Esralon - Die Kindheit der Königskinder von xXKikiXx (Weihnachtsgeschenk an meine fleißigen Mitplayer^^) ================================================================================ Prolog: -------- Der Mond stand hoch am Himmel und warf sein strahlendes, weißes Licht auf Esralon, die Welt der Elfenvölker. Jedoch war es ein strahlendes Augenpaar welches gerade in diesem Moment, als der Mond seinen höchsten Standpunkt am Nachthimmel eingenommen hatte, zu ihm aufsah und sich wünschte das die Zeit anhalten würde, dass nichts mehr weitergehen würde, dass alles so blieb wie es gerade war. Tränen standen in den Augen der Elfendame die so flehend zum Mond hochsah, welcher aber ihren Wunsch nicht erfüllen konnte. Auch wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte auf der ganzen Welt. Sie stand am Rande der Klippen, an die der Palast der Mondelfen gebaut worden war, und sah nun auf das Meer hinaus, dessen Wellen sich an den Klippen brachen und atmete den Duft der See ein. Ihr blaues Kleid wehte zusammen mit ihrem langen silbrig-weißen Haar im Wind. „Ein Schritt“, dachte sie und sah hinunter in die Tiefen, wo scharfe Felsen aus dem Wasser emporragten. „Ein einziger Schritt, und es wäre zu Ende.“ Ihre Augen, die, die Farbe eines Amethysts hatten, kehrten wieder zurück zum Mond, der unverändert am Himmel stand. Sie schloss die Augen und atmete tief durch, dann drehte sie sich weg von den Klippen, und ging langsam zurück in den Palast ihres Volkes, wo sie ihr Leben weiterleben würde, wie es ihre Familie bestimmt hatte. Kaum das sie, durch einen unterirdischen Gang, wieder im Palast war, und sich nun in den unterirdischen Gärten befand, welche dem Meer sehr nahe waren, packte jemand ihren Arm und zog sie an sich. „Wo bist du nur gewesen? Ich habe den ganzen Palast nach dir angesucht“, flüsterte ihr eine aufgebrachte und besorgte Stimme ins Ohr, die sie sehr gut kannte, und deren Klang ihr Herz noch schwerer werden ließ. „Spazieren“, war deshalb die einzige Antwort die sie geben konnte, ohne dass ihre Stimme verriet wie nah sie den Tränen bereits war. „Das glaube ich dir nicht Chandari. Du warst an den Klippen oder nicht? Du wolltest es tun ohne mich?“ Sie schloss die Augen und lächelte müde. „Wenn ich es hätte wirklich tun wollen, dann wäre ich nun nicht mehr hier oder?“ Die Hände die sie hielten drehten sie nun herum so dass sie ihm gegenüberstand. „Sieh´ mich an“, befahl er ihr, aber sie ließ die Augen geschlossen. „Sieh´ mich bitte an Chandari“, wiederholte er bittend und sie schlug die Augen auf, so das er ihre Tränen sehen konnte, und sie daraufhin in den Arm nahm, sie an sich drückte und an ihr linkes Ohr wisperte: „Heirate ihn nicht! Dann musst du dir über solche Dinge nicht den Kopf zerbrechen.“ Die Elfenfrau legte ihre Arme auf den Rücken des Mannes der sie hielt und schmiegte ihre Wange an die seine. „Als hätte ich eine andere Wahl.“ „Die hast du! Du hast mich“, erwiderte er und hielt sie nun etwas von sich um ihr in die Augen sehen zu können. „Werde meine Frau! Heirate mich und nicht ihn! Ich liebe dich, und du liebst mich auch oder etwa nicht?“ Chandaris Augen waren in diesem Moment so erfüllt von der Liebe die sie für diesen Mann empfand, doch sie hob ihre rechte Hand und legte sie an seine Wange, wo sie mit dem Daumen über seine Lippen streichelte. „Ja! Ich liebe dich. Aber wir wissen beide dass unsere Liebe nur unter dem Mantel der Verschwiegenheit existieren kann Tendaí. Du bist der Thronerbe der Mondelfen und ich bin nur…“ „Die Liebe meines Lebens“, unterbrach er sie und legte seine Hand auf die ihre, zog sie an seine Lippen und küsste jeden einzelnen der schlanken blassen Finger. „Und du die meine aber…ich bin auch eine zu nahe Verwandte deiner Familie. Außerdem“, sie senkte den Blick. „hast du mich nie darum gebeten.“ „Ich tue es jetzt“, verteidigte er sich hilflos und umschloss ihre Hand mit den seinen doch sie entzog sie ihm. „Jetzt ist es zu spät“, flüsterte sie, und wich einen Schritt zurück. „König Endriel hat um meine Hand gebeten und ich habe Ja gesagt. Er hat somit mein Wort und das meiner Familie. Dein eigener Vater sieht es als Bündnis zwischen den Völkern der Mond und der Waldelfen. Es ist zu spät Tendaí.“ Der Prinz der Mondelfen sah sie an. Sah ihr langes Haar das über ihre Schultern fiel, ihre zierliche Gestalt, das wunderschöne Gesicht, welches durch die einzigartigen Augen vollkommen gemacht wurde. Natürlich hatte ihr Gast, der König der Waldelfen, ihre Schönheit bemerkt als er im Mondelfenpalast ankam und Chandari beim Festessen zu seinen Ehren bewundert, bei dem sie und ihre Familie –alles enge Vertraute des eigenen Königshauses- anwesend waren. Auch hatte er hatte nicht gezögert der lieblichen Mondelfe den Hof zu machen und schließlich, wenige Tage später, um ihre Hand anzuhalten. Er selbst hatte nur dastehen können und zusehen, während König Endriel den Wunsch äußerte die einzige Frau im Palast ehelichen zu wollen, die ihm selbst -dem Prinzen der Mondelfen- etwas bedeutete. Die er mehr liebte als alles andere auf der Welt. Zwar hatte seine Liebste nicht sofort zugestimmt, hatte sich eher höflich bedankt und gemeint sie müsse darüber nachdenken, und sich anschließend entschuldigt um den Saal zu verlassen. Was ihrem scheuen Wesen und ihrer guten Erziehung gutgeschrieben wurde. Doch Tendaí wusste sie suchte einen Ausweg. Immerhin liebte sie doch ihn und nicht den Waldelfenkönig. Dass sie nun jedoch erklärte dass sie den Antrag angenommen hatte, brach ihm das Herz. Auch wenn er wusste das sie von ihrer Familie dazu gezwungen wurde. Immerhin, ein König war eine gute Partie. Was könnte es besseres geben als eine Tochter die Königin eines fremden Landes wurde? „Tu es nicht“, bat er sie nun und ging einen Schritt auf sie zu und sah in ihre tränennassen Augen. „Ich gehe mit dir gemeinsam in den Tod. Lass uns zu den Klippen gehen. Eher sterbe ich als das ich dich an ihn verlieren werde. Lass uns gemeinsam gehen.“ Doch sie schüttelte nur den Kopf, so das der Silberschmuck in ihrem Haar und an ihren Ohren klimperte, dann machte sie zwei Schritte auf ihn zu und wurde von seinen starken Armen aufgefangen. „Das kann ich nicht“, hauchte sie unter Tränen, die nun über ihre Wangen liefen. „Ich kann unserem Volk doch nicht ihren König nehmen.“ „Mein Vater ist der König, und er wird ewig leben. Wie wir alle“, sagte Tendaí stur und hielt sie an sich gedrückt. „Das weißt du nicht“, flüsterte sie. „Ich will nicht dass du stirbst. Ich will das du lebst mein Liebster, und das du einen anderen Weg finden wirst zu lieben.“ „Niemals!“ Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und sah ihn eindringlich und flehend an. „Versuch es! Versprich mir dass du es wenigstens versuchen wirst mein Liebster. Ich werde dich ewig lieben, bis in den Tod und darüber hinaus, und dann, wenn wir wirklich sterben sollten, dann werden wir wieder zusammen sein.“ Sie zog ihn an sich heran und versiegelte seine Lippen mit den ihren, schmeckte seine Tränen, die sich mit ihren vermischten und wusste, dass dies das letzte Mal war, das sie ihm so nahe sein konnte. „Der Mond wird mich immer an dich erinnern“, flüsterte sie gegen seine Lippen als sie den Kuss schließlich löste. „Er wird immer bei mir sein, und durch seinen Anblick, werde ich dich sehen.“ Sie lächelte ihn an und küsste ihn ein letztes Mal. „Ich liebe dich Tendaí, und das wird sich niemals ändern.“ Kapitel 1: Der Thronfolger -------------------------- Inzwischen waren Jahre vergangen und aus Chandari Niley Eseherás, Tochter einer adeligen Mondelfenfamilie, war Königin Chandari Niley von Belandaire geworden. Ehefrau von König Endriel von Belandaire, und Königin der Waldelfen. Knapp 30 Jahre lebte sie nun hier in dem großen Königreich das ein einziger, gewaltiger Wald zu sein schien. Anfangs war das befremdlich und ungewohnt, doch inzwischen hatte sie sich an diese Umgebung gewöhnt. Zumal sie nie viel von ihrem Königreich zu sehen bekam. Ihre Heimat war der Waldelfenpalast. Ein gewaltiger Baum mit einer Rinde die einem Mauerwerk glich, und so hoch das er einen Schatten warf der weiter reichte als Elfenaugen. Das Volk der Waldelfen war anders als ihr eigenes Volk. Nicht nur ihr Äußeres unterschied sie von ihrem Gemahl und dessen Untertanen. Es war auch deren Lebenseinstellung die so anders war als die der Mondelfen. Doch sie lernte, beobachtete und fing an zu verstehen. Der König machte es ihr auch einfach sich wohlzufühlen in dem fremden Land, in dem fremden Palast. Endriel liebte sie. Zumindest behauptete der durchaus attraktive König dies ständig, und er legte ihr seine Welt zu Füssen, und dies dankte es ihm mit Treue und Respekt, ihm gegenüber. Doch sie genoss auch die Zeit in der sie alleine war. So wie jetzt gerade. Wo sie auf dem hölzernen, kunstvoll geschnitzten Balkon stand und den Mond betrachtete der soeben aufgegangen war. Chandari hatte ihr Leben inzwischen den Sonnen Esralons angepasst, von denen es drei gab. Eine große und zwei kleinere. Aber es gab nur einen riesigen Mond, der doppelt so groß war wie die größte der Sonnen. Sie strich sich eine Haarsträhne zurück, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte und genoss das Mondlicht auf ihrer Haut. Sie war und würde immer eine Mondelfe bleiben, und als solche brauchte sie den Mond wie die Luft zum Atmen. Er regenerierte ihre Magie, hielt ihren Körper gesund. Zwar sollte sie dafür wohl länger des Nachts umherwandeln, aber sie begnügte sich mit ein paar wenigen Stunden. Meist war dass die Zeit, in der sie darauf wartete dass ihr Gemahl zu Bett kam. In dieser Zeit betrachtete sie den Mond der sich diesmal nicht hinter Wolken verbarg und dachte an Tendaí. Wie sie es ihm versprochen hatte, dachte sie immer an ihn wenn sie den Mond ansah. Dann sah sie sein silbernes Haar, seine schlanke Gestalt, und sie hörte seine sanfte Stimme. Gerade als sie ihn deutlich vor sich sehen konnte, vor ihrem geistigen Auge, spürte sie einen dumpfen Schmerz in sich und legte beruhigend ihre Hände auf den deutlich gewölbten Bauch der sich unter ihrem Kleid abzeichnete. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein sanftes Lächeln aus als sie spürte wie das Kind in ihr erneut trat, aber diesmal sanfter, als wüsste es das ihre Gedanken nun wieder bei ihm waren. „Man könnte meinen du bist eifersüchtig“, flüsterte sie und streichelte über ihren Bauch. „Damit musst du leben mein Schatz. Meine Gedanken werden immer bei ihm sein, aber das heißt nicht das sie nicht auch bei dir sein werden.“ Das Kind trat nicht mehr, und die schwangere Königin summte ein altes Lied aus ihrer Heimat, während sie den Mond betrachtete. Dabei merkte sie gar nicht wie der König hinter ihr auf den Balkon trat. Erst als er von hinten seine Arme um den Leib seiner Gemahlin legte, schreckte diese kurz zusammen um sich dann aber sanft an ihn zu lehnen. Sie fürchtete ihn nicht. Sie mochte ihn sogar. Nur konnte sie ihn nicht lieben, den ihr Herz gehörte einem anderen, doch verbarg sie dies gut vor ihm. „Singt ihr unseren Sohn in den Schlaf?“, fragte Endriel sanft und küsste ihren bloßen Nacken. Dann legte er seine Hände über ihren Bauch und wartete. „Es könnte auch eine Tochter sein mein König“, flüsterte Chandari leise und fühlte wie das Kind erneut gegen ihren Bauch trat. Es fühlte immer die Gegenwart seines Vaters. Es schien sogar darauf zu warten dass dieser des Nachts zu ihm sprach. „Nein, es wird ein Sohn. Ein starker Thronfolger. Mit eurer Schönheit, und meinem Kampfgeist und Stärke gesegnet.“ Endriel war sich dessen schon lange sicher. „Ganz wie ihr meint mein König“, antwortete sie darauf und sah erneut zum Mond hoch. Der ihr weiterhin Kraft schenkte. Doch der König sollte Recht behalten. Wenige Wochen später schenkte die Königin ihm den ersehnten Thronerben. Einen starken, kräftigen Jungen, welcher den Namen „Emraen“ erhielt, was so viel bedeutete wie „der Folgende“. Trotz ihrer erzwungenen Heirat war dieser Moment, ein Moment des Glücks für die Königin, welche ihren Sohn schließlich in den Armen halten durfte, und auch ihr Gemahl weinte vor Stolz und Glück als er zum ersten Mal seinen Sohn in den Arm nehmen durfte, welcher kurz darauf dem wartenden Volk vor dem Palast präsentiert wurde. Als Endriel ihr den gemeinsamen Sohn zurückbrachte, küsste er ihre Stirn und versicherte ihr erneut das sie –für ihn- die wundervollste Frau und Königin war, und das er den Göttern ein Opfer des Dankes bringen würde, weil sie –durch deren Zutun- seine Königin wurde. Chandari lächelte matt und erschöpft und streichelte den kleinen Kopf ihres Sohnes. Dieses kleine Wunder entschädigte sie für Jahre der Einsamkeit innerhalb des großen, belebten Palastes. Anfangs war auch ihre Welt noch in Ordnung. Sie sah zu wie ihr Sohn wuchs, wie er lachte, spielte und in Palastgarten versuchte Eidechsen hinterher zu krabbeln. Manchmal gesellte sich auch der König selbst zu ihnen, ließ seinen geliebten Thronerben durch die Luft sausen indem er ihn hochwarf und wieder auffing, wobei der kleine Prinz strahlte und lachte als würde es nichts Schöneres auf der Welt geben, und seine Mutter nur besorgt, aber glücklich dieses Spiel beobachtete. Fast vier Jahre lang durfte der junge Kronprinz Kind sein. Dann geschah etwas das ein herber Schlag für die Waldelfen war. Die Schattenelfen griffen die äußersten Provinzen des Waldelfenkönigreiches an. Es gab schon seit Urzeiten immer wieder Krieg zwischen den Schattenelfen und den Waldelfen, welche neben dem Volk der Dämonen, im Süden Esralons, dass zahlreichste war. Den Grund kannte keiner mehr. Es hieß die Schattenelfen griffen alle Völker an die nicht stark genug waren sich zu wehren, und die Waldelfen wehrten sich. Ebenso die Dämonen. Die anderen Völker, wie Mond - Licht- und Auelfen, waren bisher von den Schattenelfen verschont geblieben, und hielten sich aus diesen immer wieder auftretenden Kriegen heraus. Nun aber hatten die Schattenelfen einen Schritt zu weit getan und hatten sich den Zorn des Waldelfenkönigs aufgeladen, welcher nicht lange fackelte und ihnen den Krieg erklärte. Die Schlachten waren grausam, und forderten viele Tote auf beiden Seiten. Der König verlor viele verbündete, darunter einige seiner besten Berater und Freunde. Dies war wohl auch der Grund weshalb er etwas verbittert wurde, und dann eine Entscheidung traf, die er für richtig hielt, die aber seiner Frau das Herz brach. Endriel entschied das es an der Zeit war seinen Sohn ausbilden zu lassen. Der Krieg gegen die Schattenelfen war noch nicht ausgestanden, und Emraen sollte einmal ein würdiger Nachfolger und stolzer Krieger werden. Er durfte nicht verhätschelt und verweichlicht werden. An seinem vierten Geburtstag wurde sein Zimmer verlegt. War es früher direkt neben dem Gemach des Königspaares gewesen, so lag es nun weit davon entfernt, wo sich eine Amme und Gadrel, der Schwert und Kampfkunstmeister des Palastes um seine Erziehung kümmern sollten. Der kleine Prinz verstand diese Änderung natürlich nicht. Er war noch zu klein, und seiner Mutter wurde bloß gestattet ihn nur ein einziges Mal am Tag zu sehen, um ihn wenigstens spüren zu lassen das sie ihn dennoch liebte. Doch die Ausbildung war streng und auch grausam. Chandari litt unheimlich darunter ihren Sohn des Nachts weinen zu hören wenn sie durch die Gänge des Palastes schlich, und jede Nacht in der sie dies hörte, weinte sie sich selbst in den Schlaf. Ihr Gemahl versuchte sie zu beruhigen indem er ihr die kostbarsten Kleider und Juwelen schenkte, doch alles was sie wollte war, ihren Sohn nicht länger leiden zu sehen. „Er muss so ausgebildet werden. Ich selbst wurde so erzogen. Die paar Jahre Unterschied werden ihn sogar nur noch stärker werden lassen. Das müsst ihr verstehen“, sagte er eines Tages wieder zu ihr, nachdem sie ihn erneut darum angefleht hatte mehr Zeit mit ihrem Sohn verbringen zu dürfen. „Aber ich verspreche euch meine Liebste, alle weiteren Kinder die uns die Götter schenken, dürfen bei euch bleiben. Emraen aber ist der Thronerbe. Ich kann es nicht gestatten dass er schwach wird. Schwäche gegen die Schattenelfen wird sonst der Untergang unseres Volkes sein.“ Die Königin verstand es nicht. Für sie war es eine eitle Wahnvorstellung das Liebe gleichgestellt wurde mit Schwäche. Aber sie nahm Endriel beim Wort. Sie sagte nichts mehr. Sie protestierte nicht mehr. Sie besuchte Emraen weiterhin jeden Tag, sprach ihm Mut zu und tröstete ihn. Mehr Macht besaß sie nicht. Mehr konnte sie nicht für ihn tun, und darüber zerbrach sie beinahe. 59 Jahre ertrug sie schweigend dieses Schicksal. Sah zu wie ihr geliebter Sohn wuchs und stärker wurde, und härter. Diese Erziehung formte nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist. Emraen wurde ein großgewachsener, stattlicher Mann. Das goldene Haar welches er besaß, umschmeichelte ein schönes Gesicht. Gesegnet mit der Schönheit und Anmut der Mondelfen, und tatsächlich besaß er die Stärke und das Geschick seines Vaters. Doch er wurde verschlossen, sprach kaum mit jemanden außer mit seinen Ausbildern und seinen Dienern. Ihm wurden Gefühle verwehrt. Man brachte ihm bei Schmerz zu ertragen, um ihn so zu einem stärkeren, besseren Krieger zu machen. Diese Erziehung war wahrlich grausam, aber sie diente dem Zweck einen starken Thronerben zu erschaffen, sollte es das Schicksal schlecht mit den Waldelfen meinen, und sie irgendwann ihren König verlieren. Auch die Gespräche mit seiner Mutter wurden immer seltener je älter er wurde. Er fühlte sich von ihr verraten und im Stich gelassen, und auch wenn sie ihm versicherte dass dies nicht beabsichtigt war, so konnte sie diese Vorwürfe nicht zurückweisen, denn plagte sie diese Schuld doch selbst seit so vielen Jahren. Jedoch schenkten ihr die Götter ein klein wenig Hoffnung. Sie wurde wieder schwanger, und somit musste der König sein Wort ihr Gegenüber halten. Dieses Kind durfte ihr nicht so genommen werden wie ihr erstes, um welches sie schon trauerte obwohl es noch am Leben war. Emraen hingegen hatte noch nicht alles von seinem Willen verloren. Er war jetzt beinahe 64 Jahre alt. Nach den Maßstäben der Elfen -die nicht an Altersschwäche starben, und die nur durch Gewalt und Krankheit sterben konnten- war er noch ein halbes Kind. Das Ritual der Reife wurde erst mit 89 Jahren vollzogen, und bis dorthin, blieb jeder junge Elf, ein Jüngling, auch wenn an Emraen beinahe nichts mehr war, welches an ein Kind erinnerte. Er wirkte kalt, hart, überheblich und manchmal auch grausam. Aber wie hätte er anders sein können, so wie er aufgewachsen war? Welche andere Wahl hatte er gehabt? Er mochte zwar in einem Palast aufgewachsen sein, doch kaum das er laufen und sprechen gelernt hatte, war er nur noch gedrillt worden „der perfekte Kronprinz“ zu sein. Was bedeutet hatte, dass er noch vor Sonnenaufgang geweckt wurde und zum Reittraining geschickt wurde. Auch das kämpfen wurde ihm von klein auf gelehrt. Er musste nackt im freien stehen und ertragen wie man eiskaltes Quellwasser über ihn goss um ihn schmerzunempfindlich zu machen. Auch Schläge musste er lernen lautlos hinzunehmen. Je älter er wurde, desto mehr sah er Spott in den Besuchen seiner Mutter, die kam um ihn zu trösten, um ihm zu sagen dass sie ihn liebte und das er stak sein musste. Wozu kam sie denn überhaupt? Um ihn zu quälen? Als er noch kleiner war, da hatte er in ihren Armen geweint und war meist auch darin eingeschlafen. Doch immer wenn er aufwachte, war er allein. Allein und verlassen in seinem leeren Zimmer. Mit dreizehn Jahren beschloss er für sich selbst den Schmerz nicht mehr zuzulassen. Dazu gehörte auch der Schmerz den seine Mutter bei ihm auslöste. Er bat sie nicht mehr jeden Tag zu kommen. Er wollte sie nicht mehr jeden Tag sehen und wieder verletzt werden. Er musste stark sein. Sein Vater wollte dich einen starken Sohn und kein Muttersöhnchen. Also blieb er mit Absicht allein. Versteifte sich auf seine Ausbildung. Seine Kampftechnik, seine Bücher. Alles was ihn von seinem seelischen Kummer ablenkte war willkommen. Er brauchte seine Mutter nicht. Zumindest dachte er so. Aber in den einsamen Nächten, da wünschte er sich, sei wäre bei ihm, sei würde sein Haar streicheln und ihm vorsingen. Doch dies blieb sein Geheimnis, und er schloss es tief in seinem Herzen ein, um das er anfing eine Mauer zu bauen, die niemand würde zerbrechen können, wenn er es nicht wollte. Die Jahre zogen an ihm vorbei und er wurde größer, stärker, schneller, aber mit der Zeit kam auch der Starrsinn, wie bei jedem jungen Mann und er begann den Zweck seiner Ausbildung zu hinterfragen, zu kritisieren. Es ging sogar so weit das er den König selbst angriff, verbal natürlich nur, und ihn zur Rede stellte, welchen Zweck dieser Krieg gegen die Schattenelfen denn habe, wenn sie sich wieder in ihr eigenes Land zurückgezogen hatten und dort blieben? Seit Jahren hatte kein Schattenelf es mehr gewagt die Grenzen zu überschreiten, oder gar sie anzugreifen. Es war nicht mal ein verirrter Schattenelf irgendwo gesehen worden. „Warum also Krieg Vater?“, fuhr Emraen den König an, als sie alleine waren. „Warum Krieg gegen ein Volk das bereits besiegt ist? Welchen Zweck erfüllt ein solcher Krieg dann noch?“ „Rache!“, antwortete der König mit wütenden Blick und packte seinen Sohn am Kragen seines Hemdes. „Rache für all die, die ihr Leben lassen mussten als diese Bestien in unser Land eingefallen sind. Damit ihre Seelen in Frieden ruhen können.“ Emraen riss sich los. „Und was ist mit jenen die noch sterben müssen? Was ist mit den Kriegern die in der nächsten Schlacht sterben werden in die ihr sie schickt? Mit ihren Familien? Unsere Grenzen halten. Warum dem Feind nachfolgen in sein Land?“ König Endriel wand sich mit wütendem Blick ab. „Wenn du das hinterfragen musst, dann hast du nichts gelernt in all den Jahren. Gar nichts! Und damit bist du wertlos!“ Emraen zuckte zusammen, denn diese Worte waren genauso gut wie ein Schlag ins Gesicht. Vielleicht sogar stärker. „Willst du denn wertlos sein Emraen?“, fragte er nun und sein Sohn starrte ihn an. Mit Wut in den Augen die den Schmerz verdeckte, den er nicht preisgeben wollte. „Du bist mein Sohn Emraen! Mein Nachfolger. Du solltest mein ganzer Stolz sein. Bedenke ob du wirklich wertlos für mich sein willst, oder ob du deine Bestimmung erfüllst. Es liegt bei dir.“ Der junge Prinz fühlte sich elend. So viele Gedanken huschten durch seinen Kopf. Worte die er nicht mal seinem schlimmsten Feind hätte sagen wollen, drängten nun danach dem König entgegengeschleudert zu werden. Doch bevor dies nun geschehen konnte, betrat eine aufgeregte Dienerin das Zimmer und ging vor dem König und seinem Sohn auf die Knie. „Verzeiht mein Eindringen Majestät“, keuchte sie, völlig außer Atem. „Die Königin…es ist soweit. Das Kind…es kommt!“ Emraen sah die kniende Frau nicht an. Er wusste dass seine Mutter ein Kind erwartete. Wozu? Um es genauso leiden zu lassen wie ihn? Musste dieses Leid noch jemand ertragen? War es das was sie wollte? Der König jedoch war plötzlich wie ausgewechselt. Er rief seinem Sohn nur ein „Wir sprechen uns noch“ zu, und entschwand dann mit der vorrauseilenden Dienerin. Der junge Prinz blieb zurück. Wie immer. Es war die Neugierde die ihn schließlich in die Nähe der Gemächer der Königin führte, deren Schreie man auch auf den Fluren hören konnte. Es klang grauenvoll. Als würde man ein Tier krepieren lassen. Umhereilende Dienerinnen meinten ihn beruhigen zu müssen, und erklärten ihm dass dies normal sein. Das war normal? Es klang durchaus nicht so. Aber dennoch blieb der Kronprinz in der Nähe der Türen, hinter denen seine Eltern waren. Der König allerdings noch durch einen Vorhang von seiner Gemahlin getrennt. Dennoch war er bei ihr. Irgendwie zumindest. Nur Emraen ließ man –wie er es ohnehin gewohnt war- wieder allein. Aber er kannte es auch nicht mehr anders. Dann waren die Schreie nicht mehr zu hören, aber kurz darauf andere Laute. Das Geschrei eines Kindes. Die Frauen um ihn herum lächelten wissend und meinten er könne nun hineingehen. Zwar wollte er das nicht aber, nachdem man ihn schon beinahe hineinschob, ergab er sich den Weibern und betrat das Zimmer, welches abgedunkelt war, und zur Hälfte durch einen Vorhang getrennt. Dieser aber war einen Spalt weit offen. Also schlich er sich heran und spähte hindurch. Er sah seinen Vater der neben dem Bett stand und seiner Königin die Stirn streichelte. Seine Mutter sah erschöpft aus, aber sie lächelte, und dann sah er die Hebamme, die ein, in ein Tuch gewickeltes Neugeborenes, in die Arme der Königin legte und dabei sagte: „Eine wunderschöne und gesunde Tochter Hoheit. Mit euren Augen.“ Emraen konnte dies zwar nicht sehen von seinem Platz aus, aber er sah das Lächeln seiner Eltern. Die Liebe in den Augen seiner Mutter. Den Stolz in denen seines Vaters, dessen harte Worte ihm wieder einfielen. »Willst du denn wertlos sein Emraen?« Nein! DAS WOLLTE ER NICHT! Er wollte das sein Vater ihn genauso stolz ansah wie dieses kleine Lebewesen das noch keinen Tag alt war, aber bereits mehr zu haben schien was seine Eltern stolz machte als er. Er zog sich zurück, verließ das Zimmer schweigend und kehrte zum Übungsplatz zurück, welcher für ihn mehr Heimat war, als jedes andere Zimmer in diesem Palast. Er musste besser werden, stärker, schneller. Nur so konnte er den König davon überzeigen dass er nicht wertlos war. Kapitel 2: Die zukünftige Braut ------------------------------- Chandari sah ihre neugeborene Tochter an als diese zum ersten Mal ihre Augen öffnete. In der Tat! Das kleine Mädchen hatte ihre Augen, mit der Farbe des Amethysten. Vorsichtig streichelte sie den kleinen, zarten Kopf und sah zu ihrem Gemahl auf, der kurz zuvor durch den Vorhang getreten war, um nach ihr und dem Neugeborenen zu sehen. „Eine Tochter“, sagte er und seine Frau nickte. „Es tut mir leid dass es nicht wieder ein Sohn wurde mein König.“ Aber Endriel schüttelte nur den Kopf und küsste ihre Stirn, worauf sie etwas überrascht zu ihm hochsah. „Ihr habt mir doch schon einen Erben geschenkt meine Königin. Es spielt keine Rolle welches Geschlecht unsere weiteren Kinder haben werden, solange sie gesund sind, und ihr dies auch seid. Die Götter meinen es gut mit uns. Das sollten wir feiern.“ Sie war froh das zu hören, denn immerhin war er somit nicht wütend das es ein Mädchen wurde. Sie hatte schon oft von Männern gehört die nur Söhne wünschten, aber ihre Töchter nicht so lieben konnten wie die männlichen Nachfahren. Ihr eigener Vater war so ein Mann gewesen, weshalb er auch nicht lange gezögert hatte um sie dem Waldelfenkönig zur Frau zu geben. Eine bessere Partie war wohl kaum so schnell zu finden gewesen. Endriel jedoch schien auch seine Tochter lieben zu können. Er nahm sie nun auf den Arm, sah sie genau an, ließ die kleinen Hände seine Finger umschließen. Sie hatte Glück gehabt. Glück im Unglück, wie man wohl sagte, aber sie hätte es durchaus schlechter treffen können. „Welchen Namen wollt ihr eurer Tochter geben meine Liebste?“, fragte er nun, und riss die erschöpfte Frau somit etwas aus ihren Gedanken. „Dies ist eure Aufgabe“, erinnerte sie ihn vorsichtig, doch er schüttelte abermals den Kopf und reichte ihr das kleine Mädchen wieder zurück, so dass sie es an ihrer Brust betten konnte. „Ich gab euch mein Wort das euch die Entscheidungen der Ausbildung und des Lebens unserer weiteren Kinder obliegt. Also, welchen Namen wollt ihr eurer Tochter geben? Er sollte jedoch mit „E“ anfangen. Ihr kennt ja den Grund.“ Das tat sie wirklich. Die Kinder mussten Namen tragen die so begannen wie der ihres Vaters. Dies war eine alte Tradition der Waldelfenherrscher, und schon seit Jahrtausenden Sitte hier. Chandari dachte also nach und sah dabei ihre kleine, perfekte Tochter an, die ihren ersten Durst stillte. „Eflusa“, flüsterte sie schließlich und sah zu ihrem König hoch. „Eflusa Ashaty Jassirá. Die ersten beiden Namen bedeuten Weisheit und Treue. Der dritte Name, ist der meiner Großmutter gewesen, und bedeutet so viel wie >die im Mondlicht tanzende<.“ Der Waldelfenkönig nickte und küsste erneut die Stirn seiner Gemahlin. „Wunderschöne und perfekte Namen, für eine perfekte Tochter. Ich bin sehr stolz auf euch Chandari. Mit jedem Jahr das wir gemeinsam verbringen dürfen, wächst meine Liebe zu euch mehr und mehr.“ Die erschöpfte Mutter senkte dankend den Blick. „Auch ich danke den Göttern für alles Gute in unserem Leben.“ Sie konnte ihm nicht sagen dass sie ihn liebte, denn das wäre gelogen. Sie respektierte ihn, und schätzte ihn. Doch Liebe…Liebe fühlte sie nur für einen einzigen Mann, und für ihre Kinder, auch wenn dies nicht miteinander zu vergleichen war. Ein paar Tage vergingen. Die Königin musste sich von den Strapazen der Geburt etwas erholen und genoss die Zeit die ihr allein mit ihrer kleinen Tochter geschenkt wurde. Dann, als sie wieder aufstehen durfte und dem Palast und dem Volk die neue Prinzessin gezeigt werden sollte, machte sie sich –mit ihrem Töchterchen auf dem Arm- auf die Suche nach Emraen. Sie hatte in die ganzen Tage über nicht ein einziges Mal gesehen. Ihre Dienerinnen erzählten ihr, er würde fleißig trainieren und lernen, so wie es sich gehörte. Doch machte eben dies die Königin stutzig. Hatte sie doch sehr wohl den Unmut und Widerwillen gegen die ihm aufgezwungene Art zu leben spüren können, wenn sie ihm gegenüberstand. Dass er plötzlich seine Meinung so radikal verändert hatte, beunruhigte die besorgte Mutter. Finden konnte sie ihn schließlich auf den unteren Etagen des Palastes, wo er –in voller Rüstung- wieder einmal auf dem Weg zum Übungsplatz war. Der Diener der ihn begleitete sah die Königin zuerst und verbeugte sich tief vor ihr. Ihr Sohn sah sie beinahe abwartend an und neigte leicht das Haupt. „Seit gegrüßt Mutter. Wie ich sehe habt ihr euch wieder erholt?