Drache des Westens von Bitterblue (Das Leben des General Iroh) ================================================================================ Kapitel 7: Zwei Hochzeiten und ein Zwischenfall ----------------------------------------------- „Destiny is a funny thing. You never know how things are going to work out. But if you keep an open mind and an open heart, I promise you will find your own destiny someday.“ Ein wenig enttäuscht war das Fräulein Waschfrau ja schon, als es hörte, dass der Kronprinz unter die Haube kommen würde. Alsbald ihm aber der Gedanke durch den Kopf schoss, dass es ja auch noch Prinz Ozai gab, grinste es breit und widmete sich wieder dem Bottich. Immerhin mussten jegliche Banner, Fahnen, Decken und Tücher für den großen Tag reiner als rein werden! Nicht einmal eine Woche später, an jenem großen Tag, verliefen die Hochzeitszeremonien nüchtern und entsprachen der Etikette vom Scheitel bis zur Sohle. Iroh und Yu Ann verhielten sich artig und gestriegelt. Sie waren gekleidet in viel zu aufwendige Roben, unter denen es fast unerträglich stickig war zu dieser heißen Jahreszeit. Und doch ertrugen beide das Brimborium, das gar nicht nach ihrem Geschmack war, mit Anstand und Würde. Wahrscheinlich hielten sie deshalb eine stabile Fassade aufrecht, weil sie jedes Mal, da sie sich in die Augen sahen, wussten, dass sie diese Last nicht alleine zu tragen hatten. Als Iroh eine gute Stunde nach der ermüdenden Trauung seine Gemächer betrat, saß Yu Ann schon auf der Bettkannte. Nur ein Hauch von Nichts umhüllte ihren schlanken Körper und man konnte ihr ansehen, dass ihr unwohl war. Sie sah auf, als der Prinz die Tür leise ins Schloss fallen ließ. „Warte einen Moment,“ sagte Iroh unvermittelt und ging zielstrebig auf das Ankleidezimmer zu. Wenige Augenblicke später kehrte er mit einem richtigen Morgenmantel aus Wolle zurück. Liebevoll legte er ihn ihr um die Schultern. „Danke,“ sagte Yu Ann leise. Man merkte sofort, wie sie auftaute. Iroh bot ihr eine Hand an und führte sie nach draußen. Es dämmerte und ein paar Hirschgrillen zirpten eine beruhigende Melodie. In der Ferne konnte man noch die Stimmen der feiernden Gäste hören. Der Prinz sah sich kurz um und entschied sich für eine alte hölzerne Bank mit geschwungenen Messingfüßen. Er gebat seiner frisch gebackenen Frau sich zu setzen und verschwand noch einmal, um zwei Becher und eine Karaffe Rotwein zu holen. Er schenkte ihnen großzügig ein und ließ sich neben seiner Gemahlin nieder, die er bis vor ein paar Tagen noch nie gesehen hatte. Eine Weile lauschten sie gemeinsam der Musik des Gartens. „Erzähl mir von ihr,“ sagte Yu Ann schließlich und nippte erwartungsvoll an ihrem Wein. Iroh antwortete nicht direkt. Noch nie hatte er jemandem von ihr erzählt. Selbst mit Fon redete er nicht wirklich darüber; vor allem weil der Diener genau wusste, dass Iroh nicht wollte. Oder doch? Vielleicht war es auch einmal gut, von ihr zu sprechen. „Sie...“ begann Iroh zögerlich. Obwohl er nicht weiter sprach, wurde er nicht unterbrochen. Yu Ann war eine sehr geduldige Frau. „Sie hatte... ihre Augen, sie...