Handschellen und Herzklopfen von Yuri-hime (Der Cop und die Lady♥) ================================================================================ Kapitel 9: It's alright, it's okay ---------------------------------- Es geht weiter!!^^ xxx Sasuke war hin- und hergerissen. Dass sie nicht protestiert hatte, als er gesagt hatte, er wolle zurückfahren, hatte ihn fast härter getroffen als der Schlag von Jeff. Er hatte sich vorgestellt, noch ein oder zwei weitere Nächte mit Sakura zu verbringen und sich erst danach von ihr zu trennen. Auf der anderen Seite war ihm völlig klar, dass ihre Affäre jetzt zu Ende war. Offensichtlich sah Sakura das genauso. Sein Verstand wusste, dass diese Entscheidung richtig war, doch sein Herz sagte ihm etwas anderes. „Hier musst du rechts abbiegen“, verkündete Sakura und zeigte auf eine Kreuzung, ab der die Straßen nicht mehr gepflastert waren. Sasuke bog ab und wirbelte große Staubwolken auf. In der Ferne konnte er ein einstöckiges Landhaus und davor einen rostigen, goldfarbenen Ford Taurus erkennen. Als sie näher heranfuhren, kamen zwei betagte schwarze Labrador-Hunde hinter einem schrottreifen Pick-up hervor, wedelten mit dem Schwanz und begrüßten den Besuch mit Gebell. „Dumme Hunde“, murmelte Sakura, obwohl ihr Lächeln verriet, dass sie sich über das Wiedersehen mit ihnen freute. Hinter einem Fenster stand eine Frau und schaute durch die cremefarbenen Spitzenvorhänge nach draußen. Sie sah Sakura ähnlich, war jedoch älter, braun gebrannt und hatte etwas dunkleres Haar als Sakura. „Ist das deine Mutter?“, fragte Sasuke. Sakura nickte. „Ich bin froh, dass sie zu Hause ist. Ich habe nämlich keinen Schlüssel.“ Das Haus war von vertrocknetem Rasen, hohen Bäumen und ein paar Hecken umgeben, die so wirkten, als seien sie lange nicht mehr gestutzt worden. „Park irgendwo“, sagte Sakura, und nachdem Sasuke den Wagen hinter den Ford Taurus gestellt hatte, sprang Sakura aus den Auto und rief den bellenden Hunden zu: „Jack, Barney! Kommt her!“ Sasuke stieg ebenfalls aus, und beobachtete, wie Sakura von den Hunden freudig begrüßt wurde und sie sie hinter den Ohren kraulte. Einer der beiden versuchte, seine Nase in ihre Tasche zu stecken. „Tut mir leid, keine Leckerein“, sagte Sakura. Daraufhin liefen die Hunde zu Sasuke, um nachzuschauen, ob er etwas für sie hatte. Er hob beide Hände. „Tut mir leid. Ich habe auch nichts.“ Das Quietschen einer Tür ließ ihn aufhorchen. Sakuras Mutter trat aus dem Haus und winkte mit einem Geschirrtuch. Sie war klein und adrett wie Sakura, trug ein T-Shirt, alte Jeans und lila Cowboystiefel. Die Farbe entlockte Sasuke ein leichtes Grinsen. „Wird ja auch Zeit, dass du endlich herkommst“, begrüßte die Frau Sakura. „Ich habe gehört, dass du schön über eine Stunde im Ort bist.“ Hier lässt sich wirklich nichts lange geheim halten, dachte Sasuke. Die beiden begrüßten und umarmten einander, und Sakura zeigte auf Sasuke. „Momma, das ist Sasuke.“ Er streckte Sakuras Mutter die Hand entgegen. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs. Haruno.“ Bevor sie seine Hand nahm, musterte sie ihn von oben bis unten. „Sie können mich Natsuki nennen“, sagte sie bestimmt. Er sah ihr an, dass sie bereits allerlei über ihn gehört und sich eine Meinung gebildet hatte. „Kommt herein“, sagte sie und wandte sich zu Haus. „Ich habe Sandwiches mit Eiersalat gemacht.