Licht und Dunkelheit von Tini-sama (Dort wo das Böse lauert) ================================================================================ Kapitel 1: Umzug in ein neues Leben ----------------------------------- „Warum? Warum mussten wir unbedingt in diese Stadt ziehen? Sie ist klein, hässlich und außerdem rund 450km von Miami entfernt!“ „Rosalie, die Diskussion hatten wir doch schon hundert Mal. Ich habe hier bessere Arbeit bekommen. Das musst du doch einsehen.“ „Nein das sehe ich nicht ein! Dir geht es doch nur um Henry! An mich denkst du doch dabei gar nicht! Papa hätte das nie zugelassen, dass du mich von zu Hause mit Gewalt wegzerrst!“ „Dein Vater ist aber nun mal nicht hier, also musst du auf mich hören!“ „Du verstehst überhaupt nicht was ich meine!“ „Nein das tue ich auch nicht und ich will es auch nicht. Hier ist es doch schön, was hast du nur?“ „Du verstehst es echt nicht.“ „Nein und ich habe auch keine Lust noch länger mit dir zu streiten. Geh auf dein Zimmer und komm erst wieder runter wenn du dich beruhigt hast.“ Mein Name ist Rosalie Swann, ich bin 16 Jahre alt und mit meiner Mutter von Miami in die Kleinstadt Olympia gezogen. Erster Grund: sie hat einen besser bezahlten Job bekommen. Zweiter Grund: sie ist bei ihrem neuen Freund, Henry. Er geht mir ziemlich auf die Nerven, aber meine Meinung zählt nicht. Jetzt sind wir auf jeden Fall hier und es gibt kein Zurück. Morgen beginnt mein erster Schultag hier, wie ich mich darüber doch freue. Ich schrak hoch, riss die Augen auf und starrte den Wecker an. Es war schon halb acht! „Mom, warum hast du mich nicht geweckt?“ Es kam keine Antwort. „Mist sie ist schon in der Arbeit. Ausgerechnet an meinem ersten Schultag! Ich muss mich beeilen!“ Ich hatte mir den ersten Tag in der neuen Schule weniger stressig vorgestellt. Ich raste von Zuhause in Richtung Schule, um wenigstens ein bisschen pünktlich zu sein. Ich hatte endlich mal Glück, denn ich schaffte es gerade noch pünktlich ins Schulgebäude. Da ich über nichts bescheid wusste ging ich erst mal ins Sekretariat um mich zu erkundigen. „Hallo, ich bin Rosalie Swann und hätte ein paar Fragen zur Schule.“ „Ah die Neue, ich hätte eigentlich früher mit dir gerechnet, aber na ja. Du kommst aus Florida richtig? Gut, also hier hast du erst mal deine Bücher.“ Sie griff unter den Tresen und holte vierzehn Bücher hervor, die sie mir in die Hand drückte. „Hier die wirst du brauchen. Am besten du schreibst gleich deinen Namen rein, kannst du aber auch später machen. Hier hast du noch Stift und Zettel, da kannst du dir aufschreiben wo du deine Fächer hast.“ Und damit redete sie ohne Punkt und Komma weiter, erklärte mir sämtliche Fächer, wo die dazu gehörigen Räume sind, in welche Klasse ich komme, welchen Lehrer ich habe und den Schulhofplan. Als sie damit fertig war, führte sie mich, viel zu spät aber immerhin, in die Klasse. Ich war tierisch nervös, aber als sie dann die Tür öffnete und ich meine 25 Mitschüler sah, die gelangweilt an ihren Tischen saßen und versuchten dem Lehrer zuzuhören, war die Nervosität verflogen. „Das ist deine neue Klasse und dein Lehrer. Ich hoffe du lebst dich schnell hier ein. Viel Spaß noch heute.“ Mit diesen Worten verschwand die Sekretärin aus meiner Klasse. „Hallo. Ich bin wie gesagt dein neuer Klassenlehrer, Robert Smith. Stell dich doch mal der Klasse vor.“ „Äh… ja. Ich heiße Rosalie Swann, bin 16 Jahre alt und komme ursprünglich aus Miami/Florida.“ „Gut Rosalie. Setz dich doch … am besten … neben Ashley.“ Er deutete auf ein Mädchen in der dritten Reihe oder besser gesagt auf den leeren Platz neben ihr. Ich ging hin und packte meinen Kram aus, wobei mich jeder beobachtete. Als ich alles auf meinem Tisch verteilt hatte und zu Mr. Smith schaute um dem Unterricht zu folgen, setzte der sich auf seinen Stuhl am Pult und sagte: „Wie ihr wisst schreiben wir nächsten Freitag eine Klausur und deshalb werden wir noch viel zu wiederholen haben. Rosalie ich möchte das du nach dem Unterricht zu mir kommst, damit ich dir alles nötige noch erklären kann.“ „Klar“ mehr viel mir dazu nicht ein. Der Unterricht von Mr. Smith war mehr als langweilig. Ich hatte Mühe ihm zuzuhören, da ich einzuschlafen drohte und ich glaube das ging den Anderen auch so. Die Stunde verging nur schleppend, bis dann irgendwann doch die Klingel läutete und die nächste Stunde verkündete. „Ich warte draußen auf dich, dann können wir zusammen in den Chemiesaal gehen, ich geb dir dann auch den Stundenplan.“ „Danke Ashley.“ „Kein Problem.“ Ich packte meine Sachen wieder ein und ging vor zu Mr. Smith. „Ich weiß noch nicht genau, ob du die Klausur mitschreibst oder nicht und außerdem weiß ich nicht wie weit du bist, deshalb möchte ich dich bitten morgen Nachmittag einige Tests zu schreiben.“ „Na klar. In welchen Fächern?“ „In allen außer in Sport, IT, Musik und Hauswirtschaft. Aber natürlich auf ein paar Tage verteilt.“ „O.K. Wie lange soll ich denn dann dableiben?“ „Wir werden in der sechsten Stunde anfangen – ich habe den jeweiligen Lehrern schon bescheid gesagt – ich schätze das du so bis fünf bleiben müsstest.“ „Na gut. Wenn sie mich dann entschuldigen würden – Ashley wartet draußen und ich muss in Chemie.“ „Gut, also dann bis Morgen und hab noch viel Spaß.“ Ashley stand vor unserem Klassenzimmer an die Wand gelehnt und schaute geistesabwesend aus dem Fenster. „Hey, geht’s dir gut? Können wir los?“ „Huch du bist ja schon da. Klar können wir los.“ Auf dem Weg zum Chemiesaal kamen wir an vielen Klassenräumen vorbei, aus denen uns viele neugierige Schüler entgegenblickten. Ashley erklärte mir bei einigen vorbei gehenden, dass sie verzogen, zickig oder ziemlich reich seien und dass es besser wäre wenn ich mich von ihnen fernhalten würde. Bis wir an einem Jungen vorbei kamen, der noch mit zwei anderen an einer Wand vorm Chemiesaal stand. „Das ist Nicholson Warner. Er ist hier der „Oberreiche“ und spart das auch nicht zu zeigen. Sein Vater ist ein Großunternehmer und hat sieben Firmen. Zwei hier in Amerika und fünf in Europa. Jeder will unbedingt etwas mit ihm zu tun haben, aber nur die zwei haben es geschafft. Er ist sogar bei den Mädchen beliebt. Aber eigentlich ist er nicht wirklich zu beneiden.“ Nachdem sie so ziemlich jeden schlecht gemacht hatte den wir gesehen haben, gingen wir endlich in den Chemiesaal. Ich saß neben einem Jungen aus Nicholsons Clique. Ich glaube er hieß George, oder so. Chemie war so ziemlich das langweiligste Fach neben Mr. Smiths Matheunterricht. Wieder erlöste uns die Klingel und Mr. Barty sagte uns noch schnell die Hausaufgaben. Ashley war schon vorgegangen, sie sagte sie hole uns einen Platz in der Cafeteria (außerdem hielt sie mich für zu langsam). Ich räumte zum dritten Mal meinen Kram zusammen, doch diesmal hörte ich zufällig ein Gespräch zwischen Nicholson und George: „Hast du alles vorbereitet?“ „Ja, ist alles fertig. Wir müssen nur noch …“ Weiter kam er nicht denn Nicholson hob die Hand und schaute mich an. Ich wurde nervös. Mir fiel nichts Besseres ein als ihn böse anzugucken und zu fragen: „Ist was?“ „Hast du gelauscht?“ „Es war schwer zu überhören. Wenn ihr nicht wollt das euch jemand zuhört dann sprecht leiser!“ Damit riss ich meine Tasche vom Stuhl und verschwand nach draußen auf den Gang. Da ich nicht genau wusste wo die Cafeteria lag, ging ich den anderen nach die, die Gänge entlang rasten. Bis irgendwann mal eine Tür erschien durch die alle herein strömten. Es war ein ziemliches Gedränge und Geschubse, aber irgendwann fand ich Ashley dann doch. Sie saß bei ihren Freunden so ziemlich in der Mitte der Cafeteria. Ein paar kannte ich vom sehen aus der Klasse. „Da bist du ja endlich, ich dachte schon du findest den Weg nicht! Immerhin ist der schwer zu übersehen!“ „Ich weiß, tut mir Leid. Ich habe … mein Heft … in der Klasse vergessen und musste noch mal zurück.“ „Ach so. Setz dich und iss. Wir haben nicht ewig Zeit!“ Ich konnte nicht glauben, dass sie mir das abkaufte. Aber weiter darauf eingehen wollte ich auch nicht. Ich holte mir mit viel Mühe etwas zu Essen und hörte den anderen beim Reden zu. Das erste Klingeln ertönte viel zu früh, trotzdem gingen wir in unser Klassenzimmer. Bevor ich allerdings auch nur in die Nähe der Tür kam hielt mich Ashley auf: „Du glaubst doch nicht wirklich dass ich dir das mit dem Heft abnehme. Also was war los?“ „Ich bin halt nicht gut im Lügen, ich wollte nicht dass die anderen etwas davon mitbekommen. Ich habe ein Gespräch zwischen Nicholson und George gehört. Ich wollte nicht lauschen aber ich wurde neugierig. Nicholson hat das mitgekriegt und mich darauf angesprochen. Ich brauchte ein bisschen Zeit um zu überlegen was ich sagen soll. Ich habe sie dann stehen lassen.“ „Und über was haben sie geredet?“ „Ich dachte ich sollte mich am meisten von ihm fernhalten!?“ „Ja schon, aber jetzt will ich wissen worum es ging. Man weiß recht wenig über ihn, deshalb will ich es wissen. Komm schon spuck’s aus!“ Ich konnte ihr nicht mehr antworten, da das zweite Klingel uns in unser Klassenzimmer rief. Die restlichen Stunden vergingen relativ schnell. Ich versuchte Ashley aus dem Weg zu gehen, um ihr nicht sagen zu müssen worum es ging. Es gelang mir aber nicht wirklich. Als die letzte Stunde endlich vorbei war, strömten alle schnell aus der Schule heimwärts. Als ich gerade aus dem Tor war rief Ashley mir nach: „Warte mal Rose.“ Ich blieb stehen und ahnte schon schreckliches. „Ich habe begriffen das du mir nichts darüber erzählen willst, aber na ja, vielleicht überlegst du’s dir noch mal. Ich habe ganz vergessen dir den Stundenplan zu geben. Ich habe vorsichtshalber meine Nummer drunter geschrieben, falls du Fragen hast.“ „Danke. Und danke dass du mich nicht weiter ausquetschst. Ich glaube es ist besser wenn ich es für mich behalte.“ „Kein Problem. Wie kommst du nach Hause?“ „Meine Mutter holt mich mit dem Auto ab, ich glaube dahinten steht sie.“ „Ach so. Dann bis morgen.“ Damit endete mein erster Schultag in der neuen Schule und darüber war ich auch froh. Ich sah unser Auto schon von weitem. Ich ging hin, begrüßte meine Mutter und schaute mir dann unseren Stundenplan an. Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag 8:00-8:45 MATHE FRANZI CHEMIE ENGL MUSIK 8:45-9:30 CHEMIE ENGL FRANZI GESCHI BWR 10:00-10:45 PHYSIK MATHE ENGL BIO CHEMIE 10:45-11:30 BWR MUSIK PHYSIK BWR CHEMIE 12:00-12:45 ERD IT MATHE WIRT MATHE 12:45-13:30 BIO IT ERD HAUS ENGL 14:00-14:45 WIRT IT SPORT HAUS 14:45-15:30 GESCHI IT SPORT Bei Fragen: 948371 „Ich muss morgen Nachmittag ein paar Tests schreiben. Mein Lehrer will wissen wie weit wir in Miami sind.“ „Wann kommst du dann nach Hause?“ „So gegen fünf.“ „Dann kann ich dich aber nicht abholen.“ „Es ist ja nicht weit nach Hause ich schaff das auch zu Fuß.“ Als wir zu Hause ankamen, ging ich erst mal in mein Zimmer und erledigte meine Hausaufgaben. Es war erst halb fünf, deshalb entschloss ich mich, mir die Stadt anzuschauen. Ich ging runter zu meiner Mutter und verkündete es ihr. Sie war nicht sonderlich begeistert darüber, aber ich ging trotzdem. Außerdem ist die Stadt so klein, das man sie, wenn man sich beeilt in einer Stunde durchqueren könnte. Ich lief ziellos durch die Gegend. Ein paar kleine Geschäfte kreuzten meinen Weg, aber eigentlich wollte ich nur schauen wo es Klamotten zu kaufen gab. So ziemlich am Ende der Stadt fand ich dann endlich einen Laden in dem es alles gab. Dort hingen Taschen, Schuhe und eine Menge Kleider. Zwar nicht so schöne wie in Miami, aber immerhin. Auf dem Weg zurück (ich ging einen anderen Weg, der neben dem Klamotten-Laden entlang führte) sah ich Nicholson samt Clique an einer Pommes-Bude stehen. Ich tat so als würde ich sie nicht sehen und ging weiter. Doch Nicholson hatte mich schon entdeckt und lief mir hinterher. „Hey, warte mal. Bleib doch mal stehen!“ „Redest du mit mir?“ „Natürlich mit wem sonst?“ „Was willst du?“ „Mit dir über heute Vormittag reden. Ich hoffe es bleibt unter uns, sonst…“ „Sonst was? Willst du mich töten? Trottel!! Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte: ich habe nur die Hälfte mitgekriegt. Außerdem was interessiert mich das, was du machen willst? Lass mich in Ruhe, ich will nach Hause.“ Ich ließ ihn stehen und machte mich auf den Heimweg, doch bevor ich um die nächste Ecke bog, blieb ich kurz stehen, um mich zu vergewissern das er mir nicht folgt. Das tat er nicht, er stand nur da und starrte mir nach und das ziemlich perplex. Die zwei anderen waren zu ihm gekommen und einer sagte: „Ich glaube so ist noch nie jemand mit dir umgesprungen. Die könnte uns gefährlich werden.“ Dann gingen sie wieder in die Pommes-Bude und ich Richtung nach hause. Der restliche Weg verlief normal. Nur ab und zu lief mir jemand über den Weg, aber keiner den ich schon mal gesehen hatte. Als ich dann endlich Zuhause war, aß ich noch schnell was und sprang unter die Dusche. Danach setzte ich mich mit meiner Mutter ins Wohnzimmer. Henry war nicht da. Wir schauten noch fern, bis ich dann hoch in mein Bett ging. Es dauerte nicht lang, bis ich einschlafen war. Der nächste Tag fing weniger stressig an, als am Vortag. Ich stand so gegen sieben Uhr auf und ging dann runter in die Küche zum Frühstück. Danach machte ich mich auf den Weg zur Schule. Als ich gerade ins Schulgebäude gehen wollte hielt mich jemand auf: „Hey Rose. Warte mal.“ Ich drehte mich um und sah … den, den ich nicht sehen wollte, Nicholson. Wie konnte ein Tag nur so blöd anfangen? „Nenn mich nie wieder Rose!“ „Sorry. Wegen gestern wollte ich noch mal mit dir reden!“ „Ich aber nicht mit dir. Ich dachte ich habe mich klar ausgedrückt.“ Ich ließ ihn draußen stehen und hoffte dass er mir nicht folgte. Das tat er aber leider und das von der Garderobe bis ins Klassenzimmer. Ich ließ mir aber nichts anmerken und tat das was ich immer tat: ich ignorierte ihn. Ich setzte mich auf meinen Platz, holte meinen Kram raus und verteilte ihn über den ganzen Tisch. Er hatte sich vor mich gesetzt und beobachtete mich. „Ist was? Habe ich irgendwo einen Popel hängen oder warum starrst du mich so an?“ „Nein, natürlich nicht. Aber das hat noch nie jemand getan!“ „Was?“ „Mich ignoriert. Sonst wollen immer alle etwas mit mir zu tun haben.“ „Schön für dich! Ich bin nicht alle! Bei mir weht ein anderer Wind! Also lass mich gefälligst in Ruhe!“ „Was habe ich dir getan, dass du mich so hasst?“ „Ich habe eine Warnung erhalten. Mir reicht das als Grund dir aus dem Weg zu gehen.“ „Von wem hast du die Warnung erhalten? Von Ashley? Die ist doch nur sauer, weil ich sie sitzen lassen hab.“ „Du warst mit ihr zusammen?“ „Ja, aber nur zwei Wochen. Also hast du die Warnung von ihr? Hätte ich mir denken können!“ „Ich war nur überrascht, mehr nicht! Ich … sie hat mir die Warnung nicht gegeben!“ „Glaub mir ich weiß das sie’s war. Leugnen ist zwecklos!“ „Na schön sie war’s. Na und. Sie hat auch allen Grund dazu! Und jetzt lass mich in Ruhe! Die anderen gucken schon!“ „Lass sie doch. Ich bin das gewöhnt.“ „Ja du vielleicht, aber ich nicht. Dahinten kommt Ashley, verschwinde oder ich prügel dich zu deinem Tisch!“ „Das will ich sehen.“ Mir blieb nichts anderes übrig. Ich ging um meinen Tisch herum (er schaute nur blöd), mir fiel nichts ein also riss ich ihn erst mal den Stuhl weg. Er fiel auf dem Boden und guckte mich erschrocken an. Da ich ihn nicht anders vom Fleck bringen konnte, zerrte ich ihn an seinem Pullover und Haaren durch den Raum auf seinen Platz. Ich hörte ihn kurz „aua“ stöhnen, ließ ihn vor seinem Tisch liegen und ging auf meinen zurück. Mir ging’s danach richtig gut, bis auf die Tatsache dass es die ganze Klasse mitbekommen hatte. Das einzig schlechte war nur das Ashley auch alles gesehen hatte. „Was war denn hier los?“ „Er hat mich genervt und wollte nicht gehen, also habe ich ihn selbst weggebracht. Warum hast du mir nicht erzählt, das ihr zusammen wart?“ „Weil es nur zwei Wochen waren. Nicht der Rede wert.“ In diesem Moment ertönte die Glocke und Mr. Williams kam rein. Er begann sofort mit dem Unterricht. Wieder fing ein Stressgeladener Schultag an. Wenigstens ließ Nicholson mich in Ruhe. Dachte ich zumindest. Ob ich mich da mal nur nicht täuschte. Ich sollte nach der sechsten Stunde zu Mr. Smith kommen. Ich fand den Weg nicht gleich, aber immerhin nach zehn Minuten und das ohne zu fragen. Ich klopfte, ging rein und setzte mich auf einen Stuhl ihm gegenüber. Damit fing der Ärger an. Wir begannen mit einem Mathetest, dann folgten Physik, Chemie, BWR und der letzte war Französisch. Ich hatte bei einigen ein ziemlich schlechtes Gefühl, bei einigen wenigen aber ein gutes. Mr. Smith entließ mich, wünschte mir noch einen schönen Tag und sagte das ich morgen wiederkommen solle, selber Ort, selbe Zeit. Ich war froh dass ich endlich gehen konnte, doch dieses frohe Gefühl verflog sofort als ich ihn an einer Ecke stehen sah. „Wie ist es gelaufen?“ „Ich wüsste nicht was dich das angeht.“ Ich ging an ihm vorbei in Richtung nach Hause, doch er folgte mir. „Was ist? Willst du mich verfolgen, töten oder sonst was?“ „Nö, ich will nur einen Antwort.“ „Es war scheiße. Zufrieden?“ „Nö, was hast du am nächsten Wochenende vor?“ „Nichts mit dir und jetzt lass mich!“ In diesem Moment preschte ein Auto auf uns zu. Ich war so erschrocken dass ich mich keinen Millimeter rührte. Ich dachte schon, jetzt hätte mein letztes Stündchen geschlagen, als der Wagen mit quietschenden Reifen ein paar Zentimeter vor uns stehen blieb. Ein Mann steckte einen Kopf durch die Scheibe und brüllte: „Nicholson Peter Warner! Wo warst du die ganze Zeit? Ich habe dich gesucht! Weißt du eigentlich was für Sorgen ich mir gemacht habe?!“ „Vater, reg dich nicht so auf! Ich war hier, in der Schule. Ich … habe ihr Nachhilfe gegeben.“ „Ich hoffe sie wissen, dass sie mich fast überfahren hätten. Außerdem ist hier eine fünfziger Begrenzung, sie dürfen gar nicht so schnell fahren!“, sagte ich wütend. „Nicholson, ich erwarte eine Erklärung. Wer ist das? Etwa deine neue Freundin?“ „Äh … ja genau!“ „Du solltest dir lieber eine andere nehmen, die ist zu vorlaut.“ „Was?“, rief ich entsetzt. „Ich ruf dich an Rose. Bis später!“ Er nahm mich an den Armen, drückte mir einen Kuss auf die Wange und stieg ins Auto, das sofort losfuhr. Ich war so baff, ich bekam keinen einzigen Ton raus, erst als das Auto um die nächste Ecke fuhr konnte ich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich hoffe das er wusste das, das noch ein Nachspiel haben würde. Ich war stocksauer!! Ich starrte immer noch die Ecke an, wo das Auto verschwunden war, bis mir einfiel das ich nach Hause musste. Ich setzte mich in Bewegung. Es dauerte länger als sonst bis ich endlich vor unserem Haus stand. Ich ging direkt in mein Zimmer, setzte mich an meinen Computer und schrieb meiner besten Freundin, Vanessa, in Miami. Ich erzählte ihr so ziemlich alles, sie fand Nicholson genauso bescheuert wie ich. Sie schrieb außerdem dass es in Miami ohne mich total langweilig sei und dass ich doch zurückkommen solle. Ich konnte leider nicht und das schrieb ich ihr auch. Wenn es jemanden gab, den ich wirklich aus Miami vermisste, dann war sie es. Wir hatten immer viel Spaß zusammen, hatten auch viel zusammen angestellt, aber nie haben wir den anderen verraten. Es war eine lustige Zeit, aber sie war leider vorbei, dass musste ich einsehen, es würde nie wieder so sein wie es früher war. Und diese Erkenntnis fiel mir viel zu spät ein. So sehr ich auch meine Mutter darum bat mit mir zurückzuziehen, sie würde es nie machen. Und selbst wenn wir es tun würden, hätte sich trotzdem alles verändert. Ich verabschiedete mich von ihr und ging runter in die Küche, ich hatte meine Mutter gehört. Wir aßen zusammen, danach machte ich noch schnell meine Hausaufgaben und ging dann ins Bett. Ein weiterer Tag in der neuen Heimat lag hinter mir und darüber war ich froh. Der nächste Morgen kam viel zu früh, ich war Müde und außerdem hatte ich keine Lust in die Schule zu gehen, ich wollte ihm nicht über den Weg laufen. Aber mir blieb nichts anderes übrig, ich musste in die Schule gehen. Auf dem Weg dahin überlegte ich, wie ich Nicholson am besten aus dem Weg gehen konnte, doch als ich vor meinem Klassenzimmer stand, war mir immer noch nichts eingefallen. Da ich aber wusste, dass er schon da war und Ashley und die anderen nicht, ging ich rein und sah, wie er vor meinem Tisch saß und ungeduldig auf die Uhr schaute. Ich tat so als würde ich ihn nicht sehen, holte geduldig meinen Kram raus und ging dann vor zu ihm. „Morgen.“ Noch bevor er ausreden konnte hatte ich ihm schon eine geknallt. „Das war noch wegen gestern. Wage es ja nicht mich noch mal zu küssen und wenn’s auch nur auf die Wange ist! Das nächste Mal würdest du nicht so glimpflich davon kommen!“ „Das war nur Deckung. Ich musste irgendwas sagen, sonst hätte ich noch mehr Ärger bekommen. Du standest da so gut und da konnte ich nicht anders. Danke dass du mich nicht verraten hast. Ich schulde dir was!“ „Gut, dann kannst du die Schuld gleich begleichen, indem du mich von jetzt an in Ruhe lässt!“ „Was ist dein Problem? Was hast du gegen mich?“ „Du bist einfach da, dass ist das Problem. Ich will nichts mit dir zu tun haben, aber das interessiert dich ja nicht. Dann ist es doch klar dass ich so auf dich zu sprechen bin, oder nicht?! Und jetzt geh, Ashley kommt gleich. Oder willst du das es so endet wie gestern?“ „Ist ja gut ich gehe. Aber später habe ich eine Überraschung für dich!“ Der Tag zog sich. Ich wusste nicht was Nicholson für mich vorbereitet hatte und eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen. Doch ich kannte ihn langsam so gut, um zu sagen, dass er sich nicht umstimmen ließ. Wenn er etwas wollte, dann zog er es auch durch. Und ich denke, dass er das wollte. Das schlimmste aber war, dass ich nicht wusste, wann er vorhatte mir die Überraschung zu geben. Ihm konnte jederzeit einfallen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür wäre. Ich versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren, aber es fiel mir alles andere als leicht. Irgendwie hatte ich den Tag dann doch überstanden. Ich musste nur noch die Tests bei Mr. Smith schreiben, aber ich wusste, dass er jetzt nicht mehr gefährlich war. Nach einer kurzen Pause ging ich dann zu Mr. Smith und schrieb einen Test nach dem anderen: English, Bio, Geschi, Erdkunde und Wirtschaft. Sie waren alle leichter als die Tests gestern und darüber war ich ziemlich froh. Mr. Smith bat mich noch ein bisschen zu warten, damit er mir die Noten noch sagen kann. Nach kurzer Zeit überreichte er mir die Tests und sagte: „Du bist mehr als durchschnittlich, aber die schlechten Noten in Chemie, Mathe und BWR müssten nicht sein. In denen brächtest du dringend Nachhilfe.“ „Ich weiß, aber …“ Er hob die Hand. „Lass mich ausreden. Deshalb habe ich mir erlaubt dir einen Nachhilfelehrer zu besorgen. Du kannst reinkommen.“ Ich hatte eine schreckliche Vorahnung. Leider bestätigte sich diese als er ins Büro kam. „Nicholson?“ Ich war für eine kurze Weile so perplex, das mir nichts einfiel, aber dann fand ich meine Sprache doch wieder. „Warum er und nicht ein anderer?“ „Er sagte mir, dass ihr gut befreundet seid und dass er das gern übernehmen würde. Hast du ein Problem damit?“ „Ja und was …“ „Sie meint nein! Sehen sie nicht wie sie sich freut?“ Und wie ich mich freute. Ich freute mich so sehr, dass ich am liebsten aufgestanden und ihm an die Gurgel gesprungen wäre. Aber ich ließ es bleiben, weil Mr. Smith nicht unbedingt mitkriegen sollte wie sehr ich ihn jetzt und auch schon vorher hasste. Ich konnte mir meinen Hass nicht wirklich erklären, aber ich wusste, dass ich ihn hasste und das reichte mir. „Dann ist ja alles gut. Ich hoffe das sich deine schulischen Leistungen von jetzt an bessern werden.“ „Oh ja. Das hoffe ich auch.“ Und wie ich das hoffte! Kapitel 2: Vieles zum Nachdenken -------------------------------- „Bist du von allen guten Geistern verlassen?“ „Wieso was hast du gegen Nachhilfe?“ „Ich habe nichts gegen Nachhilfe, ich habe etwas gegen dich! Warum hast du dich freiwillig gemeldet?“ „Ich dachte, wenn wir etwas mehr Zeit verbringen, hasst du mich nicht mehr so!“ „Du hast dir gerade einen Todfeind geschaffen. Ich habe von vornherein gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst und jetzt das! Willst du mich quälen?“ „Nö, eigentlich nicht. Außerdem habe ich gestern schon gesagt, das ich dir Nachhilfe gebe und damit mein Vater keinen Verdacht schöpft, habe ich gesagt, dass ich es machen werde.“ „Ist ja ganz toll und das ohne mich vorher zu fragen, ob ich überhaupt will.“ „Hast du am Wochenende Zeit?“ Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Als ob mir so was noch gefehlt hätte. „Nein habe ich nicht!“ „Dann morgen nach der Schule?“ „Von mir aus, aber nerv mich nicht!“ „Gut.“ Nachdem er mir den halben Weg zu mir nach Hause, wie ein Hund hinterher gedackelt war, wurde es mir dann zu blöd. „Musst du mir hinterher latschen? Du musst doch sicher nach Hause, sonst kommt dein Vater wieder wie ein Verrückter durch die Ortschaft geprescht.“ „Der weiß bescheid.“ „Über was, weiß er bescheid?“ „Das ich dir heute Nachhilfe gebe.“ „Was?! Wieso weiß ich nichts davon?“ „Habe ich nicht gesagt, ich habe eine Überraschung? Das ist sie.“ „Ist ja eine tolle Überraschung. Wo willst du mir Nachhilfe geben?“ „Bei dir zu Hause. Ich habe deiner Mutter schon bescheid gesagt, sie war einverstanden.“ „Was? Da hat sie zugestimmt? Warum hast du mir das nicht früher gesagt?“ „ÜBERRASCHUNG!!“ „Ist ja ganz toll. Und wenn ich nicht will?“ „Tja, Pech gehabt.“ Damit war für ihn die Diskussion beendet. Das hieß für mich, Nicholson noch den ganzen Tag zu ertragen. Tolle Aussichten! Als wir vor meinem Haus waren, blieb er stehen und schaute. „Was guckst du so? Ich weiß du bist besseres gewohnt, aber du willst mir ja unbedingt Nachhilfe geben, also musst du auch mit unserem Haus klarkommen!“ „Ich finde es wunderschön!“ Ich starrte ihn entsetzt an, wenn etwas hässlich war, dann unser Haus. „Was findest du daran schön?“ „Na ja, es ist klein, normal und … schön. Du weißt nicht wie es ist in einem Villenviertel zu wohnen. Alle Häuser sind protzig. Vor jedem steht ein Porsche, Ferrari oder Audi A4, das ist nicht normal. Ich finde euer Haus einfach nur schön.“ Er starrte das Haus wehmütig an. In diesem Moment tat er mir Leid. Vielleicht war er doch nicht so wie alle sagen: so angeberisch und arrogant. Und vielleicht hasste er es sogar reich zu sein. Ich riss aus meinen Gedanken hoch als Nicholson etwas sagte. „Äh, was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt ob wir dann reingehen können?!“ „Natürlich.“ Ich ging die fünf Treppenstufen vor dem Haus hoch, schloss die Tür auf und ging rein, gefolgt von Nicholson. „Willst du was trinken? Brauchst du vielleicht sonst irgendwas?“ „Nein danke.“ „Setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer, ich komme gleich.“ „O.K.“ Ich hatte ein komisches Gefühl im Magen, als ich ihn im Wohnzimmer allein sitzen ließ, aber ich musste hoch in mein Zimmer um Block und Schreibzeug zu holen. Ich ging schnell hoch, holte das Zeug, doch als ich wieder runter kam, war er nicht mehr da. „Nicholson? Nicholson, wo bist du?“ Angst machte sich in mir breit, aber ich wusste nicht genau wovor ich Angst hatte. „Hier bin ich!“ Ich schrak zusammen und schrie so laut ich konnte. „Wo kommst du jetzt her? Ich habe doch gesagt du sollst im Wohnzimmer sitzen bleiben!!“ „Ich musste mal auf die Toilette. Entschuldigung ich wollte dich nicht erschrecken. Übrigens du kannst mich Nick nennen, Nicholson ist so förmlich.“ „Gut Nick. Solltest du mich noch mal so erschrecken, fliegst du raus! Verstanden?“ „Ja klar. Können wir jetzt endlich anfangen?“ „Ja klar.“ Es war genau sechs Uhr als wir anfingen. Er erklärte mir sämtliche Mathe – und Chemieformel und die Zusammensetzung von Salz – und Schwefelsäure. Das schlimme: er hat es mir so erklärt, dass ich es verstanden habe. Normalerweise brauche ich Tage um zu begreifen was man in Chemie von mir will, aber bei ihm gerade mal ein Stunde. „Wenn du dich richtig damit beschäftigst, verstehst du es auch. Was ist dein Problem?“ „Keine Ahnung!“ „Wann kommt deine Mutter?“ „So gegen 10 Uhr.“ „Gut. Was machen wir bis dahin?“ „Wir?“ „Ja wir.“ „Kommt dein Vater nicht vorbei und holt dich ab?“ „Nö. Was ist mit Essen?“ „Was willst du denn essen? Ich kann eine Pizza reinschieben?!“ „Pizza ist gut.“ Ich ging erstmal mal an den Kühlschrank um zu gucken was noch drin ist, als plötzlich das Licht ausging. „Ein Stromausfall. Nick bleib wo du bist. Ich muss in den Keller gehen und die Sicherung reindrehen.“ „O.K. Ich bleibe hier.“ Ich tastete mich durch die Küchentür, raus auf den Flur, vorbei an einem kleinen Tisch, bis ich endlich die Kellertür fand. Ich suchte mit dem Fuß die Treppenstufenkante und ging Stück für Stück die Treppe runter. Ich tastete mich an drei Regalen vorbei, bis ich den Sicherungskasten fand. Dann tastete ich die einzelnen Sicherungen ab, aber keine war herausgesprungen. „Nick, am Sicherungskasten liegt es nicht. Muss wohl die Leitung kaputt sein.“ „Gut. Dann können wir nur warten. Komm wieder hoch.“ „Ja“ Ich tastete mich die Treppe wieder hoch. „Wo bist du?“ „Im Wohnzimmer.“ Ich ging in die Richtung, in der ich das Wohnzimmer vermutete, doch ich war zu weit gegangen und rannte gegen den Tisch im Flur, wobei die Vase darauf, zu Boden fiel. „Was war das?“ „Ich habe die Vase umgeschmissen. Nicht weiter schlimm.“ „Ich komme trotzdem.“ Ich drehte mich um, um ins Wohnzimmer zu gelangen, doch dort war jetzt eine Wand. Ich stieß dagegen und fiel in den Scherbenhaufen. „Aua.“ „Was machst du?“ „Ich bin in die Scherben gefallen. Ich habe mir den Arm aufgeschnitten.“ „Nein!!“ Ich hörte etwas poltern. „Was ist?“ Doch Nick antwortete nicht. Ich hörte nichts mehr, bis ein tiefes Surren die Luft zerriss. Ich rührte mich nicht mehr. Ich hatte schreckliche Angst. Angst die ich mir in dem Moment nicht erklären konnte. „Nick?“ Plötzlich stürzte sich etwas auf mich und drückte mich noch fester in den Scherbenhaufen. Ich spürte einen Atemhauch an meinem Hals, er kam immer näher. „Nick, bist du das?“ Doch er antwortete nicht. „Was machst du? Lass mich los!“ Ein Zucken ging durch seinen Körper. Er zögerte. Plötzlich ging das Licht wieder an und ich sah ihn. Seinen Pupillen waren nur noch hauchzarte Striche, er war blass und unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Augenringe, seine Schneidezähne hingen ihm bis in die Mundwinkel. Er sah aus wie … ein Vampir!! Ich brauchte einige Momente um zu begreifen, dass er ernsthaft dabei war mich zu töten. „Nick, lass mich. Bitte du tust mir weh!“ Ein erneutes Zucken durchschoss seinen Körper, doch das hielt nicht lange an. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, also schrie ich so laut ich nur konnte. Nick riss die Arme von mir los und hielt sich die Ohren zu. Da ich nicht wusste, wann er wieder zur Besinnung kam, schlug ich ihm noch kräftig ins Gesicht. Er stürzte, schlug mit dem Kopf an die Wand und blieb reglos liegen. Ich begriff nicht sofort was geschehen war, doch als ich ihn da liegen sah, hatte ich Angst ihn umgebracht zu haben und rannte deshalb zu ihm. „Nick, alles O.K.? Ich hab das nicht gewollt! Jetzt sag doch was!“ Doch er gab nur ein Stöhnen von sich. Wenigstens wusste ich jetzt dass er noch lebte. Meine Mutter würde erst in zweieinhalb Stunden kommen, außerdem könnte sie eh nicht glauben was passiert war. Ich ging alle Möglichkeiten durch die ich hatte. Seinen Vater anrufen: ausgeschlossen. Meine Mutter anrufen: ausgeschlossen. Krankenwagen: lieber nicht. Polizei: gleich dreimal nicht. Mir blieb nichts anderes übrig als ihn in mein Zimmer zu bringen und zu warten bis er aufwachte. Ich hatte allerdings keine Ahnung wie ich ihn ins zweite Stockwerk bringen sollte, ohne ihm wehzutun. Aber irgendwie musste es gehen. Ich hievte ihn über jede einzelne Treppenstufe, er war schwerer als er aussah. Als ich ihn endlich in meinem Zimmer hatte, tauchte ein neues Problem auf: wo sollte er schlafen. Ich hatte weder ein Sessel noch ein Sofa. Nur einen alten Schreibtischstuhl. Ziemlich bequem für einen Halbtoten. Mir blieb nur eins: mein Bett. Nach gut einer dreiviertel Stunde hatte ich ihn da, wo ich gezwungenermaßen haben wollte. Da ich jetzt kein Bett mehr hatte setzte ich mich in den Schreibtischstuhl und wartete. Bis mir sein Vater einfiel. Ich lief runter, nahm das Telefon und rief an: „Hallo Mr. Warner. Hier ist Rosalie Swann. Ich wollte nur bescheid sagen das Nick…olson heute hier schläft.“ „Ist gut.“ Damit legte er auf. Ich wollte gerade wieder in mein Zimmer hochgehen, als mir die Scherben einfielen. Ich holte Kehrschaufel und Besen, räumte die Scherben weg und wischte das Blut auf. Danach ging ich ins Bad, verband mir schnell meinen Arm und kehrte dann in mein Zimmer zurück. Ich setzte mich wieder in den Stuhl und wartete. Ich wollte unbedingt wach bleiben um Antworten auf das ganze Wirrwarr zu bekommen. Aber irgendwann übermannte mich der Schlaf dann doch. Ich spürte wie sich unter mir etwas bewegte und schreckte hoch. „Du wolltest doch wohl nicht gehen?“ Er saß halb auf der Bettkante, halb im Bett. „Hatte ich eigentlich vor.“ „Wie geht es deinem Kopf?“ „Meinem Kopf?“ „Ja deinem Kopf. Ich habe dich gegen die Wand gepfeffert.“ „Ach mein Kopf, dem geht’s gut.“ Ein betretenes Schweigen breitete sich zwischen uns aus. Ich wollte nicht anfangen, weil ich ihn nicht in Verlegenheit bringen wollte und er nicht weil es ihm sichtlich unangenehm war. Doch dann fing er an: „Gestern … ähm, das ist blöd gelaufen. Ich wollte dich … dir nicht wehtun …“ Er dachte eine Zeit lang nach. Bis ihm etwas einfiel: „Hast du meinem Vater bescheid gesagt, das ich hier bin?“ „Ja ich habe gestern gleich angerufen.“ „Hast du ihm von … dem Zwischenfall erzählt?“ „Nein. Ich dachte es wäre besser, wenn ich es ihm nicht erzähle.“ „Danke.“ „Aber wie du dir sicher denken kannst, würde ich gerne wissen was gestern vorgefallen ist.“ „Na klar. Aber es ist ziemlich … eigenartig.“ „Kein Problem, ich bin vieles gewöhnt.“ Ich starrte ihn an und wartete, doch als er keine Anstalten machte, anzufangen, hielt ich es nicht mehr aus: „Ich will dich nicht bedrängen, aber … ich bin neugierig, schieß los.“ „Wie spät ist es?“ „Halb acht. Wieso?“ „Die Schule beginnt in einer halben Stunde.“ „Mist. Das hat mir gerade noch gefehlt. Los beeil dich.“ Ich rannte panisch in meinem Zimmer auf und ab und dachte nach wie wir am besten, schnell in die Schule kommen konnten. „Reg dich nicht so auf. Keine Panik, ich bring dich in fünf Minuten hin.“ „Wie willst du das schaffen?“ „Lass mich nur machen. Mach dich lieber fertig.“ Ich ging ins Bad und überlegte wie wir das schaffen sollten, kam aber zu dem Schluss, dass das ganze überlegen nichts nutzte. Ich beeilte mich und war nach zehn Minuten wieder da. Nick stand am Fenster und schaute raus. „O.K. Ich bin fertig.“ „Gut halt dich fest.“ Er nahm mich auf seinen Rücken und ging zum Fenster. „Was hast du vor?“ „Mach die Augen zu und lass sie zu, bis ich sage, dass du sie wieder aufmachen kannst.“ „Bist du sicher?“ „Ja und jetzt mach!“ Ich schloss die Augen und spürte, wie er auf den Fenstersims stieg, uns kam ein Windstoss entgegen und plötzlich fühlte es sich an als ob wir schwerelos wären. „Du kannst die Augen jetzt aufmachen.“ Ich öffnete meine Augen, mir blieb vor staunen die Luft weg. „Du kannst fliegen?!“ Wir flogen über die Dächer der Stadt, die Menschen sahen wie kleine Ameisen aus. „So ungefähr. Ich nutze die Aufwinde, durch das wechseln der Winde können wir fliegen, aber nur weil wir uns so schnell bewegen.“ „Wer ist wir?“ Ich spürte wie er innerlich zusammenzuckte, doch dann lächelte er und sagte: „Mit „wir“ meine ich uns Vampire.“ Einen Moment lang dachte ich, dass er mich nur verarschen wollte, aber dann dachte ich an letzte Nacht und mir wurde so einiges klar. Ich musste unweigerlich anfangen zu lachen. Auch wenn ich wusste, dass es stimmte was er sagte, klang es absurd, zu absurd um ihn ernst zu nehmen. „Was ist daran so lustig?“ „Ich find es klingt so … unwirklich, mehr wie in einem Märchen, als in der Realität. Ich konnte noch nie etwas mit Vampiren, Zombies oder Werwölfen anfangen und jetzt habe ich einen Vampir als Nachhilfelehrer, dass ist … verrückt!“ Er schaute mich ungläubig an. „Mehr fällt dir dazu nicht ein? Ich bin gefährlich, dass hast du gestern doch selbst mitbekommen. Wenn ich Blut rieche drehen meine Sinne durch und ich stürze mich wahllos auf alles und jeden, das gerade in der Nähe ist. Und du lachst darüber!“ „Ich sehe das halt ein bisschen anders als du. Außerdem bezweifle ich das du gefährlich bist, wenn kein Blut in der Nähe ist, bist du sogar … eigentlich ganz nett.“ „Blut ist immer in der Nähe, nur wenn es austritt habe ich keine Kontrolle mehr.“ „Heißt das, dass du das Blut von uns auch so spürst?“ „Nein, ich rieche es. Falls jemand in der Schule blutet, wäre ich imstande die ganzen Leute in weniger als zehn Minuten zu töten. Deshalb war mein Vater auch dagegen, das ich in eine öffentliche Schule gehe.“ „Ist dein Vater auch ein Vampir?“ „Natürlich nicht! Man wird nur zum Vampir, wenn man gebissen wird.“ „Das heißt, hättest du mich gestern gebissen, wäre ich auch zu einem Vampir geworden?“ „Nö. Ich hätte dich gestern getötet, wenn du nicht so laut geschrien hättest.“ „Nett, dass du so direkt bist.“ „Kein Problem.“ „Wann wurdest du gebissen?“ „Vor ungefähr einem Jahr.“ „Und wie?“ Er war auf einmal ziemlich bedrückt und schaute mit traurigem Blick nach unten auf die vorbeiziehenden Häuser. „Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.“ „Ich werde es dir aber trotzdem sagen, ich finde du solltest alles wissen. Es war wie schon gesagt vor einem Jahr, ich war mit meiner Mutter geschäftlich in Italien, weil mein Vater krank war. Als wir abends von einem Meeting ins Hotel zurückgehen wollten, hat sich meine Mutter irgendwo verletzt, sie blutete stark, deshalb rief ich ein Taxi, das uns ins Krankenhaus fahren sollte. Auf dem Weg dahin, hielten wir plötzlich in einer Seitenstraße, ich wollte noch fragen was, denn los sei, aber in dem Moment öffnete sich die Tür bei meiner Mutter und der Fahrer riss sie aus dem Auto und fiel über sie her. Ich versuchte alles um ihn von ihr wegzubekommen, aber er ließ nicht locker. Ich lief aus der Seitenstraße und rief die Polizei, aber bevor die kommen konnte, fiel er schon über mich her. Die Polizei kam allerdings noch bevor er mich töten konnte. Sie brachten mich sofort ins Krankenhaus, doch bevor ich dort überhaupt ankam starb ich. Im Krankenhaus konnten sie nur noch meinen Tod feststellen und brachten mich ins Leichenhaus, dort bin ich dann in der Nacht ausgebrochen. Mein Vater war in der Zwischenzeit schon angekommen, um sich selbst von unserem Tod zu überzeugen. Ich traf ihn auf dem Weg zum Leichenschauhaus und erzählte ihm genau was passiert war. Er nahm mich wieder mit nach Washington und hat so getan, als ob ich doch überlebt hätte.“ „Warte mal. Ganz langsam: Du bist tot?