“ Die Gleichgültigkeit in seinen Worten war so deutlich, dass es Chandari körperlichen Schmerz bereitete, sie zu hören. „Was kann ich für euch tun?“ Sie versuchte durch die Mauer um sein Herz herum, seine Seele sehen zu können, doch es gelang ihr nicht. Er hatte sich vor ihr verschlossen wie eine Auster die ihre Perle schützte. „Ich wollte dich sehen. Ich mache mir Sorgen um dich“, antwortete sie wahrheitsgerecht. „Nun denn, hier bin ich. Ihr seht mich. Wünscht ihr sonst noch etwas von mir?“ Bei den Göttern…Wie hatte sie es so weit kommen lassen können? Wie hatte sie zulassen können das er so kalt wurde, so…fremd und einsam? „Ich dachte mir, du würdest vielleicht gerne deine Schwester sehen“, fuhr sie bemüht gefasst fort und drückte dabei das kleine Mädchen an sich, das in ihren Armen lag und leicht verschlafen die Welt um sich herum bewunderte. Der Kronprinz trat zwei Schritte näher und sah sich die kleine Elfe an, dann seine Mutter. „Sie hat eure Augen, und bestimmt einmal auch eure Schönheit und Anmut. Ich gratuliere euch zu diesem Glück und wünsche euch und der kleinen Prinzessin alles Gute für die Zukunft.“ „Du bist Teil dieser Zukunft Emraen. Du bist Teil dieser Familie“, flüsterte Chandari eindringlich, doch da wurden die Augen ihres Sohnes wieder abweisend und er trat einen Schritt zurück. „Wie ihr meint Mutter. Nun entschuldigt mich bitte. Ich habe zu tun.“ Er verbeugte sich und schritt dann –gefolgt von seinem Diener- von dannen. Seiner Mutter blieb nichts anderes übrig als ihm hinterherzusehen, und schließlich zu gehen. Diesen Kampf schien sie verloren zu haben. Einige weitere Tage vergingen, und dann noch ein paar, und schließlich war der Tag der Taufe der kleinen Prinzessin gekommen. Ein Fest zu dem Verbündete des Landes geladen waren um dem Herrscherpaar zu gratulieren, und auch der neugeborenen Prinzessin Respekt zu zollen. Die Vorbereitungen dazu waren seit Eflusas Geburt im Gange und viele Gäste waren bereits angereist um der morgigen Fest beizuwohnen. Nur einer fehlte noch. König Azuolas. Er war auch zu der Taufe ihres ersten Sohnes gekommen. Schließlich war er der mächtigste Verbündete des Waldelfenreiches. Chandari hatte sich gefreut ihn wiederzusehen. Doch er war alleine gekommen. Nicht wirklich alleine, denn ein Hofstaat begleitete ihn immer aber, er war ohne seinen Sohn gekommen. Er hatte Tendaí entschuldigt. Dieser hätte leider sehr wichtige Dinge zu tun gehabt. Was genau hatte die Königin nicht interessiert. Er war nicht gekommen, aber inzwischen war sie froh darüber. Ihn zu sehen würde bedeuten alte Erinnerungen und somit Wunden aufzureißen. Das konnte sie sich nicht gestatten. „Seit ihr fertig meine Liebe?“ Endriels Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie war gerade dabei gewesen ihre Kleidung noch ein letztes Mal zu überprüfen, denn die Kutsche des Mondelfenkönigs war bereits von Spähern gesichtet worden. Sie musste sich beeilen um fertig zu werden. Noch ein letzter Blick in den Spiegel, dann schritt sie zu ihrem Gemahl und König, um an seiner Seite den anderen Herrscher zu begrüßen. Azuolas traf bei Nacht ein. Der Mond stand am Himmel und warf sein Licht auf den riesigen Baumpalast, an dessen Wurzeln ein ganzes Komitee die Ankunft des Mondelfenherrschers erwartete. Chandari und Endriel schritten gerade aus dem prunkvollen Eingang des Palastes, als die silberne Kutsche in Sichtweite kam. Chandari wirkte bei Tageslicht, wie alle Mondelfen, eher blass und gebrechlich. Ihre Haut war sehr hell, ihr Haar ebenfalls. Dennoch war sie schön. Aber bei Mondlicht, welches die Magie und die Lebensenergie dieser Rasse nährte, war sie strahlender und schöner als alles andere was dieses Land zu sehen bekam. Sie leuchtete neben ihrem König, welcher als Nichtmondelf, beinahe in der Dunkelheit verschwand. So wartete sie, strahlend und anmutig, auf den König ihrer alten Heimat, um ihn zu begrüßen. Die Kutsche –gezogen von sechs silbernen Schimmeln- hielt an den Stufen des Palastes, so dass sich die Tür über dem roten Teppich öffnen würde, der den hohen Gast zu seinen Gastgebern führte. Diener stiegen von der Kutsche und öffneten die Tür der selbigen. Chandari freute sich Mondelfen zu sehen. Somit war sie nicht so allein mit ihrem strahlenden Glanz, der ihnen allen angeboren war. König Azuolas stieg aus der Kutsche und jeder niedere Elf verneigte sich tief, beugte das Haupt. Er hatte sich nicht verändert, wie Chandari feststellen konnte. Über all die Jahre nicht. Doch dann lenkte eine weitere Bewegung im inneren der Kutsche, ihre Aufmerksamkeit auf sich. Da war noch jemand mit ihm gereist, und bevor sie sich darauf hätte vorbereiten können, was sie gleich sehen würde, stieg ein weiterer Mondelf aus der königlichen Kutsche, dessen strahlende Augen sofort zu dem Waldelfenherrscherpaar hochsahen, und welche die Königin sich unweigerlich anspannen ließ. Tendaí war gekommen! Sie sah ihn vielleicht ein, zwei Wimpernschläge an. Dann war es die Stimme Endriels die sie aufhorchen ließ, welcher leise zu ihr sprach. „Ich wusste gar nicht dass uns Prinz Tendaí auch mit seinem Besuch erfreut. Aber es ist eine große Ehre auch ihn hier bei uns begrüßen zu dürfen. Wo er doch bei dem letzten beiden freudigen Ereignissen nicht anwesend sein konnte.“ Diese letzten beiden Ereignisse waren ihre Hochzeit, und die Geburt und Feierlichkeiten des ersten gemeinsamen Sohnes gewesen. Doch nun war er hier! Er war hier und kam in diesem Moment, einen Schritt hinter seinem Vater, die Treppen des Palastes herauf. „Auch ich hätte nicht gedacht dass er kommt“, flüsterte sie und bemerkte das leichte zittern ihrer Stimme. Sie musste sich zusammennehmen. Also atmete sie tief durch und schloss sich der nun folgenden Begrüßung an, welche dem Mondelfenkönig und seinem Sohn gebührte. „Ihr seid noch schöner geworden in den letzten Jahren königliche Hoheit. Die Ehe und das Muttersein scheinen euch wohl zu bekommen“, sagte König Azuolas zu ihr, nachdem die höfliche Begrüßung hinter sie gebracht war, worauf sie ihren Blick senkte und einen leichten Knicks andeutete, bevor sie antwortete: „Ich bin glücklich. Das habt ihr richtig erkannt Majestät. Seit willkommen in unserem Palast.“ Auch Tendaí wurde nach den Höflichkeitsformen begrüßt. Chandari wagte es jedoch nie ihn direkt anzusehen. Ihm in die Augen zu sehen. Es war schon spät in der Nacht. Ihre Gäste mussten müde sein, und so wurden ihnen ihre Zimmer gezeigt. Die beiden Könige jedoch beschlossen sich noch etwas zu unterhalten. Chandari nutzte diese Gelegenheit um sich ebenfalls zu entschuldigen, und in ihre Gemächer zu fliehen, bevor sie diese Qual noch länger ertragen musste. Normalerweise teilte sie mit ihrem König ein Bett. Doch so knapp nach der Geburt des Kindes rieten die Heiler des Hofes davon ab sich um eheliche Pflichten zu bemühen, weshalb die Königin auch noch Privat Gemächer besaß –nicht weit entfernt von denen des Königs- wo sie sich zurückziehen konnte, und wo auch ihr Kind untergebracht war, das schon schlafen sollte, aber welches sie weinen hörte als sie dort ankam. Das Kindermädchen welches bei Eflusa blieb wenn ihre Mutter anderweiter verhindert war, was diese jedoch in Grenzen hielt, konnte die kleine Prinzessin nicht beruhigen. Erst als die Königin ihre Tochter auf den Arm nahm, hörte sie auf zu weinen. „Es tut mir leid Hoheit. Ich konnte sie nicht zum schlafen bringen. Egal was ich versucht habe“, entschuldigte sich die junge Elfe, aber Chandari nahm es ihr nicht übel und entließ sie für diese Nacht. Nun war sie ja selbst hier und als die Dienerin die Gemächer verlassen hatte, trat die Königin mit ihrem Kind auf den Balkon hinaus ins Mondlicht, welches sowohl auf die kleine Prinzessin, als auch auf ihre Mutter eine beruhigende Wirkung hatte, welche leise ein Lied zu singen begann, das ihr selbst oft vorgesungen wurde. Dabei wiegte sie ihre Tochter sanft in ihren Armen. Jedoch blieb ihr beinah das Herz stehen, als sich eine verhüllte Gestalt mit einer fließenden Bewegung zu ihr auf den Balkon schwang und ihr mit einer Hand den Mund verschloss damit sie nicht schrie. „Keine Angst! Ich bin es“, flüsterte ihr eine bekannte Stimme zu. Wenn du schreist verrätst du mich.“ Sie stieß ihn von sich und entfloh ins Innere des Zimmers. Er folgte ihr und nahm seinen dunklen Umhang ab, den er getragen hatte um seine strahlende Gestalt zu verbergen, die wohl bemerkt worden wäre, wenn sie ungetarnt an der Fassade des Palastes emporkletterte. „Was tust du hier?“, fuhr sie ihn aufgebracht an, senkte aber die Stimme dabei. „Was denkst du dir dabei Tendaí?“ „Ich bin hier um die Taufe deiner Tochter zu feiern. Ich wurde eingeladen“, konterte er mit einem Lächeln und kam wieder auf sie zu, aber Chandari streckte ihre freie Hand nach ihm aus, um ihn auf Abstand zu halten. „Das meinte ich nicht. Ich meinte, was tust du hier? In meinen Gemächern? Hast du den Verstand verloren?“ „Wie sollte ich dich sonst sprechen damit du mich ansiehst, was du übrigens auch jetzt nicht tust Niley? Wolltest du mich nur in diesem höfischen Ton sprechen? Nach all den Jahren die wir uns nicht gesehen haben?“ Er klang aufgebracht, wollte wieder näher kommen, doch sie wies ihn mit einer Geste an, stehen zu bleiben. „Nenn mich nicht mehr so?“, flüsterte sie. „Wie? Bei deinem Namen?“ Ihr Blick wurde ernst und sie sah ihn endlich an. Sah in die Augen die sie so vermisst hatte und versuchte weiterhin wütend auf ihn zu sein. „Ein Name den du benutzt hast als dies alles nicht zwischen uns stand Tendaí. Ich bin jetzt nicht mehr das junge Mädchen von damals. Ich bin verheiratet, bin Königin und Mutter.“ Eflusa gab ein amüsiertes quietschen von sich. Scheinbar schien ihr diese Aufregung zu gefallen. „Das sehe ich, und das weiß ich“, antwortete der Prinz der Mondelfen und kam einen Schritt näher, so dass ihre –zur Warnung- ausgestreckte Hand seine Brust berührte. Direkt über seinem Herzen. „Du weißt gar nichts“, wisperte sie und wollte die Hand wegziehen, aber es schien als würde sie an ihm festkleben. Als würde sie von seiner Wärme zehren, die eine Kälte in ihr vertrieb die sie seit Jahren plagte. „Ich weiß dass du mich vermisst hast. So wie ich dich Niley.“ Er sah auf die kleine Prinzessin hinunter und lächelte. „Das ist sie wohl nicht wahr? Darf ich sie halten?“ Bevor sie eine Antwort geben konnte, griff Tendaí vorsichtig unter den kleinen Körper und nahm ihn an sich. Er sah das kleine Mädchen an, welches ihn skeptisch zu prüfen schien und dann mit der kleinen Hand seine Nase packte da er sie zu dicht an sich gehalten hatte, und sie ihn erreichen konnte. Chandari konnte nicht anders als kurz zu lachen, musste sich dann aber abwenden. Sie ließ sonst zu viele Gefühle zu, die sie sich nicht erlauben konnte. Warum bist du wirklich hergekommen Tendaí?“, fragte sie nun und starrte ins Leere, darauf konzentriert zu hören was er sagen würde. Dabei konnte sie immer noch die Wärme seines Körpers an ihrer Hand spüren, welche sie an ihre Brust, und damit an ihr schnell schlagendes Herz drückte. Sie ist bildhübsch. Eine Schönheit der Zukunft. Das hat sie wohl von dir.“ Er schien ihr gar nicht zuzuhören. „Warum Tendaí?“, flüsterte sie erneut. „Und sie hat deine Augen. Wenn sie auch von Wesen her dir ähnelt, dann wird der Mann der sie einmal heiratet ein sehr glücklicher sein.“ Er wollte wohl nicht antworten. Sie drehte sich wieder zu ihm um, und sah ihn verärgert an. „Macht es dir Spaß mich hinzuhalten?“, fragte sie wütend. „Durchaus nicht. Ich sage nur was ich sehe. Du hast eine wundervolle Tochter geboren. Trotz des Mannes der ihr Vater ist“, gab er schließlich zur Antwort und legte die Kleine in die Wiege die nahe dem Fenster stand um das Mondlicht hereinzulassen. „Sprich nicht von Dingen die du nicht verstehst. König Endriel ist ein guter Mann.“ Die strahlenden Augen des Mondelfen blitzten auf. „Ach ja? Bist du glücklich mit ihm?“ „Er ist ein guter Mann. Ein guter König“, sagte sie mit fester Stimme, die jedoch nicht halb so fest war, wie sie es haben wollte. „Das habe ich dich nicht gefragt Chandari. Bist du glücklich mit ihm? Liebst du ihn?“, bohrte der Prinz nach. „Ich liebe meine Kinder. Er ist ein guter Vater, ein guter König.“ Ihre Stimme wurde leiser. „Liebst du ihn?“ „Ich respektiere ihn!“ „Liebst du ihn?“ Die Königin schlang die Hände um ihren Körper als wäre ihr kalt, dabei war es eine laue Nacht. „Nein“, hauchte sie schließlich. „Ich habe immer nur einen geliebt. Ich habe versprochen diesen einen immer zu lieben, und dieses Versprechen werde ich halten.“ Mit zwei großen Schritten war er bei ihr. Nahm sie in den Arm und die Königin der Waldelfen sank gegen seinen Körper. Wie sehr hatte er ihr gefehlt? Wie viele Nächte hatte sie stumme Tränen vergossen wegen ihm? Jetzt war er hier, aber er durfte nicht hier sein. „Ich vermisse dich Niley“, flüsterte er nah an ihr Ohr, so dass sie dabei seine Lippen spüren konnte. „Ich habe versucht mein Versprechen zu halten. Ich wollte versuchen –dir zuliebe- glücklich zu sein. Aber ich kann nur mit dir Glück finden.“ Sie schüttelte leicht den Kopf, konnte aber nicht sprechen. Ihre Liebe und ihr schlechtes Gewissen schnürten ihr die Kehle zu. Sie fühlte seinen warmen Körper unter dem seidenen Stoff, atmete seinen Geruch ein, der sie an Lavendelfelder erinnerte, und an das Meer. „Ich musste dich sehen, mit dir sprechen. Wenn ich noch weiterhin so getan hätte als wärst du aus meinem Leben verschwunden dann…der Mond ist nicht genug Chandari.“ „Der Mond ist alles was uns bleibt mein Liebster“, flüsterte sie und sah zu ihm auf. Er beugte sich zu ihr hinunter und schien sei küssen zu wollen, doch die Mondelfe drehte ihren Kopf zur Seite. “Tu das nicht. Ich bin eine verheiratete Frau. Mutter von zwei Kindern und Königin dieses Landes. Ich habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen. Versuche mich also nicht. Ich weiß nicht wie lange ich stark sein kann.“ Er nickte und nahm ihre Hand, küsste die einzelnen Fingerglieder jedes Fingers und danach die Innenseite ihrer Hand. Chandari hatte die Augen geschlossen und versuchte ihren Körper weiterhin kontrollieren zu können. „Du bist nicht glücklich hier. Ich sehe es dir an. Ich kann es spüren. Dein Sohn…“ Sie sah ihn erschrocken an. Was hatte Emraen damit zu tun? „Er ist ein stattlicher junger Elf. Mit ebenfalls deiner Schönheit und deinem wachen Geist. Nur scheint er mir etwas…kühl…“, fuhr er fort. Chandari seufzte und löste sich aus der Umarmung ihrer Liebe. „Es ist vieles passiert was nicht hätte passieren dürfen. Doch Emraen wird seinen Weg gehen. Ich glaube an ihn. Er ist stark. Er wird seinen eigenen Weg finden. Auch wenn ich ihm nicht dabei helfen kann.“ „Es schmerzt mich dich unglücklich zu sehen“, sagte Tendaí ruhig und streichelte ihre Wange. „Ich bin nicht unglücklich, aber auch nicht völlig glücklich. Ich habe einen Mittelweg gefunden, und dieser liegt dort in der Wiege. Ich bin eine Frau und Mutter. Das bin ich gerne. Ich liebe meine Kinder und will sie nicht missen. Dies gilt auch für die Zeit mit dir. Du wirst immer Teil meines Lebens, meines Herzens bleiben Tendaí. Doch du darfst nicht wieder hierher zurückkommen. Es macht nur alles noch schlimmer. Du reißt die alten Wunden auf die ohnehin immer schmerzen werden. Auch ich habe dich vermisst. Ich vermisse dich jeden Tag, jede Nacht, und nur der Mond hilft mir das zu überstehen. Doch es ist nun mal unser Schicksal mein Liebster. Wir müssen uns ihm fügen, oder wir stürzen uns, und alle die uns wichtig sind ins Unglück.“ Sie legte zwei ihrer Finger an ihre Lippen, und dann führte sie diese Finger an die seinen, der einzige „Kuss“ der ihnen möglich war, wobei sie fest in seine Augen sah. „Ich liebe dich, und das wird immer so bleiben. Doch auch du musst einen Weg finden weiterzuleben und nicht einer Illusion nachjagen, die es nie geben wird.“ Sie nahm ihre Hand wieder zu sich. „Und nun sei vernünftig und geh bitte. Wir sehen uns Morgen auf der Feier. Lass mich nicht um deine Sicherheit bangen müssen.“ Seine treuen, liebenden Augen sahen sie an. Sie beide schwiegen. Dann nickte er, küsste erneut ihre Hand und warf sich den dunklen Umhang wieder über das silberweiße Haar. „Ich habe meinen Weg bereits vor langer Zeit gewählt, und diesen werde ich nicht ändern.“ Er lächelte ihr zu und verschwand wieder auf demselben Weg den er genommen hatte um zu ihr zu kommen. „Ich hoffe du änderst die Richtung noch“, flüsterte Chandari und schloss dann die Tür zu ihrem Balkon. Die Feierlichkeiten des nächsten Tages waren aufwendig und dennoch ansehnlich. Aus Rücksicht auf die Mondelfen und ihre Lebensweise, waren die Festlichkeiten erst später am Nachmittag angesetzt gewesen und zogen sich bis in die Nacht hinein. Als die hohe Gesellschaft sich noch beisammen befand –dazu gehörten die Herrscher Familien und die noch geladenen Gäste- richtete König Endriel sein Wort an die Festgesellschaft. Lobte seine Frau die ihm diese prächtige Tochter geschenkt hatte, und auch diese, worauf die Gäste ihre Gläser erhoben um auf Glück und Gesundheit der Prinzessin zu trinken. Chandari hielt einen Kristallkelch in der Hand, der mit Quellwasser gefüllt war. Sie trank keinen Alkohol. Sie bekam Kopfschmerzen davon. Außerdem stillte sie ihr Kind, und es wäre wohl nicht bekömmlich für das Mädchen gewesen. Mit Tendaí hatte sie während des heutigen Tages nur höfliche Konversation betrieben, und auch war sie nie mit ihm alleine gewesen. „Mein Freund, Azuolas, der König der geschätzten Mondelfen, welchen wir unsere wunderbare Königin verdanken, und ich, haben gestern noch lange beisammengesessen und über einige Dinge gesprochen. Dinge, die unsere beiden Länder betreffen“, sprach Endriel und seine Gemahlin befürchtete nun einen Vortrag über den Sinn seines Krieges gegen die Schattenelfen. Doch es war völlig anders. „In Folge dieser Unterhaltung haben wir beschlossen einen bindenden Pakt zu schließen, der unsere Völker einander näher bringt. Als Verbündete, gegen jegliche Art von Feinden, die unsere Völker, unsere Länder bedrohen.“ Endriel war guter Dinge. Er schien sich über etwas zu freuen, und auch Azuolas war dieser Stimmung. „Gemeinsam haben wir beschlossen dass unsere Länder durch eine Heirat stärker aneinander gebunden werden. Meine Tochter wird –wenn sie alt genug ist natürlich- die Braut von Prinz Tendaî Irin Lithil werden.“ Ein begeistertes Raunen ging durch die Menge, welches nur von dem plötzlichen klirren eines Kristalls angehalten wurde, und alle neugierigen Blicke suchten nach dem Grund der Störung, und fanden ihn bei Königin Chandari, welche ihren Kelch hatte fallen lassen. Vor Freude vermuteten viele, vor Schreck wohl auch einige andere. Eine Dienerin kam um die Scherben zu beseitigen und zwei ihrer Hofdamen, um zu sehen ob sie verletzt war, doch sie winkte sie hinfort und suchte mit den Augen den Saal ab, und fand ihr Ziel. Tendaí schien genauso überrascht zu sein wie sie, nur verbarg er es geschickter. „Seit ihr damit etwa nicht einverstanden meine Königin?“, fragte Endriel nun und sie musste zu ihm sehen, hielt dem fragenden Blick stand und wusste das ihre Antwort gut gewählt sein musste. Es waren zu viele Zeugen hier. Aber vielleicht war diese Idee ja der mögliche Weg für Tendaí? Den, den sie beide nicht gesehen hatten. „Ich denke dass es keinen besseren Gemahlen für unsere Tochter geben kann als den ehrenwerten Prinz Tendaí“, sagte sie schließlich und sah ihn dabei an. „Ohne Bedenken gebe ich dazu meine Zustimmung. Eflusa wird eine Königin sein die ihm würdig ist. Dafür werde ich sorgen.“ Jubel brach aus. Jubel auf die Verbindung zweier Länder, zweier Leben. Zwar wollte Chandari nicht das ihre Tochter zu einer Heirat gezwungen wurde doch…wenn sie ihr beibrachte stark und stolz zu sein, dann würde sie Tendaí vielleicht auch so lieben wie sie selbst es tat. Auch wenn es schmerzte daran zu denken das ihr eigenes Kind den Mann heiraten sollte den sie liebte. Doch es würde vielleicht auch Tendaís Herz etwas heilen. Wer wusste schon was die Zukunft bringen würde? Doch sie würde alles Erdenkliche tun um diese Verbindung glücklich werden zu lassen. Sofern sie dazu in der Lage war. Kapitel 3: Der Wildfang ----------------------- Die Tochter des Herrscherpaares wuchs heran, und wurde ein fröhliches kleines Mädchen, der man die Schönheit ihrer Mutter schon in den ersten Jahren ihres Lebens ansehen konnte. Eflusa war ganz die Mama, wie man so sagte. Auch als kleines Kind strahlte die Prinzessin eine Anmut aus, die in diesem Alter nicht hätte möglich sein sollen. Doch so war es, und Chandari war stolz auf ihr kleines Mädchen, mit dem sie jede freie Minute verbrachte. Auch der König vergötterte seine kleine Tochter. Lobte ihren Liebreiz, ihre Schönheit. Sah er doch in ihr das Abbild seiner geliebten Frau und Königin. Welche ihr beibrachte eine anmutige Frau zu sein, und Eflusa war ein gelehriges Kind. So gingen die Jahre ins Land, und Eflusa wurde älter, reifer, und noch schöner. Als der Kronprinz mit 89 Jahren sein Ritual der Reife absolvierte, stand eine bezaubernde 25jährige Prinzessin und Schwester an seiner Seite um den Ritusdolch zu halten, der ihrem Bruder schließlich von ihrem Vater überreicht wurde. Allerdings beobachtete Chandari voller Sorge wie fremd ihre Kinder einander waren. Emraen sprach Eflusa sehr wohl als Schwester an. So wie sie ihn als Bruder doch, wirklich nahe waren sie sich nie gekommen. Emraen zog sich immer weiter zurück und schloss alle aus seinem Leben aus. Für ihn gab es nur seine Ausbildung, seinen Kampf, und die Zuneigung, sowie den Stolz des Königs. Sie hatte ihn verloren, und nichts schien ihn wiederbringen zu können. Eine Tatsache die, die Königin nicht ertragen konnte. Besonders wenn sie sah wie verschieden die Kinder doch waren, und wie gleich sie hätten sein könnten. Emraen war nicht kaltherzig oder unsympathisch, wie es ihm durch böse Zungen vorgeworfen wurde. Der Palast tratschte immerhin. Es war ihre Schuld. Sie hätte stärker um ihn kämpfen müssen. Jetzt war es zu spät so schien es. Zwei weitere Jahre vergingen, dann wurde die Königin erneut schwanger. Dies war ungewöhnlich. So viele Kinder hatten nur die wenigsten Elfen, doch Chandari und Endriel schienen von den Göttern gesegnet zu sein. Eflusa war immer an der Seite ihrer Mutter. Zwar hatte sie Freundinnen unter den Hofdamen. Ebenfasl junge Mädchen wie sie selbst. Doch sie ließ es sich nicht nehmen die meiste Zeit des Tages mit ihrer Mutter zu verbringen, und auch Teile der Nacht. Eflusa schien wirklich viel von Chandari geerbt zu haben. So auch Teile ihres Mondelfenblutes. Ebenso die helle Haut. Die Augen. Nur das Haar unterschied die beiden Elfen. Die Königin hatte silberweißes Haar, wie es bei Mondelfen üblich war. Das der Tochter war braun, jedoch nicht gewöhnlich braun. Es war die Farbe der Glückskastanie, und es schimmerte sowohl im Licht der Sonne, als auch im Mondlicht. Die junge Prinzessin verbrachte mit ihrer Mutter gemeinsam Stunden im Mondlicht und Chandari erzählte ihr Geschichten über den Mond und seine Bedeutung. So war es auch kein Wunder das Eflusa dabei war als ihre Mutter im Kindbett lag. Sie waren nicht nur Mutter und Tochter, sie waren die besten Freundinnen. Teilten sie so viele Gemeinsamkeiten, und wie Chandari wusste, irgendwann auch die Liebe zu einem einzigen Mann. Eflusa wusste jedoch nichts von ihrer Hochzeit die schon kurz nach ihrer Geburt beschlossen worden war. Ihre Mutter hatte bei Strafe verboten dass darüber gesprochen wurde. Ihre Tochter sollte nicht aufwachsen mit dem Wissen versprochen und verkauft worden zu sein. Wenn die Zeit reif war, würde sie es verstehen. Da war sie sicher. Das dritte Kind der Waldelfenherrscher wurde wieder eine kleine Tochter. Ein zartes Mädchen mit pechschwarzem, dichten Haar, in das der König sich völlig verliebte. Sie wurde Enmouen genannt. Es bedeutete die mutige, unbeugsame. König Endriel suchte den Namen aus. Nicht wissend wie gerecht sie diesem Namen noch werden würde, und das nur wenige Jahre später. Emraen war nicht im Land als seine zweite Schwester geboren wurde. Er war mit dem Heer gegen die Schattenelfen gezogen und verdiente sich seine Sporen im Kampf. Sehr zum Leidwesen seiner besorgten Mutter. Aber mit dem vollen Stolz des Königs. Welcher sich viel Zeit für seine jüngste Tochter nahm, die ihm –wie es viele bei Hofe bestätigten- sehr ähnlich sah, und wohl auch ähnlich vom Charakter her war. Anders ausgedrückt…Enmouen war ein Wildfang. Anders als ihre große Schwester, war die kleine Prinzessin ständig dabei Unsinn zu machen. Sie tobte wild mit anderen Kindern des Palastes – vorwiegend Jungen- umher, spielte Verstecken an Orten wo keine der Hofdamen sie suchen würde, und sorgte mehr als einmal dafür das im Palast das Chaos, auf der Suche nach ihr ausbrach. Sie war gerade sieben Jahre alt geworden, als wieder einmal der halbe Palast nach ihr suchte. Allen voran ihre verzweifelte Schwester die eigentlich auf sie aufgepasst hatte, der sie aber flink wie ein Waldwiesel entwischt war. Königin Chandari hatte sogar Palastwachen befohlen nach der Prinzessin zu suchen, und schließlich fand man sie im Garten der Königin. Auf einem hohen Malvenbaum, unter dem ihre Schuhe lagen, und wo sie auf einem Ast saß und voller Begeisterung ein Vogelnest betrachtete. „Enmouen!“ Die Königin war einem Ohnmachtsanfall nahe. „Wie bist du da nur hochgekommen?“ Es war wirklich ein Ding der Unmöglichkeit. Trug sie immerhin ein Kleidchen und war ein kleines Mädchen. Nicht mal die Gärtner kletterten so hoch um die Früchte dieses Baumes zu ernten. Sie hielten es für gefährlich und man überließ deshalb die Früchte den Vögeln. „Geklettert“, war die fröhliche Antwort der kleinen Prinzessin, die nicht daran dachte herunterzuklettern. „Was machen wir jetzt Mutter?“ Eflusa schwindelte schon wenn sie nur dort hochsah. „Man muss sie herunterholen bevor sie stürzt.“ Die ohnehin recht blasse Königin wurde noch blasser. „Stürzt?“ „Mit Verlaub eure Hoheit“, sagte ein junger Soldat der Palastwache. „Ich klettere hinauf und hole sie herunter.“ Chandari nickte und ihr wurde bereits von ihren Hofdamen Luft zugefächelt, als der Soldat nach oben kletterte, jedoch auf halbem Wege sich im Blattwerk verfing und nicht weiterkam da die Äste brachen. Er war zu schwer, wie wohl jeder andere auch der es versuchen wollte. Verzweifelt standen inzwischen einige der Palastbewohner um den Baum und breiteten Tücher aus, um eventuell die Prinzessin aufzufangen, sollte sie wirklich abgleiten und fallen, als der König den Garten betrat und fragte was dieser Aufstand hier solle. Die Königin war nur noch weinend in der Lage nach oben zu deuten, und so folgte Endriel dem Fingerzeig und erspähte sein kleines Mädchen in der Baumkrone. Ein wenig erschrak er selbst, aber es erfüllte ihn auch mit einem gewissen Stolz das die Kleine den Mut hatte so hoch hinauf zu klettern. „Was machst du da oben Prinzessin?“, fragte er völlig ruhig, und alle Umstehenden sahen ihn überrascht an. Warum blieb er so ruhig? So…gelassen? „Da ist ein Vogelnest“, kam die Antwort. „Und?“ Endriel blieb die Ruhe in Person. „Da sind Eier drin. Ich will die Vogelkinder sehen.“ „Das könnte aber noch ein wenig dauern mein Liebling.“ „Macht nichts. Ich warte.“ Die Bediensteten kicherten. Es war niedlich was sie sagte, aber der besorgte Blick der Königin ließ sie alle wieder schweigen. Endriel trat näher an den Baum heran und sah zu der Kleinen hoch. „Die Vogelmutter kann aber nicht zu ihrem Nest wenn du nicht herunterkommst.“ „Wieso?“ „Weil sie denkt du nimmst ihr die Eier weg. Komm runter Enmouen. Wir sehen uns die Vogelkinder an wenn sie geschlüpft sind. Von einem der Palastfenster aus.“ „Versprochen?“, kam es von oben. „Ja gewiss! Versprochen!“, schwor der König. „Dann komm ich runter.“ Erleichterung und Panik nahmen von Chandari Besitz. Was wenn sie abstürzte? Hochklettern und wieder herunter…das waren zwei Paar Schuhe oder nicht? „Vater?“ Die kleine Stimme klang etwas unsicher. „Ja?“ „Das ist hoch hier.“ Die Königin und seine ältere Tochter wurden immer blasser. Der König jedoch musste sich ein schmunzeln verkneifen. „Das hast du gut erkannt. Am besten ist du springst. Ich fang dich auf.“ Jetzt sankt die Königin gegen ihre Hofdamen und hauchte nur ein verzweifeltes „Was?“ aus. „Vertraut mir meine Königin. Ihr wird nichts geschehen“, flüsterte er und stellte sich so unter den Baum das er seine Tochter gut sehen konnte. Einige seiner Soldaten und seine Leibwächter postierten sich ebenfalls um den Baum. „Ich springe und du fängst mich auf?“, fragte Enmouen von oben nach. „Richtig! Ich fang dich. Ich würde dich nie fallen lassen.