Herr der Ringe "Eine Frau in der Gemeinschaft des Ringes" von Sironi19 (~Überarbeitete Vision~) ================================================================================ Kapitel 10: Kiran's Geist ------------------------- Lord Elrond setzte sich neben Kiran auf das Bett und legte wieder eine Hand auf ihre Stirn. Als er zu sprechen anfing, war seine Stimme leise und beruhigend. "Kiran, hör mir genau zu. Damit ich weis, was dir fehlt, muss ich in deinen Geist eintauchen. Doch dass kann ich nur, wenn du es mir erlaubst und dich nicht gegen mich wehrst. Denn wenn du das tust, dann könnten wir beide sterben. Kiran, habe ich dein Einverständnis?" Kiran hob flatternd die Augenlider und sah ihm fest in die Augen. Langsam hob sie eine Hand und legte sie auf seinen Arm. "Versprecht mir, was auch immer Ihr sehen werdet, dass Ihr es niemanden erzählt. Bitte, versprecht es mir." Lord Elrond beugte sich näher zu ihr. "Ich verspreche es dir." Kiran lies die Hand wieder sinken und schloss die Augen. "Dann habt Ihr somit meine Erlaubnis, meinen Geist zu betreten." Lord Elrond hielt kurz die Luft an. Woher kannte sie diese rituellen Worte? Wenn man diese Worte nicht aussprach, konnte niemand ihren Geist betreten. Doch sie hatte sie gesagt. Er würde später darauf eine Antwort fordern. Jetzt musste er sich konzentrieren. Elrond schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Er löste seinen Geist von seinem Körper und lies ihn in Kiran's Geist fließen. Die Seelen verschmelzten miteinander. Kurz spürte er einen Wiederstand, doch es war nur ein leichtes ziehen, kaum wahr zu nehmen. Als sein Geist in ihren eintauchte, wurde er von einem Regenbogen der schillernsten Farben umspielt. Wärme und Ruhe durchströhmte ihn. Dann schlug er die Augen auf. Er stand in vollkommener Dunkelheit, so tief schwarz, dass er nicht einmal seine Hand sehen konnte. "Kiran, bitte wehre dich nicht. Zeig mir dein Leben." Seine Stimme hallte wieder. Kurz darauf erschien ein Flackern in der Dunkelheit, welches stetig heller wurde. Er musste die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden. Dann schlug er wieder die Augen auf. Vor ihm stand ein kleines Mädchen, kaum 5 Jahre alt. Sie hatte schulterlange, rotbraune Haare und bronzefarbene Augen. Der Ausdruck, mit dem sie ihn ansah, war erschreckend erwachsen. Und doch war es ein kindlicher Blick. Ein Blick, der keine Angst, keinen Hass und keine Verzweiflung kannte. Elrond wusste, dass hier Kiran vor ihm stand. Kiran, wie sie als kleines Mädchen gewesen war. Sie streckte ihm die Hand entgegen und Elrond griff nach ihr. Hinter ihr erschien eine Tür, die von alleine aufging. Sie drehte sich um und zog ihn hinter sich her. Elrond fand sich auf einer farbenprächtigen Blumenwiese wieder. Es wehte ein sanfter Wind und er trug den Geruch des Meeres zu ihm. Tief atmete er sie salzige Luft ein. Kiran lies seine Hand los und lief auf eine ältere Frau zu, die etwas weiter von ihnen weg stand. Als ob sie wüsste, dass das kleine Mädchen zu ihr lief, drehte sich sich um und fing sie auf, als sie sich in ihre Arme warf. Kiran erzälte kurz etwas, dann zeigte sie mit ihrem Finger in seine Richtung. Die Frau, die Kiran's rotbraune Haare hatte, drehte sich zu ihm um. Und dann setzte sein Herz für einen Moment aus. Er sah in ein Gesicht, welches ihm schmerzlichst vertraut war. Große bronzefarbene Augen sahen ihn verwundert an. Das Mädchen in ihren Armen zupfte an ihren Haaren und sagte wieder etwas in einer fremden Sprache, woraufhin die ältere Frau leise antwortete. Mit Kiran in den Armen ging sie zu ihm. "Es ist lange her, Elrond." "Milan." Milan lächelte leicht. "Wie ich sehe, hast du meine Enkeltochter bereits kennen gelernt." Elrond's Augen huschten zwischen Milan und Kiran hin und her. Die Verwandschaft war nicht zu leugnen. Kiran war eine genaue Kopie von ihrer Großmutter. Nur das Milan etwas dunklere Haut hatte. "Was führt dich her, Elrond? Du tauchst nicht ohne Grund in den Geist eines anderen Lebewesens ein." Elrond räusperte sich. "Kiran geht es sehr schlecht und ich suche nach der Ursache für ihr Leiden. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich dich hier finden würde." "Nun, ich habe auch nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen. Es ist erstaunlich, dass Kiran dich in ihren Geist blicken lässt. Selbst mir hat sie es schwer gemacht. Und damals war sie erst fünf Jahre alt. Wie alt ist sie heute?" "Sie dürfte um die 20 Jahre alt sein. Ich weis es nicht." Milan lachte. "Nun ja, es ist ja auch nicht wichtig. Aber du sagst, es geht ihr nicht gut? Was hat sie denn?" "Sie hat sehr hohes Fieber, schwitzt sehr viel und hat Schmerzen. Körperlich ist aber alles in Ordnung." Milan setzte Kiran auf den Boden ab und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Das kleine Mädchen sah zwischen den Beiden hin und her und verschwand dann im hohen Gras. "Wieso schickst