“ Der Prinz verlor sich in seiner Erinnerung. Während er sein Gesicht in die Hände sinken ließ, spürte er, wie sein rechtes Schulterblatt sacht gestreichelt wurde. Iroh merkte, dass es gut tat, doch als er sich wieder aufrichtete, ließ Yu Ann abrupt los, als fühlte sie sich ertappt. „Sie hieß Nola,“ sagte Iroh rau. Er spürte einen Stich im Herzen, als er von ihr in der Vergangenheitsform sprach. „Sie war wunderschön...“ Iroh nahm einen kräftigen Schluck Wein und hielt kurz inne bevor er fortfuhr. „Es war vor fast vier Jahren; im Sommer. Sie hat im Teehaus ihrer Eltern gearbeitet. Ich... ich habe mich sofort in sie verliebt. Sie war so schön...“ Er stammelte noch etwas mehr vor sich hin und Yu Ann hörte weiterhin aufmerksam zu. Sie merkte, dass er sich schwer tat, von Nola zu reden. Anscheinend hatte er das nicht allzu oft getan. Und sie spürte, wie viel sie ihm bedeuten musste. Es bedarf keiner großen Worte, seine große Liebe zu beschreiben. Wenn sie echt ist, dann merkt man das einfach. „Iroh?“ warf Yu Ann vorsichtig ein. Überrascht sah der Thronfolger seiner Braut in die Augen. „Ja?“ „Es ist schon gut. Du musst doch nicht reden, wenn es dir schwer fällt.“ Iroh verstand und lächelte matt. „Danke,“ sagte er. „Danke, dass du mich nach ihr gefragt hast. Es hat irgendwie gut getan.“ „Das tut es immer,“ antwortete Yu Ann. „Wenn das so ist,“ begann Iroh, „dann erzähl mir doch von ihm.“ Ann schloss die Augen und lächelte in sich hinein. „Es ist noch nicht so lange her,“ begann sie. „Vor etwas mehr als zwei Jahren, am Tag nach meinem achtzehnten Geburtstag, hat mich mein Vater mit ins Erdkönigreich genommen. Er sagte zu mir, ich als Generalstochter sollte wissen, wie es da draußen zugeht. Also reiste ich mit. Wir blieben im Süden, in einem großen, befestigten Lager der Feuernation. Mein Vater war sehr beschäftigt und so konnte ich mich teilweise recht unbeobachtet umsehen. Nur wenige Tage nach meiner Ankunft wurde eine Reihe Kriegsgefangener zu uns gebracht. Unter ihnen... war er...“ „Du hast dich in einen Erdbändiger verliebt?“ fragte Iroh erstaunt. Er merkte, dass er sie unterbrochen hatte und murmelte etwas entschuldigendes. „Ja,“ sagte Yu Ann. „Ja, das habe ich. Sein Name war Tenya.“ Sie stockte, als sie seinen Namen aussprach. Auch ihr fiel es offensichtlich nicht leicht. Doch sprach sie weiter. „Wir trafen uns des nachts, an seiner Zelle. Ich konnte es nicht mit ansehen, dass er nicht frei war. Also... habe ich ihn gehen lassen. Ich schaffte es an die Schlüssel des Wärters zu kommen.“ Wie, das sagte sie nicht. „Noch in der selben Nacht ließ ich alle Männer frei.“ Yu Ann seufzte schwer. „Tenya war so glücklich. Er bat mich, mitzukommen; und ich wollte! Aber ich musste zunächst meine Unschuld beweisen und im Lager bleiben. Niemand sollte mich verdächtigen. Also verabschiedeten wir uns zunächst. Wir vereinbarten eine Zeit und einen Ort, an dem wir uns treffen wollten. Und so kam es.“ Yu Ann lächelte leise. „Wir trafen uns noch ein paar Mal, doch dann... dann kam er nicht mehr.“ Sie unterdrückte eine Träne, die ihr Unterlid zu überqueren versuchte. „Am nächsten Morgen verkündete mein Vater stolz, dass sie die entkommenen, ich zitiere, „Schweine“ geschnappt hätten. Und, dass... dass sie an ihnen ein Exempel statuiert hätten.“ Iroh schluckte. „Ich werde diesen Augenblick nie vergessen,“ fuhr Yu Ann mit zitternder Stimme fort. „Wie mein Vater da stand, mit diesem hungrigen Blick in den Augen und ich... ich durfte nicht einmal die kleinste Gefühlsregung zeigen.