Flucht von Byun (Manchmal ist sie das Einzige, was bleibt.) ================================================================================ Kapitel 1: Momentaufnahme ------------------------- Ich bin seit Wochen unterwegs und trinke zu viel Bier und Wein. Schon seit Wochen bin ich abends in irgendeinem Club anzutreffen. Immer auf der Suche nach der richtigen Dosis aus Alkohol, Zigarettenrauch, leichten Mädchen und Toilettensex, die mich vergessen lässt, wie beschissen mein Leben doch ist. Versteht mich nicht falsch. Ich bin Chefkoch in einem fünf-Sterne-Restaurant. Habe Menschen, die ich herumkommandieren kann, Verantwortung, die mich in meine Schranken weißt und mich am Ende des Tages als Held dastehen lässt, die stumme Anerkennung meines Chefs und vor allem Menschen, die ich mit meinem Talent glücklich machen kann. Ich muss außerdem erwähnen, dass ich die pure Sünde in Person bin. Äußerlich, wie auch innerlich. Blond, blauäugig, durchtrainiert, Sinn für Mode. Charmant, gebildet, selbstbewusst, schlagfertig. Ich bin ein junger Mann Anfang Zwanzig und der lebende Traum der meisten Frauen, sowie Männern. Ein feuriger Wildfang. Der Typ Mensch, der andere Menschen Neid fühlen und der Typ Mann, der seinen Partner eifersüchtig und besitzergreifend agieren lässt. Aber das alles hat nichts mit meiner Person zu tun. Jeder sieht nur den scharfen, sexy Blondschopf in mir und meint zu wissen, für was ich wo auch immer bin und was ich von wem auch immer will. Niemand macht sich die Mühe, sich gegenüber von mir zu setzen und mich nach meinen Träumen zu fragen oder ob ich Geschwister habe. Niemanden interessiert es, dass ich mich für das Kickboxen begeistere und Disneyfilme abgöttisch liebe. Warum auch? Ich sehe gut aus, also muss ich ein verdammt schönes Leben führen. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass meine Freunde nicht zählen, da sie mich schon seit dem Sandkasten kennen und meinen Lebensweg mitverfolgt haben und es immer noch tun. Meine Wohnung ist verödet, meinen Spiegel schlag ich kurz und klein. In meinem Penthouse, in den Wolken von Manhattan, war ich schon lange nicht mehr. Wahrscheinlich kann ich mich da auch nicht so schnell wieder blicken lassen, der Gemüseauflauf müsste heute sein zweiwöchiges Jubiläum feiern. Ich kann nur hoffen, dass die Nachbarn noch immer verreist sind, sonst müsste ich mich vor Gericht rechtfertigen, warum ich meine Mitmenschen derartig schlechten Gerüchen aussetze. Bei meinem Glück und der Tatsache, dass wir hier in Amerika sind, würde es mich nicht überraschen, wenn es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren kommen würde. Ich unterbreche meine Gedankengänge, als ich von irgendetwas geblendet werde und dementsprechend meine empfindlichen Augen mit meiner rechten Hand schütze. Aber so schnell, wie das Licht gekommen ist, ist es auch wieder fort. Ich blicke verwirrt und nach der Ursache suchend auf, welche ich sogleich finde. Der kleine Handspiegel von einem der 'leichten Mädchen' neben mir hatte das Licht des Scheinwerfers gespiegelt und auf mich projiziert. Sie hält ihn auf Brusthöhe, während sie in ihrer Handtasche nach irgendetwas sucht. Dadurch muss ich unbeabsichtigt mein Spiegelbild anstarren, welches ich am liebsten zusammen mit dem Spiegel zusammenschlagen würde. Schon seit einer halben Ewigkeit habe ich gemerkt, dass ich mein eigenes Spiegelbild hasse. Auch alle meine Fotografien müssen sich Vorlieb mit der hintersten Ecke meines begehbaren Kleiderschranks nehmen, weil mich mein eigenes Gesicht in Rage bring. Ich hasse es. Diese feinen und doch männlichen Gesichtszüge. Diese ausdrucksstarken Augen zusammen mit den sauber gezupften Augenbrauen und der