Rumo und die Wahrheit der Alchimisten von -Echo ================================================================================ Kapitel 19: Getrennte Wege -------------------------- "Also was ist nun?", fragte Blaubär in den unerbittlichen Regen hinein ohne Rumo dabei anzusehen. "Begleitest du mich?" Jegliche Freude, jegliches Leben war aus seiner Stimme gewichen, all das, was den optimistischen Buntbären bisher ausgemacht hatte, schien es nun mit einem Schlag nicht mehr zu geben. Es war bitterer Entschlossenheit gewichen, Entschlossenheit zu tun, was getan werden musste, zu kämpfen, wenn die Zeit dafür gekommen war. Rumo konnte nicht anders als ihn zu beneiden. Er wünschte sich in diesen Sekunden nicht sehnlicher als diese Entschlossenheit auch nur im Ansatz teilen zu können, irgendwo her die Gewissheit zu bekommen, dass der Weg, den er von nun an einschlagen würde, der richtige war. Doch alles, was er empfand, war unfassbarer Zerrissenheit, eine Ratlosigkeit, die aus seinem tiefsten Inneren zu kommen schien und die ihn so sehr erschütterte, dass er sich am liebsten in der nächst gelegene Ecke verkrochen und dort wimmernd gewartet hätte, bis diese ganze Chaos an ihnen vorüber gezogen war. Natürlich war das keine Lösung. Das war es nie. "Rumo?" Blaubärs Stimme klang wie aus einer anderen Welt zu ihm herüber. Ungeduldig. Rumo konnte den Blick nicht von Hektor abwenden, dem der Regen das Blut zusammen mit seinem Leben aus dem Fell wusch. Er hatte vor ein paar Minuten - oder waren es Stunden? - aufgehört zu Atmen. "Ich weiß es nicht…" "Rumo", sagte Blaubär noch einmal und wirkte nun wieder etwas mehr wie er selbst. Weniger kühl, weniger distanziert. Er machte ein paar Schritte auf seinen zusammen gekauert dasitzenden Gefährten zu, bis er schließlich neben ihm stand. "Hör zu, ich kann verstehen, dass das keine leichte Entscheidung für dich ist…" Rumo schnaubte. Blaubär hatte keine Ahnung. Er wusste ja nicht einmal von Smeik! "…aber ich kann, ich darf jetzt nicht zögern. Ich muss die Finsterberge so schnell wie möglich erreichen, wenn ich verhindern will, dass die Menschen an Nachtigallers Aufzeichnungen kommen. Und nicht zuletzt braucht mich meine Familie zu Hause." Der Wolpertinger antwortete immer noch nicht. Er konnte nicht - sein gesamter Körper fühlte sich an wie betäubt. Schließlich hockte sich Blaubär neben ihn. "Willst du meine Meinung hören?" Rumo sah auf. Zu mehr war er im Augenblick nicht fähig. "Ich denke, du solltest auch zu deiner Familie gehen." Das kam unerwartet, selbst für jemanden wie Rumo, der inzwischen gelernt hatte, mit allem zu rechnen. Er wischte sich mit dem Ärmel seiner Lederjacke den Regen aus den erschöpften Augen. Sicher war es Regen. "Aber Hektor hat gesagt…" Blaubär grinste nun wieder aufmunternd, auch wenn sein Gegenüber den Verdacht hegte, dass es dieses eine Mal nicht vom Herzen kam. "Er hatte Angst, ich würde es allein nicht schaffen. Aber da irrt er sich!" Er deutete mit der Pfote auf seine Brust. "In diesen Adern fließt das Blut eines waschechten Überlebenskünstlers. Es gibt kaum etwas in Zamonien, das noch nicht versucht hätte mich unter die Erde zu bringen und sieh mich an! Hier stehe ich vor dir, Lebendig, jung und gutaussehend!" Rumo lachte nicht. Stattdessen blickte er von Blaubär zu Hektor und dann wieder zu Blaubär. "Bist du dir wirklich sicher?" Der Buntbär nickte. "Zu einhundert Prozent. In solchen Zeiten sollte jeder zuerst an die eigene Familie denken und an die, die einem nahe stehen. Geh zu ihnen, schau nach dem Rechten und bringe sie, falls nötig, in Sicherheit. Danach kontaktierst du mich und wir finden gemeinsam raus, wie die Dinge im Rest von Zamonien stehen. Einverstanden?" Rumo schniefte und schluckte schnell den ziemlich großen Kloß in seinem Hals herunter, bevor er Blaubär zustimmte. "Danke", sagte er leise, während ihm langsam klar wurde, wie viel überlegter, wie viel sicherer sein Gefährte mit der Situation umging. Nein, nicht sein Gefährte. Sein Freund. Plötzlich fühlte er sich dem großen Finale, das er sich vor ein paar Tagen noch so sehr gewünscht hatte, nicht mehr wirklich gewachsen. Blaubär richtete sich wieder auf, die ungebrochene Entschlossenheit nun in Form eines Lächelns auf seinen Lippen. "Bedanken kannst du dich bei dir selbst, wenn Zamonien wieder