“ Auch jetzt blieb sie verhältnismäßig ziemlich nüchtern, fand Iroh. Sie schien es gewohnt zu sein, ihre Gefühle zu verdrängen. „Ann?“ sagte Iroh leise und nahm die Hand seiner Prinzessin. Sie sah auf und versuchte stark auszusehen. „Vor mir musst du dich nicht verstecken. Wenn dir danach ist, dann zeig was du fühlst.“ Yu Ann sah Iroh immer noch an, doch ihre Züge fingen an, sich zu verkrampfen. Sie zog ihre Knie an und vergrub ihr Gesicht darin. Allmählich, ganz langsam, als wüssten sie noch nicht wie ihnen geschah, krochen ein paar Tränen hervor und benetzten den Stoff ihres Morgenmantels. Iroh schlang seinen rechten Arm um sie und Yu Ann ließ all ihren aufgestauten Gefühlen freien Lauf. Erst, als sich die letzten Wolken verzogen hatten und die Sterne klar sichtbar wurden, ging das Brautpaar wieder hinein. Mit Yu Ann zu schlafen war anders. Es war schön, aber es war weniger leidenschaftlich und nicht so explosiv. Sie merkten, dass beide, obwohl sie einander wirklich gern hatten, mit ihren Gedanken ganz weit weg waren. Aber zum ersten Mal seit langem waren sie nicht mehr allein. „Jetzt stell dich doch nicht so an,“ brummte der Prinz, während er ungeduldig am Kragen seines Dieners herumzupfte. Nur ein paar Tage nach Irohs Hochzeit schienen die Rollen vertauscht zu sein. „Ich bin aber so aufgeregt,“ rechtfertigte sich Fon pikiert. „Ich darf Euch daran erinnern, dass es Euch ebenso erging.“ „Ja Fon,“ knurrte Iroh, „mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass du dir deine Braut aussuchen durftest.“ Fon wurde rot. „Entschuldigt, Hoheit.“ „Und hör endlich mit diesem Hoheitsscheiß auf!“ Der kleine Innenhof, in dem die Trauung stattfinden sollte, war von Lampions in verschiedensten Rottönen warm erleuchtet. Entlang der steinernen Türbögen wand sich eine Kletterpflanze, die jetzt zu dieser Jahreszeit in voller zartrosa Blüte stand. Iroh beobachtete, wie Auszüge von Fons und Zhens Verwandtschaft herumwuselten, um alles festlich zu dekorieren. Es wurde recht schlicht gehalten, was ganz nach Irohs Geschmack war. Holzstühle wurden aufgestellt und mit bunten Papiergirlanden verziert. Am Kopfende des Hofes, wo das Brautpaar knien sollte, wurde ein moccafarbener Teppich über zwei Stufen ausgelegt, die auf ein leicht erhöhtes Podium führten. Im Gegensatz zu Irohs Hochzeit, schien das hier wirklich aufrichtig zu sein. Fon und Zhen mussten kein Gefühl der Welt mit Pompösität und Luxus kompensieren. Und ehe der Thronfolger sich für seinen besten Freund so richtig freuen konnte, überkam ihn ein Anflug von purem Neid. Nach und nach trudelten die Gäste ein. Es waren nicht sonderlich viele, aber dafür waren es wirklich die Menschen, die Zhen und Fon bei sich haben wollten. Auch Yu Ann war inzwischen da. Sie und Iroh hatten sich in der zweiten Stuhlreihe niedergelassen und besahen sich das bunte Treiben. „Denkst du das gleiche wie ich?“ fragte Iroh nach einer Weile. „Ich glaube schon.“ Yu Ann schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Offensichtlich schwelgte sie in Erinnerungen. „Ja, das hier wäre wirklich schön gewesen,“ fügte sie hinzu. „Ann?“ „Ja?“ „Ich bin froh, dass du da bist.