“ Die kleine Prinzessin ließ den Ast los an dem sie sich festhielt und sprang im nächsten Moment wirklich ab. Die Hofdamen quietschten auf und schlugen sich die Hände vor die Augen. Eflusa selbst barg ihr Gesicht an der Schulter ihrer Mutter, und diese sah fassungslos zu wie ihre kleine Tochter durch die Luft segelte, dann aber von ihrem Vater aufgefangen wurde, der sie an sich zog und fest in seinen Armen hielt. „Das hat Spaß gemacht? Machen wir das nochmal?“, war alles was Chandari schließlich noch hörte, dann wurde ihr schwarz vor Augen und sie sank zu Boden, wo sich sogleich sämtliche Hofdamen ihrer annahmen. „Was hat Mutter denn?“, fragte das kleine Mädchen und strich sich das schwarze Haar aus den Augen, das sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Der König und seine Männer mussten einfach über die kleine Prinzessin lachen, nachdem ihm versichert worden war das Chandari wieder zu sich kommen würde und dies nur der Schreck gewesen sei. „Du bist mehr Prinz als Prinzessin Enmouen. Weißt du das?“, fragte der König lachend und küsste ihre Stirn. „Warum nicht? Dann bin ich eben ein Prinz. Darf ich dann reiten lernen? Wie die Soldaten?“ „Sicher! Ich bring dir das reiten bei. Eine Kriegerprinzessin wirst du noch eines Tages werden“, scherzte Endriel. Wieder nicht ahnend das er damit nicht so falsch lag. Enmouen durfte danach wirklich reiten lernen. Ihre Mutter sprach noch mit dem König dass dies nicht gut war für ein junges Mädchen, und dass er doch nicht wolle das sie später auch noch wild zu Pferde durch die Gegend ritt. Aber Endriel vertraute auf den Verstand seiner, ihm so ähnlichen Tochter. Wenn sie alt genug war um zu verstehen dass es Zeit war gesitteter zu sein, dann würde sie sich dem auch fügen. So meinte er. Doch so einfach war dies nicht. Die jüngere der beiden Prinzessinnen wuchs mit der vollen Liebe und Sympathie ihres Vaters auf. Sie wurde sozusagen sein Lieblingskind. Welches er vergötterte und so ziemlich viel durchgehen ließ, und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Nicht das er dies nicht auch bei seiner Gattin und seiner anderen Tochter tun würde aber… Enmouen hatte etwas Wildes, unbändiges an sich, welches Endriel sehr stark an sich selbst erinnerte. Auch ihr pechschwarzes Haar das dem seinen glich. Er sah in ihr Dinge die ihm bei Emraen fehlten, welcher erfolgreich, aber erst Jahre später von der Schlacht zurückkehrte. Als Enmouen schon 17 Jahre alt war. Und es gefiel ihm nicht zu sehen das der König diesem Mädchen den Vorzug gab, auch wenn er zufrieden mit seiner Leistung war, wie er ihm sagte, aber Emraen hatte zwei gesunde Augen, und er sah wie sein Vater sein konnte zu seinen Kindern. Es kam mehr als einmal zum Streit zwischen den beiden Geschwistern. Enmouen ließ sich Emraens Art und Weise nicht gefallen, mit der er sie behandelte. Mit der er JEDEN behandelte. Um diese Streitereien den Eltern zu verschweigen, versuchte Eflusa sich als Schlichterin und Vermittlerin. Doch sie scheiterte. Denn die beiden Königskinder hatten eines gemeinsam. Ihren Stolz, und ihre Sturheit, welche dazu führte das sie kaum ein Wort miteinander sprachen. Chandari betrübte es dies zu sehen. An manchen Tagen schlenderte sie durch den Palast und beobachtete dabei ihre Kinder. Emraen der auf dem Trainingsplatz zu finden war und hart und härter trainierte, auch nachdem er beinahe 20 Jahre fort gewesen war, und im, sowie für den Krieg gelebt hatte. Einsam, verschlossen und kalt. Unfähig zu fühlen, wie es schien. Dann Eflusa, welche entweder lesend in der Bibliothek, oder im Garten zu finden war. Oder aber musizierte in den Musikräumen. Manchmal saß sie auch immer noch bei ihr und stickte mit ihr an Handarbeiten, oder band Blumen. Sie war die ruhige. Die besonnene. Sie konnte nichts aus der Ruhe bringen, aber sie war auch sehr klug. Sie verstand es die Tratschereien des Palastes zu unterbinden indem sie gegen die Störenfriede agierte. Schlau wie eine Füchsin, aus dem Hintergrund heraus, aber mit dem Geschick einer Herrscherin die sie einmal werden würde. Enmouen war die wilde, die abenteuerlustige. Sie ritt zweimal am Tag zu Pferde aus. Im Damensattel, aber sie war geschickt dabei, hing bei Jagten die Männer ab und schaffte es dennoch ihre Würde zu bewahren. Sie war doch eine wahre Prinzessin der Waldelfen, auch wenn man bei ihr nie wirklich wusste woran man war. Besaß sie auch die Schläue und Geschicklichkeit ihres Vaters, ebenso dessen rednerisches und taktisches Geschick. Chandari musste oft über ihre jüngste Tochter lächeln wenn sie von einem Ausritt zurückkam, mit leicht zerzaustem Haar und strahlendem Gesicht, und sie dann voller Freude und Leidenschaft vom Wald erzählte durch den sie und die Jäger preschten. So wie sie es jetzt gerade tat, da sie eben von einem ihrer Ritte zurückgekommen war. Sie erzählte von den Tieren, von den Bäumen, dem Wind in ihrem Haar. Eflusa, die etwas hinter der Königin über einem Buch saß, lächelte nur immer wieder milde und vertiefte sich wieder in ihre Lektüre. Sie war keine Reiterin. Um ehrlich zu sein, sie fürchtete sich ein wenig vor großen Pferden und den Reithirschen der Soldaten. „Und dann ist Isgar gestürzt. Er war zu langsam und sein Pferd verweigerte den Sprung. Er war selbst schuld. Was muss er auch so weit hinten bleiben“, schloss Enmouen stolz ihre Erklärung und strich sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und du bist oben geblieben?“, fragte Chandari ein wenig besorgt nach, konnte sie es doch nicht lassen sich ein paar Gedanken um ihre wilde Tochter zu machen. „Kein Sturz?“ „Aber Mutter! Ich stürzte nie. Ich bin eine hervorragende Reiterin“, gab sie stolz zurück und lächelte glücklich als Chandari ihr über das leicht erhitzte Gesicht streichelte. „Na das wird dir bestimmt helfen einen Mann zu finden“, spottete Eflusa, meinte es aber nicht böse. „Eine hervorragende Reiterin die genauso riecht wie ihr Pferd. Du hättest durch einen See reiten sollen Enmouen.“ Die braunen Augen der jungen Prinzessin funkelten amüsiert auf und sie erhob sich langsam. Ihre Schwester klappte das Buch zu. „Was soll das werden?“ „Gar nichts“ „Ich warne dich Enmouen…“ „Was denn? Ich will doch nur das du etwas von mir hast Schwesterlein. Lass dich umarmen.“ „Das wagst du nicht?“ Eflusa wich etwas zurück. „Ach nein?“ Und schon waren die beiden Mädchen aufgesprungen und liefen lachend durch den Garten. Eflusa auf der Flucht, ihre Schwester hinter ihr her. Chandari sah ihnen lächelnd zu. So sollte ein junges Leben sein. Glücklich und unbeschwert. Ohne Zwänge, ohne Frust, ohne Neid. Die beiden spielten Fangen, lachten, umrundeten die Bäume im Garten. Ihre Mutter sah ihnen dabei gerne zu. Ihre schönen Augen fingen jede Bewegung ihrer schönen Töchter ein, und sie erfreute sich an deren Glück. Eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrgenommen, ließ sie jedoch Aufsehen. Der Kronprinz war verborgen hinter den Säulen nahe dem Tor zum Palast. Aber sie hatte ihn gesehen. Sein goldenes Haar, seine stattliche Gestalt, bevor er sich verborgen hatte, und ihr Herz wurde wieder schwer. Sie hätte alles dafür gegeben das auch ihr Sohn so lachen und sich des Lebens freuen könnte. Doch Emraen blieb zurückgezogen und allein. Zwar sprach er mit ihr wenn sie es wünschte, doch er berief sich auf Höflichkeit und Etikette, und blieb nie lange bei ihr. Außerdem war er dabei sich auf eine weitere Schlacht vorzubereiten, die ihn noch weiter von ihr entfernen würde. Schweren Herzend sah sei nun wieder zu ihren Töchtern, die lachend im Gras lagen. Enmouen hatte ihre Schwester erwischt und kitzelte diese jetzt inmitten einem Meer aus Blumen durch. So nah konnten Freud und Leid zusammenliegen. Sa nah…. Kapitel 4: Die Reise -------------------- Weitere Jahre vergingen. Das Leben im Palast der Waldelfen änderte sich kaum. Es blieb eigentlich friedlich. Nur aus der Ferne hörte man von den Schlachten zwischen den Schattenelfen und den Heeren der Waldelfen. Keine Seite gab nach, keiner gewann wirklich, aber auch keiner verlor. Es war ein trostloses Spiel wie Chandari einmal bemerkte, worauf sie mit einem Lächeln bedacht wurde und man ihr sagte das Frauen von solchen Dingen keine Ahnung hatten. Sie nahm es mit einem gefassten Lächeln hin und schwieg zu diesem Thema in Zukunft. Wirklich befassen tat sie sich nur deshalb mit dem Krieg und den schlachten, weil Emraen von einem Kampf in den nächsten zog. König Endriel meinte er würde dadurch reifer und stärker werden. Chandari sah ihn aber immer nur tot wenn er auszog und fürchtete den Tag an dem ein Bote mit der Nachricht seines wahrhaftigen Todes ankam. Doch Emraen schlug sich durch die feindlichen Reihen ohne dabei ernsthaft verletzt zu werden. So brachten die Boten ihr zumindest bisher gute Nachrichten. Chandari hoffte inständig dass es so bleiben möge und setzte ihren täglichen Spaziergang durch den Palast fort. Ihre Töchter waren beim Reiten und musizieren. Immer dann schlug Chandari –sofern niemand etwas anderes von ihr verlangte- einen Spaziergang durch die unteren Etagen des Palastes ein um sich zu vergewissern das es auch den niederen Elfen im Palast an nichts fehlte. So wie sie sich auch bemühte immer auf dem Laufenden zu sein, was das einfache Volk anging. Welches sie zwar nie sah, aber dessen Probleme sie dennoch interessierte, und sie etwas dagegen unternahm, sofern es in ihrer Macht lag. Innerhalb des Palastes waren Leibwachen nicht vorgesehen. Der Palast war sicher, und so konnten sich dessen hochrangige Bewohner ziemlich frei bewegen, was Chandari besonders für ihre Kinder gut fand. Enmouen wurde natürlich auf ihren Ausritten von Wachen begleitet, mit denen sie jedoch sehr gut auskam und welche ihr Leben für sie geben würden ohne mit der Wimper zu zucken. Auch der König hatte solche Leibwächter und diese dienten auch ihr als Königin, sollte sie deren Hilfe benötigen. Was jedoch noch nie der Fall gewesen war. Vielleicht auch weil sie selbst diese Männer eher unheimlich fand. Besonders Othdruen, der, ihrer Meinung nach, ein wenig zu viel Einfluss auf den König und seine Kriegstreiberei hatte. Obwohl es eher so zu sein schien, als wären sie Freunde und der Leibwächter ein Berater. Die anderen drei Leibwachen Endriels waren nicht so unheimlich wie der Vertraute des Königs, aber zwei von ihnen mochte Chandari einfach nicht. Taíl und Lingaa. Sie waren eitel und in ihren Augen strohdumm. Der einzige Zweck dem sie dienten war, ihre Waffen zu halten und nicht umzufallen wenn man sie ihnen wegnahm. Der einzig „normale“ unter den vier Wachen schien Armoa zu sein. Er war zurückhaltend und schien belesen zu sein. Zumindest wirkte er so wenn er nicht im Dienst war, und die Königin ihn mit einem Buch in der Hand, oder einfach nur friedlich im Garten sitzend vorfand. Kampflärm unterbrach ihre Gedanken und sie sah hinüber zum Übungsplatz, dem sie sich eben genähert hatte. Wohl aus Gewohnheit, fand sie hier sonst immer ihren Sohn vor, doch dieser war nicht im Lande und andere Elfenkrieger übten derweil ihre Kampfkunst mit Schwertmeister Gadrel, der sich flink wie ein Wiesel seinen Angreifern stellte und sie ohne große Mühe –so schien es- entwaffnete. Die Königin sah sich dieses Schauspiel an von dem sie eigentlich keine Ahnung hatte, jedoch fielen ihr zwei junge Elfenmänner auf die sich inmitten der Gruppe befanden und die deutlich jünger zu sein schienen als die anderen Krieger. Jedoch nicht einen Deut schlechter. Zumindest soweit es eine Elfenfrau beurteilen konnte. Einer der älteren Krieger bemerkte die Königin und wies Meister Gadrel darauf hin, worauf sich alle Anwesenden tief vor Chandari verbeugten, die nur abwinkte und beteuerte nicht hatte stören zu wollen. „Ihr stört niemals meine Königin“, sprach der Schwertmeister und trat ergeben zu ihr. „Es ist eine Ehre wenn ihr meine Arbeit würdigt und euch die Fortschritte der Soldaten anseht.“ Sie lächelte höflich und machte ein paar Schritte auf den Platz zu, wobei ihr Blick über die gebeugten Häupter wanderte, und sie sich frage welche von ihnen vielleicht noch in dieser unsinnigen Schlacht um mehr Macht in Zukunft sterben mussten. „Ich würdige eure Arbeit genauso wie es der König tut Meister Gadrel. Leider verstehe ich nichts von solchen Dingen, aber was ich sehe sieht in meinen Augen sehr zufriedenstellend aus“, sagte sie schließlich und fügte an das jeder sein Training wiederaufnehmen konnte. Der Schwertmeister unterstrich dies mit einem Befehl und die auszubildenden Soldaten schulten weiter ihre Kampffähigkeiten. „Sagt mir Meister Gadrel“ Die Königin richtete erneut das Wort an den Schwertmeister. „Wer sind diese beiden jungen Männer. Die, die so jung wirken. Sie scheinen nicht in diese Gruppe zu gehören.“ Der weißhaarige Elf, dem jedoch der Schimmer der Mondelfen fehlte, so wie es bei Chandari der Fall war, sah auf den Übungsplatz und nickte verstehend. „Mira und Artanis. Zwei vielversprechende Talente, trotz ihren jungen Jahren. Ich steckte sie in diese Gruppe, da sie ihrer ursprünglichen Gruppe schon weit voraus waren. Ihre Fähigkeiten sind stärker als die der anderen in ihrem Alter. Ich habe vor sie zu Leibwächtern auszubilden. Man weiß ja schließlich nie was die Zukunft bringt meine Königin.“ Da hatte er wohl recht, weshalb Chandari auch nickte um dann zu fragen: „Darf ich mit ihnen sprechen? Wenn ihr sie zu Leibwächtern ausbildet, nehme ich an für den König oder den Kronprinz?“ „Oder für alle weiteren Prinzen und Prinzessinnen die ihr und der König unserem Land schenken werdet“, sagte Gadrel und verneigte sich erneut tief vor der Elfenfrau. Dann rief er die beiden Jungen zu sich, die sich sogleich vor der Königin auf die Knie warfen, als sei diese erreicht hatten. „Seht mich an“, befahl sie ihnen und sie gehorchten. Chandari besah sich die Augen der jungen Männer, die beinahe noch Kinder waren. Viel Mut war in ihnen zu sehen, und Stolz, sowie Pflichtbewusstsein. Artanis, schien ein kleiner Draufgänger zu sein. Das funkeln in seinen Augen ließ sich nicht verbergen, aber es war auch kein Fehler lebensfroh und aufgeweckt zu sein. Mira hingegen hatte Augen so tief und klar wie das Meer an der Küste ihrer Heimat. Zwar nicht von derselben Farbe, aber von eben dieser Ausstrahlung und Schönheit. Er schien ruhiger zu sein. Gelassener und etwas in Chandari riet ihr, diesen jungen Elf im Auge zu behalten. Dann bedankte sie sich bei ihnen und verabschiedete sich von dem Übungsplatz um ihren Spaziergang fort zu setzen. Beim Abendmahl, welches die Königin im Kreise ihrer Familie einnahm. Mit Ausnahme des Prinzen, der immer noch nicht im Lande war, überraschte sie König Endriel mit einer Botschaft die er heute im Laufe des Tages erhalten hatte. „König Azuolas lädt uns ein an der Geburtstagsfeier seines Sohnes teilzunehmen“, eröffnete er seiner Gemahlin, welche vor Schreck ihre Gabel über den feinen Silberteller kratzen ließ, um sich dann schnell wieder zu sammeln und ihren Gemahl anzusehen und zu sagen welch eine Ehre dies sei, auch wenn sie mit ihrem plötzlich ansteigenden Herzschlag stark zu kämpfen hatte. „Das klingt aufregend“ Enmouen war begeistert und schob ihren Teller von sich. „Dann werden wir das Mondelfenkönigreich sehen? Den Palast in dem du aufgewachsen bist Mutter?“ „Nein!“ Chandari schüttelte den Kopf. „Ihr werdet ihr im Palast bleiben. Euer Vater und ich werden alleine reisen.“ „Was? Aber wieso? Das ist nicht gerecht Mutter? Nie sehen wir etwas von der Welt da draußen. Diese Reise wäre eine wundervolle Möglichkeit. Warum willst du uns nicht mitnehmen? Liegt es an mir? Ich kann mich auch wie eine Prinzessin benehmen.“ Eflusa musste über diese Worte lächeln, ansonsten aber schwieg die ältere Tochter lieber. Sie verstand zwar auch nicht weshalb ihre Mutter nicht wollte das sie mit ihnen kamen, aber sie würde bestimmt ihre Gründe haben. Davon war sie überzeugt. „Ich habe meine Gründe dafür. Die Zeit ist noch nicht reif für eine solche Reise. Zumindest nicht für euch“, sprach die Königin und als ihre jüngste Tochter erneut aufbegehren wollte, da fuhr sie ihr etwas barscher über den Mund und verbat sich jeden weiteren Kommentar dazu. „Das ist ungerecht“, schimpfte die junge Prinzessin erneut und sprang auf, um wütend den Speisesaal zu verlassen. „So viel zu ihrem guten Benehmen“, flüsterte Eflusa und sah ihre Eltern an. „Bitte entschuldigt mich. Ich spreche mit ihr.“ Chandari nickte dankbar und sah zu wie auch ihre andere Tochter den Raum verließ. „Warum wollt Ihr nicht dass sie uns begleiten? Die Einladung umfasst unsere ganze Familie meine Liebste.“ Endriel richtete nun das Wort an seine Königin. „Außerdem wäre es ein passender Augenblick um Eflusa ihren zukünftigen Gemahl vorzustellen. Sie ist alt genug dafür.“ Doch die Königin schüttelte entschieden bestimmt den Kopf. „Nein! Ist sie nicht. Sie ist noch so jung. So voller Träume und Hoffnungen. Sie wird Prinz Tendaís Frau werden. Doch wann ich ihr dies offenbare müsst Ihr mir überlassen mein König. Ihr gabt mir Euer Wort darauf.“ Er nickte und nahm ihre Hand in seine. „Ganz wie ihr wünscht. Dann wird es ein anderes Mal geschehen. Die Prinzessinnen und der Kronprinz bleiben hier. Ich werde Emraen für die Zeit unserer Abwesenheit zurückbefehlen. Er wird sich nun als Stellvertreter behaupten können.“ Chandari war froh zu hören dass ihr Sohn dann hier in Sicherheit war. Doch sie ahnte das Emraen hier im Palast wohl dann von hundert neugierigen Augenpaaren ständig beobachtet werden würde. Die Zeit flog nur so dahin. Enmouen hatte sich wieder beruhigt und eingesehen das sie sich fügen musste. Jedoch war sie nicht begeistert davon dass ihr Bruder zurückkam um während der Abwesenheit des Herrscherpaares ein Auge auf alles zu werfen. Sie und Emraen waren wie Hund und Katz. Am besten man steckte jeden von ihnen in einen separaten Teil des Palastes. So war es kaum verwunderlich das die Königin am Tage ihrer Abreise Eflusa zur Seite nahm und sie darum bat, ein Auge auf diese beiden Streithähne zu werfen. „Verlass dich ganz auch mich Mutter. Sie werden dir keine Schande machen. Genieß die Reise in deine alte Heimat und erfreue dich daran.“ Chandari nahm sie liebevoll in den Arm, wusste aber nicht was sie darauf erwidern sollte. Immerhin war ihr immer noch nicht wohl dabei zurückzukehren. Nicht seit sie Tendaí gesagt hatte das er nicht wieder ins Land der Waldelfen kommen sollte um sie zu sehen. Jetzt reiste sie in sein Land. Doch es war dieselbe Bürde, derselbe Schmerz der sie begleitete. Die Reise an sich verlief problemlos. Es waren mehrere Tagesreisen mit der Kutsche, aber das Königspaar reiste mit einem halben Hofstaat und jeglichem Gepäck das ihnen die Reise angenehmer machte. Chandari wurde nur immer unruhiger, je näher sie der alten Heimat kamen. Es war eine Mischung aus Freude und Furcht. Ihr Gemahl und ihre Dienerinnen sahen jedoch an ihr nur die strahlende Eleganz und Anmut für die sie bekannt war. Sie verstand es nur zu gut ihre wahren Gefühle zu verbergen wenn sie diese nicht zeigen wollte. Der Empfang war dem Anlass entsprechend. Elegant, pompös, erfreulich. Das Waldelfenkönigspaar wurde beim Eintreffen in den Küstenpalast gefeiert und auch als der Mondelfenkönig und sein Sohn sie begrüßten, feierte und applaudierte das Volk um sie herum. Tendaí wiederzusehen riss dennoch alte Wunden wieder auf. Sie konnte nicht so tun als freue sie sich nicht ihn wiederzusehen. Sie freute sich wirklich, und außerdem wurde es schließlich verlangt dass sie sich freute. Immerhin waren sie Gäste der Mondelfenherrscher. Man plauderte, fügte sich der Etikette und Endriel konnte es nicht lassen König Azuolas und auch dessen Sohn zu erzählen, zu was für einer wundervollen Frau Eflusa heranwuchs. Chandari versuchte es zu übergehen, doch musste sie ja bestätigen dass ihr König recht hatte mit seinen Worten. „Sie ist in der Tat eine Schönheit. Außerdem klug, belesen, charmant, zurückhaltend“, sagte sie schließlich und ein liebevolles Lächeln lag dabei auf ihrem Gesicht. Wie immer wenn sie an sei dachte oder über sie sprach. „Das klingt als gerate sie ganz nach Euch Königin Chandari“, bemerkte König Azuolas zufrieden und sie nickte leicht. „So sieht es aus.“ Tendaís Blick auf sich, konnte sie deutlich spüren. Doch sie konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Er würde sehen dass sie nicht wollte dass er ihre Tochter heiratete. Aber es war nicht Recht von ihr so zu denken. Die Geburtstagsfeier des Prinzen, welcher wieder ein volles Jahrtausend an Lebensjahren erreichte, was auch der Anlass für eine solch große Feier mit hohen Gästen war, war wundervoll. Es wurde Musik gespielt, getanzt, gelacht. Selbst der sonst so steife Hofstaat amüsierte sich prächtig auf dieser Festlichkeit. Chandari war stets an der Seite ihres Gemahls. Wie auch die anderen gekrönten Häupter. Auch der Dämonenherrscher mit seiner Gemahlin war geladen. Endriel unterhielt sich sogar sehr angeregt mit dem Fürsten der Dämonen, welcher ein Handelsverbündeter des Mondelfenkönigs war, und die beiden Könige beschlossen sogar einen Handelsvertrag zwischen Waldelfenreich und Dämonenreich auszuhandeln. Solche Festlichkeiten boten immer gute Gelegenheiten um neue Bündnisse zu schließen. Das Fest hatte schon vor der Dämmerung begonnen, damit es lange andauern konnte. Es war eine Vollmondnacht und der große Mond strahlte auf die fröhlichen Gäste und Feiernden herab. Als sich die Herrscher von ihren Damen zurückzogen, um unter Männern zu sein, nutzte Chandari die Gelegenheit um zu einem ihrer alten Lieblingsplätze zurückzukehren, den sie noch nicht hatte wiedersehen können, seit sie wieder in diesem Palast war. Leise wie auf Federn, schwebte die Königin die verschlungenen Gänge hinunter. Man sah sie nicht, alle waren zu sehr mit der Feier beschäftigt, den solche Feste gab es nicht oft, so das man jeden Moment auskosten musste. Chandari aber nutzte den Trubel um etwas für sich zu sein. Hier folgten ihr keine Diener und Anstandsdamen. Das taten sei auch nicht im Palast der Waldelfen. Sie war ein Musterbeispiel an Tugend und Eleganz. Es käme einer Beleidigung gleich sie ständig von Anstandsdamen verfolgen zu lassen, so hatte Endriel es einmal ausgedrückt, und sie war ihm dankbar für sein Vertrauen, das sie auch nie enttäuscht hatte. Endlich erreichte sie den versteckten Garten unter dem Schloss. Sein Zugang war geheim. Nicht einmal der König wusste davon. Nur Tendaí kannte ihn, und er hatte ihn ihr gezeigt. Von hier aus führte auch ein Weg nach draußen zu den Klippen. Jenen Klippen an dessen Rand sei vor so vielen Jahren gestanden hatte bevor sie dieses Land verließ. Sie wollte es alles wiedersehen. Ein letztes Mal! Denn sie würde nie wieder hierher zurückkommen. Zumindest nicht alleine und ohne ihre Tochter dem Mann zu übergeben den sie so sehr liebte dass es immer noch schmerzte nur daran zu denken. Es war so ruhig hier unten. Die verschiedenen Pflanzen leuchteten in ihren fluoreszierenden Farben und erleuchteten so die Höhle. Das Meerrauschen war zu hören. Ganz sanft, den nun herrschte Ebbe und das Wasser hatte sich aus der Höhle zurückgezogen. Salzkristalle an den Wänden funkelten in dem seltsamen Licht hier unten und wie in einer schönen Erinnerung, durchschritt die zarte Mondelfe die Höhle, ließ ihre Finger über Blätter und Pilzkappen streicheln, als könnte sie nur glauben wirklich hier zu sein, wenn sie, sie berührte. Als sich starke, warme Arme um sie legten, erschrak sie nicht. Viel eher sank sie leicht gegen den Körper der hinter ihr stand. „Du hast mich erwartet?“, fragte der Prinz flüsternd. Er schien erstaunt zu sein. Chandari schüttelte sacht den Kopf, lehnte ihn dann jedoch gegen die Schulter des Mannes hinter ihr und drehte ihr Gesicht an seine Halsbeuge. „Nein. Ich erinnere mich nur an so vieles, und du bist Teil meiner Erinnerung. Es wäre falsch dich nicht hier zu haben.“ Sie seufzte und schloss die Augen. „es ist schön dass du hierhergekommen bist.“ Er drückte sie fester an sich. Nicht grob, eher wie als würde er einen Schmetterling versuchen zu halten der sonst sterben würde, fasste man ihn zu stark an. „Es ist noch schöner dass du hier bist.“ „Ich werde nicht bleiben“, wisperte sie. „Ich weiß“, sprach er. „Doch ich will jeden Moment davon für immer in Erinnerung behalten.“ Sie schwiegen beide für einige Momente. Dann machte sich die Elfe von ihm los, um ihn anzusehen. „Warum quälen wir uns so Tendaí? Warum können wir die Vergangenheit nicht ruhen lassen?“ Er nahm ihre Hände in seine. „Weil es nicht die Vergangenheit ist Liebste. Du hast nie aufgehört mich zu lieben. Genau so wenig wie ich dich. Also kann es nicht die Vergangenheit sein wenn wir immer noch so fühlen oder nicht?“ Sie sah auf seine Hände, seine Finger und schloss dann die Augen um sich loszumachen und ein paar Schritte vor ihm zu fliehen. „So darf es aber nicht sein. Weder du noch ich dürfen so fühlen. Ich bin die Frau eines anderen Mannes und du…du wirst eines Tages meine Tochter heiraten.“ Sie kämpfte mit den Tränen, wischte sich dann über die Augen und ging in Richtung des Ganges der nach draußen führte. Dort blieb sie stehen. „Du solltest jetzt gehen. Man wird dich auf deiner Feier vermissen.“ Doch er trat zu ihr, strich ihr über die Wange und nahm erneut ihre Hand. „Sollen sie! Ich will noch nicht gehen. Schenk mir noch etwas deiner Zeit. Lass mich dich zu den Klippen begleiten. Dort willst du hin nicht wahr? Lass mich bei dir sein. Wenn auch nur als Schatten an deiner Seite, aber schick mich nicht fort. Lass mich meine Erinnerung auch durchleben. Lass zu das ich mich auch weiter an dich erinnern kann Chandari. Als Geburtstagsgeschenk, gestatte mir dich zu begleiten. Dieses letzte Mal.“ Das Atmen fiel ihr schwer. Sie wagte kaum ihn anzusehen. Doch konnte sie ihm diese Bitte nicht abschlagen. Also hob sie ihre Hand, legte sie über seine, die noch an ihrer Wange ruhte und nickte schweigend, so dass sie dann gemeinsam den Gang durchschritten der sie abseits des Schlosses zwischen zwei Felsen heraustreten ließ. Sie befanden sich auf einer kleinen Plattform aus weißem Fels, der das Mondlicht reflektierte, und auf dem weiches Moos wuchs. Unter ihnen brachen sich die Wellen an den gewaltigen Klippen. Der Palast war von hier aus nicht zu sehen. Nur das Meer und der Mond, der nun nicht mehr hinter leichten Wolken sich verbarg, sondern voll und strahlend über ihnen am Himmel stand. Chandari, die nun schon viele Jahre im Sonnenlicht gelebt hatte, und nur die schwachen Strahlen des Mondes vor dem Tagesanbruch nutzen konnte, wurde von der Intensität des Mondes hier an diesem Ort überwältigt. Ihre Haut schimmerte stärker als je zuvor, sie fühlte wie das Mondlicht durch ihre Haut, und durch ihren Körper glitt. Wie es ihre Magie erneuerte, wie es danach schrie mehr von sich aufzunehmen. Sie schwankte leicht und fand sich in Tendaís Armen wieder, der sie besorgt stützte. Als sie ihre amethystfarbenen Augen öffnete um ihn anzusehen, bemerkte sie das er genauso strahlte wie sie und das es stärker war als jemals zuvor, oder bildete sie sich das nur ein? Sein Blick traf den ihren und es schien als würde die Kraft des Mondlichtes durch ihn hindurch, durch seinen Blick, durch seine Hände, direkt in ihren Körper gelangen. Ohne zu wissen warum sie es tat, streckte sie ihre Hände nach ihm aus, berührte das Gesicht des Mannes und zeichnete es mit ihren Fingerspitzen nach. Er sah nicht weg, nur der Ausdruck seiner Augen veränderte sich. Sie konnte all seine Zuneigung, seine tiefe Liebe für sie sehen. Es war so stark, so gewaltig, sie konnte sich kaum dagegen wehren. Jede Faser ihres Körpers drängte danach ihn zu spüren, ihn zu lieben, ihn zu halten, und niemals wieder loszulassen. Eine Hand des Mondelfen griff nach ihrem Haar und löste die Spange die es zusammenhielt, so dass es weich und schimmernd, wie flüssiges Silber über ihre Schultern fiel. So dass es aussah wie seines. Chandaris Körper zitterte, jedoch war ihr nicht kalt. Auch ihre Lippen bebten leicht, doch wusste sie nicht was sie sagen sollte, was sie tun sollte. „Ich liebe dich, und niemals jemand anders. Egal was entschieden und beschlossen wurde. Nur dir gehört mein Herz“, flüsterte Tendái an ihre Lippen und Chandaris Finger glitten in sein seidiges, langes Haar. „Und dir das meine“, hauchte sie noch, bevor ihre Lippen sich berührten und dieses Versprechen besiegelten. Es war wie ein Rausch! War es das Mondlicht? War es die tiefe Liebe und Zuneigung? War es Leidenschaft? Wahrscheinlich von allem ein wenig, und von allem genug um die seidenen Gewänder der beiden Mondelfen fallen zu lassen, so dass ihre hungrigen Körper, hungrig nach der wahren Liebe, nach dem einzig wahren Liebsten sich berühren, und sich schließlich, im strahlendsten Licht des Vollmondes von Esralon, zu vereinen…. Kapitel 5: Turbulenzen ---------------------- Irgendwann, im Laufe der verbleibenden Nacht, und nachdem sie ihre Besinnung wiedergefunden hatte, öffnete Chandari ihre Augen und sah zum Himmel hoch. Der Mond befand sich in der Nähe des Horizontes, es war spät geworden, und dennoch blendete sie ein heller Schimmer und sie fühlte sich beobachtet. Als sie den Blickwinkel etwas veränderte, sah sie in die strahlenden Augen ihres Geliebten. Doch ihn so zu nennen war nicht gerecht. Weder ihm, noch sich selbst, und schon gar nicht Endriels wegen. Trotzdem hielt sein Blick den ihren einen Moment lang gefangen, bis sich ihre Augen vor Schreck und Erkenntnis weiteten, und sie sich aufsetzte. Tendai lag neben ihr. Zufrieden scheinbar, und…nackt. So wie sie selbst auch, und auch wenn es nichts, aber auch gar nichts mehr nutzte, so zog sie ihr Kleid an sich heran um wenigstens etwas ihrer –im Mond schimmernden- Haut zu verbergen. Seine Hand lag auf einem ihrer Schenkel und sein Blick war nicht einzuordnen. Die Königin der Waldelfen starrte auf seine Hand und sah dann zu seinem Gesicht auf. Den Rest seines Körpers wollte sie nicht anstarren. Sie hatte in den letzten Stunden durchaus alles daran kennengelernt, und das war es, was ihr schwer auf der Seele lag. „Was habe ich getan“, flüsterte sie fassungslos und zog ihre Beine an sich, wodurch der Hautkontakt zu Tendaí verschwand. „Nicht du“, flüsterte er und nahm ihre Hand in seine. „Wir“ Chandari blickte auf, schüttelte den Kopf und zog ihre Hand zurück. „Nein! Es war meine Schwäche. Mein Wunsch, mein…Fehler.