Am Ende wartet das Glück von abgemeldet (Gareas/Erts) ================================================================================ Kapitel 2: Part 2 ----------------- So, da wäre ich mit Kapitel 2. 8D @portia: Danke für deinen lieben Kommentar *g* Zu deiner Anmerkung wegen Erts' Fähigkeit: Stimmt, das ist immer so eine Sache. Aber Erts kann ja für gewöhnlich Gedanken nur lesen, wenn er jemandne berührt. Er kann die der anderen auch ohne Berührung lesen, aber nur, wenn er seine EX aktiviert hat. So gesehen hat er nicht immer Einblick in Gareas' Gefühlswelt. Ich hoffe, so weit ist das verständlich :) Alleine schon für dich poste ich hier weiter die Geschichte ;D * * * * * Draußen war es tiefschwarz. Nur die endlosen Sterne und der Planet Zion schienen im hellen Licht der Hoffnung herein. Erts strich sich eine Strähne hinters Ohr. Er hatte es schon wieder getan. Er war heute Nachmittag schwach geworden. Wie Wachs in Galews Händen. Aber was hätte er denn auch tun sollen? Immerhin liebte er den Piloten der blauen In-Grid Eeva Leena. Und er wusste genau, dass er lediglich eine Affäre für seinen Freund war. Denn sonst würde er nun nicht alleine hier sitzen, hier, an diesem Abend, in seinem Quartier. Und wo Galew gerade war, darüber wollte er am besten gar nicht nachdenken. Er hatte gesagt, er wolle sich etwas einschränken. Etwas. Vielleicht hatte er das aber auch nur gesagt, damit Erts ihm nicht fortlief. Der blonde Junge biss sich schuldbewusst auf die Lippen. Er war ja selbst Schuld an der Lage, machte er sich klar. Hätte er sich nicht auf Galew eingelassen, dann müsste er nun nicht solche Strapazen erdulden. Er beschloss, sich nicht mit den schrecklichen Vermutungen über Galews momentanen Aufenthaltsort zu grämen. Es würde doch sowieso nichts ändern. Vielleicht war es einfach besser, wenn er abwarten würde und zu Bett ginge. Morgen würde sich sicher alles aufklären – ob zum Positiven oder Negativen war dahingestellt. Und schweren Herzens tat Erts das, was ihm sein rationaler Verstand klarmachte, auch wenn es ihm verdammt schwerfiel. * * * * * Am nächsten Tag fühlte Erts sich besser, auch wenn die Melancholie nicht von seinem Gemüt wich. Aber damit konnte er momentan leben. Er trainierte mit den anderen zusammen und vermied es tunlichst, Galew zu fragen, was er denn gestern Abend noch so alles gemacht habe. Er hatte keine Lust, sich die Blöße zu geben, zu eifersüchteln. Darauf konnte Galew lange warten. Er würde diesem Schwerenöter nicht nachlaufen wie all diese Betthäschen. Er hatte seinen Stolz. Auch wenn das bedeutete, wie auf glühenden Kohlen zu sitzen und innerlich zu vergehen. Bis zur Mittagspause hatte sich immer noch nichts getan. Keine Regung von Galew, was die gestrige Sachlage Erts oder der Blondine betraf, nichts. Das verunsicherte den jüngsten der Top-Piloten sichtlich, denn er verschüttete etwas von seiner Suppe auf dem Tablett. Galew bemerkte es – er bemerkte endlich irgendetwas. „Komm‘, wir setzen uns zusammen wohin, wo wir nicht total beobachtet sind.“ Nun war Erts kurz davor, das ganze Tablett fallen zu lassen. „Was? Wir beide? Du und ich?!“ „Äh… ja?“, kam es etwas verwundert von Galew, der zudem eine etwas perplexe, fast amüsante Miene aufsetzte. ‚Vielleicht tut es ihm ja leid, was er da gestern mit dem Mädchen vor mir abgezogen hat‘, schoss es Erts durch den Kopf. Dass dies ein rein freundschaftlicher Akt seitens des anderen Jungen war, daran dachte er in diesem Moment nicht. Er verdrängte es einfach weit hinten in seinem Kopf und folgte seinem Geliebten an einen etwas abgelegeneren Tisch. Schließlich saßen sie sich gegenüber und verzehrten das Mittagessen. Erts war kaum in der Lage, seine Bissen zu schlucken, da sie ihm wie Steine schienen. Und die lassen sich bekanntlich nicht so ohne weiteres schlucken. Galew bemerkte die angespannte Lage sehr wohl und versuchte, sie auf seine Weise etwas aufzulockern. „Wie geht es dir heute?