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Bitterschokolade

~KaRe~
von

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Zucker

Hallo, meine Lieben Leser oder solche, die es werden wollen ;)

Dies ist meine erste Beyblade-Fanfiction, sie ist, wie so oft bei mir, Shônen-Ai, ich schreibe es noch einmal hier rein, um die rechtzeitig zu warnen, die mit dieser Gattung wenig anfangen können.

Mir gehört keiner der Jungs, Voltaire zum Glück auch nicht, lediglich Kais bezaubernde Familie entspringt meiner Fantasie.

Viel Spaß beim Lesen *_*
 

-„He, Binka, reich mir doch bitte mal die Marmelade, ja?“, Yuki Hiwatari lächelte seiner ältesten Tochter liebevoll zu.

Er war ein großer, schlanker Mann, etwa in seinen Mitt-vierzigern mit einer seltsamen Art und Weise, seinen Kopf nach hinten zu werfen, wenn er lachte.

Binka Hiwatari, die ihm jetzt, breit grinsend, die Himbeermarmelade reichte, war ebenfalls groß, nicht gänzlich schlank (sie hatte eine Initiative gegen magersüchtige Models gegründet und half den Mädchen, wenn sie zwecks dreihundert Gramm zu viel auf der Straße landete) und hatte absolut gewinnend blitzende dunkelbraune Augen.

Die beiden waren von einer ruhig essenden Familie umgeben, die aus seiner Frau, Gallina, noch zwei Töchtern, Aimi und Reika, und einem Sohn, Kai, bestand.

Kai, der einzige Junge und kleinste von allen, saß ruhig an seinem Platz und kaute versonnen lächelnd auf einem Butterbrot herum.

Er war schon seit ein paar Monaten wieder bei seiner Familie in Danzig, in Polen zwar, aber sein Vater hatte einen neuen Job dort gefunden. Außerdem war es allen wohler, wenn sie vom Vater ihrer Mutter möglichst weit weg war.

Kai räusperte sich, seit er aus Japan zurück war, hatte er ständig Halsschmerzen (musste wohl am ungewohnten Klima liegen, die Ostsee war wirklich etwas anderes als die städtische Fritteuse, die Tokio ihm bot) und griff nach seinem Glas.

Seit er wieder zuhause (und diesmal wirklich zuhause) war, trank er gern Milch. Er hasste es eigentlich, aber hier schmeckte alles irgendwie besser.

„Kai, stimmt was nicht?“, Aimi lächelte ihn an und legte den Kopf schief.

Wie er hatte sie die bläulich-grauen Haare ihrer Mutter geerbt.

„Schon gut, schon gut… nur wieder die Halsschmerzen.“

Seine Mutter sah ihn streng an.

„Ich dachte, wir hätten das geklärt…“

„Nein, was?“

„Dass du dich ein bisschen besser anziehst. Du bist hier nicht in Tokio, wo es eh nie kalt ist. Dieses Hemdchen, das du da trägst, ist nichts für hier. Schon gar nicht im Oktober.“

Kai sah an sich herunter.

Er trug ein langärmeliges Hemd und ganz normale Jeans. Eigentlich sogar sehr dick für seine Verhältnisse.

„Ich hab dir Unterhemden und Pullover besorgt.“, meinte seine Mutter nur noch und biss dann wieder genüsslich in ihr mit Räucherlachs und Camenbert belegtes Brot.

„Maaaaama… ich HASSE Unterhemden…“, murrte ihr Sohn und sah sie trotzig an.

„Wenn du nicht in zwei Wochen ins Krankenhaus willst, weil du sie so sehr hasst, würd’ ich dir empfehlen, sie anzuziehen. Ich hätte mich viel früher dafür einsetzen sollen, dass du aus den Schmierfingern deines Großvaters kommst. Dieser Vollidiot hat dich absolut verzogen, junger Mann.“

Sein Vater sah betreten auf sein Brot.

Binka tat es ihm gleich.

Sie drei erinnerten sich noch daran, dass Kai mit einem Jahr zu seinem Großvater, Voltaire Duwakow, in eine Abtei in Moskau geschleppt worden war.

-Sein Großvater hatte Jahre darauf gehofft, dass seine einzige Tochter ihm einen Sohn schenken würde.

Nur war dieser großväterliche Eifer keinesfalls von der Liebe zu seinem Enkel oder von Stolz geprägt, viel mehr trieb ihn die pure Machtgier dazu, den Säugling verschleppen zu lassen.

Zehn Jahre hatten Gallina und Yuki nicht gewusst, wo ihr Sohn war, ob er noch lebte, unter welchen Umständen und überhaupt, wie er aussah, wie er war…

Kai hatte, sich natürlich an nichts erinnernd, immer geglaubt, dass seine Eltern ein Paar ziemliche Schweinehunde waren und ihn einfach irgendwo ausgesetzt hatten und Voltaire sich, wie großzügig und edelmütig von ihm, seiner angenommen hatte.

Andererseits interessierte es den Jungen auch nicht groß, was aus den beiden Individuen geworden war, die ihn in die Welt gesetzt hatten, er hatte besseres zu tun: der beste Beyblader der Welt zu werden.

-Mittlerweile wusste er, dass dieses Bestreben vollkommener Blödsinn gewesen und vor allem per Gehirnwäsche hervorgerufen worden war.

Durch Zufall hatte er von seiner Mutter erfahren, Voltaire hatte sich bei einem Gespräch mit ihm verplappert und Kai, dem die Kreisel ein wenig lang geworden waren (präpubertäre Ausbrüche, Äußerlichkeitsdepressionen, von Pickeln hervorgerufene Weinkrämpfe… er hatte andere Probleme gehabt, als einen blöden Kreisel), hatte begonnen, nachzuforschen.

Seine Mama, Gallina, war eine hübsche Frau mit der gleichen seltsamen Haarfarbe wie er selbst und strahlend grünen Augen, sie arbeitete, das fand er ebenfalls heraus, in einer Kinderklinik als Hebamme.

Sein Vater, Yuki, war gleichsam attraktiv, sehr sehr groß (was Kai offensichtlich nicht von ihm geerbt hatte, er war klein und schmächtig) und, so stand es in den Akten, die er sich auf möglichst illegale Weise beschafft hatte, war ein sehr angesehener Architekt.

Sie wohnten in Jekaterinburg, in einem großen Haus mit wundervollem Ausblick und, Kai weinte, als er das las, hatte drei Schwestern.

Er hätte sie so gern kennen gelernt, Geschwister waren etwas, worüber er öfter las, aber selbst nicht kannte.

Hier in der Abtei mochte er eigentlich niemanden. Gut, da war Tala, der ihm recht ähnlich war, ein wenig still und sehr ambitioniert, was den Sport anging, aber er war eben doch anders als er.

Groß, beliebt und vor allem redegewandt.
 

Wenn er so zurückdachte, daran, dass er einfach versucht hatte, abzuhauen, wurde ihm ganz schlecht vor Scham.

-So stümperhaft.

Aber irgendwann hatte er es geschafft, er hatte sich zwar nicht getraut, bei seinen Eltern zuflucht zu suchen, doch sein Vater, mit dem er einen regen Briefkontakt hielt, hatte ihm die Adresse seiner Schwester Tomoko gegeben, in Japan.

Kai war dorthin gezogen, in der Hoffnung, Biovolt würde ihn nicht finden.

Nachdem er auch von Tante Tomoko (einer liebenswürdigen, aber kranken Frau) hatte Abschied nehmen müssen, weil sein Großvater, diese alte Kakerlake, ihn wieder aufgespürt hatte.

Danach hatte er eine kleine Wohnung unter falschem Namen angemietet und sich bei der BBA als Spieler eingetragen.
 

„Kai, hast du noch Hunger?“

Er lächelte.

„Ja, natürlich.“

Binka lachte laut auf.

„Endlich isst der Junge mal was, ich dachte schon, er ist so wie du, Papa.“

Sein Vater hob eine Augenbraue.

„Du würdest auch essen, wenn du sechzehn Jahre lang nichts von deiner Mutter gemachtes bekommen hättest.“

Kai grinste.

„Na ja, das Abteiessen ist jetzt nicht gerade mit Salmonellen verseucht gewesen und Tante Tomoko kocht auch ganz ausgezeichnet, aber ich hab drei Jahre lang allein gelebt.“

„Und so wie ich dich einschätze, Kai, hast du dich drei Jahre von Karotten und Ramen aus der Dose ernährt.“

„Na ja, ich mag auch gern Bananen und Äpfel, aber ja, das war’s im Prinzip.“

„Also musst du jetzt was vernünftiges essen, damit du Farbe bekommst, du siehst aus, als ob man dich sechzehn Jahre im Keller eingesperrt hätte…“

Es klingelte.

„Gehst du, Aimi?“

Doch Kai war schon aufgesprungen und hatte die Küche verlassen.

Aimi zuckte die Schultern und wandte sich wieder dem überaus zarten Räucherlachs zu.

Gallina hingegen spitzte breit lächelnd die Ohren.
 

„Hey, ich… Ich hätte nicht gedacht, dass du… ich bin…“

„Das ist das erste Mal, dass du keinen ganzen Satz sagst, der nicht mit einer bösartigen Bemerkung gespickt ist.“

„Ich… ich bin irgendwie… total froh, dich zu sehen, alter Junge… komm doch rein.“

Gallina hob eine Augenbraue.

„Wer ist das?“

Yuki zuckte die Schultern.

„Kai scheint ihn zu kennen… Hey, Kai, soll ich noch einen Teller holen?“

Der Junge, der seinem Sohn folgte, war offensichtlich Asiate.

Chinese, so vermutete er, er trug recht traditionelle Kleidung.

„Guten Abend“, sagte der Junge schüchtern und verbeugte sich.

„Mama, Papa, Bin, Ai und Reiki, das ist ein sehr guter Freund von mir, das hier ist Ray Kon.“

„Ah, Ray!“, Aimi sprang auf und stolperte über Nana, den großen Golden Retriever-Mischling, der müde brummend auf dem Boden lag.

„Ich glaube, sie mag dich…“, kicherte Kai, der wirklich amüsiert darüber war, wie anhänglich seine kleine Schwester auf einmal war.

„Ich wusste gar nicht, dass du noch Geschwister hast…“

„Möchtest du noch etwas essen, Ray?“, fragte Kais Mutter und Ray war ehrlich erstaunt, wie herzlich die Familie seines alten Kollegen war.

-Immerhin hatte Kai diese Warmherzigkeit nicht gerade auf die Stirn geschrieben.

„Oh… ja, gern, es war doch eine recht lange Reise von Peking hier her… Du wohnst wirklich am Arsch der Welt…Verzeihung.“, Ray war ein bisschen rot um die Nase geworden.