“ „Ja, jeder Vampir ist tot. Nur die Seele lebt weiter. Bist du erstmal ein Vampir, gibt es kein zurück mehr. Du bist in einem Labyrinth gefangen, ewig dazu verdammt die Menschen zu töten. Es gibt keinen Ausweg, du steckst in einer nie endenden Sackgasse aus der du nicht mehr raus findest. Es ist sozusagen dein Ende, denn du lebst nicht mehr, aber richtig tot bist du auch nicht. Eher ein Verdammter auf dem Weg ins verderben.“ Er blickte mit gequältem Blick wieder nach vorne. Er tat mir unglaublich leid, ich wollte ihm so gerne helfen. „So. wir sind da. Und wie ich gesagt habe: wir haben sogar noch fünfzehn Minuten.“ Wir landeten direkt hinter der Turnhalle, neben einem Busch. „Danke.“ „Wofür?“ „Dafür das du mich rechtzeitig hergebracht hast.“ „Ach so. Kein Problem.“ „Darf ich dich was fragen?“ „Klar.“ „Dürfen die anderen davon wissen?“ „Auf keinen Fall.“ „Wissen noch andere davon?“ „Nur George und Oliver.“ „Warum ausgerechnet die beiden?“ „Sie sind auch…“ „Was?! Wie viele sind denn … so?“ „An unserer Schule: nur wir drei.“ „Und überhaupt?“ „Von allen? So ein fünftel der Weltbevölkerung.“ Mir klappte vor Staunen die Kinnlade runter. „So langsam wundert mich gar nichts mehr.“ „Wieso?“ „Das fragst du noch? Erst Va… du und Geg und Oli und jetzt ist jeder fünfte so wie ihr. Sag mal wird dein Vater sauer sein, wenn er erfährt, was passiert ist?“ „Er wird ausflippen und versuchen dich umzubringen.“ „Das sagst du einfach so und lächelst dabei?“ „Ich weiß es zu verhindern.“ „Ist aber nett von dir. Ich glaube wir sollten ins Klassenzimmer gehen, sonst kommen wir wirklich noch zu spät.“ Wir gingen zusammen an der Turnhalle vorbei, am Haupthaus entlang und in Richtung Klassenzimmer. Von überall schauten uns die Leute erstaunt an, mir war das unangenehm aber Nick schien das nicht weiter zu stören. Als wir dann im Klassenzimmer ankamen, staunten alle nicht schlecht drüber, dass wir zusammen kamen. Ashley sagte aber nichts dazu. „Was hast du Ashley?“ „Was soll ich denn haben?“ „Du guckst so komisch.“ „Weißt du Rose, ich dachte, das du normal bist und nicht so wie Oliver oder George.“ „Wieso? Was meinst du damit?“ „Du klebst an ihm wie eine Klette, das ist nicht normal!“ Ich wurde wütend, versuchte das aber nicht zum Ausdruck zu bringen. „Du bist eifersüchtig, oder?“ „Quatsch! Mich nerven nur Leute die hinter dem Geld von anderen her sind.“ „Ich bin nicht hinter seinem Geld her. Weißt du, ich dachte, dass du ein netter Mensch bist. Aber da habe ich mich wohl getäuscht, du bist nämlich nichts weiter als eine eifersüchtige Kuh, die es nicht ertragen kann seinen Ex-Freund mit einer anderen zu sehen.“ Die Klingel ertönte und der Unterricht fing an, aber ich konnte ihm kaum folgen, meine Gedanken überschlugen sich. Ich musste ständig an Nick, Ashley und Vampire denken. Auch in der zweiten Stunde hörte ich nur mit einem Ohr zu, als dann endlich die Glocke klingelte, ging ich zu Nick. „Ashley ist eifersüchtig auf mich.“ „Das war sie vorher auf jedes Mädchen, das auch nur an mir vorbei ging. Nichts Neues.“ „Hast du deshalb Schluss gemacht?“ „Du weißt nicht, wie es ist jemanden um dich zu haben, der dir auf Schritt und Tritt folgt und darauf aufpasst, dass du ja nicht fremdgehst.“ „Was soll ich jetzt machen?“ „Lass sie in Ruhe, die kriegt sich schon wieder ein.“ „Bist du sicher?“ „Ja-ha. Gehen wir in die Cafeteria? Dann kann ich dir Oli und Geg gleich richtig vorstellen. Obwohl du Geg, eigentlich schon kennen müsstest.“ „Nur weil ich einmal neben ihm saß, heißt das noch lange nicht, dass ich mich mit ihm unterhalte.“ Auf dem Weg zur Cafeteria zogen wir wieder alle Blicke auf uns, mir ging das ziemlich gegen den Strich, aber da kann man nichts machen. Wir holten uns etwas zu essen und setzten uns an den Rand, dort wo Nick immer saß, aßen und warteten auf Geg und Oli. „Dahinten kommt Oli. Bist du nervös oder warum zitterst du so?“ „Wie reagieren sie wenn sie davon erfahren?“ „Wirst du gleich sehen!“ Ich sah ihn schon näher kommen, näher kommen konnte man das nicht nennen, er kämpfte sich durch die Massen. Als er dann vor unserem Tisch stand, guckte er verständnislos Nick an. „Was macht die denn hier?“ „Sie weiß bescheid.“ „Was?! Warum das denn? Hast du’s ihr freiwillig erzählt?“ „Nö, ich hab sie halb umgebracht und war ihr dann eine Erklärung schuldig.“ „Ach so, na dann.“ „Wo ist Geg?“ „Zu Hause. Er hat auch Blut geschnüffelt. Und wie hat sie es aufgenommen?“ „Frag sie doch selbst, sie hat auch einen Mund zum sprechen und verstehen tut sie dich auch.“ Oli schaute mich fragend an. „Ich weiß nicht wie soll ich es denn aufgenommen haben?“ „Sie hat mich ausgelacht als ich es ihr erzählt habe.“ „Auch eine nette Idee. Wieso lebst du noch?“ „Ich habe ihn angeschrien und danach gegen die Wand geschleudert.“ „Ach so. Wie hast du’s deinem Vater gesagt?“ „Noch gar nicht, ich hab bei ihr geschlafen.“ „Aha. Wie war’s?“ „Er lag ohnmächtig in meinem Bett. Wie soll’s gewesen sein?“ „Na dann. Schon komisch das, das ausgerechnet bei ihr geschehen ist. Es ist wie Geg gesagt hat, sie kann uns gefährlich werden, und jetzt weiß sie’s. Na ja, kann man nicht ändern. Wann willst du’s deinem Vater sagen?“ „Heute Nachmittag.“ „Geht sie mit?“ „Auf keinen Fall. Du kennst doch meinen Vater.“ „Und was ist wenn ich mit will?“ Er starrte mich entsetzt an. „Bist du verrückt. Der würde dich in weniger als einer Sekunde aus dem Weg geschafft haben. Du gehst nach Hause!“ „Ihr hört euch an wie ein Paar. Seid ihr zusammen?“ „Nein!! Er ist nur mein Nachhilfelehrer.“ „Ach so.“ Das Klingeln erlöste mich von weiteren unangenehmen Fragen. Wir gingen zusammen wieder zurück, wobei Oliver bald eine andere Richtung einschlug. „Ist er immer so?“ „Nur wenn Geg nicht da ist.“ „Er ist noch direkter als du. Wie hältst du ihn nur aus?“ „Gewohnheit.“ „Wie hast du vor es deinem Vater zu sagen?“ „Direkt darauf los.“ „Wird er sehr sauer sein?“ „Ja.“ „Fällt dir nicht mehr dazu ein?“ „Nö.“ Das zweite Klingeln ertönte. „Wir haben jetzt Bio.“ „Na und?“ „Mrs. Brand hat gesagt wir sezieren heute Fische, das heißt: Blut.“ „Das hatte ich ganz vergessen. Was mach ich jetzt?“ „Beug dich runter.“ „Was?“ „Du sollst dich runter beugen!“ „Warum?“ „Vertau mir, mach einfach.“ Er beugte sich zu mir runter und ich trat ihm kräftig in den Magen. Er kippte nach vorne weg und hielt sich die Hände vor den Bauch. „So jetzt hast du einen Grund um vom Unterricht wegzubleiben.“ Ich lief schnell zu Mrs. Brand und berichtete ihr dass Nick einfach auf dem Flur zusammengebrochen war, worauf sie mir folgte und wir Nick gemeinsam ins Krankenzimmer trugen. „Es ist vielleicht besser, wenn du bei ihm bleibst, falls es ihm noch schlechter geht als jetzt schon, sagst du bitte gleich bescheid.“ Also blieb ich bei ihm sitzen. „Kannst du das nächste Mal weniger fest zutreten?“ „Aber klar, ich wollte nur dass es echt aussieht.“ „Ich denke dass es echt aussah.“ „Jetzt sind wir quitt.“ „Wieso?“ Ich zeigte ihm die Kratz- und Fleischwunden an meinem Arm, er verstand sofort und setzte eine gequälte Mine auf. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ „Bei was willst du mir helfen?“ „Bist du endgültig tot, oder kann ich dir helfen wieder zu leben?“ Er schaute mich erstaunt an und fing dann an zu lachen. „Was ist jetzt so witzig?“ „Ich finde es süß von dir, dass du mich befreien willst, aber es geht nicht. Ich bin endgültig tot.“ Ich wusste nicht was ich darauf sagen sollte, da ich ihn auch nicht weiter quälen wollte, sagte ich gar nichts mehr. Nach einer Weile wurde es ihm dann aber zu blöd und er fragte: „Du sagst ja gar nichts mehr. Ist irgendwas?“ „Mir fällt nichts mehr ein. Du tust mir so leid und ich würde dir gerne helfen.“ „Tja, so ist das Leben, die einen können es genießen während andere bestraft werden. Das ist der Lauf der Dinge und niemand vermag ihn zu ändern.“ „Wieso nimmst du das auf die leichte Schulter?“ „Ich muss mein restliches Leben so nehmen, wie es ist. Ich kann es nicht rückgängig machen, warum sollte ich darüber nachdenken wie es gewesen wäre, wenn ich damals nicht mitgefahren wäre? Es bringt nichts außer Leid und ich muss auch so schon genug leiden, also ist mir der Rest egal.“ Ich bewunderte ihn. Ich bewunderte ihn wirklich. Er nahm sein Leben, so wie es war, er mäkelte nicht daran herum, wie andere, die es eigentlich gut hatten. „Hätte ich gewusst, dass du dich so um mich sorgst, hätte ich dir schon viel früher gesagt, dass ich ein Vampir bin.“ „Wenn du möchtest, kann ich dich auch gerne wieder ignorieren, so wie gestern.“ Ein entsetzter Ausdruck huschte über sein Gesicht. Als er sprach war seine Stimme allerdings ruhig. „Nö lieber nicht.“ „Geht es dir wieder einigermaßen besser? Wir haben gleich BWR und da muss ich hin.“ „Wieso?“ „Ich verstehe gerade gar nichts.“ „Aber dafür bin ich doch da.“ „Trotzdem, ich möchte nicht noch eine Stunde fehlen, schon allein wegen Ashley.“ „Was hast du nur immer mit ihr? Die kriegt sich schon wieder ein. Lass sie doch einfach.“ In diesen Moment klingelte die Glocke und man hörte, wie alle auf die Gänge strömten, um in andere Klassenzimmer zu gelangen. Es klopfte an der Tür und Ashley kam rein. „Wenn man vom Teufel spricht!“ „Stell dich nicht so an. Hi Ash, was willst du?“ „Ich … ich wollte mich bei dir entschuldigen, Rose. Ich weiß es war fies von mir, dir zu unterstellen, dass du nur hinter seinem Geld her bist. Und …“ Nick fing an zu lachen. „Das hast du zu ihr gesagt?! Ich bitte dich, sieh sie dir an.“ „Was sieht man denn an mir?“ „Du siehst nicht, wie jemand aus, der hinter Geld her ist. Außerdem hast du sie doch die ersten Male gesehen, sie wäre mir am liebsten an die Gurgel gesprungen.“ „Zu Recht! Du bist fies und hinterhältig und als du dann auch noch bei Mr. Smith im Zimmer standest, um mir Nachhilfe zu geben da war ich kurz davor. Sei froh das Smith da war.“ „Er gibt dir Nachhilfe?“ „Äh … ja. In Mathe, BWR und Chemie.“ „Ach so. Kommst du mit oder bleibst du bei ihm?“ „Sie bleibt hier. Ich brauche ein bisschen Unterhaltung.“ „Dich habe ich nicht gefragt. Rose?“ „Nein ich komme nicht mit.“ „Hoffentlich, weißt du was du tust!“ Mit diesen Worten verschwand sie. „Was meint sie damit?“ „Nichts weiter.“ „Was hast du diesmal gemacht?“ „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ „Ja.“ „Na gut. Es war in der Nacht, als wir uns trennten. Sie ging mir wieder auf die Nerven, wegen einem Mädchen, das an mir vorbei lief und mich grüßte. Sie hat mir eine Szene gemacht, ich habe die Kontrolle verloren und sie geschlagen.“ „Du hast was?“ „Das entschuldigt zwar nichts, aber es war eine Woche nach meiner Verwandlung. Ich wusste nicht, wie ich den Drang nach Blut wegdenken konnte. Sie war so sauer, ich habe gerochen, wie ihr Blut langsam anfing zu kochen.“ „Schlechte Zeit. Wann seit ihr zusammengekommen?“ „Am Freitag, als ich verwandelt wurde. Wir waren also noch nicht mal ganz zwei Wochen zusammen.“ „Vermisst du sie manchmal?“ „Nö, ihre Eifersüchteleien gehen mir jetzt noch auf die Nerven.“ „Hast du sie vor der Verwandlung geliebt?“ „Ich fand sie ganz süß, aber liebe war es nie.“ Wir hörten von draußen ein lautes rumsen. Ich ging raus um zu sehen was los war, aber alles was ich fand war ein umgestürzter Mülleimer. „Sie war hier. Ich kann ihr Blut noch riechen. Das sollte sie eigentlich nicht hören.“ „Mehr fällt dir dazu nicht ein? Sie hat dich geliebt und tut es sogar immer noch und du? Du bist genau wie sie gesagt hat: ein Vollidiot, der mit den Gefühlen anderer spielt!“ Ich wusste nicht warum ich so wütend auf ihn war, aber ich war’s und das reichte mir. Ich konnte nicht mit ansehen, wie er Ashley noch mehr verletzte. Ich rannte die Gänge entlang in Richtung Klassenzimmer, bis ich vor der Tür stand. Die Wut in mir brodelte immer noch, aber ich verdrängt sie. Ich klopfte. „Entschuldigung, Mr. Smith ich habe mich ein bisschen verspätet.“ „Kein Problem. Wie geht es Nicholson?“ „Dem geht’s blendend!“ Ich setzte mich auf meinen Platz, Ashley sah mich erstaunt an. „Er hat mir alles erzählt.“ Sie zuckte zusammen und sagte seid dem, kein Wort mehr zu mir. Nach dem Klingeln hatte ich keine Lust Nick zu sehen, stattdessen ging ich raus auf den Pausenhof. Er war Menschenleer. Die Sonne schickte ihre letzten Strahlen auf die Erde. Ein mildes Lüftchen wehte und die restlichen braun- gefärbten Blätter fielen auf den Boden. Der Herbst würde bald zu Ende sein. Ich setzte mich unter einen Baum und schaute den Wolken nach, die am Himmel ihre Runden drehten. Ashley war mir gefolgt. „Hey.. tut mir Leid was ich gesagt habe, aber es ist besser, wenn du von ihm weg bleibst.“ „Ich versteh dich, danke für die Warnung.“ Sie setzte sich zu mir und wir sahen uns gemeinsam die Wolken an. Als die Glocke klingelte, gingen wir wieder rein. Oliver kam gerade um die Ecke. „Hey, da bist du ja. Nick will dich sehen. Ach und dich auch.“ Er deutete auf Ashley. „Wir wollen ihn aber nicht sehen.“ Das zweite Klingeln ertönte, wir gingen an Oli vorbei und rein ins Klassenzimmer. Nick war nicht da. In dieser Stunde kochten wir einen Gemüseeintopf. Doch die Stunde war viel zu schnell vorbei. Als die Klingel läutete, stürmten alle nach draußen, nur ich nicht, ich wollte Nick jetzt nicht sehen, aber was blieb mir anderes übrig. Ich ging raus auf den Schulhof und schaute, ob er irgendwo stand, es erstaunte mich, als er nirgendwo zu sehen war. Ein wenig aufgemuntert ging ich in Richtung nach Hause, doch als ich um die nächste Ecke bog, sah ich ihn auf dem Bordstein sitzen. „Ich habe schon gedacht, du kommst nicht mehr.“ „Ich hätte auch allen Grund dazu.“ „Ich weiß gar nicht, worüber du dich so aufregst. Das ist doch meine Angelegenheit.“ „Ashley ist meine Freundin…“ „Die du erst seit vier Tagen kennst. Was weißt du alles über sie?“ Ich überlegte, leider hatte er Recht, ich wusste so gut wie gar nichts über sie, aber das wollte ich nicht zugeben. „Siehst du, du kennst sie nicht wie sie früher war.“ „Was soll das heißen?“ „Sie hat auch dunkle Seiten, von denen du nichts weißt. Und jetzt lass uns nicht mehr streiten, wir haben noch was vor.“ Wir gingen von der Schule aus geradewegs ins Villenviertel. Irgendwie hatte ich Angst vor seinem Vater, aber ich wollte ihm eigentlich helfen. Und genau aus diesem Grund ging ich mit. Kapitel 3: Viel Trubel um Nick ------------------------------ Wir kamen an vielen Villen vorbei. Die Villen waren wie Nick gesagt hatte: protzig und vor jedem stand ein teures Auto. „Wie hältst du es nur aus hier zu leben? Ich würde keine Stunde aushalten.“ „Siehst du. Ich lebe seit 18 Jahren hier. Jetzt weißt du, warum ich auf eine öffentliche Schule gehen wollte.“ „Wo ist eure Villa?“ „Da oben.“ Er deutete auf einen kleinen Hügel, auf dem eine riesige Villa stand, sie war die größte in dem Viertel. Ein goldener Zaun umfasste das gesamte Grundstück. Wir steuerten auf das Tor zu, das sich groß und prächtig vor uns erschloss. Erst beim näheren herankommen viel mir der Weg auf, der durch eine Allee zum Haus führte. An dem Tor angekommen, klingelte Nick und sofort meldete sich eine Stimme: „Ja bitte? Was kann ich für sie tun?“ „Das Tor aufmachen, wäre schon mal ein Anfang.“ „Aber natürlich, gnädiger Herr.“ Ein Surren erklang, Nick drückte das Tor auf und ging hindurch, nur ich blieb stehen. „Was ist?“ „Bist du sicher, dass du es deinem Vater sagen willst?“ „Ja, warum?“ „Meinst du nicht er wird sauer sein?“ „Er wird stinksauer sein und jetzt komm!“ Widerwillig ging ich mit ihm den Weg zur Villa hoch. Ich staunte noch mehr, als ich vor ihr stand. Die Villa war zu beiden Seiten mit Säulen umrahmt. Die Tür war schon geöffnet worden, wir gingen hindurch. Drinnen stand ein Mann, der uns oder viel mehr Nick begrüßte: „Ihr seid spät, wo wart ihr so lange, euer Vater hat sich Sorgen gemacht.“ „Schule hat ein bisschen länger gedauert. Wo ist er?“ „In seinem Arbeitszimmer.“ Auf dem Weg zum Arbeitszimmer mussten wir an vielen Räumen vorbei, in denen sich viele Bilder befanden. Meistens zeigten sie eine Frau mit langem blonden Haar und blauen Augen. Ich vermutete, dass es Nick’s Mutter war, da er genauso aussah. Die Gänge waren lang und nach einer Weile, hatte ich den Weg zum Ausgang vergessen. Mit jedem Gang und jeder Tür, durch den wir gingen stieg meine Nervosität. Ich wusste nicht wie sein Vater reagieren würde und aus Nick’s Erzählungen, machte ich mir keine große Hoffnung das er es leicht nehmen würde, eher im Gegenteil. Irgendwie hatte ich Angst davor ihm gegenüberzutreten. Nick hielt ohne Vorwarnung vor einem Zimmer an. Meine Angst stieg. „Kannst du es dir nicht noch mal anders überlegen? Ich meine, du musst ja keinen Streit hervorrufen. Ist es so wichtig, das er davon erfährt?“ „Du brauchst keine Angst zu haben. Er wird dich schon nicht umbringen.“ „Aber …“ Bevor ich noch was sagen konnte, war es schon zu spät, er hatte geklopft und war rein gegangen. „Ich muss dringend mit dir sprechen!“ „Wo warst du denn solange? Ich habe mir Sorgen gemacht. Und … Was macht sie denn hier?“ „Genau deshalb muss ich mit dir sprechen. Sie weiß bescheid.“ Er musste erst mal realisieren, was Nick ihm da gerade versuchte zu sagen, als er das dann soweit begriffen hatte, wurde er wütend. „Wie konnte das passieren?“ „Er hat mich halb umgebracht und war mir dann eine Erklärung schuldig.“ Er schaute mich ungläubig an, dann wechselte er zu Nick und sagte wütend: „Nick, das war’s für dich, du wirst nicht mehr in die öffentliche Schule gehen! Ich war von Anfang an dagegen! Und jetzt haben wir das hier.“ Er zeigte abwertend auf mich. Ich spürte die Wut in mir aufsteigen, ich wollte nicht der Grund dafür sein, dass Nick in dieser Villa gefangen war. Ich konnte nicht mehr an mich halten. „Das können sie doch nicht machen! Er kann doch nichts dafür. Es war meine Schuld!“ „Papperlapapp! Es ist egal wer Schuld hat und wer nicht! Er wird nicht mehr in die Schule gehen.“ Es schien so als wollte er nicht weiter darüber reden, aber für mich war hier noch lange nicht Schluss. „Sie sind ja noch tausendmal schlimmer als er! Meinen sie es macht ihm Spaß andere Leute zu töten? Meinen sie er wollte ein Vampir werden? … Nein, wollte er nicht! Er hat sich sein Leben viel einfacher vorgestellt. Und jetzt, wo er sie am meisten braucht, fallen sie ihm auch noch in den Rücken, so was will sich Vater nennen! Lassen sie ihn wenigstens ein halbwegs normales Leben führen und sperren sie ihn nicht in diese Villa. Er hat es besser verdient. Er hat es auch so schon schwer genug.“ Die beiden starrten mich erstaunt an, aber ich war so aufgebracht, dass es mich in dem Moment, als ich es sagte nicht sonderlich gestört hatte, aber jetzt wo meine Wut wieder halbwegs verpufft war, wurde ich unsicher. „Äh … ist was? Ich habe doch recht!“ „Ja hast du, aber ich kann es nicht zulassen. Was wenn sich in der Schule jemand verletzt? Du musst mich doch auch verstehen.“ „Sie sind echt das allerletzte. Was wäre denn wenn Geg oder Oli durchdrehen würden? Sie vergessen, dass er nicht der einzige ist. Ich dachte sie seien vernünftig, aber sie sind genau so sturköpfig wie Nick. Sie haben schon ihre Frau verloren, sie müssten doch eigentlich wissen, wie es sich anfühlt jemanden zu verlieren, aber anscheinend haben sie nicht viel daraus gelernt, denn wenn sie so weiter machen, wird Nick nicht mehr lange bei ihnen bleiben!“ Ich machte auf dem Absatz kehrt und zerrte Nick aus dem Raum. Ich war so wütend, ich konnte einfach nicht mit ansehen, wie sein Vater ihm auch noch das einzigst Normale aus seinem Leben strich. Ich zerrte ihn durch die endlos langen Gänge, ohne zu wissen wohin ich ging. Nach einer Weile war ich überrascht, dass ich den Weg zum Ausgang ohne Nick’s Hilfe finden konnte. „Ich verstehe nicht warum du nicht schon längst hier weg bist. Dein Vater ist ein echtes Eckelpaket.“ „Er war nicht immer so.“ „Und wann ist er so geworden?“ „Als er von unserem Tod erfahren hat, oder viel mehr von Mutter’s Tod.“ „Und das gibt ihm das Recht dich so zu behandeln?“ „Natürlich nicht, aber er hat schon Recht. Wenn ich durchdrehe, können mich weder Geg noch Oli aufhalten. Er hasst mich und ich kann es auch durchaus verstehen.“ „Wie kommst du denn darauf, dass er dich hassen würde?“ „Jedes Mal, wenn ich in seiner Nähe bin, brodelt sein Blut vor Hass auf Vampire, auf mich. Er verachtet alle Vampire. Meine Mutter wurde von einem Vampir getötet, er sieht ihren Mörder in mir. Er versucht es zwar zu verbergen, aber ich reiche seinen Hass.“ „Ich glaube nicht dass er dich hasst.“ „Diesmal irrst du dich, er hasst mich und ich weiß es. Themenwechsel: Was hast du jetzt vor? Du hast mich bis hierher gezerrt, wo willst du jetzt hin?“ „Ich weiß nicht, ich wollte einfach nur weg von deinem Vater.“ „Das ist dir gelungen.“ „Wie wäre es, wenn wir noch ein bisschen rumfliegen?!“ „Was?“ „Fliegen, in der Luft! Dort können wir uns in Ruhe unterhalten, außerdem kann uns dann dein Vater nicht finden!“ „Und wohin willst du fliegen?“ „Keine Ahnung, vielleicht über die Stadt.“ „Na gut. Aber nur ausnahmsweise!“ Wir gingen raus auf den Hof, das Wetter hätte nicht besser sein können. Er hob mich wieder auf seinen Rücken und wir stiegen in die Luft. Der Wind blies uns ins Gesicht. „Übrigens danke.“ „Wofür denn?“ „Dafür, das du dich so für mich eingesetzt hast. Ich glaube man hat meinen Vater noch nie so die Meinung gesagt, Außenstehende zumindest.“ „Ach so. Kein Problem. Jetzt weiß ich wieso du so bist, wie du bist. Mit deinem Vater wird man auf Dauer verrückt.“ Wir flogen eine Weile über der Stadt, bis wir das Ende erreichten und sich unter uns, langsam Wälder auftaten. Von weitem glitzerte das Meer in der untergehenden Sonne. „Ich finde es gut, dass du ein Vampir bist.“ „Was? Warum das denn?“ „Weil ich sonst nie so frei fliegen könnte. Im Flugzeug würde ich den Wind nicht spüren und nicht so viel sehen. Danke das du mich mit hier hochgenommen hast!“ „Kein Problem. Wo willst du jetzt hin?“ „Ans Meer.“ „Na dann, halt dich fest!“ Wir flogen noch schneller, unter uns zog eine Stadt vorbei, ich schätzte, dass es Aberdeen war. Sie war viel größer als Olympia und hier und da leuchteten schon ein paar Lichter. Als wir am Meer ankamen landeten wir auf einer Klippe. Die Sonne war schon fast verschwunden. „Es ist wunderschön hier. Was hast du jetzt wegen deinem Vater vor? Ich meine so wie es jetzt ist, kann es ja nicht weitergehen.“ „Ich weiß auch nicht. Ich werde mich erstmal von zu Hause fernhalten und dann sehen wie es weitergeht.“ „Was ist mit Schule?“ „Wenn ich morgen in die Schule gehe, wird er mich garantiert finden und mit nach Hause schleppen. Das heißt, dass ich mich demnächst auch von der Schule fernhalten werde.“ Wir standen eine Weile da und schauten aufs Meer. Die Sonne war schon untergegangen und auch die letzten Strahlen verblichen langsam. Die Nacht brach herein. „Du kannst heute Nacht bei mir schlafen, aber wenn dein Vater kommt musst du verschwinden. O.K.?“ „Danke.“ „Allerdings darf dich meine Mutter auch nicht sehen.“ „Kein Problem, das kriege ich hin.“ Ich stieg wieder auf seinen Rücken und wir flogen in die immer dunkler werdende Nacht. Jetzt konnte man die Lichter der Städte unter uns deutlich erkennen. Die Nacht war sternenklar, aber auch kalt. Der Winter rückte immer näher und das spürte man jetzt schon. Als wir zu Hause ankamen brannten noch die Lichter im Wohnzimmer. „Mein Vater ist hier.“ „Woher…?!“ Ich brach den Satz ab, selbst mir hätte der Wagen vor unserem Haus auffallen müssen, aber ich glaubte nicht, dass ihm das am Auto auffiel. „Was machen wir jetzt?“ „Wenn er weg ist, komme ich rein. Lass dein Fenster offen.“ Er setzte mich vor meiner Haustür ab und flog dann wieder in die Nacht hinein. Da ich nicht wissen durfte, dass sein Vater schon da war, ging ich ganz normal ins Haus und rief: „Hallo Mom, ich bin wieder da.“ Ich zog meine Jacke aus, schmiss meinen Rucksack in die Ecke und wollte gerade hoch in mein Zimmer gehen als Mr. Warner aus dem Wohnzimmer kam und sich mir in den Weg stellte. „Was machen sie denn hier?“ „Ich denke, dass du das weißt.“ „Ich kann’s mir vorstellen. Es tut mir Leid, aber ich weiß nicht wo Nick ist. Er hat mich vor zwei Stunden bei Ashley abgesetzt und ist dann weiter, ich weiß aber nicht wohin und eigentlich will ich es auch gar nicht wissen. Selbst wenn ich es wissen würde, wären sie der letzte, dem ich sagen würde wo Nick ist.“ „Wie ist die Nummer von dieser Ashley?“ „948371“ Er wählte die Nummer. Mein Herz fing an zu rasen, würde Ashley mich verraten oder würde sie mich decken? Ich konnte mir nicht vorstellen das sie für mich lügen würde und das auch noch wegen Nick. Er telefonierte eine Weile, legte dann auf und schaute mich finster an. „Sie hat es bestätigt. Ich bitte dich inständig darum: bitte sag mir bescheid wenn du etwas von Nick hörst. Ich mache mir Sorgen um ihn.“ „Nick ist schon groß, er kann selbst auf sich aufpassen. Wenn er sie sehen will, kommt er von selbst, wenn nicht dann nicht. Ich habe keinen so großen Einfluss auf ihn wie sie glauben. Er tut das was er für richtig hält, ob es ihnen gefällt oder nicht.“ Mürrischen Blickes zog er ab. „Was ist mit seinem Sohn und vor allem: Was hast du damit zu tun?“ „Mom, das ist eine lange Geschichte, ich erzähl sie dir morgen, ja? Ich bin schrecklich müde und möchte jetzt schlafen gehen. Gute Nacht!“ Ich ging zu ihr, gab ihr einen Kuss und stieg dann die Treppen hoch. In meinem Zimmer angelangt, öffnete ich sofort das Fenster, holte dann mein Handy und rief Ashley an. „Hey Ash. Ich bin’s Rose.“ „Mein Gott, Rose. Was war denn bei dir los?“ „Nick hat Scheiße gebaut und ich hab es mitbekommen. Er hat es seinem Vater gebeichtet. Der wollte ihn dann von der Schule nehmen, er hatte den Eindruck, dass wir normalen einen schlechten Einfluss auf ihn haben. Dann sind wir abgehauen, wir waren zwei Stunden auf der Flucht, bis er sich sicher war, das wir seinem Vater entkommen waren. Er hat mich noch nach Hause gebracht und ist dann verschwunden. Als ich dann ins Haus ging, war sein Vater aber schon da und hat mich ausgequetscht. Ich habe gesagt, dass ich bei dir war. Danke, dass du mich nicht verpfiffen hast.“ „Kein Problem, aber ich hoffe du hast jetzt eingesehen, das es wirklich besser ist, wenn du dich von Nick fernhältst?!“ „Ja, ich denke schon. Ich muss jetzt Schluss machen. Bis morgen ja?“ „Ja. Tschüß.“ Nick kam in genau in dem Moment rein, als ich auflegte. „Was hat er gesagt?“ „Er wollte wissen, wo du bist. Ich habe gesagt, dass ich bei Ash war und dass ich nicht weiß wo du bist. Indirekt wusste ich auch nicht wo du warst.“ „Lass mich raten: er hat das mit Ash überprüft?“ „Ja hat er, aber sie hat es bestätigt, ich hoffe wirklich sehr für dich, dass du dich demnächst bei ihr entschuldigst. Ich soll deinem Vater bescheid sagen wenn ich dich sehe.“ „Und machst du’s?“ „Na klar! Ich reiß mir hier den Arsch auf, verschwinde mit dir, lass Ash für mich lügen und dann ein paar Minuten später, ruf ich deinen Vater an, der dich dann zu Hause einsperrt! Mein Gott, denk nach bevor du so etwas fragst!!“ „Danke für deine Hilfe.“ „Bitte ich hab einen gut bei dir.“ „Kein Problem.“ Ich dachte kurz nach. „Jetzt haben wir eins.“ „Welches?“ „Ich habe ein Bett und einen Schreibtischstuhl. Wo schläfst du dann?“ „Hast du Decke und Kissen?“ „Ja.“ „Gut ich schlaf auf dem Boden.“ „Bist du sicher?“ „Ja klar.“ Er schaute mich eine Weile an und fragte dann: „Warum machst du das?“ „Mach ich was?“ „Warum hilfst du mir?“ Ich dachte nach, eigentlich gab es dafür keinen konkreten Grund. Ich machte es nur, weil ich es für richtig hielt. „Ich weiß auch nicht genau warum.“ „Du weißt nicht warum du mir hilfst und tust es trotzdem?“ „Ich kann dich auch gerne wieder vor die Tür setzten, wenn es dir draußen in der Kälte besser gefällt. Sei lieber froh, dass ich dir helfe und frag nicht nach dem Grund!“ Wir saßen eine Weile so da und sagten nichts. Ich dachte über den Streit zwischen Nick und seinem Vater nach, bis ich nicht mehr an mich halten konnte: „Darf ich dir was sagen?“ „Klar, alles!“ „Aber sei nicht sauer. O.K.?“ „Kommt drauf an.“ Er sah mich neugierig an und wartete darauf dass ich weiter sprach. „Ich finde du solltest dich wieder mit deinem Vater vertragen!“ „Was?“ „Du müsstest doch eigentlich wissen wie schnell ein Leben vorbei sein kann. Man braucht nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein und schon ist alles vorbei und du hast dann keine Möglichkeit mehr dich zu entschuldigen und das schlechte Gewissen schleppst du dann dein ganzes weiteres Leben mit dir rum. Es frisst dich auf… Ich finde so weit solltest du es nicht kommen lassen, vor allem weil du eh länger lebst als normale Menschen. Vertrag dich wieder mit ihm. Ich weiß wie schwer es ist zu verzeihen, ich habe deinen Vater ja selbst erlebt und war nicht sonderlich von ihm angetan, aber glaub mir: hinterher geht es dir besser.“ Er starrte mich an. In seinem Gesicht spiegelten sich Verwunderung und Entsetzen. Doch nach einer kurzen Zeit wurde sein Gesicht ruhig und er fragte: „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Ich sage nur, was ich denke, mehr nicht.“ „Was ist mit deinem Vater?“ „Was soll mit ihm sein?“ „Dein Blut verrät dich. Sag mir was mit deinem Vater ist.“ Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich es ihm sagen sollte oder nicht. Dann dachte ich an den Tag, als er mir von seiner Mutter erzählte und begann: „Mein Vater ist tot.“ Er schaute mich an, Mitleid und Entsetzen wechselten sich in seinem Gesicht ab. „Das tut mir Leid. Verzeih mir ich hätte nicht davon anfangen sollen. Du musst auch nicht weitererzählen, ich verstehe wie du dich fühlst.“ „Heute bin ich dran mit erzählen. Es macht mir nichts aus, darüber zu erzählen, ich bin schon lange darüber hinweg.“ Jetzt schaute er mich eher ungläubig an, aber dennoch hörte er mir zu: „Er hat sich vor sieben Jahren erhängt.“ Eine Weile konnte ich nicht weiterreden, eine Welle des Schmerzes überflutete meine Sinne. Ich konnte kaum mehr klar denken und Nick’s sorgenvoller Blick half mir nicht wirklich den Schmerz zu überwinden. Ich riss mich zusammen, er sollte mich nicht später als Weichei bezeichnen. „Es war ein normaler Tag für uns in Miami, als die Polizei klopfte und meinen Vater festnahm. Wir fragten nach dem Grund, doch alles was sie uns sagten war nur, dass er höchst wahrscheinlich einen Mord begangen hatte. Wir fuhren den Polizisten hinterher, aufs Revier. Dort erklärten sie uns, ein Mann habe meinen Vater zur Tatzeit aus dem Gebäude kommen sehen, was aber nicht stimmte, da er bei mir war, weil ich den Tag Geburtstag hatte. Das sagten wir ihnen auch, aber da wir Familienangehörige waren zählte unsere Aussage nicht, und bei mir schon dreimal nicht weil ich erst neun war. Man hielt ihn drei Monate in Gewahrsam, bis er es nicht mehr aushielt und seinem Leiden ein Ende bereitete. Erst Monate nach seinem Tod fand man den wahren Mörder, es war die Frau des Toten. Sie … sie entschuldigte sich bei… bei uns und beteuerte ... das es ihr wahnsinnig leid tat. Aber … das machte meinen … Vater auch nicht wieder lebendig. Sie wurde dieses Jahr entlassen … das war auch der eigentlich Grund… warum wir wegzogen.“ Eine neue Welle aus Wut, Trauer, Hass und Verzweiflung durchschoss mich. Mir liefen die Tränen über die Wangen. Ich dachte, ich hätte längst damit abgeschlossen, aber immer wenn ich die Erinnerungen dennoch hervor kramte, musste ich sie sofort wieder verbannen, da der Schmerz wiederkam und immer stärker war als zuvor. Deshalb versuchte ich nicht an ihn zu denken, aber das gelang mir nicht immer, so wie jetzt. Es war das erste Mal, das ich so offen über den Tod meines Vaters sprach und das war mir auch sichtlich schwer gefallen, denn so wie er mich jetzt anschaute, hatte ich gleich noch mehr Grund zu heulen. „Es tut mir wahnsinnig Leid.“ Er nahm mich in den Arm und versuchte mich zu trösten, manchmal gelang es ihm, doch dann fing ich wieder von vorne an. Ich wusste nicht wie viel Zeit verging, ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Auf keinen Fall wollte ich einschlafen, ich wusste, dass ich alles noch mal durchleben müsste. Irgendwann, spät in der Nacht ließen meine Kraftreserven nach und ich fiel doch in den Schlaf. Zu meiner Überraschung schlief ich ruhig. Irgendwie hatte Nick eine beruhigende Wirkung auf mich und meinen Schlaf. Als ich am Morgen aufwachte, lag ich in meinem Bett, zugedeckt. Ich begriff nicht sofort wie ich hierher kam, bis mir Nick einfiel. Ich drehte mich um und sah ihn neben meinem Bett, auf dem Fußboden liegen. Er hatte sich mein zweites Kissen und aus dem Wohnzimmer eine Decke genommen. Er schlief seelenruhig, nur die Decke bewegte sich bei seinen regelmäßigen Atemzügen. Er sah in diesem Moment eher wie ein Engel aus und nicht wie ein Vampir. Ich betrachtete ihn eine Weile und vergaß dabei die Zeit. „Scheiße!“ Ich riss mir die Hände vor dem Mund. Wie blöd konnte man eigentlich sein? Ich wollte Nick nicht wecken, aber durch meinen Aufschrei war er wach geworden. „Was machst du denn so früh für einen Radau?“ „Entschuldigung ich wollte dich nicht wecken.“ „Darf ich den Grund wissen, warum du so rum schreist?“ „Es ist viertel vor acht!“ „Wann bist du denn mal pünktlich wach? Weißt du wofür ein Wecker eigentlich da ist? Nicht um sich Früh’s über die Zeit zu beschweren, sondern um dich Früh’s rechtzeitig zu wecken!“ „Ja ich weiß! Ich hab’s halt vergessen!“ „Wie immer. Mach dich fertig, ich bring dich hin.“ „Danke!“ Ich lief schnell ins Bad, machte mich fertig und kehrte dann in mein Zimmer zurück. Nick hatte seine Decke schon zusammengelegt und mitsamt dem Kissen auf meinen Stuhl gelegt. Er schaute ungeduldig auf die Uhr. „Beeil dich, so schnell bin nun auch nicht!“ „Ja, ja.“ Ich stieg auf seinen Rücken, noch bevor ich mich überhaupt richtig festhalten konnte, waren wir schon aus dem Fenster. Wir flogen noch schneller als sonst, die Luft brannte mir in den Augen, doch ich konnte das Schulgebäude sehen. Er setzte mich vor der Turnhalle ab und flog dann wieder davon. Ich raste durch die Gänge und kam gerade noch rechtzeitig im Musiksaal an. „Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr. Wo ist Nick?“ „Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen Ash. Danke der Nachfrage mir geht’s gut.“ „Entschuldigung! Guten Morgen, aber jetzt beantworte meine Frage!“ „Ich habe verpennt. Nick ist irgendwo unterwegs, ich weiß nicht genau wo.“ „Wann verpennst du mal nicht?“ „Vielen herzlichen Dank. Es geht mir gleich viel besser.“ Mrs. Brand unterbrach unser Gespräch und fing mit Musik an. Wir mussten ein Lied für einen Gottesdienst einstudieren. Singen war weder meine Stärke, noch die der Anderen. Die Stunde zog sich elendlang hin, doch irgendwann erlöste uns die Klingel und wir stürmten in Richtung Klassenzimmer, um ja nicht auch noch Hausaufgaben zu bekommen. Mr. Smith war wie immer überpünktlich und noch vor allen anderen da. Wir fingen sofort mit Buchungssätzen an. Er wollte gerade etwas dazu erklären, als es klopfte. „Entschuldigen sie, Mr. Smith, dass ich ihren Unterricht störe, aber ich würde gerne mit Rosalie Swann sprechen. Wenn es nicht wirklich wichtig wäre, wäre ich nicht gekommen.“ Es war Nick’s Vater, mir schwante übles, ich betete, dass Mr. Smith etwas dagegen hatte, doch er ließ mich gehen. Ich schaue noch mal kurz rüber zu Ashley - sie warf mir einen unruhigen Blick zu und ging dann zusammen mit Mr. Warner raus auf den Pausenhof. „Ich weiß nicht, was sie schon wieder von mir wollen. Ich habe ihnen doch gesagt, dass ich nicht weiß wo Nick ist. Reicht ihnen das nicht?“ „Nein, tut es nicht. Ich habe euch heute Morgen gesehen. Ich weiß, dass du weißt, wo er ist. Sag es mir.“ „Na und, er hat bei mir geschlafen. Und er hat mich auch zur Schule gebracht, aber jetzt weiß ich nicht wo er ist. Und ich will es auch gar nicht wissen!“ „Jetzt reicht es mir!“ Er zerrte mich wieder zurück ins Klassenzimmer, klopfte kurz und bat Smith um eine kurze Unterredung, der war zwar nicht besonders angetan von der Idee, ging aber trotzdem mit. Wir liefen zu seinem Büro. „Wo liegt denn ihr Problem Mr. Warner?“ „Ich hatte Streit mit meinem Sohn, an dem sie beteiligt war. Er ist weggelaufen und nur sie weiß wo er ist. Sie will es mir aber nicht sagen und deshalb hatte ich gehofft, dass sie vielleicht mal mit ihr darüber reden könnten?“ Smith überlegte kurz dann wandte er sich mir zu: „Rosalie, weißt du wo Nick ist?“ „Im Moment nicht.“ „Das heißt?“ „Er hat gestern bei mir übernachtet und heute zur Schule gebracht und dann ist er gegangen. Wohin weiß ich nicht.“ „Bist du sicher?“ „Ja, ich bin mir ganz sicher.“ Er dachte kurz nach dann sagte er zu Warner: „Ich glaube ihr.“ „Soll das heißen, sie lassen sie so einfach davon kommen?“ „Ja, sie würde so ehrlich sein und die Wahrheit sagen.“ Mr. Warner starrte Smith böse an. „Wenn sie mir sonst nicht weiter helfen können, tut es mir Leid sie bei ihrem Unterricht gestört zu haben.“ Er ging zur Tür, öffnete sie, ging raus und knallte sie mit voller Wut zu ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. „Und du weißt wirklich nicht wo Nick ist?“ „Tut mir Leid, nein.“ „Wenn Mr. Warner die Polizei verständigt, wird das für dich Folgen haben. Ist dir das bewusst?“ „Ja.“ „Na schön, dann werden wir wohl besser zurückgehen.“ Wir liefen den Gang entlang, ich dachte das Warner bestimmt noch mal kommen würde, aber das tat er nicht. Als wir in der Klasse ankamen wurde schon mächtig über das Geschehen getratscht. Mr. Smith fuhr mit dem Unterricht fort. Ashley versuchte etwas über den Vorfall herauszufinden, aber ich wimmelte sie ab. Der Rest der Stunde verging recht schnell, als die Klingel ertönte ging es allerdings ruhiger zu als sonst, da alle hofften etwas von mir zu erfahren, aber ich sagte nichts. Auf dem weg zur Cafeteria merkte ich erst, wie Ashley mich beobachte, sie sah besorgt aus. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass sie mit Nick zusammen war, ihn immer noch liebte und bestimmte ziemlich gerne wüsste, was mit ihm los war. Aber ich konnte ihr nicht die ganze Wahrheit sagen, also ließ ich es bleiben. In der Cafeteria angekommen, schaute ich mich nach Geg und Oli um und sah sie auch bald an ihrem normalen Platz sitzen. Ich holte mir so schnell es ging etwas zu Essen und setzte mich zu ihnen. Geg war kein bisschen überrascht, dass ich mich zu ihnen setzte, ich schätzte Oli hatte ihm bereits davon erzählt. „Weiß einer von euch wo Nick jetzt ist?“ „Ich nicht, aber Geg, nur das er es dir bestimmt auch nicht sagen wird genau wie mir!“ Oli funkelte ihn böse an. „Ich hab Nick halt versprochen niemanden von seinem Aufenthaltsort zu berichten. Mit einer Ausnahme: dir!“ Er deutete mit dem Finger auf mich. „Lass mich raten! Ich wette ich finde es auch so raus!“ „Klar du hast drei Versuche.“ „Auf dem Friedhof!“ Die beiden starrten mich entsetzt an. „Wie kommst du denn darauf?“ „Keine Ahnung. Ist mir spontan eingefallen!“, murmelte ich leicht säuerlich vor mich hin „Gut. Zweiter Versuch.“ „Irgendwo am Meer vielleicht?“ „Nö. Letzter Versuch!“ Ich ließ mir Zeit, ich dachte an all unsere Gespräche. Geg trommelte leise, aber mit ziemlicher Ungeduld auf den Tisch und wartete. Ich erinnerte mich an den Tag, als Nick über mich hergefallen war und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Er ist irgendwo in Italien!