friedlich ist." Also zuerst nach Wolperting, dachte Rumo, ohne die Bemerkung des Buntbären wirklich wahr genommen zu haben, und er wusste mit dieser Sekunde, dass es die richtige Entscheidung war. So sehr er sich auch um Smeik sorgte, Rala war seine Familie, seine Liebe, sein gesamtes Leben. Und er würde sie beschützen, noch bevor er irgendwen sonst schützte. Sicher, sie war eine nicht weniger talentierte Kämpferin als er selbst und mindestens genau so wagemutig, doch diese Menschen schienen eine geradezu übernatürliche Bedrohung zu sein, die er inzwischen nicht mehr einzuschätzen wagte. Und sollte das sogar das Ende für sie alle bedeuten, nun, dann wollt er zumindest bis zur letzten Sekunde bei ihr sein. Smeik würde für dieses eine mal allein klar kommen müssen. Eine Frage blieb dennoch offen. Rumo mobilisierte seine schmerzenden Glieder und erhob sich ebenfalls. "Was machen wir mit Hektor?" Blaubär sah ihn nicht an. "Was sollen wir tun?", fragte er tonlos, nur um sich sofort selbst zu antworten: "Wir können nichts tun. Hier gibt es weit und breit nur Fels, beerdigen scheidet also aus. Und das nächste Tal ist einige Tagesmärsche entfernt, ganz zu schweigen von der nächsten Siedlung…" Natürlich, all das war auch Rumo klar gewesen noch bevor er seine Frage überhaupt gestellt hatte, doch das unaussprechliche aus einem anderen Mund als dem eigenen zu hören, verlieh dem ganzen noch einmal eine ganz neue Dimension. Er sah auf den toten Werwolf herab und schwieg eineiige Sekunden. "Tut mir Lied, mein Freund", brachte er schließlich mit trockenem Hals hervor und er war sich sicher diese Worte noch nie zuvor in seinem Leben so ernst gemeint zu haben. "Ich wünschte, wir könnten mehr für dich tun, nach allem, was du durchgemacht hast…" Dann klopfte er sich zwei mal mit der Faust auf höhe seines Herzens auf die Brust -der Gruß der Waffenbrüder. Blaubär tat es ihm gleich. Eine Weile verharrten sie wortlos im Regen, keiner wollte der Erste sein, der diesen kleinen und doch irgendwie großen Moment des Abschieds durch schnöde Worte durchbrach. Um sie herum tosten die Naturgewalten und fuhren immer wildere, immer aggressivere Geschütze auf. Aus dem gelegentlichen Donner war inzwischen ein durchgehendes, tiefes Grollen wie von tausend Pauken geworden, Blitze schienen sich gegenseitig über den Himmel zu jagen und die Wolken türmten sich so wagemutig, dass man das Gefühl bekam, sie stürzten jeden Moment auf die nahem Berggipfel herab und begrüben ganze Landstriche unter sich. Schließlich löste sich Blaubär aus seiner gedankenverlorenen Starre und wandte sich zum Gehen. "Nur eins noch", sagte er, als er sich schon einige Meter entfernt hatte, und drehte sich noch einmal zu Rumo um. "Wir sollten überlegen, wen von uns Echo begleitet. Wir können ihn kaum allein und ohne Ziel hier in der Wildnis zurück lassen." Echo… Ja, da klingelte etwas im Kopf des Wolpertingers. Echo… Echo! Rumo schreckte aus seinen völlig um sich selbst kreisenden Gedanken und suchte mit hektischem Blick den Boden zu seinen Füßen ab. Über die Ereignisse der letzten Minuten hatte er die Existenz der kleinen Kratze beinahe vollkommen verdrängt. Wie hatte das passieren können? Andererseits, überlege er, hatte Echo sich auch nicht gerade bemerkbar gemacht, während seine beiden Reisebegleiter mit ihren Entscheidungen gehadert hatten. Und auch jetzt, da es direkt um ihn ging, fand Rumo ihn geistesabwesend vor sich hin starrend einige Schritte entfernt neben einem abgestorbenen Baumstumpf stehend. Seltsam. Er schien vollkommen ungerührt von den Kieselstein großen Regentropfen, die ihm in die Nüstern und den halb geöffneten Mund peitschten und der Wolpertinger wurde das Gefühl nicht los, dass er von dem Drama, dass sich soeben direkt vor seinen Augen abgespielt hatte, erstaunlich wenig mitbekommen hatte. Er ging neben Echo in die Knie, um halbwegs von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprechen zu können. "Also im Grunde ist es wohl egal, wen von uns du begleitest…", überlegte er sowohl für sich selber als auch für seinen Gefährten. "Gefährlich dürfte es in jedem Fall werden. Von daher…" Der Satz bedurfte kaum einer Vollendung, die offene Frage, die ihn ihm mitschwang, war kaum zu überhören. Doch Echo zeigte keinerlei Reaktion. Nun bemerkte auch Blaubär aus