“ Sie folgten ihr in die Küche. Die Tapeten und die kleinen Läufer vor der Spüle und dem Herd zierten leuchtend bunte Blumen: Nelken und Efeu aus Plastik standen auf den weißlackierten Schränken, an deren Türen Porzellangriffe prangten, die mit Blumen bemalt waren. Zu allem Überfluss hingen fast überall an den Wänden Weinranken aus Plastik und Stoff. In den anderen Räumen sah es nicht viel besser aus. Natsuki ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. „Ich habe Cola da“, sagte sie. „Und Bier für Sie, Sasuke.“ „Ich trinke keinen Alkohol, danke“, antwortete er. „Aber ich nehme gerne eine Cola.“ Sie wandte den Kopf um und warf ihm einen Blick zu, als ob sie sich vergewissern wollte, dass er nicht scherzte. Mit einem Achselzucken holte sie schließlich zwei kleine Flaschen Cola heraus. Er nahm die Flasche und setzte sich an einen Tisch aus Kiefernholz, auf dem ein Berg von Sandwiches lag. Sakura legte zwei Sandwiches auf einen Pappteller, reichte ihn Sasuke und setzte sich ihm schräg gegenüber. „Wo ist Ray?“, fragte sie. „In Lubbock. Deine Kusine Lorraine hat dort ein Versicherungsbüro. Die suchen gerade Leute, und Ray wollte es mal versuchen.“ „Ray will Versicherungen verkaufen?“, spottete Sakura. „Warum nicht? Wenn Lorraine das kann, kann er das sicherlich auch.“ „Bestimmt.“ Sasuke hörte den beiden zu und aß dabei ein Sandwich, das ihm wider Erwarten vorzüglich schmeckte. „Und Sie sind also Polizist“, wandte sich Natsuki an ihn. Er nickte. „Ja, ich bin Inspektor bei der Mordkommission.“ „Da haben Sie in einer Stadt wie San Francisco bestimmt eine Menge zu tun und können nicht lange bleiben.“ Sakura warf ihrer Mutter einen finsteren Blick zu, aber Sasuke nahm die Äußerung von Natsuki gelassen. Nach all dem, was er heute hier zu hören bekommen hatte, zählte das zu den charmanteren Äußerungen. Mit einem herzlichen Empfang bei Sakuras Familie hatte er sowieso nicht gerechnet. „Ich fahre morgen zurück“, sagte er, bemerkte Natsukis fragenden Blick und fügte hinzu: „Ich habe Sakura nur bei Ihnen abgesetzt.“ Natsukis Gesicht hellte sich auf. Sie sah ihrer Tochter noch ähnlicher, wenn sie lächelte, nur traten bei ihr die Wagenknochen deutlicher hervor. Sasuke fragte sich, ob Sakura in ungefähr dreißig Jahren auch so aussehen würde, und gleich darauf versetzte es ihm einen Stich, weil er wusste, dass er das nie erfahren würde. Natsuki schob ihm den Teller mit den Sandwiches hin. „Essen Sie ruhig noch etwas. Es reist sich besser mit vollem Magen.“ Sakura gefiel das Verhalten ihrer Mutter überhaupt nicht. „Ich werde mit ihm zusammen zurückfahren, wenn ich die unterschriebenen Scheidungspapier hier finde“, kündigte sie an. „Hast du sie schon gefunden?“ Natsuki streichelte die Hand ihrer Tochter. „Wir sollten unsere Familienangelegenheiten nicht vor Fremden ausbreiten, Sugar.“ „Sasuke ist kein Fremder, Mom. Er ist…“ Sie hielt einen Moment inne. Ja, was war er eigentlich genau? „Er ist ein Freund“, entschloss sie sich zu sagen. „Und er weiß alles über Jeff und meine Scheidung.“ Sie warf ihr angebissenes Sandwich auf den Teller. „Ich muss diese Scheidungspapiere unbedingt finden.“ „Hier sind keine Papiere, Sugar, wir können später noch darüber reden“, erwiderte ihre Mutter beiläufig- offensichtlich in der Hoffnung, dass Sasuke es nicht mitbekam. Er schaute zu Sakura und sah, dass ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Das kann doch nicht wahr sein!“, rief sie entsetzt. „Jetzt ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort für diese Angelegenheit.“ „Das ist genau der richtige Ort- und die richtige Zeit. Was meinst du damit, dass die Scheidungspapiere nicht da sind?“ Natsuki stand auf und trug ihren Pappteller zum Mülleimer. „Du hast überhaupt keine Manieren mehr, Sugar. So etwas bespricht man nicht vor jedem.