“ „Natürlich. Das ich da nicht früher drauf gekommen bin. Mann wie kann man nur so blöd sein?!“ Ich starrte Oli entsetzt an, ich hatte ihn noch nie so laut fluchen hören. „Also habe ich Recht?“ „Ja hast du. Ich soll dir auch noch was von ihm geben!“ Geg griff in seine Jackentasche, holte einen Briefumschlag hervor und reichte ihn mir. Ich war unschlüssig, ob ich ihn sofort oder lieber erst später öffnen sollte. Ich entschied mich für später. Den Rest der Pause verbrachten wir mit essen. Wir sprachen so gut wie gar nicht mehr miteinander. Von außerhalb starrten uns viele an. Wahrscheinlich gefiel es ihnen nicht, dass ich jetzt in Nick’s „Clique“ war. Aber das störte mich nicht mehr so wie am Anfang. Ich verstand Nick jetzt besser. Er wurde ständig von allen angehimmelt, das beste Mittel dagegen war alle auszublenden und genau das tat ich neuerdings auch. Mir fiel etwas ein und ich durchbrach die Stille zwischen uns. „Kann mir einer von euch, seine Handynummer geben?“ Geg sah mich verschwörerisch an. „Warum willst du sie denn haben?“ „Ich wette, dass sein Vater bei mir auftaucht oder dass er selbst dahinter kommt, dass Nick in Italien ist. Ich muss ihn vorher warnen.“ „Gute Ausrede!“ „Das ist keine Ausrede! Und du lach nicht so dumm!“ Ich hatte Oli noch nie so fies lächeln sehen und eigentlich hätte ich auch gern darauf verzichtet. „Hier, nimm sie und werd glücklich damit, egal was du damit machst. Ach, das ist seine „spezielle“ Nummer. Von der weiß sein Vater nichts. Das heißt aller Wahrscheinlichkeit nach hat er dieses Handy an.“ Geg konnte froh sein das in dem Moment die Klingel läutete, ich hätte ihm am liebsten eine geknallt, aber weil sie klingelte musste ich schnell in den Chemiesaal. Ich ging schnurstracks auf meinen Platz und wartete darauf, dass Mr. Barty kam. Langsam füllte sich das Klassenzimmer. Ich wartete aber nicht nur auf Barty sondern eigentlich auf Ashley. Sie kam allerdings erst kurz vorm zweiten Läuten. „Hey. Wo warst du so lange? Ich habe auf dich gewartet!“ „Entschuldigung ich war noch schnell auf der Toilette. Was möchtest du denn?“ „Du machst dir Sorgen um Nick oder?“ „Sieht man mir das an?“ „Ja! Ich kann dir nicht alles sagen, aber ich weiß das es ihm gut geht.“ „Weißt du wo er ist?“ „Nein.“ Ich wusste nicht genau warum ich es ihr nicht gesagt hatte, aber ich hielt es für besser. Mr. Barty kam mal wieder zu früh. Die Stunden vergingen viel zu langsam. Das schlimmste aber war, dass die Neugier auf den Brief immer mehr wuchs. In der zweiten Pause war ich schon kurz davor ihn zu öffnen, entschied mich aber im letzten Moment dagegen, ich wollte nicht das Ashley etwas mitbekam. Die restlichen zwei Stunden waren so ziemlich die schlimmsten, die ich je hatte. Ich konnte es kaum abwarten nach Hause zu gehen und den Brief zu öffnen. Aber irgendwie gingen sie dann doch vorbei und mir stand ein langes Wochenende bevor. Ich rannte auf direkten Weg nach Hause. Dort angekommen, schmiss ich meinen Kram in eine Ecke und öffnete den Brief: »Rose, es tut mir Leid, dass ich dich in alles mit- hineingezogen habe. Ich bin aber trotzdem froh darüber das du mir geholfen hast. Ich denke wir sind an einen Punkt angelangt, bei dem du mir fortan nicht weiterhelfen kannst. Danke trotzdem. Ich werde eine Weile hier bleiben. Bitte halt dich in Zukunft fern von mir. Ich will nicht das du noch mehr Schwierigkeiten bekommst. Ich weiß wie mein Vater ist. Danke.« Nick Ich erschrak. Ich musste mir den Brief noch dreimal durchlesen um zu begreifen, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Jetzt endlich hatte ich das was ich schon immer von ihm wollte: meine Ruhe vor ihm. Aber irgendwie wollte ich es doch nicht. Ich wollte, dass er mir weiter auf die Nerven ging. Ich wollte mit ihm streiten, ich wollte, dass er bei mir blieb. Ich hatte die ganze Zeit Spaß mit ihm, auch in etwas heikleren Zeiten und jetzt, wo ich mit ihm zusammen sein wollte, erklärte er mir das Aus. Doch ohne einen richtigen Grund. Ich hätte wenigstens von ihm erwartet, dass er mir einen triftigen Grund dafür nennen konnte, konnte er aber nicht. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das einzige was ich wusste war: wenn er sich nicht mit seinem Vater vertrug, würde er ewig Abstand von mir halten. Im Klartext, musste ich nur dafür sorgen, dass die beiden sich wieder vertrugen, doch wie sollte ich das bewerkstelligen? Irgendwie musste es gehen. Ich ging raus, an die fische Luft, schloss die Tür hinter mir ab, holte mein Fahrrad und fuhr zu Nick’s Villa. Ich überlegte den ganzen Weg, wie ich es schaffen sollte Nick hierher zu kriegen, aber als ich vor dem Tor stand musste ich mich erstmal auf etwas anderes konzentrieren. Ich klingelte und sofort meldete sich die Stimme: „Ja?“ „Hier ist Rosalie. Ich würde gern mit Mr. Warner reden.“ „Ich weiß zwar nicht ob er mit ihnen reden will, aber kommen sie doch erstmal rein.“ Er öffnete das Tor. Ich ging den Weg bis hoch zum Eingang, dort stand schon die Tür offen. Ich ging rein und wartete. Nach kurzer Zeit kam Mr. Warner. „Ich hätte nicht gedacht, dass du kommen würdest.“ „Ich habe nur ein paar Fragen. Was würden sie machen, wenn ich ihnen sage wo Nick ist?“ „Ich würde versuchen ihn nach Hause zu holen.“ „Selbst wenn er nicht will?“ Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort, sagte aber dann: „Selbst dann würde ich ihn holen. Aber nur weil ich ihn brauche. Er ist das einzige, was mir noch geblieben ist, ich möchte ihn auf keinen Fall auch noch verlieren. Ich weiß, dass ich auf dem besten Weg dazu bin, aber ich kann ihm nichts sagen oder mich entschuldigen, wenn er nicht mit mir spricht. Darum bitte ich dich: hilf mir!“ „Er sagt, sie würden ihn hassen, weil er ein Vampir geworden ist. Stimmt das?“ „Ich weiß nicht wie er darauf kommt, aber es stimmt nicht. Er ist das einzige, was mir in meinem Leben wirklich etwas bedeutet. Ich will ihn zurück haben.“ Ich dachte eine Weile nach und kam zu dem Schluss, dass es doch besser wäre mich einzumischen. „Ich habe eine Möglichkeit ihn herzuholen, aber dazu müssten sie einen sehr hohen Preis zahlen. Wie weit würden sie für Nick gehen?“ „Ich würde alles tun, um ihn wiederzubekommen.“ „Wirklich alles?“ „Ja!“ Ich rief Nick an: „Nick!“ „Rose, wie kommst du …“ „Ist egal! Du musst schnell kommen! Es ist was Schreckliches passiert!“ „Was ist denn los? Und was ist das für ein Geräusch im Hintergrund?“ „Dein Vater hatte einen Autounfall! Das Auto… ich… er wollte mir nachlaufen… und dann… Auto und…!“ „Rose! Hilf ihm! Ich komme so schnell ich kann!“ Hilf ihm? Wie sollte ich das denn machen? Ich rannte panisch hin und her und versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch das war gar nicht so einfach. Ich beugte mich zu ihm runter und versuchte ihn, in eine halbwegs richtige Seitenlage zu bringen. Nach gut 30 Minuten war weder die Polizei noch der Krankenwagen in der Nähe. Was war wenn er wirklich starb? Würde Nick mir verzeihen? Ich versuchte Mr. Warner wach zu kriegen, aber es kam keine Reaktion von ihm. Ich hatte mir alles viel einfacher vorgestellt, doch es war noch schwieriger als es im Fernsehen aussah. Wie sollte ich einen Halbtoten denn bitte wach kriegen? Doch dann hörte ich ihn kommen. „Vater!“ Ich drehte mich um, Nick war gerade gelandet und raste zu Fuß auf uns zu. „Was ist passiert? Vater? Vater komm zu dir!“ Er rüttelte ihn… und dann passierte etwas, dass selbst ich nicht vorgesehen hatte. Mr. Warner drehte sich um und umarmte Nick. Er sah ziemlich erschrocken aus. „Vater, was…?“ „Ich wollte mich bei dir entschuldigen, aber du hast mir keine Möglichkeit gelassen. Es tut mir doch so Leid! Ich weiß, wie schwer du es hast. Ich will dich nicht auch noch verlieren! Komm wieder nach Hause!“ Ich konnte Nick’s Miene nicht richtig deuten, es war eine Mischung aus Erleichterung, Mitleid und Wut auf mich. „Mir tut es auch Leid!“ Ich hatte mein Ziel erreicht. Sie hatten sich vertragen. Mein Plan war so einfach, aber er hat gewirkt und das war die Hauptsache. Das Auto hatten wir auf dem Schrottplatz gekauft und in die dementsprechende Unfallsituation gebracht. Mr. Warner zu präparieren war wesentlich leichter gewesen, den hatte ich mit Marmelade und Ketchup voll geschmiert. Mich wunderte nur, dass Nick nicht sofort darauf kam, das es kein echtes Blut war, immerhin müsste er als Vampir doch wissen wie Blut riecht. Mein Plan war geglückt und das war die Hauptsache! Endlich war Frieden zwischen den Beiden. Kapitel 4: Gefahr im Anflug --------------------------- „Wie kommst du dazu, mir vorzuspielen, dass er halbtot ist?!“ „Wie hätte ich dich denn sonst hierher kriegen sollen? Du bist so stur, du wärst nie gekommen. Mir ist nichts Besseres eingefallen. Es tut mir Leid, aber ihr hättet euch doch nie vertragen!“ „Ich fass es nicht!“ „Wenn ich gesagt hätte, er will mit dir reden, wärst du dann gekommen? Sei ehrlich!“ Er ließ sich Zeit mit einer Antwort. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt, das machte mir ein bisschen Angst. „Nein, ich wäre nicht gekommen, aber du hättest bestimmt einen anderen Weg gefunden, als diesen!“ „Ich versteh gar nicht warum du dich so aufregst! Sicher es war dumm, aber es hat dir gezeigt wie sehr du deinen Vater liebst. Außerdem habt ihr euch wieder vertragen. Sei doch froh darüber.“ „Seid wann bist du herzlos?“ Er ließ mich stehen. Ich schaute ihm noch lange hinterher. Ich wusste, dass ich jetzt keine Chance hatte mich mit ihm zu versöhnen. Etwas betrübt ging ich den Weg zum Tor runter. Ich wollte mich gerade auf den weg nach Hause machen, als ich Ashley sah, die am Zaun stand. „Hey, was machst du denn hier?“ „Das Gleiche könnte ich dich fragen.“ „Meine Antwort ist aber länger als deine, außerdem hab ich zuerst gefragt! Also was machst du hier?“ „Ich wollte mit Nick reden.“ „Das ist jetzt ein schlechter Zeitpunkt. Er wird jedem eine blöde Antwort geben, wenn er überhaupt zuhört! Er ist im Moment ziemlich sauer!“ „Warum? Was hast du wieder angestellt?“ „Wie wäre es, wenn wir zu mir nach Hause gehen und ich dir dort alles erkläre? Glaub mir heute will er keinen mehr sehen.“ Sie schaute noch mal zurück zur Villa, als würde sie hoffen Nick zu sehen. „Na gut.“ Wir gingen auf direkten Weg zu mir nach Hause. Da ich noch nichts zu Essen hatte, machte ich mir schnell eine Pizza, setzte mich dann zu Ashley ins Wohnzimmer und fragte: „Ab wann willst du die Geschichte hören?“ „Von Anfang an bitte.“ Ich fing an ihr die ganze Geschichte zu erzählen. Sie hörte mir aufmerksam zu, nur ab und zu schaute sie verwirrt. Als ich mit der Geschichte fertig war, schaute sie leicht entsetzt. „Ich weiß das mit dem Unfall war keine so gute Idee, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Wenigstens haben sich die zwei wieder vertragen.“ „Nimm’s mir nicht übel, aber ich schätze ich würde genauso reagieren.“ „Das dachte ich mir schon.“ Wir schwiegen eine Weile. Das nutzte ich um meine inzwischen Kaltgewordene Pizza zu essen. Klar die Geschichte war wirklich nicht einfach, vor allem weil sie nicht alles wusste, aber vielleicht würde Nick ihr irgendwann den Rest erklären. Und vielleicht würde er mir auch eines Tages verzeihen. Doch die Hoffnung war nicht so groß, so wie er reagiert hatte. Ich wusste ich habe einen Fehler gemacht, aber mich gleich als herzlos zu bezeichnen, fand ich schon ein wenig fies, zumal ich meinen Fehler ja eingesehen hatte. Doch bevor ich in meinem Selbstmitleid endgültig versinken konnte, riss Ashley mich aus meinen Gedanken: „Darf ich dich mal was fragen?“ „Klar.“ „Warum tust du das alles für Ihn?“ Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. „Ich weiß es selbst nicht so genau.“ „Liebst du ihn?“ Diese Frage aus ihrem Mund zu hören, machte mich stutzig. Ich musste unwillkürlich an Nick denken. Während ich an ihn dachte schlich sich immer wieder der Gedanke unter, ihn vielleicht doch zu lieben, aber ich verdrängte ihn. Ich wollte es nicht wahrhaben. „Nein, tue ich nicht!“ „Bist du dir da sicher?“ „Nein.“ „Was soll das denn heißen?“ „Ich bin mir nicht sicher. So genau habe ich da noch nicht drüber nachgedacht.“ „Du musst doch wissen, ob du ihn liebst oder nicht!“ „Ich bin mir nicht sicher und ich will mir auch nicht sicher sein!“ „Na schön. Ich will nicht weiter mit dir darüber streiten. Was hast du jetzt vor?“ „Ich werde mich noch mal bei ihm entschuldigen und hoffen, dass er mir verzeiht.“ „Viel Glück!“ Sie stand auf, zog sich ihre Sachen an und holte ihren Rucksack. „Ich muss gehen. Es ist schon halb vier.“ „Ja dann, ein schönes Wochenende!“ „Danke, dir auch. Tschüß.“ Sie machte die Tür auf, ging raus und schloss sie wieder. Jetzt war ich allein. Wir wurde plötzlich bewusst was Ashleys Frage in mir ausgelöst hatte. Meine Gedanken überschlugen sich, ich dachte an alle Momente, in denen ich mit Nick zutun hatte und suchte nach einem Indiz dafür, ob Ash recht hatte oder nicht. Doch ich fand keinen eindeutigen Beweis. Der Nachmittag verging quälend langsam, manchmal erwischte ich mich bei dem Gedanken ihn anzurufen, was ich dann aber doch lieber sein ließ. Als meine Mutter am Abend endlich kam, konnte ich sämtliche Gedanken erstmal ausschalten. Ich erzählte ihr alles was mir gerade so einfiel. Nur alles über Nick ließ ich aus. Aber auch sie ließ mich nach einer Weile wieder mit meinen Gedanken alleine, da sie zu müde wurde und ins Bett ging. In der Küche fiel mir letztendlich die Decke auf den Kopf und ich entschloss mich dazu ins Bett zu gehen. Ich wusste, meine Gedanken würde ich in einem Traum wieder finden, deshalb ließ ich mir Zeit und ging vorher noch ins Bad. Doch auch da konnte ich nicht ewig bleiben. Schließlich und endlich musste ich ins Bett gehen. Ich zog mir die Decke über den Kopf, als könnte sie mich vor dem schlechten Gewissen, das ich Nick gegenüber hatte, schützen. Ich nahm mir fest vor Morgen noch mal mit Nick zu reden. Mit diesem Gedanken fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Ich glaube, ich war noch nie so früh auf den Beinen wie heute. Der Streit mit Nick ließ mich selbst im Schlaf nicht los. Ich wollte wieder normal mit ihm reden, ihn, wenn es sein musste auch anschreien, denn so wie es jetzt war, war es für mich die reinste Folter. Ich wusste zwar noch nicht genau wie ich ihn dazu bringen sollte mir zuzuhören, aber wenn ich jetzt daran dachte, würde mir sowieso nichts einfallen, also verbot ich mir darüber nachzudenken. Ich konnte es kaum erwarten zu ihm zu gehen, es war aber leider noch zu früh. Ich ging runter in die Küche und machte mir Frühstück. Allerdings hielt ich es da nicht lange aus, ich rannte wieder hoch in mein Zimmer, doch auch da wuchs die Nervosität vor dem bevorstehenden Gespräch mit Nick. Irgendwann hielt ich es dann nicht mehr aus. Ich holte mein Fahrrad aus dem Schuppen und fuhr los. Das Wetter hätte nicht besser sein können, die Sonne strahlte vom Himmel. Kein einziges Wölkchen war zu sehen, nur eine leichte Brise wehte mir um meinen Kopf. Vielleicht konnte ich das schöne Wetter als gutes Ohmen auffassen. Als ich jedoch am Tor ankam, hatte ich dann doch kein so gutes Gefühl mehr. Ich klingelte und diesmal antwortete mir nicht der Angestellte, sondern Mr. Warner persönlich: „Ja, bitte?“ „Oh, hallo Mr. Warner. Hier ist Rosalie. Ist Nick da?“ „Hallo Rosalie! Ja natürlich ist er da.“ Ich hörte das Surren, drückte das Tor auf und ging den Weg hoch bis zur Tür, wo Mr. Warner schon wartete. „Hallo Mr. Warner. Wie geht’s ihnen?“ „Danke gut. Ich muss mich noch bei dir bedanken und gleichzeitig entschuldigen. Ich habe mitbekommen, dass ihr meinetwegen Streit habt.“ „Ach das. Eigentlich bin ich deswegen hier. Da brauchen sie sich aber keine Sorgen machen, ich kriege das schon wieder hin. Wo ist Nick?“ „In seinem Zimmer.“ Ich schaute mich um, fand aber keinen Wegweiser, der mich zu Nick’s Zimmer führte. Entschuldigend suchte ich den Blick von Mr. Warner. Der begriff sofort. „Oh, verzeih mir. Da die Treppen hoch und die letzte Tür auf der linken Seite.“ „Danke!“ Ich ging die Treppe hoch und folgte dem Gang, bis ans Ende, drehte mich nach links und stand vor seiner Tür. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich anklopfte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er die Klingel gehört hatte. Wahrscheinlich war er immer noch sauer auf mich und wollte nicht mit mir sprechen. Dennoch hörte ich ein „Herein“. Ein letzter Zweifel schoss mir durch den Kopf, der verschwand fast augenblicklich als ich ihn sah. Er starrte aus dem Fenster. Er sah irgendwie verzweifelt aus, doch als er merkte, dass ich gekommen war wurde sein Blick hart. „Hi.“ „Was willst du?“ „Mit dir reden.“ „Aha. Und was ist wenn ich nicht mit dir reden will?“ „Dein Problem! Ich weiß, ich hab Scheiße gebaut, aber willst du mir das mein ganzes Leben vorwerfen? Es tut mir schrecklich Leid, kannst du mir bitte verzeihen? Ich kann’s nicht rückgängig machen. Sorry!“ „Dir tut es nicht wirklich Leid!“ „Woher willst du das denn wissen?“ „Man merkt dir an, wann du es ernst meinst und wann nicht. Und im Moment bist du ziemlich… unsicher.“ „Bin ich nicht! Was bist du denn so stur? Man, was soll ich denn noch machen, damit du mir verzeihst?“ „Geh und lass mich in Ruhe!“ Ich starrte ihn fassungslos an. Das konnte er doch nicht ernst meinen!? „So schlimm, dass du mich nicht mehr sehen willst, war es ja nun auch nicht!“ Er sah mich finster an, aber irgendwas in seinen Augen sagte mir, dass er es nicht wirklich ernst meinte. „Rose, bitte geh. Ich habe noch was zu tun.“ Ich konnte es nicht fassen. Er meinte es tatsächlich ernst! „Soll das heißen du schmeißt mich raus?“ „Wenn du dadurch gehst, dann heißt es das.“ Langsam reichte es mir. Ich hatte keine Lust weiter mit ihm zu streiten, da ich wusste ich hätte eh überhaupt keine Chance, jedenfalls nicht hier. Ich ging, wie er es wollte. Ich lief den langen Gang entlang, den ich gekommen war und die Treppen runter. Während des gesamten Weges musste ich mir verkneifen, anfangen zu heulen. Seine Worte trafen mich wie ein Peitschenhieb, mitten ins Gesicht. Ich konnte nicht glauben, dass er mich – nach allem was passiert war – nicht mehr sehen, geschweige denn mit mir reden wollte. In der Eingangshalle angekommen, hatte ich es plötzlich eilig aus der Villa herauszukommen. Mr. Warner kam mir, aus einer Tür entgegen, er sah mir wohl an, dass ich mich nicht mit Nick versöhnt hatte und sagte noch mal: „Rosalie es tut mir Leid, dass du wegen mir Streit mit ihm hast.“ Er sah mich mitleidig an, aber ich wollte nichts mehr hören. Ich gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass ich mit ihm nicht über das Thema weiter sprechen wollte, ging zur Tür weiter und trat raus an die frische Luft. Das schöne Wetter hatte sich in Luft aufgelöst, es hatte angefangen zu regnen. Die Wolken waren dicht aneinander geschoben, sodass man keinen einzigen Flecken vom Himmel sah. Erst hier fiel mir auf, dass ich weinte. Ich lehnte mich an die geschlossene Tür und wischte mir die Tränen weg. Von drinnen konnte ich Mr. Warners wütende Stimme hören, die nach Nick rief. Ich war mir darüber im Klaren, dass Nick bald in der Halle auftauchen würde und ich war mir sicher, dass ich seine wütende Stimme jetzt nicht ertragen würde. Ich machte mich auf den Weg zu meinem Fahrrad, das immer noch am Tor lehnte. Kalter Regen klatschte mir ins Gesicht als ich aufstieg und nach Hause fuhr. Dort angelangt musste ich erstmal duschen, der Regen hatte mich förmlich aufgeweicht. Danach wusste ich mich nicht zu beschäftigen und genau das machte mir zu schaffen. Ich hatte viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Ich versuchte mich nicht auf Nick zu versteifen, aber egal an was ich auch dachte, alles führte zu ihm. Ich wusste, ich würde es nicht lange aushalten in meinem Zimmer zu sitzen, während er sauer auf mich war. So verging der Nachmittag noch langsamer als sonst. Ich wechselte ständig das Zimmer, weil es mir in dem, indem ich war, zu langweilig wurde und ich wieder nachdenken musste. Mir blieb nichts anderes übrig als hinzunehmen, dass Nick mich jetzt hasste – so wie ich es vorher tat. Ich wusste jetzt wie er sich damals fühlen musste, als ich ihn ständig ignorierte. Es gefiel mir gar nicht, dass ich mich jetzt noch schlechter fühlte, als eh schon. In der Nacht konnte ich, wie immer wenn ich mich gestritten hatte, nicht schlafen. Ich musste ständig an ihn denken. Ich überlegte mir, wie ich mich doch noch bei ihm entschuldigen konnte. Dazu fiel mir nichts ein, aber ich hatte eine andere Idee: Geg. Wenn jemand wusste, wie ich Nick dazu bringen konnte wieder mit mir zu sprechen, dann Geg. Ich überlegte mir auch, wie ich an seine Adresse kommen sollte und prompt fiel mir Ash ein. Ich nahm mir vor gleich Früh’s bei ihr anzurufen und dann zu Geg zu gehen. Ich war froh eine Lösung gefunden zu haben, ging wieder in mein Bett zurück und schlief ein. Am nächsten Morgen rannte ich sofort runter in den Flur, holte das Telefon, ging wieder in mein Zimmer zurück, setzte mich auf mein Bett und rief Ashley an. „Ja?“ „Hi Ash! Ich brauch dringend deine Hilfe!“ „Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ „Nö?!“ Ich schaute kurz an die Uhr, es war halb sieben. „Ups! Tut mir Leid, aber es ist wirklich wichtig!“ „Na dann, schieß los! Jetzt wo ich schon mal wach bin.“ „Kannst du mir die Adresse von George geben?“ „Von George? Wieso das denn?“ „Erklär ich dir ein anderes Mal. Hast du sie oder nicht?“ „Er wohnt, von dir aus der Straßen weiter. In der 25-36th Avenue.“ „Danke! Du hast mir das Leben gerettet!“ „Kein Problem. Ich an deiner Stelle würde aber nicht gleich zu ihm gehen, er ist ein Langschläfer.“ „Danke für den Tipp, Ash! Tschüß!“ „Ja, ja!“ Sie legte auf. Ich musste also noch bis mindestens 10 Uhr warten. Das gefiel mir gar nicht, aber was blieb mir anderes übrig? Ich ging erstmal runter in die Küche um zu frühstücken. Danach machte ich mich auf ins Bad. Als ich fertig war, musste ich nur noch rund eine Stunde warten. Ich spielte mit dem Gedanken wieder zu Nick zu gehen, entschied mich aber im letzten Moment doch dagegen. Ich wusste er würde mir eh nicht zuhören. Die Zeit verging unendlich langsam. Ich hörte Musik, machte teilweise meine Hausaufgaben und schrieb Vanessa, die aber noch nicht wach war. Halb zehn hielt ich es dann nicht mehr aus. Ich setzte mich auf mein Rad und machte mich auf den Weg zu Geg’s Haus. Sein Haus war im Gegensatz zu meinem schön. Es war in hellen Farbtönen gehalten, nur die Fensterläden waren dunkelblau. Ich klingelte. Nach zehn Minuten war immer noch niemand da. Ich klingelte ein zweites Mal. Doch auch da öffnete niemand die Tür. Also legte ich meinen Finger auf die Klingel und klingelte Sturm. Nach endlosen Minuten öffnete Geg selbst. Er sah sehr, sehr, sehr verschlafen aus. Es tat mir fast schon Leid ihn geweckt zu haben. Aber nur fast. „Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ „Ja, es ist zehn.“ „Was willst du denn so früh hier… Was willst du überhaupt hier?“ „Ich muss mit dir reden. Kann ich dazu vielleicht reinkommen?“ Er drehte sich um und ging rein. Über die Schulter rief er mir zu: „Lass mich raten: Es geht um Nick!?“ „Ja.“ „Um was geht es diesmal?“ „Es ist immer noch das alte Problem. Er spricht nicht mit mir, weil ich seinem Vater geholfen habe. Deshalb wollte ich fragen, ob du mir sagen kannst, wie ich das wieder geradebiegen kann?“ Er schaute mich verwirrt an. „Bist du sicher, dass es deswegen ist?“ Jetzt war ich es, die verwirrt schaute. „Wie kommst du darauf?“ „Nur so.“ Irgendetwas in seinem Blick ließ mich an seinen Worten zweifeln. „Du weißt was! Sag’s mir!“ Er ließ sich auf das Sofa, mitten im Zimmer fallen und guckte mich böse an. „Natürlich weiß ich was. Was dachtest du denn? Nick redet über alles mit mir. Ich glaube allerdings dass es ihm nicht gefallen wird, wenn ich es dir sage. Na ja, was soll’s. Es geht um das Gespräch das du gehört hast.“ „Moment mal. Das heißt es geht gar nicht um seinen Vater und das ich ihm geholfen hab?! Ich habe gedacht das er deshalb sauer auf mich ist“ „Nein! Es geht nicht um seinen Vater“ „Worum dann?“ „Er ist nicht sauer auf dich. Das könnte er auch gar nicht.“ „Was meinst du damit?“ „Ach nichts weiter!“ Ich wusste zwar dass er ziemlich seltsam war, aber mit seinen ganzen verschlüsselten Andeutungen, die er gerade gemachte hatte, hatte er sich selbst übertroffen. Außerdem hatte er mich damit ziemlich sauer gemacht. Ich würde mich keinen Millimeter rühren, bis ich Antworten hatte. „Na schön. Warum spricht er dann nicht mehr mit mir? Ich habe das Gespräch nämlich nicht ganz mitgehört!“ „Tja, das ist dein Pech. Wegen dir haben wir schon genug Probleme! Am besten gehst du wieder nach Hause!“ „Hey! Ich habe noch gar keine richtigen Antworten bekommen! Ich gehe erst nach Hause, wenn du mir sagst, warum er mich nicht mehr sehen will!“ „Du gehst wenn ich es dir sage? Sicher?“ „Ja!“ „Na schön. Er will nicht, dass dir etwas passiert. Deshalb will er dich wegekeln.“ „Warum sollte mir denn etwas passieren?“ „Ach das musst du ihn selbst fragen. Und jetzt raus hier!“ „Aber…“ Er schob mich, ohne viel Kraftaufwand, zur Tür hinaus und knallte sie mit voller Wucht direkt vor meiner Nase zu. Ein bisschen benebelt stand ich vor der Tür und starrte sie an. Von drinnen hörte ich, wie Geg mit jemanden sprach. Ich ging zum Fenster und lugte hinein. Er stand mitten im Raum und telefonierte. Ich hörte ab und zu, dass er »Nick« sagte und wusste, dass er mich gerade bei ihm verpfiff. Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr nach Hause. Irgendwie war ich jetzt noch verwirrter als gestern. Was sollte das heißen, er will nicht, dass mir etwas passiert? Bei was soll mir denn etwas passieren? Und warum haben sie wegen mir Probleme? Ich verstand gar nichts mehr. Zuhause angekommen, setzte ich mich in die Küche und dachte nach. Irgendwie musste ich doch an Infos kommen! Nick fiel auf jeden Fall weg, genauso wie Geg, aber Oli … Natürlich! Wie konnte ich den nur vergessen!? Ich rannte zum Telefon. „Hey Ash. Tut mir Leid dich noch mal zu stören! Aber es ist superwichtig!“ „Was ist es denn diesmal?“ „Hast du die Adresse von Oli?“ „Warum das denn?“ „Geg sträubt sich, mir Antworten zu geben, deshalb muss ich Oli ausquetschen.“ „Ich habe seine Adresse nicht. Tut mir Leid. Versuch ihn doch anzurufen.“ „Trotzdem danke. Ich werd versuchen ihn zu erreichen. Tschüß!“ „Viel Glück!“ Ich legte das Telefon auf den Tisch, ging raus und kramte ein Telefonbuch hervor. Nach gut fünf Minuten hatte ich dann endlich seine Nummer gefunden. Ich rief an. Es ging seine Mutter ran. Sie war sehr freundlich und holte Oli sofort ans Telefon. „Was willst du denn von mir?“ „Ich habe ein paar Fragen an dich, über Nick …“ „Vergiss es! Ich wüsste nicht, warum ich dir helfen sollte!“ „Bitte! Es geht mich immerhin auch etwas an. Ich will nur wissen, warum Nick nicht mehr mit mir spricht!“ „Und warum fragst du Nick nicht selber?“ „Weil er nicht mehr mit mir spricht!“ „Das ist aber dein Problem! Frag Geg, aber lass mich in Ruhe!“ „Ich habe Geg schon gefragt. Aber er hat nur gesagt, dass ihr wegen mir schon genug Probleme habt und dass ich in Gefahr sei. Mehr nicht! Hast du bessere Infos führ mich?“ „Nein! Wenn Geg schon nicht mit dir darüber spricht, erfährst du von mir auch nichts! Lass mich in Ruhe!“ Er legte auf. Ich wurde noch wütender, als ich schon war. Warum sagten sie mir nicht einfach die Wahrheit? Was war so schlimm daran? Warum redete Nick nicht mehr mit mir? Ich verstand gar nichts mehr. Warum hatte er mir Freundschaft vorgespielt, wenn er vorhatte mich wieder Fallenzulassen? Und warum hatte ich mir Hoffnungen gemacht, wenn ich doch eigentlich wusste, dass er mich nie richtig mögen würde? Während des gesamten Nachmittags, stieg die Wut in mir, auf Nick, Geg und Oli. Ich überlegte wie ich Nick am besten zur Rede stellen konnte, mir fiel allerdings nichts ein. Er wusste bestimmt, dass ich auf eine Antwort wartete. Ich würde nicht aufgeben zu nerven, bis er mir eine ausreichende Antwort gab. Meine Mutter kam so gegen neun Uhr nach Hause. Wir aßen zusammen und setzten uns noch vor den Fernseher. Als ich dann zu müde wurde, ging ich noch schnell duschen und dann ins Bett. Ich dachte noch eine Weile über Nick und sein »Problem« nach und entschied mich, morgen noch mal mit ihm zu reden, danach fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Als die ersten Sonnenstrahlen in mein Zimmer fielen, wurde ich wach. Diese Nacht war die schlimmste, seit unserem Umzug hierher. Ich träumte ständig von Nick, wie er über mich herfiel und später wie er sich immer weiter von mir entfernte. Oft wachte ich auf. Am liebsten hätte ich losgeheult, verkniff es mir aber dann im letzten Moment. Jetzt war Morgen, ich konnte in die Schule gehen und mit Nick sprechen, selbst wenn er nicht mit mir reden wollte, eine Erklärung war er mir noch schuldig, nur eine Einzige. Ich ging in die Küche um zu frühstücken. Meine Mutter war wie immer schon weg. Ich machte mir eine Schüssel Müsli zurecht, aß sie schnell und ging dann ins Bad um mich fertig zu machen. Als ich fertig war, lief ich aus dem Haus, schwang mich auf mein Rad und fuhr zur Schule. Ich war wie immer fiel zu spät, schaffte es aber noch vor dem Klingeln im Klassenzimmer zu sein. „Wo warst du denn schon wieder?“ Ashley saß schon auf ihrem Platz, Nick auch, aber er beachtete mich nicht weiter. „Auf dem Weg hierher, war an der Kreuzung stau. Ich konnte nicht durch.“ „Bist du sicher, dass du nicht verpennt hast?“ „Ich habe nicht verpennt! Ich hatte ständig Albträume und bin immer aufgewacht!“ Ich funkelte Nick böse an, ich wusste er würde es merken. Mr. Smith hatte heute die Aufgabe, uns zu erklären, um was es bei der anstehenden Prüfung ging. Ich hörte nur mit einem Ohr zu. Ich überlegte mir, wie ich Nick am besten zur Rede stellen konnte. Mir fiel ein, dass ich es mit einem Zettel versuchen konnte. Ich nahm ein Stück Papier aus meinem Block und schrieb: »Nick! Könntest du mir bitte erklären, was dein Problem ist? Ich schlage mir die halbe Nacht um die Ohren, um auf einen Grund zu kommen. Wenn du mir einen triftigen Grund sagen kannst, bist du mich endgültig los.« Ich reichte den Zettel an Ashley weiter. Sie guckte mich erstaunt an, gab ihn aber trotzdem an Nick weiter. Er schaute den Brief mit einer Mischung aus Entsetzen, Angst und Gleichgültigkeit an. Er las kurz darin, kritzelte eine Antwort darunter und schmiss ihn elegant, an Ashley vorbei, auf meinen Tisch. Total unauffällig! Ich blätterte ihn auf: »Ich fürchte, dir muss das genügen, dass du schon weißt. Ich möchte nicht mit dir streiten. Lass mich einfach und dann wird alles gut.« Ich starrte die Sätze ungläubig an. Ich spürte die Wut die in mir aufstieg. Ich vergaß alles um mich herum und versenkte mich ganz in meiner Wut, bis sie überschäumte. Ich sprang auf und brüllte Nick an: „Warum sagst du mir nicht einfach einen Grund?! Du bist so egoistisch! Denk doch mal an mich! Ich will endlich eine Antwort!“ Ich wandte mich an Smith: „Kann ich kurz mit Nick rausgehen?“ Erst jetzt merkte ich, dass mich jeder anstarrte, selbst Nick guckte fassungslos. Ich wartete nicht auf eine Antwort von Smith, ging zu Nick und zerrte ihn aus dem Raum. Über die Schulter reif ich Smith noch »danke« und »kommen gleich wieder« zu. Ich zerrte Nick raus auf den Pausenhof. Er war immer noch völlig entsetzt. „Also! Ich habe Zeit. Entweder du sagst mir einen Grund oder ich muss zu fiesen Mitteln greifen!“ „Was willst du denn machen?“ „Zum Beispiel herausposaunen, dass du ein Vampir bist und darauf warten dass du einen Fehler machst um es auch beweisen zu können.“ Ein gequälter Ausdruck wich in sein Gesicht. Ich wusste, dass ich mit unfairen Mitteln spielte, aber was blieb mir anderes übrig? „Im Klartext heißt das jetzt, du willst mich verpfeifen?“ „Ja. So könnte man es auch nennen!“ Ein Ausdruck von Wut lag nun in seinen Augen. Ich wollte ihn weder quälen noch ärgern, ich wollte nur eine Antwort. Wenn ich ihn leiden sehen musste, musste ich mitleiden. Es tat mir selber weh. „Na schön! Ich erzähle dir alles, aber nur unter Bedingungen. 1. Nicht hier und nicht jetzt. Nach der Schule bei mir Zuhause. 2. Du hältst dich dann aus der ganzen Sache raus 3. Du tust was ich dir sage und 4. Brüll mich nie wieder im Unterricht an!“ „Die erste und die letzte Bedingung gehen klar, aber die anderen garantiert nicht. Wenn ich jetzt sage, dass ich sie einhalten würde, wäre das gelogen! Wer weiß was du mir erzählst. Ich halte mich aus Sachen nicht raus, die mich genauso etwas angehen wie dich!“ „Entweder oder! Du hast die Wahl!“ „Ich halte sie zum Teil ein, dass muss dir reichen!“ „Na schön.“ „Versprichst du es?“ „Ja ich verspreche es! Und jetzt lass uns wieder reingehen. Smith wird auch so schon sauer genug sein!“ Wir kehrten gemeinsam ins Klassenzimmer zurück. Nick hatte Recht, Smith war wirklich sauer. Er sagte, wenn so etwas noch mal vorkommen würde, müsste er unsere Eltern informieren. Mich störte im Moment nichts. Ich war froh, endlich Antworten zu bekommen und dieses Hochgefühl konnte, noch nicht mal Smith mit seiner schlechten Laune zerstören. In der Pause zog ich es vor, lieber bei Ash zu sitzen, da ich nicht wusste, wie die drei jetzt auf mich zu sprechen waren. Es wäre allerdings eine bessere Idee gewesen, mich allein irgendwohin zu setzen, da alle über meinen Wutanfall bescheid wissen wollten. Ich wimmelte sie alle ab und mit „alle“ meine ich wirklich alle. Es hatte sich wie ein Leuchtfeuer herumgesprochen, dass das neue »Cliquenmitglied« Streit mit dem »Boss« Nick hatte. Jeder glotzte mich an. Daher vermied ich es, mich umzusehen. Ich spürte wie mich die Blicke der anderen durchbohrten. Der Rest des Tages wurde von den bösen Blicken der Anderen getrübt. Aber je näher ich der letzten Stunde kam, desto mehr freute ich mich über die Aussprache mit Nick Ich dachte schon ich würde vor Freude platzen, als das letzte Klingeln ertönte. Ich lief eilig nach draußen, an den ganzen Massen vorbei, auf den Schulhof. Als ich Nick nicht sofort sah, dachte ich schon er würde sein Versprechen brechen, doch dann erblickte ich ihn, lässig an einen Baum gelehnt. Ich ging auf ihn zu, dabei ignorierte ich die neugierigen Blicke, die uns beobachteten. „Was brauchst du denn immer so lange?“ „Mir ist unterwegs Smith beinahe noch mal über den Weg gelaufen. Ich musste einen Umweg machen, sonst wäre ich jetzt noch nicht da.“ „Du hast auch ein bisschen übertrieben reagiert.“ „Bitte was? Ich hör wohl nicht recht! Übertrieben reagiert? Wie würdest du es denn finden, wenn man dich tagelang im Dunkeln tappen lässt und obendrein noch denkt, dass der Andere dich hasst?“ „Du dachtest, ich würde dich hassen?“ Ich starrte ihn ungläubig an. „Was dachtest du denn? Ich habe mir die schlimmsten Vorwürfe gemacht, wegen deinem Vater und so. Die nahe liegenste Idee war dann, dass du mich deswegen hasst und deshalb nichts mehr mit mir zutun haben willst!“ „Oh.“ „Oh?! Mehr fällt dir dazu nicht ein? „Oh“ Ziemlich kontraproduktiv!“ Schweigend gingen wir in Richtung Villenviertel. Ich war gleich wieder auf 180, dass hatte ich vermisst. Mit ihm konnte ich am besten streiten. Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. „Was ist jetzt so lustig?“ „Mh. Ich freu mich, dass du wieder mit mir streitest bzw. redest!“ Er blieb stehen und starrte mich ungläubig an. Dann seufzte er laut und sagte: „Das kann ja heiter werden!“ „Wie meinst du das?“ „Später.“ Wir waren in der Zwischenzeit schon fast am Tor angekommen, als mir etwas einfiel: „Ich hab ne Frage vorweg: Warum durften Geg und Oli mir nicht antworten?“ Er schaute mich verwundert an. „Sie durften dir davon erzählen. Wenn sie’s nicht getan haben, dann keine Ahnung warum.“ Ich war verärgert. „Du hast ihnen nicht verboten, mich darüber aufzuklären?“ „Nö. Nicht das ich wüsste.“ „Warum haben sich beide vehement dagegen gesträubt mir etwas zu sagen, obwohl du es ihnen nicht verboten hattest? Warum hat Geg gleich bei dir angerufen, als ich weg war? Und warum war Oli sofort dagegen, als ich deinen nur Namen sagte, obwohl er noch nicht mal wusste worum es geht?“ „Auf die erste Frage habe ich keine direkte Antwort. Auf die zweite: Geg hat mir nur bescheid gesagt, dass du mir hinterher schnüffelst und das ich vorsichtiger sein soll. Die dritte: Oli ist überhaupt komisch, da solltest du dir keine Gedanken drüber machen, ich versteh ihn manchmal selbst nicht.“ Er sah mich kurz an und fügte dann hinzu: „Spar dir bitte deine restlichen Fragen für später auf. Die paar Meter bis zum Haus wirst du wohl noch aushalten!?“ Erst jetzt merkte ich, dass wir schon am Tor standen. Nick drückte gerade auf die Klingel. Diesmal begrüßte uns niemand. Wir gingen den Weg hoch, bis wir an der Tür standen, die – ungewöhnlicherweise – noch zu war. Nick klopfte dreimal kräftig an die Tür. Sofort öffnete sie der Angestellte. „Willkommen daheim. Ihr Vater wartet im Arbeitszimmer auf sie.“ Wir gingen an ihm vorbei. Ich wusste nicht ob ich mitgehen sollte, aber einfach nur dumm Rumstehen wollte ich auch nicht, deshalb folgte ich Nick durch die inzwischen vertrauten Gänge. Als wir dann vor seiner Tür standen sagte Nick: „Warte hier.“ Er ging rein und ließ mich stehen. Ich schaute mich ein wenig um. Die Türen der Zimmer waren alle auf. Ich lief ein Stück den Gang entlang, bis mir eine Tür ins Auge stach. Sie war geschlossen. Da ich ja nicht neugierig war, versuchte ich die Tür zu öffnen. Erst dachte ich sie sei verschlossen, aber als ich ein bisschen daran rüttelte ging sie auf. Ich schlüpfte schnell hinein und schloss die Tür hinter mir. Ich stand in einem großen, geräumigen Raum. Er war in hellen Tönen gehalten. In der Mitte hing ein schöner, kleiner Kronleuchter, an der linken Seite stand ein Himmelbett. Dunkle Seide hing von oben herab und spannte sich an den Bettpfosten fest. An der rechten Seite stand ein Schreibtisch, ein aufgeräumter Schreibtisch. Aber ein was stach besonders ins Auge. Auf der mir gegenüberliegenden Seite, hing ein riesiges Bild. Darauf war eine schöne, blonde Frau mit grünen Augen abgebildet. Ich starrte das Bild an. Sie war so schön, ich musste sie förmlich anglotzen. Doch plötzlich hörte ich wie hinter mir die Tür aufgerissen wurde. „Was machst du hier? Hab ich nicht gesagt du sollst warten?“ „Tut mir Leid. Ich war neugierig und …“ Er nahm mich am Handgelenk und zerrte mich nach draußen. „Hey! Du tust mir weh! Lass mich los!“ Er ließ mich los, ging aber weiter. „Was glaubst du warum die Tür zu war?“ „Ähm. Damit niemand reingeht?“ „Und warum gehst du dann trotzdem rein?“ „Neugier. Warum ist das Zimmer halb verschlossen?“ Er zögerte. „Es gehörte meiner Mutter, es war ihr Arbeitszimmer. Seid ihrem Tod, geht nur noch das Zimmermädchen rein, um es sauber zuhalten.“ Na toll! Ich hatte mal wieder alles falsch gemacht. Warum musste ich immer alte Wunden bei ihm aufreißen? „Tut mir Leid! Ich weiß, ich hätte nicht reingehen sollen. Sorry!“ „Das konntest du ja nicht wissen.“ Ich hatte einen Nerv getroffen. Schweigend ging ich hinter ihm her, bis wir vor seinem Zimmer standen. „Setz dich dahin!