einiger Entfernung, dass mit ihrem kleinen Begleiter irgendetwas nicht stimmte. Er kam herüber getrottet und legte irritiert den Kopf schief. "Echo?", fragte er. "Alles in Ordnung?" Ein Windstoß rauschte ihnen um die durchnässten Ohren, irgendwo in unmittelbarer Nähe schlug der Blitz ein, aber Echo rührte sich nicht. Vielleicht war das alles zu viel für ihn, überlegte Rumo. Der Stress der Reise, die Angst vor der ungewissen Bedrohung und jetzt auch noch Hektors Tod direkt vor seinen Augen - vielleicht hatte sein Kratzenköpfchen schlichtweg den Dienst quittiert. "Ich kann es ihm ja soo sehr nachfühlen", seufzte Löwenzahn theatralisch. "Warum trifft es auch immer uns? Können wir nicht einfach in Frieden alt werden?" 'Sieht so schnell nicht danach aus', dachte Rumo zurück und beugte sich dann vor, um mit der ausgebreiteten Pfote vor Echos Gesicht auf und ab zu wedeln. "Hallo? Kannst du uns hören?" Endlich regte sich der junge Alchimist. Erst ein Blinzeln, daraufhin ein Schütteln von Kopf bis Fuß, was wohl als zum Scheitern verurteilter Versuch gedeutet werden konnte, dem triefenden Fell Herr zu werden. Als er schließlich auf und Rumo in die Augen sah, war sein Blick jedoch immer noch seltsam abwesend, so als sehe er den Wolpertinger zwar, nehme ihn aber nicht bewusst war. "Was… was ist los?", wollte er mit fahriger Stimme wissen. Rumo runzelte die Stirn, beschloss es aber zunächst einmal auf sich beruhen zu lassen. Vielleicht war es tatsächlich nur der Stress. "Unsere Wege werden sich hier trennen", erklärte er ruhig. "Du kannst dir aussuchen, ob du Blaubär zu den Finsterbergen und danach zur Bärenbucht begleitest, oder ob du mit mir nach Wolperting kommst. Vom Risiko her sollte es sich nicht viel nehmen." Waren seine Worte bei Echo angekommen? Rumo war sich nicht sicher. Der honigfarbene Blick der Kratze schien geradewegs durch ihn hindurch zu gehen. Und auch als er antwortete, klangen seine Worte, als kämen sie von irgendwo ganz weit weg. "Ich werde nach Buchhaim gehen." Rumo blinzelte, während sein Gehirn versuchte, diese neue Information sinnvoll einzuordnen, wobei "sinnvoll" in diesem Falle sehr relativ zu verstehen war, denn Sinn machte das Ganze sicherlich äußerst wenig. Blaubär schien das ähnlich zu sehen. "Was willst du denn da?", fragte er sichtlich verdutzt. "Da kommen wir doch gerade her." "Ich gehe nach Buchhaim", wiederholte Echo mit starrem Blick. "Ich muss nach Buchhaim." Dann drehte er sich um und schickte sich an zu gehen. Rumo reagierte reflexartig, machte einen großen Satz nach vorn und versperrte dem Alchimisten somit den Weg. "Warte", rief er. "Du kannst doch nicht einfach weglaufen! Das ist viel zu gefährlich!" "Rumo hat recht", pflichtete ihm Blaubär bei. "Wenn dich die Menschen nicht erwischen, dann ist es ein wildes Tier. Oder das Wetter macht dir den Garaus. Das können wir nicht verantworten!" Doch Echo machte keine Anstalten sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Flink, wie er nunmal von Natur aus war, schlängelte er sich durch Rumos Beine hindurch und hüpfte leichtfüßig einen Felsvorsprung hinauf. Alle Versuche seiner Gefährten ihn zu packen und rein physisch an der Flucht zu hindern waren aufgrund seiner Wendigkeit zum kläglichen Scheitern verurteilt, und so blieb Rumo und Blaubär nichts anderes übrig als zuzusehen, wie ihr kleiner Freund schnellen Schrittes hinter einem Vorhang von Regen verschwand. "Echo!", rief der Wolpertinger hilflos in das Unwetter hinein. "Echo, komm zurück! Was tust du denn?" Er wirbelte zu Blaubär herum. "Wir müssen ihm folgen! Das überlebt er nicht!" Blaubär rührte sich nicht, sondern kaute stattdessen nachdenklich auf seiner Unterlippe. Nach einigen Sekunden schüttelte er den Kopf. "Lassen wir ihn gehen." "Was?" Rumos Stimme überschlug sich und rutschte, sehr zu seinem Leidwesen, direkt zwei Oktaven nach oben. Er räusperte sich und startete einen neuen Versuch. "Was?", wiederholte er, dieses mal in normaler Tonlage. "Das kann nicht dein Ernst sein!" "Ich glaube, wir unterschätzen ihn", gab Blaubär erstaunlich entspannt zurück. "Er ist, bevor er uns getroffen hat, auch alleine klar gekommen. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn sich jetzt jeder erst einmal um seine eigenen Angelegenheiten kümmert. Wer weiß, was ihn nach Buchhaim zieht, es scheint ja recht wichtig zu sein. Er schafft das schon." "Aber…" Rumo war verwirrt und auf eine sehr seltsame Weise frustriert, was wohl mit dieser Hilflosigkeit zusammen hing, die ihn seit geraumer Zeit verfolgte. Alleine zu reisen war wesentlich einfacher - man fühlte sich nicht ständig so verantwortlich! "Gnaah", machte er und ließ einen Teil seiner unterrichteten Aggression an einem kleinen Stein aus, den er den Abhang hinunter kickte. Mehr fiel ihm dazu nicht ein. Blaubär trat neben ihn und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Machen wir uns auf den weg, okay? Vor uns liegen etliche Kilometer Weg und das Wetter hier oben wird auch nicht besser." Sie verabschiedeten sich mit dem Versprechen, sich wieder zu treffen, sobald sie ihre Liebsten in Sicherheit wussten, doch Rumo war mit den Gedanken nicht bei der Sache. Eine Frage hatte sich in seinem Kopf festgesetzt und wollte ihn auch nicht loslassen, nachdem er schon weit die Täler Richtung Wolperting hinab gewandert war: Wenn Echo so sehr nach Buchhaim wollte, wieso fiel ihm das erst ein, nachdem sie die Stadt schon lange verlassen hatten? Echo setzte zielstrebig ein Pfötchen vor das andere, vollkommen ungerührt von dem strömenden Regen oder dem nahen Gewitter, das sich unheilvoll über ihm entlud. Buchhaim! Natürlich! Wieso war er nicht schon früher darauf gekommen? Buchhaim war der perfekte Ort für ihn! Er musste einfach wieder dorthin, sofort und ohne Umwege und am besten so schnell wie möglich. Nichts und niemand würde ihn von seinem Weg abbringen, denn nirgendwo in Zamonien war er in diesen Stunden besser aufgehoben als in Buchhaim. - Das ist Schwachsinn! - Buchhaim mit seinen Cafés, Antiquariaten, und Buchhandlungen, mit seinen Druckereinen und Bibliotheken und nicht zuletzt mit den Katakomben - was sollten diese tollwütigen Menschen dort schon suchen? Nein, dorthin würden sie sich bestimmt nicht verirren, dort könnt er das ganze Durcheinander einfach aussitzen. - Das ist absoluter Schwachsinn! - Der junge Alchimist sprang mit tropfendem Fell ein Geröllfeld hinunter, der letzte Ausläufer des Gebirges, bevor die Landschaft in die weite Flur der zamonischen Hochebene überging, an deren anderem Ende sich Buchhaim befand. Vor ihm erstreckten sich endlose Wiesen und Felder, hier und da unterbrochen von kleinen, lichten Baumgruppen, die furchtbar unter dem peitschenden Wind litten, sich krümmten und mit ihren entblößten Ästen schlugen. Es war eine wilde, aggressive Schönheit, die den Charakter des gesamten Kontinents in sich zu tragen schien, doch Echo würdigte sie keines Blickes. Seine Augen waren starr auf das ferne Ziel gerichtet, in seinen Gedanken war für nichts anders Platz als den Wunsch in höchster Eile nach Buchhaim zu gelangen. Das und das weit entfernte, beinahe unterbewusste Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Echo kannte seinen Körper und auch seinen Geist sehr genau und schon seit einiger Zeit konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er nicht mehr ganz Herr seiner eigenen Sinne war. Sicher, er fühlte den Wunsch nach Buchhaim zu reisen aus tiefstem Herzen und er war von der Idee so überzeugt wie selten von irgendetwas zuvor. Was ihn dennoch stutzig machte, war die Haltlosigkeit dieses Gedankens. Er war so undurchdacht, so grundlos, war wie aus dem Nichts entstanden und hatte sich in seinem Kopf festgesetzt wie ein besonders hartnäckiger Virus, ein Wahn, der nun nicht mehr von ihm lassen wollte. Laufen, laufen, immer weiter laufen, bis er die Tore der Stadt erreichte. Neben ihm jagte das Wild durch den jungen Weizen, getrieben vom allgegenwärtigen Sturm und ein paar besonders mutigen Raubvögeln, die es wagten, bei dieser Witterung zu fliegen. Sie hätten auch Echo gefährlich werden können - Katzen und Kratzen standen auf dem Speiseplan der meisten der eleganten Räuber - doch dem Alchimisten hätte kaum etwas gleichgültiger sein können. Laufen, laufen, immer weiter laufen… Erschöpfung zerrte an Echos Gliedern und machte schon bald jeden Schritt zur Qual, aber anzuhalten, zu rasten war keine Option. Sicher war es nicht mehr weit, sicher erschienen schon bald die Silhouetten der riesigen Bücher am Horizont, die den Eingang in die Stadt des Lesens und Schreibens formten. Sicher fehlten nur noch ein ganz paar