„Na ja, du musst ja gerade was vom Arsch der Welt sagen… einer, der aus der tiefsten Einöde Zentralchinas kommt…“

„Kai, du bist einfach… egal, ich glaube, ich kann diesem Festessen an Dinner einfach nicht widerstehen.“

Kai setzte sich neben seinen alten Teamkollegen und sah ihm aufmerksam zu, wie er Butter auf sein Brot schmierte, eine Scheibe Schinken und eine Scheibe Käse darauf legte und genüsslich hereinbiss.

„Ray, seit wann hast du eigentlich nichts mehr gegessen?“

„Bevor ich losgeflogen bin, hab ich noch mal eine halbe Schachtel Kekse vernichtet…“

„Das war vor…“, Kai rechnete schnell zurück, „zehn Stunden, bist du verrückt? –Iss!“
 

„Warum bist du hier?“, mittlerweile saßen sie in Kais Zimmer, das zwar noch etwas leer war, aber Kai gab sich Mühe. Ein paar Bilder, eines seiner Eltern, eines von Tala und den Demolition Boys, eines, auf dem er selbst mit Kai in einem Fotoautomaten herumgealbert hatte, eines auf dem Kai mit seinen Schwestern spielte…

Der junge Russe schlug die Beine übereinander und sah Ray an, der es sich auf seinem Sofa bequem gemacht hatte.

„Ich weiß nicht. Ich… ich wollte einfach sehen, dass es dir gut geht und dass du immer noch der Alte bist.“

Kai hob spöttisch seine Augenbrauen.

„Bin ich das noch? –Ich hab da so meine Zweifel.“

„Ja, ich auch, wenn ich ehrlich bin. Aber ich glaub, ich mag, was ich seh. Deine Familie tut dir gut.“

Kai nickte.

Er fühlte sich auch gut.

Besonders gut, seit Ray hier war. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass Ray sah, was für eine wundervolle Familie sich um ihn scharte.

Und vor allem war er seltsam froh, den Chinesen einmal wieder zu sehen.

„Was möchtest du machen? –Ich wüsste da eine Disco in der Stadt.“

Ray sah ihn verdutzt an. Kai Hiwatari in einer Disco?

-Das war komisch.

„Wenn… wenn du magst…“

„Ich frag’ dich, ob du hinwillst.“, ein Hauch des alten Kai blitzte durch die dunkelbraunen Augen.

„Ja, ja! Gern.“

„Gut, dann würde ich sagen, bedarf es eines gewissen… Umstylings.“

Damit erhob er sich in all seiner ihm eigenen Eleganz und wandte sich seinem Kleiderschrank zu.

„Hier in Danzig haben wir ein großes Problem, mit dem wir beide genau jetzt kollidieren werden. Du hast kaum geeignete Klamotten für nach draußen dabei… aber ich vermute, ich hab noch einen zweiten Wintermantel hier… Moment“, er verschwand fast gänzlich in dem massiven Holzschrank, nur um mit einem alten Parka wieder aufzutauchen.

„Ich zieh den an, nimm du meinen normalen Mantel.“, meinte der Junge quietschvergnügt und deutete an die Tür, wo Ray einen langen, dunkelgrauen Mantel sah, der ordentlich aufgehängt und entfusselt war.

„Keine Pelzkrägen in Russland?“, grinste Ray und nahm sich den Mantel vom Kleiderbügel.

„Wir sind in Polen, du Genie.“

„Oh…“, Ray wurde rot.

Und während Ray noch den Mantel betrachtete, hatte Kai bereits zwei frische Hemden aus seinem Schrank gezaubert und legte noch eine gebügelte Jeans obenauf.

„Ich denke mal, dass du wie immer mit zwei Shirts, zwei Hosen, Schlafanzug und Zahnbürste gereist bist?“

„Wie immer genauestens informiert, Sherlock.“
 

„Kai, hast du deine Hausaufgaben gemacht?“, hielt seine Mutter ihn und Ray auf, als sie gerade die Tür aufreißen wollten.

„Ja, Mum…“, meinte Kai liebevoll und küsste seine Mutter auf die Wange.

Trotz dem, dass sie beide russisch sprachen (was, wie Ray feststellte, eine wundervoll fließende und warme Sprache war), fühlte er, wie es ihm wirklich warm ums Herz wurde.

Insgeheim jedoch wünschte er, Kai hätte ihn auf die Wange geküsst, statt seiner Mutter…
 

„Wohnt hier in der Gegend nicht auch Tala?“

Kai nickte.

„Ja… sogar sehr nah in der Gegend. Wir gehen zusammen in die Schule. Ist ganz praktisch, seine Mutter ist Polin, das heißt, er kann die Sprache. Ich bin eine absolute Null, wenn es um Sprachen geht. Ich bin froh, Japanisch und Englisch zu deichseln.“

Ray grinste und war sich sicher, dass Kai log. Sein Japanisch war akzentfrei und sein Englisch trug diese feine Note, die ihn als einen Liebhaber des Britischen Englischs auswies.

„Aber ich hab genug geredet, du hast mir noch nicht erzählt, wie es dir so geht.“

Ray sah zu Boden.

„Na ja, ich wohne nach wie vor in Peking. Alleine, das mit Mariah hat nicht so gehalten, wie ich’s gern gehabt hätte“ ‚LÜGNER!’ schalt er sich selbst, „und so kellnere ich immer noch. Aber ich hab mittlerweile wieder mit der Schule angefangen.

Muss meinen Abschluss nachholen, ich will studieren.“

Kai wuschelte sich durch die sorgfältig hergerichteten Haare- es sah einfach entzückend aus.

„Studieren… das klingt wirklich gut. Ich hab absolut keinen Plan, was ich mal machen werd’, wenn ich fertig mit der Schule bin. Vielleicht studier ich Geschichte. Oder mach ne Ausbildung zum Logopäden.“

„Logopäde? –Du, Kai?“

„Ja… ist ein schöner Beruf.“

Kai war so weich auf einmal… Ray ließ es innerlich gegen die Decke und darüber hinaus schweben. Er war so wundervoll und süß.

„Da ist es. Das Arabesque.“

Es war... anders, als Ray es sich vorgestellt hatte.

Er kannte Discos eher als große, sehr geräumige Bauten, sehr modern, sehr kühl und von innen aufwändig eingerichtet.

Das Arabesque war hingegen klein und eher... nicht direkt schäbig, aber ein bisschen armselig gegen die Großraumdiscos von Peking.

„Ein bisschen anders, als zuhause, nicht?“, Kai grinste ihn schief an.

„Ein bisschen, ja.“

Sein Freund nahm ihn bei der Hand und zog ihn auf den Eingang zu.

Der Türsteher sagte etwas zu Kai und der antwortete langsam und offensichtlich nach Worten suchend, bezahlte mit ein paar ihm fremden Scheinen und kassierte vier Papierzettelchen.

„Was hast du gesagt?“, fragte Ray neugierig, doch Kai bedeutete ihm zu schweigen.

„Gib mir deinen Ausweis.“

Ray kramte in seinem Geldbeutel und gab ihm seinen Pass.

Wieder war da ein Kerl, ein stämmiger, mit dem weder er noch Kai es vermutlich aufnehmen konnten.

Wieder langsames Polnisch (was wieder anders klang, wie Ray auffiel, weniger weich, ein bisschen quengelig und aggressiver) von Kai.

Sie liefen weiter, allerdings ohne Pass.

„Kai... was passiert da?“

„Nichts, du Angsthase. Sie haben unsere Pässe, dass wir um zwölf wieder herauskommen. Beziehungsweise, damit die Polizei weiß, wen sie suchen muss, wenn sie nach zwölf kontrolliert.“

Ray atmete durch.

„Hier ist alles ein bisschen anders.“

Kai nickte, er lächelte jedoch nicht.

„Komm, Ray... Ich führ dich mal rum.“

Ray folgte ihm und die Einzige Möglichkeit, mit ihm Schritt zu halten und ihn nicht zu verlieren, war, tausende von Leuten umzurennen und genauestens auf seinen Schal, der wie eh und je hinter ihm herschwang, zu achten.

„Kai!“, rief er, er fühlte sich vollkommen verloren, in dieser Kaschemme.

Die Musik war fremd, alles in dieser komischen Sprache, alle um ihn herum sprachen sie, er wollte wieder diese weiche Frequenz hören, die nur Kai hatte.

„KAI! Hilfe!“, er wusste, dass man sich nach ihm herumdrehte.

Ein paar Mädchen kicherten.

Sie waren alle so grotesk. Große, widernatürlich geschminkte Augen starrten ihn an und glitzernde, glänzende Kleider knisterten in seinen Ohren.

Das hier musste die Hölle sein.

Wo war Kai? -Er musste sich verlaufen haben, er stand in einer Ecke, dicker Zigarettenrauch vernebelte ihm die Sicht und er prallte rückwärts gegen einen Zigarettenautomaten.

Um ihn herum standen etwa zehn junge Polen, alle ein Glas mit offensichtlich alkoholischem Inhalt.

„czego tu chcesz?[1]“, fragte ihn einer der Kerle und Ray sah ihn vollkommenverängstigt an.

„Do... Do you s-speak English?“, fragte er hoffnungslos.

Der Pole lachte.

„O'Course.“, er hatte kaum Akzent, „What do you want over here? D'ya smoke?“

„No! no.“, Ray hatte beinah probleme mit seinem guten Englisch.

„Where d'ya come from, dude? You're not from over here, are ye?“

„No, he's not. Butt out!“

Kai.

Ray seufzte erleichtert, beim Klang von Kais Stimme.

Er war da und er war gerade im Moment der alte Kai.

„Piss of, jerk!“, raunte einer der anderen sehr betrunken.

„Hey, lad, leave him be.“

Kai packte Ray wieder bei der Hand, diesmal lächelte er jedoch nicht.

Er zerrte ihn durch dunkle Gänge und durch einen dunklen Raum, bis sie endlich auf einer Tanzfläche standen.

„Ich hätte dich die ganze Zeit bei mir behalten sollen, tut mir Leid, Ray.“, Kai sah zu Boden.

„Der Schuppen ist eher... Russisch. Von seiner Handhabung her. Du solltest am besten niemandem auch nur in die Augen schauen. Ich bereue es fast, dir vorgeschlagen zu haben, hierherzukommen...“

„Red keinen Quatsch. Ich bin offen für neues, und das hier ist sehr neu.“

Kai lächelte wieder, wenn auch schwach.

Ray nahm ihn wieder bei den Händen. Es war so... richtig, ihn anzufassen, ihn zu führen und ihn zu fühlen. Seine Hände waren ein wenig rau, aber wunderschön.

„Du nimmst mich immer bei den Händen... das ist... auffällig.“

Sofort ließ Ray ihn los.

„Entschuldige.“
 

Kai lächelte. Ray war so... wahnsinnig schüchtern auf einmal.

Vielleicht war er auch einfach nur noch ein wenig überfordert mit dem, was er sah.

Persönlich fand er es nicht schlimm, wenn der Junge ihn bei den Händen nahm, er empfand es als wundervolle Geste, als ein kleines Geschenk.Ray war ganz anders, als damals, als sie sich kennen gelernt hatten.