“ Iroh meinte es auch so. Es war ein seltsames Gefühl, verheiratet zu sein, und das nicht mit der Frau, die doch eigentlich die seine war. Er liebte Nola, das stand für ihn fest. War es dumm, über Jahre der Ungewissheit immer noch an der einen Frau zu hängen? Vielleicht wäre es besser, sie zu vergessen und Yu Ann als die Eine zu betrachten. Aber sein Kopf und sein Herz standen wie so oft im Zwiespalt miteinander. Sein Kopf beschimpfte sein Herz als Idioten, der nicht in der Lage war, loszulassen. Sein Herz warf dem Kopf vor, gefühllos zu sein. Denn Irohs Herz konnte Nola einfach nicht vergessen. Sie tauchte in seinen Träumen auf, in seinen Fantasien, sie war nirgendwo bei ihm und doch überall. Iroh wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Yu Ann ihn anstupste. „Es geht los,“ flüsterte sie und drehte sich, wie alle anderen Geladenen, auf ihrem Platz um. Iroh tat es ihr gleich. Durch den mittleren Türbogen trat Fon. Der großgewachsene Diener Seiner Hoheit hätte in dieser Aufmachung ebenso als fürstlich durchgehen können. Er trug eine dunkelrote Uniform, die fast schwarz war. Sie reichte bis knapp über seine Hüften, wo sie in einem helleren burgunder auslief. Die ebenfalls dunkelroten Hosen steckten in schwarzen Lederstiefeln. Seine Gesichtszüge wirkten nun, da hier nun wirklich seine Person im Vordergrund stand, nicht so ehrfürchtig wie sonst; er sah deutlich selbstbewusster und erwachsener aus. Zügigen, aber eleganten Schrittes durchquerte er den durch die Stühle geschaffenen Gang und machte erst vor den Stufen halt. Dann drehte auch er sich um und seine braungrauen Augen leuchteten, als er Zhen erblickte. Iroh konnte sehen, wie Fon stumm 'Agni' hauchte. Die Braut trug ein sonnengelbes Kleid. Es war knielang geschnitten und in die Falten des Rocks waren orangerote Verläufe eingewebt. Oben war es hoch geschlossen, doch als sie sich langsam ihrem Bräutigam näherte, konnten die Gäste der hinteren Reihen schon sehen, dass es hinten tief ausgeschnitten war. Zhens schwarzes, glänzendes Haar, das sie heute nicht wie üblich geknotet, sondern offen trug, fiel ihr sanft über den Rücken. Sie sah wirklich zauberhaft aus. Sobald sie den Platz neben Fon erreicht hatte, knieten sich beide auf den Stufen nieder. Zeitgleich erhoben sich die Gäste. Ein Priester trat vor das Brautpaar und sprach: „Liebe Gäste; geladene Verwandte und Freunde; Euer Hoheit" – er nickte dem Prinzenpaar zu - "Wir haben uns heute hier versammelt, weil diese beiden jungen Menschen vor Agni den Bund der Ehe schließen wollen. Verheiratet sein bedeutet verantworten, vertrauen, teilen, ehren und lieben. Sie soll ein Symbol dafür sein, dass zwei Menschen sich wünschen, für immer zusammen zu sein.“ Der Priester hielt kurz inne, bevor er die entscheidenden Fragen stellte. „Fon Yuhao, möchtest du Zhen Xionghuai zu deiner Frau nehmen?“ „Ja, ich will.“ „Zhen Xionghuai, möchtest du Fon Yuhao eine gute Ehefrau sein? „Ja, ich will.“ Der Weise entfachte eine Flamme in seiner linken Hand und reichte sie Fon. Er formte seine Hände zu einem Kelch, übernahm das Feuer und hielt es zwischen sich und Zhen. Sie hielt ihre Hände vor Fons und empfang die Hälfte der knisternden Flamme. „Mein Herz sei das deine,“ sprach sie laut und deutlich. „Meine Liebe für dich,“ sagte Fon. „So sei es,“ schloss der Priester und breitete die Arme aus. „AGNI, AGNI, AGNI!