Meter… Echo schnaubte und prustete, um den Regen aus seinem empfindsamen Naschen zu vertreiben, doch es war zwecklos. Mittlerweile hatte er das Gefühl mehr Wasser als Luft zu atmen, allerdings auf weit weniger angenehme Weise als damals, als er seinen kurzen Ausflug in das Leben eines Lachses genossen hatte. Es verstopfte ihm die Nüstern und Ohren und betäubte seine ohnehin schon verwirrten Sinne, bis sich alles um ihn herum in einen schmierigen, grün-braunen Matsch auflöste, wie die verlaufenden Farben eines zu nassen Gemäldes. Aber er musste nach Buchhaim. Musste, musste, musste… Als sich endlich die Umrisse der Stadt hinter dem ewig grauen Vorhang aus Regen abzeichneten, hatte Echo längst jegliche Kontrolle über seinen Körper aufgegeben. Die getigerten Beine unter ihm bewegten sich mechanisch, rhythmisch, trugen ihn irgendwie vorwärts, irgendwo hin, doch zu ihm gehörten sie schon lange nicht mehr. Er spürte sie nicht und wollte es, wenn er ehrlich war, auch gar nicht. Schon von außen sahen sie furchtbar zerschunden und wund aus vom tagelangen rastlosen Wandern über unwegsames Gelände und spitze Steine. Seine Pfoten bluteten an einigen Stellen und hier und dort fehlten ganze Büschel Fell, stumme Zeugen der etlichen Male, der an dichtem Dornengestrüpp hängen geblieben oder von einer besonders steilen Felswand abgestürzt war. Echo wusste, dass er furchtbar aussah und er fühlte sich auch so. Noch immer war ihm nicht klar, warum alles in ihm danach schrie, so schnell wie möglich nach Buchhaim zurück zu gelangen, doch inzwischen zählte nur noch, die Stadtgrenze lebend zu erreichen und nicht vorher vor Erschöpfung zusammen zu brechen. Die letzten Kilometer kamen dem jungen Alchimisten länger und beschwerlicher vor als der gesamte Marsch davor, so mühselig war das Gehen inzwischen geworden. Wäre er nicht ohne hin schon ein Vierbeiner gewesen, spätestens jetzt wäre er auf selbigen gekrochen. Bei jedem Schritt gaben seine Knie einige Zentimeter nach und er drohte mit dem Kopf voran auf dem Boden aufzuschlagen, doch irgendwie, er konnte sich selbst im Nachhinein nicht so genau erklären wie, hielt er durch und stand schließlich, völlig am Ende sowohl seiner körperlichen als auch seiner geistigen Kräfte zwischen den übergroßen Büchern des Buchhaimer Stadttors. Dort brach er zusammen. Er war angekommen, war dort, wo er sein sollte, und es gab keinen Grund auch nur einen einzigen Meter weiter zu gehen. 'Als ob es den vorher gegeben hätte', dachte Echo düster, stellte dann zu seiner großen Verwunderung fest dass er tatsächlich wieder klar und geradeaus denken konnte. Zwar waren seine Gedanken ebenso erschöpft wie er, dennoch war es, als hätte sich ein dichter Nebel aus seinem Kopf verzogen und endlich die Sicht auf den eigenen Geist freigegeben. Die Rastlosigkeit war verschwunden und ließ ihn zugleich mit tausenden Fragen zurück, von denen er allerdings keine einzige in diesen Sekunden beantworten konnte und wollte. Völlig unbeeindruckt von der Tatsache, dass der Regen immer noch in endlosen Fäden auf ihn hernieder prasselte und dass er inmitten einer an normalen Tagen sehr geschäftigen Straße lag, schloss das Krätzchen die Augen und fiel augenblicklich in einen tiefen Schlaf voller wirrer Träume, in denen er von hageren Gestalten in langen schwarzen Umhängen gejagt wurde. Rumo sprintete über die Wiesen vor Wolperting als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Er wusste selbst nicht genau, woher er nach der tagelangen Wanderung noch die Energie für einen derartigen Dauerlauf nahm, doch es kümmerte ihn herzlich wenig. Seine Vorder- und Hinterpfoten gruben sich tief in die aufgeweichte Erde und schleuderten bei jedem Sprung eine Ladung Gras und Schlamm hinter ihm in die verregnete Luft. Er selbst war über und über bedeckt von Matsch und den Resten von Hektors Blut, nicht ein Zentimeter seines Fells schien noch in dem strahlenden Weiß, das ihn sonst so einzigartig machte. Er musste wild aussehen, überlegte der Wolpertinger. Wild und gefährlich, und das war auch gut so. Ein jeder, der es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen, sollte direkt erahnen, mit wem er sich da anlegte. Er war Rumo von Zamonien. Und dieser Kontinent gehörte ihm! Derart in Kampfeslaune hatte er sich zuletzt in Hel selbst gefühlt und