Aber vermutlich hätte man ihn ziemlich blöd von der Seite angemacht. Und Kai, der zwar abschätzen konnte, wie das ausfallen würde, wusste nicht, wie Ray reagierte.

Es tat ihm regelrecht leid, dass Ray ihn sofort losließ.

„Lass uns tanzen.“, lenkte Kai ein und bedeutete dem jungen Chinesen, ihm zu folgen.

Ray ließ sich das nur allzu gern gefallen und in seiner katzenhaften Art betrat er die bereits sehr volle Tanzfläche.

Der Chinese konnte tanzen. Er bewegte sich elegant und doch war jeder seiner Schritte kraftvoll und klar definiert.

Kai hatte große Lust, sich an den Rand zu setzen und Ray zuzuschauen, wie er sich im Takt gleiten ließ, mit seinen magisch weichen Händen die Luft zum Beben brachte...

Er wusste, es war unmöglich, es war nicht recht und es war gegen alle Regeln, aber er mochte Ray, er liebte ihn, er betete ihn geradezu an, wie er auf dieser Tanzfläche schwebte, wie er ihn dabei ansah, wie er ihn aufforderte, zu tanzen...

So versunken war er in seine Gedanken, dass er nicht merkte, wie nah ihm Ray gekommen war.

Es war gefährlich, ihm in die Augen zu schauen. Diese Augen, goldgelb, bernsteingolden, Honigweich, sie fraßen ihn auf, sie nahmen ihn vollkommen ein.

„Kai... Kai... schau mich an, Kai.“, raunte der Chinese und fasste Kai plötzlich wieder bei den Händen, zog ihn nah zu sich heran.

Der Russe wusste kaum, wie ihm geschah.
 

„Kai... Kai... schau mich an, mein Freund... mein Lieber...“, Ray sagte seinen Namen immer wieder, er hatte einen plötzlichen Mut gefasst.

Es war so lange schon unterdrückt worden, diese Liebe, diese Sehnsucht, dieses widerwärtige Verlangen, so man es so bezeichnen wollte.

Und Kai sah ihn an. Seine dunkelbraunen Augen blickten direkt in seine eigenen.

Kai starrte ihn regelrecht an, mit seinen dunklen, schönen Augen.

Um sie herum stand die Welt still und trotzdem, dass sich um sie herum noch immer Menschen tanzten, sich betranken, einander überfielen, einander küssten, einander stritten.

„Oh Kai... ich bin nicht gekommen, dich nur zu besuchen, ich bin gekommen, dich noch einmal zu sehen, dich zu spüren und“, er stockte, er biss sich auf die Lippen, „dir zu sagen, dass ich dich sehr sehr gern habe. Ich... ich liebe dich, Kai...“
 

Kai war perplex, er schwebte und er lachte und weinte gleichzeitig.

Es war so egal, was um sie beide geschah. Es war alles egal, er hatte ihn, er hatte Ray, er hatte alles Glück der Welt und alle Liebe dieses Menschen.

Es war keineswegs die klassische Geschichte vom Verlieben und lange bangen, nein, es war die Geschichte ums Erkennen, um die wundervolle Gewissheit, er liebte ihn.

Kai schloss die Augen, die Musik, der Bass dröhne ihm in der Brust, war ein Verstärker seines Herzschlages und kräftiger denn je.

Es war so einmalig, es war so kraftvoll, es war neu und es war sein.

„Ray... Ray...“, er sah auf.

Und ehe er erwidern konnte, ehe er aussprechen konnte, was er fühlte, spürte er die federleichten Küsse seines Gegenübers auf seinen Lippen.

Federleicht.

Leichter und doch intensiver als alles, was er bis dahin gespürt hatte.

Federleicht und dunkel schmelzend wie flüssige Schokolade.

Süß und schwer, wie ein altes, wertvolles Parfum, das dezent den zarten Körper einer schönen Frau schmückte.

Milchig-weiß und überschäumend, wie die heißen Quellen, wie das Blut in seinen Adern.

Stumm und bunt, wie die Schmetterlinge draußen im Garten von Versailles.

Paillettenbesetzt und pudrig duftend wie die Edeldamen, die im Garten spazierten.

Alles in einem Kuss, und Kais Herz, sein Kopf, sein Magen, seine Beine, seine Arme und sein Mund fuhren Achterbahn. Sie tanzten Menuett mit den Prinzessinnen im Garten. Sie aßen die beste Schokolade der Welt, sie entspannten sich in den heißen Quellen, sie rochen das alte Parfum am jungen Körper dieses Mannes, sie waren überall und Kai war eins mit ihnen.
 

Der Kuss, denn mit jeder Sekunde wurde er verlangender, verschlingender und tiefer, bis...

„co to ma znaczyć?“[2], fragte eine raue Stimme hinter Kai.

Ray ließ sofort los.

„D-Do you....“

Kai unterbrach ihn.

„What do you want from us?“

Der Kerl sagte nichts, aber das musste er auch gar nicht. Kai kannte ihn.
 

So, und jetzt, für die Verwirrten unter euch (ich kann kein Polnisch, aber wozu gibt's Internet? ;P) eine Übersetzung der fremdsprachlichen Teile:
 

[1]

„Was willst du?“, fragte ihn einer der Kerle und Ray sah ihn vollkommenverängstigt an.

„Spr-sprichst d-du Englisch?“, fragte er hoffnungslos.

Der Pole lachte.

„Natürlich.“, er hatte kaum Akzent, „Was treibsten hier? Rauchst du?“

„Nein! Nein.“, Ray hatte beinah Probleme mit seinem guten Englisch.

„Wo kommsten her, Junge? Von hier ja wohl bestimmt nicht.“

„Nein, tut er auch nicht und jetzt verzieh dich!“

Kai.

Ray seufzte erleichtert, beim Klang von Kais Stimme.

Er war da und er war gerade im Moment der alte Kai.

„Verpiss dich, Vollidiot!“, raunte einer der anderen sehr betrunken.

„Hey, lass gut sein.“
 

[2]

„Was soll das?“, fragte eine raue Stimme hinter Kai.

Ray ließ sofort los.

„Sprichst....“

Kai unterbrach ihn.

„Was willst du?“
 

Ich hoffe, ihr hattet Spaß und bis zum nächsten Kappi,

Euer Marmorkuchen =^.^=

1.2: Pflücken

So, das hier ist ne Art Übergangskapitel, weil ich… keine Ahnung. Lust drauf hatte, vielleicht ;D

Es ist schlimm Kitschig, das weiß ich, aber ich halte Kai für einen sehr netten, romantischen Menschen *Optimistenfähnchen schwenk* -(Stimme aus dem Off [Kai]: Du bist einfach nur naiiiiiiv, du Kerze!)

Ah ja, wie immer, mir gehört nur der belämmerte Türsteher, der Rest… -nicht :D

Und noch mal ah ja: Dankeschön für die tollen Kommentare Devil-AngelxD und Sky-Angel! Ihr seid klasse :**
 

Viel Spaaaaß!
 

Kapitel 1.2: Pflücken
 

Es war der Türsteher von eben.

Und er sah alles andere als wohlwollend auf die beiden Jungs herunter. Ray war sehr beeindruckt von seiner Körperfülle und –größe.

„co to ma znaczyć?“, fragte er noch einmal, seine Stimme klang noch um einiges dunkler und bedrohlicher.

-Wenn Ray gewusst hätte, was der Riese sagte, hätte er auch bestimmen können, ob das mit dem ‚bedrohlicher’ der Wahrheit entsprach oder einfach eine Eigenart der polnischen Sprache war.

Kais Ausdruck nach zu urteilen, hatte Ray instinktiv richtig gelegen.

„Będę kopać się po wprowadzeniu tego ponownie [1]“

Diesmal standen sie beide offensichtlich auf dem Schlauch.

Kai versuchte es mit Russisch:

„Не могли бы вы повторить?“

Der Mann nickte und antwortete in fließendem Russisch:

„Я брошу вам, если вы делаете, что опять.“

Die Antwort war offenbar nicht das, was Kai sich gewünscht hatte, sein Gesicht verzerrte sich und Ray bekam es fast mit der Angst zu tun.

Auf Kais Stirn bildete sich langsam eine tiefe Furche, während er den Türsteher noch immer anstarrte, aus seinen samtbraunen Augen feuerte es Blitze auf den Hünen.

„Идите к черту, сволочь.“, zischte er und kassierte dafür eine schnelle, heftige Kopfnuss.

„Stop it!“, ging Ray nun dazwischen, obwohl er keinen Schimmer hatte, worum es eigentlich ging.

„Ray. Halt dich raus.“, Kai hielt sich die Schläfe und sah ihn von unten herauf an, er war eingeknickt unter der Erschütterung und stützte sich jetzt mit dem einen Arm auf seinem Oberschenkel ab.

„What do you want, little fag?“, fragte ihn der Koloss belustigt.

Ray wurde knallrot und ihm kam der Gedanke, dass sich darum vielleicht auch das Gespräch gedreht hatte.

Ihm wurde schlecht, als er zu Kai sah, der auf einmal leichenblass wurde und zum Ausgang rannte. War der Schlag so hart gewesen?

Der Junge rannte ihm hinterher und sah sich nur noch einmal nach dem Türsteher um, der zufrieden grinste.

-Hatten die hier in Polen eigentlich alle einen Schaden!?
 

„Komm. Ich hab die Ausweise.“, Kais Stimme klang sehr schroff, als Ray endlich den Ausweg nach draußen gefunden hatte.

Ray fror entsetzlich, er war das raue Ostseeklima nicht gewohnt, er fuhr bei jeder Bö von der Küste schwer zusammen und zitterte den ganzen, schweigend verbrachten Heimweg über.

Immer wieder sah Ray zu Kai hinüber, der es offensichtlich vermied, ihn anzusehen.

Hatte er es eben doch nicht so gemeint, wie Ray gedacht hatte?

-War Kai am Ende einfach nur der Playboy, den er gern und oft spielte?

Hatte Ray es nicht selbst oft genug miterlebt, mit welcher Grausamkeit Kai mit Mädchen spielte?

Als sie wieder zuhause bei den Hiwataris waren, setzte Kai sich demonstrativ steif auf das große, cremefarbene Ledersofa im Wohnzimmer.

Ray folgte ihm, ein ums andere Mal zögernd, er wusste nicht, was ihn erwartete, doch er setzte sich mit weniger Abstand, als es die Höflichkeit gebot neben seinen ehemaligen Teamkollegen.

„Kai?“

Der Junge fühlte sich kaum angesprochen.

Außer ihnen beiden schienen alle bereits zu schlafen.

„Kai.“

„Ja?“, kam die kalte Antwort. Da war er wieder. Der Kai, den er kennen gelernt hatte.

Das war nicht mehr der Kai, der vorhin mit schokoladendunklen Augen auf ihn herabgeblickt hatte und ihn in diesen sanften, wundervollen Kuss verwickelt hatte, das war der Kai mit den Laubbraunen, kalten Augen, der einem eher die Kehle aufschlitzte, als zu sagen, was er empfand.