“ Wie es ihm ging? Wie sollte er sich wohl fühlen, wissend, dass er Galew wohl niemals alleine für sich haben würde? Wissend, dass seine Gefühle einseitig waren und vielleicht niemals ganz erwidert werden würden? „Geht schon so“, log der junge Pilot also mutig, denn er wusste, Galew würde ihn nicht verstehen. Galew konnte seine Gedanken nicht lesen. Das war alles ihm alleine vorbehalten. Galew ließ sich von der recht zurückhaltenden Antwort seines Gegenübers nicht beirren. „Was hältst du davon, wenn wir heute Abend gemeinsam eines dieser Programme mitmachen, du weißt schon, ein Ort auf der Erde – ein Ort, an dem es einen Horizont gibt.“ Ein Horizont. Zwar nicht real, aber wenigstens durch diese Projizier-Programme kannte Erts die Bedeutung dieses Wortes. Er selbst hatte noch nie einen Horizont gesehen. Niemand in seiner Altersgruppe oder auch älter hatte das. Es gab schon lange keine bewohnbaren Planeten wie die Erde mehr. Darum gab es G.O.A.. Darum gab es sie, die Top-Piloten. Sie, die den letzten Planeten mit ihrem Leben schützten – Zion. Und was würde er, Erts Virny Cocteau, dafür geben, einmal auf Zion sein zu dürfen. Galews Idee, so lapidar wie sie von ihm vorgetragen worden war, war großartig. Doch im selben Moment als Erts zu einer bejahenden Antwort ausholen konnte, trat die Person an den Tisch, die Erts jetzt als letztes sehen wollte – die Blondine von gestern. Seine größte Rivalin und gleichzeitig auch wieder nicht. Denn welcher hübsche Junge hätte denn schon eine Chance gegen eine schöne junge Frau, die einem Schürzenjäger wie Galew den Kopf verdrehte? Die Anwärterin ignorierte Erts vornehmlich und wandte sich ganz dem Objekt ihrer Begierde zu. „Ich wollte dir nur nochmal sagen wie schön es gestern Abend war und dass wir es gerne wiederholen können.“ Ein Augenaufschlag wie aus dem kitschigsten Liebesfilm folgte und in Erts‘ Hosentasche ging das sprichwörtliche Klappmesser auf. Er wollte sie erstechen. Jetzt. Sofort. Hier. Ganz langsam. Sodass sie sehr leiden musste. Und danach… ja dann würde er Galews Ding abschneiden. Auch ganz langsam. Und dann hätte dieser Schwerenöter nie wieder das Verlangen, jemand anderen als ihn anzusehen. Galew seinerseits war die Situation sichtlich peinlich. Er hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass seine Affäre von gestern Abend hier aufkreuzen würde. Und auch noch vor Erts. Aber jetzt wäre es zu spät für irgendwelche Ausflüchte, schwor sich Erts. Galew setzte ein gekünsteltes Lächeln auf, das er der Anwärterin schenkte. „Äh ja… weißt du, besprechen wir das später, in Ordnung?“ Sie grinste vielversprechend, die weißen, geraden Zähne blitzten hinter den Lippen hervor. „Wie du willst. Du weißt ja, wo du mich findest, Süßer.“ Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ den Saal, während ein paar der anderen Anwärtern und Lotsen bereits über Galew und sie zu tuscheln begannen. Sie hatte nun, was sie wollte: Bekanntheitsgrad. Erts sah ihr hinterher und wenn Blicke töten könnten, dann wäre die Anwärterin wohl spätestens zu diesem Zeitpunkt einen qualvollen, elenden Tod gestorben. Nachdem sie endlich weg war, riskierte er einen Blick in Galews Gesicht. Dieser schien mit einem Donnerwetter zu rechnen. Aber genau so berechenbar wollte Erts nicht sein. Er wollte jemand sein, den Galew niemals zu hundert Prozent einschätzen konnte- Also nahm der blonde Junge sich, so schwer es ihm fiel, zusammen. Und es fiel ihm sehr, sehr schwer. Galew hatte es also mit ihr getan. Und zwar noch nachdem er mit ihm geschlafen hatte. Nachdem er so zärtlich zu ihm gewesen war. Erts konnte es einfach nicht glauben. Wie konnte sein Freund so etwas tun - ihm so etwas antun, zum Henker?! Das durfte einfach nicht sein. Er hatte seinen Körper Galew hingegeben, dem ersten Menschen überhaupt in seinem Leben, weil er fest in dem Glauben gewesen war, dass das zwischen Galew und ihm etwas Besonderes war, etwas einmaliges, etwas, das nur ihnen gehörte. Und Galew schien das gar nicht zu kümmern. Er flirtete einfach weiter mit anderen herum, schlief sogar mit dieser Blondine, ohne auch nur einmal daran zu denken, dass es seinem Freund wehtun könnte. „Erts?“ Eine sanfte, vorsichtige Stimme holte ihn nach G.O.A. zurück und er realisierte, dass er die ganze Zeit über Galew angesehen hatte. Dieser schweifte mit dem Blick besorgt über das Gesicht seines Gegenübers. „Du bist so blass.“ Erts rang kurz nach Atem und fasste einen klaren Kopf. „Mir geht’s gut.“ „Du warst noch nie gut im Lügen.“ „Du auch nicht.“ Erts‘ Konter versetzte Galew einen mentalen Hieb. Er wusste, es war wegen dem Mädchen. „Erts…“ Nein, bitte sag‘ nichts, schoss es dem Angesprochenen wie ein Stich durchs Herz. Er wollte keine Ausflüchte hören. Er war es so leid. „Schon gut, Galew, spar’s dir.“ Er stand auf, langsam, nicht zu hektisch. „Lass‘ es mich bitte erklären, Erts...“ „Erklären?“ Erts‘ Stimme wurde schnittig; etwas, das man bei dem sonst so ruhigen Jungen nur sehr selten erlebte. „Es ist deine Sache, was du tust, Galew! Aber wenn du schon unbedingt in anderen Betten herumturnen musst, dann sei doch wenigstens mir gegenüber ehrlich! Ist das denn zuviel verlangt?“ Als würde sie die herausgesprudelten Worte untermauern wollen, ertönte die blecherne Alarmsirene und alle Anwärter und Piloten wurden für einen Moment lang still. Erts vergaß seinen ganzen Zorn, den er eben noch auf Galew ausgießen wollte und lief los, gefolgt von selbigem. Oh Gott, nicht jetzt! Wie viele Victims waren es dieses Mal? Oder war es vielleicht sogar nur einer? So ein großer wie der, der damals Ernest getötet hatte? Erts mochte es sich nicht ausdenken. All der Missmut und der Frust wandelten sich in pures Adrenalin, das jede einzelne seiner Zellen im Körper flutete und ihn in Todesangst versetzte. Doch diese Todesangst war es, die seine Leistung jedes Mal aufs Neue zur Höchstleistung antrieb. Galew war schneller als er und lief an ihm vorbei. „Komm‘ schon, Erts!“ Leichter gesagt als getan. Er wollte ja schneller laufen, aber er konnte einfach nicht. Er war nicht so athletisch wie sein Geliebter. Und das wusste dieser auch, denn er fasste Erts an der Hand, wohlwissend, dass dieser nun seine Gedanken lesen konnte, und zog ihn mit sich. Auch Galew hatte Angst. Erts spürte sie förmlich durch dessen Hand. Zwischen ihren Handinnenflächen bildete sich Schweiß. Angstschweiß. Sie jagten förmlich in die Maschinenräume, in denen sie alle startklar bereitstanden: die gigantischen In-Grids. Für eine Sekunde blieben Galew und Erts stehen und fassten Mut. Den brauchten sie jetzt mehr als alles andere. Sie konnten sterben, das wussten sie nur zu gut. Jedes Mal, wenn der Alarm ertönte, setzten sie ihr Leben für die Menschheit aufs Spiel. Und was blieb ihnen? Was?, schoss es Erts durch den Kopf. Würden sie heute zurückkehren? Wofür lohnte es sich überhaupt zurückzukehren? Für die Familie? Die Familie, die er nicht mehr hatte, weil er viel zu weit weg war und die sowieso nur die eigenen Interessen duldeten? Für die Liebe? Die Liebe, die ihm nicht gegeben wurde? Galew drückte seine Hand leicht. „Komm.