“ riefen die Gäste und brachen anschließend in tobenden Applaus aus, als Fon und Zhen sich erhoben hatten, um ihren Bund mit einem liebevollen Kuss zu besiegeln. Nachdem sie die ganze Nacht gefeiert hatten, war Iroh am nächsten Morgen dementsprechend verkatert. Zu allem Überfluss hatte seine Mutter, Lady Ilah, beschlossen, ihm in just diesem Moment eine Predigt über sein Sexualleben zu halten. „Iroh, ich möchte dich darauf hinweisen, dass du hauptsächlich deshalb geheiratet hast, um für einen Thronfolger zu sorgen.“ Der jetzige Thronfolger saß vor einer Tasse Tee und hörte seiner Mutter angespannt zu. „Ich bin mir sicher, es liegt in unser aller Interesse, dass Yu Ann sobald wie möglich..." - sie sah zu ihrem Jüngsten hinüber – "...guter Hoffnung ist,“ fügte sie flüsternd hinzu. „Natürlich, Mutter,“ sagte Iroh mit einer Spur Sarkasmus auf der Zunge. „Dann bin ich ja beruhigt,“ sagte Ilah. "Ich werde mich täglich vor den Mahlzeiten darum bemühen." Auf diesen nun eindeutig sarkastischen Kommentar ging Ilah nicht ein. Stattdessen sah sie sich nach ihrem zweiten Sohn um. "Ozai-Schatz,“ fuhr sie mit verändertem Tonfall fort, „wenn du aufgegessen hast geh bitte in das Lehrzimmer. Gleich hast du deine Mathematikstunde.“ Ozai verzog das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hab aber keine Lust,“ quängelte er und zog eine Schnute. Aus Angst, er könnte sich wirklich aufregen, beschwichtigte Ilah ihren Sohn. "Aber, aber, du kannst das gerne auch morgen nachholen, wenn du jetzt keine Lust dazu hast." Nicht nur Ozai, auch sein älterer Bruder hatte keine Lust mehr. Wortlos erhob er sich und ließ jene Szenerie inkonsequenter Erziehung hinter sich. Fünf Monate später Iroh erwachte abrupt. Er sah nach links und fand die andere Seite des Bettes leer vor, die Wärme hing aber noch in den Laken. „Ann?“ fragte er müde in die Nacht hinein. Eine Antwort bekam er nicht. Stattdessen bemerkte er, dass die Tür zum Waschraum einen Spalt breit offen stand. Iroh schälte sich aus mehreren dünnen Schichten Seide und näherte sich dem Badezimmer. „Ann?“ wiederholte er und klopfte sacht. Da er erneut keine Antwort bekam, trat er einfach ein. Iroh erkannte vage ihre Umrisse. Sie hockte auf den kalten Marmorfliesen. Licht hatte sie sich nicht gemacht. „Ann!“ Iroh eilte auf sie zu und ließ sich neben ihr nieder. „Hey, was ist los?“ fragte er und strich der jungen Frau liebevoll über die Wange. Er entfachte eine schwache Flamme in seiner Linken. Der Schein leckte über die nackten Fliesen und erhellte Yu Anns Antlitz. Sie sah geschunden und erschöpft aus. Ihr Teint war fahl und ihre Augen feucht und geschwollen. „Geh... lieber,“ stammelte sie. Ihre Stimme war geschwollen und schwer. Sie zitterte. „Ich will nicht, dass du mich so siehst.“ Iroh dachte gar nicht daran, von ihrer Seite zu weichen. „Nicht bevor du mir sagst, was los ist,“ sagte er bestimmt und suchte nach ihrer Hand. Die waren aber beide unter den vielen Laken versteckt, die sie schützend um sich gehüllt hatte. Yu Ann brach in Tränen aus und warf ihren Oberkörper immer wieder vor und zurück, als hätte sie starke Schmerzen. „Alles ist gut.