„Was…“, Ray musste sich ein Herz fassen, „Was hat er zu dir gesagt?“

„Warum willst du das wissen?“

„Weil, was immer du ihm geantwortet hast, ihn dazu verleitete, dich zu schlagen. Das… vergiss es.“, er rutschte von ihm weg, zog die Schlappen aus und zog die Knie ans Kinn.
 

„Willst du es wirklich wissen?“

Ray sah langsam und schuldig auf.

„Nur, wenn du nicht mehr so… kalt bist.“

Kai biss sich auf die Lippen. Seit sie die Disco verlassen hatten, war Kai wirklich widerlich zu ihm gewesen. Aber dieser Penner von einem Türsteher hatte ihm auch den Kopf gerade rücken müssen, ihm zeigen müssen, wie dermaßen falsch das war, was er und Ray für einen Moment von Unbeschwertheit geteilt hatten…

Dieses Gefühl von Leichtigkeit war über Kai gekommen, ohne dass es ihn danach verlangt hätte. Er wollte sich nicht von einem Moment auf den nächsten in seinen ehemaligen Teamkollegen verlieben.

-Eigentlich sehnte er sich nach Anerkennung.

Und mit Ray an seiner Seite würde diese Anerkennung schwierig werden.

Obwohl die Leute offiziell zu akzeptieren hatte, wenn zwei Männer einander in der Öffentlichkeit küssten, so konnte er nicht sagen, dass sie dies auch taten.

Kai wollte das Gefühl der Leichtigkeit wiederhaben, er wollte es zurück und nie mehr hergeben, wenn er ehrlich war, doch war er sich nicht sicher, ob er stark genug sein würde, dieses mit Stolz und einem Lächeln in die Welt zu tragen.

„Leicht… Leicht wie ein Vogel will ich sein und so frei wie einer auch…“, murmelte Kai und sah auf seine Hände.
 

„Bitte?“, Ray, der selbstredend von Kais innerem Monolog nichts mitbekommen hatte, sah ihn verwirrt an.

„Äh…“, Kai ordnete seine Gedanken neu, „Der Türsteher hat gemeint, er würde uns herausschmeißen, wenn wir uns noch einmal küssten.“

Ray schluckte.

„Wa-…“

„Warum? –Weil ich es wollte. Ich wollte dich in diesem Moment wie keinen anderen Menschen je zuvor. Ich konnte nicht widerstehen, ich ertrug es kaum, dich nur anzusehen, ich brauchte mehr, ich musste wissen, wie du dich anfühlst, ich…“, Kais Stimme versiegte.

Ray sah wieder auf.

Er beugte sich zu Kai herüber und sah ihm in die Augen.

„Du wolltest es?“

„Mehr als… Mehr als alles andere in der Welt.“

„Liebst…“, Ray musste sehr an sich halten, ruhig zu bleiben, „Liebst du mich?“

Alle Spannung wich aus Kais Körper und auf einmal sah er, der sonst so kraftvoll und unverwundbar schien, aus, als bedürfe es ihm einer Umarmung. Seine Augen schauten abwesend in die andere Richtung.

„Ray… Ray… du bist der schönste Mensch, den ich je gesehen habe, ich hab mich in deinen Bann ziehen lassen und ich fürchte, ich habe keine Chance. Und ich will auch keine mehr.

Dieser Moment, als wir beide auf der Tanzfläche standen, der hat mich für immer verändert. Ich weiß nicht, ob ich dich liebe, ich weiß nicht, wie das wirklich ist, aber alles in mir verlangt, dich zu berühren und dich glücklich zu sehen.“, damit stand er wie von einer inneren Unruhe getrieben auf und ging die Treppen hinauf in sein Zimmer.

Ray blieb unten und starrte in die Dunkelheit.
 

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Nochmal, Übersetzungen (diesmal war’s sogar noch schlimmer und ich kann hier außer für die Englischen Teile für NICHTS (ich wiederhole N.I.C.H.T.S) garantieren^^)
 

„Was soll das?“, fragte er noch einmal, seine Stimme klang noch um einiges dunkler und bedrohlicher.

-Wenn Ray gewusst hätte, was der Riese sagte, hätte er auch bestimmen können, ob das mit dem ‚bedrohlicher’ der Wahrheit entsprach oder einfach eine Eigenart der polnischen Sprache war.

Kais Ausdruck nach zu urteilen, hatte Ray instinktiv richtig gelegen.

„Ich schmeiß euch raus, wenn ihr das noch mal macht“

Diesmal standen sie beide offensichtlich auf dem Schlauch.

Kai versuchte es mit Russisch:

„Könnten Sie das bitte wiederholen?“

Der Mann nickte und antwortete in fließendem Russisch:

„Wenn ihr’s noch mal macht, fliegt ihr raus.“

Die Antwort war offenbar nicht das, was Kai sich gewünscht hatte, sein Gesicht verzerrte sich und Ray bekam es fast mit der Angst zu tun.

Auf Kais Stirn bildete sich langsam eine tiefe Furche, während er den Türsteher noch immer anstarrte, aus seinen samtbraunen Augen feuerte es Blitze auf den Hünen.

„Fahr zur Hölle, Bastard.“, zischte er und kassierte dafür eine schnelle, heftige Kopfnuss.

„Hört auf!“, ging Ray nun dazwischen, obwohl er keinen Schimmer hatte, worum es eigentlich ging.

„Ray. Halt dich raus.“, Kai hielt sich die Schläfe und sah ihn von unten herauf an, er war eingeknickt unter der Erschütterung und stützte sich jetzt mit dem einen Arm auf seinem Oberschenkel ab.

„Was willst du schon, meine kleine Schwuchtel?“, fragte ihn der Koloss belustigt.

Milch

Hallo, meine lieben Leser^^

-Nachdem ich gewisse Leute (jaaah, SyAngel, ich weiß, dass es kurz war) sich über die Kürze des letzten Kapitels mokiert haben: Ich musste das schreiben, ich hatte hiermit schon angefangen und dann gemerkt, mir fehlt etwas dazwischen.

-Also musste ein Zwischenkapitel her.
 

Jetzt wird es spannend... und ein bisschen sehr gemein, das geb ich zu ;)

Aber ich konnte mich voll und ganz entfalten, was Kitsch, Schreibmethoden und Storyfinding angeht. -Herrliches Gefühl :D
 

Ich habe zwei Songs in diesem Kapitel benutzt: 'Undisclosed Desires' von Muse [was einige von euch kennen werden] und 'Sleep Together' von Porcupine Tree.

Diese Songs gehören mir nicht und ich mache hiermit auf die Zitatfunktion aufmerksam. Ich bin Fan beider Bands und möchte mich nicht an ihrem Liedgut profilieren.
 

Hier die Links zu den Liedern, sie sind wundervoll!
 

Muse: http://www.youtube.com/watch?v=bWTuKd2lTo4

Porcupine Tree: http://www.myvideo.de/watch/3420106/Porcupine_Tree_Sleep_Together
 

So und nuuuun, viel Spaß beim Lesen, euer Kuchen^.^
 

// <- Sind Perspektivenwechsel^^
 

„KAI!“, ein Schrei weckte Ray, der auf der Couch einfach eingeschlafen war. Er sah auf.

Reika.

Kais jüngere Schwester stand im Nachthemd da und sah ihn aus verweinten Augen an.

„Wo ist Kai?“, heulte sie.

Ray sah sich um.

Er war wirklich nicht zu sehen. Der Chinese setzte sich auch und sah sich um.

„Ich helf’ dir beim Suchen, ja?“

Sie nickte.

„Aber schnell…“

Ray flitzte, noch immer in der Aufmachung, in welcher er in die Disco gegangen war, nach oben, in Kais Zimmer. Vor drei Jahren hätte er vermutlich nicht den Mumm gehabt, so tief in Kais Privatleben einzudringen, doch seit…seit gestern…

„Kai?“, flüsterte er ins dunkle Zimmer herein.

Niemand war da.

-Weiter.

Er hatte die ungute Vermutung, dass Reika nicht nur wegen des Monsters in der Keksdose so aufgewühlt war.

Das kleine Mädchen mit den schönen seidenweichen Zöpfen zitterte mittlerweile erbärmlich vor Kälte und Panik.

„Reika, was ist denn mit dir? –Du müsstest längst schlafen…“, murmelte eine müde Gallina, die sich die Augen reibend aus dem Schlafzimmer schritt.

Der Junge wurde ein wenig rot um die Nase, es kam nicht so oft vor, dass er die Mutter seines…(er traute sich kaum, das Wort auch nur zu denken) Liebhabers lediglich in knappen Schlafshorts und losem Hemd sah.

„Kai, Kai ist weg, Mama. Und ER war wieder da!“

Instinktiv wusste Ray, wer ER war. Voltaire, Kais Großvater, der ihnen schon immer Probleme gemacht hatte.

Gallina presste sich die Hand auf den Mund, ihre Tränen mühsam kontrollierend.

„Nicht schon wieder…Nicht noch einmal…“

Sie ließ sich in den Sessel fallen und musterte Ray mit ihren großen, unglaublich traurigen Rehaugen.

„Mama?“, Binka, Kais große Schwester, war nun ebenfalls ins Wohnzimmer getreten. Auch sie trug nur einen kurzen Pyjama und ihre Knie zitterten.

In ihrer Hand hielt sie ein weißes Kuvert.

„Das lag auf meinem Schreibtisch. Weiß der Himmel, wer…“

Ihre Mutter sah geradewegs durch sie hindurch.

„Ray.“, Binka reagierte schnell und winkte ihn zu sich.

„Du musst es mir vorlesen, ich kann Kyrillisch von lateinischen Buchstaben keinen Meter unterscheiden.“

Sie nickte nur und begann:

„Er gehört nicht hierher, Gallina, das weißt du. Er ist mein einzig brauchbarer Enkel und damit mein Pfand, dass ich dich und deinen nichtsnutzigen Ehemann zufrieden lasse. –Voltaire.“

„Mama!“, sagte Binka noch einmal, schärfer diesmal, doch die jugendlich wirkende Russin schien auf einmal um ein ganzes Jahrzehnt gealtert.

Als wieder keine Reaktion kam, wandte Kais ältere Schwester wieder dem Brief zu.

„Was bedeutet das nur?“

Ray biss sich auf die Unterlippe.

„Nur, dass er wieder in Russland ist. Und…wir nicht an ihn herankommen.“, murmelte Ray und er spürte, dass sich eine beißende Kälte in seinem Innern ausbreitete.

Er war fort, sein…sein Liebster, seine große Liebe, sein Kai, er war einfach weg.

Wie damals, und wenn er an ‚damals’ dachte, gefror ihm noch immer das Blut in den Adern.

Wie verändert Kai gewesen war.

Wenn er wieder in der Abtei war, würde es auch bedeuten, dass sein Großvater und, man durfte ihn nicht unterschätzen, Boris wieder Einfluss auf ihn ausüben konnten und würden.