“ „Sasuke ist nicht ‚jeder‘, Mom. Er hat mich den langen Weg nach Texas gefahren und hat das Recht, alles mit anzuhören. Was hast du nur? Bitte behaupte du jetzt nicht auch noch, dass Jeff und ich noch verheiratet sind.“ Sakuras Gesicht hatte wieder Farbe, weil sie offensichtlich sehr erregt war. Sasuke wischte sich mit der Serviette den Mund und sagte: „Ich lasse euch beiden jetzt besser allein.“ „Nein, bleib hier“, protestierte Sakura und drehte sich zu ihrer Mutter um. „Du sagst mir jetzt, dass Jeff und ich geschieden sind.“ Plötzlich herrschte Totenstille im Raum. Natsuki schaute erst Sasuke an, dann Sakura. Schließlich sagte sie: „Drei Tage nach dem Tod deiner Großmutter rief dein Anwalt hier an und teilte uns mit, dass Jeff seine Meinung geändert habe, eine Scheidung nicht mehr wolle und die Papiere nicht unterschreiben würde. Der Anwalt hat uns gebeten, es dir schonend beizubringen, weil er wusste, wie sehr dich der Verlust von Grandma getroffen hat. Da wollte er nicht mit noch mehr schlechten Nachrichten kommen.“ Sakura schoss empor und riss den Stuhl dabei um. „Und warum hast du mich nicht informiert?“ „Sugar, du warst vor Kummer über den Tod von Großmutter ganz krank und außerdem total verzweifelt, weil Jeff nicht der war, für den du ihn gehalten hast. Ich fand, du solltest in solch einer Situation keine Entscheidungen fällen müssen.“ „Also hast du entschieden, es mir zu verschweigen? Ein ganzes Jahr lang?“ „Tut mir leid, Sugar, aber in diesem Punkt bin ich mit Jeff einer Meinung: Er fand, ihr brauchtet beide etwas Zeit zum Nachdenken. Und ein Jahr ist doch eine gute Zeit, oder?“ Sie erhob fast drohend den Zeigefinger. „Eine Ehe wirft man nicht einfach so weg. Ihr habt eine Menge zusammen durch gemacht, und du warst vor einem Jahr ziemlich durcheinander.“ Sakura sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, was Sasuke nur allzu gut verstanden hätte. „Mom, Jeff hat die Papiere nur aus Berechnung nicht unterschrieben! Er wusste, dass Grandma mir etwas vererben würde, und wollte die Hälfte davon! Das war der wahre Grund!“ „Niemand kannte zu diesem Zeitpunkt Grandmas Testament.“ „Aber Jeff ist nicht blöd. Es war ein offenes Geheimnis, das ich Grandmas Alleinerbin werden würde.“ Sakura setzte sich wieder hin und stützte ihr Kinn in beide Hände. „Ich kann nicht glauben, dass du mir so etwas verschweigen konntest! Ein ganzes Jahr lang! Wie konntest du nur?“ Sakuars Verzweiflung rührte Sasuke. Am liebsten hätte er Sakura in seine Arme genommen. „Hier und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen, Sugar Haruno“, wiederholte die Mutter gereizt, und Sasuke spürte, dass es besser wäre, die beiden Frauen alleine zu lassen. Er nahm seine Cola und stand auf. „Ich muss ein paar Telefonate machen. Ich bin eine Weile draußen.“ Er würde Sakura nachher allerdings nicht einfach so alleine hier zurücklassen, das war ihm jetzt klar. Er drückte Sakura leicht die Schulter. Die junge Frau bewegte sich kaum, und es fiel ihm schwer zu gehen. Draußen setzte sich Sasuke im Schatten eines Baumes auf einen auf dem Kopf stechenden Eimer. Die Luft war stickig und schon bald kamen die beiden Hunde auf ihn zu. Er musste an den Abend in Brady's Bar denken, als er Sakura kennengelernt hatte und sie ihm sofort sympathisch gewesen war. Er hatte sie von Tag zu Tag netter gefunden und fragte sich jetzt, wie das mit ihnen weiter gehen sollte. Er hatte sich offensichtlich in Sakura Haruno verliebt. Oder sollte er sagen, in Mrs. Jeff Dearing? Er schaute zum Haus hinüber. Er wusste, dass in diesem Moment Sakuras Mutter ihre Tochter davon