“ Er hatte recht. Sie mussten jetzt stark sein und kämpfen. Für Zion. Für G.O.A. Für die Menschheit. Die Lotsinnen standen schon bereit an den Checkpulten und die Piloten schlüpften so schnell es ging in ihre Uniformen. Danach tauchten sie ins Innere ihrer jeweiligen In-Grid, sei es Ernn Laties, Eeva Leena, Reneighd Klein, Tellia Callisto oder auch Agui Keimeia. Nun waren sie im Kampf auf sich gestellt. Sicher, sie hatten die anderen vier um sich. Aber das nahm ihnen die Angst auch nicht sehr viel mehr. Der Start wurde freigegeben und die Göttinnen schossen ins Weltall hinaus, dem Feind entgegen, was es auch immer für Victims sein mochten. Sie mussten vernichtet werden, egal was es kostete. Das Leben der Menschheit hing davon ab. Und es lag in ihren Händen, ob sie alle weiterleben würden oder nicht. Teela, Nummer 1, meldete sich. „Erts, kannst du schon etwas empfangen?“ Erts konzentrierte sich, während sich seine Haare leuchtend grün zu färben begannen. Seine EX war nun aktiviert – die Fähigkeit, die Gedanken der anderen zu lesen und somit auch die des Feindes oder Feinde. Seine Fähigkeit war weit besser ausgeprägt als der Radar in Reneighd Klein. Er war nicht umsonst der Top-Piloten-Anwärter von G.O.A. gewesen. Seine Fähigkeit war unentbehrlich. Sie war perfekt ins Team passend. Er fühlte, wie sich etwas bedrohliches näherte. Und zwar mit schneller Geschwindigkeit. Es waren mehrere, es waren viele. Und ihre Gedanken waren gebündelt zu einem einzigen vernichtenden Gedanken: Kollektiver Zerstörungswahn von Zion. In Erts verkrampfte sich alles und auch die Göttin konnte ihm die Angst nicht nehmen. „Es sind sehr viele! Sie sind dicht an dicht.“ Nummer Eins hakte nach. „Kannst du ausmachen, wie viele in etwa?“ Das wollte Erts die anderen eigentlich nicht wissen lassen, aber er musste nun Rede und Antwort stehen. „… Unzählige.“ Keiner kommentierte diese Feststellung. Nicht einmal Rio, der sonst immer eine große Klappe hatte. Ganz zu schweigen von Galew. Die nackte Angst schwebte unsichtbar zwischen ihnen allen und ihren Göttinnen umher. Würden sie diesen Ansturm gegen Zion stoppen können? Wie viele waren es denn ganz genau in Zahlen? Teela Zain Elmes brach das Schweigen. „Agui Keimeia in Stellung! Rio, du musst Zion schützen! Lass‘ keinen durch!“ „Verstanden.“ „Eeva Leena und Tellia Callisto, ihr kommt mit mir! Pfeilformation. Flankiert mich. Reneighd Klein, ich brauche den Anführer. Bleibe aber in Sicherheitsabstand.“ Es ging alles fast wie von selbst. So viel trainiert, so viel simuliert, doch nun war es ernst und es lief so viel holpriger als es eigentlich sein durfte. Die drei Göttinnen, die für den Angriff zuständig waren, stellten sich der Masse entgegen, die unaufhaltsam entgegenkam. Und nun kamen sie auch in Sichtweite. Erts hatte nicht übertrieben; es waren so viele, dass es unmöglich war, sie auch nur schätzungsweise zu zählen. Sie hatten im Verhältnis zu ihren langen, fast grazilen Körpern sehr große Schwingen, die fast an die von Dämonen erinnerten. Ihre Augen waren schwarze, enge Schlitze, die ausdruckslos funkelten, jedoch mehr bedrohlich als nichtssagend. Teela aktivierte ihre EX, die anderen beiden taten es ihr gleich. Es war keine Zeit zu verlieren, weil es viel zu viele Victims gab, die es zu vernichten galt. Jeder der dreien reagierte auf die Befehle von Nummer Eins und begann systematisch, die Victims niederzuschlachten. Erts und Rio waren weiter hinten und konnten das Ausmaß aus der Ferne betrachten. „Verdammt, das sind viel zu viele!