du sie weg?" Milan wand sich wieder dem Elbenlord zu. Ihr Blick war seltsam traurig. "Sie muss nicht wissen, was mit ihrer Mutter los ist." "Ihrer ... Mutter?" "Ja, ihrer Mutter." "Soll das heißen, dieses Mädchen ist nicht Kiran?" Milan schüttelte den Kopf. "Nein, das ist Esme, Kiran's Tochter." "Sie hat ein Kind?" "Hatte, Elrond. Kiran hatte ein Kind. Sie brachte Esme vor ungefähr 6 Monaten her. Sie hatte die Kleine verloren, als sie von Ork's schwer verletzt wurde." "Davon hat sie nichts erwähnt." "Das wundert mich nicht. Keine Mutter verkraftet den Verlust eines Kindes. Elrond, du bist nicht hier, um über Esme zu sprechen. Du willst wissen, was Kiran fehlt? Ich sage es dir. Es ist das Elbenblut in ihr." "Wir ahnten schon, dass sie Elbenblut hat, waren uns aber nicht sicher." "Es wundert mich nicht, dass ihr es nicht mit Sicherheit bestimmen konntet. Das Elbenblut in ihr ist nicht so stark, schließlich war nur ihr Großvater ein Elb. Menschenblut verdünnt." "Du warst also schwanger, als du in deine Welt zurück gekehrt bist." Milan legte ihre Hände auf den Bauch. Liebevoll strich sie über ihn. "Ja, mit ihrer Mutter. Doch sie zeigte keinen Anteil von Elbenblut. Genau so verhielt es sich bei meinen Enkelsöhnen. Nur Kiran, sie war anders. Ich war so froh, als sie geboren wurde. Es war, als würde durch sie Gil-galad weiter leben. Und jetzt ist sie bei dir in Bruchtal. Sie ist dort, wo sie sein soll." Elrond strich sich durch die Haare. Jetzt verstand er. Darum war ihm Kiran so vertraut vorgekommen. Sie war Gil-galad's und Milan's Enkeltochter. Milan legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Mach dir keine Sorgen, Elrond. Es verläuft alles genau so, wie es sein soll. Die Umwandlung ist für sie einfach nur sehr schwer. Es wäre besser, wenn du sie, sobald du wieder zurück bist, in den Schlaf der Elben versetzt. Dann bekommt sie davon nichts mehr mit. Weist du, was es bedeutet, dass sie ihre Umwandlung erlebt? Das heißt, dass ihr Seelengefährte in ihrer Nähe ist. Das Elbenblut in ihr spürt das und reagiert dementsprechend. Mach dir also keine Sorgen." "Lindir." Milan legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. "Lindir? Dein Berater?" Elrond nickte. "Ja, sie haben miteinander geschlafen und er liebt sie. Sie liebt ihn auch. So muss es sein." "Elrond, es ist nicht Lindir, der ihre Umwandlung wachgerufen hat. Damals, als ich in Galadriel's Spiegel gesehen habe, habe ich nicht Lindir an Kiran's Seite gesehen." "Aber wer ist es dann?" "Ich weis es nicht. Ich habe ihn nicht gekannt. Es war ein junger Elb mit silberblonden Haaren und kobaldblauen Augen." "Milan, viele Elben haben silberblonde Haare und kobaldblaue Augen. Es könnte jeder sein." "Du machst dir zu viele Gedanken, alter Freund. Die beiden werden sich schon finden, wenn die Zeit gekommen ist. Appropos Zeit. Es ist Zeit für dich zu gehen. Du kannst nicht länger hier bleiben, sonst wird es gefährlich. Auch wenn sie dir gestattet hat, in ihren Geist zu blicken, so duldet sie niemanden lange hier. Bitte kümmere dich gut um sie, Elrond. Sie ist doch mein kleiner Stern." Elrond schloss Milan in die Arme. "Keine Sorge, Milan. Ich werde mich gut um sie kümmern. Es wird ihr nichts geschehen." "Ich danke dir. Und jetzt geh." Milan wich einige Schritte zurück und wischte sich einige Tränen aus dem Gesicht. Elrond fühlte, wie seine Seele in seinen Körper zurück kehrte, denn ein unangenehmer Sog war zu spüren. *** Elrond schnappte keuchend nach Luft, als sein Geist wieder in seinen Körper zurück kehrte. Ihm war schwindelig und er musste sich auf der Matratze abstützen. Kiran bewegte sich neben ihm und öffnete die Augen. Sie starrte ihn abwartend an. "Es tut mir leid wegen Esme." Ihr Blick flatterte und ihre Hände legten sich auf ihren Bauch. "Bitte sagt es nicht Lindir. Es reicht schon, dass ich damit zurecht kommen muss. Ich will nicht, dass er auch damit belastet wird." Elrond legte ihre eine Hand auf die Wange. "Ich habe dir versprochen, niemanden etwas zu sagen. Es liegt bei dir, ob du es ihm sagst. Kiran, ich weis jetzt, was dir fehlt. Erlaubst du mir, dass ich dich in den Schlaf der Elben versetze? In diesem Schlaf wirst du keine Schmerzen haben." "Ihr wisst, was mit mir nicht stimmt, nicht wahr?" Er nickte. "Ja, ich weis es. Und ich werde es dir erklären, aber nicht jetzt. Du könntest jeden Moment wieder einen Anfall bekommen. Habe ich dein Einverständnis?" Kiran schwieg einen Moment. "Ich gebe Euch meine Erlaubnis." Elrond legte eine Hand über ihre Augen und die andere auf ihr Herz. Die uralten rituellen Worte verliesen seine Lippen und er spürte, wie Kiran's Seele auf sie reagierte. Augenblicklich wurde ihr Atem ruhiger und ihr Herzschlag verlangsamte sich. Jetzt schlief sie den Schlaf der Elben. Und wenn sie wieder erwachte, würde sie eine Elbe sein. Eine vollkommene Elbe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)