Ray spürte, dass ihm die Tränen in den Augen standen.

Er wollte Kai nicht verlieren.

Die Tränen begannen, an seinem Gesicht wie Regentropfen herunterzulaufen, begannen, beinah zärtliche Spuren auf seine Wangen zu malen, begannen, wie zufällig seine Lippen salzig zu küssen und sprangen, nicht ehe sie noch sein Kinn gestreichelt hatten, auf seine von der Sonne gebräunten Hände zu tropfen.

-Er würde ihn suchen gehen.

Er musste es einfach versuchen.

Immerhin wusste er wo Moskau und im Speziellen die Abtei war.
 

Draußen war es kalt und diesmal war Ray um Kais geliehene Jacke froh. Er hatte sich noch einen Schal und Handschuhe geliehen, war in Kais Zimmer gegangen, hatte sich kurz auf das ordentlich gemachte Bett mit der hellgelben, Häkelspitzenbesetzten Bettwäsche niedergelassen und sich umgesehen.

Sein Blick wanderte umher, Kai wohnte erst seit einem halben Jahr hier und doch trug es eindeutig Kais Spuren.

-Kai war chaotischer, als Ray vermutet hatte. Schulhefte, Bücher, Zeitschriften, Zeichnungen, alles stapelte sich ohne Sinn und Verstand auf dem kleinen Schreibtisch.

An der Wand die Fotos, besonders das, auf dem er mit seinen Schwestern Tennis spielte, verzauberte den jungen Chinesen geradezu.

So gelöst hatte er Kai niemals zuvor gesehen.

Kurz hatte er gezögert, als er das Bild von ihnen beiden sah. Doch dann hatte er es hochgenommen, es war in einen sehr kleinen Rahmen gespannt und küsste Kais Lippen sacht.

Dann war es Zeit, zu gehen.

Alle Motivation wich mit einem Schlag aus ihm, er wollte Kai einfach nur zurück.

Er wollte ihn umarmen, ihn küssen, ihn vor all dem, was zu kommen drohte, bewahren.

Ehrlich gesagt, hatte er nicht unbedingt das Bedürfnis, Voltaire entgegenzutreten.

Alles was er wollte, war Kai.
 

// Kai wachte auf und sah sich um. Er lag auf einer Pritsche unter einer schäbigen Decke, um ihn herum eine dreckige Leere. Der Geruch, der aus einer der gegenüberliegenden Ecken zu kommen schien, ließ ihn würgen. Irgendjemand (oder irgendetwas) musste sich vor kurzer Zeit dort erbrochen haben.

„Guten Abend, Kai.“, durchbrach eine metallisch veränderte Stimme die gespenstische Stille, die in der Kaschemme herrschte.

Kai massierte sich die Schläfen. Diese laute, unechte Stimme, die sich mit dem Geruch und der Dunkelheit vermischte, machte Kai halb wahnsinnig vor Schmerz und Ekel.

Der Schlag, den er vor…waren es Stunden, Tage, Wochen?… auf den Kopf bekommen hatte, machte ihm noch zu schaffen.

Die Erinnerung an den Abend waren so undeutlich… er wusste nur…

„Wer bist du?“, er musste sich zusammennehmen.

„Es ist wirklich bewundernswert, dass du immer wieder vergisst, wer ich bin, wenn du in dein altes Zuhause zurückkehrst, Vögelchen.“

Kai wurde augenblicklich schlecht.

-Vögelchen.

„Hallo, Boris.“, murmelte er nun.

„Dieses Zimmer entspricht wohl kaum den Standards, den dir deine lieben…Eltern“, er betonte das Wort, als pflücke er eine stachelumrankte Frucht, „bieten, nicht wahr?“

Kai schnaubte verächtlich, die kurzzeitige Schockstarre war aus seinem Körper gewichen.

Was wollte der Kerl überhaupt?

-Wenn er spannen wollte, war er an der falschen Adresse, Kai würde in diesem Loch nicht einmal die dünne Jacke ausziehen, die er trug.

„Nein, es wirkt mehr…wie eine Ausnüchterungszelle. Welcher arme Tropf hat sich jetzt wieder mit einer Alkoholvergiftung von hier für immer verabschiedet?“

Er war frech, das wusste er und sein ganzer Körper spannte sich an, erwartete die Antwort.

„Das geht dich nichts an, Vögelchen. Steh auf.“

Kai runzelte die Stirn. Boris’ Charakter war schwierig, er war insgesamt unberechenbar, doch diese Eiseskälte und Strenge, die sich nun an die Stelle des Zynisch- gelangweilten Tonfalls trat, verwirrte ihn.

„Warum?“

„Dein Großvater will dich sehen.“

Kai nickte und sah vor sich auf den Boden.

Zum Glück.

Keine Ratten, keine Flöhe, keine verwesenden Tierkadaver, keine blanken Menschenknochen.

Stattdessen lag vor der Pritsche ein schimmelig-feuchter Bettvorleger, den Kai trotzdem lieber mit ABC-Schutzkleidung als mit bloßen Schuhen betreten hätte.

Der kleine Fetzen Licht, der durch die zwei winzig kleinen Glasbausteine fiel, zeichnete schemenhafte Umrisse des Zimmers in die Dunkelheit.

Da war ein Schrank, ein Waschbecken (dem der säuerlich-faulige Geruch nach Erbrochenem zu entsteigen schien) und eine Toilette.

Er drehte sich herum und sah neben der aufgeklappten Nachtstätte ein kleines Tischchen und einen Stuhl stehen.

Auf dem Tisch hatte jemand eine Vase gestellt und Blumen gebracht.

Die kleinen gelben Rosen wirkten seltsam grotesk in dieser Umgebung, wie ein Edelstein in den Händen eines lang Verstorbenen.

Doch Kai mochte sie, sie waren so…außergewöhnlich. So sanft. So…doch normal.

Das einzige, was ihn hier an eine heile Außenwelt erinnerte und nicht an eine narbenübersähte, verhärtete Vergangenheit waren kleine gelbe Rosen.

Er stellte sich vor, wie diese kleinen Schönheiten wohl im Sonnenlicht aussahen, wie sie aussähen, wenn er sie mit Reika und Aimi in den Garten gepflanzt hätte, wie sie…als Strauß ausgesehen hätten, den er Ray schüchtern und mit heißen Ohren in die Hände drücken würde.

Ob Ray ihn dann noch einmal so geküsst hätte?

-Wie von selbst strich er über seine Lippen, seine jetzt rissigen Lippen, die Lippen, die vor Stunden (so war er sich sicher) noch voll, weich und feucht vor gierigem Verlangen gewesen waren, die Lippen, die vor so kurzer Zeit noch liebevoll verschlossen und liebkost worden waren.

Ihm wurde wehmütig, wenn er daran zurückdachte.

An seinen ersten –seinen einzigen- Abend mit Ray zurückdachte.

„Was ist, hast du genug geschmollt?“, da war Boris wieder, der Zynische, der genießende Boris.

Kai drehte sich nicht um, er glaubte, die Kamera lokalisiert zu haben.

Boris sollte sein Gesicht nicht sehen, auf dass sich leise Tränen geschlichen hatten.

Sie würden die Illusion vom alten, vom eiskalten Kai Hiwatari verwischen.

Sollten sie ihn nur wieder mit purer Kraft und der Verlockung von Perfektion ködern, er war nicht mehr Kai Hiwatari, der sich davon verführen ließ.

Er war eitel genug, zu finden, er habe seine Technik bereits auf den Gipfel der Perfektion getrieben und außerdem verlor dieser Sport, das Bladen, so langsam seinen Reiz.

Mittlerweile trieb er keinen Sport mehr, um zu vergessen, er trieb ihn aus Spaß.

-Joggte mit seiner Mutter und Binka zum Meer und nahm ein Bad, um drei Stunden später wieder zurück zu spazieren.

Spielte Tennis mit seinen Schwestern, während seine Eltern froh waren, endlich nicht mehr das Doppel auffüllen zu müssen.

Früher hatte er nichts gehabt, außer dem Bladen.

-Dranzer war ihm ein treuer Gefährte gewesen, war es noch immer, wenn er die Muße hatte, ihn ein wenig zu fordern, doch da war nicht mehr dieser Hass, den er in Kraft umwandelte, dieser Hass, der alles umwehte und verbrannte.

Er war froh, nicht mehr so zu sein, wie man ihn kannte.

„Geh zur Tür!“, befahl ihm Boris.

Kai kam der Aufforderung betont langsam nach.

// Rays Gedanken, als er im Zug saß, kreisten sinnlos umher.

Es war nicht möglich, klar ui denken, nicht, wenn ständig das Bild seines… noch immer war ihm so komisch dabei, Liebhabers die Gedanken unterbrach, was eine Welle neuer kleiner Blitze und Spekulationen mit sich brachte.

Was machte sein Großvater mit ihm?

Was tat er gerade?

Ging es ihm, den widrigen Umständen der Abtei ausgesetzt, gut?

Ray kaute auf seiner Unterlippe herum.

Wie kam es, dass er noch immer spürte, wie Kais milchweiße Handgelenke an seinem Hals entlang glitten?

Wie konnte es sein, dass er noch immer jeden der federleichten Küsse spürte?

Wieso machte ihm Kais Bild vor Augen das Herz so unendlich schwer?

Er rieb sich über die Augen. Die Müdigkeit forderte ihren Tribut.

Seit seiner Abreise aus Peking hatte er nicht geschlafen, erst, weil er vor Aufregung, dann, weil er vor Anspannung nicht hatte schlafen können.

Doch nun wich alle Anspannung vollends aus seinem Körper, die Nerven desensibilisierten sich langsam wieder.

Nicht, wie er sich gewünscht hätte, vor Freude.

Sein Körper gab nur auf.

Seine Augen fielen wieder und wieder zu.

Mittlerweile war er auf dem Weg nach Moskau, per Zug, weil Russland momentan über den Luftweg nicht zu erreichen war.

Schneechaos.

Sobald Ray nach draußen sah, wurde ihm kalt.

Er fror innerlich.

Schnee.

Kai liebte Schnee. –Das hatte er ihm angesehen, als sie im Norden Japans gewesen waren und dort um den Jahreswechsel zwei Flocken auf den Quadratmeter gefallen waren.

Selten hatte er gesehen, dass Kais braune Schokoladenaugen so leuchteten.

Leuchtende Augen.

Kais Augen.

Kais Augen, die leuchteten.

Kais leuchtende Augen.

Ray lächelte.

Er musste schlafen.
 

Er saß auf einer Trainingsbank in der Sporthalle des letzten Hotels, dass sie zusammen als Mannschaft bezogen hatten.

-Doch da war nur noch Kai, sonst niemand.

Sie beide waren allein.

Der junge Russe, der, wie Ray es empfand, wohl alle möglichen Sportarten mindestens sehr gut beherrschte, schwang gerade zum Reck auf und vollführte einige Kunststücke, bei denen Ray schon ziemlich lange ziemlich schlecht geworden wäre.