“ Erts spürte, dass Rio viel zu unruhig wurde. Es kamen schon einige Victims durch die Reihen. Rio wollte eingreifen. Aber er hatte seine Befehle. „Bleib‘ hier, es ist zu gefährlich.“ „Du hast gut reden, Erts.“ Und dabei hatte er das *nicht*. Gareas, sein Geliebter, war da vorne und setzte sein Leben aufs Spiel. Für G.O.A. und Zion. Er konnte die Gedanken von allen dreien vorne und ihren Göttinnen empfangen, die exakt im Einklang mit den Piloten waren. Und er sah Gareas‘ Vorhaben. Er hatte vor, auszubrechen und seine größte Attacke einzusetzen. Wieder einmal. Das hatte er doch auch vorgehabt als Ernest damals die Lage erkannte und ihm zuvor kam. War es nun auch an seinem kleinen Bruder, Gareas vor sich selbst zu schützen? Das mochte sein, schoss es Erts durch den Kopf, aber er würde es weniger aus Pflichtgefühl tun als vielmehr aus Liebe zu Gareas und weil er nicht wollte, dass dieser starb. Und er war bereit, sich dafür zu opfern. Wenn Gareas dadurch nur sehen würde, dass er für seinen Kollegen viel mehr war als nur eine Affäre. Seine Göttin erkannte, wozu Erts bereit war. ‚Es ist viel zu gefährlich. Tu‘ es nicht, Erts‘, bat sie ihn inständig. ‚Ich bin nicht wie mein Bruder‘, gab ihr Erts zurück. ‚Ich würde zwar für ihn sterben, aber nicht kampflos. Ich will doch auch leben.‘ Sie sah ein, dass sie den Piloten nicht umstimmen konnte. Also wurde sie völlig eins mit seinem Willen. Erts schoss mit Reneighd Klein los und ehe die anderen sich versahen, war er schon an ihrer Seite, vor Gareas. Teela registrierte es mit Entsetzen. „Erts, was soll das?! Flieg‘ zurück! Das ist ein Befehl!“ Doch der 15-Jährige hatte nicht vor, ihr Folge zu leisten. Er war ganz darauf fokussiert, Gareas in seine Schranken zu weisen. „Hast du nichts aus Ernests Tod gelernt? Willst du dich wirklich opfern?“ Das saß, denn Gareas fühlte sich immer noch verantwortlich für den Tod seines Freundes. „Erts… ich muss doch etwas tun, verdammt!“ „Wir sind zu fünft! Du bist nicht allein…“ Er wollte eigentlich noch etwas sagen, doch er spürte in diesem Moment, dass eine Gruppe der Victims sich formierte, um Gareas einen Todesstoß zu versetzen, weil er eine der zwei stärksten In-Grids hatte. Er fuhr herum und machte die Gruppe aus. Und tatsächlich, mithilfe seiner Göttin wurde er fündig. Er flog los, fest entschlossen, nicht zuzulassen, dass Gareas etwas zustieß. Ernest war bereits tot; er würde es nicht ertragen, dass noch jemand starb, der ihm nahestand. „Erts!“ hörte er die vereinten Stimmen der anderen rufen. „Jemand muss ihn aufhalten!“, schrie Yu. Teela und Gareas flogen ihr hinterher, doch der jüngste der Top-Piloten hatte bereits Vorsprung. Nun war auch die Formation der Victims zu sehen, die Gareas töten wollten. Sie schossen aus der Menge hervor und sahen aus wie ein einziger großer Pfeil. Und dieser Pfeil war nur auf eines aus: Tod. Erts fühlte, wie sich die Angst in seine Glieder stahl und ihn fast lähmte. Er war nicht für den Angriff zuständig; seine In-Grid hatte keine Offensiv-Waffe. Doch seine Angst machte ihn gleichermaßen stark – sehr stark - und ein zweites Mal in diesem Einsatz begann sich seine EX zu aktivieren: seine zweite Fähigkeit, eine zerstörerische Form, die er bisher noch niemals eingesetzt hatte, weil er noch niemals zuvor so weit nach vorne an die Front des Kampfes gekommen war. Tune, Erts‘ Lotsin, erkannte die Gefahr, die nun von ihm ausging, sofort. „Zurück! Sofort zurück, sonst wird er euch auch zerstören!!