“ „Fehler?“ Sie nickte und erhob sich, zog das Kleid über ihren Körper, versuchte dabei ihn nicht anzusehen. „Ja…Fehler! Es war ein Fehler. Ich hätte nie wieder hierher zurückkommen dürfen. Ich wusste doch was ich noch empfinde für dich. Was ich immer empfinden werde. Es war ein Fehler! Ich bin verheiratet. Ich bin eine Königin! Und was tue ich? Ich benehme mich wie eine gewöhnliche…“ Der Prinz war aufgestanden und hatte ihr nun einen Finger auf die zitternden Lippen gelegt. „Sag so etwas nicht. Denk so etwas nicht einmal. Du bist nicht gewöhnlich, und auch nicht das was du aussprechen wolltest.“ Sie lehnte sich leicht an ihn, nur einen Moment. Dann trat sie zurück. „Dennoch war es ein Fehler. Es hätte nie so weit kommen dürfen. Ich werde jetzt gehen, und ich werde niemals wiederkommen. Außer zu deiner Hochzeit.“ Nun war es an ihm fassungslos zu sein. „Du willst immer noch dass ich deine Tochter heirate? Selbst nach dem was eben passiert ist?“ Chandari strich ihm eine der langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Du hast keine andere Wahl. Es wurde beschlossen. Wir alle haben keine andere Wahl. Folge mir nicht Tendaí. Wir dürfen uns nicht wiedersehen. Nie wieder! Ich gehe meinen Weg, du musst den deinen gehen.“ Sie fühlte wie etwas in ihr zerbrach, doch sie bemühte sich um Fassung und Ernsthaftigkeit. „Leb wohl mein Liebster!“ Damit verschwand sie in dem geheimen Durchgang und kehrte –flink wie ein Schatten- durch die Gänge des Palastes, zurück in ihr jetziges Leben. Zerfressen von Schuldgefühlen war ihr der Rest ihres Aufenthaltes hier in ihrer Heimat eine Qual. Doch sie ertrug es. Als mahnende Buße für ihr Vergehen. Ja! Sie liebte ihn. Doch sie durfte ihn nicht lieben. Diese Nacht würde auf ewig Teil einer Erinnerung sein, und nie wieder mehr. Nur eine Erinnerung beim Anblick des Mondes…. > Derweil war im Reich der Waldelfen alles friedlich. Noch… Emraen war ein würdiger Vertreter des verreisten Königs. Er kümmerte sich um die Regierungsangelegenheiten, bei denen ihm dennoch Berater des Königs zur Seite standen, so dass böse Zungen behaupten konnten dass der Kronprinz auch nur eine Marionette an seidenen Fäden war. Doch wusste man auch dass der Prinz das Temperament seines Vaters geerbt hatte, oder es ihm anerzogen war, so dass man ihn besser nicht reizte und dazu brachte sich mit den Lästermäulern des Palastes zu beschäftigen. Die Prinzessinnen verbrachten ihre Tage wie sonst auch. Eflusa spielte Harfe, oder las Bücher im Palastgarten, wo sie sich auch um ihre eigenen Pflanzen kümmerte. Enmouen hingegen ritt aus und erkundete die Umgebung hoch zu Ross. Nicht selten kam sie erst spät am Nachmittag von diesen morgendlichen Ritten zurück, doch hatte ihr der König dies erlaubt. Dem Kronprinzen missfiel das benehmen seiner jüngsten Schwester dennoch. Weder ihm, noch den Beratern gefiel es, das eine Prinzessin der Waldelfen herumgaloppierte wie ein junger Krieger. Es fehlte nur noch das sie anfing mit dem Schwert zu trainieren. Gut das Emraen nicht wusste das sie so etwas sogar konnte. Das hatten der König und sie immer vor jedem geheim gehalten. Auch vor der Königin. Die Tage vergingen friedlich. Es gab keine Vorkommnisse die den Frieden im Land oder im Palast stören hätten können. Dabei bahnten sich die dunklen Wolken ausgerechnet innerhalb der Palastmauern an. Es war ein Tag wie es schon hunderte, nein tausende zuvor gegeben hatte. Die Sonnen schienen vom Himmel, es war schönes Wetter. Nicht zu heiß, kein Wind. Ideal um den Tag einfach nur zu genießen. Die ältere Prinzessin kümmerte sich um ihren Garten und sah wie ihre jüngere Schwester mit ihren Begleitern, auf ihren Pferden den Palast verließ. Irgendwie beneidete sie Enmouen beinahe. Sie selbst verließ den Palast nicht. Zumindest nicht oft. Was vielleicht daran lag das sie eigentlich eher schüchtern war, und Fremde um sie herum sie nervös machten. Deshalb war sie auch am liebsten mit ihrer Mutter zusammen, oder deren Hofdamen. Vertraute Gesichter eben. Wenn ihr Vater es wünschte dann spielte sie auch Harfe für ihn, aber ansonsten hielt sie sich von anderen Elfen fern. Nachdem sie ihren Garten versorgt hatte, zog sich die Prinzessin in ihre Gemächer zurück um sich umzuziehen, und danach in die Bibliothek zu gehen um zu lesen. Hier verbrachte sie auch viel Zeit und bemerkte kaum dass die Stunden an ihr vorüberzogen, war sie doch sehr in ihr Buch vertieft. Eine Dienerin klärte sie schließlich über die Zeit auf, und so pilgerte Eflusa schließlich in den Musikraum, wo sie sich ihrer geliebten Harfe widmete. Derweil hatte Emraen eine Diskussion mit einem der königlichen Berater. Es gab Streitigkeiten darüber wie viel Gold und Juwelen in die Ausrüstung des Heeres gesteckt werden sollte. Der Prinz war der Meinung dass es viel mehr sein musste als dass was geschickt werden sollte. „Aber mein Prinz. Euer werter Vater hat immer diese Menge zu den Schmieden geschickt. Seit Jahrzehnten“, versuchte es der Berater erneut. „Und seit Jahrzehnten sind wir nicht in der Lage die feindlichen Heere völlig zu vernichten. Wir schlagen sie nur zurück“, konterte Emraen. „Was ausreichend ist. Es geht darum unsere Grenzen zu schützen. Nicht unnötige Ausgaben zu decken.“ „Unnötige Ausgaben? Wir haben einen starken Feind und begnügen uns damit ihn hinter seinen Grenzen weiterleben und aufrüsten zu lassen? Das ist Irrsinn!“ Der Berater blieb stur. „Es ist bisher immer so geschehen und der König hat es angeordnet. Sprecht mit ihm wenn er zurück ist mein Prinz. Ohne seine Zustimmung kann ich dies nicht gestatten.“ Der Kronprinz konnte es nicht fassen. „Ich bin der Nachfolger des Königs, und sein Stellvertreter. Was ich sage ist Gesetz.“ „Leider nicht königliche Hoheit. Der König hat genaue Anweisungen gegeben. Ihr habt natürlich die volle Befehlsgewalt, sollte es zu einem Ausnahezustand kommen, oder der König verhindert sein aber, er hat uns Schriftrollen und Befehle hinterlassen die wir zu befolgen haben, und somit auch ihr mein Prinz.“ Das konnte er nicht fassen. Er war also nur ein Aushängeschild? Er hatte nichts zu sagen, und das obwohl der König fort war? Wütend und aufgebracht verließ der blonde Prinz den Thronsaal. Er war hier fehl am Platze. Er gehörte zu seinen Soldaten, denn hier hörte scheinbar niemand auf ihn wie er nun erfahren hatte. Missmutig querte er den Palast und begab sich in Richtung Stallungen. Er war kurz davor den Palast zu verlassen. Brauchte man ihn doch ohnehin nicht. Es war ein ungünstiger Augenblick für Prinzessin Enmouen jetzt zurückzukommen. Noch dazu mit nassen, schmutzigen Kleidern. Ihr Pferd hatte vor einem Sprung gescheut und sie stürzte in den Wassergraben. Zwar störte das die junge Prinzessin nicht, und auch nicht ihre Reitbegleiter, aber es störte den Thronfolger schon seit langem, so dass eine Diskussion darüber, schon lange überfällig war… „Prinzessin Eflusa!“ Der aufgebrachte Ruf einer der Zofen, riss sie aus ihren Gedanken, und ihrem Harfenspiel, bevor die Elfe schnell atmend im Musikraum erschien. „Bitte….kommt schnell! Es ist furchtbar.“ Besorgt erhob sich die ältere Prinzessin von ihrem Instrument. „Was ist geschehen?“ „Prinzessin Enmouen und Kronprinz Emraen“, japste die Zofe. „Unten bei den Stallungen. Bitte kommt schnell! Sonst geschieht noch ein Unglück.“ Es blieb keine Zeit mehr für weitere Fragen. Die Dienerin eilte voraus und die Prinzessin folgte ihr. Ihr eiliger Weg führte sie so schnell wie möglich nach unten, zu den Stallungen des Palastes im Schutz der mächtigen Wurzeln des gewaltigen Baumes. Schon bevor sie den Palast verlassen hatte, hörte sie zwei aufgebrachte Stimmen die sich wüst anschrien. „Es ist so schrecklich! Sie gingen aufeinander los wie zwei wilde Hunde als die Prinzessin von ihrem Ausritt zurückkam“, berichtete die Zofe atemlos und winkte den Wachen das Tor für Prinzessin Eflusa zu öffnen, und dies geschah auch, so dass die beiden Streithähne nun deutlich zu hören waren. „Wie kannst du es wagen?“ Das kam von Emraen, und er klang mehr als nur verärgert. Eflusa vergrößerte ihre Schritte soweit das Kleid es zuließ. „Was denn? Dir zu wiedersprechen Eure Hoheit? Ich gehöre nicht zu den Speichelleckern die ständig um den werten Thronfolger herumschleichen müssen.“ Enmouen! Warum konnte sie ihr Temperament nicht etwas zügeln? Die ältere Prinzessin huschte um die Ecke zu den Ställen und sah die beiden Streithähne nun sich gegenüberstehen. Beide sahen so aus als würde nur noch ein kleiner Funke benötigt um einen von ihnen wie ein Fass Öl explodieren und brennen zu lassen. Das schlimme dabei war…es war nicht zu sagen wer der beiden näher an diesem Punkt war. Man mochte vermuten der Prinz, doch so wie Eflusa ihre Schwester kannte, konnte sie auch sagen das dies nicht so sicher war. „Was erlaubst du dir Mädchen?“ Für Emraen war dieses Wort wohl im Moment als Beleidigung gedacht und Enmouen nahm es wohl auch als solche auf. „Denkst du dass die beinahe närrische Liebe unseres Vaters zu dir, und deinem kindischen Benehmen ausreicht um dich mir entgegen zu stellen?“ „Und denkst du das du mir Angst machst mit deinem Titel der dir nur gegeben wurde weil du zufällig der Erstgeborene bist?“ Enmouen stand in ihrer Sturheit ihrem Bruder in nichts nach. Einzig und allein ihr unterschiedliches Geschlecht trennte sie weiter voneinander als es bei Brüdern wohl der Fall gewesen wäre. „Was willst du damit sagen Enmouen?“ der Thronfolger sprach sehr verhalten und leise. Ein Zeichen seiner Wut. Eflusa starrte die beiden an ohne zu wissen was sie tun sollte. Enmouen entgegen warf mit einer kecken Handbewegung ihr Haar –welches sich aus ihrem langen Zopf gelöst hatte- nach hinten und richtete sich vor ihrem Bruder auf. „Das heißt…Wenn ich ein Junge geworden wäre, würde ich eines Tages den Waldelfenthron erben Emraen. Weil ich mehr der Sohn wäre den unser Vater sich wünscht. Jeder hier im Palast weiß das! Da könntest du Tausende von Jahre vor mir geboren worden sein. ICH bin trotz meines Geschlechtes mehr der Sohn unseres Vaters als du es bist oder jemals sein wirst!“ Eflusa glaubte ihr Herz würde stehen bleiben. Ebenso sah ihre Dienerin aus die noch bei ihr stand, und auch in anderen umstehenden Gesichtern war der blanke Entsetzte zu sehen. Auch in den Augen ihres Bruders, wo die Wut gerade in blanken Hass umschlug und er einen Schritt auf seine jüngste Schwester zumachte. „Emraen nicht!“ Eflusa setzte sich automatisch in Bewegung und war in einigen eiligen Schritten zwischen den beiden und legte ihre Hände an die starke Brust des blonden Prinzen, wo sie sein Herz stark und schnell schlagen fühlen konnte. „Mäßige dich Bruder. Sie weiß nicht was sie da sagt. Sie will dich nur ärgern“, log die mittlere Prinzessin. Auch wenn sie wusste das Enmouen stets sagte was sei dachte, und das sie überzeugt von dem war was sie von sich gab. Was es nur noch schlimmer machte. Besonders da es vielleicht sogar wahr war, was sie da von sich gab. Zumindest zu einigen teilen. „Misch dich nicht ein Schwester. Ich weiß sehr wohl was ich sage, und allein darum lasse ich mir von IHM nichts befehlen.“ Enmouen goss auch noch Öl ins Feuer. „Was ist Kronprinz? Willst du mich nun zum Kampf herausfordern? Ich wäre nicht abgeneigt mich mit dir…“ Weiter kam sie nicht, denn jetzt schallte das Geräusch einer heftigen Ohrfeige durch die Stille der Umgebung. Enmouen hielt sich die Wange die sich schnell rot färbte und sah ihre Schwester an, die sei geschlagen hatte und welche mit wütendem Blick zwischen ihr und Emraen stand. „Gut so“, meinte der Prinz höhnisch. „Hätte sie es nicht getan, dann ich. Obwohl ich einem Kampf nicht abgeneigt wäre. Denkst du wirklich das…“ Und auch der Kronprinz wurde auf dieselbe Art zum Schweigen gebracht wie seine jüngere Schwester. „Was denkt ihr euch eigentlich?“ Eflusas Stimme zitterte vor Wut, Scham und Schmerz. „Ihr seid Bruder und Schwester und Kinder des Waldelfenherrscherpaares! Wie könnt ihr euch so benehmen? So…so…“ Ihr fehlten die passenden Worte dafür. „Schämt euch! Alle beide. Muss ICH es sein der euch Vernunft lehrt? Was denkt ihr was unsere Eltern dazu sagen werden? Wie enttäuscht sie sein würden wenn sie erfahren dass ihre Kinder sich in diesem Alter benehmen wie Nachkommen von irgendwelchen wilden Wandervölkern aus dem Norden? Egal wie sehr der König dich lieben mag Enmouen. Du gehst zu weit. Du bist und bleibst nun mal eine Prinzessin. Eine Frau und solltest deinen Platz endlich einnehmen. Und du Emraen“, sie wand sich gleich an ihn, bevor er sie unterbrechen konnte mit einer höhnischen Bemerkung, „Du bist der eigentlich Verantwortliche hier wenn Vater fort ist. Ist das deine Auffassung von Pflicht? Dich hier mit einem jungen Mädchen zu streiten und gegen sie kämpfen zu wollen? Dich von ihr provozieren zu lassen?“ Beide schwiegen ihre Schwester an, aber ihre Blicke waren immer noch aufeinander gerichtet und sie waren mehr als feindselig. „Halte dich in Zukunft fern von mir Enmouen. Zu deinem eigenen Wohle“, knurrte der Kronprinz wütend und funkelte seine Schwester über Eflusas Kopf hinweg an. „Dasselbe gilt für dich Emraen. Je weniger ich dich sehe, umso besser wird es sein“, antwortete die Jüngste, und bevor Eflusa noch etwas sagen konnte, wandten sich beide ab und verließen –in entgegengesetzten Richtungen den Platz. So das Eflusa und die schweigende Zuschauerschar zurückblieben. „Kein Wort von dem hier darf im Palast die Runde machen“, flüsterte die Prinzessin schließlich, als sei ihre Fassung wiedererlangt hatte, und sah die Umstehenden an. „Kein Wort über diesen Streit oder das was dabei gesagt oder getan wurde. Zu NIEMANDEN!“ Ihre schönen Augen wurden ernst und sie prägte sich alle Gesichter ein. „Sollte ich erfahren dass irgendjemand außer euch allen hier etwas darüber erfahren hat, dann werdet ihr alle bestraft werden. Egal wer der Schuldige ist. Verlasst euch darauf. Ich scherze nicht. Dieser Moment wird nie geschehen sein. Nicht vor dem Königspaar und erst recht nicht vor irgendwelchen niederen Elfen. Es ist nie passiert, und nun geht wieder eurer Arbeit nach.“ Hastig nickten die Palastbediensteten und zerstreuten sich. Keiner zweifelte an den Worten der Prinzessin, denn jeder wusste wie wichtig ihr die Ehre der Familie war, und außerdem wollte niemand dass der König oder die Königin davon erfuhren. So geschah es, das niemand darüber auch nur ein weiteres Wort verlor. Man schwieg wie befohlen, und die beiden Geschwister Emraen und Enmouen sprachen nicht mehr miteinander. Nicht das sie früher viele Worte gewechselt hatten, aber nun waren auch diese verstummt durch den schrecklichen Streit. Jedoch benahmen sie sich –als das Königspaar zurückkehrte- zumindest höflich, so dass die Eltern nichts ahnen konnten, oder misstrauisch wurden. Der König hatte ohnehin kein Auge für solche Dinge. Das wusste Eflusa, doch fürchtete sie um die wissenden Augen ihrer Mutter. Doch diese schien ein wenig…abgelenkt…zu sein, und mit den Gedanken weit fort, so das ihr die deutliche Kühle zwischen Enmouen und Emraen nicht auffiel, wie es schien. Eflusa dankte den Göttern dafür, machte sich aber auch Sorgen um ihre Mutter, die ihr –wenn sie sonst auch alles mit ihr besprach- dieses Mal nicht sagen wollte was sie bedrückte, und nur meinte es wären die Strapazen der Reise die sie müde gemacht hatten. Wochen vergingen und alles war wieder so wie es sein sollte und immer gewesen war. Emraen war wieder bei den Soldaten und scheinbar froh dem Palast den Rücken kehren zu können. Enmouen lebte weiter wie bisher, hatte sich jedoch bei ihrer Schwester für ihr Benehmen entschuldigt, auch wenn sie ihre Worte an sich nicht bereuen konnte. Eflusa blieb wie sie war. Ruhig, wachsam, gehorsam, und stets an der Seite der Königin. So war es auch Sie die als erste von der freudigen Nachricht erfuhr das ihre Mutter erneut guter Hoffnung war, was ihr die Heiler des Palastes bestätigt hatten. Die Freude im Palast war groß als die gute Nachricht die Runde machte. Der König scherzte gut gelaunt über dieses Geschenk der Reise und plauderte hinter vorgehaltener Hand darüber wie zutraulich die Königin in ihrer alten Heimat gewesen war. Dies musste ja wohl Früchte tragen. Diese Worte erreichten allerdings nicht die Damen des Palastes. Dies war Männersache und hatte wohl etwas mit deren Stolz zu tun, den Frauen ohnehin nicht verstehen, nur akzeptieren konnten. Chandari jedoch war nicht so erfreut wie bei ihren früheren Schwangerschaften. Nicht das sei sich nicht über das neue Leben in ihr freuen würde…sie fürchtete nur um dessen Ursprung. Die leidenschaftliche Nacht im Mondlicht war vielleicht nicht ohne Folgen geblieben? Auch wenn es eher selten war das ein einziges Mal ausreichte um schwanger zu werden, so glaubte sie, war es eben doch möglich das vielleicht Prinz Tendaí der Vater ihres Kindes war. Jedoch nur vielleicht, den Chandari hatte noch am selben Tag, und den Tagen und Nächten danach den König aufgesucht um ihm…Willens zu sein, ohne Verdacht zu erregen, auch wenn dabei ihr schlechtes Gewissen ihr das Atmen schwer gemacht hatte. Das Kind das sie nun unter dem Herzen trug konnte also zwei mögliche Väter haben. Doch die Götter würden ihr eine einzige schwache Nacht doch nicht so vergelten oder doch? Immerhin war sie nun schon seit gefühlten Ewigkeiten die Königin der Waldelfen und Endriel eine gute Frau. Wie hatte sie nur ihre Ehre, ihren Ruf und auch somit den ihrer Kinder so leichtfertig gefährden können? Sie war eine schlechte Mutter, denn eine gute wäre standhaft geblieben und hätte der Versuchung nicht nachgegeben. Dennoch war sie glücklich über das Kind in sich. Fühlte wie es heranwuchs, wie es kräftiger wurde und das erste Mal sich spürbar in ihr bewegte. Eflusa war –wie auch bei der Schwangerschaft zu Enmouen- stets bei ihr und erlebte dieses Wunder der Schwangerschaft so mit ihr. Jedoch kannte ihre ältere Tochter sie beinahe zu gut, denn sei bemerkte die leichte Unruhe Chandaris sehr wohl und die Königin musste immer wieder bestätigen und schwören das es ihr gut ginge und das Mädchen sich dies alles nur einbildete, was ihr selbst schmerzte, denn sei log ihre Kinder nicht gerne an. Auch Enmouen gesellte sich öfter zu ihnen und legte ihre Hand auf den inzwischen doch deutlich gewölbten Bauch der Königin, welcher sie jedoch in keinster Weise unbeholfen, plump oder schwerfällig erschienen ließ. Im Gegenteil… Chandari war schwanger beinahe noch schöner als sie es sonst war. Ihre Töchter nannten das die Liebe zu dem neuen Kind, und auch der König und der Rest des Palastes bewunderten die Königin dafür. Beinahe ein Jahr später war es dann soweit. In den Morgenstunden eines lauen Frühlingstages setzten die Wehen bei der Königin ein und einige Stunden später gebar sie einen gesunden jungen Prinzen, welchen Eflusa, die auch hier anwesend war, zuallererst im Arm halten durfte. „Wie sieht er aus?“, fragte die Königin erschöpft und sah zu ihrer Tochter herüber, welche sich über die Frage nicht wunderte, hörte sie eine andere Bedeutung aus diesen Worten heraus als sie wohl gemeint waren. „Gesund und wunderschön. Er hat blondes Haar wie Emraen, ganz weich und flaumig ist es noch. Er ist wunderschön Mutter.“ Eflusa gab ihn der Königin in die Arme und diese sah auf den kleinen Prinzen der sich zitternd an sie schmiegte. Er hatte tatsächlich blondes Haar und nicht das weiße welches sie und die Mondelfen zierte. Was wohl einem Einschlag ihrer Vaterlinie zu verdanken war. Denn Chandaris Vater war ebenfalls blond gewesen. Es waren die Augen die Chandari kurz die Luft anhalten ließen. Die Augen ihres kleinen Sohnes hatten die Farbe von Cyan, einem leichten Türkis, und somit ähnelte es den Augen des Mondelfenprinzen doch sehr stark. Jedoch blieb die Hoffnung dass sich das mit dem Alter noch änderte. Fast alle Säuglinge hatten so strahlende Augen. Sie würde es sehen, doch für Chandari gab es keinen Zweifel. Dieses Kind war ein Kind des Mondes und nicht des Waldes, und dies musste, um seinetwillen, ein Geheimnis bleiben. Endriel besuchte nun die Gemächer der Königin, küsste seine Frau stolz und nahm dann seinen Sohn auf den Arm, von dem er ebenso begeistert war wie von den Kindern zuvor. Er schien keine Auffälligkeiten zu bemerken und er war ein guter Vater, und das war es was Chandari sehr an ihm bewunderte und schätzte. Und dies sollte auch für Emdoa, so würde sie ihn nennen, so sein. Emdoa, was „schöne Erinnerung“ bedeutete, und was Endriel sehr passend fand, da er ja, wie er glaubte, und wie es ja auch gewesen war, eine schöne, bleibende Erinnerung dieser Reise in das Mondelfenland war. Emraen war an diesem Tag sogar im Palast gewesen und hatte seinen Bruder dann auch sehen können, welcher ihm von seinem Vater präsentiert wurde. „Was sagt man dazu“ Enmouen stand leicht hinter ihm und sprach sehr leise, so das nur ihr Bruder sei hören konnte. „Ein weiterer blonder Prinz. Wohin mag das wohl führen Thronfolger? Hoffentlich wird er dich nicht noch eines Tages einholen?“ Bevor Emraen etwas erwidern konnte, stand Eflusa zwischen ihnen und machte mit einem Blick deutlich das es besser wäre wenn er schwieg und auch Enmoen, welche dies auch tat um sich dann zu ihrem Vater zu stellen und den jüngsten Prinzen im Arm zu halten. „Du wärst ein guter Bruder wenn du es versuchen würdest. Ich glaube fest daran“, flüsterte Eflusa ihm nun zu und der Ältere zuckte nur mit den Schultern. „Wenn du dich da nicht täuscht Schwester“, und verschwand anschließend wieder. Eflusa sah ihm hinterher und ihr Herz fühlte sich schwer an. „Doch…ich glaube daran und ich irre nicht. Du wirst es schon eines Tages einsehen.“, flüsterte sie, um dann selbst wieder zum Rest ihrer Familie zurückzukehren, die nun wieder etwas gewachsen war. Kapitel 6: Dunkle Wolken ------------------------ Der kleine Prinz war ein fröhliches und strahlendes Kind. Schon als Säugling. Er war neugierig und versuchte mit seinen strahlenden Augen alles aufzunehmen was er nur erspähen konnte. Seine Eltern und auch die beiden Schwestern liebten ihn, und ließen ihn das auch spüren. Der Kronprinz gab sich –wenn er denn im Palast war- höflich und nicht abfällig dem Kind gegenüber. Weshalb auch? Der Säugling konnte nichts dafür dass das Leben seines Bruders anders verlaufen war als sein eigenes es wohl werden würde. Wenn Emraen jemanden die Schuld geben wollte, dann tat er dies bei seinen Eltern, jedoch nie öffentlich, sondern nur in den Tiefen seiner selbst, wo niemand sich daran stören konnte, oder er jemanden damit belästigte. Chandari blühte mit ihrem neuen Kind erneut auf. Es war als hätte jedes einzelne ihrer Kinder ihr noch mehr Gründe zum Strahlen gegeben, und sie dankte den Göttern jeden Tag dafür. Inzwischen gab es auch –zumindest für die Königin- keinen Zweifel mehr, wer der Vater des kleinen Prinzen war. Spätestens als sie ihn das erste Mal mit zu einem ihrer Mondspaziergänge nahm, wobei sie beinahe immer alleine und ungestört war, entdeckte sie sein Mondelfenblut. Emdoa schimmerte und strahlte wie sie es selbst tat. Wie sie es tat und wie es Tendaí tat. Zumindest ihr fiel dies auf. Wenn sie einmal einer Palastwache begegnete, oder auch eine ihrer Töchter sie begleitete, oder eine Hofdame bei ihr war, dann sprach sie sich selbst und auch die anderen auf ihr eigenes hohes Erbe am Blut der Mondelfen aus, so das kein Verdacht geschöpft wurde. Immerhin war auch Enmouen eine Tochter von Endriel und Chandari, wobei sie sehr wenig des Mondelfenleuchtens besaß, ebenso Emraen. Es war nur dezent. Sichtbar ja, aber im Vergleich zu ihrer Mutter unscheinbar. Eflusa strahlte mehr und so war es auch nicht verwunderlich für das Volk und den König, das der kleine Prinz Emdoa nun eben mehr das Blut seiner Mutter in sich trug, wo seine nächstälteste Schwester doch so viel von ihrem Vater geerbt hatte, und da schon Emraen blond war, war auch die Haarfarbe des Kindes kein Grund für Spekulationen. Es war fast so als ob die Götter ihr diesen Fehler verziehen hätten. Denn es war Unrecht als verheiratete Frau und als Königin die Liebe zu einem anderen Mann zu leben, egal ob es nur eine Nacht war oder ob es hunderte gewesen wären. Die Schuld lastete dennoch auf den schmalen Schultern der Königin, den ihr Herz bereute es nicht. Ihr verstand tat dies dauernd, aber ihr Herz bewahrte diese Erinnerung auf wie einen kostbaren Schatz, und ihr Herz bereute es nicht einen Moment lang, das sie sich ihrer wahren Liebe hingegeben hatte. Was natürlich in ihr zu ziemlichen Streitigkeiten führte, welche sie versuchte zu umgehen, indem sie sich weiterhin um ihren jüngsten Sohn kümmerte. Eflusa war wie gewohnt an der Seite ihrer Mutter. Wie auch schon bei Enmouen half sie der Königin dabei mit dem Kleinkind zu spielen, es anzukleiden, zu baden. Es machte ihr Freude und es festigte das Band zwischen den Geschwistern, wie es auch bei Enmouen und Eflusa der Fall gewesen war. Auch Endriel nahm sich die Zeit mit seinem Sohn zu spielen wenn es seine Berater zuließen. Dies hatte er auch mit Emraen getan als er noch klein war, und die Ausbildung zu seinem Nachfolger hatte dies ja unterbrochen. Doch Prinz Emdoa brauchte solche Behandlung nicht zu fürchten. Natürlich, wenn er alt genug war, würde auch er lernen zu reiten, zu kämpfen und ein wahrer Waldelfenkrieger zu sein. Doch nicht so wie es bei Emraen der Fall gewesen war. Chandari hatte das Versprechen des Königs, und er hielt sich eisern daran. Keines ihrer Kinder durfte ihr weggenommen werden. Emraen brachte das Opfer sozusagen für seine Geschwister, auch wenn er es nicht so sah, und wohl auch nie so sehen würde. Wann immer es die Zeit zuließ, traf sich die Königsfamilie in den Gärten und verbrachte Zeit zusammen. Endriel focht dann Schaukämpfe mit Enmouen aus um den kleinen Prinzen zu zeigen wie er eines Tages kämpfen würde, der interessiert auf dem Schoss seiner Mutter saß und die beiden herumalbernden Erwachsenen –sofern man Enmouen so nennen wollte- beobachtete, dann aber schnell das Interesse an deren Fechtkunst verlor und lieber die Schmetterlinge betrachtete die um die bunten Blüten flatterten, oder Eflusa dabei zusah wie sie aus einigen Blumen einen Kranz flocht um dann zu ihr zu krabbeln, so dass sie ihm das Blumengebinde um den kleinen Hals legen konnte, was natürlich viel zu groß war, die Augen des kleinen Jungen aber dennoch zum Strahlen brachten. „Also ich weiß nicht Mutter“, meinte Eflusa und hob den Kleinen zu sich auf den schoss wo er völlig fasziniert den Blumenschmuck betrachtete. „Wenn ich mir Emdoa und Enmouen so ansehe, dann scheint mir dass die Götter wohl einen kleinen Irrtum zugeben müssen.“ Chandari lächelte milde und streichelte durch das weiche blonde Haar des Kleinkindes und strich es hinter die spitz zulaufenden kleinen Ohren. „Willst du damit etwa sagen das Enmouen mehr Prinz als Prinzessin ist? Da magst du Recht haben. Aber um zu sagen das Emdoa mehr eine Prinzessin wäre, fehlen uns noch viele Jahre an Zeit. Emraen war auch so wie er als er klein war. Neugierig, interessiert. Aber ihr alle seit so wie ihr sein sollt und nicht anders, und ich bin sehr froh darüber und würde es nicht anders haben wollen mein Kind.“ Ihre Unterhaltung wurde kurz unterbrochen da Enmouen es nun geschafft hatte den König zu entwaffnen und mit einem „Hahaa“, sich auf ihn stürzte, so dass beide in einem der Blumenbeete landeten und rings um sie Blütenblätter aufwirbelten, die sich dann in ihren Haaren verfingen. Chandari und Eflusa starrten etwas ungläubig und besorgt auf die beiden auf dem Boden liegenden, die nun lauthals zu lachen begannen, was den beiden Frauen ein Lächeln entlockte. „Nicht mehr Prinz als Prinzessin. Eher mehr Hofnarr als Prinzessin Mutter.“ Eflusa hatte Mühe nicht ebenfalsl laut über ihren Vater und ihre Schwester zu lachen, die sich nun wieder aufrappelten und versuchten die Blüten von sich zu klopfen. Der kleine Prinz war jedenfalls völlig hingerissen von dieser Vorstellung, die er auch zuerst mit großen Augen verfolgt hatte, um nun zu lachen, zu klatschen und seine kleinen Ärmchen nach dem Vater auszustrecken, der mit einem zufriedenen Lächeln auf ihn zukam. Endriel nahm seinen jüngsten Sohn auf den Arm und warf ihn in die Luft, worauf er noch mehr lachte, strahlte und gluckste. Eflusa besah sich dieses schöne Bild und sah dann zu ihrer Mutter hinüber, die zufrieden, aber auch ein wenig wehmütig aussah. Sie kannte es wenn Zweifel sich in die strahlenden Augen ihrer Mutter schlichen. Sie waren dann wie kleine Schatten die durch die funkelnden Iriden huschten. „Bedrückt dich etwas Mutter?