perfekten Nase. Blassrote, volle Lippen. Ein Kinn, das als Vorbild einen römischen Gott hatte. Die makellose, porzellanfarbene Haut. Ich bin nicht der, der ich sein will und will nicht sein wer ich bin. Aber das alles will ich nicht mehr sein. Ich will nicht mehr auf mein Äußeres reduziert werden. Nicht mehr als Lustobjekt betrachtet werden, dem Mann in einer schmutzigen Seitengasse auflauern kann, um sich dann an ihm zu vergehen und ihn hinterher kauernd liegen zu lassen. Nie wieder das Vorzeigemännchen für Frauen spielen, um irgendwelche Hasssubjekte vor Neid erblassen zu lassen. Mein Leben ist das Chaos, schau mal genauer hin. Mein Leben ist das reinste Chaos, aber niemand will es sehen. Niemand schaut genauer hin, wie unglücklich ich mich fühle. Niemand interessiert sich für die Seele, die in diesem perfekten Körper wohnt. Niemand, außer... „Sanji?“, höre ich eine vertraute Stimme meinen Namen rufen. Rau, ausgelaugt und verdammt wütend. Ich sehe undefinierbar und mit einem Anflug von Skepsis in meinen Seelenspiegeln auf. Was macht er hier? Aber viel länger kann ich darüber nicht nachdenken, denn schon im nächsten Augenblick werde ich von einer starken Hand am rechten Oberarm gepackt und in einen VIP-Raum gezerrt. Dass diese Aktion nicht gerade sanft vonstatten geht, muss ich nicht erwähnen. „Sag mal, was hast du dir dabei gedacht?“, werde ich angeknurrt, nachdem man mich unsanft auf eine weiche Couch geworfen und an dieser festgenagelt hat. Oh ho, da ist aber jemand nicht gut auf mich zu sprechen. „Hast du überhaupt etwas gedacht, als du mich dazu gebracht hast, dich zu ficken?“, führt er seine Anschuldigung weiter aus, da er merkt, dass ich nicht recht verstehe, was er meint. Nun, dieses eine Wort hätte man ruhig durch ein anderes ersetzen können. 'Ficken' klingt so hart und abwertend. „Verdammte Scheiße, Sanji! Ich werde in zwei Tagen heiraten!“ Nun lässt er von mir ab, richtet sich auf, strafft seine Schultern und sieht mich abwartend an. Seltsam, warum kam er erst jetzt, nachdem es doch schon drei Wochen her ist, dass wir miteinander geschlafen haben? Dass sich bei seinen Worten irgendetwas in mir krampfhaft zusammen gezogen hat, ignorierte ich für den Moment. „Ich weiß“, kommt es ruhig und monoton von mir. Ich weiß, dass er nicht mehr hören will. Er hat seine Bestätigung, dass ich mir meiner Tat bewusst bin und dass ich dementsprechend die Verantwortung dafür zu tragen habe. Jetzt eine Diskussionen vom Zaun zu brechen, würde alles nur noch schlimmer machen. Schließlich gehörten zum 'Ficken' immer noch... „Gut, dann weißt du auch, dass ich dich morgen bei meinem Junggesellenabschied erwarte und Übermorgen als meinen Trauzeugen sehen möchte?“ Es ist mehr eine Drohung, als eine Nachfrage, ob ich das alles auch nicht vergessen hätte. Er will also nicht darüber reden. Zur Antwort nicke ich nur stumm, ernte ein triumphierendes Grinsen und sehe ihn aus dem Raum treten. Wie kann ich auch? Es ist seit letztem Sommer rot in meinem Kalender verzeichnet. Der Tag, an dem ich mein altes Leben hinter mir lassen würde. An dem ich vor meiner Vergangenheit fliehen würde, obgleich ich solche Menschen verabscheue. Menschen, die sich der Wahrheit nicht stellen wollen. Menschen, die zu feige sind, ihr Spiegelbild anzusehen. Stumme Tränen rennen meine blassen Wangen hinab. Niemand, außer ihm. Mein Leben ist ein Chaos, schau mal genauer hin. Sad End __________________________________________________________ So, ich habe fertig. xD Ich hoffe, ihr seid nicht zu enttäuscht über das Ende, aber irgendwie hat mich das Drama gepackt und nicht mehr losgelassen. Q___Q Man liest sich. *winke* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)