“ Iroh machte Anstalten, seine Frau zu trösten. Leider kam ihm so langsam eine Ahnung, die es ihm schwer machte, optimistisch zu bleiben. Und obwohl sich Yu Ann mit all ihrer verbliebenen Kraft wehrte, schaffte es Iroh, sie aus dem Wust von Stoff zu befreien. Er bekam eine ihrer kalten Hände zu fassen und hätte sie fast sofort wieder losgelassen. Sein Atem wurde trocken. Yu Anns Hände waren voller Blut. „Ann...“ brachte Iroh nur hervor, seine Stimme zitterte. Sie wehrte sich nicht mehr als Iroh ihren Morgenmantel hochhob. Er war vollgesogen mit schwärzlichem, schleimigem Blut. Der Prinz sah angsterfüllt in das schwache Gesicht seiner Frau und stand zügig auf. „EINEN ARZT!“ rief er als er den Flur erreicht hatte. „Schnell, einen ARZT!“ „Sie hatte eine Fehlgeburt, Hoheit.“ Iroh sagte nichts. Er saß nur auf der Bettkante und starrte auf seine Fingerknöchel, die langsam weiß wurden. „Es ist nichts ungewöhnliches, dass so etwas passiert. Nach zwölf Wochen Schwangerschaft ist es aber noch nicht so schlimm,“ fuhr Doktor Huzon scheinbar beschwichtigend fort. 'Nicht so schlimm?' schoss es Iroh durch den Kopf. Er presste seine Kiefer so fest zusammen, dass es wehtat. „Aber mit Verlaub, Hoheit, es scheint, dass bei Eurer Frau ein erhöhtes Schwangerschaftsabbruchrisiko besteht. Vielleicht solltet Ihr es überdenken, ob jemand wie sie für den Kronprinzen geeignet ist.“ Iroh konnte sich nicht länger beherrschen „Ich werde sie nicht WEGWERFEN wie ein Stück DRECK!“ schrie er zornig. Er hatte sich erhoben und wie alle Tatzus im wütenden Zustand bot er einen einschüchternden Anblick. Das merkte auch der Hofarzt. „Verzeiht,“ nuschelte er in seinen Bart. „Ich hatte nicht die Absicht, Euch zu erzürnen.“ „Ach ja?“ Iroh knurrte bedrohlich. „Was dann? Mir einreden, dass alles wieder gut wird? Mein Kind ist TOT, verdammt! Und Ihnen fällt nichts besseres ein, als der Mutter meines totgeborenen Kindes die Schuld für alles zu geben? Das finde ich sowas von zum kotzen.“ Der Hofarzt stammelte etwas, das Iroh nicht verstand; und es war ihm gleich. „Raus,“ zischte er. Doktor Huzon sah auf und schluckte. Diese Schlacht hatte er wohl verloren. Doch der eigentliche Verlierer stand direkt vor ihm. Als der Arzt die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ, sank der Kronprinz zu Boden und starrte auf seine Knie. Noch konnte er nicht ahnen, dass es in seinem Leben nicht bei diesem einen Schicksalsschlag bleiben würde. Denn wie wir alle wissen, ist das Schicksal eine seltsame Angelegenheit... Zhen war gerade dabei das Bett frisch zu beziehen, als es leise an der Haustür klopfte. So leise, dass es kaum wahrnehmbar war, und doch so bestimmt und deutlich. Zhen Yuhao stieg langsam die Treppe hinab. Sie erwartete keinen Besuch, Fon arbeitete und selbst wenn er es wäre, er hätte einen Schlüssel. Es klopfte erneut. „Zhen?“ hörte Fons Ehefrau jemanden ihren Namen sagen. Sie kannte diese Stimme doch irgendwoher. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt breit und lugte hinaus. Vor ihr stand eine vermummte Gestalt; eine Frau, fast vollständig in dunkle Leinen gehüllt. Durch den vielen Stoff konnte Zhen aber vertraute Gesichtszüge erkennen; sowie ein Paar tiefblauer Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)