“, fragte sie vorsichtig und legte ihre Hand auf die blassen Hände der Königin, um sie dann aufmerksam anzusehen. Aber die Königin nahm sich schnell zusammen, setzet ein Lächeln auf, das zwar ehrlich war, aber nicht ganz verbergen konnte das sie ein wenig traurig war. „Es ist nichts. Nur der Gedanke an früher.“ Eflusa bezog diese Worte auf Emraen. Nicht wissend das ihre Mutter etwas anderes meinte. Nämlich das es nicht gerecht war das Tendaí nicht die Möglichkeit hatte so mit seinem Sohn umzugehen. Nein! Es war falsch Emdoa als seinen Sohn zu bezeichnen. Er war der Sohn Endriels, denn dieser war ihm ein Vater. Wer sein „Erzeuger“ war, durfte in seinem Leben keine Rolle spielen. Endriel liebte den kleinen Prinzen, und dieser liebte ihn. Er konnte zwar noch nicht sprechen, aber man sah es ihm an. In dieser Hinsicht war er nun eben Endriels Sohn, und nichts weiter. Tendaí würde schon noch Gelegenheit bekommen sich als Vater zu beweisen. Chandari sah ihre Tochter an, die nun aufgestanden war und sich zu ihrer Schwester, dem Vater und dem kleinen Prinzen begeben hatte, an und seufzte stumm und schwer. Eflusa wurde von Tag zu Tag schöner, und sie würde eine wundervolle Braut sein wenn die Zeit gekommen war, doch war es Chandari so schwer daran zu denken das ausgerechnet ihre geliebte Tochter eines Tages haben würde, was sie sich ersehnte. Alles was ihr blieb waren Erinnerungen an vergangene Tage und die Hoffnung dass die Zukunft für ihren Geliebten und ihre Tochter rosiger sein würde, als für sie selbst. Obwohl sei so nicht denken durfte. Sie lebte zwar nicht mit dem Mann zusammen den sie wirklich liebte, aber sie hatte eine Familie die sie ehrlich und aufrichtig liebte, und ebenso ein Volk für das sei eine Königin war. Es war also falsch zu denken dass es ihr schlecht ging. Es ging ihr nicht schlecht! Sie lebte ihr Leben nur anders als es anfangs geplant war, aber sie würde –allein um ihrer Kinder Willen- immer wieder alles genauso machen, denn ohne Endriel würde es ihre Kinder nicht geben, und diese würde sie nicht für alles Glück und Liebe dieser Welt hergeben wollen, und genau das bestätigte sich gerade wenn sei ihre Familie so ansah. Emraen fehlte in diesem glücklichen Bild, wie leider immer, aber es würde die Zeit kommen wo er versteht dass er Teil dieser Familie ist und als solcher auch geliebt wurde. Die Jahre vergingen, die Jahreszeiten wechselten sich ab in ihrem unendlichen Reigen der Zeit und hielten unaufhaltsam Einzug im Königreich der Waldelfen. Inzwischen war Prinz Emdoa schon fünf Jahre alt geworden, und immer noch ein wachsamer, aufmerksamer Begleiter seiner Mutter und seiner Schwestern. Er war kein großer Freund von Kämpfen und Wettstreitigkeiten. Er war auch noch ziemlich jung für so etwas, auch wenn König Endriel es ihm spielerisch beibringen wollte, wenn er dazu Zeit fand. Doch die meiste Zeit verbrachte der König damit neue Heere gegen die Schattenelfen aufzustellen, die nun wieder vermehrt an den nordöstlichen Grenzen des Landes einfielen. Diese Gegenden wurden also nun eher von den Waldelfen gemieden. Man konzentrierte sich – wenn man nicht am Krieg verdienen konnte- auf den Handel mit den Mondelfen und den Dämonen. Den deren Reich lag auch an den Grenzen des Waldelfenvolkes und zwischen König Endriel und Fürst Myrion gab es ja ein Handelsabkommen, welches dazu beitrug das die Völker sich austauschten und beiderseitig verdienen konnten. Chandari hatte es sich in den Jahrzehnten, nein, Jahrhunderten, zur Gewohnheit gemacht einige Male im Jahr, wenn die großen Händlerkarawanen durch die Lande zogen, die nächstliegende Stadt der Waldelfen aufzusuchen und sich anzusehen was die Händler zu bieten hatten. Ihre Kinder hatten sei dabei immer wieder begleitet, war es für die Mädchen immer aufregend gewesen die Schmuckstücke des Dämonenvolkes zu bewundern und hier und da, auch welche geschenkt zu bekommen. Chandari hatte, wie eigentlich alle Elfen Esralons zu dieser Zeit, nichts direkt gegen die Dämonen. Sie waren einfach anders als die Elfen, aber auch nicht sehr anders. Es war diese Verschiedenheit der Rassen die ihre Welt schön machte, wie sie es empfand und dementsprechend offen ging sie auch mit Fremden, aber auch ihrem eigenen Volk um, welches seine Königin liebte und verehrte. Mochte sie zwar eine Mondelfe sein, aber Chandari hatte sich angepasst und glänzte durch ihre einfache Natürlichkeit und offene Art mehr als jeder Schmuck an ihr den ihr, ihr Gemahl schenkte und womit sie beinahe überhäuft war, jedoch ohne wahrlich überlastet zu sein. Sie verstand es einfach sie selbst zu sein, auch wenn sei mit Hofdamen und Dienern reiste die ihre Einkäufe tragen mussten, doch was wohl jeder gerne in ihrer Gegenwart zu tun schien. Emraen war vor zwei Tagen wieder von seinem Heer zurückgekommen, in welchem er nun schon als Hauptmann diente und geschätzt wurde. Auch aufgrund seiner herausragenden Leistungen auf dem Schlachtfeld. Er kam immer wieder in den Palast zurück wenn eine Schlacht erfolgreich geschlagen worden war um sich auszuruhen und neue Instruktionen von seinem Vater zu erhalten. Wenn Emraen im Palast war, bemühte sich Enmouen es nicht zu sein. Chandari wusste dass die beiden sich nicht sonderlich grün waren, schob dies aber auf ihr unterschiedliches Alter. Von dem verheerenden Streit zwischen den beiden wussten sie und auch der König nichts. Dennoch ergab es sich nun, da der Thronerbe im Palast war, das Enmouen ihre Mutter und ihren kleinen Bruder begleitete bei ihrem Ausflug in die Stadt. So nah am Palast war es sicher. Kein Schattenelf konnte sich soweit in das Landesinnere vorpirschen ohne aufzufallen. Natürlich begleiteten zwei bewaffnete Soldaten die Königin und ihre Kinder, doch bisher hatte es noch nie Schwierigkeiten gegeben. Es war immer alles ruhig und erfreulich verlaufen, und die Königin genoss diese Ausflüge um sich ihr Königreich immer wieder bewundernd anzusehen. Enmouen saß dieses Mal mit in der Kutsche. Sie kannte den Weg in die Stadt, ritt sie öfter mit ihren Gesellschaftern dorthin, doch wenn sie mit ihrer Mutter reiste, musste sie deren Tochter sein und da war ihr Platz nun Mal in der Kutsche und nicht auf dem Rücken eines Pferdes. Der Tag verging wie im Fluge. Die Königin fand viele Dinge für den Palast und für ihre Kinder. Auch für den König entdeckte sie einige schöne Stücke, unterhielt sich mit den Händlern, scherzte, amüsierte sich ohne dabei ihre Haltung zu verlieren. Enmouen versuchte dem Vorbild nachzueifern, doch sie war zu sehr sie selbst als das sie überzeigend eine fromme, brave Prinzessin spielen konnte. Dennoch hielt ihr das niemand vor oder machte ihr gar einen Vorwurf daraus. Viel mehr war sie jedoch damit beschäftigt auf ihren kleinen Bruder achtzugeben, der alles und jeden sehen wollte und mit seinen kurzen Beinen, unglaublich flink war. Schließlich, es war Abend geworden, machte sich die königliche Kutsche auf den Weg zurück zum Palast. Emdoa schlief tief und fest an seine Mutter gekuschelt und brabbelte im Schlaf so manches Wort das er heute neu gelernt hatte. Meist waren es Dinge und Gegenstände dir er noch nicht gekannt hatte, die sein Interesse nun auch im Schlaf noch weckten. Auch Enmouen gähnte verhalten und lehnte ihren Kopf an die Schulter ihrer Mutter. Sie hatte Mühe die Augen noch aufzuhalten, denn waren sie doch sehr viel herumgelaufen –sie ohnehin weil sie Emdoa verfolgt hatte- und nun ließ die Anspannung des Tages nach und sie gab sich dem sanften Schaukeln der Kutsche hin, welche offen war, so das Chandari nun zum Himmel hochsah und den Sonnenuntergang betrachtete. Es war ein friedlicher, perfekter Tag gewesen. Die Silhouette des Mondes war auch schon ein wenig zu sehen. Ja, heute Nacht würde sie wieder einen Spaziergang im Mondlicht machen. Es wüprde der perfekte Abschluss eines perfekten Tages sein. Doch dazu sollte es nicht kommen… Es war auf dem halben Weg zwischen der Stadt und dem Palast als in einiger Entfernung vor ihnen ein Wagen auf der Straße zu sehen war, der wohl eine Panne hatte, den um ihn herum standen wohl die Fahrer des selbigen und versuchten das Unglück ungeschehen zu machen. Es war ein großer Wagen eines dämonischen Händlers. Ein Rad war gebrochen und das ganze Ding hatte sich geneigt so das auch eine Achse gebrochen war, und die Händler nun gerade dabei waren den Wagen abzuladen, um die gebrochene Achse reparieren zu können. Es gab zumindest keinen Weg an dem Wagen vorbei, den beidseitlich der befestigten Straße befanden sich hohe Bäume und Wurzelwerk, die das fahren unmöglich machten. Die Händler entschuldigten sich aufs untertänigste bei der Königin und den Soldaten. Sie würden so schnell sie konnten arbeiten, aber es ginge bestimmt schneller wenn noch mehr Hände anpacken würden, so sagten sie. Da dies logisch klang, weiß Chandari den Soldaten an zu helfen, welche nun von ihren Pferden abstiegen und sich dem Wagen näherten um zu helfen. Auch der Kutscher stieg ab und begab sich zu den Händlern. „Was ist los?“ Enmouen war wieder aufgewacht und blinzelte verschlafen zu den vielen Männern, den es waren ausschließlich Männer die hier umherwuselten. „Die Händler hatten ein Unglück. Die Soldaten helfen damit es schneller weitergeht. Du kannst ruhig noch schlafen Kind“, meinte die Königin und streichelte mit der freien Hand über das schwarze Haar ihrer Tochter, welche etwas skeptisch die vielen Männer betrachtete. Dann ging alles unheimlich schnell! Enmouen sah etwas aufblitzen im Dämmerlicht und kurz darauf ging einer der beiden Soldaten keuchend zu Boden. Aus seinem Rücken stand eine Schwertspitze hervor, von der sein Blut tropfte. Noch ehe eine der beiden Elfenfrauen vor Schreck aufschreien konnte, hatten die Händler auch den zweiten Soldaten und den Kutscher getötet und sahen nun mit gierigen Augen in die Kutsche, wobei einer der Männer bereits die Zügel der Pferde festhielt. „Keine Angst Hoheiten. Wir sorgen nur dafür das unsere Reisekasse etwas besser gefüllt wird“, sagte einer der Männer mit einem widerlichen Grinsen im Gesicht und die anderen fingen an zu lachen. Enmouen hatte sich beinahe schützend vor ihre Mutter und ihren kleinen Bruder gestellt und Chandari hielt den Kleinen fester an sich gedrückt, da er inzwischen aufgewacht war und weinte weil er die Aufregung und die Angst spüren konnte die von seiner Mutter ausging, die sonst eher ein Ruhepol in seiner kleinen Welt war. „Was wollt ihr von uns?“ Es war Enmouen die zuerst die Sprache wiedergefunden hatte. „Wie gesagt Prinzesschen. Ihr und Eure Mutter, sowie der kleine Prinz werdet mit uns kommen. Ein Bote wird eine Nachricht an den König bringen und darin wird dann stehen was er zu bezahlen hat wenn er Euch drei wiederbekommen möchte“, antwortete der Kerl von eben. „Der König wird sich nicht erpressen lassen“, flüsterte Chandari aufgebracht und wiegte ihren Sohn ein wenig um ihn zu beruhigen. „Ihr denkt doch nicht wirklich dass der König der Waldelfen sich von einer Gruppe Banditen erpressen lässt?“ Wieder lachten alle und einer der Männer trat gegen den toten Körper des Kutschers, was die Königin die Augen schmerzvoll schließen ließ. Wie hatte es nur soweit kommen können? Was brachte diese Männer dazu so etwas zu tun? So leichtfertig zu töten? „Ach wir denken dass dem guten Endriel seine Frau und seine Kinder schon einiges wert sein werden. Allerdings, vielleicht hat er auch genug mit seiner Frau und dem Sohn? Dann könnte die hübsche Prinzessin bei uns bleiben und uns Gesellschaft leisten.“ Einer der Männer packte Enmouens Arm und versuchte sie aus der Kutsche zu ziehen. Chandaris Augen weiteten sich für einen Moment und ihr wurde heiß und kalt zugleich. Sie fühlte eine Art Wut, nein Zorn, oder Furcht in sich aufsteigen und im nächsten Moment schleuderte es die Männer alle ein wenig von der Kutsche weg, so dass sie bemüht gefasst erstmals versuchen mussten wieder aufzustehen. „Warst du das etwa? Wie hast du…“ Enmouen starrte ihre Mutter ungläubig an, welche aber nun damit beschäftigt war sie aus der Kutsche zu ziehen und vor zu den beiden Pferden zu eilen. Mit der Kutsche kamen sie hier nicht weiter und die Zeit drängte. Die Männer waren bereits wieder auf den Beinen und versuchten sie aufzuhalten. „Steig auf das Pferd“, befahl Chandari ihrer Tochter und Enmouen war zu überrumpelt um zu wiedersprechen, so dass sie sich an dem Kutschengeschirr des linken Pferdes hochzog und auf dessen Rücken zum sitzen kam. Kaum oben angekommen reichte ihr ihre Mutter den weinenden Emdoa hinauf, den sie an sich drückte. „Was hast du vor?“, fragte sie und sah die Männer hinter ihrer Mutter bereits auftauchen, welche sich zu einem der toten Soldaten gebückt hatte um dessen Dolch an sich zu nehmen und damit nun die Lederriemen des Pferdes zu zerschneiden, so dass es frei beweglich war. „Reite! Reite so schnell wie du kannst Enmouen! Bring deinen Bruder in Sicherheit und schlag Alarm. Du kennst dich hier aus. Du bist diesen Weg schon hunderte Male geritten“, befahl sie ihrer Tochter nun, die damit zu kämpfen hatte das unruhige Pferd zu zügeln. „Aber was ist mit dir Mutter? Ich kann dich doch nicht hierlassen?“ Doch Chandari schüttelte den Kopf und schlug fest mit der flachen Hand auf die Flanke des Pferdes, welches daraufhin lossprang und rief ihr hinterher: „Reite! Reite um dein Leben und um das deines Bruders Enmouen! Halt nicht an und blick nicht zurück!“ Das Pferd preschte davon, das zweite riss sich los und folgte ihm. Chandari sah noch die fliegenden Mähnen der Tiere bevor sie harte, raue Hände packten und ihr den Dolch aus der Hand rissen, welchen sie nicht fest genug gehalten hatte. „Nette Vorstellung Hoheit! Aber meine Männer schnappen die Kleine schon noch“, knurrte der Dämon hinter ihr, der sie festhielt, und Chandari sah zwei Reiter nun los jagen, doch sie vertraute ihrer Tochter und deren Wissen um diese Gegend. „Ihr täuscht euch“, sagte sie mit fester Stimme und sah den Mann hinter sich über ihre Schulter an, und zwar mit festem Blick. „Meine Tochter werdet ihr nicht bekommen. Sie wird viel eher dafür sorgen das man euch erwischt und hinrichtet für das Verbrechen das ihr getan habt.“ Der Dämon hinter ihr legte seine Hand um den Hals der Königin und drückte fest genug zu um ihr damit das Atmen schwer zu machen. „Wir werden sehen“, war alles was Chandari noch hören konnte, dann stülpte man ihr einen Sack über den Kopf und trug sie fort. Enmouen sah nicht zurück, wie es ihr gesagt worden war. Sie klammerte das weinende Kind an sich und trieb mit festem Schenkeldruck das Pferd unter sich immer wieder an. Das sie verfolgt werden würde, war ihr bewusst gewesen, deswegen schlug sie den Weg durch den Wald ein. Einen Weg den sie schon oft geritten war und der einige schwere Hindernisse beinhaltete, über die sie das Kutschpferd trieb und hoffte dass die Pferde ihrer Verfolger es nicht schafften. Zumal sei immer wieder schnell die Richtung wechselte um die Verfolger zu verwirren. An das was mit ihrer Mutter passieren könnte, dachte sie nicht. Noch nicht! Sie musste erstmals in Sicherheit gelangen, und sie musste schnell sein. Immer wieder trieb sie dem Pferd die Fersen in die Seiten, forderte es auch stimmlich auf weiterzulaufen. Ihre ganze Umgebung war nur noch ein einziges Rauschen, das sie wahrnehmen konnte. Das Geräusch das ihr Blut machte wie es durch den Körper jagte. Es war das einzige was sie noch hören konnte, aber ihre braunen Augen waren auf den Weg zurück in den Palast gerichtet. Späher des Palastes sahen den einzelnen Reiter schließlich und schlugen Alarm so dass sich der König, der Kronprinz und einige hohe Generäle, die mit ihnen beisammen beraten hatten, sogleich auf den Weg nach unten zum Haupttor des Palastes machten. Eflusa wartete auf die Rückkehr ihrer Mutter, der Schwester und des kleinen Brüderchens ebenfalls hier unten. Die warnenden Signalhörner wiesen ihr eigentlich an sofort in den sicheren Palast zurückzukehren, und sie wollte dies auch tun, doch da drang plötzlich von weit oben die Stimme eines Spähers zu ihr herab. „Es ist Prinzessin Enmouen! Der Reiter der auf den Palast zukommt ist Prinzessin Enmouen!“ Eflusa hielt augenblicklich inne und starrte zu dem Tor das nun geöffnet wurde. Zeitgleich erschien ihr Bruder als erstes hier unten bei den Wurzeln des Palastbaumes der Waldelfen. Die beiden sahen sich einen Moment lang an und es war deutliche Sorge im Gesicht des Prinzen zu sehen, doch Hufgetrappel ließ ihre Aufmerksamkeit nun wieder zu dem Tor weichen, durch das nun ein schnaubendes, verschwitztes Pferd stürmte, auf dessen Rücken tatsächlich Enmouen saß, und in ihren Armen hielt sie den weinenden Emdoa. Stallburschen halfen der Prinzessin vom Rücken des Pferdes wo sei sogleich samt dem Kind in Eflusas Armen landete, da diese schon zu ihnen geeilt war, aber es war Emraens Stimme die als erstes erklang. „Was ist geschehen? Wo ist die Königin?“ Seine Stimme klang besorgt, beinahe ängstlich. Eine Tonlage die den Prinzessinnen fremd war bei ihrem Bruder. „Banditen! Als Händler getarnte Verbrecher aus dem Reich von Fürst Myrion stellten uns eine Falle. Die Soldaten und der Kutscher sind tot.“ Enmouen weinte mehr als das sie sprach. Eflusa stützte sie so gut es ging und hielt ihre zitternde Schwester fest, welche nun weitersprach: „Mutter hat mir geholfen zu fliehen. Ich konnte sie nicht mitnehmen! Sie haben sie! Oh Eflusa…Sie haben sie in ihrer Gewalt!“ Stimmen wurden um sie herum laut. Die Umstehenden sprachen aufgeregt durcheinander, doch es war die Stimme eines Stallburschen die, die Prinzessinnen aufsehen ließ. „Hoheit! Ihr könnt doch nicht alleine reiten!“ Sie sahen zu der Stimme und im nächsten Moment sahen sie nur noch die wehende Mähne eines dunklen Pferdes und den blonden Haarschopf ihres Bruders die das Tor passierten und im nächsten Moment verschwunden waren. Einen Wimpernschlag später erschien der König mit seinen Generälen, lauschte der grausigen Nachricht und vergewisserte sich das es seinen Kindern gut ging und wies Eflusa an sich um ihre jüngeren Geschwister zu kümmern, ehe er Befehle brüllte die beinhalteten das sogleich jeder verfügbare Mann, einschließlich ihm selbst, dem Prinzen hinterherreiten sollte, da die Königin aus den Klauen ihrer Entführer befreit werden musste. Doch es war bereits dunkel geworden und Emraen hatte einen Vorsprung, und doch wusste er genau wohin er ritt, hatte er doch die Route der Kutsche im Kopf und eine schreckliche Vorahnung wo sich Verbrecher verbergen wollten wenn sie solch eine Tat planten. Ihn holte niemand mehr ein, denn die Sorge um seine Mutter trieben den Prinzen schneller voran als jeder seiner Männer würde reiten können. Mochten die Götter gnädig sein mit den Seelen der Banditen. Emraen würde es nicht sein… Kapitel 7: Strafe, Pein, Kummer und Vergeltung ---------------------------------------------- Die Königin der Waldelfenkonnte nicht sehen wohin sie gebracht wurde. Man hatte ihr einen Leinensack über den Kopf gezogen und sie lag mit gefesselten Armen und Beinen, bäuchlings über einem Pferd, und wurde zusätzlich von einem der Männer gehalten, damit sie nicht stürzen konnte. Sie ritten schon eine ganze Weile, und immer wieder war das Lachen der Entführer zu hören die sich darüber lustig machten das die Prinzessin doch wirklich glaubte auf einem Kutschpferd fliehen zu können. Doch die Königin wusste dass ihre Tochter es schaffen konnte. Sie war eine ausgezeichnete Reiterin, und sie war schnell. Das hatte Chandari oft beobachten können wenn sie ihre Tochter in den Stallungen sah, oder wenn sie von einem Ritt nach Hause kam. Nun war nur noch zu hoffen dass die Götter ihr wohlgesonnen waren, und dass die Banditen sie nicht einholen konnten. Ihr eigenes Leben war der Königin gleichgültig. Natürlich würde sie ihre Kinder vermissen, doch in erster Linie sorgte sie sich um diese, und solange sie in Sicherheit waren, war es gleichgültig was mit ihr geschah. Das Pferd auf dem sie saß hielt nun an und kurz darauf wurde Chandari von diesem gehoben und weiter getragen, bis man sie schließlich absetzte und ihr diesen stinkenden Sack vom Kopf nahm. Es war dunkel und sie schien sich in einer Art Höhle zu befinden. Die Männer hielten Fackeln in den Händen, welche sie nun so platzierten das die Umgebung etwas mehr beleuchtet wurde. „Nicht sonderlich prunkvoll Hoheit, aber wenn Euer werter Gatte schnell genug zahlt, seid ihr nicht lange hier zu Gast als nötig“, sagte einer der Dämonenmänner und begegnete dem Blick der amethystfarbenen Augen der Elfenfrau, der keine Spur Angst beinhaltete. „Ihr könnt den König nicht erpressen. Das wird er nicht dulden. Ihr habt euch viel Mühe umsonst gemacht“, erwiderte Chandari und wand den Blick ab. Sie konnte keinen Eingang sehen. Die Höhle musste also tiefer in den Berg führen, den ein Berg musste es sein, da die Wände aus massivem Fels bestanden. „Das wird sich zeigen“, knurrte ein anderer der Männer und kam ihr näher als ihr lieb war. „Eine schöne Frau wie ihr…welcher Mann würde die nicht wiederhaben wollen wenn sie verloren ging?“ Seine Hand berührte die Schulter der Königin, welche weg wich und ihn strafend ansah, doch es war der scheinbare Anführer der Truppe der ihm befahl sie loszulassen. „Ich hab doch nichts getan“, rechtfertigte sich der Dämon und die dunklen Augen funkelten erregt auf, so das Chandaris Iriden sich vor Schreck weiteten. „Noch nicht“, fügte er nun flüsternd hinzu und trat von ihr zurück. Die Mondelfe war um ihre Fassung bemüht und versuchte ruhig zu atmen. Es war beunruhigend was sie da in den Augen des Mannes gesehen hatte, aber sie durfte jetzt nicht die Nerven verlieren. Also sah sie weiterhin stur an die kalten Wände und betete innerlich das Enmouen und Emdoa in Sicherheit waren, und ihre Gebete schienen erhört worden zu sein. Denn eine Weile später erschienen die Reiter die ausgeschickt worden waren um die Prinzessin zu schnappen, allerdings ohne die Königskinder, und Chandari atmete erleichtert durch. „Sie war einfach zu schnell. Viel zu schnell. Sie schien echt reiten zu können, und sie führte uns in ein Dickicht, aus dem wir nicht sofort wieder rauskamen. Dann war sie weg“, erzählte einer der Reiter und wurde daraufhin von dem Anführer hart geschlagen, der damit wohl nicht sonderlich zufrieden war. „Das heißt sie ist jetzt wahrscheinlich schon im Palast. Die Wachen werden alarmiert sein und uns suchen ihr Versager. Das ihr nicht einmal eine Frau fangen könnt. Ihr seid zu nichts zu gebrauchen“, tobte der Anführer, welcher schwer auszumachen war in der dunklen Höhle, da er schwarzes Haar und schwarze Hörner hatte, und auch seine Kleidung und die Hautfarbe sehr dunkel war. Chandari schloss die Augen weil sie nicht sehen wollte wie dieser die anderen Männer schlug, und sie damit bestrafte unfähig zu sein, seine Aufträge zu erfüllen. Doch sie konnte jeden Schlag hören, und somit erahnen das es schmerzhaft sein musste. „Was jetzt Garak?“, fragte einer der anderen Männer, und seine Stimme klang nervös. „Wir sollten verschwinden“, meinte ein anderer. „Ja! Bevor sie uns finden.“ Wieder ein anderer. Es mussten mindestens sechs oder sieben Männer sein, schloss Chandari aus den aufgebrachten Stimmen. “Ruhe!“, brüllte Garak, der Anführer, und ließ nun von den Reitern ab die versagt hatten. „Wir werden verschwinden, aber erst bei Tagesanbruch. Diese Höhle ist ein gutes Versteck. Der ganze Wald wird bald voller zielloser Waldelfensoldaten wimmeln. Bei Tageslicht können wir, als Händler unbemerkt weiterziehen. Bei Nacht fallen wir zu sehr auf.“ Das schien auch den anderen irgendwie einleuchtend zu sein. Doch dann machte sich wieder der Dämon von vorhin bemerkbar, der Chandari zu nahe gekommen war: „Was ist mit ihr?“, und zeigte auf die Königin, welche nun kurz zusammenzuckte. „Was soll mit ihr sein? Wir lassen sie hier zurück. Der Plan ist nicht aufgegangen. Wenn wir sie mitnehmen finden uns die Soldaten. Sollen die Waldelfen doch schön suchen. Vielleicht finden sie ihre Königin noch bevor sie hier verhungert oder verdurstet“, antwortete der Anführer verärgert. „Einfach so? Du willst sie einfach so hierlassen? Gib sie uns Garak. Dann können wir immerhin noch ein wenig Spaß haben, wenn du sie ohnehin hier sterben lassen willst.“ Der Mondelfe wurde heiß und kalt. Sie starrte den Dämon an der da eben gesprochen hatte und schluckte schwer. „Lasst mich einfach gehen. Ich schwöre dass ich nichts sagen werde. Das ich nichts gesehen habe. Es ist doch nichts passiert. Flieht einfach und wir vergessen alles Garak“, flüsterte sie leicht panisch da sie die Blicke der anderen Männer nun auf sich fühlen konnte wie viele Hände. „Bitte tut das nicht!“ Vielleicht hätte sie nicht flehen sollen. Vielleicht hätte sie einfach nur still sein sollen. Aber vielleicht wäre auch das falsch gewesen. Zumindest sprachen die Augen des Anführers der Dämonen jetzt eine ähnliche Sprache wie es zuvor sein Handlanger getan hatte. „Nicht“, flüsterte Chandari kaum hörbar, aber da griff schon eine Hand nach ihrem Kinn und zwang sie grob den Besitzer der selbigen, nun anzusehen. „Ich hatte noch nie eine Mondelfe, und schon gar keine Frau mit solch edlem Blut“, knurrte der Dämon amüsiert über den schockierten Blick der Königin, und zog sie an sich. Er war eigentlich ein hübscher Mann. Das schienen sie alle zu sein. Auf den ersten Blick. Das Volk der Dämonen war dem der verschiedenen Elfen sehr ähnlich. Mit Ausnahme der Hörner, die diese manchmal besaßen. Aber auch nicht alle, wie Chandari schon des Öfteren hatte sehen können. „Ich bin sicher nicht anders als andere Frauen“, versuchte die Mondelfe sich zu verteidigen und hoffte darauf das es ausreichen würde um sich zu retten, oder zumindest, um Zeit zu schinden. „Das wird sich herausstellen“, erwiderte der Mann, der sie festhielt und die anderen lachten daraufhin nur, und es war kein freundliches Lachen… Es war dunkel geworden in der Zwischenzeit, und Emraen hatte derweil den Ort des Verbrechens erreicht, war von seinem Pferd abgestiegen und besah sich die toten Soldaten und den Kutscher. Es war zu dunkel um Spuren richtig gut sehen zu können, also ertastete er sie. Er legte seine Hand auf den Boden und fühlte nach den Hufabdrücken der Pferde und fand eine Spur die tiefer war als die anderen. Sie musste von dem Pferd sein das mehr als nur eine erwachsene Person getragen hatte. Die blauen Augen des Prinzen sahen in die Richtung in die, die Spur führte. Er hatte es geahnt. Sie führte in Richtung der Grenze zum Dämonenreich, und in das Gebiet in dem vorwiegend die Walddrachen hausten. Starke, große, gefährliche Kreaturen, denen man lieber aus dem Weg ging, die aber auch nicht angriffen wenn man sie nicht reizte. „Also versteckt ihr euch in einer Drachenhöhle“, flüsterte der Prinz und erhob sich nun wieder, während sein Blick starr auf die Dunkelheit gerichtet blieb. „Ich finde euch Dämonenpack! Wiegt euch nicht in Sicherheit!“ Scham! Ihr ganzer Körper schien nur noch davon zu brennen. Die Männer hatten ihr die Kleidung brutal vom Leib gerissen oder geschnitten, und sie angestarrt wie ein seltenes, kostbares Tier, als sie ihre Blöße nicht mehr bedecken konnte, und versuchte von ihnen fort zu kommen. Doch die starken Hände packten ihre Fußknöchel, zogen sie über den schmutzigen, Boden zu sich zurück und knebelten sie mit einem Stück ihres eigenen Kleides, damit sie nicht schrie, oder zumindest dabei nicht gehört wurde, und durchtrennten die Stricke, die ihre Beine gefesselt hatten. Ihre Arme waren immer noch auf ihrem Rücken gefesselt, und man spreizte ihr grob die Beine, so dass sie nur noch die –inzwischen verweinten- Augen schließen konnte. Seltsamerweise beschämte sie die Tatsache dass diese Männer sie nackt sehen konnten mehr, als das sie sich davor fürchtete was sie nun mit ihr tun würden. Sie konnte sie nicht mehr ansehen, konnte dieses gierige Funkeln in ihren Augen nicht mehr ertragen. Doch riss sie ihre Augen vor Schmerz auf als der erste grobe Dämon seine abscheulichen Triebe wirklich in die Tat umsetzte und sie sich nahm wie eine gewöhnliche Dirne, doch ihre Schmerzensschreie gingen in dem Knebel und den anfeuernden Rufen der anderen Männer unter gegen die sie sich anfangs noch wehrte, doch nach dem dritten Mann gab sie auf. Der Schmerz war nicht mehr genau zu bestimmen. Er war überall. War überall dort wo diese dreckigen, groben Hände sie berührten, wo sie dem Feuer ihrer Lenden Befriedigung verschafften. „Deine Haut ist so weiß wie frisch gefallener Schnee meine Süße. Eine so schöne Frau hatte ich noch nie“, wurde ihr zugeraunt, als ein weiterer ihrer Peiniger seine Gier gestillt hatte. Chandari starrte an ihm vorbei. Sie wollte nichts mehr hören, nichts mehr sehen. „Tja Pech! Hättest du deiner Tochter nicht zur Flucht verholfen hätte das nicht passieren müssen“, fuhr er lachend fort und die anderen fielen darauf in sein Lachen ein. Chandari bereite es nicht. Sie würde es immer und immer wieder genauso tun, um nur ihre Kinder zu retten. Um sie vor all dem zu bewahren. Diese Männer konnten das nicht verstehen. „Sagt man nicht über die Mondelfen dass sie im Mondlicht leuchten?