davon, wenn ich dich zu einem warmen Kakao einlade? Hier um die Ecke gibt es kleines Café.“ „Klingt gut“, sie lächelte ihn an. „Also los“, ohne groß darüber nachzudenken, was er tat, nahm er ihre Hand und führte sie um eine Ecke herum. Miyako schaute hinunter zu ihren Händen. Ab und zu war Daisuke gar nicht so idiotisch und niveaulos wie sie immer geglaubt hatte. Immerhin fühlte sie sich durch ihn schon viel besser. Sie verschwendete nicht einen Gedanken an Ken, Hikari oder gebrochene Herzen. Es gab nur sie, Daisuke und eine Million Regentropfen. Vielleicht war es nicht so schlimm im Regen zu stehen, solange jemand da ist, der neben dir steht. -Owari- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)