zu überzeugen versuchte, wieder nach Texas zurückzukehren und die Ehe mit Jeff fortzusetzen. Aber Sasuke wusste auch, dass Sakura sich niemals darauf einlassen würde. Aber würde sie ihn lieben können? Wäre Platz für ihn in ihrem Leben? Am liebsten wäre er jetzt ins Haus gestürmt und hätte sie herausgeholt, doch auf ihn wartete sein altes Leben in San Francisco. Der Gedanke, einfach so wieder zur Tagesordnung überzugehen, bedrückte ihn, und er fragte sich, ob es ihm überhaupt gelingen würde. Nein, er würde nicht weiter machen können wie bisher. Andererseits konnte er Sakura auch nicht versprechen, dass eine Beziehung mit ihm funktionieren würde. Er hatte den Tod seiner Frau immer noch nicht vollständig überwunden. Das musste er sich jetzt eingestehen. Er spürte wie sich sein Herz zusammenkrampfte, und er streichelte die Hunde, um sich abzulenken. „Ihr könnt Sakura das geben, was sie braucht: bedingungslose Liebe und echte Freundschaft.“ Einer der Hunde drückte sich an ihn und leckte ihm das Kinn. In diesem Moment hörte Sasuke eine Tür zuschlagen. Er stand auf und erblickte Sakura, die auf ihn zugestürmt kam. Sie war rot vor Zorn und hatte Tränen in den Augen. Er eilte zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich. „Es tut mir leid“, sagte er und küsste ihre weichen Locken. Er atmete ihren Duft tief ein, weil er dachte, dass dies wohl das letzte Mal sein würde, dass er sie in den Armen halten konnte. Sakura befreite sich aus seiner Umarmung und wischte sich mit den Händen über die Augen. „Wie konnte ich bloß so dumm sein?“ „Du bist nicht dumm.“ „Doch. Wie konnte ich nur so eine Idiotin sein und nicht überprüfen, ob die Scheidung überhaupt rechtsgültig ist!“ „Du hattest unheimlich viel um die Ohren.“ Sie lachte bitter. „Stimmt. Aber dies war die wichtigste Sache überhaupt. Warum habe ich nie bei meinem Anwalt nachgefragt, ob Jeff die Papiere überhaupt unterschrieben hat?“ Sie stemmte die Arme in die Hüfte und ließ ihren Blick über das weite Grasland schweifen. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass Mom mich in dem Glauben lassen wollte, die Sachen sei zu meiner Zufriedenheit erledigt. Sie bestreitet das natürlich, aber ich glaube ihr nicht. Meine Mutter hat ihre ganz eigene Art, mit der Wahrheit umzugehen.“ Sie schüttelte den Kopf. „ich hätte es besser wissen müssen.“ Er schob seine Hände in die Hosentaschen. „Hör auf, dir selbst Vorwürfe zu machen. Das bringt nichts. Glaub mir. Ich bin nämlich ein Meister der Selbstvorwürfe.“ Sie wusste, worauf er anspielte. Obwohl sie nur kurz über Nicols Tod gesprochen hatten , ahnte sie, wie sehr ihn die Frage quälte, was er zu Nicols Lebzeiten alles hätte anders machen können. „Die Scheidung ist enorm wichtig für mich“, erklärte sie, und aus ihrer Stimme entwich allmählich die Wut. „Meine Güte. In meinem Leben steht wirklich nicht alles zum Besten, aber ich dachte, wenigstens die Scheidung hätte ich erfolgreich hinter mich gebracht.“ „Dann bringst du sie eben jetzt hinter dich.“ Sie nickte, lächelte leicht und schaute ihm eine Weile in die Augen. Wie gern hätte er jetzt gerne gewusst, was sie gerade dachte! Doch er traute sich nicht, zu fragen, weil er das Gefühl hatte, ihr sonst zu nahezukommen. Sasuke wusste, dass Sakura etwas Besseres als ihn verdient hatte. Also standen sie sich einen Moment schweigend gegenüber, bis Sakura das Wort ergriff: „Ich muss in Tulouse bleiben, bis alles geklärt ist.“ Sasuke spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. „Ich muss leider zurück nach San Francisco.