“ Er deutete auf einen Stuhl, der vor seinem Bett stand. Ich setzte mich und wartete. Er starrte aus dem Fenster, seufzte wieder und ließ sich vor mir aufs Bett fallen. „Können wir es nicht dabei belassen, dass ich jetzt wieder mit dir rede und du vergisst, was vorher war?“ „Nein. Ich will die Wahrheit wissen!“ „Alles?“ „Ja, alles!“ „Es…ist schwer zu erklären!“ „Versuch es!“ Es missfiel ihm sichtlich, aber dennoch begann er: „Wir haben Probleme mit den Vampiren aus Italien.“ „Wieso?“ „Sie glauben schon seid langem, dass wir sie angreifen wollen.“ „Wie kommen sie darauf?“ „Sie denken, seitdem meine Mutter von einem von ihnen umgebracht wurde, will ich mich rächen. Ich war vor einem dreiviertel Jahr noch mal in Italien. Damals dachten sie ich würde alles auskundschaften. Aber das konnten wir ihnen ausreden, es stimmte ja auch nicht. Als ich dann aber noch mal vor ein paar Tagen da war, dachten sie ich bin gekommen um den Krieg einzuleiten. Aber das stimmte auch nicht. Sie machen sich für den Kampf bereit und wir gezwungener Maßen auch. Das Gespräch das du gehört hast, war die Vorbereitung auf das Vampirtreffen, dass am Mittwoch stattfinden soll.“ „Ein Vampirtreffen?“ „Ja.“ „Und was hat das mit mir zutun?“ „Dadurch, dass du mit mir zutun hast, bist du gefährdet. Mein Geruch klebt an dir. Wenn wir sie nicht aufhalten können und sie in die Stadt dringen, werden sie als erstes zu dir kommen, weil du nach mir riechst. Ich dachte, wenn du dich in Zukunft von mir fernhältst, riechst du nicht mehr so stark nach mir. Aber jetzt ist es eh zu spät.“ Ich ließ alles erstmal sacken. Italienische Vampire versuchten unsere Stadt anzugreifen. Keine Panik! Nick schaute mich forschend an. Vielleicht dachte er ich würde schreiend weglaufen, aber er bezweckte genau das Gegenteil damit. „Kann ich mitkommen?“ Er starrte mich empört an. „Bist du verrückt? Es treffen sich sämtlich Vampire der Olimpic-Halbinsel. Das sind rund 500 Vampire! Du bist ein Mensch! Einige werden durstig sein. Im schlimmsten Fall, würden alle versuchen dich zu töten! Da nehm’ ich dich garantiert nicht mit!“ „Bitte! Du hast gesagt, dass es eh schon zu spät ist. Findest du nicht, ich habe ein Recht darauf zu erfahren, wie ihr weiter vorgeht? Immerhin hängt mein Leben davon ab. Außerdem bin ich mir sicher, dass du mich vor den Anderen beschützen wirst!“ Er wollte was sagen, klappte jedoch seinen Mund wieder zu und schaute angestrengt aus dem Fenster. „Wieso willst du unbedingt mit? Das ist super-gefährlich, jede Sekunde könnte dich jemand umbringen. Warum sollte ich dich mitnehmen?“ „Ich bin Schuld, daran dass du nach Italien bist. Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, hättest du mich nicht angegriffen. Und wenn ich schon Schuld an allem hab, will ich wenigstens wissen wie sich alles weiterentwickelt und –wenn ich kann- helfen. Es ist mir scheißegal wie viele Vampire da sind, oder ob sie mich angreifen. Sterben muss ich so oder so, ob früher, später oder wie weiß ich nicht, aber irgendwann sterbe ich, ob an Altersschwäche oder durch Vampire ist mir egal. Also nimm mich mit!“ Ich konnte sein Gesicht nicht richtig deuten, er war aber eindeutig verärgert. „Wie kommst du darauf, dass du Schuld an allem hast? Wenn einer Schuld daran hat dann ich! Aber das ist jetzt erstmal Nebensache. Wenn du mir versprichst die Klappe zu halten und bei mir, Geg oder Oli bleibst, dann nehm ich dich mit!“ „Danke! Wann ist das Treffen genau?“ „Morgen um Mitternacht. Lass dein Fenster offen ich hol dich ab.“ Ich merkte, dass ihn etwas bedrückte und ich hoffte, dass ich nichts damit zu tun hatte. „Was hast du?“ Er schaute mich an, ohne auch nur die Mienen zu verziehen. „Nichts.“ „Das glaube ich dir nicht. Sag mir was du hast!“ „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ „So schlimm?“ Er schaute mich böse an. „Ja. Ich glaube es ist besser wenn du jetzt gehst. Wir sehen uns dann morgen.“ Schon wieder schmiss er mich raus, aber diesmal hatte ich ein Wiedersehen im Ausblick. Ich war seltsam froh, dass ich mit auf das Treffen durfte. Und mit dieser Aussicht lief ich nach Hause. Kapitel 5: Sitzung des Vampirrates ---------------------------------- Der Tag fing super an. Als ich aufstand, wurde ich sofort von Vorfreude überflutet. Ich raste ins Bad um mich fertig zu machen. Ich war gerade dabei mir die Haare zu kämmen, als es an der Tür klingelte. Ich hörte Stimmen, die eine war die meiner Mutter und die andere konnte ich noch nicht zuordnen. „Rosalie. Du hast Besuch! Beeil dich!“ „Wer ist es denn?“, rief ich während ich die Treppen runter lief. Noch bevor ich die letzte Treppe heruntergestiegen war sah ich ihn. Erschrocken und irgendwie erleichtert hielt ich in meiner Bewegung inne. Nick stand im Türrahmen und grinste mir entgegen. „Was machst du denn hier?“ „Begleitschutz sozusagen.“ Verwirrt guckte ich ihn an. Bis es mir dämmerte. „Ach so!“ Ich stopfte mir noch schnell ein Toast in den Mund und ging dann mit nach draußen. „Begleitschutz? Wegen der Italiener?“ „Ja natürlich, was dachtest du denn?“ „Warum hast du mir das nicht schon gestern gesagt?“ „Vergessen.“ Schweigend liefen wir weiter. „Können wir nicht fliegen? Ich habe keine Lust zu laufen.“ „Muss das sein?“ „Bitte!“ Ich verzog den Mund und schaute ihn traurig an. „Na gut.“ Wir liefen um die nächste Hausecke und vergewisserten uns das uns auch niemand sah. Dann kletterte ich auf seinen Rücken und schon flogen wir los. Der Wind war kälter als sonst immer und peitschte mir ins Gesicht. Trotz des Windes genoss ich die neu gewonnene Freiheit. Wenn ich auf Nick’s Rücken saß und die Sonne genießen konnte, war ich, Ich-Selbst. „Danke!“ „Kein Problem. Aber nicht das, das jetzt zur Gewohnheit wird. Ich kann nicht immer mit dir fliegen, vor allem in nächster Zeit nicht. Wenn ich fliege, kann ich mich nicht verteidigen. Und Verteidigung wird bald das wichtigste überhaupt sein. Ach, was ich noch sagen wollte, es wäre besser wenn du die nächste Zeit bei mir wohnen würdest.“ „Okay.“ Erst begriff ich die Worte, die er gesagt hatte nicht. Als er dann aber seltsam ruhig wurde realisierte ich seine Worte. „Was?!“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, so als ob er auf genau diese Reaktion gewartet hatte. „Wenn die Italiener kommen, ist auch deine Mutter in Gefahr. Ich will nicht noch mehr mit reinziehen. Vor allem deine Mutter nicht.“ „Wie willst du sie davon überzeugen?“ „Wieso ich? Es ist doch deine Mutter!“ „Aber du willst doch, dass ich zu dir ziehe. Also sagst du’s auch meiner Mutter.“ „Na schön, dann zusammen.“ „Wollen wir ihr die Wahrheit sagen?“ „Was willst du ihr denn sagen? »Hey Mom, ich ziehe kurz zu Nick, mich greift eine Horde Vampire aus Italien an«!?“ „Stimmt, dumme Idee. Was dann?“ „Ich überlege mir noch was. Wir müssen erstmal zur Schule.“ „Stimmt. Was sagen Geg und Oli dazu, dass ich mitgehe?“ „Keine Ahnung. Ich werde es ihnen erst später in der Pause sagen.“ „Oh je!“ „Was ist?“ „Hast du Oli’s Gesicht vergessen, als er erfahren hat, das ich über euch bescheid weiß? Ich dachte er springt mir jeden Moment an die Gurgel.“ „Er wird sich zu beherrschen wissen.“ „Meinst du?“ „Ja.“ Wir landeten an unserem typischen Platz hinter der Turnhalle. „War Ashley schon bei dir?“ Er schaute mich verwirrt an. „Nein, nicht das ich wüsste. Warum?“ „Och, ich dachte nur.“ „Wollte sie zu mir? Wann denn?“ „Ähm am Freitag, glaub ich.“ „Und warum?“ „Ich weiß nicht genau. Sie hat sich ziemliche Sorgen gemacht, als du weg warst.“ „Oh.“ Inzwischen waren wir im Klassenzimmer angelangt. Gott sei dank hatten sich die meisten daran gewöhnt, dass Nick und ich jetzt immer zusammen kamen. Wir setzten uns an unseren Platz. Ashley war noch nicht da und darüber war Nick froh, das sah man ihm an. Kurz vor dem Klingeln kam sie aber doch. „Wo warst du denn so lange?“ „Äh heute hab ich mal verpennt.“ „Gut dann bin ich wenigstens nicht die Einzigste.“ Die ersten Stunden verflogen zu schnell, wahrscheinlich weil ich ein unangenehmes Gespräch vor mir hatte. Als wir in der Cafeteria ankamen, war Geg schon an unserem Platz. „Hey Geg.“ „Hi Rose, Nick.“ Er nickte uns nur kurz zu ohne von seinem Essen aufzuschauen. Wir setzten uns zu ihm. „Sag mal Nick wegen morgen bzw. heute, sie haben vor früher zu kommen.“ „Was?“ „Adam hat vor zwei Stunden früher zu kommen.“ „Warum das denn auf einmal?“ „Er sagt, dass wir dann mehr Zeit zum planen haben. Das reicht ihm als Grund.“ „Er verkompliziert die Sache nur. Ich kümmere mich später darum.“ Ich schaute die Beiden an. Geg sah verwirrt aus, offenbar verstand er den Grund nicht, warum Nick die zwei Stunden früher kommen nicht gefielen. Ich schon – wegen mir. Nick sah verärgert aus. Ich wollte aber unbedingt mit zu dem Treffen, deshalb ließ ich es bleiben, ihm vorzuschlagen, die zwei Stunden doch in Anspruch zu nehmen. Geg schien aber langsam zu kapieren. „Sag mal, nimmst du sie mit?“ Er deutete mit dem Finger auf mich. Vielleicht schaute ich etwas seltsam und es fiel ihm deshalb auf. „Ja, das habe ich vor.“ Hinter uns ertönte ein lautes Krachen. Wir drehten uns um. Natürlich war Oli da. Er schaute mich böse an. „Wie kannst du sie nur mitnehmen?! Du weißt doch wie Ad ist, er bringt sie glatt um! Außerdem hat sie doch…“ „Oliver halt die Klappe! Ich habe mir das wirklich sehr, sehr, sehr gut überlegt. Ich weiß was ich tue. Du glaubst doch nicht wirklich, sie würden sie angreifen, wenn ich sage dass sie zu mir gehört?! Lass mich nur machen!“ Ich hatte Oli noch nie so gesehen. Er sah ängstlich und zugleich auch wütend aus. Er funkelte mich aus den Augenwinkeln heraus an. Ich hätte mir denken können, dass er so reagiert. Was hatte ich erwartet? Das er mir freudig um den Hals fiel und sagte wie schön er das fand? Sicher nicht. Schnell schaute er noch mal zu Geg, drehte sich um und verschwand. Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Nick stand auf. „Ich komm gleich wieder.“ Er ging durch die Cafeteria und verschwand dort, wo auch Oli raus gegangen war. Jetzt war ich mit Geg allein. Ich traute mich nicht ihn richtig anzusehen, ich erwartete genauso eine Reaktion, wie die von Oli. Als ich dennoch aufblickte sah ich, wie er mich angrinste. „Was ist?“ „Ich habe Nick schon lange nicht mehr so erlebt wie gerade eben. Was läuft da zwischen euch?“ „Nichts!“ „Ja klar! Das merke ich. Er lässt sich auf viel Ärger ein, wenn er dich mitnimmt und das macht er bestimmt nicht aus einer Laune heraus!“ Ich starrte ihn verwirrt an. Warum sagte er mir das? Wollte der mich etwa verschaukeln? Ich merkte, dass mein Mund offen stand und klappte ihn zu. Dann startete ich einen Themenwechsel: „Was meinte Nick damit als er sagte, dass er es für unmöglich hält, dass sie mich angreifen, wenn ich mit ihm komme?“ Er schaute mich verdutz an. „Weißt du das denn nicht?“ „Weiß ich was nicht?“ „Nick ist der Stärkste von uns. Wir können uns das zwar nicht erklären, aber es ist so. Er ist sozusagen unser »Anführer«. Er bewahrt immer einen kühlen Kopf und hat die besten Strategien, hinzu kommt seine Stärke. Damit ist er komplett. Ad war am Anfang ziemlich sauer auf ihn. Er war vorher der »Anführer« der Vampire der Olympic-Halbinsel, bis Nick kam und ihn vertrieb. Natürlich nicht mit Absicht, aber das soll dir Nick selbst erzählen.“ „Er ist euer Anführer?“ „Ja.“ „Warum hat er mir das nie erzählt?“ „Weil er das für unwichtig hielt!“ Nick war in der Zwischenzeit gekommen und hatte hinter mir gewartet. „Das ist überhaupt nicht unwichtig!“ „Für mich schon. Ich wusste nicht, das dich das so interessiert.“ „Tut es aber!“ „Jetzt weißt du es. Kein Grund weiter zu streiten.“ Er setzte sich wieder neben mich und tauschte wütende Blicke mit Geg aus. Um die Anspannung ein wenig zu mindern wechselte ich das Thema: „Wo ist Oli?“ „Zu Hause. Er hat sich befreien lassen. Ich habe versucht ihn umzustimmen, aber er ließ nicht mit sich reden.“ „Das er immer gleich so durchdreht! Vor ihr war er nicht so.“ Geg sah mich, mit einem Vorwurf im Blick an. „Kann ich was dafür, dass er mich so hasst? Was habe ich ihm denn getan.“ Geg stand auf. „Indirekt hast du auch nichts getan, aber das kommt noch.“ Dann verschwand er. „Ich hab mal wieder alles falsch gemacht, oder?“ „So kann man es auch sehen.“ „Was meint Geg damit?“ „Ich weiß nicht was er mit »indirekt« meint. Direkt gesehen schon.“ „Und was meinte er mit »direkt«?“ In dem Moment ertönte die Klingel und das Gedränge fing von vorne an. Jetzt antwortete er mir bestimmt nicht mehr. Die restlichen Stunden verflogen nur mit Mühe und langsam. Die Aufregung stieg, aber auch die Angst vor den restlichen Vampiren. Am Ende der Schule eskortierte mich Nick nach Hause und verschwand dann. Ich machte Hausaufgaben und versuchte mich zu beschäftigen, als ich damit fertig war. Nick hatte mir gesagt, dass er mich gegen 10 Uhr abholen würde, jetzt war es erst fünf. Im Klartext: ich musste mich noch fünf Stunden beschäftigen. Ich entschloss mich – verbotenerweise – shoppen zu gehen. Ich kannte den Weg ungefähr, ich ging an vielen Läden vorbei, doch den, den ich suchte fand ich nicht auf Anhieb. Als ich dann endlich davor stand, war er geschlossen, das ärgerte mich. Ich brauchte mehr als eine Stunde um ihn zu finden, dann als ich ihn endlich gefunden hatte, war er geschlossen! Es war mittlerweile schon dunkel, wenn Nick mich hier finden würde, würde er mich umbringen. Deshalb suchte ich mir den Weg nach Hause. Ich kam an vielen Gassen vorbei. Der Weg wurde vor mir immer undeutlicher, Nebel zog ungewöhnlicherweise durch die Straßen. Ich ging an weiteren Gassen vorbei, als sich plötzlich neben mir etwas bewegte. Ich hörte Schritte aus der Gasse und lief schneller. Ich bog um die nächste Ecke und da stand er. Ein Junge ganz in schwarz, seine Augen leuchteten blutrot. Sein Mund verzog sich zu einem hämischen Lächeln. Ich erstarrte. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich starrte ihn an. Er bewegte sich langsam auf mich zu, sein Lächeln wurde noch breiter. „Na, wen haben wir denn hier? Schon ein bisschen spät für jemanden wie dich, findest du nicht auch? Es tut mir Leid, dir sagen zu müssen, das ich das Letzte bin, das du zu sehen kriegst.“ Seine Stimme strahlte pure Bosheit aus. Jetzt raste er auf mich zu. Ich konnte seinen Bewegungen nicht folgen, plötzlich stand er vor mir und schleuderte mich gegen die Hauswand. Das Erste was ich sah waren Sternchen, dann klärte sich mein Blick und ich sah wie er sich langsam zu mir runter beugte. Ich kniff die Augen zusammen, mein Herz klopfte, ich wartete auf Schmerzen. Aber statt zu sterben vernahm ich einen durchdringenden Schrei. Ich lugte unter den Augenlidern hervor. Ich konnte es kaum glauben. Nick war aufgetaucht und prügelte den feindlichen Vampir von mir weg. Er war so erstaunt darüber Nick zu sehen, dass er versuchte wegzulaufen. Ich wollte nicht dass Nick ihn umbrachte und schrie: „NEIN! Lass ich in Ruhe!“ Einen Moment war Nick’s Blick auf mich gerichtet und das nutzte der Andere aus um zu verschwinden. Nick starrte ihm hinterher, dann wandte er sich an mich: „Habe ich dir nicht verboten jetzt raus zugehen?!“ So aufgebracht hatte ich ihn noch nie gesehen. „Ja schon, aber ich wollte doch nur shoppen …“ „Nichts »Aber«! Wenn ich nicht in der Nähe gewesen wäre, wärst du jetzt tot!“ „Ich weiß. Danke das du mir geholfen – Nein … das Leben gerettet hast!“ Er kam zu mir, ging in die Knie und beugte sich zu mir runter. „Hast du dir wehgetan?“ Ein besorgter Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Na ja. Nicht wirklich. Mir ist nur ein bisschen schwindelig.“ „Du hast einen harten Schlag abbekommen. Bist du dir sicher, das es dir gut geht?“ „Ja.“ „Kannst du aufstehen?“ „Ich denke schon.“ Ich rappelte mich auf und versuchte mich auf den Beinen zu halten, knickte aber weg. Nick fing mich auf bevor ich erneut gegen die Hauswand fiel. „Ich bring dich nach Hause.“ Diesmal nahm er mich nicht wie üblich auf seinen Rücken, sondern vorne in seine Arme. Vielleicht dachte er, ich könnte mich nicht richtig festhalten. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, waren wir schon in der Luft. Der Dunst verschwand, wir brachen durch die Nebelwand und vor uns lag eine klare Vollmonddämmerung. Ich schaute ihn an. In seinen Augen spiegelte sich, das noch schwache Mondlicht. „Was ist?“ „Ich habe mich nur gefragt, wo du so schnell hergekommen bist.“ „Oh.“ „Sagst du’s mir?“ „Ich … habe … dich überwacht. Schon den ganzen Nachmittag. Ich musste nur mal für fünf Minuten weg, wegen Oli und als ich wiederkam warst du verschwunden. Ich bin deinem Geruch gefolgt, aber das war gar nicht so leicht! Dadurch dass du so oft abgebogen bist, habe ich ab und zu deine Spur verloren und musste noch mal umkehren um sie wieder aufzunehmen. Ich dachte schon, du hast bemerkt, dass ich dich überwache und willst mich loswerden. Als ich dann endlich den Laden gefunden hatte, war ich verwirrt. Ich habe das Schild gelesen, das geschlossen ist – und wusste nicht wo ich als nächstes weitersuchen sollte. Du hättest überall hingehen können! Ich bin kurzerhand noch mal umgekehrt. Ich hatte genau eine Gasse übersehen und da bin ich dann weitergegangen. Und dann sah ich Andi.“ Sein Ausdruck wurde hart. „Warte mal, du hast mich überwacht?“ „Ja natürlich, was dachtest du denn? Ich wusste – schon als ich das Verbot ausgesprochen hatte – das du dich nie daran halten würdest. Deshalb beschloss ich, dich eine Weile zu überwachen. Das hat dann aber nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt hatte.“ „’tschuldigung. Ich weiß, ich hätte drin bleiben sollen. Aber mir war so langweilig und ich wurde nervös, da habe ich nicht weiter darüber nachgedacht. Danke. Du hast mir das Leben gerettet.“ „Damit sind wir quitt!“ „Wieso?“ „Weiß du noch, als du mich damals bei dir übernachten ließest? Ich stand in deiner Schuld und jetzt sind wir quitt!“ „Stimmt!“ Der Mond stand fast an seiner höchsten Stelle, die Sterne blinkten am tiefblauen Himmel. Eine leichte, kalte Brise kam auf. „Darf ich dich was fragen?“, fragte ich ohne ihn dabei anzuschauen. „Klar!“ „Wer war denn der Vampir, der mich angegriffen hat?“ „Andrew. Er kommt aus Port Angeles. Warum?“ „Nur so. er war ziemlich überrascht, dich hier zu sehen. Warum?“ „In erster Linie, weil er nicht wusste, dass du unter meinem Schutz stehst und in zweiter Linie weil ich kurz davor war ihn zu töten.“ „Wirst du ihn später bestrafen?“ „Ja. Er hat gegen die Regeln verstoßen. Wenn ich ihn nicht bestrafen würde, würden alle Anderen sich ein Beispiel an ihm nehmen und das kann ich nicht zulassen.“ „Was wirst du mit ihm machen?“ „Ich bin mir über die Schwere seines Vergehens noch nicht sicher. Ich kann es dir noch nicht sagen.“ Eine Weile schwiegen wir. Ich merkte wie wir langsam an Höhe verloren. Die Wolkendecke kam immer näher. „Wann holst du mich ab?“ „Bist du dir sicher, dass du noch mit willst?“ „Ja. Warum denn nicht?“ „Dich hätte eben fast ein Vampir umgebracht!“ „Ich will aber trotzdem mit!“ „Na schön. Ich hole dich um zehn ab.“ „O.K. Hast du dir was, wegen meiner Mutter überlegt?“ „Deine Mutter muss geschäftlich ins Ausland fahren. Das will sie dir später noch sagen. Sie bleibt gut zwei Monate, das müsste genügen um die Italiener zu vertreiben. Sie fliegt bereits übermorgen los.“ „Woher weißt du das?“ „Mir ist nichts Besseres eingefallen. Ich habe meinen Vater gesagt, er soll sich darum kümmern, immerhin ist es seine Firma. Er wird mitfliegen und da wir Beide allein sind, hat er auch gleich angeboten, dass du zu mir ziehst. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Problem gelöst!“ Ich starrte ihn an. Meinte er das wirklich ernst? „Warum zwei Fliegen mit einer Klappe?“ „Na ja. Zwei Probleme beseitigt. Das erste: du bist bei mir. Und das zweite: unsere Familien sind weit weg vom Geschehen.“ „Ach so.“ Wir landeten hinter einem Schuppen, ganz in der Nähe meines Hauses. Wir gingen über die Straße und die fünf Treppen vorm Haus hoch, bis wir vor der Tür standen. Ich klingelte, weil ich keine Lust hatte den Schlüssel zu suchen. Von drinnen hörte ich Schritte und mit einem Ruck war die Tür offen. „Wo warst du so lange ich habe mir Sorgen gemacht!“ „Tut mir Leid Mom, ich war noch mit Nick unterwegs.“ Sie schaute an mir vorbei zu Nick. „Ah. Hat er dir schon alles erzählt?“ „Ja.“ Ich ging an ihr vorbei. „Willst du noch mit reinkommen?“ „Nein, ich muss nach Hause. Danke trotzdem. Bis morgen.“ Ich konnte nur hoffen dass er das nicht ernst meinte und mich trotzdem abholte. Ich ging in die Küche um nach etwas Essbarem zu sehen, aber meine Mom hielt mich auf: „Hast du etwas dagegen bei den Warners zu wohnen?“ Ich schaute sie an. Erst jetzt fiel mir ihr besorgter Ausdruck auf. „Nein! Natürlich nicht!“ „Aha. Wie findest du Nicholson denn so?“ „Wieso?“ Ihre Art wie sie es fragte gefiel mir überhaupt nicht. „Ach nur so.“ „Ich bitte dich! Das ist jetzt nicht dein Ernst oder? Du glaubst doch nicht wirklich, das wir zusammen sind?!“ „Kann doch sein! Kriegst du eigentlich mit wie er dich anschaut oder wie du redest wenn ihr zusammen seid? Da mach ich mir schon so meine Gedanken!“ „Mom, das ist lächerlich!“ Ich schob mich an ihr vorbei, ging die Treppen hoch und in mein Zimmer. Da ließ ich mich erstmal aufs Bett fallen. Es war erst acht, ich musste also noch zwei Stunden durchhalten! Immer diese Warterei! Warum konnte er mich nicht jetzt abholen? Irgendwann, würde ich noch mal vor langer weile sterben. Ich setzte mich auf und schaute mich in meinem Zimmer um, um zu sehen was ich machen könnte. Ich entschied mich, ein wenig Musik zu hören, schob eine CD in meinen Player und drückte auf »play«. Ich ließ mich in mein Kopfkissen fallen und dachte noch mal über alles nach. Meine Augen wurden immer schwerer und irgendwann konnte ich nicht mehr dagegen ankämpfen und schlief ein. Ich hörte Stimmen um mich herum. „Willst du sie jetzt wecken?“ „Sie wird mir den Kopf abreißen, wenn ich sie schlafen lasse.“ „Seid du sie kennst, hast du dich total verändert. Ist dir das schon mal aufgefallen?! Früher hättest du dir von jemanden wie ihr, nicht die Meinung sagen lassen.“ Ich schlug die Augen auf und sah Nick zusammen mit Geg in meinem Zimmer stehen. „Ah, Problem gelöst. Sie ist wach!“ Nick schaute mich an. „Bist du dir sicher, dass du nicht weiterschlafen willst?“ „Todsicher!“ Ich setzte mich auf. „Hey, ich flieg schon mal vor und besänftige die Anderen. Ihr könnt ja dann nachkommen!“ Geg sprang aus dem Fenster und verschwand. Jetzt waren wir allein. „Du kannst ruhig weiterschlafen.“ „Hättest du wohl gern! Ich komme mit! Gib mir fünf Minuten!“ Ich lief leise ins Bad, wusch mir mein Gesicht, kämmte mir noch mal schnell die Haare und ging leise wieder zurück. „So. Von mir aus können wir!“ „Bevor wir losfliegen, ich hoffe du bist dir darüber im Klaren, dass du jetzt – mindestens die nächsten zwei Monate – meine Freundin bist?“ „Ja bin ich.“ „Willst du trotzdem mit?“ „Du kannst mich noch hundertmal fragen! Ja, ich will mit. Und egal was du jetzt noch sagst es wird meine Antwort nicht beeinflussen! Also lass uns endlich losfliegen!“ Verblüfft über meine Antwort starrte er mich an. Dann seufzte er, ging auf mich zu, nahm mich wieder vorn in seine Arme und sprang mit mir aus dem Fenster. Die kühle Nachtluft wehte mir um die Nase. Der Himmel war sternenklar. „Wo ist das Treffen?“ „Am alten Hafengelände in Eldon.“ „In Eldon? Warum das denn?“ „Es war schon immer unser Treffpunkt für Notzeiten. Außerdem ist Eldon so ziemlich in der Mitte unserer Gebiete. Und es ist die einzige Stadt in der keine Vampire leben. Das müssen wir ausnutzen.“ „Heißt das in jeder Stadt der Olympic-Halbinsel gibt es Vampire?“ „Ja. Meinesgleichen leben in maximal zweier Gruppen. Wir sind rund 500 Vampire, die sich verteilen. In Eldon gab es vor langer Zeit einen heftigen Krieg, fast alle Vampire der Halbinsel sind dabei getötet worden. Seid dem meiden wir Eldon so gut es geht, aber für Kriegsräte reicht es.“ Ich fing an zu zittern, es war immer kälter geworden und der eisige Meerwind trug dazu bei, mich noch mehr frieren zu lassen. „Ist dir kalt?“ „Nur ein bisschen.“ Ich merkte wie meine Zähne anfingen zu klappern und versuchte es zu unterdrücken. Nick begann mit dem Sinkflug. „Sind wir schon da?“ „Fast. Die letzten Meter müssen wir laufen, sonst greifen uns die Anderen an.“ Wir landeten hinter einer zerfallenen Halle. Nick zog sich seine Jacke aus und reichte sie mir. „Hier. Wir müssen uns eine Zeit lang hier aufhalten. Ich will nicht das du erfrierst.“ Ich nahm die Jacke und zog sie mir über. Langsam kehrte die Wärme zu mir zurück. „Und du? Du musst doch frieren in deinem T-Shirt.“ „Nicht wirklich. Ich spüre weder Kälte noch Wärme.“ „Oh.“ Wir liefen an vielen alten Fabriken vorbei. Die meisten stillgelegt. Hier und da konnte ich ein Wohnhaus hinter Zäunen entdecken. Die sahen aber alle so aus, als würde schon lange Keiner mehr hier wohnen. Irgendwann sah ich Lichter. Beim näheren Hinsehen, bemerkte ich, dass sie alte Tonnen angezündet hatten. Langsam wurde mir mulmig. Wir steuerten auf eine riesengroße Halle zu. Die Tonnen waren rund um die Halle aufgebaut worden. Und dann erblickte ich die Vampire. Sie standen vor einem riesigen Tor, dass in die Halle führte. Sie warteten alle wahrscheinlich nur noch auf Nick. Ich konnte sie nicht zählen, es waren gigantisch viele. Ich bekam Angst. Wenn wirklich jemand mich töten wollte, müsste Nick gegen 500 gleichzeitig kämpfen. Das konnte er niemals schaffen. Würde Oli ihm helfen? Geg sicher, aber Oli? Doch bevor ich zu einem Schluss kam, riss Nick mich aus meinen Gedanken: „Hör mir gut zu! In dem Moment indem sie dich sehen bzw. riechen, wird hier ein Tumult ausbrechen. Ich will, dass du bei mir oder Geg bleibst! Hast du verstanden?“ „Ja.“ „Gut. Oli ist im Moment nicht gut auf dich zu sprechen, also lass ihn!“ „O.K.“ Wir kamen immer näher, langsam konnte ich die Silhouetten besser deuten. Mehr als die Hälfte der Vampire waren Männer. Einige wenige waren Frauen. Nick nahm mich an der Schulter und presste mich an seine Seite. „Hey, du kannst es dir gerne noch mal anderes überlegen. Ich schicke dich mit Geg wieder nach Hause, wenn du willst!“ Erst jetzt merkte ich dass ich zitterte. „Nein! Ich möchte wissen wie es weitergeht! Außerdem kannst du Geg nicht wegschicken!“ „Wie du meinst.“ Wir waren noch gute 400m von den Anderen weg, als plötzlich ein Raunen durch die Reihen ging. „Sie haben bemerkt dass du ein Mensch bist.“ „Was jetzt?“ Ich schaute ihn an, er erwiderte meinen Blick nicht, sonder fing leise an zu knurren. „Was ist?“ „Entschuldige für das was ich gleich tue.“ Ich schaute ihn fragend an. Wir gingen weiter. Gut zehn Meter vor ihnen blieben wir stehen. Geg kam auf uns zu, offenbar wusste er was gleich folgte. „Hey. Versuch dich zu beherrschen ja?!“ „Zu spät!“ Ich schaute Nick an. Sein Gesicht war wutverzerrt. Ich versuchte zu erraten warum er auf einmal so wütend war und dann sah ich ihn. Den Vampir, der mich vor ein paar Stunden fast getötet hätte. „Was wirst du tun?“ Er schaute mich an. Ein quälender doch zugleich wütender Ausdruck lag in seinem Blick. „Er bekommt seine Strafe.“ Ich schaute zu Geg. Es schien so als würde er verstehen worum es Nick ging. „Geg…“ „Ja, aber pass auf!“ Verwirrt guckte ich die zwei an. Plötzlich schoss Nick auf den Angreifer von heute Nachmittag zu. Geg versuchte mich wegzuziehen, aber ich blieb wie angewurzelt stehen. Die Beiden bewegten sich so schnell, dass ich nicht wusste wer gerade am verlieren war. Um die Beiden herum hatten sich die restlichen Vampire versammelt. Ich spürte wie sie mich aus den Augenwinkeln heraus anstarrten, aber die Sorge um Nick, ließ mich den Rest vergessen. Ich hörte ein entsetzliches Knacken, dann flog etwas Großes durch die Luft und blieb kurz vor der Tonne liegen. Mit zitternden Beinen betrachtete ich dieses Ding, bis mir auffiel was es war. Es war der kopflose Körper des Vampirs auf den sich Nick gestürzt hatte. Ein erneutes Raunen durchbrach die Stille. Nick ging mit dem Kopf in der Hand auf die Tonne zu, warf den Kopf hinein und verbrannte ihn. Dunkelblaue Flammen schossen aus der Tonne hoch und erlischten wieder. Nick warf die Tonne um und den kopflosen Körper in die Glut, die augenblicklich wieder Feuer fing. Dann wandte er sich den Zuschauern zu: „Jedem wird es so ergehen der es auch nur wagt, daran zu denken, Rose zu töten!“ Er ging langsam auf mich zu. Als er noch zwei Schritte von mir entfernt war, blieb er stehen. „Es tut mir Leid, das du das mit ansehen musstest!“ „Ich werd’s verkraften.“ Langsam kehrte Ruhe ein. Eine wunderschöne, blonde Frau kam auf uns zu. Sie warf mir kurz einen frustrierenden Blick zu und wandte sich dann an Nick: „Adam ist noch nicht hier. Er hat unterwegs einige Komplikationen gehabt und musste noch mal zurück. Er wird in spätestens fünf Minuten hier sein.“ „Schön, dann lasst uns drinnen warten.“ Nick nahm mich wieder an der Schulter und warf Geg einen Blick zu, woraufhin er sofort an meine andere Seite ging. Die Halle war noch größer als sie von außen eh schon aussah. Im Inneren standen an beiden Seiten riesige, lange Tische, die von einer Seite zur anderen führten. An der mir gegenüberliegenden Seite war ein kleinerer Tisch, an dem konnten vielleicht gerade mal vier Leute sitzen. Die ganze Halle war mit unzählbaren Lämpchen bestückt, die von der Decke hinab hingen. Über dem kleinen Tisch hing ein gigantischer Kronleuchter. Er strahlte in drei Farben: dunkelblau, weinrot und dunkelgrün. Die Vampire vor uns (wir waren die letzten die rein gingen) zerstreuten sich langsam. Alle liefen an die Seiten zu den Tischen und setzten sich. Ich fragte mich wo wir sitzen sollten, konnte es mir aber fast schon denken. Als wir vor dem kleinen Tisch waren, ging Geg an die rechte Seite des riesigen Tisches und ließ meine Rechte ungeschützt. Nick zog mich zu dem kleinen Tisch, der auf einem Podest stand und setzte sich in die Mitte. Er zog mich an seine linke Seite, ich ließ mich auf den Stuhl nieder und beobachtete die Anderen. Gemurmel erhob sich. Leise flüsterte ich zu Nick: „Was machen wir jetzt genau?“ „Wir warten auf Adam und Christopher.“ „Von Adam habe ich schon ein bisschen etwas mitbekommen, aber wer sind die Beiden denn genau?“ „Die Olympic-Halbinsel ist in drei Teile aufgeteilt. Einmal vom Makah-Reservat bis runter zu Hoquiam, das ist Adams Gebiet. Dann von Oysterville bis Hoquiam und über Castle, das ist Chris’ Gebiet. Und dann noch mein Gebiet von Olympia aus über Seattle und Packwood. Wir sind sozusagen die »Verwalter«. Wir passen auf das keine fremden Vampire über die Gebiete herfallen. Das einzige Problem ist, das Chris Adam nicht traut. Sie würden ständig in Krieg ausbrechen, wenn ich nicht dazwischen ginge. Außerdem ist Adams Gebiet größer als Chris’ und das macht ihn rasend. Mich würde es nicht wundern, wenn Chris’ etwas damit zu tun hat, das Ad sich verspätet. Wenn Krieg Einzug hält, müssen wir uns beraten, das führt meistens zu noch mehr Streit, aber ich kann nicht anders, als die Beiden herholen. Ich brauche Berichte über beide Gebiete um alles zu berechnen können.“ „Wenn sie die Verwalter sind, was bist du dann? Der König?“ „Wenn du es so ausdrücken willst, ja.“ „Ist das der erste Krieg den ihr hier habt?“ „Ja. In meiner Zeit schon.“ „Dann müssen die Beiden doch zusammenarbeiten. Wie willst du das Bewerkstelligen?“ „Keine Ahnung. Es wäre schon mal ein Anfang, wenn einer der Beiden oder Beide auftauchen würden!“ Wie zur Bestätigung ging die Tür auf und die zwei Vampire stolzierten – lautstark streitend – herein. Das Gemurmel erstarb, alle Augen waren auf die Streithähne gerichtet. Sie beachteten keinen. Erst als sie direkt vor uns standen, blickten sie auf und hielten in ihrer Streiterei inne. Nick sah ziemlich gelassen aus, aber sein Blick war durch und durch mit Wut getränkt. „Wo wart ihr so lange?“ Der linke, blonde begann zu sprechen: „Der gute Christopher, hat mein Gebiet angegriffen, als ich auf dem Weg hierher war. Ich musste noch mal umkehren!“ „Ich habe dich nicht angegriffen! Das habe ich dir schon mal gesagt.“ „Und weshalb bist du dann so spät hier? Ich bin es ja gewohnt auf euch zu warten, aber so viel Zeit habt ihr euch noch nie gelassen!“ „Adam hat mich angegriffen als ich kurz vor der Tür war!“ „Ja aber nur weil du mich zuerst angegriffen hast! Außerdem …“ „ES REICHT!“ In der Halle wurde es mucksmäuschenstill. Christopher und Adam wichen erschrocken ein paar Schritte zurück. Nick war außer sich. „Wir befinden uns in einer Krisensituation! Ich erwarte von euch, dass ihr euch die paar Monate zusammenreißt! Danach könnt ihr euch gerne wieder zerfleischen, aber nicht jetzt! Setz euch, wir haben einiges zu besprechen!“ Die Zwei sahen sich nicht mehr an und gingen schweigend auf ihre Plätze. Erst jetzt fiel Christopher – der sich neben mich setzte – auf, dass ich auch da war. „Du hast ein Häppchen mitgebracht?“ Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als Nick ein lautes Knurren hören ließ. „Nein! Darf ich vorstellen: das ist Rosalie. Ich bin mit ihr zusammen.“ Ein erneutes Raunen ging durch die Tische. Christopher und Adam starrten mich erstaunt an. Chris fand als erstes seine Stimme wieder: „Ihr…was?“ „Wir sind zusammen.“ „Aber sie ist ein Mensch!“ „Was hat das damit zu tun ob ich ein Mensch bin oder nicht?!“, erwiderte ich gereizt. Er zuckte ein klein wenig zusammen, als er meine Stimme hörte. „Ähm… Das ist einfach nur ziemlich … ungewöhnlich.“ Als es die Beiden endlich fertig gebracht hatten, sich zu setzten, gingen die Kriegsverhandlungen los. „Die Italiener haben es – wie ihr bereits wisst – schon seit einiger Zeit auf uns abgesehen, jetzt wollen sie uns angreifen. Was gedenken wir zu tun?“ Ein Stimmengewirr erhob sich. Adam brachte wieder Ruhe ein, indem er anfing zu sprechen: „Wir wissen nicht genau, wann sie uns angreifen. Deshalb schlage ich vor sie erstmal zu überwachen. Ich schicke einige von meinen rüber nach Italien um Francesco auszuspionieren. Außerdem schlage ich vor Wachen an unseren Grenzen aufzustellen. Wir wissen seinen Plan nicht genau und deshalb hat die Sicherheit der Städte oberste Priorität.“ „Was würdest du tun, wenn deine Sicherheitsmaßnahmen Francesco nicht aufhalten können und er eine Stadt nach der Anderen einnimmt?“ „Angreifen! Mit all unseren Männern.“ „Und was ist dein Vorschlag, Chris?“ „Ich bin zum Teil mit dem Plan von Adam einverstanden. Aber ich hätte eine Änderung vorzuschlagen. Nehmen wir mal an, wir stellen die Wachen auf. Dann sind wir noch gut 470 Vampire. Und nehmen wir an, wir schicken einen Teil zu Francesco, dann wären wir noch 420. Wenn sie trotzdem durch die Grenze durchbrechen, sind wir zu wenige um sie aufzuhalten. Wir sind sowieso in der Unterzahl, wenn wir jetzt noch auf weitere 80 verzichten, sind wir noch schlimmer dran als eh schon. Ich bin dafür die Wachen aufzustellen und 10 nach Italien zu schicken. Francesco muss sich irgendwann mit seinen Leuten treffen, das nutzen wir dann aus um sie anzugreifen. Dann sind sie wenigstens für den Anfang geschwächt. Das müsste reichen um sie später ganz zu vernichten.“ „Und was willst du tun, wenn wir beim Angriff rapide zurück gehen? Wie du schon richtig gesagt hast, sie sind mehr als wir. Wenn wir aber beim Angriff mehr als die Hälfte verlieren, gehen wir alle drauf. Ist dir das bewusst?“ „Ja schon. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“ Ich fand das völligen Schwachsinn. Gut teilweise war der Plan gut, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt? Ich konnte nicht anders, ich musste mich einmischen. „Darf ich auch was vorschlagen?“ Ich schaute Nick an. Ich hatte mir eine gute Strategie einfallen lassen und die sollten sie auch zu hören kriegen. Ich konnte es nicht zulassen, dass sie untergehen und das vielleicht nur weil ich meinen Plan nicht mit ihnen besprochen hatte? Sicher nicht! Ich war mir nur nicht sicher, ob ich sprechen durfte oder nicht. Alle schauten mich erstaunt an. Nick beobachtete mich mit skeptischen Blick, sagte aber dennoch: „Wenn es eine gute Idee ist, ja.“ „Na schön. Angenommen wir stellen die Wachen auf und wir schicken ein paar nach Italien, die Francesco ausspionieren. Wenn er zum Angriff rüstet wissen wir bescheid und das können wir ausnutzen. Wir lassen ihn und seine Armee durch die Grenzen, damit würde er nicht rechnen. Wenn er dann drinnen ist machen wir die Grenzen dicht und wir setzten einen Lochvogel ein, der sie durch die Stadt und raus in die Olympic-Mountains führt. Dort sind so viele Höhlen und man verläuft sich schnell. Wenn wir sie dort haben, zwingen wir sie, sich zu trennen, indem wir eure Gerüche in alle Wege sprühen. Sie werden sich trennen um herauszufinden was wir vorhaben und um uns zu töten. Wenn sie sich dann getrennt haben, haben wir leichtes Spiel. In kleinen Gruppen zerschlagen wir ihre kleinen Gruppen, das wird nicht weiter auffallen, da sie keinen Kontakt mit Francesco haben und der wird deiner Spur folgen. Wenn wir die kleinen Gruppen zerschlagen haben und nur Francesco übrig ist, haben wir nichts mehr zu verlieren. Dann wären wir die Italiener los!“ Alle starrten mich an. Nick’s skeptischer Blick war verschwunden und Erstaunen lag jetzt in seinem Gesicht. Wieder fing Chris als erster an zu reden: „Die Kleine ist genial. Die Olympic-Mountains sind wirklich perfekt!“ Nick schaute mich an. „Nehmen wir an, wir machen es so wie du gesagt hast. Wer wäre der Lockvogel?“ „Na ich!“ Ich sah seinen wütenden Blick und beeilte mich weiter zu sprechen. „Schau. Erstens ich bin ein Mensch. Wenn ich irgendwo hinfalle und mich aufschürfe, mache ich sie rasend und sie werden unvorsichtig. Und zweitens rieche ich nach dir. Das wird sie neugierig machen, weil es ja so ungewöhnlich ist, das ein Mensch etwas mit einem Vampir zu tun hat.“ „Nick, die Kleine hat Recht. Das ist ein guter Plan, es wird keinen besseren geben. Francesco hat es auf dich abgesehen, er wird ihr folgen. Das ist brillant!“ Chris hatte wohl auch den Ausdruck in Nick’s Gesicht gesehen und wollte ihn beruhigen, aber er erzielte genau das Gegenteil damit. „Hey! Du weißt genau dass mein Plan gut ist! Ich will euch helfen, also …“ „Nein!“ Er schlug so kräftig auf den Tisch, dass er fast in der Mitte zersprang. Er hing nur noch an kleinen Holzsplittern. „Was soll das? Der Tisch kann nichts dafür!“ „Weißt du eigentlich, wie gefährlich es ist Lockvogel zu spielen?“ „Ja ich bin mir der Gefahr ziemlich bewusst! Aber wenn ich euch so helfen kann, werde ich das tun!“ „Du kannst bei dem Versuch uns zu »helfen« sterben!“ „Ich weiß aber…“ „Kein »aber«! Ich lasse nicht zu das du stirbst, während du Lockvogel spielst!“ „Lass mich dir helfen!“ „Nein! Nicht so!“ Ich konnte meine Wut nicht mehr zügeln. Ich holte aus und klatschte ihm eine mit voller Wucht. „Wann begreifst du endlich, dass du nicht über mein Leben bestimmen kannst? Ich werde der Lockvogel sein und du wirst mich nicht davon abhalten können!“ Ich bemerkte, dass alles still war und auf Nick’s Antwort wartete. Offenbar amüsierte sie der Anblick, wie ich – ein Mensch – mit ihrem Anführer stritt. Ohne mich auch nur noch einmal anzuschauen fragte Nick: „Seid ihr mit ihrem Plan einverstanden? Ja oder nein?