vom Ausgang dieses Abenteuers sprachen heute Legenden. "So ist es gut", lobte Grinzold mit kaum überhörbarem Stolz in der Stimme. "Lass den Kreigergeist hell lodern! Blut! Blut! Blut! Blut muss spritzen meterweit…" "Blut bedenkt des Feindes Kleid", skandierte Rumo mit seinem eisernen Freund im Chor. Löwenzahn war schon vor geraumer Zeit sehr still geworden. Der aggressive Rumo war ihm immer noch nicht ganz geheuer und an das Blutlied konnte er sich auch nach dem hundertsten Mal singen nicht wirklich gewöhnen. Er verstand, dass es von Zeit zu Zeit angebracht war, emotionale Härte zu zeigen, aber musste man das denn gleich so heraus posaunen? 'Jetzt hab dich nicht so', dachte Rumo, als er die Zweifel seines ängstlichen Gefährten spürte. 'Alles, was ich will, ist vorbereitet sein, falls ich auf Menschen treffen sollte. Ihnen zeigen, was in uns Zamoniern steckt, wenn man uns unterschätzt. Ich….' Weiter kam er nicht, denn in dieser Sekunde erhaschte seine feine Nase einen Geruch, der ihm auf unheilvolle Weise bekannt vor kam. Es war eine Mischung aus den Schwefel- und Schwarzpulverdämpfen, die in der Kleidung eines jeden Alchimisten wohnten und die auch Echo permanent in seinem Fell trug, und etwas Fremdem, etwas Unbekanntem, etwas, das nicht hier her gehörte. Ja, Rumo kannte diesen Geruch. Er hatte ihn schon einmal gerochen, damals, vor vielen Wochen im Rumotron, an dem Tag, an dem alles begann. Dies war der Geruch der Menschen. Sie waren in der Nähe. 'Macht euch bereit', herrschte er Löwenzahn und Grinzold an. 'Gleich wird es ernst.' Dann streckte er sich noch ein Stück weiter in die Laufbewegung, um an Geschwindigkeit zuzulegen. Er musste Wolperting erreichen, bevor sie es taten, koste es, was es wolle! Nur dann hatte er vielleicht eine Chance sie aufzuhalten und einen Krieg in der Stadt zu verhindern. Nach etwa einem halben Kilometer Sprint bemerkte Rumo in einiger Entfernung eine Ansammlung von schemenhaften Kreaturen, die sich unwirklich, ja geradezu geisterhaft durch den unaufhörlichen Regen bewegten, eine unheimliche Prozession in lange Gewänder gehüllter Schatten, unaufhaltsam auf dem Weg in seine Heimat, um ihr jegliches Leben zu nehmen, wie sie es schon mit Buchhaim getan hatten. Nun, das würde er nicht zulassen. Doch bewegten sie sich wirklich? Der Wolpertinger tat einige weitere, langgezogene Sprünge über das durchweichte Gras. Nein, so schnell, wie er sich ihnen näherte, war es unmöglich, dass sie sich selbst von Fleck bewegten. Vielmehr schienen sie am selben Ort zu verharren, aufgereiht wie die Vogelscheuchen Nun konnte Rumo genaueres ausmachen. Es waren neun von ihnen, sie standen in einem losen Halbkreis verteilt über die gesamte Breite seines Sichtfeldes und, ja, sie schienen ihm entgegen zu Blicken. Warteten sie etwa? Aber auf wen? Auf ihn? Konnte das sein? Es war ein Bild wie aus einem Albtraum: Vor dem Wolpertinger erstreckte sich weit das flache, eintönige Grasland, das an sonnigen Tagen zum spielen und toben einlud. Heute jedoch war es getaucht in gespenstischen Nebel und das endlose milchige Grau des Regens, der die Grenze zwischen Himmel und Erde aufzulösen schien. Und in dieser unwirklichen Welt standen sie, die Gestalten, vor denen sich in diesen Tagen jeder in Zamonien fürchtete. Schwarze Silhouetten mit wehenden Roben halb verborgen hinter dem Schleier des Unwetters, eine stumme Konferenz der Sensenmänner, die sich zusammen gefunden hatten, um ihn, Rumo, zu holen. 'Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren', ermahnte er sich selbst. 'Halte dich an die Fakten. Sieh sie dir an! Denkst du wirklich, die können dir gefährlich werden?' Ihm war aufgefallen, dass keiner der Menschen so etwas wie ein Schwert oder einen Säbel bei sich zu tragen schien. Einige Armbrüste konnte er aus der Entfernung ausmachen, doch damit erschöpfte sich das Waffenarsenal der kleinen Bataillon offenbar auch schon - keine allzu gute Vorbereitung für einen Kampf gegen einen bewaffneten Wolpertinger. Grinzold grummelte nachdenklich. "Pass lieber auf", warnte er Rumo in einem für ihn seltsam ernsten Ton. "Diese Viecher terrorisieren einen gesamten Kontinent. Armbrüste sind sicher nicht alles, was sie in Petto haben. Damit hätten sie es nie und nimmer so weit gebracht, schon gar nicht bei ihrer mickrigen Körpergröße." Rumo nickte. 