“, fragte nun einer der übrigen Männer die noch nicht an der Reihe waren, denen man aber ansah das sie es genauso wollten. „Prüfen wir es nach. Der Mond steht hell am Himmel“, sagte ein anderer und plötzlich wurde sie an den Schultern und Beinen gepackt und hochgehoben. Sie würden die Höhle verlassen? Fürchteten sie nicht entdeckt zu werden? Chandari fühlte das Mondlicht auf ihrer Haut sobald sie im Freien waren. Sie schienen auf einer Art Anhöhe zu sein, oder es war ein zweiter Eingang zu der Höhle, denn sie konnte die Baumwipfel unter sich sehen, da der Mond hell genug schien. Der Mond! Wie von selbst sah sie zum Himmel hoch und betrachtete den silbernen Mond der auf sie herunterschien, und sie begriff endlich… Dies hier war eine Strafe! Die Strafe dafür dass sie diese eine Nacht mit Tendaí verbracht hatte. Die Götter straften sie hiermit. Denn genauso wie sie in jener Nacht unter dem Mond gelegen hatte als sie in den Armen ihres Liebsten lag, so lag sie nun auch hier unter dem wachen Auge des Mondes, der sie nun strafte für ihre Tat, für ihre Untreue an ihrem König, ihrem Mann. Sie bemerkte die weiteren Übergriffe und Schändungen der anderen Männer nicht mehr. Sie sah nur noch hoch zum Mond, der Haut und Haar der Mondelfe tatsächlich leuchten ließ –was ihren Peinigern gefiel- und weinte dabei stumme Tränen. Es war ihre eigene Schuld! Sie hätte wissen müssen dass ihre Götter solch ein Vergehen nicht ungestraft ließen. Es war IHRE Strafe. Sie musste sie annehmen. Sie musste sie ertragen. Sie hatte sie schließlich selbst verschuldet. Der Kronprinz hatte sein Pferd etwas abseits der alten Drachenhöhlen zurückgelassen. Es sollte nicht verraten dass er sich näherte. Den Emraen war sich sicher dass die Entführer der Königin hier in den alten Höhlen ein Versteck gefunden hatten. Sie schienen zu denken dass die Waldelfen, die Drachen zu sehr fürchteten als das sie sich in die Nähe ihrer Höhlen wagten. Doch hatten sie nicht damit gerechnet das des Königs ältester Sohn früher hier des Öfteren Mutproben ausgeführt hatte. Mutproben die er sich selbst auferlegt hatte um stärker, schneller und besser zu werden als alle anderen die jemals an ihm zweifelten, und in ihm nur den Sohn des Königs, aber keinen Soldaten sahen. Durch diese Streifzüge zu den Drachennestern, wusste Emraen wann die Drachen ausgeflogen waren und wann sie wiederkamen um ihre Eier zu legen. Er kannte auch einige der alten Höhlen da er sei erkundigt hatte, aber in den letzten Jahren hatte er keine Zeit mehr gehabt hierher zu kommen, oder auch keinen Grund gehabt dies zu tun, denn inzwischen respektierte man ihn. Er war erfolgreich aus einigen schlachten zurückgekehrt. Er musste nicht mehr Dracheneier stehlen um seinen Mut und sein Geschick zu beweisen. Ähnlich einer Raubkatze schlich er sich an den Berg heran der die Drachen beheimatete wenn sie brüteten. Er konnte Pferde hören. Sie schienen in einer der unteren Höhlen untergebracht zu sein. Gut versteckt vor möglichen Auskundschaftern. Der Ort war tatsächlich gut gewählt. Er lag zu weit abseits von Städten, Siedlungen oder auch nur Bauernhöfen um schnell gefunden zu werden. Als Unterschlupf für kurze Zeit war er perfekt. Wahrscheinlich wollten die Banditen bei Tageslicht über die berge die Grenze passieren. Ein Weg der bei Nacht zum sicheren Tode führen würde. Kein Lichtschein war zu sehen. Kein Ton zu hören. Wenn sie in den Höhlen waren, dann verhinderte der dicke Fels jedes Geräusch von innen. Dem Prinzen blieb also nichts anderes übrig als jede der Höhlen zu durchsuchen, und es gab dutzende davon. Doch konnte er auch keine Verstärkung holen. Dazu fehlte es ihm an Zeit. Es war purer Zufall der ihm half und ein Laut, der nicht zu den Geräuschen der Nacht gehörte. Schritte auf steinernen Untergrund. Der Waldelfenprinz duckte sich hinter einen Felsen der schräg aus dem Erdreich emporstand, und verbarg sich so vor dem Mann der sich ihm näherte. Die schweren Schritte ließen auf einen großen Mann schließen. Auf einen Mann der nicht sonderlich darauf achtete gehört zu werden oder nicht. Sie waren also nicht nur dumm ein Verbrechen wie dieses überhaupt zu planen…Nein! Sie schienen auch noch unvorsichtig oder naiv zu sein. Es war weit und breit keine Wache zu sehen. Konnte es wirklich sein, dass diese Stümper es geschafft hatten die Königin zu entführen? Der Dämon –er war an den Hörnern zu erkennen die seitlich, an seinen Schläfen aus dem Kopf wuchsen- trat ein paar Schritte von dem Höhleneingang weg aus dem er gekommen war und man hörte das rascheln von Kleidung. Danach das leise plätschern das verriet weshalb er aus der Höhle getreten war. Eine gute Gelegenheit. Emraen zog seinen Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel und lauschte auf die Bewegungen seines Feindes. Das leiser werdende Geräusch des Urins auf Stein, verriet das er fertig sein musste, und damit, dass er wohl nun damit beschäftigt war sich wieder anzukleiden und zu verpacken. Diese Gelegenheit nutzte der Kronprinz aus um aus seinem Versteck zu springen und den Dolch präzise zu werfen, so dass die Klinge –nach kurzem Flug- lautlos in den Körper eindrang, wo sie die Wirbelsäule am Hals durchtrennte, und er getroffene Körper leblos und dumpf zu Boden fiel. Der Prinz holte sich seine Waffe wieder und schlich nun zum Eingang hin. Ging hier nun aber dazu über, genauso laut aufzutreten wie der Dämon den er soeben getötet hatte und siehe da, eine Stimme meldete sich zu Wort als er ein wenig tiefer in den düsteren, nur von wenigen Fackeln beleuchteten Gang eingedrungen war: „Beeil dich Bartak. Du bist nicht der einzige der etwas Druck ablassen will“, ein dreckiges Lachen folgte, „nach dem, den wir ohnehin schon abgelassen haben.“ Das gefiel Emraen nicht. Er war Mann genug, erwachsen genug, um solche Andeutungen sehr wohl zu verstehen, und er ahnte schlimmes. Sein Herz schlug schneller, sein Hals wurde trocken. Der Griff um seine Waffen –den Dolch und das Schwert- wurde fester, so das seine Fingerknöchel weiß hervortraten. „Was ist? Hast du dir auf die Zunge gebissen während du`s der Schlampe besorgt hast?“, erklang nun wieder die Stimme des zweiten Dämons, doch dies sollten seine letzten Worte gewesen sein, denn Emraen nutze seine Deckung hinter einer Biegung des Ganges aus um sein Schwert zu ziehen und damit –ohne Rücksicht und mit vollster Absicht zu töten- hervorzuspringen, den Standort des Gegners zu fixieren, und mit einem gezielten Hieb, dessen Kopf von seinen Schultern zu trennen. Der erschrockene Gesichtsausdruck blieb dem Dämon erhalten. Auch wenn sein Kopf nun jenseits seines Körpers über den kalten Boden rollte. Doch der Waldelfenprinz konnte sich damit nicht länger aufhalten. Sein Herz schlug schnell und schwer –von der grausamen Vorstellung getrieben- in seiner Brust, und so eilte er weiter den düsteren Gang entlang, der sich noch zweimal in den Berg hinein wand, dabei leicht anstieg und somit nach oben führte, um dann die eigentliche Brutstätte der Drachen zu erreichen. Eine große Höhle mit einem zweiten Eingang. Er konnte den leichten Zug spüren der hier herrschte, also musste es einen zweiten Eingang geben, den die Drachen wohl nutzten um –ähnlich wie in einem Fuchsbau- bei Gefahr fliehen zu können. Dumpfe, primitive Laute drangen nun an die wachsamen, spitzen Ohren des Elfenprinzen, und seine düstere Ahnung schien sich zu bewahrheiten, was ihn seine Waffen nur noch fester greifen ließ, und sich –als er die Haupthöhle betrat- bestätigte. Er war bereits lang genug ein erwachsener Mann um die Freuden und die Notwendigkeit der fleischlichen Lust zu kennen, doch was er nun sah, als er die schwach beleuchtete Höhle betrat. Ließ ihm das Blut in den Adern zuerst gefrieren, und anschließend schien es wie Lava zu kochen. Emraen wurde beinahe geblendet von dem Leuchten, welches von dem zweiten Eingang der Höhle ausging, und er wusste das es die Haut seiner Mutter war die auf das Mondlicht so reagierte. Um sie herum standen die dunklen Gestalten der Banditen, der Dämonen, welche sich an ihrem Leib vergingen, und dabei –wie brünstige Hirsche- stöhnten. Für einen Moment schien es Emraen als würde er nicht wirklich sehen was da geschah, als würde er nicht wirklich hier sein. Dann stürzte er sich –ohne zu wissen was er tat, oder wie- auf die Dämonen, welche überrascht auseinanderstoben, in der Hoffnung ihn überwältigen zu können. Doch der Kronprinz war nicht er selbst. Voller Wut, Zorn und Verzweiflung, ebenso durch Schuldgefühle, weil er nicht eher hier war- agierte er wie ein Berserker, sah nur noch rot, und Rot färbte sich auch der Boden der Höhle, als seine Waffen für ihn sprachen, und einen nach dem anderen der Banditen und Vergewaltiger der Königin niederstreckten, aber noch nicht tötete. Zumindest nicht alle. Den Dämon, der noch über seiner Mutter gekniet hatte, traf der Dolch direkt in seinen Hals, wo er steckenblieb und dafür sorgte dass das Opfer an seinem eigenen Blut erstickte. Die anderen richtete Emraen mit seinem Schwert. Traf sie aber so, dass sie vorerst alle nur schwer verletzt zu Boden gingen, und erst danach –als keiner von ihnen mehr stand- schnitt er ihnen bei lebendigem Leib die Geschlechtsteile von den widerlichen Körpern, wobei er sich Zeit ließ, bevor er ihnen die Kehlen aufschlitzte, und ihnen so den Tod schenkte, den sie so schnell nicht verdient hatten. Nur einer von ihnen war noch am Leben. Bereits verstümmelt, aber noch in der Lage zu sprechen, und diesen griff der Thronfolger der Waldelfen nun fest in das dunkle Haar, womit er ihn zu ihm hochzog und voller Hass eine wichtige Frage stellte: „Warum? Warum habt ihr das getan? Weshalb der Überfall? Was war euer eigentliches Begehr Dämon?“ Blutspuckend und röchelnd, wollte dieser zuerst keine Antwort geben, doch Emraens Klinge an seinem Hals, lockerte doch die schwerfällige Zunge. „Gier“, antwortete er schließlich, „Die Gier nach Reichtümern. Wir wollten den jungen Prinzen. Wir hörten dass der König seine Kinder abgöttisch liebt. Dies wollten wir für uns nutzten.“ „Es ist euch misslungen“, knurrte der blonde Prinz, dessen Rüstung, Gewand und Gesicht, vom Blut seiner Feinde benetzt war, bevor er die Klinge mit einem Stoß in den Unterleib des Mannes rammte, um sie dann langsam nach oben zu ziehen, so dass er ihn öffnete wie ein Schlachter sein Vieh, und die Gedärme des Dämons, haltlos vor seine Füße fielen. Erst als die Augen seines Gegenübers brachen, und das Leben somit aus ihnen wich, ließ er ihn fallen, zog sein Schwert zurück und atmete tief durch. Der Anblick des blutgetränkten Bodens, der Geruch des Todes, welcher sich nicht nur durch den metallischen Geruch des Blutes bemerkbar machte, störte ihn nicht, oder erfüllte ihn in irgendeiner Art und Weise mit Bedauern oder Mitleid für diese Kreaturen, die in ihrem eigenen Blut lagen. Dennoch zitterten seine Hände ein wenig, was ihn seine Fäuste ballen ließ und er sich schließlich abwand, um schnellen Schrittes zu dem zweiten Eingang zu eilen, wo immer noch der leuchtende Körper seiner Mutter lag, und immer noch über ihr, der leblose Körper eines ihrer Peiniger. Emraen zog den widerlichen Körper von seiner Mutter, welcher ebenfalls voller Blut war, und in Blut lag. Doch ob es ihr eigenes oder das des Dämons war, vermochte der entsetzte Sohn nicht zu unterscheiden. Sie war am Leben und atmete, doch irgendwie schien sie dies doch nicht wirklich zu sein. Ihre Augen blickten starr und tränennass zum Himmel hoch, wo der helle Mond stand und sie zu beobachten schien. „Mutter?“, flüsterte er, und erschrak darüber, wie seltsam seine eigene Stimme plötzlich klang. „Mutter hört Ihr mich?“ Die amethystfarbenen Augen blieben auf den leuchtenden Himmelskörper gebannt, und erst als Emraen das silbern glänzende Haar seiner Mutter und Königin berührte, und somit ihre nackte Schulter streifte, richtete sich der Blick erschrocken und gequält auf ihn. Doch die Angst wich der Erkenntnis, und die schönen Augen füllten sich abermals mit Tränen, während sie versuchte zu sprechen, was ihr aber nicht gelang. „Ihr müsst nicht sprechen“, sagte er, und nahm den Umhang von seinen Schultern, welcher fester Bestandteil seiner Kleidung und Rüstung war, um damit den geschändeten, bloßen Körper zu bedecken. „Ihr seid nun in Sicherheit meine Königin. Niemand wird Euch noch Schaden oder Scherz zufügen. Eure Peiniger weilen nicht mehr unter den Lebenden.“ Behutsam wickelte er den zitternden Körper in den Umhang und hob ihn auf seine Arme, um dann diesen Ort des Grauens zu verlassen. Seine Schritte führten ihn zielsicher aus der Höhle, und zu dem Versteck seines Pferdes, welches er –als er es erreicht hatte- dazu brachte sich hinzulegen um mit der Königin im Arm aufsitzen zu können. Dieses Kunststück diente normalerweise dazu, um verletzten Soldaten, die nicht normal aufsitzen konnten, dies zu erleichtern und sich dann zu Pferde in Sicherheit zu bringen, oder um Verwundete auf die Tiere zu laden. Der dunkle Hengst erhob sich auf ein leichtes Kommando des Zügels hin wieder, und Emraen wendete ihn ab, um den Weg zurück zum Palast einzuschlagen. Nach einem langen Ritt, erreichte er eine Gruppe Soldaten, die ebenfalls auf der Suche waren, und die schockiert auf ihren blutverschmierten Prinzen starrten, der ihnen jedoch nicht sagte was geschehen war, nur dass die Verbrecher gefunden und hingerichtet worden waren. Seine Mutter ließ sich der Prinz nicht abnehmen, aber er nahm noch zwei weitere Umhänge von den Soldaten an, um sie völlig zu bedecken, so dass kein Stück ihrer schimmernden Haut mehr zu sehen war. Einer der Soldaten gab mit dem mitgeführtem Signalhorn ein Zeichen, welches die anderen Soldaten im Umkreis erreichte und ihnen Bescheid gab das die Suche erfolgreich war, und man in den Palast zurückkonnte. Auf dem restlichen Weg dorthin, schlossen sich noch drei weitere Gruppen dem Prinzen an, aber niemand sprach ein Wort. Zu ernst war die Lage, zu zweifelhaft der Erfolg der Mission. König Endriel war, nachdem er das Signal erhalten hatte, wie ein Verrückter zurück in den Palast geritten, wobei er fast sein Pferd zu Tode trieb, um so schnell wie möglich sein Ziel zu erreichen. Daher war er schon auf dem Vorhof des Palastes, als der Zug mit dem Prinzen an der Spitze die Palast Tore passierte. Schnellen Schrittes hielt er vor dem Pferd seines Sohnes und sah auf das eingewickelte Bündel in seinen Armen. Emraen sah die stumme Frage in den Augen seines Königs und nickte bevor er sprach: „Sie lebt, aber sie muss zu den Heilern gebracht werden, und zwar schnell.“ Noch nie hatte der Prinz solche Erleichterung im Gesicht seines Vaters gesehen, welcher ihm nun seine Mutter abnahm, sie behutsam an sich zog, und sich nickend und eilig abwand um dies auch zu tun. Emraen stieg von seinem Pferd und übergab die Zügel an den Stallknecht der herbeigeeilt war bevor er sagte: „Behandle ihn gut. Ohne ihn wäre ich zu spät gekommen“, dann klopfte er dankbar dem dunklen Tier den verschwitzten Hals, und folgte seinem König in den Palast. Dieser war auf schnellstem Weg in das gemach seiner Gemahlin geeilt, mit dieser auf den Armen. Diener waren losgeschickt worden um alle Palastheiler zu verständigen, so dass diese schon fast vor dem König dort ankamen. Endriel, der die ganze Zeit über zu seiner Königin gesprochen hatte, ihr gesagt hatte das sie in Sicherheit war, und das er sich nicht verzeihen konnte das ihr etwas dergleichen geschehen war, ahnte ja noch nicht was ihr wirklich zugestoßen war, dankte aber den Göttern für seinen Sohn der sie zurückgebracht hatte. „Bitte legt sie auf das Bett Hoheit“, sagte der erfahrenste der Heiler, ein weiser Waldelf Namens Mirdel, und der König folgte seiner Bitte schweigend. „Ihr solltet vielleicht lieber draußen warten mein König“, schlug der Heiler nun vor, doch Endriel schüttelte energisch den Kopf um weiterhin besorgt auf seine Gemahlin zu sehen, von dieser man nur das Gesicht sehen konnte, und dies auch nur zur Hälfte. Der Rest war eingewickelt in Soldatenumhänge, ein Umstand der dem König jetzt erst auffiel. Mirdel sah seine Kollegen etwas zweifelnd, wenn nicht sogar hilflos an. Er ahnte was unter den Umhängen zu sehen war, und er wusste der König SOLLTE dies nicht sehen. Doch dieser ließ sich nicht davon abhalten zu bleiben, und so entfernten die Hofdamen der Königin –welche ebenfalls gerufen worden waren- die Umhänge vorsichtig, um schließlich erschrocken vom Bett zurückzuweichen, und den Heilern sowie dem König das furchtbare zu zeigen, dass darunter verborgen war. Der Waldelfenkönig taumelte einen Moment und wollte einen Moment lang seinen dunklen Augen nicht trauen. Seine Königin…seine wunderschöne, geliebte Gemahlin war voller Blut. Ihr nackter Körper war mit Blut bedeckt, und ihre makellose Haut zeigte Kratz und Bisspuren an Stellen die nur der König, oder die Bediensteten in diesen Gemächern, jemals sehen durften. Er schluckte schwer. Neben den Bissen und Kratzern waren bläuliche Flecken zu sehen, und das Blut zwischen ihren Schenkeln war noch frisch. „Sie…sie haben…Sie wurde…“, stammelte der sonst so gefasste Herrscher der Waldelfen, und wand sich ab von dem großen Bett. „Ich fürchte es mein König“, sprach Mirdel leise. „Ich muss sie untersuchen. Ihr solltet wirklich draußen warten. Wir tun was wir können für unser aller Königin. Habt Vertrauen.“ Nickend stimmte er dem zu, und schleppte sich zur Tür, um diese dann blass von außen zu schließ0en und mit dem Rücken dagegen zu sinken. Prinz Emraen wartet bereits hier draußen. Immer noch war er voll dem Blut seiner Opfer, und sein Blick lag erschrocken auf seinem Vater, den er noch niemals so gesehen hatte. Das erste Mal in seinem Leben sah er den König schwach und blass, und vor allem…sprachlos. Sein Sohn selbst war schockiert von dem Anblick seiner geschändeten Mutter gewesen. Doch wie mochte dies für den Mann sein der sie über alles liebte? Und schließlich wusste das ganze Königreich das Endriel seine Gemahlin vergötterte. Doch der Kronprinz wusste nicht mit solchem seelischen Kummer umzugehen. Wie es auch sein Vater wohl nicht konnte. Also schwieg er und wartete, bis dieser ihn endlich wahrnahm und sich an ihn wandte: „Was ist geschehen Emraen? Sag mir was geschehen ist, und was…“, er schaffte es nicht es auszusprechen. „Ich fand den Unterschlupf der Banditen. Sie waren in den Drachenhöhlen an der Grenze zum Dämonenreich. Ich richtete sie alle für das was sie getan haben. Keiner von ihnen ist mehr am Leben. Ich habe versucht ihnen so viel Schmerz wie nur möglich zuzuführen, doch es schien mir alles nicht genug zu sein für das was...“, er musste selbst unterbrechen und einen Moment die Augen schließen, bevor er weitersprechen konnte, „was sie der Königin angetan haben.“ „Nannten sie einen Grund für ihr handeln?“ „Sie hörten um Eure Liebe zu…Emdoa“, Emraen konnte nicht „Kinder“ sagen, denn dann würde er such miteinschließen, und das tat er nie, denn so war es eben nicht, „und der Prinzessin. Sie wollten den jungen Prinzen dafür benutzen um Euch zu erpressen, doch als dies nicht gelang und Enmouen mit ihm fliehen konnte, fielen sie über die Königin her.“ „Wie viele?“, fragte der König. „Sechs! Sechs Dämonen. Unverkennbar. Ihre toten Körper liegen noch immer in den Höhlen falls Ihr mir nicht glaubt mein König.“ Emraen hatte wieder Gewalt über seine Stimme, und klang beinahe sachlich als er berichtete was er mit den Körpern angestellt hatte. Endriel sah seinen Ältesten lange an. Dann legte er seine Hände auf dessen Schulter und sagte: „Du hast mich sehr stolz gemacht mein Sohn. Ohne dich…wer weiß ob die Königin noch am Leben wäre. Keiner hätte dies besser tun können als du. Wahrlich! Ich bin sehr stolz auf dich.“ Es war das erste Mal das Emraen von seinem Vater so deutlich „Sohn“, genannt wurde. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er selbst so etwas wie Stolz in sich. Auch wenn der Grund ein grausamer und schlechter war. „Habt Dank mein König“, sprach er nun. „Ich tue alles was in meiner Macht steht um Euch dienlich zu sein.“ Endriel nickte und nahm seine Hände wieder von den Schultern des Prinzen. Dann hörte man aufgeregte Rufe, und kurz darauf warf sich Enmouen aufgelöst in die Arme ihres Vaters. Eflusa, ebenso besorgt, aber gefasster, kam neben ihrem Bruder zu stehen, den sie erschrocken musterte. So voller Blut war er ein…schockierender Anblick und beinahe machte sein Blick ihr noch mehr Angst. „Wo ist Mutter? Habt ihr sie gefunden?“ Enmouen war völlig aufgelöst, ein Zustand der selten bei ihr war, und ihr Vater nahm sie in den Arm und bejahte dies. Auch erklärte er dass dies Emraen zu verdanken war. Die dunkelhaarige, dem König so ähnliche Prinzessin sah ihren Bruder an und ihr Blick war voller Dankbarkeit, doch konnte sie nicht sprechen da ihr die Tränen die Worte abschnürten, und der König sie trösten musste. Es war Eflusa, die ihre Hand einen Moment auf die ihres Bruders legte, welcher sich automatisch anspannte, Enmouens Blick aber erwiderte, und schließlich stumm nickte. Dann öffnete sich die Tür zum Gemach der Königin und Mirdel trat heraus. Vier besorgte Augenpaare waren auf ihn gerichtet und er wich ihnen einen Moment lang aus, um dann erst berichten zu können was er zu berichten hatte, nachdem sich auch die Prinzessinnen nicht wegschicken ließen als er dies vorschlug. „Die Königin wurde mehrmals sehr brutal geschändet“, sprach er leise und die beiden Töchter erstarrten in diesem Moment zu Salzsäulen. „Sie hat Prellungen und Risse die daher stammen. Auch die äußerlichen Verletzungen die Ihr sehen konntet mein König, stammen davon.“ Man sah Mirdel an dass dies nicht die schlimmste Nachricht war, und auch Endriel und Emraen sahen den Heiler besorgt an. „Außerdem“, fuhr der Palastheiler fort, „war die Königin erneut guter Hoffnung. Sie bat mich es Euch noch nicht zu sagen mein König. Wie auch die freudigen Male zuvor. Sie wollte es Euch selbst mitteilen doch…aufgrund er Misshandlung…“, sprach er bemüht gefasst weiter, „verlor sie das Kind, und dabei viel Blut.“ Nun war es Enmouen, die ihren Vater beinahe stützen musste, auch wenn ihr selbst die Beine zu versagen drohten. „Sie ist stark mein Mönig. Eure Gemahlin ist unglaublich stark. Sie kämpft um ihr Leben, und mit der Gunst der Götter wird sie überleben. Doch…ob sie jemals wieder Kinder bekommen kann…vermag ich nicht zu sagen. Es tut mir leid Hoheit.“ Schweigen füllte den Flur. Schweigen, das von dem leisen Schluchzen Enmouens gebrochen wurde. Auch Eflusa weinte, doch sie tat es stumm, wenngleich auch nicht weniger vor Trauer und Schmerz. Der König schien unter einer Art Schock zu stehen. Er war blass und nicht fähig zu sprechen, und als er es wieder konnte waren seine Worte: „Kann ich zu ihr gehen?“ Mirdel nickte. „Sie wurde verarztet, gesäubert und hat einen Schock. Ich gab ihr einen Sud der sie schlafen lässt, denn sie braucht nun Ruhe, aber ihr könnt zu ihr gehen.“ Endriel nickte und ging an dem Heiler vorbei. Die Kinder blieben auf dem Flur, und Mirdel fragte den Prinzen ob er nach seinen Verletzungen sehen sollte. „Ich habe keine“, meinte dieser. „Dies ist nicht mein Blut.“ Mirdel nickte und betrat ebenfalls wieder das Gemach der Königin. Emraen, der die ganze Zeit scheinbar einen unsichtbaren Fleck betrachtet hatte, wand sich nun mit der Entschuldigung ab, dass er das Blut von seinem Körper waschen wollte, und ging den Flur hinunter. „Enmouen“, sprach Eflusa und sah ihrem Bruder nach, „geh zu Vater. Er braucht dich jetzt.“ „Was ist mit dir?“, fragte die jüngere Schwester. „Ich komme gleich nach. Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Enmouen nickte und betrat das gemach ihrer Mutter. Eflusa folgte Emraen, sah wie er festen Schrittes in seine Gemächer ging, und betrat auch diese ohne darum zu bitten eingelassen zu werden und sah ihren Bruder auf dem Boden knien, wo er auf seine Hände zu starren schien. Emraen wusste nicht wie er in seine Gemächer gekommen war, doch er war hier. Stand mitten in seinem Arbeitszimmer, dann sank er auf die Knie und starrte auf seine blutverschmierten Hände, das blutbefleckte Gewand. Er hatte die Schänder seiner Mutter getötet ja, aber warum war er nicht schneller gewesen? Warum hatte er nicht schneller reiten können? Warum hatte er nicht mehr Soldaten zum Schutz der Königin mitgeschickt? Warum ließen sie es zu das diese Kreaturen ihr Land überhaupt betreten durften? Schwer atmend stand er da und seine Gedanken schossen ihm nur so durch den Kopf, während sein Herz so schrecklich schwer war und zu zerspringen drohte. Wie konnte das sein? Hatte er nicht jegliches Gefühl aus seinem Leben verbannt? Keine Liebe, kein Schmerz, kein Leid? Warum fühlte er sich dann so hilflos? Schnelle, leise Schritte waren hinter ihm zu hören, dann sank ein schlanker Körper gegen seinen Rücken und zierliche, zitternde Arme legten sich von hinten um seine Brust. Es duftete nun nach Blumen. Nach Flieder um genau zu sein. Eflusa! „Ohne dich wäre sie dort gestorben Emraen“, flüsterte seine Schwester an sein Ohr. „Dir verdanken wir ihr Leben. Du hast großes geleistet Bruder, und wir alle danken dir dafür.“ „Ich war zu langsam“, flüsterte er und legte seine Hände auf die ihren die ihn festhielten. Er wusste nicht was er sonst tun sollte. Wie er sonst reagieren sollte. „Ich war viel zu langsam!“ „Das ist nicht wahr“, wiedersprach Eflusa sanft. „Du bist geritten wie der Wind. Du hast keine Sekunde gezögert. Was passiert ist, ist schrecklich doch, unsere Mutter lebt, und sie lebt dank dir. Du bist Teil dieser Familie, und das hast du deutlich bewiesen. Du wirst geliebt und du liebst. Du musst nur endlich zu uns kommen. Schieb uns nicht weg. Bleib bei uns.“ Der Prinz atmete schneller und fühlte etwas an seinen Wangen. Tränen! Er weinte! Zum ersten Mal seit Jahrzehnten weinte er, und es war erleichternd. So wie es die Berührung seiner Schwester war. Ein Hauch einer Erinnerung. Eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit. Als er wirklich noch Teil einer Familie war. Seiner Familie, falls er es so nennen konnte. Er drehte sich zu seiner Schwester hin und sank gegen sie, ließ sich von ihr halten und das Haar streicheln. Für einen Moment gab er sich diesem Gefühl der Schwäche hin, ließ sich trösten und vergaß dass er ein Krieger war. Dass er weder Leid noch Schmerz kannte, und gab sich der Illusion hin, dass er geliebt werden konnte. Doch es war nur eine Illusion. Er ließ sich von Eflusa halten –wie lange dies dauerte, vermochte er nicht zu sagen- bis er begriff dass es nicht so war. Dass er weder Mitleid noch Gefühle zulassen durfte. Der König war durch seine Liebe zu seiner Frau geschwächt. ER musste der Starke sein. ER musste beweisen dass er zu Recht der Thronfolger war. Sein Leben lang hatte man ihm dies gelehrt. Hatte es ihm hineingeprügelt und hatte ihn somit geprägt. Dieser Moment der Schwäche konnte es nicht ungeschehen machen. Sein Panzer aus Eis hatte einen Riss bekommen, und durch das Leid seiner Schwestern war der Riss größer geworden. Doch er musste ihn beseitigen und wieder verschließen, und dies tat er auch. Er löste sich aus den tröstenden Armen seiner Schwester und sah sie an. Mit Augen aus Eis. „Du wirst dies hier für dich behalten. Kein Elf, kein Wesen darf dies je erfahren Eflusa.“ Sie sah ihn fragend an, doch dann weiteten sich ihre Augen vor Erkenntnis und sei flüsterte: „Tu das nicht! Verschließ dich nicht wieder vor mir, vor UNS. Bleib bei uns. Nur gemeinsam können wir…“ „Nein“, unterbrach er sie, und wich zurück. „ich bin was ich bin. Ich bin was ich sein sollte. Akzeptier dies und stelle es nicht in Frage. Ich danke dir für deine Anteilnahme. Du bist ein vernünftiges weibliches Wesen Schwester. Dies ist selten. Behalte diese Gabe bei, und sei nun klug genug zu schweigen weil ich es erbitte. Zerstöre nicht was ich bin. Ich habe nur mich, und so soll es sein. Nimm mir dies nicht weg, und nun bitte…geh! Lass mich allein und sieh nach der Königin. Sie braucht dich.“ „Sie braucht auch dich“, flüsterte sie unter Tränen, doch Emraen schüttelte den Kopf, wand sich aber von ihr ab, als Zeichen das er nichts mehr zu sagen hatte. Eflusa ging schweren Herzens und versprach ihm jedoch zuvor noch eines: „Ich werde schweigen Bruder. Weil du mich darum bittest. Weil du mein Bruder bist und ich keine Bitte meiner Geschwister abschlage. Wisse nur eines: Wenn du mich brauchst, dann bin ich für dich da. Es muss niemand wissen, aber ich will das DU es weißt.“ Er nickte daraufhin und nahm es somit sichtbar zur Kenntnis. Auch wenn er niemals vorhatte es wahrzumachen, so war es doch irgendwie tröstlich es doch zu wissen. Kapitel 8: Das Leben geht weiter -------------------------------- Der Schmerz blieb bestehen. Nachdem sie Mirdel –sie hatte ihn nach einiger Zeit erkannt- der immer wieder beruhigend auf sie eingeredet hatte, gestattet hatte sie zu untersuchen, und auch nachdem er dies beendet hatte, war der Schmerz immer noch da. Ihr ganzer Körper fühlte sich wund an. Jede Bewegung verursachte der Königin weitere Schmerzen, aber was war schon der körperliche Schmerz im Vergleich zu der Pein ihrer Seele? Die Fenster waren zugezogen worden, Kerzen erhellten das Zimmer, sie hatte darum gebeten. Wollte den Mond nicht mehr sehen heute Nacht. Der Heiler war für einen Moment nach draußen gegangen. Ihre Hofdamen säuberten mit warmem Wasser ihren geschundenen Körper. Chandari sah die Frauen an. Sah die Tränen in deren Augen und die Tränenspuren an ihren Wangen. Sie schienen mit ihr zu fühlen, doch war das nicht möglich. Sie konnten nicht wissen wie die Königin sich fühlte. Dass es nicht der körperliche Schmerz war der ihr zusetzte, und auch nicht die Tat an sich. Es war der Mond den sie fürchtete, der sie gesehen hatte und ihre Schande verurteilte. Sie schloss die Augen, ließ die Bemühungen der Zofen und Dienerinnen geschehen. Irgendwann hörte sie schwere Schritte auf sich zukommen. Sie behielt die Augen geschlossen. Die Frauen hatten ihre Arbeit beendet und sie allein gelassen, oder sprachen sie zumindest nicht an. Sie wusste es nicht. Jemand nahm ihre Hand in seine. Es war eine starke Hand, aber sie zitterte und fühlte sich etwas kalt an. Es war Endriels Stimme die ihren Namen nannte und die ihr Herz erneut schnell und schwer schlagen ließ, ehe sie ihren Kopf zu ihm drehte und die Augen öffnete. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Der starke, stolze König war –trotz des schummrigen Kerzenscheins- als blass zu erkennen. Unter seinen dunklen Augen befanden sich dunkle Ringe. Er sah müde aus. Abgehetzt, erschlagen. „Verzeiht mir mein König“, flüsterte sie und sah ihn mit ihren eigenen leidgeprüften Augen an. „Es gibt nichts was Euch verziehen werden muss meine Königin“, wisperte er und streichelte ihre Hand. „Ihr seid es die mir verzeihen muss. Ich habe nicht auf euch aufgepasst so wie ich es Euch am Tage unserer Vermählung geschworen habe. Ich habe Euch enttäuscht und Ihr seid es nun die dafür büßen muss. Ich weiß nicht wie Chandari aber…bitte verzeiht mir.“ Sie wusste nicht was sie darauf sagen sollte Ihr Herz war so schwer. Der Verrat an ihm, der Betrug an ihm lastete wie ein Berg aus Felsgestein auf ihrer Seele, und doch vermochte sie nicht es auszusprechen und zu gestehen was sie verbrochen hatte. „Ihr seid ein wunderbarer Gemahl mein König. Es gibt wahrhaft nichts was ich Euch verzeihen muss.“ Sie löste ihre Hand aus seiner und legte sie an seine Wange, wo er sie erneut nahm und gegen seine Haut drückte und die Augen schloss, so dass sie die Spuren seiner Tränen im Kerzenlicht schimmern sehen konnte. „Weint nicht um mich mein König“, flüsterte sie erstickt. „Ich bin am Leben, und ich werde weiterleben nur…unser Kind…“ Sie wusste das Mirdel es verraten hatte. Es war in solch einer Situation das einzige was er tun konnte, und der König hatte ein Recht es zu erfahren. „Hauptsache Ihr seid am Leben meine Liebste“, antwortete der König und Chandari schüttelte den Kopf. „Sagt so etwas nicht Endriel. Ihr liebt unsere Kinder so wie ich das tue und jedes das sterben würde, muss betrauert werden. Egal ob es schon auf Erden wandelte oder nicht.“ Er nickte und hielt weiterhin ihre Hand. „Wo ist Emdoa?“, verlangte sie nun zu wissen und der Waldelfenkönig zuckte kurz zusammen, so dass sie ihn besorgt ansah. „Er ist doch nicht…“ „Es geht ihm gut. Er ist in seinem Zimmer. Die Kinderfrau sorgt für ihn. Sorgt Ihr Euch nicht“, beschwichtigte er sie schnell, doch sie verlangte ihn zu sehen. „Ihr solltet Euch ausruhen“, meinte Endriel eindringlich, doch sie zwang ihn mit sanfter, aber bestimmter Gewalt dazu sie weiterhin anzusehen, da er ihrem Blick auszuweichen schien. „Ich verlor heute bereits ein Kind. Verlangt nicht von mir ihn nicht zu sehen, und gebt ihm nicht die Schuld Endriel. Er ist ein Kind und nicht schuldbar für das was in den Köpfen der Verbrecher vorging. Seid eher stolz darauf das es Eurer Tochter gelang ihn und sich zu retten.“ Die Tür öffnete sich erneut und sie sah ihre jüngste Tochter näher kommen. Als hatte sie geahnt das man über sie sprach. Auch auf Enmouens Gesicht zeigten sich Tränenspuren als sie an das Bett herantrat und sich neben ihren Vater an das Bett kniete, dem sie noch davor die Hand sanft auf die Schulter gelegt hatte. Endriel ließ für eine Umarmung die Hand seiner Gemahlin los, so das Enmouen ihre Mutter umarmen konnte und gegen sie sank. Die Schmerzen waren der Königin dabei egal. Sie war nur glücklich darüber ihre Tochter gesund in den Armen halten zu können. Ihr Schicksal hätte auch das ihrige sein können. Chandari wusste, sie würde es immer wieder erdulden. Immer wieder genauso machen, wenn sie damit nur ihre Kinder beschützen, und fernhalten konnte von Leid und Pein. „Ich bin so stolz auf dich“, flüsterte sie ihrer Tochter zu und streichelte über deren Rücken. „Du bist geritten wie der Wind und hast getan was richtig war. Deinen Bruder geschützt und Hilfe geholt. Ich danke dir.“ „Ich hätte schneller sein müssen“, weinte die Prinzessin, doch Chandari schüttelte den Kopf. „Du warst schnell genug. Vergiss was geschah. Wir sind alle wohlauf.“ Enmouen weinte noch als Eflusa eintrat und sich langsam dem Bett näherte. Die ältere Prinzessin war besorgt um die Verletzungen ihrer Mutter. Sie sah nur ihre Arme und das Gesicht, und dabei sah sie tiefe Kratzer und blaue Flecken, wie sie entstanden wenn man geschlagen wurde –was sie bei den trainierenden Soldaten beobachtet hatte- und versuchte tapfer und stark zu sein, als sie neben das Bett trat um dem Blick ihrer Mutter zu begegnen, welche die Hand an der Seite Eflusas hob und ihr entgegenstreckte. All die Stärke war dahin als Chandari auch ihre älteste Tochter an sich zog und umarmte, und festhielt. Es gab keinen körperlichen Schmerz der stärker war als das Gefühl ihre Kinder bei sich zu haben, und es gab kein schöneres Gefühl als dies. Worte waren nicht weiter nötig. Allein ihre Mädchen bei sich zu haben war Balsam für ihre Seele, aber es war noch nicht genug. „Bringt mir Emdoa“, flüsterte die Königin schließlich als sie ihre Töchter sich wieder erheben ließ und ihr Gemahl wieder ihre Hand nahm, welcher immer noch meinte das sie Ruhe brauchte. „Ich werde keine Ruhe finden ehe ich nicht meinen kleinen Sohn in den Armen halte“, antwortete sie bestimmt und Endriel nickte, schickte die Mädchen hinaus um ihn zu holen. „Gebt nicht dem Jungen die Schuld mein König“, flüsterte sie eindringlich nachdem sie wieder alleine waren. „Gebt sie mir, denn ich war es der ihn mitnahm zu dieser Fahrt und ihn vom sicheren Palast entfernte. Ich allein.“ Endriel schwieg und sah seine Frau an. Sah sie lange schweigend an. Dann nickte er und meinte: „Ich gebe niemanden die Schuld außer diesem Dämonenpack das Euch zu nahe kam. Ich verspreche Euch unserem Sohn keine Schuld zu geben wenn Ihr mir versprecht mich niemals zu verlassen meine Königin. Denn ohne Euch…bin ich nichts.“ Chandari sah den Mann an der sie so liebte, aber dessen Liebe sie nicht auf diese Art erwidern konnte. Trotzdem nickte sie, streichelte erneut seine Wange und durch sein pechschwarzes Haar als sie sagte: „Ich verspreche es Euch, wie ich es Euch schon am Tage unserer Hochzeit versprach Endriel von Belandaire, aber versprecht Ihr mir auch das meine Familie im Reich des Mondes nichts davon erfahren wird was geschehen ist. Ich würde es nicht ertragen zu wissen das sie ES wissen.“ König Endriel wollte schon etwas erwidern, doch er verstand das Gefühl der Scham, welches er bei seiner Gemahlin zu sehen glaubte und versprach es ihr… Die Mondelfen würden nichts davon erfahren. Die Tür öffnete sich und die Prinzessinnen traten ein. In Enmouens Armen der kleine blonde Prinz der etwas verschlafen aussah, jedoch hellwach wurde als er seine Mutter erkannte und daraufhin seine kleinen Ärmchen nach ihr ausstreckte und anfing unruhig herumzuzappeln. Erleichtert nahm sie ihn in ihre Arme, drückte ihn an ihre Brust, küsste seinen Haarschopf und weinte erneut, als die kleinen Hände sich um ihren Hals legten, und sie das einfache aber schönste Wort der Welt vernahm Mama, und dieses eine Wort würde ihr helfen zu vergessen was geschehen war. Denn wichtig waren nur ihre Kinder. Ihnen durfte kein Leid geschehen. Endriel lächelte als er den kleinen Prinzen in den Armen seiner Frau sah und streichelte durch das goldene Haar des Jungen, ließ dabei die Hand seiner Gemahlin nicht los, wobei er sich schwor das niemand seiner Familie auch nur einmal noch zu nahe kommen würde, und schon gar keiner dieser verfluchten Dämonen. Am nächsten Tag trafen sich König Endriels Berater, Generäle und auch Prinz Emraen früh Morgens in den Gemächern des Königs zu einer Krisenbesprechung. Die Befehlshaber und Berater des Reiches hatten natürlich erfahren was geschehen war. Auch der Palast wusste es, und über kurz oder lang würde es jeder Waldelf des Reiches wissen. Endriel verhing ein Gesetz das noch am selben Tag durch Kuriere ins ganze Land verteilt wurde, und welches besagte das jeder Waldelf wissen durfte was an diesem schwarzen Tag geschehen war, doch es durfte nicht öffentlich darüber gesprochen werden, und so geschah es auch. Das Volk der Waldelfen stand völlig treu und loyal hinter seinem Herrscherpaar. Dieses schreckliche Verbrechen ging auf diese Weise wie ein unterdrücktes knurren durch das ganze Land, und es schürte auch bei dem einfachen Volk den beginnenden Hass der ihr Land auf Dauer zerfressen würde, doch es litt mit seiner Königin. Aber es war nicht das einzige dass der Waldelfenkönig an diesem Tag nach der Tragödie tat. Er verfasste zusätzlich ein Schreiben an den Herrscher des Dämonenreiches. Myrion war ein kluger und guter Herrscher. Endriel zweifelte dies nicht an. Nur war sein Volk zu unruhig, sein Reich zu groß. Er hatte es nicht im Griff. Das Schreiben das an den herrschenden Fürsten der Dämonen geschickt wurde, beschrieb das Leid das Endriels Gemahlin angetan wurde. In knappen, präzisen Sätzen, und es beinhaltete die Mitteilung dass, die Waldelfen keinen Krieg mit den Dämonen wünschten, es jedoch ratsam war wenn sich jegliches Dämonenvolk von den Grenzen und dem Reich der Waldelfen fernhielt, da Endriel nicht für ihre Sicherheit bürgen würde. Es war höflich formuliert, hieß aber nichts anderes als, das jeder Dämon der es in Zukunft wagen würde das Land der Waldelfen zu betreten, eines schmerzhaften, aber sicheren Todes sterben würde.. Er war ein kluger Herrscher. Eine offene Kriegserklärung wäre dumm gewesen. Deshalb warnte er den Fürsten vor, und auch Myrion würde keinen Krieg deswegen provozieren. Die Nachricht wurde von Emraen selbst an die Grenzen zum Reich der Dämonen gebracht, wo er sie einem Gesandten des Fürsten übergab. Mit dem Versprechen das er höchstpersönlich dafür sorgen würde das dies, was in dem Schreiben stand, auch in die Tat umgesetzt wurde. Und so geschah es auch. König Endriel vergab den Dämonen nicht was sie seiner Frau, seiner Familie angetan hatten, auch wenn es nur eine Handvoll waren, so büßte es das ganze Volk an ihrer statt, und sein ältester Sohn teilte dieses Hass aus tiefstem Herzen. Im Palast schwieg man dieses Thema jedoch zu Tode. Dort kümmerte man sich darum das die Königin gesund wurde. Gesund im Sinne von…körperlich geheilt. Denn Chandaris Seele hatte eine tiefere, schmerzvollere Wunde erlitten als sie bereit war zuzugeben. Sie umgab sich mit ihren Kindern. Besonders mit dem kleinen Prinzen, der kaum von ihrer Seite wich, und den sie auch ungern fortließ. Langsam heilte die Königin. Ihre äußeren Verletzungen schlossen sich und verblassten. Sie Wunde an ihrer Seele aber, blieb bestehen. Doch verbarg sie diese so gut sie es vermochte. Das Mondlicht aber, schloss sie aus so gut sie es konnte. Sie brauchte den Mond um zu leben, jedoch ertrug sie ihn nicht mehr in denselben Mengen wie zuvor. Während sie noch das Bett hüten musste, ließ sie das Mondlicht für ein bis zwei Stunden in ihr Zimmer scheinen, konnte ihn jedoch nicht ansehen den strahlenden Himmelskörper, der sie bei jedem Anblick erneut an ihre Qual erinnerte, so dass sie ihn mit geschlossenen Augen ertrug. Als sie dann wieder aufstehen konnte, das Bett verlassen durfte, trug sie einen Schleier in diesen beiden Stunden an denen sie sich dann auf dem Balkon ihrer Gemächer befand. Emdoa immer an ihrer Seite. Der Junge brauchte den Mond um zu wachsen. Das wusste sie, sie gestand ihm nur nicht weshalb sie ihn immer zu ihren Mondscheinspaziergängen mitnahm als er älter wurde. Als Kleinkind war es einfach gewesen. Sie hatte ihn während er schlief mit in den Mondschein genommen, oder mit ihm auf dem Balkon gespielt. Als er aber älter wurde, nahm sie ihn zu Spaziergängen mit. Was sie auch mit ihren Töchtern immer gemacht hatte, und auch immer noch tat. Allein jedoch wagte sie sich nicht mehr in den Mondschein hinaus. Es war als würde er sie verurteilen, über sie spotten und ihre Haut verbrennen wenn sie sich ihm auslieferte. Die Erinnerung an diese grauenvolle Nacht flammte jedes Mal erneut auf wenn sie den Mond sah, aber sie brauchte den Mondschein um zu leben. Deswegen reduzierte sie die täglichen Dosen des Mondscheins auf ein Minimum, und es ging ihr trotzdem gut. Sie fühlte sich zwar nicht so stark und ausgeglichen wie früher, aber was der Mond ihr nicht an Kraft gab, bekam sie von ihren Kindern und so lebte sie genauso gut, redete sich dies zumindest ein. Die Zeit verging. Jahre vergingen. Chandari erfüllte wieder die Pflichten einer Königin. Einer Mutter ohnehin und auch die Pflichten einer Ehefrau. Was ihr Anfangs Angst gemacht hatte und der Schmerz stark war aber…sie verbarg auch dies. Endriel tat alles für sie und alles für ihre Kinder. Sie wollte ihn nicht enttäuschen. Nicht weiter verletzen. Denn er war verletzt gewesen nach dieser schrecklichen Nacht, schrecklich verletzt, und sie wollte ihn nie wieder so sehen, und auch ihre Kinder sollten dies nicht noch einmal ertragen müssen. Also hüllte sie sich weiterhin in Schweigen. Auch mit Eflusa sprach sie nicht über ihre Ängste. Sie bemühte sich weiterhin die Mädchen zu erziehen sowie auch ihren Sohn, und auch ihre Pflichten als Königin vernachlässigte sie nicht. So gelang es ihr das Volk, ihre Familie und den Palast zu täuschen. Jedoch hatte ihre Schändung nicht nur seelische Narben und Wunden verursacht, sondern auch körperliche, die nicht richtig verheilt waren. Vier Fehlgeburten erlitt die Königin in den folgenden 30 Jahren, und jede einzelne raubte ihr ein Stück ihrer Zuversicht und ihrer Hoffnung. Emdoa war inzwischen ein junger Mann geworden. Ein wunderschöner junger Mann. Zierlich gar, aber er ähnelte für Chandari unverkennbar seinem Vater. Prinz Tendaí, was sie freute und verfluchte gleichermaßen. Er war ihr Sohn und sie liebte ihn abgöttisch, doch er erinnerte sie ständig an ihre wahre Liebe, die sie nie leben durfte, bis auf diese eine Nacht an den Klippen. Vorwürfe machte sie ihm dennoch keine, genoss sie doch zu sehr seine Gesellschaft wenn sie zusammen in den Büchern der Bibliothek stöberten, die Geschichte des Landes lernten. Emdoas magische Fähigkeiten waren noch nicht erwacht, und er war nicht bei bester Gesundheit. Es war nicht lebensbedrohlich, aber für seine Mutter doch besorgniserregend. Chandari vertiefte deswegen die Spaziergänge bei Mondlicht. Oder besser, sie wies ihn an sie zu erweitern. Sie selbst konnte ihn nicht immer begleiten. Das übernahm Eflusa dann für sie, aber die Kinder taten es nicht immer, wollten lieber den Tag nutzten, schwindelten ihrer Mutter jedoch vor die Spaziergänge gemacht zu haben, was sie auch taten, nur eben nicht so lange wie ihnen nahegelegt worden war. Doch es gab nicht nur Grund für Trübsal im Reich der Waldelfen. Die Geburtstagsfeier des jungen Prinzen zu seinem 30. Lebensjahr war ein rauschendes Fest gewesen. Zwar konnte er nicht so lange feiern wie er gerne gewollt hätte, da seine Gesundheit –diese schleichende Schwäche- ihn frühzeitig zu Bett zwang, aber zumindest der Palast und alle anderen feierten zu seinen Ehren, während Chandari an seinem Bett über ihn wachte und ihn tröstete. Wenige Monate später, teilte Mirdel der Königin eine weitere gute Nachricht mit. Auch wenn er selbst sie nicht als so gut empfand, Chandari aber sehr wohl. Sie erwartete wieder ein Kind und während die Königin freudig ihre Hände auf ihren noch flachen Bauch legte, trat der Palastheiler ein wenig nervös an sie heran. „Verzeiht Hoheit aber…ich persönlich denke das…das diese Schwangerschaft Euch nur weiter schwächen wird. Bedenkt doch meine Königin, Eure bisherigen Schwangerschaften waren…“, fing er an, wurde aber rasch von Chandari unterbrochen. „Nein, sagt es nicht“, fuhr sie ihm dazwischen. „Das ist Vergangenheit. Dieses Mal wird das Kind leben. Ich spüre es. Ich weiß es.“ „Aber Hoheit. Vergebt mir aber…dies könnt Ihr nicht wissen. Das Risiko das es wieder stirbt und das ihr dabei Schaden nehmt ist…“ „Schweigt“, wies sie ihn zurecht und wand sich ab. „Es wird leben.“ //Es muss leben//, dachte sie und schickte den Heiler aus ihren Räumen. Dieses Mal musste das Kind einfach leben. Sie musste Endriel ein weiteres Kind schenken. Vielleicht…vielleicht würde dann etwas von ihrer Schuld gesühnt werden? Jedoch wartete sie noch bevor sie es ihrer Familie sagte. Mirdel hatte nämlich Recht. Es bestand die Gefahr auch dieses Kind zu verlieren, und es war besser wenn es dann noch keiner wusste. Doch dieses Mal würde es nicht sterben. Dieses Mal würde es leben. Sie wusste es! Sie wusste nicht woher aber…sie wusste es einfach, und sie wollte auch nicht an etwas anderes glauben. Es war an der Zeit die Schatten der Vergangenheit hinter sich zu lassen und in die Zukunft zu sehen. Kapitel 9: Der letzte Prinz --------------------------- Die Zeit verstrich. Der Alltag schien wieder völlig eingekehrt zu sein in das Leben am Hofe der Waldelfen. Prinz Emraen war wieder bei seinen Soldaten. Die Kämpfe an den Grenzen hatten noch nicht geendet. Es schien nie ein Ende derer zu geben Prinz Emdoa war weiterhin beunruhigend schwach. Seine Mutter lies jeden Heiler des Landes kommen und ihn begutachten und untersuchen, doch sie fanden keinen anderen Grund als das er ein schlechtes Immunsystem zu haben schien. Sein Körper wollte nicht richtig funktionieren. Doch waren sich auch alle Heiler vorerst einig das dies an seiner Jugend liegen konnte. Sein Körper war noch nicht ausgewachsen. Er war noch jung. Mit dem Segen der Götter -so dachte man- würde es sich mit der Zeit auswachsen. Immerhin war er noch in der Lage zu gehen, sogar gelegentlich zu laufen und sich nicht nur in seinem Bett aufzuhalten. Auch wenn er immer wieder einmal dorthin sich zurückzog um sich zu erholen. Fragte seine Mutter ihn ob er die nächtlichen Spaziergänge wohl immer einhielt, so bestätigte er ihr dies. Sie wusste jedoch nicht dass er es nicht immer tat, da er den Sinn dahinter nicht begriff, weil sie es ihm nicht benennen konnte. Sie konnte ihm nicht den wahren Grund nennen, weshalb er es tun MUSSTE, und so gab sie sich mit seinem Wort zufrieden, ging jedoch mindestens einmal alle paar Tage selbst mit ihm im Mondlicht spazieren, denn auch sie benötigte den heilenden Mond. Ansehen jedoch konnte sie ihn nie wieder. Chandari war und blieb ohnehin vorsichtig. Sie fürchtete um das ungeborene Leben ihres Kindes welches sie unter dem Herzen trug und verhinderte mögliche Aufregung um es nicht zu verlieren. Endriel war besorgt als er von der weiteren Schwangerschaft erfahren hatte. Er hatte ihr davon abgeraten, doch sie ließ sich nicht umstimmen. Sie wollte dieses Kind, und ihr Gatte besaß nicht die Kraft ihr etwas abzuschlagen. Seit Jahrzehnten hatte er sie nicht mehr so glücklich gesehen wie sie es jetzt war, wo sich langsam der Bauch wölbte, und sie die ersten Bewegungen ihres Kindes spüren konnte. Endriel verbrachte an manchen Tagen viel Zeit damit sie einfach nur zu beobachten wenn sie im Garten saß und ihre Hände auf dem leicht gerundeten Bauch gelegt hatte, ihn streichelte und leise Lieder sang. Es erinnerte ihn selbst an Tage die glücklicher waren. Nicht das sie unglücklich waren aber…der Vorfall an jenem Tag vor so vielen Jahren, hatte etwas verändert. Etwas gestohlen und nie wiedergebracht. Scheinbar konnte seine schöne Frau damit leben. Er selbst konnte es nicht. Er vergab den Dämonen nicht. Verurteilte jedoch nicht alle von ihnen. Er traute ihnen nur nicht mehr, und deswegen durften sie sein Land nicht mehr betreten. Er wollte damit unnötiges Leid von seinem Volk und seiner Familie fernhalten, und auch verhindern das unschuldige Dämonenfamilien zu Schaden kamen, den das Volk der Waldelfen fühlte immer noch mit seiner Königin, und war genauso wenig bereit zu vergeben wie es der König war. Doch die Schwangerschaft verlangte von Chandari mehr als es die früheren getan hatten. Sie war sehr oft müde und geschwächt. Auch gelegentliche Schmerzen waren keine Seltenheit, und all dies beäugte Mirdel, der Palastheiler mit kritischem Blick. Er glaubte seiner Königin auch nicht, wenn sie ihm versicherte dass es ihr gut ging. Dazu war er schon zu lange ein Heiler und auch schon zu lange Heiler dieser starken Frau. „Es geht dem Kind gut Hoheit“, sagte er, als sie ihn nach der täglichen Untersuchung danach fragte, sie aber kurz davor vor Schwäche in ihren Gemächern gestürzt war, „Aber Ihr seid es die mir Sorgen bereitet. Ihr werdet immer schwächer. Ihr seid zu mager. Das Kind zehrt Euch aus.“ Chandari schüttelte leicht den Kopf und zog die Decke über ihren Körper und wollte ihre Dienerinnen herbeirufen als Mirdel nach ihrer Hand griff und sie eindringlich ansah. „Majestät. Wenn Ihr diese Schwangerschaft durchstehen wollt, dann müsst Ihr fortan im Bett bleiben. Jegliche weitere Anstrengung Eures Körpers wird Euch beiden schaden. Ihr müsst ruhen. Nur so könnt Ihr ein gesundes Kind zur Welt bringen.“ Zwar war es ein harter Schlag für die Königin die gerne nach draußen ging, sich beschäftigte und immer in Bewegung war doch, sie stimmte zu. Lehnte sich in die großen Daunenkissen zurück und versprach dem Heiler liegen zu bleiben. Es waren nur noch wenige Wochen. So weit war sie nie wieder mit einem der vorherigen verlorenen Kinder gekommen. Sie starben alle in den ersten Monaten in ihrem verfluchten Körper. Doch dieses kleine Geschöpf in ihr, war ein Kämpfer, und so würde auch sie für ihn und mit ihm kämpfen. Sie wusste dass es ein Sohn war. Sie meinte es spüren zu können, und sie hatte ihm schon einen Namen gegeben, mit dem sie ihn auch ansprach wenn sie alleine war, denn niemand sollte es erfahren bis ihn alle gesehen hatten. Efrael würde er heißen. Der Name bedeutete: >Die große Hoffnung<, und er war ihre Hoffnung. Ihre letzte. Ihre Kinder besuchten sie regelmäßig an ihrem Bett. Eflusa blieb fast immer an ihrer Seite wenn sie das nicht verhinderte, doch Chandari bat sie darum sich um Emdoa zu kümmern, dessen geschwächter Zustand anhielt, aber von diesem genauso herabgespielt wurde, wie es seine Mutter hier in ihrem Bett tat. Auch der König kam öfter am Tag zu ihr, um nach ihr zu sehen, mit ihr zu sprechen, sie zu trösten, und Chandari erzählte ihm dann immer was sie und das Kind so den ganzen Tag erlebten. Nämlich den Tratsch des Palastes von allen Seiten der Dienerschaft zu erfahren. „Er wird nachdem er zur Welt kam sofort wissen wer hier innerhalb des Palastes, was getan hat“,, scherzte die Königin und legte ihre Hand beruhigend auf ihren Bauch der nicht annähernd so groß war wie bei den Geburten davor, aber inzwischen schon beinahe am Ende der Schwangerschaft angekommen war. Endriel bemühte sich um ein fröhliches Gesicht, doch er konnte seine Sorge um seine Gemahlin kaum verbergen. Natürlich war auch ihm aufgefallen das sie sehr dünn war, das sie blasser war als sonst. Ihre Haut strahlte nicht mehr so wie früher. Dass es am Entzug des Mondlichtes lag, wusste niemand. Immerhin schien es ja den Anschein zu haben als würde die Königin das wichtige Mondlicht doch in ihr Zimmer scheinen lassen. Doch kaum einer wusste dass die Zeiten in denen sie dies tat, immer kürzer wurden, bis sie, sie beinahe ganz einstellte da der Anblick des Mondes ihr mittlerweile schon fast körperlichen Schmerz zufügte. Zumindest jedoch schmerzte ihre Seele bei seinem Anblick, und diesem konnte sie sich zusätzlich zu der schwierigen Schwangerschaft nicht mehr stellen. Dafür reichte ihre Kraft nicht mehr aus. Chandari wusste das sie sterben würde. Ein Teil von ihr war schon vor langer Zeit gestorben, und ein weiterer Teil dann Jahrhunderte später. Sie spürte dass sie nicht mehr so weitermachen konnte. Sie wusste dass die Götter sie riefen und sie diesen Ruf nur hinauszögerte. Sie wollte ihre Kinder nicht verlassen. Auch wenn sie bereits alt genug waren bis auf das Kind in ihr, so wollte sie dennoch nicht von ihnen gehen. Doch als es nicht mehr abzustreiten war das der Ruf stärker wurde, da beschloss sie ihr Leben für ein neues zu geben, und dieses Leben war Efrael. Ihre Hoffnung. Die Hoffnung dass er ein Trost sein würde für den Rest der Familie. Dass sie ihn so lieben würden wie sie es tun würde, auch über den Tod hinaus, und das sie ihm zusätzlich die Liebe geben würden, die sie dann nicht mehr geben konnte. Sie hatte zu den Göttern gebetet. Zu der Göttin des Lebens und dem Gott des Todes. Ihr Leben für das ihres Kindes. Sie sollten ihn beschützen. Sie hatte Opfergaben ausgesandt. Armoa, ihr Vertrauter und einer der Leibwachen ihres Gemahls brachte sie zu den Tempeln der Gottheiten. Auch wenn einer in den Landen des Feindes lag, so gelang es ihm dennoch die Opfergaben der Königin erfolgreich dort hinzubringen. Chandari glaubte fest an die Macht der Götter Esralons. In ihrer frühesten Jugend war sie eine Dienerin Lasins gewesen ehe man sie zurück in den Schoss der Familie holte. Sie wusste um die Macht der Götter und hatte sie daraufhin angefleht ihr Kind zu schützen. Sie hatte die Strafe ertragen und angenommen die ihr aufgeladen worden war für ihr Vergehen. Den Betrug ihres Mannes, aber dennoch bereute sie es nicht dies getan zu haben. Nichts in dieser einen Nacht war zu bereuen gewesen und Emdoa, war der klarste und reinste Beweis dafür. Niemals würde sie ihn missen wollen und den Umstand der ihn erschaffen hatte. Sie hatte die Strafe der Götter akzeptiert und nun würde sie bald zu ihnen gehen. Doch dafür wollte sie das gesunde Leben ihres letzten Kindes als Pfand. Kam Efrael gesund zur Welt…würde sie diese verlassen. So war ihr Handel mit den Göttern und sie hatte nicht vor ihn zu brechen. Ihr Körper war ohnehin nicht mehr intakt und er war teilweise sogar sehr zerstört worden. Sie hatte ein wundervolles Leben gehabt. Ein langes Leben wie sie fand. Nun war die Zeit für ihre Kinder gekommen. Sie waren stark und gut erzogen worden. Sie würden ohne sie überleben können. Bis auf den Kleinsten, und dies tat Chandari wirklich bis tief in der Seele weh. Doch er hatte viel Geschwister. Zwei Brüder und zwei Schwestern. Jeder auf seine Art und Weise einzigartig und verschieden. Sie würden ihn lehren was sie gelernt hatten. Endriel würde ein weiterer Sohn geschenkt werden, und er würde ein guter Vater sein. Wie auch zu seinen anderen Kindern. Chandari wusste er würde in guten Händen zurückbleiben und sie würde ohnehin in all ihren Kindern weiterleben und sie von dort aus beschützen wohin sie nach ihrem Tod gehen würde. Davon war sie fest überzeugt. Es war eine sternenklare Winternacht als die Wehen bei der Königin einsetzten. Eiskristalle lagen an den Fenstern die verhangen waren, aber hinter denen immer mehr und mehr Lichter angingen. Sprach es sich schließlich schnell herum dass die Niederkunft der Königin bevorstand. Der Palast war riesig, doch schnell machten solche Nachrichten die Runde, auch wenn man dazu alle aus dem nächtlichen Schlaf wecken musste. Mirdel war besorgt. Er wich nicht von der Seite der Königin die von ihren Zofen, zwei Hebammen und ihrer ältesten Tochter umgeben war. Prinzessin Enmouen wartete mit ihrem Vater und ihrem Bruder draußen, doch Prinzessin Eflusa war schon bei den früheren Geburten ihrer Mutter dabei gewesen. Sie kannte sich aus und machte ihre Arbeit beinahe so gut wie die beiden erfahrenen Geburtshelferinnen. Chandari selbst kämpfte. Es war ansträngender als die Male davor. Ihre Verletzungen die sie von dem gewaltsamen Übergriff und den Fehlgeburten davongetragen hatte, machten ihr die Geburt des Kindes schwer, und ihr schwacher Körper war ebenfalls keine große Hilfe. Dennoch beklagte sie sich nicht, oder gab gar auf. Stunde um Stunde verging, und immer weniger Kraft blieb in der blassen Gestalt der Königin übrig, doch dann, nach einem Moment der Stille…erklang ein kräftiger Schrei und ließ alle Anwesenden erleichtert aufatmen. Bis auf einen. Mirdel konnte Melechion, den Gott des Todes, schon spüren. Auch wenn die Königin so tat als merke sie es nicht, was er ihr ebenso wenig glaubte wie die Wochen und Monate davor. Der Tod, der Gesandte Melechions, schien nur noch zu warten bis sie sich verabschieden konnte, und dennoch war in den Augen der Königin nur Freude zu sehen. Freude über ihren Sohn, den die Hebammen schnell in ein Tuch wickelten und ihr nun in ihre Arme legten. Freude und Stolz über den kleinen Prinzen war alles was man in ihren Augen sehen konnte, die ihre starke Seele wiederspiegelten, die jedoch nicht mehr zu ihrem erschöpften Körper passen wollte. „Da bist du ja endlich Efrael“, flüsterte sie, als sie ihn in den zarten Armen hielt und dann sanft den kleinen Kopf mit dem pechschwarzen Haar küsste. „Er ist bezaubernd“ Eflusa wischte sich Freudentränen von den Wangen und sah zu dem Heiler hoch. „Er ist doch gesund oder?