“ Adam stimmte als erstes für mich, dann stimmte auch Chris dafür und schließlich stimmten alle für meinen Plan. Nick war eindeutig überstimmt. „Na schön. Chris, Adam ich brauche jeweils 15 Leute von euch. Ihr werdet euch auf die Städte Edmonds, Cle Elum, Toppenish, Hood River, Vancouver und Seaside aufteilen. Ich werde zehn von meinen losschicken um Francesco zu beobachten. Irgendwelche Einwände?“ Alles schwieg. Ich wusste allerdings nicht ob es wegen seiner schlechten Laune war oder ob es wirklich an seinem Plan lag. Auf jeden Fall waren sie dafür. „Ab morgen erwarte ich Berichte.“ Plötzlich stürmte alles nach draußen, selbst Ad ging um die 15 rauszusuchen. Auch ich stand auf. Nick war schnell zu Geg gegangen, ich versuchte zu verstehen was er mit ihm besprach, doch Chris störte mich dabei: „Sag mal, wieso kannst du so gut planen?“ „Ich weiß auch nicht. Es freut mich, das wenigstens dir mein Plan gefällt.“ „Darf ich ein wenig indiskret sein?“ „Kommt darauf an.“ „Wo hast du Nick kennen gelernt?“ „Ähm … ich bin vor kurzem hierher gezogen und hab ihn in der Schule das erste Mal gesprochen, warum?“ „Es interessiert mich einfach. Du musst verstehen, es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein Vampir mit einem Menschen zusammen ist.“ „Oh, das versteh ich. Aber seit Francesco einen Angriff plant, ist er auch gegen mich. Er will nicht das mir etwas passiert, aber ich denke dazu ist es eh zu spät.“ „Da hast du Recht, sein Geruch übertüncht dich fast vollständig.“ „Wenigstens du verstehst was ich meine.“ Ich löst meinen Blick von Chris und versuchte Nick auszumachen. Er war nirgendwo zu sehen. Ich dachte er wollte mich nicht in Gefahr bringen? Er ließ mich mit einem gefährlichen Vampir allein! War das seine Vorstellung von keiner Gefahr? „Falls du ihn suchst, er ist dahinten.“ Chris deutete an mir vorbei, an eine Ecke der Halle. Er stand dort und besprach etwas mit Geg und Oli. „Über was reden die drei?“ „Nick will einen von Beiden zu Francesco schicken. Er weiß nur nicht genau, wen von Beiden, deshalb befragt er sie jetzt.“ „Hast du schon deine Männer ausgewählt?“ „Ja. Ich wusste dass ich mindestens 15 brauchen werde. Ich habe sie schon bestimmt. Sie sind schon teilweise auf dem Weg zu ihren Posten.“ „Darf ich jetzt mal indiskret sein?“ „Klar gerne!“ „Warum streitest du dich ständig mit Ad? Nick hat ein bisschen von euch erzählt, aber den richtigen Grund hat er nicht gesagt.“ „Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Wir können uns einfach nicht ausstehen und damit ist gut. Ich erklär es dir ein andermal.“ Er ging zur großen Tür und verschwand in den Massen, die vor der Tür warteten. Ich schaute zu Nick rüber, Geg war schon gegangen ohne das ich es bemerkt hatte. Unschlüssig ob ich zu Nick gehen sollte oder nicht, beobachtete ich die Beiden. Oli war außer sich, Nick hingegen ruhig. Sie schienen sich über irgendwas zu streiten. Plötzlich verschwand Oli. Ich würde mich wahrscheinlich nie daran gewöhnen, dass sie sich so schnell bewegen konnten. Nick kam auf mich zu. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. „Was war mit Oli?“ „Er ist eifersüchtig auf Geg, weil er nach Italien geht und er nicht darf.“ „Warum hast du Oli nicht nach Italien geschickt?“ „Hast du dagegen auch etwas einzuwenden?“ Er wurde sofort wieder sauer. Ich konnte es ihm aber auch nicht verübeln. „Nein. Habe ich nicht!“ „Es wird Zeit, dass du nach Hause kommst, wer weiß was dir sonst noch einfällt.“ Zusammen gingen wir nach draußen. Es waren nur noch Adam und Christopher da. Sie stritten sich schon wieder oder immer noch. Doch bevor sie sich die Köpfe einschlugen ging Nick dazwischen. „Geht euch doch einfach aus dem Weg! Mir gehen eure Streitereien langsam auf die Nerven. Ich habe keine Lust, mir irgendwann neue Verwalter bestimmen zu müssen, nur weil ihr euch gegenseitig umbringt!“ „Ad hat angefangen!“ „Es ist mir scheißegal wer angefangen hat! Reißt euch zusammen oder ihr fliegt!“ Beide starrten ihn verdutzt an. „Habt ihr das verstanden?“ Beide nickten und verschwanden. Nick nahm mich wieder vorn in seine Arme und flog los. Ich sah ihm an, dass er sauer auf mich war. Natürlich, es war gefährlich, aber deshalb konnte er doch nicht so sauer auf mich sein. Unter uns zogen kleine Lichter vorbei. Bald erreichten wir das Ende von Eldon und auch die letzten Lichter verschwanden. Jetzt leuchteten nur noch der Mond und die Sterne. Irgendwann ertrug ich die Stille nicht mehr. „Warum bist du denn so sauer auf mich?!“ „Als ob du das nicht wüsstest!“ „Was ist denn daran so schlimm, dass ich euch helfe?“ „Es geht nicht darum das du uns hilfst, es geht darum wie du uns hilfst!“ „Du bist doch nur sauer, weil ich einen besseren Pan hatte als Ad und Chris!“ „Das ist es garantiert nicht. Du bringst dich unnötig in Gefahr! Du könntest sterben, bei dem Versuch uns zu helfen!“ „Das ist aber mein Problem und nicht deins!“ „Es ist sehr wohl auch mein Problem! Wenn du stirbst, bin ich daran schuld!“ „Ach, es geht dir nur um Schuldsein oder nicht?!“ „Natürlich nicht! Ich will nicht dass du stirbst. Aber mit deinem Plan bist du dem Tod näher als du denkst!“ „Aber du musst zugeben, dass mein Plan gut ist!“ „Natürlich ist dein Plan gut, aber er wäre besser, wenn du nicht der Lockvogel wärst!“ Darauf wusste ich nichts zu antworten. Unter uns erschienen neue Lichter, nicht viele aber immerhin. Wahrscheinlich war die Stadt größer als sie jetzt aussah, weil die meisten schon im Bett waren. „Wie spät ist es?“ „Halb eins. Die Besprechung hat länger gedauert als gedacht.“ „Meinst du meine Mutter hat gemerkt, dass ich weg war?“ „Nein hat sie nicht.“ „Bist du dir sicher?“ „Ja.“ „Warum bist du dir so sicher?“ „Vermutung. Wir sind in fünf Minuten da.“ Wie auf Kommando erschien unter uns Olympia. Die meisten Lichter waren aus. Nick setzte mich in meinem Zimmer ab und verschwand sofort. Leise schlich ich mich ins Bad, machte mich fertig, ging in mein Bett und schlief sofort ein. Kapitel 6: Die Ruhe vor dem Sturm --------------------------------- Der Morgen kam wie immer früh, viel zu früh. Um sicher zu gehen, dass meine Mom auch wirklich nichts mitbekommen hatte, ging ich erstmal runter um mit ihr zu frühstücken. Als sie nichts weiter zu gestern sagte und ich aufgegessen hatte, ging ich hoch ins Bad um mich fertig zu machen. Ich hatte gerade einen Fuß im Badezimmer, als es unten klingelte. Ich beeilte mich umso mehr und war nach fünf Minuten bei Nick und meiner Mom in der Küche. Sie unterhielten sich gerade über den anstehenden ‚Umzug’. Meine Mutter hatte schon alles fertig gepackt, nur ich hatte keine Lust und keine Zeit dazu. Jetzt würde ich sie für zwei Monate nicht mehr sehen, irgendwie eine komische Vorstellung. „Guten Morgen Nick.“ „Na, bist du endlich soweit?“ „Ja, von mir aus können wir los. Ciao, Mom. Viel Spaß in Anchorage.“ Sie drückte mich an sich und nach gut zehn Minuten ließ sie mich los. Zusammen mit Nick ging ich nach draußen ohne meine Mutter noch mal anzusehen. Ich wusste dass sie weinte. Es war ein kalter Morgen, trotz der Kälte schien die Sonne. „Über was hast du dich genau mit meiner Mutter unterhalten? Ich habe nur gehört, dass ihr über den Umzug geredet habt.“ „Bevor du gekommen bist, hat sie mich gefragt, ob wir zusammen sind. Und …“ „Was hast du geantwortet?“ „Sei mir nicht böse, aber ich habe mit ‚ja’ geantwortet. Wenn Ad auf die Idee kommt Nachforschungen anzustellen und deine Mutter sagt, dass wir nicht zusammen sind, wird er dich töten.“ Ich starrte ihn fassungslos an. „Du.. hast… ja gesagt?“ „Ja.“ „Deshalb hat sie mich so komisch angeschaut! Ich habe ihr gestern oder so gesagt, dass wir nicht zusammen sind!“ „Tut mir Leid.“ „Kein Problem. Du wolltest noch was sagen?“ „Ja. Und danach haben wir über die Abflugszeit, über deine Abholzeit und über dein Zimmer gesprochen.“ „Über mein Zimmer?“ „Sie wollte wissen, ob du bei mir im Zimmer schläfst.“ „Na toll! Wann holst du mich ab?“ „Ich gehe gleich nach der Schule nach Hause, hole mein Auto und komm dann vorbei um dich mitzunehmen.“ „O.K.“ In der Schule angekommen, gingen wir in den Chemiesaal. Ashley war schon da. Mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt, dass wir jetzt zusammen kamen. Ich setzte mich neben sie. „Morgen Ash.“ „Hi Rose.“ Irgendwas bedrückte sie, das merkte man ihr an. „Sag mal, hast du was?“ Sie zuckte zusammen, antwortete aber trotzdem. „Es geht mich zwar nichts an, aber … Es geht ein Gerücht um, das du zu Nick ziehst, stimmt das?“ Noch bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, antwortete Nick für mich. „Ja, das tut sie. Hast du was dagegen?“ Erschrocken drehte sie sich zu Nick um. „Nein, aber…!“ „Kein aber!“ „Nick! Jetzt sei doch nicht so!“ Ich hasste es, wenn er Ashley so anfuhr. „Ich ziehe nur vorübergehend bei ihm ein. Meine Mutter geht auf Geschäftsreise und will mich nicht allein lassen. Sein Vater fährt mit und hat vorgeschlagen, das ich zu Nick ziehe, damit er nicht so allein ist.“ „Aha. Viel Spaß.“ Es war ihr anzusehen, wie sehr es ihr missfiel. Die ersten Stunden vergingen recht schnell. Nach Franzi liefen Nick und ich zusammen in die Cafeteria. Ich hatte Bammel vor Olivers Reaktion, als wir auf unseren Tisch zusteuerten saß allerdings nicht Oli, sondern Geg da. Erstaunt ließ ich mich auf meinen Platz fallen. „Was machst du denn hier?“ „Ich esse.“ „Das sehe ich. Wo ist Oli?“ „In Italien. Wo sonst?“ Verwirrt blickte ich zu Nick rüber. „Hast du nicht gesagt, dass Geg geht?“ „Ja, hab ich, aber das hat sich kurzfristig so ergeben.“ „Habt ihr schon Informationen über Francesco?“ „Ein paar.“ „Lass mich raten. Du sagst mir später darüber bescheid?“ „Stimmt.“ Geg schaute uns abwechselnd an. Irgendwas wollte er wissen, nur was? „Ist was? Warum schaust du uns so an?“ „Ich habe mich lediglich gefragt seit wann ihr zusammen seid. Du hast es ja immer abgestritten.“ „Wir sind seid gestern zusammen, rund eine Minute nachdem du gegangen bist – wenn du es genau wissen willst.“ „Ist es eine Scheinbeziehung oder nicht?“ Ich schaute zu Nick, er beachtete mich gar nicht. Irgendwas lenkte ihn ab. Da er offensichtlich nicht zuhörte, musste ich antworten. „Schein.“ Geg war die Pause, die ich zum Überlegen brauchte wohl zu lang. Er schaute komisch. Ich konzentrierte mich umso mehr auf Nick. Was beschäftigte ihn so? Ich versuchte die Richtung auszumachen, in die er guckte und zu meiner Überraschung schaute er zu Ashley. „Was starrst du sie denn so an?“ Erst reagierte er nicht. Als ich ihn dann anstubste, fuhr er zusammen und schaute mich erschrocken an. „Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt warum du sie so anstarrst.“ „Ach, nur so.“ Ich merkte genau, wie er und Geg besorgte Blicke austauschten, wollte aber nicht näher darauf eingehen. Die restlichen Stunden vergingen nur mit Müh und Not. Ich freute mich wie ein kleines Kind darauf, dass ich zu Nick ziehen konnte. Nach der Schule lief ich schnell nach Hause, um noch ein paar restliche Sachen (um nicht zu sagen alle Sachen) zusammen zu packen. Ich war gerade dabei meine Sachen nach unten zu tragen, als es klingelte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich ließ meine Sachen fallen und rannte zur Tür. Ich riss sie auf. „So früh hätte ich nicht mit dir gerechnet!“ „Ich habe mich beeilt. Bist du fertig?“ „Klar, ich wollte gerade alles runter tragen.“ Noch bevor ich ausgesprochen hatte, war Nick oben auf der Treppe. Er nahm alle meine Taschen und lief zu mir zurück. Ich machte ihm die Tür auf und schaute noch mal schnell nach, ob ich was vergessen hatte. Als ich davon überzeugt war, nichts vergessen zu haben, ging ich nach draußen und schloss die Tür hinter mir zu. Als ich mich umdrehte, fielen mir fast die Augen raus. Nick stand neben einem schwarzen Audi A4. Ich bemerkte, dass mein Mund offen stand und klappte ihn schleunigst zu. Nick schaute mich forschend an. Als ich keine Anstalten machte, in sein Auto zu steigen, wurde er ein wenig ärgerlich. „Hast du was gegen mein Auto?“ „Nein.“ „Was ist dann los?“ „Dein Auto ist… Wow! Ich hab noch nie so ein Auto aus der Nähe gesehen.“ „Dann steh nicht wie angewurzelt da, jetzt hast du mal die Chance mal in »so einem Auto« zu fahren.“ Nick stieg ein. Immer noch ein wenig bedröppelt, ging ich auf das Auto zu und stieg ebenfalls ein. Die Innenausstattung war überwältigend. Das Auto hatte eine riesengroße, eingebaute Stereoanlage. Die Sitze waren mit Leder überzogen. Das ganze Auto war einfach ein Traum. „Wann fährst du mit dem Auto? Ich habe dich noch nie damit rumfahren sehen.“ „Ich fahre nur bei besonderen Anlässen. Die Stadt ist klein, ich kann alles zu Fuß erreichen. Wozu sollte ich dann das Auto nehmen?“ „Hast du nicht am Anfang gesagt, dass du alles in deinem Viertel protzig findest? Die Autos inklusive? Wie würdest du dann dein Auto bezeichnen?“ „Ich habe zwar gesagt, dass die Villen protzig sind, die Autos auch, aber der Unterschied liegt darin, dass ich nicht mit dem Auto rumfahre, um zu zeigen wie reich ich bin. Ich bin kein Angeber wie die Anderen. Außerdem mag ich schnelle Autos. Das ist ja wohl kein Verbrechen, oder?“ „Na schön, du hast gewonnen.“ Bei der Villa angekommen, lud Nick schnell alles aus und fuhr sein Heißgeliebtes Auto in die Garage. Dann kam er wieder zu mir zurück nahm meine Taschen und ging ins Haus. Er führte mich die endlosen Gänge entlang, bis er irgendwann vor einer Tür stehen blieb. Da er beide Hände voll hatte, machte ich ihm die Tür auf. Mir stockte der Atem. So ein riesiges Zimmer hatte ich noch nie gesehen. Es war fast so groß wie meine Küche uns das Wohnzimmer zusammen. Neben der Balkontür stand ein riesiges Himmelbett, fast so schön wie das seiner Mutter. Ein großer Schrank nahm die gesamte Wand zwischen Bett und Tür ein. So viele Klamotten konnte niemand haben, wie da reinpassten. Gegenüber vom Schrank war ein Schreibtisch. In der Ecke stand eine weitere, kleine Kommode. Nick stellte meine Taschen vor dem Schrank ab. „Ich lass dich erst mal auspacken. Wenn du was brauchst, ich bin nebenan.“ Damit ließ er mich allein. Ich ging zu meinen Taschen und begann sie auszupacken. Als ich damit fertig war, schaute ich mich genauer im Raum um. Mir fiel sofort die zweite Tür auf, die neben der Kommode war und machte sie auf. Ich staunte nicht schlecht als ich das Bad entdeckte. Neben der Tür, in der Ecke war eine Dusche, daneben das Waschbecken und ein großer Spiegel. In der anderen Ecke, war eine Eckwanne. So eine wollte ich schon immer haben! Ein Klo war auch drinnen. Ich verstaute mein Waschzeug und beschloss rüber zu Nick zu gehen um nach Infos zu fragen. Als ich raus ging, bemerkte ich erst, dass ich genau gegenüber von seinem Zimmer wohnte. Was für ein Zufall!? Ich klopfte an und ging ohne auf ein herein zu warten rein. Nick saß vor seinem Schreibtisch und blätterte in irgendwelchen Unterlagen rum. „Kann ich kurz stören?“ Ohne von seinen Blättern aufzublicken antwortete er: „Lass mich raten, du willst neues von Francesco hören!?“ „Ja und nein.“ Jetzt schaute er mich an. „Was soll das heißen?“ „Zum einen ja und zum anderen möchte ich noch etwas anderes wissen.“ Er wirkte leicht verwirrt, als er fragte: „Was willst du denn noch wissen?“ „Du hast Ashley heute so komisch angesehen. Warum?“ „Ich werd’ sie ja wohl noch angucken dürfen, oder?“ „Und warum hat Geg dann auch so komisch reagiert?“ „Hat er gar nicht!“ „Verarschen kannst du wen anders, aber nicht mich! Ich bin nicht blöd. Sag mir was mit Ash ist, vielleicht kann ich helfen!“ Er schaute mir finster in die Augen. Ich wusste auch warum, als ich ihm das letzte mal helfen wollte, habe ich mich zum Lockvogel gemacht, ich konnte es ihm nicht verübeln, das er mir jetzt nichts sagen wollte, aber wenn es um Ash ging, konnte ich noch hartnäckiger werden als bei normalen Themen. „Ich werd’ mich auch nicht in Gefahr begeben, wenn du mir den Grund sagst!“ Nachdenklich betrachtete er mich und fing schließlich doch an zu reden. „Es ist wegen Ad. Er ist oft mit Ashley zusammen. Das war auch schon früher so, aber ich hab den Verdacht, dass er sie töten will. Das …“ „Ad will Ashley umbringen und du erzählst mir erst jetzt davon?!“ „Was hättest du mit Ad gemacht wenn ich dir gestern davon erzählt hätte?“ „Ich hätte ihm eine runtergehauen und angeschrieen, dass er sie in Zukunft in Ruhe lassen soll.“ „Siehst du, deshalb habe ich dir nichts gesagt. Er hätte dich getötet, wenn du ihn geschlagen hättest und das wollte ich nicht riskieren. Ad ist unberechenbar. Ich kümmere mich darum, dass er Ashley in Ruhe lässt.“ „Du als sein Anführer wirst das ja hinkriegen.“ Er stand auf und ging zum Fenster. Irgendwas verschwieg er mir. „Was ist? Was weiß ich noch nicht?“ „Ich kann Ad nicht verbieten Ashley nicht zu töten. Bei Kriegsverhandlungen oder bei Krieg generell, ist man gezwungen in dem Gebiet zu bleiben. Wenn man in dem Gebiet länger als zwei Wochen bleibt – und das ist sicher der Fall – darf ein Vampir dort jagen. Er ist sogar verpflichtet dazu, weil er sonst sterben würde. Im Klartext: wenn Ad Ashleys Blut trinken will, dann darf er das und darauf habe ich keinen Einfluss.“ Erschrocken starrte ich ihn an. Das einzige Thema worüber wir noch nicht gesprochen hatten, war seine Ernährung. Ich überlegte, wie ich Ash helfen konnte, aber mir schwirrte der Kopf. Ich hing an einer Frage fest und wenn ich die nicht loswerden würde, würde ich keinen klaren Gedanken mehr fassen können. „Wie ernährst du dich?“ „Genauso wie die Anderen auch.“ Ich hatte diese Antwort erwartet, aber immer gehofft, dass er sich anders verhielt als die Anderen. Er tötete Menschen um selbst nicht zu sterben. Das war doch etwas anderes als aus Lust zu töten … oder? Ich versuchte mich auf Ashley zu konzentrieren. „Was ist wenn sie deine neue Freundin wird, dann dürfen die Anderen sie nicht töten.“ „Das will und kann ich nicht. Wenn ich Ashley als meine Freundin vorstelle, werden alle Jagd auf dich machen und das will ich nicht. Dazu bist du zu wichtig für m…uns.“ „Du willst das sie stirbt, oder? Sie war dir doch immer ein Klotz am Bein. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt um deine eifersüchtige Ex-Freundin loszuwerden und du musst dir noch nicht mal die Hände schmutzig machen! Sag doch einfach, das dir der Gedanke gefällt, sie ein für allemal los zu sein!“ „Wie kannst du nur so über mich denken?! Ich will sie nicht loswerden. Ich zermartere mir den Kopf schon die ganze Zeit, wie ich sie am besten von Ad loskriege, aber mir fällt nichts ein. Und Francesco trägt nicht gerade dazu bei, einen guten Einfall zu kriegen!“ Wir starrten uns eine Weile böse an. In meinem Kopf herrschte ein völliges Durcheinander. Irgendwie mussten wir Ad von Ash losbekommen, aber wie? „Können wir Ashley nicht irgendwie aus der Stadt bugsieren? Adam wird hier immerhin gebraucht, er wird nicht so leicht von hier wegkommen. Wenn wir die Italiener dann vertrieben haben, kann Ashley wiederkommen, dann darf Ad sie nicht mehr töten.“ „Ja, daran habe ich auch schon gedacht, aber wie willst du Ashley von hier wegkriegen?“ „Das weiß ich auch nicht, aber mir fällt bestimmt bald etwas ein.“ Wir verfielen in Schweigen. Ich versuchte an alles zu denken, was Ash mir gesagt hatte, vielleicht konnte ich daraus einen Plan entwickeln wie ich sie hier wegbringen konnte. Nach einer Weile brummte mir der Schädel. Ich versuchte an gar nichts mehr zu denken, aber das war gar nicht so leicht. Ich schaute mich mal ein bisschen genauer um. Mein Blick fiel als erstes auf seinen Schreibtisch. Ein paar Unterlagen lagen auf einem Häufchen zusammen. „Sind das die Berichte über Francesco?“ Ich deutete auf den Haufen. „Ja.“ „Und was berichten sie über ihn?“ „Er hat vor in der nächsten Woche anzugreifen.“ „Weiß er dass wir Wachposten haben und in welchen Städten die sind?“ „Ja, das weiß er.“ „Das ist gut. Wissen wir wo er eindringen will?“ „Jein. Er ist sich noch unschlüssig. Er schwangt zwischen Edmonds, Cle Elum und Toppenish. Die Anderen drei sind ihm zu weit von Olympia entfernt. Für uns wäre Cle Elum am besten. Durch Seattle durch wäre zu riskant, aber wenn er Cle Elum nimmt, können wir meine bzw. deine Fährte gut unterbringen, da das meiste der Strecke durch Wälder führt.“ „Du willst meine Fährte von Cle Elum aus, bis in die Olympic-Mountains auslegen? Ist es nicht sinnvoller, wenn wir sie nahe an Olympia ranlassen, damit sie dort meine Fährte das erste Mal bemerken? Wenn du meine Fährte von Anfang an auslegst, wird Francesco bestimmt stutzig, das wäre zu auffällig. Wir bereiten am besten jetzt schon alles vor, lassen sie dann später in Olympia eindringen und gehen dann in die Berge.“ Nick schaute nachdenklich aus dem Fenster. „Wenn du sie aber reinlassen willst, wie kommst du dann rechtzeitig in die Berge?“ „Durch Geg. Francesco weiß doch bestimmt, das ihr auch Vorkehrungen trefft und das ihr einen Treffpunkt habt, oder?“ „Ja.“ „Dann ist alles gut. Ich gehe mit Geg, kurz nach ihrer Ankunft los. Wir werden ein bisschen lauter von dem Treffen reden und sagen dass wir jetzt loslegen. Sie werden uns bestimmt folgen. Kurz bevor wir am Rand der Berge sind, wirst du dann mit Oli zu uns stoßen und wir fliegen gemeinsam weiter. Dann trennen sie sich und Francesco wird uns bestimmt folgen weil er dich ja haben will.“ „Was machen wir wenn er in Edmonds oder Toppenish reingeht?“ „Genau das Selbe. Glaub mir, besser geht’s nicht.“ „Na schön. Was machst du wenn er euch Beide angreift noch bevor ihr in den Bergen ankommt?“ „Das wird er nicht tun. Er wird keine andere Möglichkeit haben, an dich ranzukommen. Wenn er uns vorher tötet, findet er dich nicht. Ich denke das er nicht so dumm sein wird uns anzugreifen, bevor du nicht in der Nähe bist.“ Nick dachte eine Weile nach. „Gut, so machen wir’s. Ich habe Adam und Christopher gebeten heute noch zu kommen, wenn du sie auch davon überzeugst, werden wir morgen damit anfangen alles vorzubereiten.“ „Wann kommen sie?“ „So gegen acht Uhr.“ Ich schaute an die Uhr, es war sechs vorbei. „Ich würde dir raten, mich von Ad fernzuhalten. Wenn er auch nur ein Wort über Ashley sagt, ich schwör dir, ich bring ihn um.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Das will ich sehn.“ „Ich finde einen Weg ihn umzubringen und wenn es das Letzte ist was ich tue.“ Hinter mir wurde die Tür aufgerissen. Unwillkürlich stieß ich einen Laut aus und sprang auf. „Was ist das Letzte was du tust?“ Mir stockte der Atem. Adam und Chris standen im Türahmen und grinsten mir entgegen. „Nichts. Was macht ihr schon so früh hier. Ich dachte ihr kommt erst um acht?!“ „Wir hatten gerade Zeit. Wozu warten, wenn wir jetzt Zeit haben?“ Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl im Magen, als ich mit Adam sprach, immerhin wollte er meine beste Freundin hier, umbringen. Sie nahmen sich einen Stuhl, setzten sich uns gegenüber und schauten uns erwartungsvoll an. „Erstmal hallo. Schön das ihr überhaupt Zeit hattet. Rose hat sich etwas überlegt, es ist eine gute Idee. Wenn ihr damit einverstanden seid, würde ich sie gerne ausführen.“ Gespannt wandten sie sich wieder mir zu. Ich erklärte ihnen meinen Plan in allen Einzelheiten. Während ich sprach, unterbrachen sie mich kein einziges Mal. Nur ab und zu war ein zustimmendes Gemurmel zu hören. „Habt ihr an dem Plan etwas auszusetzen?“ Chris antwortete mal wieder als erster: „Nein, aber was machst du, wenn dein Plan nicht aufgeht? Wenn Francesco euch schon früher angreift, werden auch die restlichen Vampire auf der Lichtung sterben, ist dir das bewusst?“ „Ja, ist es. Aber was spricht dafür, dass er uns früher angreift? Francesco will Nick und nur Nick – soweit ich das verstanden habe – wenn er uns aber vorher tötet, wird er nicht mehr so leicht an ihn rankommen. Ich denke nicht, dass er das riskiert. Und sollte mein Plan wirklich schief gehen, könnt ihr immer noch rechtzeitig fliehen. Ich werde mit Nick einen ungefähren Zeitplan, später noch erstellen, wenn wir zu der Zeit nicht an unserem Treffpunkt sind, könnt ihr eure Stellungen verlassen. Dann seid ihr wenigstens aus dem Schneider. Außerdem warst du es doch der sagte: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“ Chris setzte zu einem Einwand an, klappte aber schnell wieder seinen Mund zu. Nach einer Weile des Schweigens begann Nick wieder. „Habt ihr noch irgendwas einzuwerfen, oder wollt ihr ihn durchführen?“ Diesmal war es Adam der antwortete. „Wir sind für ihn. Ich frag mich nur, wo du die guten Ideen herbekommst. Wir hätten dich vor 10 Jahren bei der Schlacht um Vancouver gebraucht. Damals war es fast genauso, nur das die Angreifer Inder waren.“ „Ich denke einfach ein bisschen nach. Irgendwann kommt dann so etwas dabei heraus, wie der Plan. Schön das dir meine Denkweise gefällt.“ Irgendwie wurde ich sauer. Ich konnte mir bildlich vorstellen wie, der jetzt so nette Adam an Ashleys Hals hing und sie aussaugte. Ich musste mir verkneifen ihn anzubrüllen und das war gar nicht so einfach. Nick schien das zu merken und wechselte das Thema, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. „Habt ihr die Berichte?“ Chris achtete auf Adams Reaktion, doch bevor er überhaupt Luft holen konnte antwortete Ad. „Francesco hat eine meiner Gruppen entdeckt und sie ausgelöscht.“ „Wie viele waren es?“ „Vier.“ Nick holte eine Liste hervor. „Die Namen?“ „Chloe Sullivan, Jan O’Toole, Tom Kreuk und Natalia Underwood.“ Beim letzten Namen stockte er. Nick strich die Namen von der Liste, dabei hatte er einen komischen Gesichtsausdruck. „Wie wurden sie entdeckt?“ „Chloe wollte näher an Francesco ran und wurde unvorsichtig. Francesco hat sie und dann die anderen umgebracht. Sie haben aber herausgefunden wann er vor hat anzugreifen.“ „Wann?“ „Am Dienstag, soweit er sich nicht um entscheidet. Aber ich weiß, dass er nicht weiß, dass wir wissen, was er weiß.“ Jetzt kam ich mir endgültig doof vor. Nicht nur das Vampire in Rätseln sprachen, jetzt kam er auch noch mit so einem Satz. Nick schien das aber nicht zu stören und machte weiter mit seinem Verhör. „Wieso bist du dir so sicher und wie sicher bist du dir?“ „Melanie, die als fünfte zur Gruppe gehörte, konnte fliehen. Sie sagt, dass er sie nicht bemerkt hat. Ich bin mir ziemlich sicher, das er seinen Plan nicht ändert.“ „Gut, dann werden wir am Wochenende alles vorbereiten. Wir treffen uns am Freitag um 10 Uhr in Eldon. Es sollen alle kommen, die zur Verfügung stehen.“ Wie auf Kommando standen beide gleichzeitig auf und gingen. Nick ließ sich auf sein Bett fallen und seufzte. „Das verkompliziert die Sache nur.“ „Was meinst du?“ „Natalia war Adams Freundin. Ich wette er will sich selbst an Francesco rächen.“ Jetzt verstand ich, warum es Ad so schwer fiel ihren Namen zu sagen. „Willst du ihn davon abhalten oder soll ich ihn in den Plan Miteinbauen?“ „Das sehen wir dann am Freitag. Wenn er will, kommt er zu mir und fragt mich.“ „Ich überleg mir trotzdem wo ich ihn noch reinquetschen kann.“ „Wieso fragst du mich etwas, wenn du dann sowieso das Gegenteil machst?“ „Kann ja sein das du das Gleiche machen würdest.“ Er lachte. „Ich muss noch mal weg. Wenn du Hunger hast, geh in die Küche.“ „Wo musst du denn hin?“ „Wenn ich dir das sage, willst du mit und das kann ich nicht riskieren. Bis später!“ Noch bevor ich etwas erwidern konnte, war er verschwunden. Verärgert ging ich rüber in mein Zimmer. Dort ließ ich mich auf mein Bett fallen und dachte über Adam nach. Wie konnte ich ihn so in meinen Plan Miteinbauen, dass er die Chance hatte Francesco zu töten? Das lange Grübeln machte mich hungrig. Ich suchte mir den Weg zur Küche. Als ich dort ankam, wurde mir sofort etwas zu essen gemacht. Nach dem Essen begab ich mich ins Bad. Als ich fertig war, schlüpfte ich unter meine Bettdecke. Ein weiters Mal dachte ich an Adam und die Unterbringung in meinem Plan. Doch bevor ich eine Lösung finden konnte fiel ich in den Schlaf. Der Donnerstag verging ohne besondere Vorkommnisse und ziemlich schnell. Ich musste nicht in die Schule gehen, da Nick es zu gefährlich fand, mich allein in die Schule zu schicken. Er war gerade „geschäftlich“ unterwegs und ließ mich allein in seiner Villa zurück. Meiner Meinung nach, war es gefährlicher in seiner Villa allein zu sein, als in der Schule, aber meine Meinung zählte nicht. Am Abend kam er dann wieder, ignorierte aber sämtliche Fragen meinerseits. Daher zog ich es vor, früher ins Bett zu gehen und meinen Plan für Morgen noch mal zu überdenken, bis ich einschlief. Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Ich zog mich an und ging in die Küche. Dort wartete ein großes Frühstück auf mich. Als ich mit frühstücken fertig war, machte ich mich wieder auf den Weg zurück zu meinem Zimmer. Ich ging gerade an einem Zimmer vorbei, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Ich ließ einen Schrei los und sprang zur Seite, gegen die Wand. Erschrocken drehte ich mich um und sah dass es nur Nick war. „Entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich muss mich erst daran gewöhnen, das du so schreckhaft bist.“ „Was machst du hier? Ich dachte, du bist unterwegs!“ „Ich habe mir bis heute Abend „frei“ genommen, damit du nichts anstellst vor Aufregung oder Langeweile, so wie beim letzten Mal.“ „Warum hast du mir das nicht schon gestern gesagt?“ „Als ich gekommen bin hast du schon geschlafen. Ich wollte dich nicht extra wecken.“ „Nett von dir.“ „Ich weiß. Auf was hast du Lust?“ „Wieso willst du das wissen?“ „An meinem »freien« Tag, möchte ich gerne etwas mit dir unternehmen und dazu muss ich wissen was du machen willst.“ „Machst du alles worauf ich Lust habe?“ Wie ich es mir gedacht hatte antwortete er ohne nachzudenken sofort mit „Ja.“ Als ich anfing zu grinsen wurde es ihm aber bewusst, denn er setzte eine ernste Miene auf und wartete auf das was ich wollte. „Fliegst du mit mir ans Meer?“ Jetzt schaute er mich noch finsterer an als vorher. „Och komm schon! Du hast gesagt du machst alles! Ich möchte ans Meer fliegen! Bitte!“ „Das ist ein schlechter Zeitpunkt.“ „Bitte!“ Ich setzte eine traurige Miene auf und zog einen Schmollmund. „Nicht schon wieder! Noch mal falle ich nicht darauf rein!“ „Bitte, bitte, bitte!“ Flehend schaute ich ihn an. „Na schön! Aber nicht lange und diesmal nehmen wir das Auto.“ Er sah dass ich etwas erwidern wollte und sprach weiter. „Ich kann es nicht riskieren, gesehen zu werden, das musst du auch verstehen.“ „Auch gut. Wann fahren wir los?“ „Gib mir fünf Minuten!“ Schnell lief er an mir vorbei. Ich lehnte mich an die Wand, gut zwei Minuten später kam er mit einem Korb wieder. „Jetzt können wir los.“ Zusammen gingen wir in die Garage. Ich hatte immer noch einen heiden Respekt vor seinem Auto, wusste allerdings dass jegliche Diskussion an Nick abprallen würde und stieg ein. Auf der Autobahn bretterte er schließlich los. „Kannst du etwas langsamer fahren? Sonst kotz ich dein teures Auto voll!“ Entsetzt starrte er mich an, drosselte aber dennoch sein Tempo. Die Landschaft zog – trotz des gedrosselten Tempos – schnell an uns vorbei. Ich versuchte nicht auf die Schnelligkeit zu achten und auch nicht nach draußen zu gucken, dabei fiel mir der Korb ins Auge. „Was ist in dem Korb?“ „Das siehst du dann noch.“ Wir parkten nahe an einer Klippe, unter uns standen hunderte von Schirmen. Die meisten Menschen waren im Wasser. Die Sonne brannte unermüdlich vom Himmel herunter. „Und, bist du nun zufrieden?“ „So halb. Ich wäre lieber geflogen.“ „Du weißt genau, dass das jetzt nicht geht.“ „Ja, ja. Ich sag ja schon nichts mehr. Also was ist in dem Korb?“ „Das zeig ich dir gleich.“ Er ging um seinen Wagen herum, holte den Korb und zog mich mit sich. „Wo bringst … zerrst du mich hin?“ Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, es fiel ihm aber nicht ein zu antworten. Widerwillig ließ ich mich mitzerren und sagte kein Wort mehr. Irgendwann würde er schon mit mir reden. Nach einer Weile – mir kam es wie Stunden vor – hielt er an. Ich lugte an ihm vorbei und bei dem was ich dort sah fielen mir fast die Augen raus. Wir waren auf einen Berg geklettert. Jetzt standen wir auf einer Klippe, die fast 700m in die Tiefe fiel. Ich ging an den Rand und schaute nach unten. Dort sah man nichts außer den Wellen, die sich an der Wand brachen und das aufstobende Wasser. Die Sonne spiegelte sich im Wasser wider und glitzerte wie Diamanten. Kein einziges Wölkchen war zu sehen. „Hier ist es wunderschön!“ Ich drehte mich um. Nick hatte, während ich nach unten geschaut hatte, ein Picknick hergerichtet. „Hab ich das verdient?“ „Ja hast du. Ohne dich hätten wir nicht einen so guten Plan. Ich wollte einfach mal danke sagen.“ „Bitte. Gern geschehen!“ Ich setzte mich auf die Decke und blickte über die wogenden Wellen, bis zum Horizont. Ich hätte nie gedacht, dass mir in Washington mal etwas gefallen würde, aber hier war es so schön, das ich gar nicht mehr weg wollte. Ein kräftiger Wind zog auf und blies mir die Haare ins Gesicht. „Kommt ein Unwetter auf oder warum weht hier so ein starker Wind?“ Nick fing an zu lachen. „Wir sind hier auf einer Klippe rund 10m vom Meer entfernt. Hier wird immer ein starker Wind wehen. Du kommst doch aus Miami, du müsstest doch eigentlich wissen, das Wind erst auf dem Land schwächer wird.“ Ich kam mir mal wieder richtig blöd vor. Er hatte Recht. Ich hatte 16 Jahre in Miami gelebt und so einige Stürme miterlebt. Jetzt lebe ich gut drei Wochen nicht mehr am Strand und schon hatte ich alles vergessen? „Stimmt. Was besprechen wir heute Abend denn noch?“ „Den Ablauf deines Plans, die Gruppierungen und wir trainieren ein bisschen. Das letzte Mal, als wir kämpfen mussten ist rund 10 Jahre her. Mal davon abgesehen, das ich noch nie gekämpft habe außer gegen Adam.“ „Du hast noch nie gekämpft und trittst trotzdem gegen Francesco an?!!“ „Ja klar. Es ist meine Pflicht und außerdem ist Francesco nicht so stark.“ „Was ist dann euer Problem? Ihr habt einen heiden Respekt – um nicht zu sagen Angst – vor ihm. Warum?“ „Er ist nicht ungeheuer stark, das ist wahr, aber er ist ein unglaublich guter Stratege und das macht ihn so gefährlich. Wenn er über unseren Plan bescheid wüsste, dann wären wir verloren, denn innerhalb kürzester Zeit würde ihm etwas zur Vernichtung unsres Plans einfallen. Es geht nicht immer um Stärke, das Köpfchen ist hier am meisten wert.“ „Geg hat gesagt, du hast Adam vertrieben, vom Platz als Anführer. Wie hast du das gemacht?“ „Nur aus versehen.“ „Erklär ja nicht zu genau!“ „Warum interessiert dich das?“ „Ich möchte verstehen warum ausgerechnet du der Anführer bist.“ Ich schaute ich an, er machte jedoch keine Anstalten mir zu antworten. Ich nahm mir etwas zu essen und blickte dann wieder übers Meer. „Als ich verwandelt wurde, kam Adam zu mir, um mir die Regeln zu erklären. Ich bin ausgerastet, habe ihn angegriffen und ihn besiegt. Die Anderen die dabei waren, haben Gerüchte herum gestreut und ich musste mich noch mal mit ihm duellieren. Ich gewann und wurde zum Anführer. Mehr gibt’s nicht zu erzählen.“ „Du wurdest einfach so zum Anführer? Was hat Adam dazu gesagt?“ „Er musste das hinnehmen. Ich habe ihm dann ein Friedensangebot vorgeschlagen und ihn dann zum Verwalter gemacht. Später kam dann noch Chris dazu.“ „Es muss doch einen triftigen Grund dafür geben, dass die zwei immer streiten. Weißt du ihn?“ „Adam und Chris sind Geschwister.“ „Was!?“ „Schau nicht so geschockt, es stimmt die beiden sind Brüder. Adam ist der Ältere.“ „Deshalb streiten sie?“ „Nicht ganz. Bevor Ad gebissen wurde, waren die Beiden unzertrennlich, sie haben alles zusammen gemacht. Aber, wie das halt so ist, eines Abends haben sie sich gestritten. Ad ist daraufhin abgehauen und in der Nacht wurde er überfallen. Damals lebten hier mehr Vampire als heute. Die wurden dann von dem Blutgeruch angezogen und so wurde er zum Vampir. Ich weiß nicht wie er überlebt hat, aber irgendwie hat er es geschafft. Ad gab Chris die Schuld an allem und schlich sich deshalb eines Nachts zu ihm und biss ihn. Seid dem liegen sie ständig im Streit. Nur in Kriegszeiten versuchen sie sich zusammenzureißen, aber auch das ist nicht immer so. Aber irgendwie auch verständlich.“ Jetzt war ich sprachlos. Adam hatte aus Rache seinen kleineren Bruder »getötet«. Kein Wunder das Chris nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Trotzdem tat mir Ad Leid. Für ihn war das bestimmt auch keine leichte Entscheidung oder er hatte erst seinen Fehler eingesehen, als es schon zu spät war. Ich überlegte mir, wie ich Ad dazu brachte, sich wieder mit Chris zu vertragen, aber Nick unterbrach meine Grübelei. „An was denkst du?“ „Ich denke darüber nach, wie sich Adam damals wohl gefühlt haben musste.“ „Das ist aber nicht alles oder?“ „Ich weiß zwar nicht woran du das siehst, aber nein, das ist nicht alles. Ich denke darüber nach, wie ich die beiden dazu bringen kann sich wieder zu vertragen.“ „Du willst was?“ „Ich finde sie sollten sich vertragen. Irgendwann bringen sie sich deshalb noch um. Außerdem sollte man verzeihen können, vor allem Brüder.“ Nick betrachtete mich nachdenklich. „Aus dir werde ich nicht schlau.“ „Na und. Ich verstehe dich auch nicht immer.“ Darauf musste er lachen. „Es ist besser wenn du mich nicht verstehst.“ Dazu fiel mir kein Gegenargument ein und ich stopfte mir einen Keks in den Mund. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht, doch die Wärme erreichte mich nicht, weil der Wind stärker blies als sonst. Plötzlich hörte ich hinter uns Schritte. Wir drehten uns gleichzeitig um. Entweder war ich blind oder er bewegte sich mal wieder so schnell, denn plötzlich stand Adam hinter uns. „Tut mir Leid euch stören zu müssen, aber ich habe Neuigkeiten über Francesco. Es ist wirklich wichtig.“ Er schaute Nick eindringlich an. „Na dann, schieß los!“ „Er hat vor schon am Sonntag anzugreifen.“ „Was?!“ Nick sprang auf. Sofort war seine gute Laune dahin. „Er hat mitbekommen, dass Melanie entkommen konnte.“ „Bist du dir sicher, dass er diesmal nicht mitgekriegt hat, dass wir das wissen?“ „Ja, ich war selbst bei der Gruppe dabei. Er hat uns nicht bemerkt.“ „Gut. Versammle alle in Eldon!“ Er drehte sich um und verschwand. „Wir müssen uns beeilen!“ Schnell räumten wir alles zusammen. Nick nahm mich auf seinen Rücken und schon waren wir in der Luft. Es dauerte vielleicht fünf Minuten, bis wir am Auto waren. Kaum saß ich richtig drinnen, bretterten wir auch schon über die Autobahn. Auf dem Weg nach Eldon sprach Nick kein Wort. Ihm war die Anspannung und die Sorge förmlich ins Gesicht geschrieben. Hätte ich etwas gesagt, um ihn zu beruhigen, wäre er bestimmt ausgerastet, weil ich das so leicht nahm, deshalb ließ auch ich es sein zu reden. Und dann kamen wir auf dem Hafengelände an. Kapitel 7: Der Kampf beginnt ---------------------------- Es herrschte das totale Chaos. Nick brauchte mindestens eine halbe Stunde um alle zu beruhigen und auf ihre Plätze zu bewegen. Als dann alle still geworden waren, begannen die weiteren Verhandlungen. Adam war der unruhigste von allen, etwas beschäftigte ihn und ich konnte mir genau vorstellen was. Plötzlich sprang Ad auf und begann Nick anzuflehen. „Bitte! Lass mich in dein Team! Du weißt wie gern ich Francesco gegenübertreten will. Lass mich gegen ihn kämpfen!