'Keine Sorge, ich passe auf uns auf.' Plötzlich, als der Wolpertinger sich auf etwa zweihundert Meter genähert hatte, setzten sich die Menschen wie auf ein geheimes Zeichen hin in Bewegung. Diejenigen, die die äußeren Teile des Halbkreises bildeten, rückten langsam näher zur Mitte, sodass sie dem heran galoppierenden Feind systematisch den Weg abschnitten. Tatsächlich! Sie hatten auf ihn gewartet! Unfassbar! Rumo kam schlitternd auf dem matschigen Untergrund zum stehen, die Klauen kampfbereit auf Brusthöhe, Löwenzahn in der Hand. "Geht mir aus dem Weg", grollte er in seiner tiefsten Tonlage, als er sich in Hörweite wähnte. "Ich weiß nicht, was ihr vorhabt, aber mir stellt man sich nicht so leicht entgegen. Das haben schon andere bereut." "Oho, große Worte von einem Köter", höhnte einer der Menschen, der etwas weiter vorne stand als die anderen, mit kalter Stimme, die durch den Sturm schnitt wie ein heißes Messer durch Butter. Er trug, wie der Rest von ihnen auch, eine braune Leinenkutte mit einem breiten Gürtel in der Mitte, in dem allerlei seltsam anmutendes Werkzeug steckte, dazu einen kahl geschorenen Schädel und fremdartige Bemalungen über den kleinen, tief liegenden Augen. Offenbar war er ihr Anführer. "Allerdings haben wir das in der letzten Zeit schon häufiger zu hören bekommen. Ihr Zamonier neigt nicht gerade zur Bescheidenheit." "Ich beweise es euch sehr gerne", gab Rumo finster zurück und hob sein Schwert in Angriffsposition. "Wer von euch möchte der Erste sein?" Der Mensch verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen kurzen Blick über beide Schultern zu seinem Gefolge. "Ist er nicht niedlich?", fragte er spöttisch in die Runde. "Er denkt tatsächlich, dass er mit diesem Brotmesser etwas gegen uns ausrichten könnte." Dann wandte er sich wieder Rumo zu. "Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, Wolpertinger, aber wir haben bereits weite Teile eures armseligen Kontinents in unserer Gewalt. Und du bist nicht der erste, dem das nicht passt." Rumo zog drohend die Lefzen hoch. "Zur Not nehme ich euch auch mit meinen bloßen Klauen auseinander, glaubt mir. Das ist meine letzte Warnung! Ich rate euch, geht mir aus dem Weg. Und lasst vor allem meine Heimat in Ruhe!" Der Mensch rührte sich nicht vom Fleck. "Dein Name ist Rumo von Zamonien, nicht wahr?" "Sehr richtig", antwortete Rumo. "Und da ihr ja offenbar von mir gehört habt, dürfte euch auch bekannt sein, wofür ich in diesen Breiten berühmt bin." "Natürlich." Wie beiläufig zog der Mensch ein kleines Notizheft aus seinem Gürtel und schlug es mich wichtigtuerischer Miene auf. "Rumo von Zamonien, der schon bei seiner Namensgebung nicht durch Zurückhaltung glänzte, feierte seine größten Triumphe in Untenwelt, wo er nicht nur General Tik Tak bezwang, sondern auch für die Auslöschung einer ganzen Herde Wrahoks verantwortlich war." Er ließ das schwarze Heftchen sinken. "Keine schlechte Leistung für einen von deiner Art, das muss ich zugeben. Dennoch…" Das Heft verschwand wieder im Gürtel. "Ich fürchte, auch du bist keine echte Herausforderung für uns." Er hob die Hand neben den Kopf, legte Dauen, Zeige- und Mittelfinger aneinander und schnipste einmal. "Packt ihn." Auf dieses Zeichen hin zogen vier der Menschen je eine Armbrust aus den Holstern auf ihren Rücken. Rumo grinste innerlich. 'Zu langsam', dachte er, macht einen Satz nach links, packte einen der ihm am nächsten stehenden Kreaturen an der Robe und schleuderte ihn im hohen Bogen zu Boden. Es gab ein furchtbar knackendes Geräusch und der überraschte Mensch spuckte ächzend einen Schwall Blut. Wie der Wolpertinger es vermutet hatte - diese Rasse war zerbrechlich wie trockener Reisig. Doch um sie zu unterschätzen war es zu früh, immerhin hatten sie Atlantis sicher nicht durch eine solch mickrige Vorstellung in ihre Gewalt gebracht, wie sie sie gerade ablieferten. Vorsicht ist besser als Nachsicht, hatte Smeik immer gesagt und so hob Rumo, der nun über dem am Boden liegenden Menschen hockte, Löwenzahn leicht an und zielte mit geschultem Auge auf die exponiert daliegende Kehle. Ein kurzer schnitt und schon war es einer weniger. Dacht er. In dieser Sekunde traf ihn etwas mit voller Wucht in den Rücken. Es war ein Armbrustbolzen, der sich tief in Rumos Schulter bohrte und einen