“ Mirdel besah sich das Kind in den Armen der Königin. Er war kleiner als seine Geschwister bei seiner Geburt, aber er war stark und kräftig. „Ich gratuliere Euch meine Königin. Euer Sohn ist völlig gesund und ohne jeglichen Makel“, erklärte er dann und sah wie ihn die erschöpfte Frau mit einem dankbaren Lächeln belohnte welches ihm selbst schmerzte, es würde wohl eines der letzten ihres Lebens sein und sie wusste es. In diesem Moment sah er das sie es wusste und wohl schon die ganze Zeit über gewusst hatte. Ihre Atmung war unnatürlich ruhig während sie nun ihr Kind stillte. Wissend das sie nur diesen einzigen kurzen Moment mit ihm hatte, und doch sah sie noch einmal zu dem Heiler hoch. „Ich danke Euch Mirdel. Das Ihr mir geholfen habt dieses Wunder möglich zu machen. Jetzt bin ich wahrlich geheilt.“ Eine Träne stahl sich über die Wange der Königin. Eine Träne der Dankbarkeit dass er sie unterstützt hatte. Er nickte schweigend und hatte selbst Tränen in den Augen. Dann legte er seine Hand an Prinzessin Eflusas Schulter und meinte dass sie vielleicht dem Rest der Familie die gute Nachricht überbringen sollte. Die Tochter der Königin nickte eifrig und lief los. Der Heiler sah die Königin noch einmal an und fragte: „Geheilt Hoheit?“ Sie nickte und flüsterte: „Ja. Geheilt. Durch dieses wunderbare Wesen das mich noch einmal spüren ließ das ich eine Frau und Mutter bin, was mir diese Barbaren damals stahlen. Jetzt bin ich wieder vollkommen.“ „Aber der Preis?“ „Ist es wert“, flüsterte sie und streichelte ihren kleinen Sohn zärtlich. „Für jedes meiner Kinder würde ich mein Leben geben, und es wäre nicht verschwendet damit.“ Der Heiler nickte und trat zurück. „Auf das wir uns irgendwann, in einer anderen Welt, einmal wiedersehen werden meine Königin.“ Sie nickte gefasst und ruhig. „Bis dahin genießt Euer Leben Mirdel und achtet gut auf meine Familie.“ Die Umstehenden Zofen und Hebammen waren ebenfalls den Tränen nahe. Sie alle verließen das Zimmer als die restliche Königsfamilie eintrat und zu der Königin ans Bett ging. Mirdel begegnete dem Blick seines Königs, und mehr brauchte es nicht damit Endriel verstand. Der Heiler ließ die Familie alleine, blieb jedoch vor der Türe stehen. Er würde in wenigen Momenten den Tod der Königin bestätigen müssen und stumme Tränen rannen derweil über seine Wangen und tropften zu Boden. Chandari reichte dem König den kleinen Prinzen und schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln. „Mein letztes Geschenk an Euch Endriel. Ein Sohn der euch ähnlich ist.“ Emdoa, Eflusa und Enmouen verstanden noch nicht, oder verstanden es falsch. Sie dachten das ihre Mutter nun eben keine Kinder mehr bekommen konnte, und auch dies war etwas trauriges, doch nicht das was Chandari meinte. „Ihr zahlt einen zu hohen Preis. Ich will ihn nicht wenn ich Euch dadurch verliere“, sprach der König und seine Stimme bebte vor Traurigkeit. „Vater was meinst du denn…“, begann Enmouen, doch es war ihr Bruder der sie mit einer sanften Geste zum Schweigen brachte. „Kein Pries ist zu hoch für dieses Glück das ich empfinde, und das auch Ihr empfinden solltet. Ich wäre so oder so gestorben mein König. Es war nur eine Frage der Zeit. So hat mein Tod doch etwas Gutes oder nicht?“ Inzwischen hatten auch die Königskinder verstanden worum es ging. Enmouen klammerte sich mit Tränen in den Augen an Emdoa, der versuchte stark zu sein und Haltung zu waren. Eflusa stand wie versteinert da, denn plötzlich ergaben so viele Dinge einen Sinn die ihre Mutter getan oder gesagt hatte, und die sie nie verstehen konnte. Bis jetzt… Endriel sah auf seinen jüngsten Sohn hinunter. Etwas Gutes? Zweifelslos war er gesund und somit von den Göttern gesegnet doch…Chandari zu verlieren. Die einzige Person die ihm jemals soviel bedeutet hatte seit… Er verdrängte den Gedanken, sah auf seine müde aber glücklich und irgendwie zufrieden aussehende Frau hinunter. „Ich will Euch nicht verlieren. Ihr seid alles für mich. Ohne dich…“, und zum ersten Mal sprach er seine Gemahlin so persönlich an. Wagte es dies zu tun, „…ohne dich bin ich verloren.“ „Ich werde immer bei dir sein Endriel. Bei dir und unseren Kindern. Ich werde euch beobachten.“ Eine ihrer Hände legte sie in die ihres Mannes der Efrael noch im Arm hielt, dann winkte sie ihre Kinder heran. Umarmte Enmouen die kein Wort herausbrachte zwischen dem lauten schluchzen das der Mutter selbst wehtat. „Sei stark mein Mädchen. Aber bleib wie du bist. Bleib so wie dich alle gerne haben und ändere dich nicht für andere. Aber vergiss nicht wer du bist. Versuche also wenigstens ein wenig mehr Prinzessin statt Prinz zu sein. Eines Tages wirst du dann den richtigen finden der dich dann so liebt wie DU bist und nicht etwas das du vorgibst zu sein.“ Enmouen nickte nur unter ihren Tränen und ließ schließlich ihren Bruder zu ihrer Mutter hindurch. Chandari schloss auch ihn in die Arme, küsste ihn und flüsterte: „Du wirst eines Tages ein stattlicher, strahlender Elf sein. Lass dich nicht von deiner momentanen Schwäche überwältigen. Halte dich an den Mond mein Junge. Versprich es mir. Er gibt uns so viel, und er wird immer da sein um dich zu schützen. Nutze seine Magie und Kraft. Verzeih das ich nicht mehr für dich tun kann.“ „Du hast alles getan was eine Mutter tun sollte. Es gibt nichts zu verzeihen“, flüsterte er und heiße Tränen tropften auf die bleiche Haut der Königin, die ihm zärtlich durch das blonde Haar streichelte. Emdoa verharrte so und Chandari versuchte ihn ein wenig zu trösten. Doch sie spürte dass ihre Zeit verstrich. Sie löste ihre Hand von Endriel und rief Eflusa zu sich, welche stumme Tränen weinend noch immer am selben Fleck stand und erst jetzt, weil Enmouen sie führte, zu ihr kommen konnte. „Bitte verzeih mir. Ich bürde dir eine so große Last auf mein Liebes. Aber ich brauche dich und deine Weitsicht wenn ich gehe.“, flüsterte sie ihrer Tochter zu, welche nickte und ihre Hand umschlungen hielt. „Du musst an meiner Stelle für den kleinen Prinzen da sein. Sei seine große Schwester, und wenn er es braucht…auch seine Mutter. Du bist mir am ähnlichsten. Ich wünschte ich könnte es dir ersparen aber so ist es nun Mal geschehen. Ich weiß ich kann mich auf dich verlassen. Du bist klug, stark, einsichtig und weitsichtig. Du wirst eines Tages eine wundervolle, starke Königin werden, denn nur ein Thronerbe eines anderen Reiches ist es wert dich eines Tages zu seiner Frau zu nehmen. Bis dahin, musst du mich vertreten und die Familie leiten. Ich liebe dich mein Schatz. Bitte verzeih das ich das von dir verlange.“ Eflusa ließ sich von ihrer Mutter küssen und versprach ihr dies alles einzuhalten. „Ich gebe mein Bestes Mutter. Du wirst stolz auf mich sein können.“ „Das bin ich schon seit sehr langer Zeit“, antwortete Chandari mit einem aufrichtigen und ehrlichen Lächeln. „Auf euch alle. Sagt Emraen das ich ihn liebe, und das er trotz allem nie vergessen darf selbst zu lieben. Er muss die Liebe in sein Herz lassen den sonst wird er eines Tages daran vergehen. Es tut mir leid ihn nicht mehr sehen zu können. Bitte sagt ihm das ja?“ Sie nickten alle. Alle, außer dem König, der nun wieder die Hand seiner Frau hielt und sie mit gebrochenen Augen ansah. Chandari ließ sich Efrael zurückgeben und hatte so ihre Kinder alle auf einer Seite. Ihren Ehemann auf der anderen. Sie war so müde. Schmerzen fühlte sie keine. Oder wenn doch, dann bekam sie nichts mehr davon mit. Sie spürte den Schatten näherkommen und lächelte ihre Familie an. Zur selben Zeit drückte ein Windstoff eines der Fenster auf, wehte die Vorhänge beiseite und ließ das Mondlicht des Vollmondes stark und hell in das Zimmer und direkt auf das Bett scheinen. Die violetten Augen der Königin erblickten den Mond, und zum ersten Mal seit so langer Zeit schmerzte sein Anblick nicht. Sie konnte ihn ertragen. Konnte in dem weißen Himmelskörper ein Gesicht erkennen. „Eines Tages werden wir uns wiedersehen“, flüsterte sie und lächelnd schloss sie ihre Augen da die Müdigkeit so groß wurde. Sie schloss die müden Lider, spürte die Wärme ihrer Familie um sich, das Licht des Mondes und begab sich in die Arme Melechions, der sie schon geduldig und freundlich erwartete. Endriel legte die nun leblose Hand vorsichtig auf dem Bett ab. Erhob sich, küsste die Stirn seiner entschlafenen Gemahlin, und verließ wortlos das Zimmer. Mirdel sah ihm hinterher wie er über die Flure davoneilte. Kurz darauf verließ er mit einem seiner Pferde im gestreckten Galopp den Palast. Niemand konnte ihm verdenken das er nun alleine sein wollte. Der Heiler selbst ging zurück in das Zimmer der Königin, sah auf die weinenden Kinder hinab, befühlte vorsichtig das Handgelenk ihrer Mutter und nickte ihnen schließlich zu, worauf Enmouen und Emdoa einander haltlos in die Arme fielen und weinten, während Eflusa einfach nur stumm weinte und das friedliche Gesicht ihrer Mutter beobachtete. Der kleine Prinz begann nun auch unruhig zu weinen und Mirdel wollte ihn an sich nehmen und einer der Ammen übergeben, doch Eflusa war schneller. Hob ihn auf ihre Arme und wiegte ihn sanft hin und her. „Ich kümmere mich um ihn“, meinte sie dabei und schenkte ihm ein Lächeln. Sie musste jetzt stark sein. „Aber Prinzessin. Die Ammen können doch…“ „Sie können ihn ernähren. Das kann ich wahrlich nicht. Aber alles andere kann ich für ihn tun. Er ist mein Bruder, und meine Mutter bat mich darum. Wollt Ihr ihren Wunsch übergehen?“ Der Heiler verneinte dies und hielt sich weiter zurück. Eflusa löste sich von ihrer verstorbenen Mutter. Ihr Herz war genauso gebrochen wie das ihrer Geschwister, doch nun musste sie sich zuallererst um Efrael kümmern. Er war so klein, so unschuldig. Er war an dem Tag geboren worden an dem die Königin starb. Seine Geburt sollte gefeiert werden, aber auch der Tod der Königin musste betrauert werden. Wenigstens sie und ihre Geschwister mussten für ihn da sein in diesen ersten Stunden und sie mussten ihm die Liebe und Wärme geben die seine Mutter ihm nicht mehr geben konnte. „Wir werden dich vermissen Mutter. Aber wir werden versuchen sich stolz zu machen“, flüsterte sie und verließ schließlich, mit ihrem kleinem Bruder auf dem Arm und ihren beiden Geschwistern das Gemach der Königin, die nicht mehr länger unter den Lebenden weilte. Prinz Emraen erfuhr vom Tode seiner Mutter in dem Heerlager das er befehligte und zum ersten und bislang einzigen Male, sahen ihn seine Soldaten mit Gefühlen kämpfen. Er war zuerst erstarrt als der Kurier die Nachricht überbrachte, dann wütend, und seine Wut –die nur getarnte Verzweiflung und Trauer war- reagierte er ähnlich ab, wie schon sein Vater zuhause außerhalb des Palastes. Er verzog sich alleine in den Wald und schlug solange mit seinem Schwert und seinen Fäusten gegen einen starken Baumstamm ein, bis sein Körper so ausgelaugt war, das er kaum noch Kraft hatte zu trauern, und dennoch, flossen während dieser ganzen Zeit, stumme, heiße Tränen über ihre Gesichter, welche verzerrt von der Trauer um die geliebte Elfe waren. Kapitel 10: Kein Leid wehrt ewig…oder doch? ------------------------------------------- Die Nachricht über den Tod der von allen Waldelfen geliebten Königin, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Nicht nur im Palast und in dessen engstem Umkreis wurde getrauert nein, das ganze Volk schien Trauer zu tragen und ehrte somit seine über alles geliebte Königin, die nun bei den Göttern weilte und von dort über sie alle wachen würde. Die Kunde über die Geburt des jüngsten Prinzen, ging mit der Nachricht über Chandaris Tod Hand in Hand, und niemand wagte es das neue Leben so zu ehren wie es eigentlich der Brauch war. Zu tief war die Wunde des Verlustes ihrer Königin, aber dennoch erreichten auch Geschenke zu Ehren des jungen Prinzen den Palast. Zusammen mit Blumen und Gaben für die verstorbene Gemahlin des Königs. Der wohl von allen Waldelfen am stärksten trauerte. Aber es gab auch einen Mondelf, den die Nachricht über Chandaris Tod in scheinbar unendliche Trauer stürzte. Für beide brach eine Welt zusammen. Sie hatten diese Frau mehr als alles andere geliebt in ihrem Leben. Doch für Endriel war es schlimmer. Sie war seine Gefährtin, Mutter seiner geliebten Kinder, Beraterin gewesen. Sie spendete ihm Trost und Zuversicht wenn ihn die Schlachten mit den Schattenelfen oder anderen Feinden auszehrten. Versuchte zu vermitteln, um ihm zu helfen. Jetzt war sie tot…hatte ihn verlassen. Seit seiner Kindheit hatte er nicht mehr so gefühlt. Nicht seit er seinen besten Freund verloren hatte. Nun war es so, als hätte sich die Geschichte wiederholt. An seiner Seite konnte man nicht auf ewig glücklich sein wie es aussah. Die Beerdigung der Königin fand nachts statt. Des Mondes wegen, der Teil von ihr gewesen war, und der strahlend am Himmelszelt stand als man Chandari zu Grade trug. Der ganze Palast hatte sich versammelt, und auch viele Bewohner des Reiches waren von weither angereist um Abschied nehmen zu können. Überall waren Elfen in reinweißer, oder silbernen Kleidung zu sehen, denn dies waren die Farben des Todes im Land der Waldelfen, das ansonsten von bunten Farben regiert wurde. Bunt wie der Wald und die Natur in der sie lebten. Auch der Mondelfenkönig war gekommen. Sein Sohn nicht. Was Endriel verstand, dachte er immerhin das es mit dem Versprechen zu tun hatte das er seiner Frau gegeben hatte. Eflusa sollte ihren zukünftigen Gemahl nicht sehen bevor sie wusste dass er dies war. Deswegen –so dachte der Waldelfenkönig- war Tendaí nicht erschienen. Jedoch schickte der Prinz der Mondelfen einen prächtigen Kranz unbekannter Blumen und Gewächse, die im Mondlicht in den wundervollsten Farben schimmerten. Sowie eine steinerne Platte für Chandaris Grab aus den Höhlen die nur er und seine große Liebe gekannt hatten, und auf diesem Stein sollten die Blumen abgelegt werden. Sie würden darauf erneut zu wachsen beginnen und bei Mondlicht erblühen. Es war sein Geschenk an sie. Seine letztes Geschenk und Geste bei ihr sein zu können, da er selbst es nie gekonnt hatte, und er es nicht übers Herz brachte an ihrem Grab zu stehen. Auch wenn er sonst seine Gefühle perfekt beherrschte, so traute er ihnen nicht wenn er dort in diesem fremden Land an ihrem Grabe stehen würde und er dadurch endgültig dazu gezwungen war, einzusehen das sie verloren war, oder zumindest nicht mehr zu erreichen war, bis er selbst sterben würde. Enmouen ließ mit ihrer Naturmagie Blumen um das Grab ihrer Mutter wachsen und erblühen, indem sie das Erdreich mit ihren Händen berührte und die magische Energie in den Boden leitete, als die Zeremonie endete. Ihre Geschwister standen hinter ihr. Auch Emraen war zum Palast zurückgekehrt, doch sein Gesicht zeigte nur die steinerne Maske seiner Erziehung während der Beisetzung. Nur wer ihm in die Augen sah, konnte erkennen dass er litt und trauerte um den Verlust seiner Mutter. Ansonsten wirkte er hart und unnahbar, wie man es von klein auf von ihm verlangt hatte. Erst nachdem alle Trauernden die Grabstelle verlassen hatten, bewegte sich Emraen, kniete vor dem Grabe nieder und berührte den Fuß der weißen Marmorstatue die seine Mutter darstellte. Erst jetzt konnte er seiner Trauer Ausdruck verleihen und ihren Tod beweinen. Allein und ungestört. Nun ja. Fast allein. Eflusa war in der Nähe. Hielt aber Abstand. Sie war die einzige die wusste dass er zu Gefühlen fähig war. Erinnerte sie sich noch gut an die Nacht in der er ihre Mutter aus den Klauen ihrer Peiniger gerettet hatte. In jener Nacht hatte er schon einmal Gefühle gezeigt und sie hatte ihn getröstet. Nun war sie zumindest in der Nähe falls er dies erneut benötigte, ansonsten würde sie nur hier stehen bleiben und bei ihm bleiben, um ihm zu zeigen das er nicht so alleine war, wie er immer annahm. „Ich will ihn sehen“, sprach der älteste Prinz schließlich als er später wieder hinter seiner Maske verborgen war und an seine Schwester herantrat. Sie wusste wen er meinte. Er wollte Efrael sehen. Seid er in den Palast zurückgekehrt war, hatte er sich nicht einmal darum bemüht. Nicht das er schon früher Interesse an seinen Geschwistern gezeigt hatte doch, diesmal schien es noch schlimmer zu sein. Dennoch konnte Eflusa ihm diesen Wunsch nicht verwehren, und so gingen sie in den Palast zurück, nahmen Kurs auf ihre Gemächer, da sie angeordnet hatte die Wiege des Prinzen in eins ihrer Zimmer zu bringen. Eine Amme war ständig bei ihm wenn sie es nicht sein konnte, und Eflusa hatte ihn seit seiner Geburt nicht oft aus den Augen gelassen. Die Amme verneigte sich tief als sie den Kronprinzen sah, wurde dann jedoch von seiner Schwester hinausgeschickt, nachdem sie sich bestätigen hatte lassen das der kleine Prinz getrunken hatte und wohlauf war. Eflusa nahm den Spitzenschleier ab der ihr trauerndes Gesicht verdeckt hatte während der Beisetzung und trat an die Wiege heran in der das kleine Bündel lag und vor sich hin strampelte. Er hatte in den letzten Tagen gut an Gewicht zugelegt und Mirdels Befürchtungen das seine –noch- geringe Größe vielleicht seinen Lebensmut zügelte, waren völlig umsonst gewesen. Efrael strotze nur so vor Lebenskraft. Besah sich alles um sich herum mit großen, neugierigen Augen, als wollte er endlich alles sehen wovon seine Mutter ihm während der Schwangerschaft so erzählt hatte, wie Eflusa nur zu gut wusste, war sie schließlich oft dabei gewesen wenn sie mit ihm in ihrem Bauch gesprochen hatte. Der traurige Ausdruck im Gesicht der Prinzessin verlor sich in dem Moment als sie den Säugling ansah, und er zu ihr aufsah. Die silberfarbigen Augen und das schwarze Haar. Er würde eines Tages ein unverschämt gut aussehender junger Elf werden. Soviel stand fest. Wie auch der König und seine anderen Söhne es waren. Sie hob ihn vorsichtig heraus, küsste seine Stirn und wiegte ihn sanft in ihren Armen. Dann wand sie sich an Emraen, der immer noch schweigend und ruhig dort stand, wo er seit dem eintreten in diese Gemächer gestanden hatte. „Hier ist er. Dein jüngster Bruder. Möchtest du ihn halten?“, fragte sie behutsam, wusste sie jedoch das er letzteres wahrscheinlich ablehnen würde. Doch sie sollte sich irren. Er streckte die Arme aus und Eflusa legte das Kind in die starken Hände, trat neben Emraen und besah sich den Winzling den er hielt mit liebevollem Blick. „Du sollst also die große Hoffnung sein?“, meinte Emraen mit rauer Stimme und besah sich das Kind in seinen Armen. „Er ist sehr klein.“ „Er wird wachsen“, antwortete Eflusa voller Überzeugung. „Auch ein mächtiger Baum entspringt nur einem Samenkorn und wächst dennoch heran.“ „Solange es niemand ausreißt“ Emraens Worte erschraken die Prinzessin und sie musterte ihren älteren Bruder argwöhnisch. „Was meinst du damit?“ „Seinetwegen ist Mutter tot oder nicht? Sollte er dann nicht besser auch tot sein?“ Eflusa wurde kreidebleich. „Wie kannst du so etwas auch nur denken? Mutter starb damit er leben konnte.“ „Also wusste sie dass sie sterben wird wenn sie ihn austrägt“, stellte der Thronerbe fest und seine Schwester schwieg betroffen. „Wusstest du es auch?“ „Nein“, flüsterte sie. „Ich weiß nur dass sie ihn nicht verlieren wollte. Sie sagte immer dass sie für uns alle gestorben wäre wenn dies bei der Geburt möglich gewesen wäre, und dasselbe würde sie auch für das Neugeborene tun.“ „Was sie –wie man sieht- wohl getan hat.“ Emraens Stimme war kalt wie Eis. „Sie wollte nicht noch ein Kind verlieren. Kannst du das nicht verstehen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Das kann ich nicht. Sie hatte bereits 4 gesunde Kinder. Sie hätte das nicht tun dürfen. Vater hätte es nicht erlauben sollen.“ „Was hätte er denn tun sollen? Das Kind noch im Mutterleib töten? Weißt du wovon du da sprichst?“. Fragte die Prinzessin aufgebracht, doch ihr Bruder sah sie nun ernst an. „Ich weiß dass er als Mörder der Königin aufwachsen wird. DAS und nichts anderes wird man über ihn sagen. So wird man ihn hinter seinem Rücken nennen. Oder vielleicht sagt man ihm dies auch ins Gesicht. Wer weiß? Meinst du dass das ein Leben ist das er führen sollte?“ Er gab ihn ihr wieder und sie schloss ihn in ihre Arme. Drückte ihn an sich. „Ich weiß dass er lebt. Dass dies Mutters größter Wunsch war. Er ist ein gesundes Kind und niemand wird ihn für den Tod an seiner Mutter verantwortlich machen, denn es war IHR größter und letzter Wunsch dass er lebt. Willst du ihr diesen Wunsch etwa verwehren Emraen?“ Die blauen Augen ihres Bruders ruhten auf ihr. Er sah sie und das Kind in ihren Armen einen Moment lang schweigend an. Dann meinte er: „Ich sage dir nur was sein wird. Für mich, den König und den Großteil des Volkes wird es so sein wie ich eben sagte. Man wird ihn Mörder nennen, und du wirst nichts dagegen tun können Eflusa.“ „Vater wird das nicht denken. Niemals!“, wiedersprach sie ihm. Emraens Blick wurde beinahe spöttisch. „Denkst du? Dann hast du ihn in den letzten Tagen nicht wirklich gesehen. Aber ich habe andere Probleme als ein Kind und seinen Ruf. Tu was du nicht lassen kannst, aber sage nicht ich hätte dich nicht vorher gewarnt!“ Damit wand er sich ab und verließ die Gemächer seiner Schwester, die mit dem Säugling in ihren Armen zurückblieb und ihn an ihre Schulter legte, wo sie sein kleines Herz an ihrer Brust spüren konnte und flüsterte ihm mit zitternder Stimme zu: „Es spielt keine Rolle was sie sagen oder denken. Ich weiß dass es nicht so ist und ich werde dich lehren das Mutter dich liebte bis zu ihrem Tod und mit Sicherheit darüber hinaus. So wie ich dich liebe, und der Rest deiner Familie kleiner Bruder.“ Doch Emraen sollte mit seiner schrecklichen Vermutung Recht behalten. Nur das es beinahe schlimmer war als er vorausgesagt hatte. Es waren nicht die flüsternden Stimmen des Palastes die der Prinzessin Kummer bereiteten. Es war ihr Vater der dies tat. Er hatte seinen jüngsten Sohn bei dessen Geburt gesehen. Danach nicht wieder, und diese war nun schon über 6 Wochen her. Der König trauerte. Das wusste das ganze Reich, aber es war mehr als das. Er schien durch den Tod seiner Gemahlin irgendwie gebrochen zu sein. Nicht was seine Fähigkeiten als Herrscher betraf. Diese erfüllte er wie eh und je, und ohne einen Grund des Tadels hervorzubringen. Nein! Es war etwas anderes. Er zog sich von seinen Söhnen zurück. Zumindest vor Emdoa und Efrael. Letzteren besuchte er gar nicht und Emdoa…er wich ihm aus. Ohne einen Grund zu nennen. Zwar tat er dies auch schon einige Jahre davor. Nur schien es nun schlimmer zu werden. Auch Eflusas Gesellschaft ertrug er kaum. Aber dies hatte einen anderen Grund. Nämlich die Ähnlichkeit zu ihrer Mutter. Die ältere Prinzessin aber suchte dennoch das Gespräch mit ihrem Vater. Er musste aufhören seine Kinder zu ignorieren. Er musste wieder zu sich finden. Trotz der Trauer und des schmerzenden Verlustes seiner geliebten Frau. Er musste weiterleben. Das hatte sie sich doch so sehr gewünscht. So besuchte sie ihn am Anfang der nun siebenten Woche nach Efraels Geburt um mit ihm darüber zu reden. Doch als sie endlich zu ihm durchgelassen wurde, starrte sie der König einige Augenblicke nur stumm an. Mit einem Blick so voller Schmerz, ehe er sich abwand und fragte was sie von ihm wollte. „Du hast Efrael noch kein einziges Mal besucht seid…“, begann sie, wurde aber von ihrem Vater unterbrochen: „Seid er eure Mutter getötet hat. Ja…ich weiß! Bist du deswegen hier Kind?“ Fassungslos stand die Prinzessin hinter ihm. „Das kannst du doch nicht ernst meinen Vater. Er hat sie nicht getötet. Er ist ein Kind. Ein unschuldiges Kind!“ „Unschuldig?“ der König lachte bitter auf. „Wäre er nicht, würde deine Mutter noch leben.“ Es war wie ein Schlag für die junge Elfin und sie versuchte um ihren Vater herumzugehen, ihn anzusehen. Doch er wich ihrem Blick aus, wand sich ab. „Wie kannst du so etwas sagen? Sie liebte ihn. Sie war wieder glücklich. So glücklich seid…“, sie schluckte, wagte es nicht auszusprechen, doch ihr Vater verstand schon und sprach für sie weiter: „…seit dem Tag an dem die Dämonen sie überfallen und geschändet haben.“ Eflusa schwieg betroffen, doch Endriel sprach weiter: „Und wäre Emdoa nicht gewesen, hätten diese verfluchten Schweine sie nicht überfallen. Sie wollten ihn und nicht sie. Ohne ihn…wäre das nie passiert.“ Eflusa wich einen Schritt zurück. Zu stark war das Entsetzten das nun von ihr Besitz ergriff. Das also waren die Gründe für sein Verhalten? Er gab den beiden die Schuld an dem was passiert war? Wie konnte er nur? „Du weißt nicht was du da sagst Vater“, flüsterte sie erstickt. „Du sprichst in Trauer. Du meinst das doch nicht ernst oder?“ Nun drehte er sich um und sah sie an. Seine dunklen Augen waren voller Tränen und voller Wut. „Ich meine IMMER was ich sage Kind. Ja! Sie sind meine Söhne. Das streite ich nicht ab, und sie haben alle Rechte eines solchen aber…im meine es so wenn ich sage: Ich wünschte sie wären tot an der Stelle deiner Mutter.“ Eflusa wich einen Schritt vor ihrem geliebten Vater zurück. Das war gelogen. Sie kannte ihn…wusste wie er mit Emdoa gespielt hatte, wie er ihn liebte. Er würde ihm das nicht wünschen. Es musste die Trauer sein die ihn so verändert hatte. „Doch sie leben“, fuhr Endriel fort. „Ich werde auch den letzten Wunsch deiner Mutter respektieren Eflusa. Zieh den Jungen auf wenn du es willst, oder übergib in den Ammen. Er wird als mein Sohn aufwachsen doch… er wird immer der Mörder seiner Mutter bleiben. Daran ändert es nichts dass sie ihn geliebt hat. Denn ihre Liebe zu ihm, nahm sie mir. Wie kann ich es ihm da je verzeihen?“ „Wie kannst du nur“, fuhr sie ihren Vater nun an so dass dieser über ihre Heftigkeit überrascht war. „Gibst einem Säugling und einem Kleinkind die Schuld an dem was passiert ist. Ich schäme mich für dich Vater. Wenn es wirklich stimmt was du sagst, dass du sie nicht hättest haben wollen, dann hättest du nicht bei ihr liegen dürfen. Dann wäre das vielleicht wirklich nicht passiert.“ Das klatschen seiner Hand auf ihrer Wange schallte durch den hohen Raum. Eflusa spürte das brennen in ihrem Gesicht. Der Schlag war hart gewesen, sah dennoch zu ihrem Vater auf der sie zum ersten Mal in ihrem Leben geschlagen hatte. „Wage es nicht noch einmal so mit mir zu sprechen. Ich bin dein Vater. Vergiss das niemals.“, entrüstete sich der König, doch Eflusa sah ihn ernst an. Hielt seinem Blick stand. „Das ändert nichts daran“, flüsterte sie, „dass ich nicht akzeptieren werde was du eben gesagt hast. Denn wenn es wirklich so ist wie du sagtest, dann wäre ich wohl besser auch nie geboren worden oder?“ Sie drehte sich um und lief aus dem Raum, den Flur hinunter und in ihre Gemächer. Sie konnte nicht fassen was sie eben gehört hatte, und sie würde das nicht so einfach hinnehmen. Enmouen die bei Efrael gewesen war, wollte wissen was los war, besah sich die gerötete Wange ihrer Schwester und versuchte sie zu trösten. Eflusa erzählte ihm was ihr Vater gesagt hatte, nahm ihr aber auch das Versprechen ab es niemals Emdoa aber Efrael zu erzählen. Enmouen versprach es ihr, meinte aber das es sicher nur eine Weile dauern würde bis ihr Vater sich wieder beruhigen würde und alles wieder in Ordnung kommen würde. Sie sollte sich irren… Endriel fing sich nicht wieder. Im Gegenteil... Er verstärkte die Grenzposten an den Grenzen zum Dämonenreich, schickte Falken nach Kantara zum Palast Myrions und erklärte ihm das es zum Wohle seines Volkes sei, wenn er dafür sorgte das dieses das Waldelfenland nie wieder betrat, da er sonst nicht für deren Leben garantieren konnte. Der Fürst der Dämonen nahm es zur Kenntnis, und die Handelsabkommen zwischen Waldelfen und Dämonen wurden aufgelöst. Krieg erklärten sie sich nicht. Das Dämonenland war größer und seine Einwohner zahlreicher. Endriel war kein Narr. Er griff kein Land an dem er nicht gewachsen war. Zumal er immer noch mit den Schattenelfen an der anderen Grenze zu kämpfen hatte und sich voll und ganz auf deren Vernichtung konzentrierte. Immer ein Feind nach dem anderen. Aber er verhinderte auch nicht dass es an den Grenzen zum Dämonenreich zu Übergriffen kam und Dörfer ausgelöscht wurden von Waldelfen die den Hass ihres Königs auf das verfluchte Volk der Dämonen teilten. Emraen wurde weiterhin zu Schlachten ausgeschickt gegen Schattenelfen und Orks die auch immer wieder die reichen Länder zu überfallen drohten und in ihre Schranken gewiesen werden mussten, und Endriel kümmerte sich vermehrt um seine Schlachten und Pläne für sein Volk, jedoch so gut wie gar nicht mehr, oder –in Efraels Fall- gar nicht um seine Familie. Enmouen, seine Lieblingstochter war die einzige deren Gesellschaft er gerne genoss, aber auch sie vermochte es nicht ihren Vater umzustimmen, so sehr sie es auch versuchte. Er tat was er Eflusa gesagt hatte, die er nun übrigens dazu zwang in seiner Gegenwart einen Schleier zu tragen der ihr Gesicht und speziell ihre Augen verhüllte, da diese und deren Blick durch ihre Ähnlichkeit zu ihrer verstorbenen Mutter, für den König nicht mehr zu ertragen waren. Er mochte drei Söhne haben, aber in Wahrheit hatte er nur noch einen, und dieser war Emraen. Sein ganzer Stolz. Endriel verlor sich in Erinnerungen an vergangene Tage. Tage an denen er glücklich war mit seiner Familie. Mit seiner Gemahlin… den Kindern…und an diesen Erinnerungen hielt er fest, und niemand. Wirklich niemand konnte ihn davon abbringen sein Leid zu verarbeiten und damit weiterzuleben. Stattdessen…verlor er sich immer mehr darin….bis es unmöglich schien das er jemals wieder daraus gerettet werden konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)