“ „Ich habe bereits nein gesagt und es bleibt auch dabei! Die Anderen brauchen dich dringender als ich.“ Ich sah wie wichtig es für Ad war. Ich konnte nicht anders, ich musste mich einmischen. „Nick! Ich finde es eine gute Idee Adam dabei zu haben. Ich habe mir überlegt, wie ich ihn in meinen Plan Miteinbauen kann.“ Skeptisch schaute Nick mich an. „Und wie?“ „Er geht mit mir anstelle von Geg.“ Nick’s Gesicht erstarrte. Es sah so aus als könnte er sich zwischen Ärger und Besorgnis nicht entscheiden. Aber als er antwortete, blieb seine Stimme ganz ruhig. „Auf gar keinen Fall!“ „Warum nicht? Was ist denn anders, wenn Ad mich statt Geg begleitet?“ Eine Weile sagte Nick nichts. Adam wurde immer nervöser. Bis Nick wieder anfing zu sprechen. „Weißt du, was du von mir verlangst?“ „Ja, natürlich! Ich weiß nur nicht was dein Problem ist! Geg ist genauso stark wie Ad, er kann die Anderen genauso gut anführen wie Ad! Warum also kann Ad nicht mit mir mit?“ „Er denkt, ich würde dich unterwegs umbringen.“ Entsetzt starrte ich Nick an. „Nicht dein Ernst oder?“ Er warf Ad einen wütenden Blick zu. So langsam reichte es mir. „Gut. Also entweder du lässt Ad mit mir gehen oder ich trenne mich von dir, ziehe aus und gehe allein zu Francesco! Du hast die Wahl!“ Entsetzen machte sich in seinem Blick breit. Ich wusste dass ich unfair war, aber was sollte ich anderes machen? Böse funkelte er mich an. „Na schön!“ Jetzt fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich hatte damit gerechnet noch länger mit ihm streiten zu müssen. Adam war noch glücklicher als ich. Er fiel mir sofort um den Hals und sagte die ganze Zeit „Danke“. Nick sprang fast augenblicklich auf und riss Ad von mir los. „Treib es nicht zu weit! Solltest du ihr auch nur ein Haar krümmen, bring ich dich um!“ „Ich hab’s kapiert!“ Erst als Adam sich setzte, beruhigte Nick sich wieder. „Wir haben nicht viel Zeit. Adam, ich erwarte dich morgen um neun bei mir. Dann werden wir schon mal die Strecke, die ihr gehen werdet, präparieren.“ „Was machen wir, wenn ihm einfällt, dass er morgen genauso gut angreifen kann, wie übermorgen?“ „Die Hälfte von uns nimmt morgen schon Stellung. Wenn er wirklich morgen angreifen will, sind wir vorbereitet.“ Nach dem erneuten Durchgang des Plans legten Chris, Ad und Nick die Gruppen fest, die sich teilweise schon auf den Weg zum Kampfplatz machten. Danach war die Besprechung zu Ende. Nick hatte mir seinen Autoschlüssel in die Hand gedrückt (!) und gesagt, ich solle schon mal vorgehen. Als ich durch das große Tor der Halle ging, schoss mir eisigkalte Luft entgegen. Die Besprechung hatte mal wieder länger gedauert und in der Zwischenzeit war es dunkel geworden. In der Dunkelheit und ohne Nick an meiner Seite, war das verlassene, alte Hafengelände gespenstisch. Darum beeilte ich mich auch zum Auto zu kommen. Auf halber strecke hörte ich hinter mir auf einmal Schritte. Sofort musste ich an Andrew denken, aber irgendwas sagte mir, dass ich diesmal keine Angst zu haben brauchte. Ich blieb stehen und wartete. Und mein Gefühl hatte Recht, denn es war Adam, der mir gefolgt war. „Was gibt’s?“ „Ich wollte mich nur noch mal bei dir bedanken!“ „Kein Problem.“ „Warum hast du mir überhaupt geholfen?“ „Keine Ahnung. Du tatest mir Leid, wegen …“ „Nick hat dir von Natalia erzählt!? Das hätte ich nicht gedacht.“ „Warum nicht?“ „Och, nur so.“ Warum sprachen Vampire immer in Rätseln? „Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?“ Er fing an zu lachen. „Nein, musst du nicht.“ „Dann ist ja gut.“ Mittlerweile standen wir schon am Auto. „Sag mal, darf ich dich was fragen?“ „Klar, schieß los!“ „Wie hast du Nick eigentlich kennen gelernt?“ „Jetzt fängst du auch noch damit an!“ „Warum ich auch? Wer hat denn sonst danach gefragt?“ „Chris.“ Sofort wurde er ernst. „Oh!“ „Hab ich was Falsches gesagt?“ „Nein, nein. Ich glaube es ist besser wenn ich jetzt gehe. Bis morgen.“ Kaum war er verschwunden, tauchte auch schon Nick auf. „Was wollte er?“ „Woher…“ „Ich rieche ihn 50km gegen den Wind.“ „Er wollte nichts Besonderes.“ Nick stieg ins Auto, ich blieb draußen stehen. Ich wusste wie schlecht seine Laune war und auf Streit mit ihm hatte ich jetzt keine Lust. Nach kurzer Zeit ließ er das Fenster runter und fragte: „Was ist? Willst du nicht einsteigen?“ „Nein.“ Er seufzte, ließ das Fenster wieder hoch sausen, stieg aus und lehnte sich neben mir an sein Auto. „Was habe ich falsch gemacht?“ „Nichts. Ich habe einfach keine Lust mit dir zu streiten. Wenn ich jetzt in dein Auto gestiegen wäre, hättest du mich entweder angeschnauzt oder angeschwiegen.“ „Ist auch irgendwo verständlich, oder?“ „Nein! Ich weiß nicht was du gegen Adam hast. Warum sollte er mir etwas antun? Wir sind in einer Krisensituation. Sollte man nicht alle guten Vorschläge ohne ein Murren annehmen? Sei froh, dass du mich überhaupt hast! Ohne mich hättet ihr den Plan gar nicht. Deshalb erwarte ich auch von dir, dass du meine Änderungen annimmst!“ Frustriert verschränkte er die Arme und starrte stur geradeaus. „Du kennst Ad gerade mal drei Tage und sagst er würde dir nichts tun? Du weißt nicht wie er früher war. Ich würde mich nicht darauf verlassen. Woher willst du überhaupt wissen, ob er seinen Speiseplan nicht geändert hat? Von Ash zu dir?!“ Die Realität prasselte auf mich ein. Ad wollte Ashley töten! Das hatte ich ganz vergessen. Hatte er vielleicht deswegen gefragt, warum ich ihm helfe? Weil er wusste, das ich weiß, das er meiner Freundin an die Kehle wollte? Wusste er überhaupt, das Ashley meine Freundin ist? „Ich bin mir sicher, dass ich ihn morgen umstimmen kann!“ „Einem Vampir bringst du nicht davon ab, einen Menschen nicht mehr zu jagen, nur weil er ein guter Freund von dir ist.“ „Das werden wir ja sehen! Ich habe einen gut bei ihm.“ „Trotzdem!“ Eine Weile schwiegen wir und ich funkelte ihn böse an. „Können wir dann fahren? Ich habe keine Lust noch länger hier Rumzustehen.“ „Ja, ja!“ Wir stiegen ein und preschten – viel zu schnell – über die Autobahn. Während der gesamten Fahrt sprachen wir kein Wort. Selbst als ich vor meiner Zimmertür stand, brachte ich kein »gute Nacht« zu Stande. Ich wollte gerade reingehen, als Nick mich von hinten umarmte. „Hey… ich will nur nicht, das er dir wehtut, mehr nicht. Tu mir den Gefallen und pass morgen auf dich auf. Ich kann dich ja sowieso nicht aufhalten.“ Dann ließ er mich los. Ich stand immer noch wie angewurzelt da. Hatte ich mir das nur eingebildet? Er macht sich nur Sorgen um mich? Er sagte noch gute Nacht und dann hörte ich das Türschloss klicken. Etwas verwirrt ging ich in mein Zimmer. Kaum hatte ich meine Tür geschlossen, hörte ich einen lauten Knall. Ich war mir relativ sicher, dass Nick nichts passiert war und widerstand dem Drang, rüber zu gehen und zu gucken ob es ihm wirklich gut ging. Stattdessen lief ich ins Bad und machte mich Bettfertig. Im Bett fand ich aber auch keine Ruhe. Meine Gedanken kreisten um morgen und um Nick und die Umarmung gerade eben. Irgendwann tief in der Nacht fielen mir aber doch die Augen zu und ich fiel in einen ruhelos-traumlosen Schlaf. Der Morgen begann mal wider viel zu früh. Trotz der Tatsache, das heute Samstag war, weckte Nick mich schon um acht, damit ich spätestens um neun fertig war, wenn Ad kam. Meiner Meinung nach war das zu früh, aber das störte ihn nicht sonderlich. Ich ging ins Bad und machte mich fertig. Dann ging ich runter in die Küche und frühstückte. Als ich auch damit fertig war, zeigt die Uhr erst halb neun. Ich sagte ja – viel zu früh aufgestanden. Um mich ihm fertig zu präsentieren, lief ich zu seinem Arbeitszimmer, klopfte kurz und trat ein. Er stand wie immer vor dem Fenster und blickte gedankenverloren nach draußen. Seit ich gestern das mit Ad festgelegt hatte, war er komisch, jetzt sah er irgendwie traurig aus. Ich wollte ihn nicht aus seinen Gedanken reißen und ließ mich deshalb auf einen Stuhl fallen. Irgendwann musste er mich ja bemerken. Unterdessen hatte ich die Möglichkeit, ihn näher zu betrachten. Er sah ein bisschen ängstlich aus oder bildete ich mir das nur ein? Doch bevor ich ihn noch weiter betrachten konnte, bemerkte er mich und sein zuvor ängstlich-besorgter Ausdruck verschwand. Es war wie eine Maske, die er sich überstreifte, denn jetzt lächelte er wieder und nichts von seiner Unsicherheit war zu sehen. „Entschuldige, ich war in Gedanken. Sitzt du schon lange da?“ „Gut fünf Minuten.“ „Oh. Was möchtest du denn?“ „Ich wollte dir nur zeigen, dass ich viel zu früh aufgestanden bin.“ „Adam wird garantiert früher hier auftauchen. Du wirst sehen!“ Und wie zur Bestätigung klopfte es an der Tür. „Herein!“ Und wider einmal hatte er Recht behalten – wie demütigend – denn Adam kam zur Tür herein. „Morgen! Ich dachte, ich komme ein bisschen früher, dann haben wir mehr Zeit zum Fährtelegen.“ Nick wurde sofort wieder ernst. Wie ich diesen Ausdruck bei ihm hasste! Böse gucken war nichts für ihn, ich sah ihn lieber lächelnd. Wenn Blicke töten könnten – schoss es mir durch den Kopf. Ad gab sich gutgelaunt, wie immer, aber irgendwas war komisch, ich konnte nur nicht sagen was komisch war. Ich versuchte die Spannung zwischen den Beiden zu lockern und fragte: „Wann fangen wir an?“ „Also von mir aus, kann’s losgehen!“ Ich schaute Nick an und wartete auf ein Zeichen. Er erwiderte meinen Blick und nickte irgendwann kaum merklich. Ich griff mit Ad und schob ihn zur Tür. Nick bewegte sich keinen Zentimeter, ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Als ich um die Ecke bog, erhaschte ich noch kurz einen Blick auf ihn und musste unweigerlich daran denken das, das vielleicht unsere letzte Begegnung gewesen sein könnte, denn wenn Francesco heute statt morgen angreifen sollte – und ich war der festen Überzeugung das dies der Fall war – würde ich sterben und vor diesem Schicksal könnte mich keiner retten. Ich blieb abrupt stehen, dachte kurz nach, sagte zu Ad, er solle schon mal vorgehen und rannte noch mal zu Nick. Der War so überrascht, dass er nichts mehr sagte, was es mir noch leichter machte. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn. Unsere Lippen verschmolzen miteinander und nach einer halben Ewigkeit wurde mir bewusst wie sehr ich ihn doch liebte. Doch die Erkenntnis kam ein bisschen spät. Ich wusste, wenn ich jetzt noch länger hier bleiben würde, wäre ich nicht mehr im Stande zu gehen – ohne ihn. Deshalb riss ich mich von ihm los. „Ich weiß, es kommt jetzt überraschend, aber bevor ich gehe muss ich es loswerden: Ich liebe dich! Es tut mir Leid das ich immer so nervig und gemein war und danke das du mir trotzdem immer zur Seite standest.“ Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten, rannte ich raus zu Adam, der im Hof auf mich wartete. „Was hast du gemacht?“ „Ich … habe mich von Nick verabschiedet.“ „Aha!“ Er grinste mich sau dämlich an. „Können wir dann endlich anfangen? Ich hoffe du hast Zeit mitgebracht, ich bin nicht gut im Wandern!“ „Mir reichte es wenn wir pünktlich zum Kampf wieder da sind.“ Ich funkelte ihn böse an, was ihn aber nicht sonderlich störte. Dann schob ich mich an ihm vorbei, in Richtung Stadt. Dort angekommen lief ich ziellos umher, irgendwann dirigierte mich Ad aus der Stadt raus und als er sich vergewisserte hatte, das uns niemand sah, nahm er mich vorne in seine Arme – was mir überhaupt nicht gefiel – und flog mit mir los. Die Landschaft zog noch schneller vorbei, als wenn ich mit Nick flog. Irgendwie hatte er es doch eilig. Wir flogen auf direktem Weg nach Eldon. Als wir Shelton schließlich hinter uns ließen, veränderte sich auch die Landschaft. Sie wölbte sich langsam, daraus schloss ich, das Eldon nahe an den Olympic-Mountains lag. Bei Nacht konnte ich nicht wirklich viel sehen und als ich mit Nick im Auto hierher gefahren war, sah ich nur verschwommen Häuser und grün. Deshalb erstaunte es mich wie verlassen Eldon wirklich war. Wenn 1000 Leute hier wohnten, dann war das viel. Wir landeten kurz nach Eldon, hintern einer weiteren verlassenen Halle. „Von hier aus musst du zu Fuß weiter, ich bleib in der Nähe, wenn du Hilfe brauchst, gib mir ein Zeichen.“ „Gut. Und wenn irgendwas mit Francesco ist, will ich sofort in Kenntnis gesetzt werden. Verstanden?“ „Selbst wenn Nick etwas dagegen hat?“ „Dann erst Recht!“ „Na schön.“ Und schon war er weg. Ich setzte meinen Weg fort. Die Hälfte des Weges lief ich durchs Unterholz, darüber war ich ziemlich froh. Das Blätterdach spendete mir Schutz vor dem Herhabfallenden Regen. Wenn ich aber doch ins Freie trat, war ich innerhalb von Sekunden durch nässt und das nervte mich. Was mir aber am meisten zu schaffen machte, war die Steigung. Ich musste nur bergauf. Ich wusste warum ich in Sport eine Niete war und Kondition hatte ich auch keine. Um mich eine wenig abzulenken, schaute ich nach Ad. Ich brauchte eine Weile, um durch den Nebel überhaupt etwas zu sehen. Doch als ich ihn dann sah rutschte mir das Herz fast in die Hose. Er war nicht allein. Ich bekam Panik und blieb stehen. Ich wusste er würde jeden Moment zu mir runter kommen und da wollte ich dass er mich nicht erst suchen musste. Ich behielt Recht. Kaum war der Andere verschwunden, war Ad auch schon bei mir. „Francesco ist in Olympia.“ „Was?!“ „Er hat es sich anders überlegt.“ „Verdammt! Was ist mit Nick? Hat er alles in die Wege geleitet? Sind die Anderen in den Bergen schon informiert?“ „Ja, er hat alle benachrichtigt. Wir sind alle vorbereitet.“ Er kam auf mich zu, nahm mich und schon waren wir in der Luft. „Was machst du?“ „Du schaffst es unmöglich alleine rechtzeitig zu unserem Treffpunkt, deshalb beschleunige ich es. Nick ist schon da. Er wartet nur auf uns.“ Ich konnte die Panik, die immer mehr in mir aufstieg nicht unterdrücken. Erst jetzt wurde mir bewusst, in welcher Gefahr ich mich gerade befand. „Ist Francesco bei den Boden-Truppen oder fliegt er?“ „Boden. Er hat die Hälft in der Luft. Die Boden-Truppen werden gut eine Stunde später eintreffen. Aber wir werden es wahrscheinlich nicht rechtzeitig schaffen die Anderen zu töten.“ „Mist. Es gibt noch ein Problem, oder?“ Er schaute mich verdattert an. „Sieht man mir das an?“ „Ja! Spuck es aus! Was habe ich vergessen zu überdenken?“ „Um sie zu töten, müssen wir sie verbrennen…“ „Scheiße! Der Geruch wird sie vorsichtiger machen! Warum habe ich daran nicht früher gedacht?!“ „Darum geht es nicht!“ Verwirrt schaute ich ihn an. „Nicht? Worum dann?“ „Bei deinem Geruch der hier überall rumweht, ist ihnen der Rest egal! Wie sollen wir hier ein Feuer zu brennen kriegen? Das Holz ist feucht und außerdem regnet es!“ „Das ist dein einziges Problem?! Darüber habe ich mit Nick schon gesprochen. Benzin brennt, selbst wenn es nass ist. Jeder hat zwei Flaschen Benzin dabei, für den Fall. Jeder außer dir.“ „Oh!“ „Jag mir nie wieder so einen Schreck ein!“ Er grinste mich fröhlich an. „Du bist süß, wenn du wütend bist!“ Misstrauisch guckte ich ihn an. „Danke.“ „Gern geschehen. Wir sind gleich da. Ich kann Nick schon riechen.“ Erleichtert versuchte ich ihn durch den dichten Nebel auszumachen, aber meine Augen ließen es nicht zu. Es ist wirklich doof ein Mensch zu sein! Ich würde wetten das Ad ihn schon sah. Doch dann tat er etwas, womit ich nie gerechnet hätte. Er beugte sich zu mir runter und küsste mich. Für einen Moment war ich so perplex, das ich gar nichts machte, aber dann schaltete sich mein Gehirn wieder ein und ich biss ihm auf die Lippe. Als er sich erschrocken zurück lehnte, schlug ich ihm nachträglich ins Gesicht. „Was sollte das denn?“ Er guckte mich schadenfroh an. „Ich konnte einfach nicht widerstehen.“ Darauf fiel mir kein Gegenargument ein. Aber ich brauchte auch nichts mehr zu sagen, denn plötzlich war Nick da. Er sah wütend aus – wütend war gar kein Ausdruck – er war stocksauer. Ich wusste nicht was ich ihm sagen sollte damit er sich wieder beruhigte. Außerdem war es schon zu spät. Nick holte aus und schlug Ad mit voller Wucht ins Gesicht. Er kippte weg und fiel in die Tiefe. Leider zog er mich mit. Als die ersten Baumspitzen an mir vorbeizogen, fing Nick mich auf und flog weiter geradeaus. Ich schaute an Nick vorbei. Ad tat mir Leid. Ich sah ihn wie er gerade auf dem Boden aufkam. „Findest du es gut, einen deiner Männer so kurz vor einem Kampf halb zu töten?“ „Der steht schon wieder auf! Außerdem, findest du es gut, dass er dich geküsst hat?“ „Natürlich nicht! Aber trotzdem!“ Ich schaute ihm in die Augen, er sah irgendwie … erleichterter aus. Unheimlich! „Wieso hat sich Francesco so plötzlich um entschieden?“ „Es kam nicht plötzlich. Er wusste schon seid Tagen, dass er heute angreift, aber wir haben es zu spät erfahren.“ „Wie das?“ „Oli… hat uns teilweise verraten.“ „Was?!“ Ich wusste dass es meinetwegen war und machte mir die schlimmsten Vorwürfe, ich glaube das sah man mir an, denn Nick fügte schnell hinzu: „Dafür kannst du nichts!“ „Bist du dir sicher? Er konnte mich noch nie leiden und jetzt hat er auch gute Gründe dafür. Weißt du warum er mich hasst?“ „Nicht wirklich.“ „Na toll! Wie viel hat er verraten?“ „Nur das wir mit seinem Angriff am Sonntag rechnen.“ „Zu wie viel Prozent bist du dir sicher, das er nichts über den Plan gesagt hat?“ „Zu hundert Prozent. Wir haben ihn verhört – Geg und ich. Er würde Geg niemals anlügen.“ Ich schaute wieder nach hinten, um zu sehen ob Adam schon wieder auf den Beinen war oder nicht. Natürlich war er das! Er flog gut 50m hinter uns. „ Ich finde, du solltest dich bei ihm entschuldigen.“ Verwirrt schaute er zu mir runter. Dann verzog er das Gesicht und rief über die Schulter: „’tschuldigung. Hab ein klein wenig überreagiert.“ Von Ad kam nur ein »Kein Problem« und dann war er neben uns. Ich wusste nicht, wie ich jetzt darauf kam, aber mir fiel Ashley ein und ich konnte nicht mehr an mich halten. „Ad, darf ich dich um was bitten?“ „Klar. Du hast einen gut bei mir, schon vergessen?“ „Lass Ashley in Ruhe, ja?“ Verdattert schaute er mich an. „Du kennst Ashley?“ „Die Stadt ist klein! Natürlich kenne ich sie, sie ist meine beste Freundin, also lass sie bitte!“ „Wenn du willst, klar!“ Erleichtert und triumphierend zugleich schaute ich Nick in die Augen. Irgendwie war sein Ausdruck komisch. Als wir über unseren Treffpunkt flogen, gesellte sich auch Geg zu uns und unsere Gruppe war komplett. „Was werden wir tun? Francesco kommt immerhin später!“ „Das ist dein Plan, schon vergessen. Du musst wissen was wir tun.“ „Wie viele sind am Boden?“ „Gut 600.“ „Und die Nachzügler?“ „Auch 600.“ „Das könnte knapp werden.“ Ich dachte kurz nach. „Meinst du ihr könnt innerhalb einer Stunde 600 Vampire besiegen und rechtzeitig – bevor die Anderen kommen – wieder auf euren Posten sein?“ Nick sah mich entsetzt an. „Wir sind keine High-Tech-Maschinen.“ „Kannst du die Vampire erreichen, die in den Städten Wache schieben?“ „Ja, kann ich.“ „Gut. Dann sag ihnen sie sollen Francescos Gruppe in die Irre führen. Nur ablenken damit wir genug Zeit haben!“ Nick schaute Geg an, der schien sofort zu verstehen, denn er flog schnell vor uns, nahm mich von Nick’s Armen und schon war Nick verschwunden. Mein Gehirn arbeitete mal wieder langsam. Erst als ich realisierte das Nick weg war, wurde ich ein wenig sauer. „Was tut er?“ Geg schaute mich verwirrt an. „Er fliegt nach Edmonds um bescheid zu sagen?“ „Warum das denn?“ Ich glaube Geg hielt mich jetzt für Hirn gestört, so wie er mich anguckte. „Weil du gesagt hast, wir brauchen Ablenkung!“ Langsam dämmerte es mir. „Ich wusste nicht, dass er dazu hinfliegen muss! Ich dachte eher er ruft Jemanden an!“ „Falsch gedacht!“ „Ist er dann rechtzeitig wieder hier?“ „Sonst wäre er nicht los geflogen. Er wird in fünf Minuten wieder hier sein!“ Ungläubig starrte ich in den Wald. Das konnte er doch nicht ernst meinen! Na ja, obwohl. So schnell wie Vampire waren (vor allem Nick), konnte er es doch schaffen. Wir kamen unserm Ziel immer näher. Langsam machte ich mir Sorgen um Nick. Suchend schaute ich in alle Richtungen. Mein Blick blieb an Adam kleben. Er sah nicht verletzt aus, aber bei dem Schlag, den er von Nick bekommen hatte, müsste er eigentlich halbtot sein. „Sag mal, geht’s dir gut?“ Verwirrt schaute er mich an. „Warum sollte es mir nicht gut gehen?“ „Nick hat dich geschlagen?!“ „Ach das! Das ist nicht weiter schlimm.“ Entsetzt sah ich ihn an. Plötzlich tauchte Nick neben mir und Geg auf. „Und?“ Nick nahm mich wieder zu sich. „Was und?“ „Wie ist es gelaufen?“ „Sie halten sich im Hintergrund, halten sie aber auf.“ „Wie lange?“ „Sie können sie maximal eine halbe Stunde aufhalten.“ „Das müsste reichen, oder?“ „Ja das könnten wir schaffen.“ Die Landschaft hatte sich ziemlich verändert. Die Berge türmten sich vor uns auf. Die Spitzen waren von düsteren Wolken umgeben. Unter uns waren nur noch Bäume, kein einziges Fleckchen war Wiese. Langsam kamen mir Zweifel auf. Konnte mein Plan wirklich funktionieren? Würde Francesco wirklich darauf hereinfallen? Wenn nicht war ich Schuld an Nick’s Tod. Ich bekam Angst, schreckliche Angst. Ich fing an zu zittern. Mein Glück war, das ich sagen konnte, das es wegen der Kälte war, denn der Wind, der von den Bergen herwehte war eisig-kalt. Nick warf mir einen besorgten Blick zu. „Frierst du?“ „Ein bisschen.“ „Wir sind gleich da.“ Ich schaute wieder nach vorn, die Bäume unter uns wurden immer dichter. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dort unten ein geeigneter Kampfplatz war. Nick hatte ihn ausgesucht. „Bist du sicher, dass wir richtig sind? Hier sieht es nicht so aus, als ob man kämpfen kann, so zwischen den Bäumen.“ „Du wirst gleich sehen, warum ich diesen Platz ausgesucht habe.“ Verwundert starrte ich ihn an. Er grinste. Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne und versuchte etwas zu erkennen. Ich sah nicht viel. Doch dann tat sich der Wald auf. Eine riesige weite Fläche trat hervor. Sie war gut viermal so groß, wie ein Fußballfeld, ringsherum war sie mit Bäumen gesäumt. In der Mitte waren die restlichen Vampire versammelt. Jetzt hatte ich wirklich Angst. Wenn mein Plan fehlschlagen würde, würden alle hier sterben. Mein Magen zog sich unsanft zusammen, als wir landeten. Nick setzte mich ab, zog sich seine Jacke aus und reichte sie mir. Ich zog sie mir schnell über und lief dann mit den Anderen auf die Gruppe. Die Stimmen erstarben als sie uns kommen sahen. Die meisten Blicke waren auf mich gerichtet. Ich versuchte sie zu ignorieren. Das gelang mir aber erst als Nick anfing zu sprechen. „Wie ihr sicher mitbekommen habt, hatten wir ein paar Probleme. Die haben wir mittlerweile wieder unter Kontrolle. Die erste Gruppe wird in wenigen Minuten hier eintreffen. Wir müssen sie innerhalb von eineinhalb Stunden unschädlich machen. Auch wenn das schwer klingt, wir werden das schaffen. Wenn wir die erste Gruppe zerstört haben, müssen wir wieder auf unsere Posten und die zweite Gruppe eliminieren. Also, wir haben viel zu tun. Geht auf eure Posten.“ Ein Gemurmel erhob sich, dann zerstoben sie alle und ich war mit Ad, Geg und Nick allein. Die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Irgendwas in meinem Bauch hämmerte unablässig. Ich glaube ich war noch aufgeregter als die drei zusammen. Nick redete mit Ad. Ich konnte nur nicht sagen worüber. Sie redeten so schnell, das ich nur Gemurmel verstehen konnte. Ad schien sich über irgendwas aufzuregen, was Nick gesagt hatte. Sekunden später waren er und Geg verschwunden. Verwundert wandte ich mich an Nick. „Was machen die zwei?“ „Sie nehmen ihre Stellung ein. Dachtest du wir bleiben mitten auf dem Feld stehen?“ „Nein, natürlich nicht. Aber was hat Ad so wütend gemacht?“ „Er ist ungeduldig, weil Francesco mit der zweiten Gruppe kommt, mehr nicht. Wir sollten auch gehen, sie werden gleich da sein.“ Er nahm mich und wir flogen auf die Bäume zu. Er setzte mich hinter einer Tanne ab. Noch bevor ich auf dem Boden stand, sah ich sie kommen. Alle in schwarz, hinter ihnen wehten ihre Umhänge. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Mein Plan hatte geklappt! Trotzdem ging es mir schlecht. Ich hatte tierische Angst. Ich fing erneut an zu zittern. Diesmal bemerkte Nick aber dass es nicht an der Kälte lag. Er legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. Ich schaute ihn an. Er beachtete mich nicht weiter, sonder starrte düster auf die Vampire. Sie waren in der Mitte stehen geblieben, dort wo ich vor gut einer Minute noch gestanden hatte. Sie berieten sich. Jetzt kam es darauf an, ob mein Plan noch weiter funktionieren würde oder nicht. Nach unendlichen Minuten – mir kam es wie Stunden vor – zersprengten sie in alle Richtungen. Die Angst fiel von mir ab. Es hatte geklappt! Doch bevor ich weiter darüber glücklich sein konnte, zerrte Nick mich von dem Baum weg. Ich begriff erst überhaupt nichts. Ich konnte nur einen kurzen Moment sein Gesicht sehen, aber das reichte aus um etwas zu verstehen. Die waren auf die Idee gekommen auf Nick Jagd zu machen! Schnell zog er mich auf seinen Rücken und lief mit mir davon. Ich hatte keine Ahnung wo er hinlief, aber das war mir in dem Moment völlig egal. Irgendwann hielt er an. Wir waren irgendwo im Wald, das einzige was ich sah, waren Bäume. Ich wollte Nick gerade fragen, wo wir waren, aber die Frage blieb mir im Hals stecken, als ich die Beiden sah. Zwei Vampire standen gut zehn Meter von uns entfernt. Ihre Augen leuchteten blutrot. Sie starrten mich an. Mir zitterten die Knie. Ich hatte das Gefühl, ich würde gleich umfallen, aber die Blicke der Beiden hielten mich davon ab. Dann ging alles zu schnell für meine Augen. Einer der Beiden schoss auf mich zu, der Andere auf Nick. Ich sah den Schreck in Nick’s Blick. Dann tauchte plötzlich der Andere direkt vor meinen Augen auf. Er schlug mir mit voller Wucht in die Magengegend. Vor meinen Augen wurde alles schwarz und ich spürte wie ich gegen etwas schlug und dann auf den Boden sank. Dann nahm ich nichts mehr war. Ich merkte dass ich mich bewegte. Langsam öffnete ich die Augen. Ich war in Nick’s Armen, er trug mich irgendwo durch den Wald. „Was ist… passiert?“ Nick war die Erleichterung anzusehen. „Rose! Wie fühlst du dich?“ „Es geht schon. Könntest du bitte meine Frage beantworten?“ „Enrico hat dich gegen einen Baum gepfeffert und du hast das Bewusstsein verloren.“ Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen. Und dann fiel es mir wieder ein. „Francesco! Was ist mit seiner Gruppe?“ „Die wird erst in einer halben Stunde hier eintreffen.“ „Habt ihr die ersten schon getötet?“ „Ja.“ „Gibt es verletzte?“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Nein.“ Ich fand das zwar gar nicht lustig, aber ich war froh darüber, dass mein Plan bis jetzt geklappt hatte. „Du kannst mich runterlassen.“ Besorgt schaute er mich an. „Bist du sicher?“ „Ja.“ Er setzte mich vorsichtig ab. Ich brauchte ein paar Minuten, bis ich mich an das Gefühl in meinen Beinen gewöhnt hatte, aber dann ging es. Wir liefen weiter. „Wo gehen wir eigentlich hin?“ „Zur Lichtung.“ „Oh.“ Wir waren gar nicht so weit weg, denn nach wenigen Minuten traten wir aus dem Wald raus. Geg kam von der gegenüberliegenden Seite, auf uns zu. „Geht’s euch gut?“ „Mir schon, aber Rose hat was abbekommen. Deshalb möchte ich dich bitten, sie wegzubringen.“ Wütend schaute ich ihn an. „Spinnst du?! Wo soll er denn mit mir hin? Ich hab dir doch gesagt, dass es mir gut geht. Schlimmer als jetzt kann es eh nicht mehr werden!“ „Das sagst du. Du kennst Francesco nicht!“ Schnell wechselten die Beiden einen Blick aus und schon war ich in der Luft. Wie ich es doch hasste, wenn Nick für mich entschied! „das kriegst du zurück!“ Nick fing an zu lachen. Wie konnte er mich nur wegschicken? Das war total unfair, jetzt wo Francesco jeden Moment angreifen konnte, ließ er mich wegbringen – zum verrückt werden! Jetzt war ich ihm wenigstens kein Klotz mehr am Bein. Wenn ich vorhin nicht gewesen wäre, hätte er die zwei locker besiegen können. Wenn ich nicht gewesen wäre, dann hätte er das ganze Problem mit den Italienern gar nicht. Da hatten wir’s wieder: ich war an allem schuld. Vielleicht war es wirklich besser, dass ich gegangen bin. Oder auch nicht. Geg war bestimmt nicht darauf eingestellt, meinen Aufpasser zu spielen und hatte auch bestimmt keine Lust darauf. Seine Mine verriet nichts, nicht einmal eine Spur von Wut oder irgendeiner anderen Gefühlsregung. Er merkte dass ich ihn betrachtete. „Was ist?“ „Ich wollte nur schauen, ob du sauer bist.“ „Warum sollte ich sauer sein?“ „Weil Nick dich mit mir weggeschickt hat.“ „Eigentlich bin ich ganz froh…“ Jetzt regte sich etwas in seinem Blick. Pures Entsetzten zeichnete sich in seinen Augen ab. Ruckartig nahm er eine andere Richtung ein. Er beeilte sich noch mehr als vorher. „Was ist los?“ Auch ich bekam Angst. „Nichts Besonderes.“ Die Angst und die Wut, die in mir aufstieg, konnte ich nicht zurückhalten und schrie ihn an. „Verdammt noch mal! Du hast gerade eine 180° Drehung gemacht und läufst/fliegst noch schneller als sonst, da kannst du mir nicht sagen das »nichts Besonderes« ist! Also, was ist los?“ „Francesco kommt von der Seite.“ Ich spürte wie mir das Blut aus den Wagen wich. Wenn er von der Seite kommt, würde er Nick und die Anderen überrumpeln. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er nicht von vorne kommen würde! „Dreh um!“ Völlig verdattert schaute er mich an. „Bist du doof? Der bringt uns um!“ „Na und?! Wenn er von der Seite angreift, trifft er die Anderen unvorbereitet! Er wird sie töten! Dreh um!“ „Nick hat mir aufgetragen, dich hier rauszubringen und das werde ich auch tun. Die anderen werden schon damit fertig werden.“ Ungläubig starrte ich ihn an. „Was ist dir wichtiger: Nick’s Befehl ausführen oder sein Leben zu retten?“ Er sah mich ausdruckslos an. „Sein Befehl!“ Meine Wut gewann wieder die Oberhand. „Wie kannst du nur so herzlos sein?“ „Ich bin nicht herzlos. Wenn Nick nicht auf alles gefasst wäre, hätte er mich nicht weggeschickt. Außerdem riecht er ihn.“ Ärgerlich wandte ich meinen Blick nach hinten. Ich erwartete nicht, dass ich etwas sehen konnte, aber zu meiner Überraschung und zu meinem Schreck sah ich sie hinter uns. Ihre Augen glänzten angriffslustig. Die schwarzen Umhänge wehten, sie unterhielten sich über irgendetwas was ich nicht verstehen konnte. Geg’s Anspannung wurde noch größer. Er murmelte verärgert vor sich hin. Nur kurz löste ich den Blick von unseren Verfolgern, um Geg’s Gesichtsausdruck zu sehen, als ich wieder zurückschaute hatte sich der Abstand zwischen uns verringert. „Sie holen auf.“ Ich wusste zwar, dass er es auch merkte, aber ich wollte dass er etwas sagte. Sagen tat er nichts. Dafür knurrte er und beschleunigte. Plötzlich sprang etwas aus dem Wald direkt auf uns zu. Geg schlug ruckartig eine andere Richtung ein. Der neue Vampir jagte uns, er war nur 10 Meter hinter uns. Seine Augen blitzen gierig. Ich wandte mich von ihm ab, um nicht auch noch Losschreien zu müssen. Ich hatte keine Ahnung wo wir uns befanden, geschweige denn in welcher Richtung die Lichtung war. Und dann fiel mir Nick ein. Ich hatte von Anfang an keine Hoffnung gehabt hier heil raus zukommen, doch das hatte ich versucht zu verdrängen, was mir auch gelang. Aber jetzt traf mich die Wahrheit wie ein schlag ins Gesicht. Ich würde sterben. Und nicht nur ich, Geg auch. Es wäre wirklich besser gewesen, wenn ich bei Nick geblieben wäre. Nichts desto trotz musste ich mich nun damit abfinden, dass alle Vampire, die versammelt hatten um ihr Zuhause zu beschützen, wegen mir sterben würden. Auch Nick. Ich bekam Hass auf mich selbst. „Wenn du mich hier absetzt, kannst du Nick warnen und deinen Arsch retten. Lass mich runter und flieh!“ Entsetzt schaute Geg mich an. „Bist du verrückt geworden?! Ich lass dich hier nicht sterben!“ „Warum nicht? Wenn du mich hier zurück lässt, kannst du die anderen vor ihrer Vernichtung bewahren! Das ist wichtiger, als mein Leben!“ „Selbst wenn ich dich ihnen überlasse und überlebe, sag du mir doch mal wie ich Nick davon abhalten soll mir oder sich selbst etwas anzutun!“ Völlig verdattert starrte ich ihn an. „Wieso?“ Er verdrehte die Augen. „Wie blind bist du eigentlich?“ Noch immer begriff ich nicht was er mir damit sagen wollte. Er seufzte. „Nick liebt dich. Er würde sich nie verzeihen, dass du hier wegen uns sterben musstest. Verstehst du?“ Mein Gehirn arbeitete noch langsamer als sonst. Die wilden Vampire hinter uns, die es auf uns abgesehen hatten, schaltete ich erstmal aus und versuchte über die Bedeutung der Worte, die Geg eben gesagt hatte schlau zu werden. Nach einer Weile brachte ich dann doch die richtigen Worte heraus. „Nick…liebt…mich?!“ „Ja und wenn ich ohne dich zurückkomme, bringt er mich noch vor allen Anderen um!“ Immer noch vollkommen verwirrt ließ ich die Worte weiter auf mich wirken und ging im Kopf noch mal alle Gespräche mit Nick durch, bis ich zu dem Schluss kam, dass da vielleicht doch etwas Wahres dran sein könnte. Doch etwas Unschönes riss mich aus meinen Gedanken. Der Vampir sprang mit ausgefahrenen Krallen direkt auf uns zu. Er verfehlte meinen Arm nur haarscharf. Dafür riss er aber Geg’s gesamten Rücken auf. Ich stieß einen entsetzten Schrei aus. Überall hingen Fleischfetzen. Zum ersten Mal war ich froh, das er kein Mensch war. Sein Rücken sah auch ohne Blut schon schrecklich genug aus. Geg allerdings ließ der Schlag gegen seinen Rücken kalt. Er behielt sein Tempo bei und flog ohne eine Miene zu verziehen weiter. Fassungslos versuchte ich ein Zeichen des Schmerzes bei ihm festzustellen, doch er grinste mich nur an. „Schau nicht so. Ich bin tot, schon vergessen? Falls es dich interessiert, Nick kommt von hinten auf Francesco und uns zu. Er wird in wenigen Minuten hier sein!“ Meine Miene hellte sich auf. Nick würde kommen um uns zu retten! Doch meine Freude hielt nicht lange an, da mir jetzt bewusste wurde, dass er bei dem Versuch uns zu retten, sterben könnte. „Meinst du, dass wenn ich ihn mit meinem Schuh bewerfe, er zurückfällt oder stehen bleibt?“ Er lachte. „Du kannst es versuchen, nur mach dir keine allzu großen Hoffnungen.“ Ich dachte kurz nach, dann fiel mir etwas ein. „Hast du ein Messer dabei?“ Misstrauisch schaute er zu mir runter. „Warum?“ „Hast du oder hast du nicht?“ „Nein, aber notfalls habe ich Krallen.“ Natürlich! Vampire hatten super spitze Fingernägel. Wie konnte ich das nur vergessen? „Los, kratz mir die Hand auf.“ Sein Ausdruck verwandelte sich in pure Fassungslosigkeit. „du hast ziemlich viel auf dem Kopf bekommen. Bist du sicher das dein Gehirn noch richtig funktioniert?“ Ich schaute ihn böse an. „Ich will Blut auf meinen Schuh schmieren und ihn nach hinten werfen.“ Er dachte kurz nach, nahm dann meine Hand und bohrte seine Krallen in meine Haut. Ich stieß ein Zischen aus. Es tat mehr weh als ich dachte. Schnell zog ich meinen Schuh aus und ließ das Blut, das aus der Wunde tropfte, über ihn laufen. Dann warf ich ihn nach hinten. Der Vampir stürzte sich auf ihn, wie ich es mir gedacht hatte und fiel zurück. Plötzlich wurde mir bewusst, dass auch Geg ein Vampir war. Besorgt schaute ich zu ihm auf. Seine Miene war ausdruckslos, aber ich wusste, dass er hinter der Maske, gegen das Verlangen mich zu töten, ankämpfte. „Tut mir Leid! Ich hab vergessen das du mich auch töten kannst.“ „Für mich ist das kein Problem…“ Er stockte. Verwundert drehte ich meinen Kopf in die Richtung in die er schaute. Und dann sah ich auch das Problem. Wir waren auf einen Klippe zugeflogen. Jetzt standen wir am Abgrund. Es ging rund 50 Meter in die Tiefe. Unten waren jede Menge Felsen und Bäume. Geg drehte sich um, um schnell die Flucht zu ergreifen, blieb aber stehen und starrte in den Wald. Die Angst schlug mir wieder bis zum Hals, als ich sie kommen sah. Sieben Vampire traten aus dem Dickicht direkt auf uns zu. An ihrer Spitze vermutete ich Francesco. Wer sonst hätte sie anführen sollen? Seine Augen bohrten sich in meinen Blick. Einen erneute Welle der Angst durchflutete meinen Körper. Wir saßen in der Falle!! Kapitel 8: Wenn das Böse in dir erwacht... ------------------------------------------ Ich erschrak, als ich die siegessichere Stimme von Francesco hörte. „George, George, George. War es nicht offensichtlich, das es eine Falle war?“ Geg sagte nichts, stattdessen ließ er mich runter. Nun stand ich da: auf einer Klippe, umzingelt von Vampiren, zwischen Geg und Francesco, wobei mich Francesco mit seinem Blick fast tötete. Die sechs Vampire hinter ihm waren in Angriffsstellung und warteten auf ein Zeichen von Francesco um uns anzugreifen. Doch er gab keins. Es schien so als ob er auf etwas warten würde und starrte mich die ganze Zeit an. „Kannst du mir eine Frage beantworten, Mensch?“ Ich zuckte zusammen. Ich war nicht darauf vorbereitet, mit ihm sprechen zu müssen. Ich versuchte meine Stimme nicht ängstlich klingen zu lassen, was mir aber gänzlich misslang. „Kommt darauf an, was du wissen willst.“ „Das du der Lockvogel warst habe ich mitbekommen, aber warum machst du das? Ich hoffe du weißt das du jetzt sterben wirst?!“ Geg fing an zu knurren. „Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich wollte ihnen helfen und das habe ich getan. Natürlich weiß ich, dass ich sterben werde, aber das war es mir wert. Immerhin hat mein Plan funktioniert.“ „Das war dein Plan?“ Er zögerte und starrte mich unschlüssig an. „…Vielleicht sollte ich dich doch nicht töten, sonder dich lieber zu einen von uns machen?! …Nehmt sie mit!“ Alle sechs sprangen gleichzeitig auf mich zu. Geg baute sich schützend vor mir auf. Dann begann mein Hirn zu arbeiten. Sie wollten mich mitnehmen, nicht töten. Und sie wollten auch Geg nicht töten, also könnte er vielleicht fliehen… „Geg, verschwinde! Sie wollen mich, nicht dich! Geh!!“ „Wie oft noch?! Nick bringt mich um. Ich lass mich lieber von denen umbringen als von Nick!“ Dann passierte mehreres gleichzeitig. Die Vampire – die gerade die Hälfte der Distanz zwischen uns erreicht hatten – zerstreuten sich. Sie flogen wieder zurück zu Francesco. Zwei von ihnen lagen brennend auf der Klippe – gut 200 Meter von uns entfernt. Und dann standen noch zwei andere direkt neben Geg und erst dann begriff ich was passiert war. Nick und Adam waren gekommen, hatten sich die zwei geschnappt, ihnen die Köpfe abgerissen, sie angezündet und waren dann zu uns gekommen. Erleichtert schaute ich Nick an. Er hatte keinen einzigen Kratzer davon getragen und war wohl auf. Langsam kam er auf mich zu. Bei mir angekommen, zog er mich an sich. Die Anspannung fiel fast augenblicklich von mir ab. Eigentlich hätte mich das beunruhigen müssen, aber das tat es nicht. Dann ließ er von mir ab, drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn und stellte sich wieder zu den anderen nach vorn. Francesco hatte uns keine Sekunde aus den Augen gelassen und das was er gerade gesehen hatte, verwirrte ihn sichtlich. „Sie gehört zu dir?“ „Ja und du kriegst sie nur über meine Leiche.