Hoteps Nähkästchen von Hotepneith (Kurzgeschichten: neu: Ich versichere Euch) ================================================================================ Kapitel 5: Izayoi und Sesshoumaru --------------------------------- Izayoi ließ sich unter einen dichten Baum sinken, vollkommen erschöpft. Sie war nie zuvor Tage allein in der Wildnis unterwegs gewesen, geschweige denn nur mit einem einfachen, kniekurzen Kleid und barfuß. Undenkbar für eine Prinzessin. Und sie hatte keine Tränen mehr. Ihr Gebieter, ihr Ehemann, ihr Held war nicht nachgekommen. Er hatte sie aus dem brennenden Schloss weggeschickt, sie und das Baby, ehe er sich Takemaru stellte. Sie hatte durchaus gesehen, dass er verwundet war, ja, Pfeile in seiner Rüstung steckten, aber sie hatte doch geglaubt, dass ihn nichts und niemand besiegen, töten, konnte. Genau das musste jedoch geschehen sein, sonst wäre er doch gekommen. Takemaru hatte den bereits schwer verletzten Herrn der Hunde umgebracht. Sie war verzweifelt, allein... Sie war allein, mit ... Sie drückte das rote Tuch aus Feuerrattenhaar an sich. Inu Yasha. Er hatte seinen Sohn anerkannt, ihm einen Namen gegeben – und er hatte sie von den Toten zurückgeholt. Er hatte ihnen beiden das Leben auf Kosten seines eigenen gerettet und sie musste sich dieser Gabe als würdig erweisen. Für IHN. Sie betrachtete den Kleinen in ihrem Arm. Noch hatte sie ihn stillen können, aber wie lange noch? Sie hatte Hunger und hier im Wald war kaum etwas zu finden, zumal es immer wieder schneite. Jagen war für sie unmöglich. Diese Reise dauerte so lange und sie unterschätzte die Gefahren keineswegs, die in der Einöde auf sie lauerten. Schon Tiere, geschweige denn Dämonen, würden in einer Menschenfrau und ihrem Kind eine leichte Beute sehen. Und der Weg zu dem Schloss ihrer Herkunftsfamilie war noch weit. Es würde wohl zwei Wochen dauern, Tage, in denen sie sich jeden Moment ins Lebensgefahr befand, und Inu Yasha ebenso. Überdies war nicht unbedingt gesagt, dass ihr Vater sie wieder aufnehmen würde. Nun, sie allein wohl schon, aber mit einem Halbdämonen im Arm? Es war jedoch ihre einzige Chance und sie musste es irgendwie schaffen. Es war kalt und sie fror wie immer, wenn sie sich niederließ, aber sie brauchte ein wenig Erholung, ein wenig Schlaf. Das allerdings war überaus risikoreich. Sie schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche des Waldes. Heute Morgen hatte sie Wölfe heulen gehört, aber diese schienen sich zum Glück in eine andere Richtung aufgemacht zu haben. Sie hörte, dass ihr Kind leise weinte – sehr leise. Er hatte vermutlich Hunger, spürte aber wohl, dass er keine Aufmerksamkeit erregen durfte. Das war vermutlich der dämonische Anteil in ihm. „Scht,“ machte sie: „Gleich, mein Kleiner, bekommst du etwas. Aber schön leise sein, damit uns keiner findet...