“ Sakura blickte zu Boden. „Ich möchte mich für alles entschuldigen, was passiert ist. Schade, dass wir dein Auto nicht gefunden haben. Das Ehepaar Mendoza hätte es wirklich verdient dass der Tod ihrer Tochter…“ „Das sollte nicht dein Problem sein.“ Sie hatte einen Kloß im Hals und ergriff Sasukes Hand. „Du bist ein guter Mensch, Scheriff.“ „Manchmal vielleicht“, erwiderte er, nahm ihr Gesicht in beide Hände und wünschte sich nichts mehr, als sie leidenschaftlich zu küssen. Doch wenn er das jetzt täte, würde er nicht mehr damit aufhören können. Stattdessen sah er sie lange an, bewunderte ihre rosafarbenen Locken, den vollen roten Mund und diese glänzenden grünen Augen. Er wollte sich ein letztes Mal über Sakura beugen, sie schmecken und ihren Duft einatmen, bevor ihr gemeinsamer Weg hier enden würde. Zärtlich streichelte sie seine Hand, die auf ihrer Wange lag. „Ich muss meine Sachen noch aus dem Kofferraum holen. Du wirst sicher froh sein, so schnell wie möglich von hier wegzukommen“, sagte sie. Er räusperte sich und zog die Autoschlüsselaus seiner Hosentasche. „Stimmt.“ Er holte ihre Sachen aus dem Wagen heraus und blieb dann verlegen neben dem Auto stehen. Diese wunderbare Frau hatte ihm innerhalb kurzer Zeit beigebracht, dass das Leben sehr schön sein konnte und man für sein Glück kämpfen musste. Er wusste, dass er das Leben von nun an leichter nehmen und den Tod seiner Frau überwinden würde. Er hätte Sakura so gerne gedankt. Doch er bekam kein Wort heraus. Stattdessen stand er einfach nur da. Sakura hatte den Eindruck, als wartete Sasuke auf irgendetwas. Da sie nicht wusste, worauf, ergriff die das Wort: „Wenn du durch Reno kommst, solltest du den Barracuda kaufen.“ Seine Anspannung löste sich, und er lachte. „Der ist bestimmt längst verkauft.“ Sie zuckte die Achseln. „Mann weiß nie. Manchmal sind Dinge für einen bestimmt.“ Noch bevor er die Bedeutung ihrer Worte ganz erfassen konnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leicht auf die Wange. „Danke für die Fahrt, Scheriff. Ich wünsche dir eine gute Heimreise. „ Dann drehte sie sich um und ging auf ihr Elternhaus zu. So war Sakura. Immer wollte sie es ihm leicht machen und ihm in schwierigen Situationen den Weg weisen. Er musste lächeln. „Richte deiner Mutter meinen Dank aus, in Ordnung?“ rief er hinter Sakura her. Sakura winkte nur müde ab, und er wusste, dass sie sich damit eine Weile Zeit lassen würde. Als er schließlich hinter dem Lenkrad saß und losfuhr, versuchte er sich immer wieder einzureden, dass es richtig war, allein nach San Francisco zurückzukehren. Doch warum sagte sein Herz etwas anderes? Sakura hatte noch lange am Wegesrand gestanden und Sasukes Wagen nachgeschaut, bis er in einer großen Staubwolke verschwunden war. Dabei hatte sie die ganze Zeit das Gefühl, dass ihr der Kummer das Herz zerriss. Sie hatte ihr Herz längst an diesen sexy Cop verloren, das erkannte sie jetzt. Offensichtlich war sie eine unverbesserliche Optimistin. Mit hängenden Schultern ging sie ein paar Schritte und setzte sich unter den Baum, unter dem Sasuke vorhin den Hund gestreichelt hatte. Verzweiflung stieg in ihr auf, und sie fürchtete sich vor den Dingen, die jetzt auf sie zukam. Noch vor einer Woche hatte sie ein fantastisches Leben in einer interessanten Stadt geführt: Ihr Geschäft begann zu florieren, und sie hatte den besten Sex ihres Lebens mit einem feurigen, smarten Cop gehabt. Eine knappe Woche später war ihr Leben völlig aus den Fugen geraten. Sie war noch immer verheiratet- und zwar mit einem kriminellen, der all ihre Träume zerplatzen lassen wollte, und alle Menschen in ihrer Heimatstadt