“ Gareas konnte nun nur noch hilflos ein Stück zurückfliegen und musste tatenlos mitansehen, wie Erts seine zweite EX aktivierte, um sie alle vor dem vernichtenden Angriff der Victims zu retten. Nicht einmal Ernest, der dieselben Fähigkeiten wie sein Bruder gehabt hatte, hatte es jemals gewagt, die zweite EX einzusetzen. Doch Erts war mutiger. Seine In-Grid begann zu leuchten und es entstand solch eine gleißende Helligkeit inmitten des tiefschwarzen Universums, dass alle anderen Piloten ihre Augen schützen mussten, um nicht zu erblinden. Das nächste, was sie spürten, war ein durch Mark und Gebein dringender Schrei von Erts, dessen EX unkontrolliert die gesamte Umgebung zu zerstören schien, dann eine Druckwelle, die sie ein großes Stück nach hinten schleuderte. Dann wurde es still. Die vier Top-Piloten G.O.A.s mussten sich sammeln, um zu realisieren, was passiert war. Um sie herum flogen Fetzen der entzweigerissenen Victims. Ihre Sicht war behindert, so viele tote Victims trieben in der Sphäre umher. Gareas hatte als Erster die Fassung wieder. „Wo ist Erts?“ Nummer Eins meldete sich als nächstes und erstattete G.O.A. Bericht. „Die Ziele sind komplett vernichtet. Mission erfolgreich beendet!“ Gareas und Yu flogen derweil los, um inmitten des Schlachtfeldes Erts zu suchen. „Reneighd Klein, erbitte Meldung! Erts, bitte sag‘ etwas!“, rief Tune völlig aufgelöst. Ein schlimmes Déjà-vu kam ihr in den Sinn. Was, wenn Erts nun auch tot wäre? Das durfte nicht sein! Ernest war bereits gestorben und das hatte sie kaum verkraftet. Zudem war sie in ihn verliebt gewesen, das hatte alles noch viel schlimmer gemacht. Wenn nun auch sein kleiner Bruder tot wäre, so war sie sich sicher, das würde sie nicht mehr ertragen können und ihre Arbeit als Lotsin niederlegen. „Ich sehe seine In-Grid!“, riss Yu Hikura sie plötzlich aus ihrer Panik. Gareas schoss an Tellia Callisto vorbei und sah das Ausmaß von Erts‘ EX-Ausbruch: um ihn herum schwebten tausende zerrissene Victims, in ihrer Mitte trieb die übel zugerichtet scheinende Reneighd Klein ohne Bewegung umher. „Erts! Erts, verdammt, antworte!“, rief Gareas panisch. Auch er wurde bei diesem schaurigen Anblick unweigerlich an Ernests Tod erinnert. „Oh Gott, er wird doch nicht etwa auch…?!“ Aber dem war, dem Himmel sei Dank, nicht so. „Ich bin noch am Leben…“, kam Erts‘ schwache Antwort. Alle atmeten erleichtert auf. Nummer Eins ergriff das Wort. „Erts ist am Leben, aber scheint verletzt zu sein. Reneighd Klein ist ziemlich beschädigt. Wir bringen sie zurück, G.O.A.!“ Tune weinte vor Erleichterung, Gareas schloss dankbar die Augen. Der Junge hatte seine EX besser im Griff als man es ihm äußerlich ansah. Er hatte eine mentale Stärke, von der andere Piloten nur träumen konnten. Dieser Top-Pilot war etwas ganz besonderes – das hatte er soeben all jenen bewiesen, die vielleicht noch daran gezweifelt hatten. „Wir werden uns noch sprechen“, kündigte Teela dem jüngsten der Piloten streng an, doch Erts war das momentan herzlich egal. Sie lebten alle noch; er hatte sie retten können. Er fühlte wie zwei der anderen In-Grids seine eigene ins Schlepptau nahmen und nach G.O.A. zurück transportierten. Insgeheim war er sogar etwas stolz auf sich. Er hatte fertig gebracht, was Ernest nicht geschafft hatte. Vielleicht hatte er seinem Bruder doch etwas voraus. Und hoffentlich hatte Gareas nun erkannt, zu was sein Geliebter fähig wäre