glühenden Schmerz seinen gesamten Körper hinab bis in seine Pfoten jagte, die prompt unter ihm nachgaben. Er sackte für einen fatalen Moment über seinem Opfer zusammen, den direkt zwei weitere Menschen nutzen, um ihm mit geschickten Stockschlägen die Beine vollends wegzuschlagen. Rumo machte einen ungewollten Hechtsprung ins Nichts und schlug mit der Schnauze voran auf dem nun gar nicht mehr so aufgeweicht erscheinendem Gras auf. Für einen kurzen Augenblick sah er weiße Sterne vor seinen Augen tanzen, dann kehrten seine Sinne zurück und er drückte sich knurrend mit den Vorderpfoten vom Boden ab. So nicht! Rumo wirbelte noch im Aufstehen herum, Löwenahn zwischen den Zähnen, und packte die beiden Stöcke der Menschen, um sie ihren Trägern in die Magengrube zu rammen. Das verschaffte ihm erst einmal etwas Platz. Seine Schulter schmerzte höllisch, doch dafür war im Moment keine Zeit. Der Wolpertinger sah sich um. Um ihn herum standen die zwei Stockkämpfer, etwas weiter hinten ein Menschenwesen mit einer Armbrust, die er mit geschickten Bewegungen spannte. Hinter ihm rappelte sich der zu Boden gerissene stöhnend wieder auf und verzog sich schnell einige Schritt hinter zwei seiner Kameraden, die Seile in den Händen hielten, deren Enden zu Schlaufen geknotet waren. Der Anführer hatte die Arme wieder vor der Brust verschränkt und beobachtete das ganze Spektakel aus eineiger Entfernung. Rumo ging in die Knie. "Okay, genug gespielt", knurrte er. "Ab jetzt stelle ich hier die Regeln auf." Er hob die Arme über den Kopf und ließ zu, dass die Menschen mit den Seilen in den Händen diese um seine Handgelenke warfen. Sobald er sich sicher war, dass sie seine Arme umschlangen, wickelte er sich das Seil blitzschnell einmal um jede Pfote, spannte seine Unterarme und drehte sich mit Schwung einige Male um die eigene Achse. Die Menschen am anderen Ende des Taus hatten seiner Kraft kaum etwas entgegen zu setzten, sie wurden herumgeschludert wie Fähnchen an einem Flaggenmast und nahmen auf ihrem Weg direkt noch den einen oder anderen ihrer Kumpane mit. Als er sich sicher war, dass in einem Umkreis von etwa drei Metern um ihn herum so schnell keiner mehr aufstand, ließ Rumo die Seile fallen und wandte sich den etwas weiter entfern stehenden Schützen zu. "Nun zu euch", grummelte er, dann sprintete er geradewegs auf sie zu. Er sah, wie sie ihre Waffen anlegten und den Abzug betätigten und er sah die Bolzen auf sich zufliegen, doch dieses Mal war er vorbereitet. Geschickt duckte er sich unter den fliegenden Geschossen hinweg und überwand die letzten Meter zu den verdutzten Menschen in drei langen, kraftvollen Sprüngen. WIe ein Taucher aus tiefem Wasser tauchte er direkt vor ihnen auf, griff beide gleichzeitig am Kragen, zog sie mit aller Kraft neben sich herunter und beobachtete mit grimmiger Zufriedenheit, wie sich ihre Köpfe tief in den kalten Matsch gruben. Blieben noch drei weitere Schützen… "Das reicht jetzt", donnerte mit einem Mal die Stimme des Anführers über das kleine Schlachtfeld. Prompt ließen alle Menschen ihre Waffen sinken, rappelten sich auf und zogen sich in ihre Ausgangsposition zurück. Rumo war verwirrt. Was sollte das denn nun werden? Er war noch nicht fertig mit diesen Kreaturen. Wollen sie jetzt etwa mittendrin abhauen? Der Wortführer der Menschen kam langsamen Schrittes auf ihn zugeschlendert. Er schien völlig unbeeindruckt von den Kampfkünsten des Wolpertingers, der soeben beinahe seinen gesamten Trupp auseinander genommen hatte, ja er wirkte sogar fast ein wenig gelangweilt. "Wie du eben so schön sagtest, Hündchen:", säuselte er mit provokant desinteressierter Miene, "Genug gespielt! Du willst wissen, was wir wollen? Nun, ich will es dir verraten. Wir wollen deinen Kopf!" Dann, bevor Rumo auch nur die kleinste Chance gehabt hätte zu reagieren, griff er an seinen Gürtel, zog einen der fremdartig aussehenden Gegenstände daraus hervor und richtete ihn auf den Wolpertinger. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, der Geruch von Rauch und Schwarzpulver erfüllte die Luft und Rumo fühlte mit einem Mal nur noch kalte, dürre Finger, die ihn aus der Wirklichkeit hinab in ein tiefes, dunkles Loch zogen. Dann verschwand die Welt um ihn herum. Hosted by Animexx e.V. 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