schienen sich gegen sie verschworen zu haben. Was also hielt sie noch in Tulouse? Plötzlich spürte sie eine kalte Nase an ihrem Arm. Einer der Hunde stupste sie an. Seine schwarze Augen schienen ihr sagen zu wollen, das er jetzt für sie da war. Zum Dank für diesen Trost kraulte Sakura ihn ausgiebig hinter dem Ohr. Sie schaute noch einmal zur Straße, in der stillen Hoffnung, Sasuke könne zurückkommen. Doch er war sicherlich schon meilenweit entfernt und mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Je länger Sakura auf die staubige Piste starrte, umso klarer wurde ihr, dass ihr Ritter jetzt nicht mehr auftauchen würde und sie ganz alleine auf sich gestellt war. Sie stand auf und versuchte ihre Ängste und ihre Verzweiflung zu bekämpfen. Sie brauchte jetzt all ihre Kraft, damit es Jeff nicht gelang, ihr Leben erneut zu zerstören. Sakura hoffte, dass sie stark genug war. ---- „Das glaubt man ja nicht“, Fugaku Uchiha stand vor der Toreinfahrt und kratzte sich verwundert den Kopf. „Da Mom ihren Avalon hat, dachte ich, du bräuchtest auch ein neues Spielzeug“, verkündete Sasuke. Er öffnete die Beifahrertür des Barracudas und streckte einen Arm aus. „Schau ihn dir an. Genau der gleiche, den du früher hattest.“ „Das rote Monster!“, hörte er seine Mutter rufen. „Wo hast du denn den aufgetrieben?“ Sie lief schnell zu den beiden Männern und schaute sich den Wagen aus der Nähe an. Sasuke beobachtete seine Mutter aufmerksam, die mit offenem Mund um das Auto herumging. Sie trug, wie so oft, helle Kakihosen, ein weißes Poloshirt und hellbraune Mokassins. „Ich war letzte Woche in Reno und habe ihn einem Ehepaar abgekauft.“ Sein Vater ging ebenfalls um den Wagen herum und betrachtete ihn ungläubig. „Du hast ihn gekauft?“ Sasuke neigte eigentlich nicht zum Spontankauf, doch als er merkte, wie begeistert seine Eltern waren, bereute er nicht, den Wagen doch noch erstanden zu haben. Er hatte ihnen einfach eine Freude machen wollen. „Ja. Ich bin durch Zufall auf ihn gestoßen. Ich war mit einer Freundin in Reno“, erklärte er. „Und als ich ihr erzählt habe, dass wir früher auch so ein Auto hatten und warum du es verkaufen musstest, schlug sie mir vor, das Prachtstück zu kaufen.“ Er zuckte mit den Schulter. „Also dachte ich, warum nicht?“ Seine Mutter lächelte. „Sie?“, fragte sie nach. Er wunderte sich nicht über diese Frage. Schließlich drängte ihn seine Mutter schon seit knapp einem Jahr immer wieder sanft, sich doch mit einer netten jungen Frau zu verabreden. „Sie ist nur eine Freundin, Mom.“ Er spürte einen Stich im Herzen und wechselte das Thema. „Der hat einen tollen Motor, Dad, und fast vierhundert PS. Der ist in ein paar Sekunden von null auf hundert.“ „Wie bitte?“, meinte seine Mutter. „Sag jetzt nicht, dass du mit dem Ding durch die Gegend gerast bist!“ Er zuckte mit den Schultern und warf seinem Vater einen vielsagenden Blick zu. „In Nevada gibt’s einige sehr lange gerade, wenig befahrene Straßen.“ „Na, toll“, erwiderte seine Mutter. „Das bedeutet also, man hätte dich erst in ein paar Monaten dort gefunden.“ „Mikoto, du machst dir zu viele Sorgen“, versuchte ihr Mann sie zu beruhigen. „Mom, ich bin kein unerfahrener Teenager mehr“, sagte Sasuke. „Ich will den Wagen ja auch gar nicht fahren, Dad soll es tun.“ „Du hast den Wagen wirklich für mich gekauft?“, fragte sein Vater noch einmal ungläubig. „Was soll ich denn mit so einem Auto in der Stadt? Ich würde ihn nur hin und wieder fahren, wenn ich euch besuche.“ Sasuke steckte die Hände in die Hosentaschen und lächelte. „Betrachtet ihn als ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk.“ Sein Vater war gerührt, und Sasuke freute sich, dass er ihm endlich einmal etwas Gutes hatte tun können. Das war Sakuras Idee gewesen. Schnell versuchte Sasuke diesen Gedanken zu verdrängen. Es war ihm unheimlich schwer gefallen, Sakura in Tulouse zurückzulassen. Das war jetzt vier Tage her. Seitdem hatte er erkannt, dass er sie brauchte. Keiner Frau außer Nicole hatte er sich je so verbunden gefühlt. Keine hatte ihm so wie Sakura zeigen können, dass das Leben schön war und es sich lohnte, für sein Glück zu kämpfen. Sakura war einfach Sakura, weder anmaßend noch kleinmütig, sondern klug und mitfühlend. Sie war wunderbar. Doch was hatte er ihr zu bieten? Diese Frage lähmte ihn. Wenn er sah, wie seine Eltern in ihrem kleinen Haus den Ruhestand genossen, fragte er sich, ob er dies auch jemals erleben würde. Vielleicht zusammen mit Sakura? Sosehr er sich auch wünschte, mit ihr zusammen zu sein, so wenig glaubte er, ihr das Leben bieten zu können, was sie verdiente. Sein Vater klopfte seinem Sohn auf die Schulter und riss ihn aus den Gedanken. „Komm, lass uns ausprobieren, was das Schätzchen hier so kann“, sagte er. Sasuke nickte und gab ihm die Autoschlüssel. „Du fährst!“ Die beiden Männer fuhren auf die Autobahn in Richtung Mountain View. Als sie eine gute Strecke des Weges zurückgelegt hatten, fragte Sasukes Vater seinen Sohn: „Wer ist eigentlich diese Freundin, mit der du nach Reno gefahren bist?“ Sasuke seufzte. „Sobald ich auch nur von einer weiblichen Person spreche, wollt ihr mich sofort vor den Traualtar zerren.“ „Ich frage mich nur, was das für eine Frau ist, die es schafft, dich dazu zu überreden, mir solch ein Auto zu kaufen.“ „Sie hat mich nicht dazu überredet, sie hat es mir nur vorgeschlagen. Ich habe ein paar Tage darüber nachgedacht und fand die Idee schließlich gut.“ Sein Vater lächelte. „Ich wundere mich, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin, mir noch einmal so einen Wagen zu kaufen. Wahrscheinlich gehen solche Wünsche einfach so im Alltagstrott unter.“ Er zog die Augenbrauen hoch und schaltete einen Gang herunter. „Dabei habe ich meinen Wagen damals sehr gemocht. „ Er gab Gas und überholte einen BMW, dessen Fahrer freundlich hupte und winkte, als der Barracuda ihn überholte. Die anerkennenden Blicke und Gesten der anderen Autofahrer hatten Sasuke schon früher gefallen, als sein Vater mit seinem Muscle-Car stolz die Straße entlang gerast war. Sasuke war damals etwa siebzehn oder achtzehn und auch jetzt fühlte er sich seinem Vater sehr verbunden. Auch weil beide den Beruf des Polizisten ergriffen hatten. Im Moment saß er neben seinem Vater im Auto, fühlte sich frei und fast etwas verwegen. All das hatte er Sakura zu verdanken. Bei diesem Gedanken ging im das Herz auf, und er fing an, von Sakura zu erzählen: wie er sie in der Bar kennengelernt hatte, von dem gestohlenen Wagen, von dem Ehepaar Mendoza und dem Fall Creed Thornton und ihrer Suche nach Jeff in Texas. Aber hauptsächlich berichtete er, wie ihn Sakura zum Lachen gebracht hatte und wie souverän sie auf die Nachricht vom Tod seiner Frau reagiert hatte. Und er berichtete, wie aufgewühlt er immer war, sobald er sich in Sakuras Nähe befand. Er verschwieg auch nicht Sakuras Probleme mit Jeff oder ihre Angst, den Laden zu verlieren. Und dann gestand er seinem Vater mit rauer, aber gefühlbetonter Stimme, dass er sich in Sakura verliebt hatte. Sasukes Vater schwieg und fuhr langsam auf einer zweispurigen Landstraße durch eine Sumpflandschaft. Als sie einen Wald erreichten, meinte er: „Ich habe schon befürchtet, dass du so etwas nie mehr sagen würdest.