für ihn. Sein ganzer Körper war schwer wie Blei und schmerzte höllisch, doch ein gewisses Gefühl des Glücks machte alles nur halb so schlimm. Er bekam nicht mehr mit, wie sie in den Startbereich zurückkehrten, noch wie er in der Krankenstation landete, denn eine Ohnmacht der Erschöpfung holte den blonden Jungen ein. Als er aufwachte, lag er in einem Bett und starrte an eine weiße Decke. Als er sich umsah, wurde ihm klar, dass er sich in einem separaten Zimmer der Krankenstation befand. Er hatte nicht einmal mehr Schmerzen. Gareas saß neben ihm und war etwas vornüber gebeugt, den Blick gen Boden gewandt und die Finger nervös ineinander vor sich verhakt. Erts setzte sich langsam auf und sein Freund wurde sofort auf ihn aufmerksam. „Du bist wach! Gott sei Dank. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Erts lächelte müde. „Ich bin okay.“ Gareas‘ Blick war erleichtert, dann wich seine Miene leichtem Zorn. „Was hast dir eigentlich bei deiner Aktion gedacht?! Du könntest tot sein!“ Erts sammelte sich. „… sie wollten dich ausschalten. Das konnte ich nicht zulassen.“ Gareas‘ Blick wurde wieder sanfter. „Trotzdem… so etwas darfst du nie wieder machen.“ Erts sah ihn vorwurfsvoll an. Er hatte keine Lust, immer als Schwächling angesehen zu werden, der sich nur im Hintergrund zu halten hatte. Vor allem nicht von Gareas. „Ich bin nicht *Ernest*. Ich weiß, wie weit ich gehen kann!“ Und das saß, das wusste Erts. Gareas sah betreten zu Boden. „Das sage ich ja auch gar nicht…“ „Dann deute es auch nicht mit solchen Aussagen an.“ Der ältere der beiden Piloten wusste, dass Erts es nicht mochte, mit seinem Bruder verglichen zu werden. Aber es war nun einmal so, dass beide keine Offensivkämpfer von Natur aus waren. Und er würde einen Teufel tun, mit Erts in solch einer Situation darüber zu diskutieren. Also beließ er es dabei und schwenkte um. „Wie fühlst du dich?“ Erts zuckte die schmalen Schultern. „Es geht so. Hab‘ mich schon besser gefühlt.“ „Ich bin froh, dass dir nicht Schlimmeres zugestoßen ist. Danke, dass du dich für mich eingesetzt hast.“ Sie lächelten einander an, doch Erts‘ Lächeln war nur der Form halber. Eigentlich hatte er mehr von Gareas erwartet. Dass er so zurückhaltend wäre, das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Gareas war ein impulsiver Mensch; eigentlich wäre zumindest ein liebevoller Kuss seine Art gewesen, aber nicht einmal eine Umarmung folgte. Und das verletzte den sanften Jungen ziemlich. Dr. Rill Croford kam herein. „Ah, der Patient ist endlich wach. Gareas, mach‘, dass du rausgehst.“ Der Angesprochene zog gekünstelt eine Fratze. „Oh je, wenn Frau Doktor schon so kommt, dann gehe ich wirklich besser. Bis später.“ „Bis dann“, murmelte Erts und war im nächsten Moment auch schon mit Dr. Croford alleine im Raum. Der Checkup begann, doch der junge Pilot war gedanklich abwesend. Gareas hatte offensichtlich nicht gemerkt, was Erts ihm mit seiner Aktion eigentlich hatte klarmachen wollen. Das Herz des Jungen zog sich krampfhaft in der Brust zusammen. Eines war klar: Wenn sein Freund etwas *so* Offensichtliches nicht verstand, wie weit her konnte es dann mit seinen Gefühlen für ihn sein? Dr. Croford redete etwas mit ihm, doch Erts hörte sie nicht. Er war in seinem Innersten längst fernab G.O.A.s. Er versank in einem Meer der Verzweiflung und drohte darin langsam aber sicher zu ertrinken, wenn er nicht bald Hilfe für seine seelischen Wunden bekäme. * * * * * Armer Erts. ._. Aber wo Verzweiflung ist, gibt es auch Hoffnung :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)