“ Ein finsteres Lächeln breitete sich auf Francescos Gesicht aus. Die Angst fing wieder an gegen meine Magenwand zu hämmern und diesmal stärker als vorher. Ich konnte keinen richtigen Gedanken mehr fassen. Das einzige was ich noch spürte war Angst. Angst Nick zu verlieren. Ich sah wie Francesco und Nick gleichzeitig in Angriffsstellung gingen und dann mischte sich noch ein anderes Gefühl in meine Gedanken – Schmerz. Ich hatte keine Ahnung wo er herkam, aber er war da. Er pulsierte unaufhörlich in meinen Venen. Ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper, mir wurde schwarz vor Augen und ich sackte zusammen. Das nächste was ich wahrnahm war Geg’s besorgte Stimme an meinem Ohr. Ich versuchte den Schmerz wegzudenken und schlug die Augen auf. Was ich sah gefiel mir aber überhaupt nicht. Adam stand an einem Rand vier Gegnern gleichzeitig gegenüber, während Nick auf der anderen Seite gegen Francesco kämpfte. Geg saß neben mir und schaute immer wieder zwischen mir, Ad und Nick hin und her. Und ich begriff. Es fiel mir schwer zu sprechen, aber ich schaffte es: „Geh und hilf Adam. Du kannst mir sowieso nicht helfen!“ Hilflos schaute er zu mir runter. Ich versuchte mich aufzurappeln, was der Schmerz mir aber erschwerte. Ich schaffte es mich soweit aufzurichten, um mich gegen einen Felsen zu lehnen. Erst als ich mich nicht mehr bewegte ließ der Schmerz ein wenig nach. „Geht’s dir wieder gut? Was hast du denn?“ „Ich hab doch keine Ahnung. Plötzlich hat mein Körper angefangen zu schmerzen. Aber das ist jetzt egal. Beweg deinen Hintern zu Adam, der braucht dich dringender als ich.“ Diesmal stand er auf, aber nicht ohne mich besorgt anzugucken, dann lief er zu Ad rüber und begann mitzukämpfen. Ich konzentrierte mich auf Nick. Er und Francesco kämpften mit Höchstgeschwindigkeit. Mir fiel es aber irgendwie leichter ihren Bewegungen zu folgen als sonst. Vielleicht hatte ich mich endlich an ihre Schnelligkeit gewöhnt. Nick warf mir ab und zu besorgte Blicke zu – was mir überhaupt nicht gefiel. Er sollte sich lieber auf seinen Kampf konzentrieren, als auf mich. Je mehr ich mich auf die Beiden konzentrierte, desto stärker fing mein Körper an zu schmerzen. Meine Adern fühlten sich an, als würden sie jeden Moment platzen. Ich versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen und verlor als der Druck in meinen Armen noch mehr zunahm. Verzweifelt krümmte ich mich vor meinem Stein zusammen, doch der Schmerz ließ nicht nach. Ein Schrei steckte mir im Hals. Ich wusste, wenn ich jetzt schrie, würde Nick zu mir schauen – auch wenn es nur für eine Sekunde wäre – und Francesco würde ihn töten. Der Schmerz war zu übermächtig und ich war zu schwach. Gegen zwei was konnte ich nicht ankämpfen und so schrie ich. Nicht übermäßig laut – aber ich schrie. Als ich mich wieder unter Kontrolle hatte, lehnte ich mich erneut gegen den Felsen und schaute zu Nick. Er sah schlimm aus – sehr schlimm. Sein gesamter rechter Arm war aufgerissen, Fetzten seiner Haut und seines Hemdes hingen lose an ein paar Fädchen. Sein linkes Bein hatte einen tiefen Kratzer – wenn er ein Mensch gewesen wäre, wäre er innerhalb von Sekunden an dem Blutverlust gestorben. An seinem Rücken hatte er haufenweise Kratzer, die waren aber nicht so schlimm. Francesco sah noch viel schlimmer aus. Er kauerte vor Nick auf dem Boden. Anscheinend hatte er verloren oder Nick wollte ihn gerade töten. Sein sorgenvoller Blick lag auf mir. Ich hätte mich am liebsten dafür geschlagen, weil ich so schwach war und gerade jetzt geschrien hatte. Francesco rappelte sich auf. Nick schien das gar nicht zu bemerken und plötzlich gab es ein schreckliches Geräusch. Dort wo eben Nick noch gestanden hatte, stand jetzt Francesco. Nick lag an einem Felsen und rührte sich nicht. Francesco hatte ihn mit voller Wucht durch ein paar Bäume geschleudert und zuletzt war er gegen einen Felsen geprallt. Ich versuchte aufzustehen. Langsam zog ich mich an dem Stein hoch. Ich hatte kein Gefühl mehr in meinen Beinen – aber immerhin ich stand. Jetzt versuchte ich zu Nick zu gehen, aber eine neue Welle des Schmerzes zog durch meine Beine und ich fiel auf die Knie. Wieso konnte ich ihm jetzt nicht helfen, obwohl er meine Hilfe so dringend brauchte? Ich kämpfte gegen die Tränen an, die in mir aufstiegen. Francesco beachtete Nick gar nicht mehr, sein Blick war auf mich gerichtet. Mit siegessicherem Grinsen kam er auf mich zu. Plötzlich schoss Adam von der anderen Seite auf ihn zu und warf ihn gegen ein paar Bäume. Und dann fing erneut ein Kampf an, zwischen Ad und Francesco. Er hatte mir das Leben gerettet. Wenn wir das überleben würden, müsste ich mich bei ihm bedanken, aber im Moment gab es wichtigeres. Der Schmerz hatte etwas nachgelassen und ich konnte mich wieder auf die Beine stellen. So blieb ich erstmal ein paar Minuten stehen. Dann taumelte ich über den Kampfplatz auf Nick zu. Beim näher kommen fiel mir auf das er noch schlimmer aussah, als von weitem und Panik machte sich in mir breit. Direkt vor ihm, ließ ich mich auf die Knie fallen. Nun kam auch noch Verzweiflung dazu. Ich hatte ihn noch nie so … halbtot gesehen – mal davon abgesehen, das er schon tot war. Ich streckte eine Hand nach ihm aus, doch bevor ich ihn auch nur ansatzweise berühren konnte, schlug er die Augen auf. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Als er mich sah, wurde sein Blick besorgt und erst da fielen mir meine Schmerzen wieder ein. „Was tut dir weh?“ „Alles.“ Er suchte mich mit seinen Augen ab, um irgendeine körperliche Verletzung auszumachen. Das erste was ihm auffiel war der Kratzer an meiner Hand. Ein Schrei durchzog die Luft. Erschrocken drehten wir uns gleichzeitig in die Richtung aus der der Schrei kam. Adam lag vor Francesco. Francescos Blick ruhte triumphierend auf Adam, der sich krümmte. „Hilf ihm!“ Nick rappelte sich auf. „Halt noch ein wenig durch.“ Dann strich er mir über die Wange und verschwand. Nach dem Gesichtsausdruck von Francesco zu urteilen, dachte er wohl nicht, dass Nick noch mal aufstehen würde. Falsch gedacht! Ich riss meinen Blick von Nick los und versuchte Geg zu finden, doch er war nirgends zu sehen. Irgendwo aus dem Wald trat eine neue Rauchwolke hervor. Erneut hatte ich Angst. Entweder es waren die restlichen von Francescos Vampiren oder … ich zwang mich nicht an seinen Namen zu denken. Verzweifelt schaute ich in Richtung Rauchwolke, als Jemand aus dem Wald auftauchte. Erleichtert stellte ich fest, dass es Geg war. Ich freute mich allerdings zu früh, denn eine neue Schmerzeswelle überkam mich und ich sank noch tiefer auf dem Boden. Schnell lief Geg auf mich zu. Auch er sah mich besorgt an, obwohl er schlimmer aussah als ich. „Es geht mir gut! Geh und hilf Nick und Ad!“ Er bewegte nur sein Gesicht in die Richtung. Nick hatte ihn bemerkt. „Bring sie von hier weg!“ Noch bevor er ausgesprochen hatte, flog er durch den Felsen, an dem ich noch vor kurzem gelehnt hatte. Geg hielt mich fest. Ich musste mich von ihm losreißen um zu Nick zu kommen. Ich lief die kurze Entfernung zu Nick und konnte ihn gerade noch am Handgelenk festhalten, bevor er von der Klippe fiel. Schnell schaute ich zu Geg, der immer noch wie angewurzelt am selben Platz stand. Und dann erst sah ich den Weg, den ich gerannt war, um Nick zu »retten«. Ich war 800 Meter in weniger als zwei Sekunden gelaufen! Jetzt musste ich Nick nur noch wieder auf die Klippe bringen. Er bewegte sich nicht, worauf ich schloss, dass er ohnmächtig war. Erneut fing der Schmerz an in meinen Adern zu pulsieren, darauf konnte ich jedoch im Moment keine Rücksicht nehmen, denn langsam zog mich Nick’s Gewicht in die Tiefe. Ich rutschte mit in den Abgrund und konnte noch nicht mal was dagegen tun. „Geg! Hilfst du mir mal bitte!!“ Doch dann erst sah ich, dass er mir und Nick Francesco vom Hals hielt, was bedeutete dass er gegen ihn kämpfte. Verdammt! Warum war ich nur so schwach?! Ich konnte noch nicht mal Nick helfen und das obwohl er mir schon so oft geholfen hatte – mich beschützt hatte. Und dann rutschte ich über den Rand und mit Nick in die Tiefe. Die Luft peitschte mir ins Gesicht und das einzige was ich wahrnahm war die Angst in mir. Und mir wurde klar, das das einzige was uns noch retten konnte Nick selbst war. Wenn ich ihn dazu brachte aufzuwachen, könnte er uns wegfliegen – nur wie sollte ich das anstellen – wir fielen immerhin von der Klippe! Verzweifelt klammerte ich mich an ihn. Ich sah den Boden immer näher kommen. Ich schaute schnell in sein Gesicht, nahm all meine restliche Kraft zusammen und schlug ihn mit meiner Hand in den Magen. Als ob er nicht schon halbtot genug wäre, aber es half, er schlug die Augen wieder auf. Fast augenblicklich bremste er den Fall ab. Die Angst fiel von mir ab. Wir hatten doch tatsächlich überlebt! „Geht’s dir gut? Wie konntest du mir bitte so schnell zur Hilfe kommen?“ „Ich habe keine Ahnung, aber können wir das oben klären?“ Schnell flog er wieder nach oben. Er setzte mich ab und rannte zu Geg um ihm zu helfen. Der Schmerz war fast verklungen. Und ich konnte den Kampf noch besser beobachten. Francesco war am Ende – das sah man ihm an – aber er kämpfte trotzdem weiter. Geg saß an einen Baum gelehnt und hatte die Augen geschlossen. Dann hörte ich einen erneuten Schrei und schaute wieder zu Nick. Einen unglaubliche Last fiel von meinen Schultern, als ich sah das Nick Francescos Kopf in seiner Hand hielt und gerade dabei war seinen Körper in Brand zu setzten. Erst als sein Körper richtig brannte, warf Nick auch den Kopf in das Feuer. Es war endlich vorbei. Freudig kam er auf mich zugelaufen. Doch dann passierte etwas, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte. Auf halber Strecke fiel er plötzlich auf die Knie und brach dann endgültig zusammen. Erschrocken rannte ich auf ihn zu. Auch Geg kam von der anderen Seite. Ich ließ mich vor Nick auf die Knie fallen und zog ihn zu mir. Geg stand wie angewurzelt da und starrte mich an. „Was schaust du so? Hilf mir lieber!“ Noch immer bewegte er sich nicht. „Du … bist tot!“ „Bist du jetzt vollkommen durchgeknallt?! Ich sitze neben dir und lebe!“ „Nein. Du bist tot.“ Jetzt war ich mir sicher: er hatte den Verstand verloren. „Ja. Okay. Wenn du das so siehst. Aber jetzt hilf mir mit Nick.“ „Du hältst mich für verrückt, oder?“ „Das tut nichts zur Sache. Könntest …“ „Ich beweise es dir!“ Er lief an den Waldrand, holte einen mittelgroßen Stein und kam dann zu mir zurück. Ein paar Meter vor mir blieb er stehen, holte aus und warf den Stein mit voller Wucht gegen meinen Kopf. Der prallte aber – anders als erwartet – an mir ab und blieb vor mir liegen. Völlig entgeistert schaute ich zwischen dem Stein und Geg hin und her. Normalerweise hätte ich tot sein müssen, aber ich saß quietsch lebendig vor Geg. „Siehst du?!“, rief er mit einem Grinsen im Gesicht. „Dann … dann bin ich jetzt … ein … Vampir?!“ „Scheint so. Dann kamen die Schmerzen, die du hattest von einem Biss. Hat dich jemand gebissen?“ „Nein. Nur du hast mich gekratzt.“ „Ich habe aber kein Gift unter den Fingernägeln! Daran kann es also nicht liegen!“ „Ist im Moment unwichtig. Wir müssen zu den Anderen und uns dann um Nick kümmern. Nimm du Ad, ich nehm Nick.“ Schnell rannte er zu Adam, der immer noch auf dem Boden lag. Ich stand auf, packte Nick an den Schultern und Beinen und zog ihn vom Boden hoch. Er war erstaunlich leicht, im Gegensatz zum letzten Mal, als ich ihn in mein Zimmer schleifen musste. Ad weigerte sich strikt dagegen, getragen zu werden und so stützte Geg ihn nur. Adam war genauso überrascht, wie ich, als er sah wie ich Nick hochnahm. „Wie bist du denn zum Vampir geworden?“ „Ich habe keinen blassen Schimmer.“ Dann rasten wir los. Es war ein unbeschreiblich gutes Gefühl so zu rennen. Die Bäume sausten so schnell an uns vorbei, das ich nur noch erahnen konnte das es eigentlich Bäume waren. Und zweimal wäre ich auch fast in einen Baum gelaufen, konnte aber noch im letzten Moment ausweichen. Immerhin kamen Nick und ich unversehrt auf der Lichtung an. „Geg? Bringst du mir dann das Fliegen bei?“ „Ich glaube, das sollte besser Nick machen, falls er wieder auf die Beine kommt.“ Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Was sollte das heißen »falls er wieder auf die Beine kommt«?! Natürlich kommt er wieder auf die Beine. Er war ja nicht umsonst ihr Anführer! Bevor ich ihm aber sämtliche Beschimpfungen an den Kopf werfen konnte, wurde meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gezogen. Auf die restlichen Vampire – unter anderem auch auf Chris – die sich auf der Lichtung versammelt hatten und scheinbar auf unsere Ankunft warteten. Jetzt da sie uns kommen sahen, wurden sie unruhig. Chris kam auf uns bzw. auf Adam zugestürmt. Als er mich dann sah, blieb er stehen und starrte mich entsetzt an. „Wie ist das möglich?“ „Chris, ich werde dir später alles genau erklären, aber jetzt gibt es wichtigeres. Wie ist es bei euch gelaufen?“ Er schüttelte schnell den Kopf, bevor er antwortete. „Dein Plan ist aufgegangen. Wir haben die meisten erledigt und selbst keine Verluste erlitten.“ „Ihr habt die meisten erledigt?“ „Es konnten einige fliehen. Was sollen wir mit ihnen machen?“ „Ich habe keine Ahnung. Mach was du für richtig hältst.“ „Was ist mit Nick?“ „Er ist einige Male schwer getroffen worden. Ich bring ihn nach Hause und kümmere mich um ihn. Übernimmst du derweil seinen Posten?“ Er sah mich mit großen Augen an. „Ich?!“ „Nein, der hinter dir! Natürlich du! Wer sonst?!“ „Ähm … okay.“ „Geg, Adam ihr kommt am besten auch mit.“ Zusammen verließen wir die Lichtung und rasten nach Hause. Dort angekommen brachten wir Adam und Nick erstmal ins Bett. „Bringt es was, wenn ich seine Wunden verbinde?“ „Nicht wirklich. Er ist tot. Sein Gewebe setzt sich von selbst wieder zusammen.“ „Okay, kann ich sonst irgendwas machen, damit er aufwacht?“ Geg schüttelte den Kopf. „Nur warten.“ Warten. Das war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen! Aber dennoch setzte ich mich auf den Stuhl neben seinem Bett und wartete. Irgendwann verließ Geg das Zimmer, weil Adam im Nebenraum irgendwas angestellt hatte. Ich konnte nicht genau sagen was, ich wusste nur das es sehr laut war und das es so klang als würde er auf irgendwas rumschlagen. Es war schwer Nick so zu sehen. Völlig leblos lag er da in seinem Bett. Bewegungsunfähig. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich ging in die Eingangshalle, zum Telefon und rief Mr. Warner an. Ich wusste nicht warum ich das tat, aber ich empfand es als richtig ihm bescheid zu sagen. Wer, wenn nicht er hatte ein Recht darauf zu erfahren wie es Nick ging? Nachdem ich ihn alles berichtet hatte, hielt er es für nötig nach Hause zu kommen. Ich konnte ihn aber davon überzeugen, meine Mutter noch dort zu lassen. Ich hatte Angst davor sie zu sehen, ich konnte ja nicht sagen wie ich auf sie reagierte, nach meiner »Verwandlung«. Nachdem er aufgelegt hatte, begab ich mich wieder zu Nick – der immer noch reglos in seinem Bett lag. Ihn so zu sehen bereitete mir mehr Schmerzen. als ihm fernzubleiben, aber gehen wollte ich auch nicht, deshalb schloss ich meine Augen. Und da merkte ich erst, wie müde ich war. Ich versuchte erst gar nicht gegen den Schlaf anzukämpfen, weil ich genau wusste, dass es sowieso nichts bringen würde und nach wenigen Sekunden schlief ich ein. Ich hörte von fern, irgendeinen lauten Knall und schlug die Augen auf. Verwirrt schaute ich mich um. Ich hatte keine Ahnung wie lang ich geschlafen hatte. Auf der Suche nach einer Uhr blieb mein Blick am Bett hängen – es war leer. Entsetzt sprang ich auf. Ohne groß darüber nachzudenken, lief ich aus dem Zimmer. Auf dem Gang blieb ich kurz stehen und spitzte die Ohren. Es war alles viel lauter und deutlicher als sonst. Ich hörte Stimmen und ging in die Richtung von wo ich vermutete, dass sie herkamen. Vor der Tür blieb ich allerdings stehen. Nick war sauer, er brüllte Geg an und der brüllte zurück: „Ich hab dir doch gesagt, dass es passieren wird, egal wie sehr du sie beschützt! Wir hätten sie nie bei uns bleiben lassen sollen!“ „Das hätte auch nichts gebracht! Früher oder später hätte sie sich verwandelt und es wäre weit aus schlimmer geworden, wenn sie nicht bei uns gewesen wäre!“ „Was willst du jetzt tun? Wenn er erfährt, dass sie sich verwandelt hat, kommt er her und bringt uns um! Willst du das? Jetzt wo wir Francesco los sind? Du musst dich entscheiden! Wer ist dir wichtiger: Rose oder wir?“ Eine Weile sagte niemand mehr etwas, ich dachte schon, dass sie mich bemerkt hatten, aber dann antwortete Nick: „Rose.“ Dann hörte ich wie etwas durch die Gegend geschleudert wurde und dann gegen etwas Hartes – ich schätzte es war die Wand – flog. Und dann setzte mein Verstand aus. Ich riss die Tür auf, sah Nick, wie er in der Wand war, raste – ohne nachzudenken – auf Geg zu und schlug ihn mit voller Wucht durch das Fenster, das sofort zerbrach und Geg in die Tiefe riss. „Rose, was…“ Ich drehte mich ruckartig zu Nick um. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich weinte. „Du hast von Anfang an gewusst, das ich zum Vampir werde?! Hast du mir deshalb Freundschaft vorgespielt? Wolltest du deshalb, dass ich zu dir ziehe? Damit du mich überwachen kannst?“ Er wandte seinen Blick zu Boden und sagte nichts. So war er also wirklich. Er hatte noch nicht mal den Mut mir die Antwort ins Gesicht zu sagen, oder überhaupt was zu sagen. „Wie konnte ich mich nur so in dir täuschen?“ Schnell verließ ich den Raum und lief in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir ab und ließ mich erstmal auf das Bett fallen. Auf den ganzen Weg hierher, in mein Zimmer zwang ich mich nicht richtig loszuheulen, aber hier konnte ich die Tränen schließlich nicht mehr zurückhalten. Ich heulte los. Wie konnte er nur? Ich hatte zwar keine Ahnung, wer er war, aber das spielte überhaupt keine Rolle. Ich wusste nur, dass alles, was Nick mir erzählt hatte, ein Lüge war. Und ich wusste dass ich es hier keine Minute länger aushalten würde. Ich zog meine Tasche unter meinem Bett hervor, ging zum Schrank und warf alles rein, was ich in die Finger bekam. Als ich fast fertig war, klopfte Nick an der Tür. „Rose, lass mich rein. Ich möchte dir alles erklären.“ „Wer sagt mir, dass du mich nicht wieder belügst?“ „Ich habe dich in keinerlei Hinsicht belogen, ich habe lediglich etwas verschwiegen.“ „Das reicht ja wohl aus, um dir nicht mehr zu vertrauen, oder?“ „Lass mich rein!“ „Nein. Ich will dich nicht mehr sehen, verschwinde!“ Ich hörte ein Knurren und auf einmal brach er mitsamt der Tür in mein Zimmer ein. Sein Blick wanderte durchs Zimmer und blieb an den Taschen und Koffern hängen. „Du verlässt mich?“ „Von verlassen kann hier nicht die Rede sein.“ „Ach ja? Wie würdest du dann das hier nennen?“ Er deutete auf die Koffer. „Ich gehe und du wirst mich nicht aufhalten können!“ „Gib mir zehn Minuten um dir alles zu erklären, bitte!“ Sein flehender Blick, brachte mich dazu kurz nachzudenken. Auch wenn alles eine Lüge war, er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um mich zu retten – aus welchem Grund auch immer und öfter als einmal. Ich war es ihm schuldig, wenigstens zehn Minuten zuzuhören. Seufzend ließ ich mich aufs Bett fallen und bedeutete ihm, es ebenfalls zu tun. Er zog sich den Stuhl von meinem Schreibtisch weg und positionierte ihn so, dass er mir direkt gegenübersaß und mir in die Augen schauen konnte. Zuerst starrte er mich nur an. Dann seufzte er und schaute aus dem Fenster. Langsam wurde ich ungeduldig. Ich wollte gerade sagen, dass seine zehn Minuten fast um waren, als er schließlich doch begann: „Du hast Recht. Wir wussten, dass du dich irgendwann zum Vampir verwandelst. Und es tut mir unendlich leid, dass ich dir nichts davon erzählt habe, aber ich konnte nicht – nein, ich wollte es nicht wahrhaben. Ab dem Moment, als ich dich das erste Mal sah, wusste ich das du etwas Besonderes für mich warst. Als ich erfuhr, das du die bist, die wir die ganze Zeit suchten, war es ein Schock für mich.“ Ich wartete darauf, dass er weiterredete, als er das aber nicht tat, fragte ich nach: „Du wusstest nicht von Anfang an, dass ich zum Vampir werde? Und ihr habt nach mir gesucht?“ „Nein, ich wusste erst davon, als du mir von deinem Vater erzählt hast.“ „Was hat mein Vater jetzt damit zu tun?“ „Vergiss mal bitte alles was du über deinen Vater weißt und hör mir gut zu, ja?“ Ich nickte nur kurz. „Als dein Vater ins Gefängnis kam, wurde er von einem Vampir gebissen, der sich als Wächter hineingeschlichen hatte. Kurz darauf ist dein Vater ausgebrochen und zurück zu seiner Familie gegangen – zu dir. Bei euch ist er schließlich ausgerastet und über dich hergefallen. Ich weiß nicht wie du überlebt hast oder warum deine Verwandlung erst jetzt eintrat, aber das alles hat mit deinem Vater zu tun und nur er kann es dir erklären.“ Gut. Er hatte es mal wieder geschafft. Ich war verwirrt – sehr verwirrt. „Mein Vater ist aber tot!“ „Nein, ist er nicht. Nachdem er dich gebissen hatte, ist er wieder ins Gefängnis und hat sich »erhängt«. Als sie ihn dann ins Leichenschauhaus gebracht hatten, ist er abgehauen.“ Mir schwirrte der Kopf. „Mal angenommen, es stimmt was du sagst, warum habt ihr mich dann gesucht?“ Er antwortete nicht. Es musste also ein Grund sein, der mir nicht gefallen würde. Ich schaute ihn eindringlich an, doch er wandte seinen Blick ab. „Ist der Grund so schlimm, dass du ihn mir nicht sagen willst?“ „Für mich schon.“ Ich wartete darauf dass er weiter sprach, was er aber nicht tat. „Ich werde dir schon nicht den Kopf abreißen. Sag es mir endlich.“ Er schaute betrübt zur Seite und begann: „Du musst wissen, Michael – dein Vater ist im laufe der Jahre zu einem Tyrannen geworden. Er hat seinen eigenen Bezirk gegründet. Ganz Mexiko,Texas und Oklahoma gehören ihm. Und er dehnt sein Reich immer weiter aus und um andere Ländereien zu bekommen ist ihm jedes Mittel recht. Als er Mexiko eingenommen hat, haben er und seine Männer so viele Menschen getötet, dass die Menschen dachten, dass eine Seuche im Umlauf ist. Wir dachten, wenn wir dich finden und ihn mit dir unter Druck setzten, das er mit dir abhauen und uns in Ruhe lassen würde.“ „Ihr wolltet mich finden und töten lassen?“ „So war es geplant. Aber das hätte ich nicht zugelassen.“ Ich dachte eine Weile nach. Seufzend fragte ich: „Und wie lautet der neue Plan?“ Seine Mine hellte sich auf. Wahrscheinlich dachte er, ich würde ihm und den anderen den Kopf dafür abreißen. Was ich am liebsten auch gemacht hätte. „Du hilfst uns?“ „Klar. Wir haben Francesco besiegt und jetzt ist mein Vater dran. Wenn er wirklich so schlimm ist wie du sagst, dann hat er es nicht verdient zu leben.“ Er grinste mich an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du uns helfen würdest.“ „Nach allem was wir zusammen durchgemacht haben, könnte ich euch nicht einfach im Stich lassen. Vor allem wenn es dabei um mich geht. Darf ich dich was fragen?“ „Klar, alles.“ „Weiß meine Mutter über alles bescheid?“ „Ja. Sie weiß alles über deinen Vater und wie es abgelaufen ist.“ „Und warum weiß ich das nicht mehr?“ „Ich denke, es ist ein Schutzreflex deines Gehirns. Immerhin warst du damals erst neun.“ Ich ließ mir alles noch mal durch den Kopf gehen. Nick ließ mich nicht aus den Augen. Und dann wurde mir etwas klar. „Moment mal! Meine Mutter wusste über alles bescheid und hat mir nichts davon gesagt!? Warum?“ „Dein Vater hatte deiner Mutter verboten dir etwas davon zu erzählen, weil er wollte dass du – wenn es soweit ist – freiwillig zu ihm kommst. Deshalb hat er euch überwachen lassen, in Miami. Ich glaube, dass das auch der Grund war, warum ihr hierher gezogen seid. Als ihr nämlich die Grenze zu unserem Gebiet überschritten hattet, konnte dein Vater euch nicht überwachen lassen, ohne uns anzugreifen und wir sind immerhin nach ihm, der stärkste Bezirk innerhalb der USA. Und ich glaube nicht das er nur wegen euch einen Krieg anfangen würde.“ „Das leuchtet ein. Weiß meine Mutter, das ihr Vampire seid, also du, Geg und Oli?“ „Anfangs nicht. Seid ihrer »Geschäftsreise nach Anchorage« weiß sie es. Ich kam nicht umhin es ihr zu sagen.“ Entsetzt starrte ich ihn an. „Sie hat jetzt eine Tochter, die ein Vampir ist, da ist es nicht weiter schlimm, dass ich auch einer bin.“ „Stimmt. Du hast Recht. Wie geht es Adam denn?“ „Dem geht es blendend. Kaum warst du eingeschlafen, da war er schon bei Chris.“ „Was wollte er denn bei Chris?“ „Im laufe des Kampfes ist ihm bewusst geworden, wie sehr er Chris braucht. Und es tat ihm leid, dass er ihn damals gebissen hat. Sie haben sich versöhnt!“ „Adam brauchte einen Kampf, um herauszufinden, wie sehr er Chris doch mag?“ „Tja, so ist er halt. Aber warum willst du das wissen?“ „Als dich Francesco das erste Mal gegen den Felsen geschleudert hatte, wollte er auf mich losgehen und Ad hat mich beschützt und deshalb wollte ich mich noch bei ihm bedanken.“ „Ach so.“ „Ähm … Und wie geht es Geg?“ Er setzte zu einer Antwort an, klappte jedoch seinen Mund wieder zu, weil ihm scheinbar nichts einfiel. Wir sahen uns beide kurz an, stürmten dann raus auf den Gang und liefen in das Zimmer zurück, wo ich Geg aus dem Fenster geworfen hatte. Geg saß auf einem Stuhl am Schreibtisch. Als ich hereinkam erstarrte er, als wartete er auf einen neuen Angriff. Ich blieb im Türrahmen stehen, während Nick zu ihm ging. Langsam entspannte sich Geg wieder. „Hast du dich beruhigt?“ „Ja, und eigentlich tut es mir leid.“ „Eigentlich?!“ „Du hattest es verdient.“ Er verdrehte die Augen und wandte sich an Nick. „Was hast du jetzt mit ihr vor?“ „Ich habe nichts mit ihr vor. Sie will uns helfen, gegen ihren Vater vorzugehen.“ Verblüfft schaute Geg mich wieder an. „Du hilfst uns?“ „Ja. Hast du etwas dagegen einzuwenden?“ „Nein, aber es wundert mich.“ „Warum?“ „Er ist immerhin dein Vater.“ „Vater hin oder her. Wenn er nur schlechte Sachen macht, dann ist er nicht mehr mein Vater. Außerdem habe ich mich damit abgefunden, das mein Vater tot ist, jedenfalls so wie er damals war.“ Völlig verdattert schauten mich die Beiden an. „Stimmt doch, oder nicht?! Ihr könnt nicht behaupten, das ihr noch so seid wie früher.“ Immer noch sagte keiner ein Wort. „Na schön. Vergessen wir das. Ich denke, wir sollten einen Plan erstellen, wie wir ihn am besten töten können. Was meinst du Nick?“ „Stimmt. Geg würdest du bitte Ad und Chris holen?“ „Klar.“ Er stand auf und verschwand. Jetzt war ich mit Nick allein. Er musterte mich. Irgendwie lag eine komische Spannung zwischen uns. Eine Spannung die mich ziemlich nervös machte. Ich wusste, dass ein Gespräch fällig war, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so bald kam. „Ich glaub, ich pack meine Sachen wieder aus.“ Er seufzte und ließ sich auf den Stuhl fallen. „Rose, ich glaube, wir müssen reden.“ „Glaubst du? Worüber willst du denn reden?“ „Über uns.“ Ich musste schlucken. Warum ausgerechnet jetzt. Ich hatte überhaupt keine Lust über »uns« zu reden. Als ich nichts weiter sagte, fuhr Nick fort: „Ich denke du weißt was ich für dich empfinde und ich weiß es von dir – soweit du deine Meinung nicht geändert hast.“ Er sah mich fragend an. Jetzt setzte auch ich mich auf einen Stuhl. „Nein, ich habe meine Meinung leider nicht geändert. Wie könnte ich auch?“ Ein freudiger Ausdruck erhellte sein Gesicht. Dann sprang er auf. „Gut. Dann hätten wir das ja geklärt!“ Verwirrt sah ich ihn an. Ich begriff seine Denkweise also auch als Vampir nicht – gut zu wissen. „Wie meinst du das?“ „Na ja, ich liebe dich und du liebst mich! Dann haben wir jetzt keine Schein-Beziehung mehr, sondern eine richtige!“ Bevor ich noch etwas entgegnen konnte, verschwand er. Immer noch völlig bedröppelt, saß ich auf dem Stuhl und starrte auf seinen leeren Platz. Ich musste mir vor Augen halten, dass er vor kurzem mächtig etwas auf den Kopf bekommen hatte und deshalb nicht mehr klar denken konnte. Im Klartext: Er war total durchgeknallt. Langsam stand ich auf und ging raus auf den Flur. Dort blieb ich kurz stehen und lauschte auf ein Geräusch, um festzustellen ob er noch im Haus war. Er war eindeutig nicht im Haus, ich war allein. Etwas beruhigter lief ich weiter und zuckte zusammen, als die Klingel ertönte. Schnell ging ich an die Tür, um sie zu öffnen, hielt aber inne, um nachzudenken, wer es denn sein könnte. Und dann fiel mir Mr. Warner ein. Ich riss die Tür auf und sah Mr. Warner samt meiner Mutter im Aufgang stehen. „Rose! Ich bin ja so froh, das dir nichts passiert ist!“ Sie stürmte auf mich zu und umarmte mich. Für einen Moment setzte mein Hirn aus. Der Geruch ihres Blutes stieg mir in die Nase. Schnell versuchte ich sie von mir Wegzuschieben, doch sie drückte mich noch fester an sich. Verzweifelt unterdrückte ich den Drang sie zu beißen. Ich konnte aber nicht lange widerstehen. Langsam – immer noch im Kampf gegen mich selbst – näherte ich mich ihrer Kehle. Plötzlich wurde ich nach hinten gezogen. „Rose, nicht!“ Ich drehte mich um. Nick war wieder da. Er drehte mich wieder zurück. Erst traute ich mich nicht sie anzusehen, dann warf ich doch einen Blick auf sie. Ich sah ihren entsetzten Ausdruck und zuckte unwillkürlich zusammen. „Es… tut mir leid! Ich wollte nicht…!“ Mir versagte die Stimme. Ich wartete auf eine Reaktion ihrerseits, aber sie starrte mich immer noch entsetzt an. Dann fand sie ihre Stimme wieder. „Ist es … bist du jetzt auch … ein … Vampir?“ Erst zögerte ich, bis Nick mir die Hand auf den Rücken legte und zu mir vortrat. „Ähm.. ja. Seid ein paar Tagen. Deshalb wollte ich auch nicht das du wieder herkommst, was dich aber trotzdem nicht aufgehalten hat.“ Ich schaute vorwurfsvoll zu Mr. Warner, der nur schuldbewusst die Schultern zuckte. „Ich war so lange weg und wollte dich sehen. Es hätte dir ja was passiert sein können. Als Mr. Warner dann ohne mich abreisen wollte, habe ich gesagt, dass ich lieber kündige, als in Anchorage zu bleiben.“ An Nick gewandt fuhr sie fort. „Danke, das du auf sie aufgepasst hast. Ich dachte schon sie hätte sich verletzt und wollte deshalb nicht, dass ich wiederkomme. Aber euer Grund ist einleuchtender.“ Ab jetzt war die Stimmung besser. Die zwei kamen erstmal rein (Nick nahm das Gepäck an sich und verschwand). Mr. Warner, meine Mom und ich gingen ins Teezimmer, um zusammen »Kaffee zu trinken«, während Nick auf dem Hinweg noch in der Küche bescheid sagte und dann auch zu uns stieß. Noch bevor wir richtig saßen, redete meine Mutter ohne Punkt und Komma, über ihre Arbeit und wie schön sie es doch in Anchorage fand. Ich hörte nur mit einem Ohr zu und betrachtete unauffällig Nick. Ihn schienen die Erzählungen auch nicht wirklich zu interessieren, aber dennoch gab er sich freundlich. „Und, wie war es hier?“ „Lustig und ein bisschen gefährlich.“ Sie schaute mich mit einem komischen Ausdruck an, dann hellte sich ihre Mine auf. „Wann kommst du wieder nach Hause?“ Ich fiel aus allen Wolken. Das konnte sie doch nicht ernst meinen! Auch Nick wurde hellhörig und setzte sich auf. „Ich denke, nicht so bald.“ „Warum? Jetzt bin ich doch wieder da!“ Ich schaute schnell zu Nick. Er bedeutete mir nicht alles zu verraten. „Wir… haben einige Probleme, die wir noch beseitigen müssen. Ich kann hier noch nicht weg. Die brauchen mich!“ Entgeistert schaute sie mich an. „Wer sind »die«?“ Genau in dem Moment, indem ich antworten wollte, klopfte es an der Tür und Geg, Ad und Chris traten ein. „Wir sind die!“, sagten sie im Chor. Erleichtert stand ich auf und begrüßte sie. Dann stellten sie sich vor. Meine Mom war von ihnen noch weniger begeistert, als von Nick. „Und die haben jetzt etwas zu besprechen. Wir sehen uns!“ Ich schob die drei aus der Tür, Nick folgte mir auf dem Fuß. Zusammen gingen wir in Nick’s Arbeitszimmer. Dort angekommen ließen wir uns alle auf einen Stuhl fallen. Dann fing Ad an: „Wir waren ein bisschen überrascht, dass du uns auch diesmal hilfst.“ „Ihr habt ja das Problem hauptsächlich wegen mir, da kann ich euch doch nicht im Stich lassen.“ „Nett von dir. Du hast doch bestimmt schon einen Plan, oder?“ Alle vier schauten mich aufmerksam an. „Stimmt, das habe ich auch.“ „Na dann lass hören!“ Ich atmete tief ein und aus und bereitete mich auf einen Streit mit Nick vor. Mein Plan würde ihm garantiert nicht gefallen, das wusste ich jetzt schon. „Ich werde zu meinem Vater gehen und…“ „Auf gar keinen Fall!“ Ich hatte mir schon gedacht, dass Nick mich unterbrechen würde, aber nicht so früh. Wenigstens stand Chris mir zur Seite. „Lass sie doch wenigstens ausreden. Du weißt noch nicht mal ob ihr Plan gut ist oder nicht. Wenn dir der Plan am Ende immer noch nicht gefällt, dann kannst du deine Meinung sagen, aber nicht jetzt.“ Beleidigt lehnte sich Nick in seinem Stuhl zurück. Chris bedeutete mir Fortzufahren. „Also. Wie schon gesagt, ich werde zu meinem Vater gehen und ihn ausspionieren. Wenn er wirklich so ein Tyrann ist, wie ihr alle sagt, dann kann ich mir nicht vorstellen, das seine Helfer ihn mögen. Vielleicht kann ich einige von ihnen davon überzeugen, sich gegen ihn zu wehren. Außerdem hat er bestimmt Schwachstellen, die kann ich euch auch mitteilen. Und wenn er dann von innen geschwächt ist, können wir ihn dann von außen zerstören.“ Bevor ich richtig geendet hatte, begann Nick mit seinem Einspruch: „Das ist viel zu gefährlich. Was meinst du warum seine Helfer bei ihm bleiben? Sie haben zu viel Angst vor ihm. Francesco ist ein Nichts gegen Michael. Außerdem besitzt er eine Gabe.“ Leider stimmte auch Ad Nick zu. „Rose, Nick hat Recht. Dein Vater ist gefährlicher, als wir vier zusammen. Wir können dich nicht allein gehen lassen.“ „Und was schlagt ihr vor?“ Ich sah sie der Reihe nach an, keiner sagte ein Wort. Ich wartete auf eine Antwort. Um mich davon abzuhalten, mussten sie schon einen sehr, sehr, sehr guten Plan haben. Nach einer Weile begann Chris: „Wie wäre es, wenn du nicht allein gehst? Dann können wir sicher sein, dass dein Vater dich nicht auf seine Seite zieht.“ Als er meinen bösen Blick sah, fügte er schnell hinzu: „Nicht das ich daran zweifle, das du zu uns hältst. Nur zur Sicherheit.“ Unglaublicherweise stimmte Nick sofort zu. „Wenn jemand mitgeht, bin ich auch dafür.“ „Und wer sollte, deiner Meinung nach mitkommen?“ „Na ich!“ Entsetzt starrte ich ihn an. „Bist du verrückt?!“ „Was ist daran so schlimm?“ „Hast du nicht eben gesagt, dass mein Vater so gefährlich ist?! Wenn du gehst, gehe ich nicht!“ „Aber ohne dich, brauche ich da gar nicht aufzutauchen! Ohne dich geht es nicht!“ Jetzt mischte sich auch Ad mit ein. „Nick hat Recht. Du musst gehen. Außerdem, was hast du denn auf einmal gegen ihn? Wir wären beruhigt, wenn er mitgehen würde.“ „Ja ihr! Ich aber nicht. Was ist wenn er Nick was antut?“ Alle drei fingen an zu lachen. Ich kam mir ziemlich verarscht vor. Ich ließ mich noch weiter in meinem Stuhl zurücksinken, grummelte vor mich hin und wartete darauf, dass sie sich wieder beruhigten. Als sich Nick endlich wieder unter Kontrolle hatte, kam er zu mir, legte mir seine Hand auf die Schulter und küsste mich. „Glaub mir, er wird mir nichts antun.“ Ich sah wie er sich einen erneuten Lachanfall verkneifen musste und schaute ihn böse an. Auch die Anderen hatten sich wieder beruhigt. Grinsend betrachteten sie uns. Dann begann Ad erneut: „Sei uns nicht böse, aber das war zu komisch. Bist du nun einverstanden, dass Nick mitkommt, oder nicht?“ Ich sah Nick eindringlich an. „Auch auf die Gefahr hin, dass ihr wieder einen Lachkrampf bekommt, nein, ich bin nicht damit einverstanden, ich halte es für zu gefährlich!“ Wieder mussten sie sich zusammenreißen. Bevor sie jedoch vor lachen explodierten, versuchte Nick mir ins Gewissen zu reden: „Ich bezweifle, dass er mir etwas tut. Immerhin habe ich auf dich aufgepasst.“ „Was macht dich da so sicher? Du hast selbst gesagt, er ist ein Tyrann und wie grausam er die Menschen seines Bezirks umbringt oder umgebracht hat. Was macht dich da so sicher, dass er nicht Lust hat dich auch umzubringen. Immerhin habt ihr einen der größten Bezirke Amerikas!“ Während ich sprach nahmen Geg’s, Ad’s und Chris’ gute Laune ab. Sie lachten nicht mehr, sondern wirkten jetzt ernst und konzentriert. Dann antwortete Nick: „Der erste Grund, warum ich denke, dass er mich nicht umbringt ist, das ich dein Freund bin. Er würde mich nicht töten solange du noch zu mir stehen würdest. Und der zweite Grund ist mein Bezirk. Ich bin mir sicher, dass er weiß, dass wir Francesco und seine Leute umgebracht haben. Er würde mich nicht töten, weil er dann die anderen nicht aufhalten kann, sie zu töten. Vor allem Ad nicht.“ Ich schaute zu Ad. Er grinste nur. Offenbar war das seine Bestätigung. Nur unfreiwillig musste ich zugeben, dass an seinem Argument etwas dran war. Dennoch wollte ich ihn nicht mit reinziehen, aber was blieb mir anderes übrig? „Na schön! Du hast mich überredet! Wann brechen wir auf?“ „Je früher, desto besser!“ „Im Klartext?“ „Morgen früh, um 10:00 Uhr?“ „Na gut!“ Wir standen alle auf und begaben uns aus dem Raum. Auf dem Gang hielt ich Ad noch kurz zurück: „Ähm … Ad?“ Er drehte sich zu mir um. „Was denn?“ „Ich wollte mich noch bei dir bedanken.“ Er schaute mich verwirrt an. „Was habe ich genau gemacht?“ „Du hast mir das Leben gerettet, als Nick bewusstlos in einem Felsen lag. Du weißt schon, beim Kampf gegen Francesco?!“ Noch immer wirkte er verwirrt, aber dann schien er zu begreifen. „Ach so das. Kein Problem. War mir ein Vergnügen!“ Und damit verschwand er. Ich tat es ihm gleich und lief in mein Zimmer um mich auf morgen vorzubereiten. Kapitel 9: Wiedersehen ---------------------- Wir rasten mit Höchstgeschwindigkeit über die Autobahn. Erst gestern waren wir losgefahren, jetzt hatten wir schon Las Vegas hinter uns. Ein normaler Mensch, mit einem normalen Auto hätte mindestens drei Tage für diese Strecke gebraucht. Nick mit seinem Audi A4 hingegen nur einen. „Wieso genau haben wir das Auto genommen?“ „Wenn wir fliegend über die Grenze kommen würden, würden uns die Grenzwachen angreifen. Es wäre ihnen sogar egal, wer wir sind und warum wir überhaupt kamen. Mal davon abgesehen, das du noch nicht fliegen kannst. Außerdem … weißt du wie lange ich nicht mehr mit meinem Auto so eine lange Strecke gefahren bin?“ Ich verdrehte die Augen und ließ mich in meinem Sitz zurücksinken. Eigentlich war ich froh darüber, dass wir mit dem Auto fuhren. So hatte ich mehr Zeit zum nachdenken. Die einzige Frage die mich beschäftigte war: Wie sollte es weitergehen, wenn wir meinen Vater hinter uns hatten? Ich wusste, dass ich bei Nick bleiben wollte, aber wie sollte ich das meiner Mutter erklären? Sie würde bestimmt mit allen Mitteln dagegen protestieren, dass ich bei Nick blieb. Wie konnte ich ihr klarmachen, dass ich ohne Nick nicht weiterleben konnte – mal davon abgesehen, dass ich schon tot war und dass ich ihn zum Schutz aller Menschen, die mir über den weg liefen brauchte? Bevor ich zu einer Antwort kam, riss Nick mich aus meinen Gedanken. „Seid wir losgefahren sind, bist du so schweigsam. Was ist los?“ Ich seufzte und versuchte ihn zu ignorieren. Plötzlich trat er auf die Bremse und fuhr auf den Standstreifen. Ich schaute ihn an. Er sah schockiert aus. „Hast du etwa etwas gegen mein Auto?“ Ich konnte nicht anders, ich musste anfangen zu lachen. „Nein, habe ich nicht. Du kannst also weiterfahren.