Aber Kai war in dieser Hinsicht so…einfach perfekt.

Damals hatten sie sich zum Eislaufen verabredet. Nur so aus Spaß und weil sie gerade in der Nähe einer Eishalle gewesen waren. Ray hatte zwar nie von sich behauptet, wirklich Schlittschuh laufen zu können, Kai hingegen war ein Ass.

Damals hatte er nur denken können, dass das sicherlich zum Drill-Training in der Abtei gehört hatte, oder eben einfach russischer Nationalsport war, den jeder irgendwie draufhaben musste.

-Allerdings konnten weder Tala noch Spencer sich überhaupt auf den Kufen halten und so war Ray erneut in seine bewundernden Blicke zu Kai versunken, während er mehr als einmal höchst unsanft mit seinem Hintern bremste.

Ein paar Mädchen hatten ihn ausgelacht und Kais Grinsen…er wäre am liebsten sofort durch die Eisdecke gekracht, so peinlich war es ihm, dass sein Angebeteter ihn so dermaßen herablassend angrinste.

Doch jetzt war alle Blamage fern, er sah bewundernd hinüber, Kai schwang sich gerade am Barren hoch, sein blaues Haar schwang sanft mit, Schweißtropfen flogen glitzernd durch die Luft, während er selbst nur still dasaß.

Laute Musik dröhnte durch die Halle, doch es war keine Musik, die man gewöhnlich zum Sport hörte, doch sie passte sehr zu Kai, wie er fand.
 

„Please me.

Show me, how it's done

Trust me,

you are the One...“
 

Kai formte die Worte sanft mit den Lippen nach. Er liebte das Lied, ständig lief es in seiner Umgebung.
 

„I want to reconcile the violence in your heart“
 

Nie war ihm aufgefallen, wie leidend, wie schön das klang.
 

„I want to recognize your beauty's not just a mask.“
 

War das der Schweiß, der die blauen Streifen verwischte? -Waren es Tränen?
 

„I want to exorcise the demons from your past.“
 

Es stach Ray wie ein Schwert in die Brust. Wie sehr er das wollte.

Wie sehr...
 

„I want to satisfy your undisclosed desires in your heart.[1]“
 

Ray ließ die Schultern hängen, das Lied war so unendlich traurig.

Die letzten Töne verklangen beinah unbemerkt und ein neuer, ein anderer Klang dominierte das Klima der Halle.

Es war zuerst nicht einmal ein Rhythmus, mehr ein Klanggebilde von widersinniger Schönheit.

Bis eine leise, melancholische Stimme begann zu singen.
 

„This means out,

This is your way out...“
 

Ray verstand kaum, was der Sänger meinte, doch die Musik ließ ihn frösteln. Sie war fremd, sie machte ihn klein und ängstlich.
 

„Do or drown

Do or drown in torpor...“
 

Eine Gänsehaut überlief ihn und unwohl blickte er zu Kai auf.

Wieso hörte Kai dieses Lied? -Mochte er es?
 

„Leave no trace

All my files erased

Burn my clothes

Burn my Prada trainers...“
 

Die Atmosphäre in der weitläufigen Turnhalle wurde immer dichter, Ray kam es so vor, als würde es dunkler, mit jedem Ton, mit jedem einzelnen Geräusch verengte sich der Raum, wurde kälter, wurde bedrohlicher.

Nie hätte Ray geglaubt, dass ein Lied eine so unglaubliche Wirkung auf ihn haben würde.

Er musste wissen, was es war.
 

„Let's sleep together, right now“
 

Der Chinese stockte. Diese Zeile war so anders, so energiegeladen, so menschlich und auf einmal so natürlich warm, der Raum klarte wieder auf.

Die Luft, die er angehalten hatte, wich mit einem lauten Keuchen aus seiner Lunge.
 

„Relieve the pressure, somehow.“
 

Kai sah ihn an. Der Druck hatte sich wirklich von ihm gelöst.

Die Gitarren taten ihm wohl, so wohl wie Kais Blick.

Und dieser Blick harmonierte mit dem Text.
 

„Switch of the future right now.“
 

Ray spürte, wie er aufwachte, Kais Blick wurde transparent, sein Körper verlor an Tiefe, die Musik begann, auszuklingen.

Musste er die Zukunft jetzt schon begraben? -War es das?

Musste er ihn aufgeben, den er soeben aus weiter Ferne beobachtet hatte?
 

„Let's leave forever....“
 

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Schnell die Übersetzungen

[1]: "Schmeichle mir,

zeig mir, wie es geht,

Glaub mir,

Du bist der Einzige..."
 

"Ich will die Gewalt in deinem Herzen auslöschen."

"Ich will erkennen, dass deine Schönheit nicht nur aufgesetzt ist."

"Ich will die Dämonen aus deiner Vergangenheit vertreiben."

"Ich will dieses ungenannte Verlangen in dir stillen."
 

[2]"Das heißt raus,

Das ist dein Ausweg."
 

"Tu's oder ertrink,

Tu es oder ertrink in dieser Starre."
 

"Hinterlass keine Spuren,

Lösch alles aus,

Verbrenn meine Kleider,

Verbrenn meine Pradahose."
 

"Lass uns miteinander schlafen, jetzt gleich."
 

"Nimm den Druck von mir, gleich wie."
 

"Schalt die Zukunft jetzt aus."
 

"Lass uns für immer gehen..."

2.2. Packen, Verschicken

Hallo, meine Lieben ^.^

Hier ist ein frisches Kapitel zu eurer Verfügung.

Wieder ein Zwischenkapitel, ein Flashback.

Es ist einfach über mich gekommen, dieser wahnsinnig süße Gedanke, wie Kai sich bei seinen Eltern und in der Schule gibt...-Es musste einfach sein^^

Ganz kurz, ganz schnell wird hier auch einer der Konflikte angerissen, der Kai später noch schwer in die Predoullie bringen wird!

(Kai (aus dem Off): Hörst du wohl auf zu spoilern! Also... nein, also wirklich!)
 

-Schon gut, genug gelabert, hier ist das neue Kapitel :)

Liebe Grüße

Marmorkuchen^^
 

//FLASHBACK//
 

„Ich lauf keine Mittelstrecken!“, empörte sich Tala gerade bei seinem Sportlehrer, als Kai sich bereits auf die Position stellte.

Kai hasste die 1000 Meter auch, aber was wollte man machen, Sportlehrer hatten immer Recht.

„Und ob du Mittelstrecken läufst, Volkov, und wenn es dich umbringt!“, der Lehrer, ein Trumm von einem Mann, sah mit zusammengezogenen Augenbrauen auf den Russen herunter.

-Langsam verstand er etwas von dem Kauderwelsch. Es war dem Russischen nicht mal so unähnlich. –Sah man von der anderen, härteren Sprachmelodie ab.

„Ich werde sie nicht laufen“, die Stimme des Rotschopfes schwoll gefährlich an, „Ich muss mir nicht meine Gelenke und mein Herz kaputt machen. Ich bin LANGSTRECKENLÄUFER, haben Sie das immer noch nicht bemerkt, wenn ich Mittelstrecken laufe, können Sie gleich den Notarzt rufen. Ich fall um, wenn ich auf der Strecke das Tempo laufe, dass Sie haben wollen!“

Tala war ziemlich bekannt für sein überschäumendes Talent, weshalb der Sportlehrer sich nicht weiter um ihn kümmerte und ihm kurzerhand eine sechs eintrug.

-Glatte null Punkte.

Wenn er dachte, Tala würde klein bei geben, hatte er sich geirrt.

Er wurde nur noch wütender.

„Ich verlange eine AUSGLEICHSsportart! Ich bin Leistungssportler, das können Sie nicht verantworten!“

Kai war wieder aufgestanden, Tala würde nicht mit ihm starten und alleine wollte auch er nicht laufen.

„Hiwatari, SIE laufen. Allein. Nein, mit Katia.“

Katia war ein Mädchen, dessen Ruf…zweifelhaft war.

Sie war schlank, hatte unnatürlich große Augen und noch unnatürlich größere Brüste.

Die Hände, auf gruselige Art und Weise erinnerten sie Kai an die Klauen einer ziemlich abartigen Katze, waren dürr und abgemagert, wie auch der Rest an ihr.

-Kurzum, Katia war der Inbegriff des Schönheitsideals, dass an seiner Schule wie ein Virus grassierte.

Binka hätte ihr sofort ein Stück reichhaltige Schokolade in den Rachen gestopft.

„Komm schon, Kai“, sie sprach seinen Namen ein bisschen amerikanisch aus, „Ich will wissen, ob ich dich schlagen kann.“

-Dieser laszive Unterton war so dermaßen lächerlich, dass Kai sich am liebsten umgedreht und sie einfach stehen lassen hätte.

„Ja. Gern.“

-Eisblock-Mode on. Er sah Tala aus dem Augenwinkel lachen.

Vermutlich lag es an seinen genetisch modifizierten Gedankengängen, aber seine ohnehin sehr wechselhafte Gemütsneigung wies nun beinahe manische Züge auf.

Hoffentlich spielte Celina, seine Mutter, schon mit dem Gedanken, ihn einweisen zu lassen.

Der junge Russe setzte seine Füße in die Starthilfe.

Das altbekannte, ungute Gefühl machte sich in ihm breit.

Versagen konnte er nicht.

Er wollte nicht versagen.

Oder doch?

Wollte er wirklich siegen, in Perfektion?

Der Schiri klatschte.

Katia sprintete los, sie war eine exzellente Mittelstreckenläuferin, das stritt Kai nicht ab, der ihr dicht auf den Fersen blieb.

Von allen Sportarten, die sie in der Abtei hatten lernen müssen, war ihm diese die unliebste gewesen.

Die schlimmsten zwei Minuten seines Lebens hatten begonnen und er spürte, wie die im Körper eingelagerten Energievorräte rasch zu Neige gingen.

Jetzt stellte sein Stoffwechsel auf Milchsäuregärung um, was manchen Läufer nach dreiviertel der Strecke im Busch verschwinden ließ.

Kai hasste diesen Moment.

-Er liebte Kraftsport, mochte auch Joggen ganz gern, doch diese Mischform war das Allerschlimste für ihn.
 

Keuchend brach er neben Katia im Gras zusammen.

Die kleine Polin atmete schwer und auf ihrer Haut glitzerten Schweißperlen. Die Wimperntusche war verlaufen und gaben ihr ein beinahe authentisches Aussehen.

„Gut geschlagen, Kai… Aber eine Millisekunde war ich schneller.“

Kai sagte nichts.

Sie war nett zu ihm. Es war viel mehr als eine Millisekunde gewesen, er hatte sie schon ins Gras fallen sehen, da war er noch auf der letzten Zehntelrunde.
 

„Gut, Hiwatari, Sehr gut, Fräulein Birewyzc.“, ihr Sportlehrer trat auf sie zu und half Katia auf.
 