“ In seiner Stimme schwang so etwas wie Hoffnung mit: „Ich würde diese Frau gerne einmal kennen lernen. Sie scheint wirklich etwas Besonderes zu sein.“ „Sakura hat im Moment viele Probleme“, erwiderte Sasuke. „Wenn ich mich in ihr Leben einmische, wird es nur noch komplizierter.“ Sein Vater schwieg einen Moment, und der Raum war von dem dröhnenden Geräusch des Motors erfüllt. „Sie muss eine tolle und kluge Frau sein, so wie du sie beschreibst. Sie scheint ja in ihrer Heimat viel Rückgrat gezeigt zu haben“, meinte sein Vater schließlich. „Das stimmt“, erwiderte Sasuke. „Sie hat mehr Mut als so mancher Polizist.“ „Und warum traust du ihr dann nicht zu, selbst zu entscheiden, ob sie mit dir zusammen sein möchte oder nicht?“, fragte sein Vater. Sasuke überlegte. Irgendwie war das gar nicht so falsch, was sein Vater eben gesagt hatte. „Hast du nicht eben erzählt, dass du ihr schon bei eurer ersten Begegnung von deinen Problemen erzählt hast und die weitere Entscheidung ihr überlassen wolltest?“ „Ja, schon, damit habe ich aber lediglich mein Gewissen beruhigt.“ „Und jetzt versuchst du, sie zu beruhigen“, erwiderte sein Dad. Das stimmte. Es ging gar nicht so sehr um sie als vielmehr um ihn. Vielleicht war Sasuke ja ein Feigling, weil er davor zurückschreckte, sich ein neues Leben aufzubauen. Mit Sakura musste er sich ein für alle Mal von der Vergangenheit lösen, wovor er sich nach wie vor sehr fürchtete. „Willst du euch nicht eine Chance geben?“, erkundigte sich sein Vater, nahm die nächste Ausfahrt und fuhr wieder Richtung San Mateo, also nach Hause. Es war bereits früher Abend, als sie ankamen, und Sasukes Mutter drängte ihren Sohn zum Abendessen zu bleiben. Mit Nic war er oft zum Abendessen geblieben, aber daran wollte er jetzt nicht denken. Dieser Nachmittag mit seinem Vater hatte Sasuke gezeigt, dass er sein Leben nicht mehr von Kummer und Schmerz beherrschen lassen wollte. Er wollte nicht mehr in Selbstmitleid versinken, sondern die Vergangenheit behutsam, aber bestimmt hinter sich lassen. Willst du euch nicht eine Chance geben? Die Worte seines Vaters klangen ihm noch in den Ohren. Sakura war intelligent und weitsichtig, er durfte sie nicht wie ein Kind behandeln. Sie sollte entscheiden, ob sie eine Beziehung mit ihm eingehen wollte oder nicht. Als er mit seinen Eltern beim Essen saß, klingelte sein Handy. „Bitte keine Telefongespräche beim Essen“, sagte seine Mutter. Er zog es trotzdem aus der Hosentasche und sah auf dem Display Kevins Nummer. Sasuke stand auf. „Verzeihung, aber das muss jetzt leider sein.“ Er nahm das Gespräch an, ging schnell aus der Küche und meldete sich erst dann mit einem fragenden „Ja“. „Wir haben dein Auto gefunden“, verkündete Kevin. „Wo?“, fragte Sasuke freudig erregt. „In Arizona. In Flagstaff. Es stand unter einer Brücke und befindet sich jetzt auf einem umzäunten Gelände für gestohlene und beschlagnahmte Fahrzeuge. Rate mal, was die örtliche Polizei im Kofferraum gefunden hat!“ Sasuke fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Was meinst du? Wie lange brauche ich von meinen Eltern dorthin?“ „Wenn du noch einen Spätflug bekommst, kannst du morgen früh dort sein.“ „Wann schließen sie das umzäunte Gelände auf?“ „Das kann dir egal sein. Die Kollegen in Flagstaff wissen Bescheid und werden dir sofort aufschließen.“ Sasukes Herz hämmerte. Der Tag wurde ja immer besser! „Kevin Cho“, sagte er begeistert, „ich glaube, das Glück ist jetzt wieder auf unserer Seite!“ Bis zum nächsten Kapi!!=^.^= Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)