Kartenspiel von moi_seize_ans (immer ein Ass im Ärmel) ================================================================================ Kapitel 10: Karo 10 ------------------- Kartenspiel immer ein Ass im Ärmel Kapitel 10 Karo 10 Warum mussten selbst Tage, an denen man offiziell als arbeitslos gemeldet war, so verdammt anstrengend sein? Nicht, dass Roland sich über seine neue Beschäftigung irgendwie beschweren wollte, eher im Gegenteil seine von Rachsucht getriebenen Pläne hatten in Form insgeheim erprobter, allabendlicher, diabolischer Lachtriaden einen bereits sehr beglückenden Höhepunkt gefunden, sodass einzig und allein die blanke Ungeduld an dem kleinen Bremer nagte. Wann könne er diese bayrische aufgedunsene Maß Bier nur endlich die Leviten lesen? Ihr die eindeutig viel zu dicken, nein fetten Hammelbeine langziehen? Sich endlich für alles, was ihm angetan wurde rächen, Gottverdammter? Mit einer fast schon zu abrupten Bewegung hatte der Norddeutsche die beschauliche Haustür aufgerissen und war über die Schwelle hinweg in den Flur getreten. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, aber die Uhrzeit, die ihm der vernunftbehaftete Schulterengel in Kombination mit der kontinuierlich tickenden Armbanduhr rhythmisch ins Ohr flüsterte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Sicher musste es seinem kleinen Bruder schon verdammt merkwürdig vorkommen, dass dessen gesetzlicher Vormund wie vom pubertären Mädchengenen getrieben des Nachts monströs irrsinnige Gelächter in die Fasern seines Naturhaarkissens schleuderte, aber dass der 25-Jährige nun jeden Abend erst weit nach Mitternacht in die Hansestadt zurückkehrte, musste selbst einem jungen Zehntklässler wie ein misstrauenserregenden Umstand erscheinen. Gut, dass Roland aber den Schutz lärmdämmender Plüschsocken für sich entdeckt hatte (nach Absprache mit Chef Gilbert versteht sich) und so schlich er an der Zimmertür Heins vorbei und kämpfte sich Schritt für Schritt näher an das Ende des langen kahlen, mit Dielen ausgelegten Flures, heran. „Was machst du da?“ Ruckartig hielt der kleine Bremer inne, kniff die Augen wie im Unglauben des plötzlich einfallenden Flurlichtes zusammen und spürte wie sein Herzschlag für ein Sechzehntel einer Sekunde ausblieb. Wenigstens einmal sollte Gott seine Bitte in Form von „Scheiße scheiße scheiße scheiße“ in Alltagssprache übersetzen und ihm seinen Wunsch erfüllen. „Roland?“ Mist, es gab ihn also doch nicht. Also, Pobacken zusammen kneifen und durch. In einer flüssigen Drehung hatte sich der Angesprochene so vor seinem körperlich zwar größeren aber dennoch jüngeren Bruder platziert, versuchte seine Haltung so würdevoll aufrecht zu erhalten wie eben nur möglich, und räusperte sich in Anbetracht der makaberen Umstände, die ihn irgendwie in einem verdammt schlechten Licht dastehen ließen. „Es ist nicht so wie es aussieht!“, versuchte er es mit der Standardeinleitung für solche Gespräche. Nur merkwürdig, dass es normalerweise die Teenager waren, die sich so vor ihren Eltern verteidigen wollten. Ironie des Schicksals. „Nach was bitte soll es denn aussehen?“, die prompte Gegenfrage, die fast keinerlei Anzeichen von erhöhter Müdigkeit in sich trug, zumindest nicht minder monoton als gewöhnlich klang, kam sofort. Da flog sie also hin, die schöne Ausrede aus Jugendzeiten. Also, auf ein Neues. Fast schon wollte der Ältere von seiner ominösen Situation ablenken, und die Schuld auf den Sechzehnjährigen abwälzen, der anscheinend die ganze Nacht stundenlang auf seinen großen Bruder gewartet hatte. Nie machten Geschwister das, was man von ihnen verlangte, gottverdammte Ungerechtigkeit aber auch. „Na ja, ich bin auf jeden Fall nicht nachts am Bahnhof unterwegs und klapper die Beate Uhse Läden ab.“, super nun hatte sein so erwachsenes, verantwortungswiderspiegelendes Argument noch ein paar überschränkte Arme als glorreiche Unterstützung dazugewonnen. Sehr überzeugend, das musste man ihm lassen. Als ob das die zu Furchen geformten misstrauischen, aber dennoch sorgevollen, Augenbrauen seines Bruders wieder liften würde. Sicher. „Du musst dich nicht rausreden“, seltsamerweise blieb der Ausdruck des Jüngeren starr wie das Gesicht des Blechmanns, dem das Herz fehlte und es kam Roland fast so vor, als habe eine transzendente Kraft die imaginäre Heizung ihrer Wohnung um einige Grad kälter gestellt, „Ich weiß genau, was ihr treibt.“ Jetzt war es also schon um ihre schönen Pläne geschehen. Sicher, ein Casino ausrauben zu wollen war keine noble, vom allgemeinen Menschenverstand unterstützte Geste des unabdingbaren gesellschaftlichen Zusammenlebens, aber seinen eigenen Bruder schamlos anzulügen, das konnte Roland nicht ertragen. Er könne ebenso gut gleich den Kopf durch die Schlinge legen, oder wahlweise auch mit Zementschuhen in die Weser springen. Nur schade um die schönen weißen Plüschsocken. „Hör mal Hein.“, der Bremer senkte betroffen seinen Kopf, das Geständnis und die Absicht ihre Pläne sofort wie die Flinte ins Korn zu werfen, auf seinen Lippen. – „Ich kenne jemanden, der euch helfen kann.“, Heins signifikante Unterbrechung ließ die erst ungläubigen, dann aber freudetrotzenden Halleluja-Gesänge in Scharen erklingen, sodass der Ältere hoffnungsvoll die Augen zu großen tellerbreiten Kreisen aufriss; „Ehrlich?“ Es gab ihn also doch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)