Auf dem Weg nach Hause starrte Kai versonnen aus dem Busfenster.

Er wohnte nicht mehr in der Stadt, sondern außerhalb, in einem kleinen Dorf.

Sein Leben war mit einem Schlag so schön, so leicht, so außerordentlich gewöhnlich geworden und er liebte es so wie es war.

Heimlich beneidete er seine Familie, dass sie es so einfach gehabt hatten, aber andererseits, wenn sie den gleichen Weg wie er gegangen wären, wäre ihr Empfang weit weniger herzlich ausgefallen, als er aus Japan heimkehrte, verschrammt, verkratzt, vernarbt.

-Nach den Meisterschaften.

Nachdem er seinen Dranzer verloren und wiedergefunden hatte.

Nach all diesem Mist mit der BEGA.

Nach dem Scheiß, den sein Großvater und Boris mit ihm getrieben hatten.

Kai wurde kalt, als er an die vor blinder Wollust überschäumenden Augen seines Lehrers dachte.
 

Vögelchen.
 

An seiner Station stieg er aus und versuchte im Angesicht seines neuen Zuhauses die Erinnerungen aus seinem Kopf zu vertreiben.

-Keine Peitschen, keine Schmerzen, keine Ohnmacht, keine…

Er ging auf das Haus zu, seine Mutter stand schon im Türrahmen und grinste schief.

Es war beinah zu idyllisch, dieses hellblau-gelb gestrichene Häuschen mit weißer Veranda, so amerikanisch, dass die Russische Sprache, die hier gesprochen wurde, geradezu grotesk wirkte.

Und doch so schön.

Und so vertraut.

Und so ungekannt.

„Komm, Liebchen, ich hab das Essen auf dem Herd stehen, kalt schmeckt es nicht.“, seine Mutter war ihm so unähnlich.

Und doch irgendwie…

-Er sollte aufhören, ständig zu zweifeln, er war ihr Sohn, er war ihr ähnlich, er hatte ihre Charakterzüge. Irgendwo.

Bestimmt.
 

Er verschlang das Brokkoli-Gemüse, das eher als Suppe zu essen war, gierig.

Seine Mutter kochte einfach nur fantastisch.

Zum Brokkoli gab es Kartoffeln und Rührei, aber Kai rührte es nicht an, er mochte Eier nicht.

Er aß auch kein Fleisch mehr, seit er aus der Abtei geflohen war, die (um die Trainingsquoten und Testosteronspiegel zu heben) beinahe ausschließlich Fleisch serviert hatten.

-Das Essen war nie schlecht gewesen, aber eben…fleischig.
 

„Wie war dein Tag, mein Hübscher?“, Kai wurde immer noch jedes Mal rot, wenn seine Mutter ihm Komplimente machte, auch wenn diese wie kleine Liebkosungen ganz natürlich kamen.

„Oh na ja, Sport war…anstrengend“, er grinste und wuschelte sich wie zur Bestätigung der Aussage durchs Haar, dass noch feucht in Strähnen herunterhing, „Englisch wie immer eine Offenbarung, weil ich den Unterricht verstehe…Es ist so wundervoll, eine vertraute Sprache im Unterricht zu hören! Und na ja, Latein…Schrecklich, wie immer.“
 

Gallina genoss jede freie Minute, die sie mit ihrem einzigen Sohn hatte.

Seit Kai wieder da war, entdeckte sie, wie sehr er ihr gefehlt hatte.

Ihr Sohn war ihr selbst so ähnlich, seit er aufgetaut und er selbst war. Sie hatte oft gehört, die Zeitungen sagten das ständig, er sei eiskalt und relativ aggressiv (was sich ihrer Meinung nach ausschloss, denn Aggression war eine Emotion, und diese sprachen die Medien ihm ja ab…sie schmunzelte darüber), doch er war sanft, er war lieb, er war einfach…angenehm.

Nicht so sehr sie selbst wie Binka, deren überschäumendes Temperament oft für Konflikte gesorgt hatte, nicht so sehr wie Yuki, wie Reika, die mit der Angst vor großen Menschenmassen nicht einmal in eine Schule gehen konnte, die irgendwie, in all ihrer Intelligenz so schrecklich unselbstständig schien.

Wie ihr Mann damals, als sie ihn kennen gelernt hatte.
 

Wie lange das schon her schien.

Vor so vielen Jahren.

Vor der ganzen Geschichte mit ihrem Vater.

Weit weg von Russland, weit weg von dem Mann, der ihr Leben über sechzehneinhalb Jahre zur Hölle machen würde.

Dass Kai hier saß war nicht ihr Verdienst, es war sein eigener und sie dankte Yuki und sich selbst dafür, ein so wundervolles Wesen geschaffen zu haben.
 

Sie liebte es, ihm beim Essen zuzusehen. Er war Vegetarier, weil er einfach kein Fleisch mehr sehen konnte, konnte sich tagelang nur von Süßigkeiten ernähren und sah sie meistens mit dieser unglaublich niedlichen Mischung aus Neugier und übriggebliebenem Zweifel an.

Gallina riss sich aus ihren Tagträumen und setzte sich zu ihrem Sohn, der die Brokkolisuppe bereits entleert hatte und sich nun mit sichtlichem Genuss ein Stück gewürztes Fladenbrot in den Mund steckte.
 

Kai sah auf zu seiner Mutter und lächelte breit.

An seinem Mundwinkel klebte ein kleiner Krümel.
 

//FLASHBACK ENDE//

Bittermandel

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

3.2 reisen

So, und hier ist Nachschub~~~~

Wieder ein Zwischenkapitel, wie Kai eben wieder nach Hause kommt.

Ultra kitschig, ich gebs gern zu... aber mir war nach dem letzten so danach.

Ausnahmsweise keine Songtitel, die ich hier verlinken müsste, dafür ein herzallerliebstes Dankeschön an Night_of_Minerva (die vielleicht noch nicht alles gelesen hat ;)), Chronos (Ohne deine Übersetzungshilfen wär ich aufgeschmissen xDDD nein ehrlich, du hast mich eigentlich angetrieben, endlich weiterzuschreiben ^^) und natürlich an SkyAngel, die jedes Kapitel liebenswürdigerweise kommentiert^.^
 

Und nun: Bühne frei für Zigaretten und Umarmungen!

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„Ich gehe!“, Kai knallte die Umkleidekabine hinter sich zu.

Sein divenhaftes Verhalten war so dermaßen unerträglich, er fand sich mittlerweile selbst zum Kotzen.

Wenn ihm etwas nicht passte, betonte er es überdeutlich.

Wurde zickig, sobald etwas nicht nach seinem Köpfchen ging.

Als Teamleiter konnte er sich ein solches Verhalten bis zu einem gewissen Maß zwar erlauben, aber seine kapriziöse Art hatte in den letzten Tagen das doppelte an Masse zugelegt.

Er nahm sich selbst als unausstehlich wahr und das frustrierte ihn umso mehr.

Kai lehnte sich gegen die Wand der Kabine und kramte in seiner Hosentasche nach den Zigaretten.

„Du sollst nicht rauchen, kleiner Bastard!“, zitierte er seinen Großvater, während er das Feuerzeug dicht an den Tabak hielt.

Mentholduft erfüllte sein Bewusstsein und die gewohnte Kälte des Öls breitete sich in seinem Rachen aus.

„Das Vögelchen ist erwachsen. Pech gehabt.“, nuschelte er.

Neben ihm öffnete sich die Tür und Ray, der einzige, der ihm von der Bande nicht vollkommen auf den Wecker fiel, trat heraus.

Seine langen schwarzen Haare waren lose zu einem Pferdeschwanz gebunden und baumelten fast bis auf seine Knöchel herunter.

Traumhaft.

Kai hatte Respekt vor seinem Kollegen, so viel Geduld...

„Kai?“, er stellte sich neben ihn und nahm ihm die Zigarette aus der Hand.

„Was denn?“, bevor Ray auch nur daran denken konnte, einen Zug zu nehmen, hatte Kai sich seine Glimmstängel schon wieder zurückgeholt.

„Was ist los mit dir, in der letzten Zeit?“

„Ich bin unzufrieden.“

„Seh ich auch. Womit?“

„Mit allem. Der Sport ödet mich an, ich finde nichts mehr hier, dass mich fordert. Ohne Witz, Ray, ich glaub nicht, dass ich euch noch von großem Nutzen sein kann. Nicht mit meiner Laune.“

Der Chinese griff rasch in Kais Hosentasche, schnappte sich eine der weißen Zigaretten und ließ sich von seinem Teamkollegen Feuer geben.

„Du willst weg, nehm' ich an?“

„Du hast es erfasst, mein Lieber. Ich weiß nicht, wohin, vielleicht nochmal nach Japan zu meiner Tante. Oder nach Hause.“

Verwundert über sich selbst wandte Kai sich kurz ab, um an einen Zug zu nehmen und ihn langsam durch die Nase wieder auszublasen.

Der Qualm reizte seine Schleimhäute.

Er war auf einmal so redselig.

Untypisch.

„Ray... ich... ich weiß nicht warum ich dir das überhaupt erzähle... es ist doch ohnehin egal. Ich mein... wenn ich weg bin, bin ich weg. Tyson, das Riesenbaby wird neuer Teamchef und du... bleibst weiterhin der großartige Fels in der Brandung, der du immer warst.

Ich bin nicht wichtig. Ich...“, wieder brach er ab und inhalierte eilig und gierig.

Mentholgeschmack legte sich auf seine Zunge.

So vertraut.

„Ich.. ich finde es... schön. Ja, schön. Kai, weißt du... du bist wichtig für uns, was wäre Tyson ohne deine ständige Beschwichtigung. Auch wenn die meist nur aus Schlägen auf den Hinterkopf oder Beleidigungen besteht.“, der Chinese grinste kurz, „Ich werde dich vermissen. Auf jeden Fall.“

Jetzt wurde Kai rot.

Ray sah das mit Freuden, es gab seinem Kollegen...seinem Freund ein wenig mehr Menschlichkeit.

Ein bisschen weniger Cool wirkte er auf einmal.

Aber so schön.

Und echt.

„Wann machst du dich auf den Weg?“

„Sobald ich meine Sachen gepackt habe, denke ich.“

Er machte eine kurze Pause, paffte einen Zug.

„Vielleicht sollte ich endlich nach Polen gehen.“

Ray sah ihn verwundert an.

„Warum Polen? Bist du nicht...?“

„Halb Russe, halb Japaner. Meine Mama und mein Papa wohnen in Polen, seit Voltaire mich mitgenommen hat. Um meine... Geschwister zu schützen.“

„Du hast Geschwister?“

„Drei sogar. Drei Schwestern.“
 

Kai hatte beinahe zwei Jahre damit verbracht, seine Familie ausfindig zu machen.

Es war schwierig gewesen.

Immerhin wollten sie nicht von Voltaire gefunden werden.

Zudem hatte er von seiner Tante nur den Namen seines Vaters erhalten, keinerlei Angaben zu seinem derzeitigen Wohnort.