“ Er ließ mich nicht aus den Augen, gab aber dennoch Gas und nach kurzer Zeit hatten wir, die Geschwindigkeit wieder. „Was ist es dann?“ „Ich frage mich nur, wie es weitergeht.“ „Wir fahren nach Torreón und…“ „Das meine ich nicht. Ich meine, wie es mit uns weitergeht, wenn wir meinen Vater vernichtet haben. Meine Mutter wird bestimmt wollen, das ich wieder zu ihr ziehe.“ „Dann ziehe ich mit zu euch.“ Entsetzt starrte ich ihn an. „Natürlich nur wenn du willst.“ „Auf gar keinen Fall!“ „Warum nicht? Du brauchst einen Aufpasser. Wer weiß was du mit deiner Mutter machst, wenn ich nicht dabei bin.“ Böse funkelte ich ihn an. „Lassen wir das Thema erstmal fallen. Wann sind wir ungefähr in Torreón?“ „Wenn wir weiter so gut vorankommen, sind wir morgen Mittag da.“ „Okay.“ Die restliche Fahrt verlief leise. Gegen Abend hatten wir die Grenze von Mexiko hinter uns gelassen. Wir suchten uns ein Hotel in Cananea und verbrachten dort die Nacht. Früh’s gegen 08:00 Uhr brachen wir auf. Nun merkte ich wie Nick’s Anspannung Kilometer für Kilometer anstieg. So sicher war er sich der Sache also doch nicht. Als wir Santa Bábara hinter uns ließen, wuchs aber auch meine Nervosität. Ich musste mein altes Ich ablegen und grausam werden, sonst würde uns mein Vater beide töten. Das war aber mein kleinstes Problem. Mein größeres Problem war, meinem Vater nach neun Jahren wieder in die Augen zu schauen und seine Veränderungen wahrzunehmen. Nick hatte mich schon vorgewarnt, ich würde ihn bestimmt nicht wieder erkennen, er hatte sich immerhin in all den Jahren sehr zum Nachteil verändert. Und das machte mir sehr zu schaffen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Zu den Problemen kam auch noch Angst dazu. Angst davor, Nick doch noch zu verlieren. Als wir in Torreón ankamen und ich die schönen Häuser sah, wurde ich sprachlos. Ich hatte mir die Stadt viel kleiner und düsterer vorgestellt. Mehr so wie in Dracula-Filmen. Aber das war sie nicht. Torreón hatte große Häuser, vor den meisten standen oder hingen Blumentöpfe. Alles wirkte freundlich und einladend. Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, um sie mir genauer anzuschauen und nicht wegen meinem Vater hierher gekommen wäre, hätte sie mir bestimmt sehr gefallen. Jetzt gerade nicht. Nick parkte mitten in der Stadt, auf einen der öffentlichen Parkplätze. Mit einem flauen Gefühl im Magen stieg ich aus. „Weißt du wo er wohnt?“ „Ja klar. Er wohnt in der Burg, dort oben.“ Er deutete mit dem Finger auf einen kleinen Berg. Dort oben stand eine riesige, uralt Festung. Die Burg hatte mehr von einem Dracula-Film, als die kleine Stadt. „Wissen die Leute, dass dort jemand wohnt?“ „Du kannst sie ja mal fragen.“ Verwirrt wandte ich den Blick von der Burg zu Nick. „Wie jetzt?“ „Dort oben wohnt ein Graf. Na ja, eigentlich wohnte dort ein Graf, bevor dein Vater kam. Er hat ihn umgebracht und dann seinen Platz eingenommen.“ „Woher weißt du das alles?“ „Adam hat damals Spione hinter ihm hergeschickt, um sicher zugehen, dass er keinen Angriff auf irgendwelche Bezirke innerhalb der USA ausübt.“ Mir lief ein kleiner Schauer über den Rücken. Nick nahm meine Hand und zog mich hinter sich her, auf die Burg zu. auf dem Weg dahin, kamen wir am Marktplatz vorbei. Er war riesengroß. In der Mitte stand ein großer Brunnen, der in der inmitten eines kleinen Teiches stand, der in den Boden eingelassen worden war. Hinter dem Brunnen, ganz an die Häuser gedrückt, standen ein paar kleine Stände. Anscheinend war heute Markt. Am Marktplatz vorbei, kamen wir durch viele kleine Gässchen. Der Rand der Stadt war weniger einladend. Ein paar verfallene, alte Häuser standen dort. Es sah alles ziemlich verwüstet aus. Auch einige Bäume waren umgefallen. „Was ist denn hier passiert?“ „Alle Vampire gehen jagen.“ Entsetzt schaute ich ihn an. „Nicht dein Ernst, oder?“ „Ich denke das hier ist am Anfang passier, als er selbst noch nicht wusste, wie das Jagen funktioniert.“ Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie es damals war, als er kam. Langsam erstreckte sich vor uns ein Wald. Er war nicht groß, aber düster und er strahlte eine gefährliche Aura aus. Als wir auch durch ihn hindurch waren, tauchte vor uns der Schutzwall der Burg auf. Wir liefen am Wall entlang, bis wir von weitem ein Tor sahen. Dort standen zwei Vampire – wahrscheinlich Wachposten. Als sie uns auch sahen, gingen sie in Angriffsstellung und knurrten uns an. Zehn Meter vor ihnen blieben wir stehen. Sie warteten kurz – um sicherzugehen, dass wir auch wirklich nicht angreifen wollten – dann gaben sie ihre Stellung auf und der schwarzhaarige begann zu sprechen: „Es kommt nicht oft vor, dass Vampire in friedlicher Absicht kommen, also verzeiht unser unhöfliches Auftreten. Doch bevor ich euch durchlassen kann, muss ich eure Namen wissen.“ Er schaute mich bedeutungsvoll an. „Das ist Nicholson Warner, Anführer der Olympic-Halbinsel-Vampire und mein Name ist Rosalie Swann, ich…“ Der andere, blonde Vampir stieß einen überraschten Laut aus, schaute schnell zu seinem Begleiter – de kurz nickte – und verschwand. Noch bevor ich etwas sagen konnte, fuhr der Andere fort: „Wir haben lange auf euch gewartet – vor allem der Meister. Jim ist schon mal vorgegangen, um die frohe Botschaft zu verkünden. Ich werde euch hinaufbegleiten. Wenn ihr mir bitte folgen würdet.“ Er lief los und wir folgten ihm. Ich hatte die Entfernung zwischen Schutzwall ein bisschen falsch eingeschätzt. Wir brauchten länger als zehn Minuten, um die Ebene zu überqueren. Vor dem Burgtor mussten wir kurz warten, da unser Führer noch schnell zwei andere runter zum Tor schicken musste. Als er wieder zu uns stieß, entschuldigte er sich kurz für die Wartezeit und lief wieder weiter. Wir wanderten durch ewige, dunkle Gänge, vorbei an alten Ritterrüstungen und uralten verstaubten Gemälden. Das kam mir alles wie in einem Horrorfilm vor. Mich durchzog ein Schaudern, als ich daran dachte wie nett die Filme immer anfingen und wie schlecht sie – zumindest die meisten – endeten. Die Burg war tausendmal schlimmer als Nick’s Villa. Nach endlosen Minuten des Umherirrens, kamen wir an eine riesige Tür. Unser Führer blieb stehen – wir taten es ihm gleich – und klopfte. Von drinnen kam ein lautes »herein« und die Tür wurde fast augenblicklich geöffnet. Jetzt hatte mich die Panik wieder. So aufgeregt und verärgert zugleich war ich schon lange nicht mehr. Der Führer bedeutete uns rein zu gehen und verschwand daraufhin sofort hinter der nächsten Ecke. Nick drückte kurz meine Hand, um mir zu zeigen, das er genau wusste, wie ich mich fühlte, und ließ sie dann schnell wieder los. Jetzt wirkte alles noch verlorener. Dennoch – fast mechanisch – setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich sagte mir: »Was soll schon passieren? Mehr als uns töten, kann er eh nicht!« Und langsam kehrte meine Fassung zurück. Der Raum, den wir betraten, war riesig. Zu allen Seiten, die vor uns lagen, waren Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten. Auch große, schwere Vorhänge wurden von der Decke geworfen und in der Mitte, der Fenster zusammengebunden. Rechts und Links von der Tür standen, in einigem Abstand, vier große Stühle, die man eigentlich schon als Thron bezeichnen konnte. Mir direkt gegenüber hing ein gigantisches Bild. Darauf war – wie nicht anders zu erwarten – mein Vater zu sehen. Direkt vor dem Bild stand ein weiterer Thron – sein Thron und er saß darauf. Langsam schritt ich – gefolgt von Nick – durch den Raum. Fünfzig Meter vor ihm blieb ich stehen. Und es war genauso wie Nick gesagt hatte. Dad war zwar nicht gealtert, aber trotzdem hatte er sich verändert – sehr verändert. Sein Blick war strenger, seine Haare kürzer, sein ganzes Wesen anmutiger und gefährlicher als vorher. Aber was mir am meisten zu schaffen machte, war das seine Augen blutrot leuchteten, wie bei Francesco früher, nur viel mächtiger und Furcheinflößender. Und ich bekam wirklich Angst vor ihm, auch wenn er mein Vater war. Er musterte mich von oben bis unten und dann tat er etwas mit dem ich wirklich nicht gerechnet hätte. Er erhob sich, schritt langsam auf mich zu, blieb einen halben Meter vor mir stehen, um mich noch eindringlicher zu betrachten und dann schoss er auf mich zu und umarmte mich. Für einen Moment war ich geschockt und fröhlich zugleich. Dann dachte ich an Nick und seine Worte, was für ein Tyrann er doch sei – und hielt mir vor Augen, dass er mich wahrscheinlich nur einlullen wollte. Nach einer unendlich langen Sekunde, ließ er von mir ab und stellte sich zwei Meter von mir entfernt hin. „Es ist schön dich gesund und munter nach all den Jahren wieder zu sehen. Wie lange bist du denn schon ein Vampir?“ „Danke, es ist auch schön dich wieder zu sehen. Ich bin seid fünf, sechs Tagen ein Vampir, wieso fragst du?“ Er schüttelte kaum merklich den Kopf, dann fand sein Blick den weg zu Nick. „Und wen hast du mir da mitgebracht?“ Ich warf einen kurzen Blick auf Nick und antwortete dann, fast schon ein bisschen stolz: „Das ist Nick.“ Auch ihn musterte er, allerdings noch gründlicher als mich, soweit das überhaupt noch ging, bis ihm irgendetwas aufzufallen schien. „Nicholson Warner?“ Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Nicht weil Dad ihn scheinbar kannte, sondern wegen dem komischen, angriffslustigen Unterton in seiner Stimme. Ohne das ich aufschauen brauchte, antwortete Nick: „Ja, der bin ich. Schön Sie endlich kennen zu lernen.“ „Bist du der Nachfolger von diesem Adam?“ „Ja.“ Ein seltsamer Ausdruck legte sich in Dad’s Blick und auch Nick’s wurde feindseliger. Ich begriff mal wieder überhaupt nichts und starrte die Beiden abwechselnd nur dumm an. Dann schaltete mein Gehirn allerdings doch: Sie waren Todfeinde! Und ich hatte sie hier zusammengebracht! Ich wusste es war keine gute Idee gewesen, Nick mitzunehmen, aber er war ja mal wieder so stur. Michael schnippte und sofort erscheinen sechs Wachen. Verwirrt versuchte ich zu verstehen, was er damit bezwecken wollte. Immerhin stellte Nick nicht wirklich eine Gefahr dar, jedenfalls nicht so lange er sich unter Kontrolle halten konnte und das würde er müssen, sonst würde ich ihn ohne Umschweife wieder nach Hause schicken. Ich wandte meinen Blick von den Wachen ab und schaute schnell zu Nick. Ihn schien die jetzige Situation weniger zu verwirren als mich. Er funkelte Michael böse entgegen. Doch er grinste nur. „Ergreift ihn!“ Noch bevor ich meinen Kopf zu Nick drehen konnte, hatten die Wachen ihn umzingelt. Was mich wunderte, war das Nick sich keinen Millimeter rührte. Schnell schlug ich einen der Wachen nieder und warf mich schützend vor Nick. „Lass ihn! Er ist nicht hier um Ärger zu machen, er ist wegen mir hier!“ Michael ließ sich nicht beeindrucken. Einer der Wachen trat vor, um Nick wegzuzerren. Ich machte eine ruckartige Bewegung auf ihn zu und schleuderte ihn – etwas zu fest – gegen die Tür. Sofort kamen die Anderen auch hinzu. Ich nahm zwei am Kragen ihrer Hemden, schlug ihre Köpfe zusammen und warf sie auf den Thron zu. Nick war mir keine große Hilfe. Er stand einfach nur da und schaute meinen Vater an. Die Anderen erledigte ich und schmiss sie zu denen, die an der Tür lagen. Dann stellte ich mich wieder vor Nick und wartete darauf dass Michael etwas tat. Doch er starrte mich nur erstaunt an. Nach einer Weile begann er schließlich: „Wieso schützt du ihn?“ Ich funkelte ihn böse an. „Erstens: er hat mir geholfen, als ich zum Vampir geworden bin. Zweitens: wir haben zu viel zusammen durch gemacht, als das ich ihn hier von dir töten ließe. Und drittens: er ist mein Freund!“ Bei dem Wort »Freund« wurden seine Augen groß und kalt. „Warum hast du ihn mitgebracht?“ Noch bevor ich antworten konnte, kam Nick mir zuvor: „Ich wollte sie nicht allein gehen lassen, man weiß ja nie!“ Er lächelte meinen Vater böse an. „Ich würde ihr nie etwas antun!“ „Aber nur weil Sie, sie aus irgendeinem Grund brauchen.“ Jetzt wurde mein Vater richtig sauer. Seine Augen funkelten noch böser als vorher, sein Gesichtsausdruck strahlte puren Hass aus. Ich stellte mich schon mal auf das schlimmste ein. Nick sah nicht so aus, als würde er einen Kampf gegen ihn scheuen. Ich stieß ihn gegen die Rippen und versuchte ihn zu besänftigen, doch mein Vater kam mir zuvor: „Was glaubst du denn, habe ich mit ihr vor?“ „Das weiß ich nicht, deshalb bin ich mitgekommen!“ Nun musste ich mich einmischen. „Nick, benimm dich, sonst schicke ich dich nach Hause!“ Er setzte zu einem Gegenargument an, klappte jedoch seinen Mund wieder zu, als er meinen drängenden Blick sah. Auch mein Vater hatte sich wieder einigermaßen unter Kontrolle. „Du bist also mitgekommen um sie zu beschützen? Vor mir?“ Er brach in schallendes Gelächter aus. Nick – ich auch – fanden das allerdings überhaupt nicht witzig. „Was ist daran so komisch?“, fragte Nick mit zusammengebissenen Zähnen. „Ich wusste nicht, dass ihr Vampire aus Washington solche Weicheier seid.“ Ein Ausdruck legte sich in Nick’s Blick, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er sah Furcht einflößend aus. Und dann tat er etwas, was mich wirklich überraschte. Er ging mit einem Ruck in seine Angriffsstellung und schnellte auf Dad zu. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, denn wenn ich Nick rettete, würde Dad sehen, das Nick wahrscheinlich mein einziger Schwachpunkt war und das ich nicht mal ansatzweise so grausam war, wie er wohl eigentlich dachte. Und wenn ich Nick nicht zu Hilfe kam, würde er höchst wahrscheinlich sterben. Hin- und her gerissen lief ich langsam auf die Beiden zu. Als ich bei ihnen angekommen war, schlug ich Dad erstmal kräftig in den Bauch, wodurch er nach hinten geschleudert wurde. Dann ging ich zu Nick – der mich völlig verwirrt anstarrte – und scheuerte ihm eine mitten ins Gesicht. Entgeistert schauten mich die Beiden an. „Ich hasse es, wenn Leute aus völlig unwichtigen Streitereien heraus, gegeneinander kämpfen! Ihr benehmt euch wie dreijährige! Und so was wollen Anführer sein, das ich nicht lache!!“ Dad richtete sich wieder auf. Seine Wut war scheinbar wie verpufft. „Ich habe Nick nicht mitgenommen, um Streit anzufangen, sondern in erster Linie, weil ich ihn brauche. Und wenn du willst, das ich bei dir bleibe, dann musst du dich auch an ihn gewöhnen, denn dort wo ich bin, ist auch er, ob es dir nun gefällt oder nicht, ist mir egal!“ „Natürlich. Es tut mir Leid.“ Nick schnaufte verächtlich vor sich hin. Ich dachte schon, gleich würden sie wieder auf sich losgehen, aber Dad beachtete ihn nicht. Stattdessen hatte er unseren Führer hereinholen lassen. „Das ist Bill. Er wird euch auf euer Zimmer bringen. Wenn ihr soweit seit – euch ausgeruht habt – dann könnt ihr wieder herunterkommen und mit uns jagen gehen. Bis später.“ Ohne uns auch noch eines Blickes zu würdigen begab er sich wieder auf seinen Thron. Bill führte uns – wie vorhin auch – durch die endlosen Gänge, nur diesmal in einen anderen Teil, weil wir an vielen Türen vorbei kamen, die auf dem Hinweg noch nicht hier waren. Nach einem weiteren langen gang blieb er plötzlich stehen und deutete auf die Tür vor sich. „Danke Bill.“ Ich überlegte kurz, ob es unhöflich wäre ihn zu fragen, ob er unsere Sachen aus dem Auto holen könnte und sie nicht selber holen sollte, besann mich aber eines Besseren. „Äh… ich hätte da noch eine Frage. Wir haben unsere Sachen im Auto gelassen…“ „Ich werde sie unverzüglich holen.“ Nur widerwillig gab Nick ihm die Autoschlüssel. Als er sie hatte, verschwand er augenblicklich. Irgendwie war ich erleichtert. Immerhin hatten wir das Treffen heil überstanden – mehr oder weniger. Und jetzt war ich wieder mit Nick allein. Ich öffnete die Tür und trat in das Zimmer. Es war riesengroß. Ich war ja schon einiges gewohnt, aber das war selbst für Nick’s Verhältnisse überdimensioniert groß. An der einen Seite stand ein riesiges Bett – zwar nicht so schön, wie meins zu Hause, aber dafür doppelt so groß. Dem Bett gegenüber stand ein großer – ich schätzte aus Zedernholz – Schrank. Die Kranzleiste wies ein geschnitztes Muster auf. Die Mitte des Raumes umfasste ein uralter Kronleuchter. Er sah aus, als wäre er aus hunderten von Diamanten. Mir gegenüber stand ein Schreibtisch, er war aus Ticholz – das war das einzige Holz was ich unterscheiden zwischen dem anderen konnte. Über ihm hing ein altes Bild. Der Rahmen war vergoldet und eine Schnitzerei war eingelassen. Das Bild zeigte eine schöne, junge, dunkelhaarige Frau. Sie hatte grellgrüne Augen und einen stechenden Blick. Sie erinnerte mich ein bisschen an meine Mutter. Und dann entdeckte ich eine Tür. Ich öffnete sie und trat nach draußen. Ich stand auf einem kleinen Balkon. Von hier aus konnte man Torreón überblicken. Unter meinen Füßen erstreckte sich der Wald. Die Sonne stand tief hinter den Bergen. Einen so schönen Ausblick hatte ich hier nicht erwartet. Nick kam zu mir heraus und nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, war auch er überrascht hier so etwas zu sehen. Ich sah zum Wald herunter. Von hier oben sah er weniger düster aus und die Aura hatte sich auch leicht verändert. Und dann entdeckte ich etwas. Erst konnte ich nur Bewegungen wahrnehmen, dann konnte ich schwache Konturen sehen. „Sieh mal! Da ist Jemand!“ Ich deutete mit dem Finger auf das, was ich eben bemerkt hatte. Nick kam allerdings nicht lange dazu, es zu beobachten, da es sich auf die Burg zu bewegte. „Wer ist das?“ „Ich habe es noch weniger gesehen, als du. Ich habe keine Ahnung.“ Das Etwas war mittlerweile an der Burgwand angekommen. Erst war ich verwirrt, denn das Etwas blieb stehen, dann schoss es zu unserem Balkon hinauf. Ich starrte ihm entgegen und rührte mich nicht. Nick riss mich nach hinten. Dann war es auf unserem Geländer. Das »Etwas« war ein Mädchen mit kurzen, blonden Haaren und dunkelblauen Augen. Sie starrte uns an, als ob sie auf etwas warten würde. Nick brach die Spannung. „Was tust du hier?“ Erstaunt sah ich ihn an. Er kannte sie? „Ad hat mich geschickt. Die Lage checken.“ „Habe ich nicht gesagt, er soll erst ein paar Tage warten?“ „Ach, hast du? Ad hat dazu nichts gesagt, nu das ich schaun soll, was hier abgeht.“ „Sorry, das ich euch unterbreche, aber … wer bist du?“ „Ach ja. Du kennst mich ja nich. Ich bin Melanie Cooper. Kannst mich Mella nennen. Ich gehöre zu Ad’s Leuten.“ „Freut mich.“ Plötzlich klopfte es von drinnen. Erschrocken fuhren wir drei zusammen. Das musste Bill mit unserem Gepäck sein! Nick schaltete mal wieder schneller als ich. Er stieß Mella vom Geländer zog mich ins Zimmer, schloss die Balkontür und lief schnell zur Zimmertür um sie zu öffnen. Ich lag vollkommen richtig. Bill kam – mitsamt unseren Koffern ins Zimmer. Er stellte sie vor dem Schrank ab, legte den Autoschlüssel auf den Schreibtisch und verschwand wieder. Noch ehe er das Zimmer richtig verlassen hatte, stürzte ich auf den Balkon. Wozu hatte ich mir überhaupt Sorgen gemacht? Sie saß lässig auf dem Geländer und schaute mir entgegen. „Wer war’s?“ „Unser Gepäckbringer.“ „Aha.“ Auch Nick war wieder zu uns gekommen. „Geh wieder zurück und sag Ad, das hier soweit alles gut läuft und – wenn überhaupt – komm erst gegen Mitternacht wieder.“ „Weil?“ „Weil, sie dich tagsüber leichter sehen können und wir deshalb leichter auffliegen!?“ „Okay, okay. Wird gemacht.“ Ich konnte noch nicht mal tschüß sagen, so schnell war sie verschwunden. Irgendwie war ich erleichtert, dass sie wieder weg war. „Ihr kennt euch?“ Nick betrachtete mich misstrauisch. „Ja, wieso?“ „Nur so. Wie habt ihr euch denn kennen gelernt?“ Jetzt fing er an zu lachen. „Was ist an der Frage so lustig?“ „Du bist doch wohl nicht eifersüchtig, oder?“ „Nein! Es interessiert mich nur.“ „Schon klar…. Sie war damals Ad’s rechte Hand. Als er kam um mir die Regeln zu erklären, war sie dabei und hat mich aufgehalten Ad zu töten.“ „Oh.“ „Nicht das, was du erwartet hattest, oder?“ Ich schaute ihn finster an „Nein.“ „Was hast du später vor?“ Innerhalb weniger Sekunden schaffte er es mich zu verwirren. Jetzt war es wieder so. „Was meinst du?“ „Michael hat gesagt, wir sollen später runter kommen um zu jagen. Du warst noch nie jagen, deshalb frage ich mich was du tun wirst.“ „Das ist eine gute Frage. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ist jagen schwer?“ „Wenn man es nicht beherrscht, ja. Mit deiner Unwissenheit, könntest du die gesamte Stadt auslöschen, mit der Voraussetzung das du Blut riechst.“ „Danke! Bau mich nur weiter so auf!“ „Ich werde es dir beibringen und notfalls eingreifen, ja?“ „Ja. Findest du es richtig, dass ich es jetzt schon lerne? Sollte ich nicht noch ein bisschen warten?“ „Auf keinen Fall! Du bist seit fünf Tagen ein Vampir, wenn du weiterhin auf Essen verzichtest, stirbst du. Es wundert mich überhaupt, dass du noch nicht mal ansatzweise auf die Idee gekommen bist zu essen. Gerade ein Neugeborener hat tierisch Hunger… Nur du nicht. Spürst du nicht irgendwie ein Kratzen im Hals, oder so?“ „Nein! Ist das schlecht?“ „Ich habe keine Ahnung. Es ist nur ziemlich ungewöhnlich. In meiner Anfangsphase habe ich drei Menschen täglich gebraucht, aber du?“ „Ich hatte das erst mal Hunger …… Durst, als Mom ihre Kehle so nah an meine Nase gedrückt hat. Aber sonst nicht.“ „Das ist wirklich ungewöhnlich. Du solltest deinen Vater darauf ansprechen, vielleicht weiß er warum du so … unnatürlich bist.“ „Unnatürlich? Ein wirklich nettes Kompliment. Mach nur so weiter!“ „Klar, das sagen sie hinterher alle!“ Ich ging wieder rein und ließ mich erstmal aufs Bett fallen. Es war noch weicher als es aussah. Nick folgte mir, setzte sich allerdings auf den Schreibtischstuhl. „Meinst du die gehen runter in die Stadt, um zu jagen?“ „Ich habe keine Ahnung. Aber wo sollen sie sonst Menschen herbekommen?“ „Jetzt habe ich wirklich angst. Was wenn ich durchdrehe?“ „Ich hab dir doch gesagt, dass ich auf dich aufpassen werde.“ „Und was tust du wenn ich dich angreife?“ „Mich wehren?!“ Er sah meinen traurigen Blick und fuhr fort: „Ich habe schon stärkeren Vampiren gegenübergestanden und wie du siehst, lebe ich noch – mehr oder weniger.“ Das heiterte mich keineswegs auf. Ich sah schon alles deutlich vor mir: Wir rennen runter in die Stadt, einer beißt einen Menschen, ich rieche Blut und in meinem Rausch töte ich alles und jeden der sich mir in den Weg stellt – inklusive Nick. Und alles was von der schönen, kleinen Stadt übrig bleibt, sind die Trümmer, die ich hinterlassen habe. Wenn es nicht einen so guten Grund gäbe, hier zu bleiben, dann wäre ich spätestens jetzt abgehauen. Aber irgendwann musste ich ja lernen zu jagen, auch wenn ich es noch so widerwärtig fand. Um mich ein bisschen abzulenken, nahm ich unsere Taschen und verstaute unsere Klamotten in den Schrank. Ich hatte mal wieder mehr mitgenommen als eigentlich nötig gewesen wäre, aber das fiel mir immer erst hinterher auf. Das Auspacken dauerte lange nicht so lange, wie ich er gewollt hätte. Wir mussten nach unten gehen. Nur widerwillig ging ich hinter Nick her, der zielstrebig durch die Gänge lief. Sein Orientierungssinn war ausgezeichnet, wobei meiner bei 0 lag. Man könnte seinen ausgeprägten Orientierungssinn auch von seinem Zuhause herleiten, denn wer in so einer Villa groß geworden ist, muss sich ja gut auskennen. Ich wäre in so einem Haus verloren gewesen. Nach einer halben Ewigkeit, blieb er vor der riesigen Tür stehen. „Ich glaube es ist besser, wenn du vorgehst.“ Mürrisch schob ich mich an ihm vorbei. Ich öffnete die Tür und ging rein. Erst im Nachhinein fiel mir ein, dass ich vielleicht vorher hätte anklopfen sollen. Na ja, jetzt war es schon zu spät. Dad saß auf seinem Thron, die vier Throne – zu beiden Seiten der Tür – waren besetzt. Drei Männer, eine Frau. Die Männer waren schwarzhaarig, die Frau war blond. Alle vier starrten mich an. Ich hatte sofort ein komisches Gefühl im Magen. Ihre blutroten Augen strahlten Gefahr aus. Schnell wandte ich meinen Blick wieder Dad zu. ich wollte gerade etwas sagen, als er mir das Wort abschnitt. „Schön, dass du endlich gekommen bist. Ich möchte dir ein paar Leute vorstellen.“ An seiner Tonlage und seinem Ton selber, hörte man die ausgeprägte »Du«-Form, was hieß, das Nick mehr als unerwünscht war und das ärgerte mich tierisch. Nick ließ sich davon aber nicht beeindrucken und blieb weiterhin ungerührt an meiner Seite. Ich drehte mich um, um die Vampire genauer zu betrachten. Dad stand bereits neben einem. Sein Haar war schulterlang, er hatte es zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Auch er musterte mich. „Das ist Richard. Er ist sozusagen meine rechte Hand.“ Ich lächelte ihm zu und nickte kurz mit dem Kopf. „Der Nächste ist Frank. Er hat die Aufsicht über die Hälfte das Landes von Texas.“ Ich weiß nicht warum, aber vor ihm hatte ich Angst. Er hatte ratzte kurze haare, seine Augen standen ein bisschen weit auseinander. Er schaute mich geringfügig an, aber etwas Bedrohliches lag in seinem Blick. Dad überbrückte die kurze Distanz, zwischen Frank und der Tür und blieb direkt neben der Frau stehen. „Das ist Josephine. Sie behält die andere Hälfte von Texas im Auge. Und zuletzt“, er ging von ihr weg und stellte sich zu dem letzten Mann „ist da noch Kellan. Er überwacht Oklahoma.“ Kellan war der erste der mir zulächelte. Endlich mal jemand der mich einigermaßen mochte! Am Anfang hatte ich befürchtet, dass er der böseste von den Vieren war, weil er so finster geguckt hatte – so kann man sich täuschen. „Schön euch kennen zu lernen. Ich wollte auch gar nicht stören, also wenn ich ungelegen …“ „Nein, nein! Ich wollte sowieso gerade nach dir schicken lassen.“ Verwundert schaute ich ihn an. „Warum?“ „Ich habe vor mein weiter auszudehnen und da hatte ich auf ein bisschen Hilfe von dir gehofft.“ Nick ließ ein verächtliches Zischen hören. Ich brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen und konzentrierte mich wieder auf Dad. „Bist du sicher, dass ich euch da weiterhelfen kann? Immerhin habe ich bis jetzt ur Pläne zur Verteidigung aufgestellt und nicht zum Angriff.“ „Du glaubst nicht wie nah beieinander diese zwei Dinge liegen. Im Übrigen, zweifle ich nicht an deinem taktischen Denkvermögen, immerhin hast du die Schlacht gegen Francesco gewonnen.“ „Ich habe nicht gewonnen. Ich habe noch nicht mal mitgekämpft. Ich habe lediglich den Plan vorbereitet, Nick hat ihn ausgeführt und gewonnen. Ich habe damit nicht viel zu schaffen.“ Ein Raunen ging von den Vieren aus. Sie mussten erst jetzt bemerkt haben, wer noch vor ihnen stand. „Ja, ja. Aber immerhin war dein Plan erfolgreich …“ „Sie wären auch ohne mich und meinen Plan gut ausgekommen. Der Plan war nur Mittel zum Zweck.“ Ich spielte gerade meinen Plan herunter, obwohl ich so stolz auf ihn war. Aber ich hasste es, wenn Dad Nick so ausgrenzte und demütigte. Lieber war mein Plan schlecht, als Nick. „Nun gut. Meinst du, du kannst dir einen Plan überlegen wie wir Kansas einnehmen können?“ „Dazu brauche ich ein paar Fakten.“ „Und die wären?“ „Na ja, den Namen der Stadt, die wir angreifen, unseren Ausgangspunkt, Die Bodenbeschaffenheit – ob irgendwas in der Nähe ist, Flüsse oder Städte, - die Anzahl der Feinde, einen genauen Lageplan der Festung des Feindes, eine Landkarte, die Anzahl unserer Leute, die Anzahl deiner „Hauptmänner“ und die Zeit – wie lange ich Zeit zum planen habe.“ Während ich sprach, starrten mich alle (außer Nick) verdutzt an. Als niemand etwas sagte, seufzte ich und fing erneut an. „Sag mir den Namen der Stadt.“ Dad starrte mich weiterhin ungläubig an. Geduldig wartete ich, bis er dann endlich antwortete. „Dodge City.“ „Von wo aus greifen wir an?“ „Ich schätze von hier aus.“ „Schätz du?“ „Äh…ja.“ „Die Bodenbeschaffenheit?“ „Äh.. was meinst du damit?“ Ich stöhnte. „Wie hast du denn Oklahoma eingenommen, ohne etwas über die Beschaffenheit zu wissen?“ „Ähm… Durch Angriff.“ Er war wirklich dümmer als er aussah. „Gibt es Berge? Wenn ja, wie hoch sind sie?“ Jetzt mischte sich Kellan mit ein: „Es kommt darauf an, wo du die Grenze überschreiten willst. Wenn du direkt durch Oklahoma durchmarschierst ist es nur hügelig. Wenn du einen Umweg machen willst, ist es langsam bergig.“ „Und ist irgendwo etwas in der näheren Umgebung?“ Wieder antwortete Kellan: „Kurz vor Dodge City ist ein Fluss – der Arkansas – er ist an manchen Stellen ziemlich tief. Menschen benutzen die einzige Brücke die kurz vor dem Eingang der Stadt ist.“ „Wie viel Gegner haben wir?“ Diesmal antwortete Dad: „Es sind gut 1000.“ „Wie viele sind wir?“ „Ungefähr 3500, mit dir und deinem Freund 3502.“ Die Betonung auf »Freund« war mehr als unüberhörbar und das störte mich tierisch. Was war denn so schlimm an ihm? Er hatte bis jetzt immerhin noch nichts gemacht! „Wie viel Zeit habe ich?“ „So viel wie du brauchst.“ „Gut. Damit kann ich was anfangen. Sonst noch was?“ „Nein… Ähm doch. Ihr müsst doch sicher hungrig sein. Esst doch mit uns.“ Genau das wollte ich vermeiden, aber was sollte ich auch anderes tun? Ich guckte noch mal schnell zu Nick – der mir zunickte – und antwortete, wenn auch widerwillig: „Klar.“ Entweder Dad sah mir meine Verunsicherung an oder er tat es grundsätzlich, denn ein ganz komisches Lächeln huschte über sein Gesicht. Mich packte sofort Panik. Warum musste ich ausgerechnet jetzt jagen gehen? Dad, die drei anderen und Nick gingen vor, ich trottete geistesabwesend hinterher. Auf dem Weg nach draußen nahm ich kaum etwas wahr, so sehr konzentrierte ich mich auf das Bevorstehende. Erst als mir die kühle Nachtluft entgegenströmte bemerkte ich, dass wir bereits draußen waren. Die Nacht war tiefschwarz, nur hier und da blinkten ein paar Sterne. Der Mond war von düsteren, schwarzen Wolken verhangen. Eine kühle Brise wehte von Westen her auf uns zu. Bei uns Zuhause – in Olympia – hatte es bestimmt schon gescheit. Wir waren vor der Tür stehen geblieben. Das überraschte mich. Langsam ging ich zu Nick herüber. Auch er hatte einen verwunderten Ausdruck im Gesicht. „Wo gehen wir denn jagen?“ Eigentlich dachte ich, ich wüsste wohin wir gehen würden, aber ich wollte trotzdem nachfragen. Zu meiner Überraschung sagte Dad aber was anderes: „Wir gehen nach Aguascalientes. Das ist gut 400km von hier entfernt.“ „Warum jagen wir nicht hier in der Nähe?“ „Du bist doch sonst immer so schlau. Denk nach.“ Ich dachte kurz nach, doch bevor ich zu Ende denken konnte antwortete er: „Es sind zu wenig Menschen in der Stadt. Es würde auffallen, wenn wir ständig jagen würden.“ Gut. Diese Antwort hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Ich dachte eher daran, dass die Menschen dort besser schmecken würden oder so was ähnliches, aber nicht das er sich um seine Sicherheit sorgen würde. So kann man sich täuschen. Nach weiterem kurzem Warten brachen wir auf. Wir liefen – irgendwoher wusste Dad, das ich noch nicht in der Lage war zu fliegen – Richtung Süden. Die kühle Nachtluft wehte mir um die Nase. Es roch nach Regen. Die Wolken, die düster am Himmel umherzogen bestätigten meine Vermutungen: es könnte jeden Moment anfangen zu regnen. Ich hatte für einen kurzen Moment gedacht oder eher gehofft, dass wir vielleicht umdrehen würden, damit wir nicht nass wurden oder so, aber Dad und die anderen ließen sich dadurch nicht beeinflussen und blieben weiter auf ihrem Kurs Richtung Stadt. Je länger wir flogen, desto größer wurde meine Angst vor der Jagd. Ich wusste zwar, das ich mich voll und ganz auf Nick verlassen konnte, aber ich hatte am meisten davor Angst ihn zu verletzten, wenn ich wirklich durchdrehen würde. Vampir-Sein war doch nicht so toll wie ich anfangs dachte. Es half aber alles nichts. Jetzt war es zu spät sich Gedanken darüber zu machen, wie es wäre immer noch ein Mensch zu sein, denn vor uns tauchte langsam aber sicher eine große Stadt auf. Und ich wusste, dass es gleich losgehen würde. Als wir die Stadt erreicht hatten, merkte ich zum zweiten Mal was Nick damit gemeint hatte, mit dem »Kratzen im Hals«. Es war ein unglaublich dummes Gefühl, wie wenn man Halsschmerzen hatte und kein Mittel, um etwas dagegen zu tun – nur dass ich wusste was ich dagegen tun musste. Wir waren neben dem ersten Haus stehen geblieben – ich wusste zwar nicht warum, aber wir standen. Ich schaute zu Dad, um zu fragen auf was wir warteten, aber mir blieb die Frage im Hals stecken, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. Furcht einflößend – das war gar kein Ausdruck – und ziemlich hungrig. Schnell wandte ich meinen Blick zu Nick, um Dad nicht mehr anschauen zu müssen. Fragend sah ich ihn an, denn er schien zu wissen warum wir hier warteten. Aber er sagte nichts und bedeutete mir einfach abzuwarten. Sie hatten es mal wieder geschafft – ich war total genervt und verwirrt. Ich hasste Warten und vor allem, wenn ich nicht wusste warum ich warten sollte. Nach einer halben Ewigkeit schließlich, begriff ich worauf wir warteten. Auf einen ahnungslosen Menschen, der trotz des schlechten Wetters hier vorbeikam. Und ich begann wieder zu hoffen. Denn wenn kein Mensch kommen würde, würden wir bestimmt wieder zurück fliegen. Meine Illusionen wurden aber jäh zerstört, als drei Menschen – eine Frau, zwei Männer – um die Ecke bogen und auf uns zuliefen – na ja, eigentlich wollten sie ja an uns vorbei. Als ich den Duft von dem frischen, sich annähernden Blut wahrnahm, setzte mein Verstand aus und ich musste mich mit aller Kraft zurückhalten. Nick schien das zu bemerken, denn er nahm meine Hand und hielt sie fest. Nach weiteren Jahrhunderten von warten – die Menschen waren fast vorbei – schnellte plötzlich Dad zu dem einen Mann und biss ihn. Und dann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich raste an den anderen vorbei und stürzte mich auf die Frau. Als ich zum ersten Mal Blut schmeckte, war ich wie im Rausch und trank ohne an irgendetwas anderes zu denken. Doch als die Frau blutleer war und leblos vor mir lag, wurde mir bewusst, wie grausam es war ein Vampir zu sein. Menschen zu töten um selbst zu überleben. Vor einiger Zeit hatte ich noch gedacht, dass es nicht so schlimm sein würde, aus dem Überlebenstrieb zu morden, solang es nicht aus Lust war. Aber zu morden, um selbst zu überleben war weit aus grausamer, als aus einem Reflex oder Rache heraus. Denn ich konnte so gut wie nicht sterben und müsste mein ganzes Dasein damit verbringen Menschen zu töten, um selbst nicht zu sterben. Ich würde immer –mein restliches Leben lang – Schuldgefühle mit mir herumtragen und auch da wurde mir bewusst, wie recht Nick mit allem hatte: Vampir-Sein war schrecklich. Du warst in einem Labyrinth gefangen. Ewig dazu verdammt Menschen zu töten. Und es gab keinen Ausweg. Es war eine nie endende Sackgasse, aus der du nicht mehr rauskommen konntest. Ich schaute zu der Frau, die ich eben getötet hatte und empfand, das erste Mal in meinem Leben Hass auf mich selbst. Langsam wandte ich mich von der Frau ab und schaute zu Nick. Auch vor ihm lag ein Mann, nur das er sich wahrscheinlich nicht so schlecht fühlte, wie ich mich jetzt. Als Dad und die anderen fertig waren, machten wir uns auf den Weg nach Hause – natürlich erst, nachdem wir die Leichen vergraben hatten. Der Regen war immer stärker geworden und als wir endlich »Zuhause« ankamen war er zu einem richtigen Monsun geworden. Nick und ich begaben uns sofort auf unser Zimmer. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so sehr zusammenreißen kannst.“ Ich wusste, es sollte mich aufbauen, aber seine Worte bewirkten in mir das Gegenteil. Ich wurde noch deprimierter. „Ich fand es grausam, die Frau zu töten nur weil ich Hunger hatte. Ich musste mich nicht zusammenreißen. Ich fand das alles widerlich und war froh, als wir endlich gegangen sind.“ Nick starrte mich erstaunt an, dann wurde sein Blick weich. „Du gewöhnst dich daran, glaub mir. Für mich war es genauso, aber mit der Zeit ändert sich deine Einstellung zu machen Dingen.“ „Zu machen Dingen vielleicht, aber dazu sicher nicht.“ Bevor er noch etwas entgegnen konnte, ging ich ins Bad – das unserem Zimmer gegenüber lag – um zu duschen. Als ich fertig war, kehrte ich zurück und ging ins Bett. Nick tat es mir gleich und nach ein paar Minuten lagen wir in unserem Bett und starrten an die Decke. „Wird man immer nach dem ersten Mal jagen – oder besser gesagt essen, von Schuldgefühlen aufgefressen?“ „Eigentlich nicht. Gerade beim ersten Mal wird man von seinen Instinkten geleitet und ignoriert die Umstände. Aber du bist ja von Grund auf anders gestrickt.“ „Soll das jetzt eine Beleidigung sein?“ „Nein! Ich will nur damit sagen, dass du sowieso anders, als alle Vampire auf dieser Welt bist und das du wahrscheinlich mehr menschliches in dir trägst, als jeder andere und gerade deshalb so sensibel bist, was das Töten angeht.“ „Das soll mich jetzt aufbauen, oder?“ Er seufzte und schaute mich verständnisvoll an. „Du wirst dich daran gewöhnen.“ „Ich will mich nicht daran gewöhnen. Ich will keine Menschen töten!“ „Da wirst du aber nicht dran vorbei kommen.“ „Na schön, anderes Thema: Meinst du Kellan und die anderen stehen hinter meinem Vater oder würden sie uns helfen?“ „Das ist schwer zu sagen. Dazu müsste ich sie besser kennen lernen und ich glaube, dass weiß dein Vater zu verhindern.“ Er zischte verächtlich. „Darf ich mal was sagen? Ich finde, dass mein Vater so auf dem ersten Blick mehr ein Trottel als ein Tyrann ist.“ „Glaub mir, der gibt sich nur so. Du weißt nicht wie er noch werden kann. Wir sollten vorsichtig sein.“ „Okay. Wann glaubst du, schickt Ad das nächste Mal Melanie?“ „Ich befürchte schon sehr bald. Du kennst Ad doch.“ „Ich wusste zwar dass er ungeduldig ist, aber dass er so ungeduldig ist, hätte ich nicht gedacht.“ Irgendwann tief in der Nacht, entschlossen wir dann endlich das Licht auszumachen. Ich dachte dass es mir ohne Licht besser gehen würde, aber das tat es nicht. Immer wieder kehrte das Bild der toten Frau vor mir auf. Ich wälzte mich die meiste Zeit nur hin und her, um das Bild zu verscheuchen. Plötzlich hörte ich ein dumpfes Geräusch und schaltete das Licht an. Ich sah mich um und bemerkte dass ich auf Nick’s Seite »gewälzt« war. Von ihm selbst fehlte jede Spur. Langsam beugte ich mich über die Bettkante, um zu sehen ob ich mit meiner Vermutung richtig lag. Und zu meinem Bedauern lag ich richtig. Ich hatte ihn aus dem Bett geworfen. Er schaute mich finster und mit verschränkten Armen an. „Entschuldigung.“ „Das Bett ist rund drei mal so groß, wie das bei mir Zuhause und du bringst es nicht fertig auf deiner Seite zu bleiben?!“ „Ich konnte nicht einschlafen…“ „Das habe ich bemerkt!“ Ich musste mir mein Lachen verkneifen. Es sah wirklich urkomisch aus, wie er da so auf dem Boden lag. Nach einer Weile wurde es ihm dann aber da unten zu blöd. „Wenn ich jetzt wieder hoch komme, meinst du, du bringst es fertig mich schlafen zu lassen oder soll ich lieber gleich unten bleiben?!“ „Jetzt tu doch nicht so, als ob ich das mit Absicht getan hätte!“ Ich rutschte wieder auf meine Seite zurück und auch Nick legte sich wieder hin. Mit diesem kleinen Zwischenfall hatte Nick mich befreit. Das Bild der Frau war verschwunden und ich konnte endlich einschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)