Dass er drei Schwestern hatte, hatte er erfahren, als er ein paar soziale Netzwerke durchstöbert hatte.

Sein Vater war... Immobilienmakler oder Architekt, oder beides zusammen, Kai hatte es nicht recht verstanden.

Seine Mutter arbeitete als Krankenschwester in einem Spital in Danzig.

Das war der Punkt, nach dem er gesucht hatte.

Danzig.

An der nordpolnischen Küste.

Von da an war die Suche ein leichtes gewesen.

Sie wohnten in einem kleinen Haus am Stadtrand, eine kleine normale Familie.

Das letzte Jahr über hatte er viel mit seinen Schwestern geschrieben, mit ihnen telefoniert.

Doch hatte er sich nie getraut, sie zu besuchen.

Davor fürchtete er sich noch immer ein wenig, und genau diese Furcht stieg wieder in ihm auf, als er, mit seiner Reisetasche in der Hand und seinem Rucksack auf dem Rücken am Tokioter Flughafen stand, mit einem Ticket nach Polen in der Tasche.

Vor lauter Nervosität hatte er ein halbes Päckchen Zigaretten verraucht und der leichte Schwindel, den Nikotin verursachte, machte ihn zusätzlich unruhig.

In zehn Stunden würde er vollkommen verloren in Danzig dastehen und nicht mehr zurück können.
 

Er hatte ohne weiteres seinen Sport aufgeben können.

Er schüttelte über sich selbst den Kopf deshalb.

Vor einem Jahr hätte er alles daran gesetzt, mit einem Kreisel im Arm alt zu werden.

Jetzt trug er Dranzer zwar bei sich, doch sonst erinnerte nichts an den fabelhaft umschwärmten, den einzigartig einzigartigen Kai Hiwatari, der Kriegschreie ausstoßend und rasend wie ein Tier einen Kreisel in die Arena schnellte.

Keine blauen Streifen mehr im Gesicht.

Keine extravagante Kleidung.

Keine Schreie mehr.

Stattdessen Jeans und Hemd, eine Bürste im Gepäck und Musik in den Ohren.

Ein ganz normaler Jugendlicher.

Ray hatte ihn an den Flughafen begleitet.

„Gib auf dich Acht, Kai. Du bist leider nicht aus Kruppstahl. Auch wenn du's gerne wärst.“, er grinste zum Abschied, wehmütig, ihn gehen lassen zu müssen.

Kai sah es ihm an und er fühlte, ja, auch ihm fiel es schwer, wenn er daran dachte, dass der junge Chinese nicht mehr jeden Morgen verschlafen, doch mit Rührei und Toast bewaffnet in das gemeinsame Zimmer kam.

Keine geheimen Fressorgien mehr auf Zimmer drei.

Und nie wieder die bestialisch langen Haare des Jungen kämmen.

Es würde anders werden.

„Komm mich ja besuchen, nicht, dass ich nie wieder etwas von dir höre.“, meinte er, ein wenig gepresst und schloss sein Gegenüber kurz und heftig in die Arme.

„Ich versprech's dir.“

„Saya!“

„Saya, Kai.“
 

„Kai?“

„Ja, hier ist Kai... ehm... darf... darf ich reinkommen?“

Vor ihm stand ein kleines Mädchen, höchstens sechs Jahre alt, mit langen blauen Zöpfen.

„Ich weiß nicht recht... Kai? Ganz sicher Kai?“

„Ja, sehr sicher.“

„Ich frag Mama.“, damit schwangen die Zöpfchen herum und im Treppenhaus hörte er seine kleine Schwester nach seiner Mutter schreien.

„MAMA! Da ist ein Fremder, der Kai heißt! Der will rein!“

Sie drehte sich zu ihm um, die großen braunen Augen zu Schlitzen gezogen.

„Dich lässt sie bestimmt nicht rein.. so komisch wie du aussiehst...“, murmelte sie mit erstaunlich tiefer Stimme.

Im Haus klirrte etwas zu Boden.

Schritte, barfüßig, rannten auf den Holzdielen in Richtung Haustür.

„Kai?“

Vor ihm stand eine Frau, etwa 35, mit langen, üppigen Locken, blau-grau wie sein eigenes Haar, mit großen, grauen Augen und einem äußerst starren Blick.

„Kai!“

Jetzt rannte sie auf ihn zu und schloss ihn in seine Arme.

Ihr Schal hing über ihre Arme und das kleine Mädchen spielte an den Fransen herum.

Zu perplex von der Reaktion seiner Mutter reagierte Kai spät auf diese stürmische Umarmung.

Es war zu unwirklich.

Und so ungewohnt.

Er wurde umarmt.

Nicht, weil er etwas geleistet hatte, sondern einfach um seiner selbst willen.

Es war das schönste Gefühl der Welt.

„Mama...“, flüsterte er und drückte sie fester an sich.
 

Gallina hatte Tee aufgesetzt und wechselte zwischen Stuhl und Arbeitsplatte in der Küche, während sie ihn immer und immer wieder anstarrte, nicht glaubend, dass da ihr Sohn saß, der seit über 15 Jahren verschollen gewesen war.

Kai selbst saß in der ihm fremden Küche und betrachtete alles ganz genau. So lebte seine Familie also.

So perfekt.

So klein, einfach.

So glücklich.

Die hölzernen Küchenmöbel waren von oben bis unten mit Wachsmalstiften bekritzelt, auf jedem stand ein geschwungener Name.

„Gallina“

„Yuki“

„Reika“

„Aimi“

Reika saß auf ihrem Platz und hatte die Arme mürrisch vor der Brust verschränkt.

„Ich kenn dich nicht. Du kannst nicht mein Bruder sein. Du warst noch nie hier. Also kommst du auch nicht aus Mamas Bauch, das hätte ich ganz sicher mitbekommen. Oder Binka hätte es mir erzählt.“

Ihre Mutter lächelte versöhnlich zu ihr hin.

„Reika. Also wirklich. Kai ist ein Mitglied dieser Familie. Er ist nur woanders aufgewachsen.“

„Hat es ihm bei uns nicht gefallen?“

„Doch!“, lenkte Kai sofort ein, verstummte jedoch, als ihm auffiel, dass er keine Erklärung hatte, die Reika zufrieden gestimmt hätte.

Die Wahrheit... er hielt sie für nicht passend.

„Natürlich hat es das, aber...“, auch seiner Mutter schienen die Worte zu fehlen.

In dem Moment erschien eine große Frau im Türrahmen.

Auch um ihren Hals lagen die sinnlichen Locken seiner Mutter, doch waren sie tiefschwarz.

Sie schaute sich in der Küche um, bis ihr Blick auf Kai fiel.

Dann schlug sie sich beide Hände vor den Mund.

„Oh Gott.“

Binka, er kannte sie von Fotos, schloss ihn augenblicklich in ihre Arme.

„Du bist wieder da.“

Kai nickte in ihre Halsbeuge.

„Und diesmal bleibe ich.“

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-Keine Beschwerden gegen die Zigaretten bitte xDDD



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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von:  yujiro-shihoudani
2011-01-10T01:50:40+00:00 10.01.2011 02:50
oh mein gott wie tollich mag deine ff wann gehts weiter?
(ich weiß bin zu ungeduldig)^^
aber ich mag wissen wie es mit rey und kai weiter geht^^
aber mir gefählt deine ff auch wirklich gut XD
Von:  SkyAngel
2011-01-09T11:16:23+00:00 09.01.2011 12:16
hey, die zigarette ist cool. haha-
Von:  Minerva_Noctua
2011-01-09T08:39:30+00:00 09.01.2011 09:39
Süß!
Echt nett, wie seine Mutter über ihn denkt^^.
Talas "Gespräch" mit dem Lehrer war göttlich*g*

Bye

Minerva
Von:  SkyAngel
2011-01-08T20:45:29+00:00 08.01.2011 21:45
schnurr
DA bin ich schon :)
Wie ich sehe hast du dich wieder gut betätigt. ^^ War schön das zu lesen... Aber ich brauche mehr. haha
Viel mehr!
Ich freu mich schon auf das nächste kappi. :)

Mach weiter so. ^^

grüße
sky
Von:  Minerva_Noctua
2011-01-08T14:12:17+00:00 08.01.2011 15:12
Dieser Traum hat mich verwirrt.
Warum spricht Ray von Kai als Liebhaber?
Sie haben sich doch bloß geküsst.

Bye

Minerva
Von:  Minerva_Noctua
2011-01-08T13:14:04+00:00 08.01.2011 14:14
Ayayay.
Aber Kais Bedenken sind absolut nachvollziehbar.
Schön, wie du das geschildert hast.

Bye

Minerva
Von:  Minerva_Noctua
2011-01-08T13:05:44+00:00 08.01.2011 14:05
Gefällt mir^^!
Nur diese ganzen Vergleich, als sie sich küssen, waren etwas anstrengend zu lesen.
Aber okay. Es ist dein Stil und ich werde mich daran gewöhnen.
Ich freu mich auf das nächste Kapitel^^.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2010-08-26T21:18:43+00:00 26.08.2010 23:18
Aber warum das Fleisch :/
Kennst mich ja, ich kanns nachvollziehn, aber nicht verstehen *g*

Kai als normaler Schüler...oh man :P

Übrigens nice, dieses Schönheitsideal erwähnt^^

Grüßjer,
Chrono
Von: abgemeldet
2010-08-26T21:06:44+00:00 26.08.2010 23:06
Na danke, Yui. Ersthaft. Was ein Scheiss!
Jetzt wünsche ich mir nichts sehnlicher, als das so geile Musikk auch bei uns im Fitnessstudio gespielt werden würde :/

Saubere Anwendung der Songs :)
Von: abgemeldet
2010-08-22T22:35:00+00:00 23.08.2010 00:35
Kai und Ray. Wie kommt man den auf sowas :P

Ich find die Fremdspracheneinsätze auch supi. Besonders da ich das russische auch noch mitlesen kann ;D
Es erhöht aber auch die Authentizität, finde ich.
Auch das mit der scheinheiligen Akzeptanz is korrekt erwähnt^^

Wenn ich zur Sprache noch was anmerken darf:
Ich weiß nicht, ob und wen du für die Fremdsprachen gefragt hast. Beim russischen müsste es, glaub ich, für "Wenn ihr das nochmal macht, fliegt ihr" Я вас виброшу, если ви ето повторите heißen. (Wörtlich: Ich schmeiß euch raus, wenn ihr das wiederholt).

Der Rest sieht an nach den mir eingetrichterten Maßstäben richtig aus.

Haarspalterei: Bei "Scher dich zum Teufel,Bastard" steht da wörtlich "Gehen sie/Geht zum Teufel,...". Wenns "Geh" sein sollte: Иди.

Sorry for being a grammar n*zi, I'm just saying ^^'

Bin gespannt wies weitergeht mit den beiden.
*Spannung²* (um mich der Vorposterin anzuschließen xD)




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