“ Woher hätte sie auch wissen sollten, dass sich ein erbarmungsloser Jäger bereits auf ihre Spur gesetzt hatte, mit nur dem einem Wunsch sie und ihr Kind zu zerreißen. Schiere Mordgedanken beherrschten den jugendlichen Hundedämon, als er der bereits Tage alten Fährte nachspürte. Hinter ihm lagen die Überreste des niedergebrannten Schlosses, in dem sein Vater gestorben war, auf jämmerliche, schreckliche Weise, sein verehrter Vater, der Stärkste unter allen Sterblichen, sein Vorbild, sein Maßstab. Und an seinem Tod war allein sie schuld, dieses erbärmliche Menschenweib, das es gewagt hatte sich an einen Dämonenfürsten heranzumachen! Ihm selbst war nichts geblieben als ein unnützes Schwert an einem Baumgeist. Was dieser törichte Bokuseno noch dazu von sich gegeben hatte war kaum des Zuhörens wert gewesen. Das mächtigste von Vaters drei Schwertern, das Höllenschwert, sei nun versiegelt, unerreichbar selbst für ihn, den Sohn und Erben. Und Tessaiga sollte angeblich dieses neugeborene Balg erhalten haben. Ein Bastard, ein Halbdämon mit einem legendären Dämonenschwert. Wenn es nicht nachgerade lächerlich gewesen wäre.... Nein. Wenn er schon nicht So´unga erhalten konnte, dann doch Tessaiga. Macht und Herrschaft würden ihm gehören, da war er ganz sicher. Es war seine Bestimmung. Und dieses törichte Weib würde dafür bezahlen eine solche Schande in die Familie gebracht zu haben. Natürlich auch der Bastard. Die Spur wurde frischer. Er blieb kurz stehen, als er sein Ziel vor sich erkannte. Sie schlief eng zusammengekauert, offenbar aus Erschöpfung, ihrer Witterung nach. Ihre Arme lagen fest um ein Stück roten Stoffes, das er erkannte. Vaters Tuch aus Feuerrattenhaat. Das musste er ihr noch gegeben haben. Allerdings nur das. Von Tessaiga war nichts zu sehen. Hatten sich Bokuseno und dieser törichte Flohgeist etwa derart geirrt? Oder lag das Schwert nun irgendwo verborgen? Hatte es dieses minderwertige Lebewesen etwa gewagt ihn zu betrügen? Lautlos trat er näher und hob die Rechte, spannte sie an. Das rote Tuch bewegte sich und weißes dichtes Haar, gekrönt mit zwei spitzen Ohren, tauchte auf, ehe ihn ein Blick von der Farbe des Bernsteins – und seiner eigenen Augen – traf. Ein herzhaftes Gähnen zeigte winzige Fangzähne. Vater! Er hätte nie damit gerechnet, dass ein derartiger Mischling seinem verehrten Vater derart ähnlich sehen würde. Unbewusst ließ er die Hand sinken. Inu Yasha gab einen seltsamen, glucksenden Laut von sich. Izayoi erwachte und setzte sich eilig auf – nur, um zu erstarren, als sie schwarze Schuhe keine zehn Schritte vor sich im Schnee sah. Fast vorsichtig blickte sie weiter empor, über die feine weiße Hose, die Boa, den schwarzen Brustpanzer bis zu dem silbrig glänzenden Haaren und den fast goldfarbenen Augen. Sie hatte den jugendlichen Hundedämon nur einmal gesehen, aber sie wusste, dass er der älteste Sohn des Inu no Taishou war, Sesshoumaru. Und, dass dieser alles andere als zufrieden mit der Ehe seines Vaters mit einer Menschenfrau gewesen war. Es konnte nur einen einzigen Grund geben, warum er ihr bis hierher gefolgt war. Um Gnade bitten war folglich sinnlos. Alles, was sie noch tun konnte, war an Inu Yasha zu denken. Das Opfer seines Vaters sollte nicht vergebens gewesen sein. So suchte sie den emotionslosen Blick des Dämons vor ihr. Sesshoumaru stutzte. Schon oft in seinem Leben hatte er so vor einem anderen gestanden, bereit, den umzubringen. Er kannte den Ausdruck in den Augen seiner Opfer, wenn sie begriffen, dass es vorbei war, das Flackern der Todesangst. Aber in den dunklen Augen dieser Menschenfrau lag keine Panik, obwohl ihr klar war, warum er hergekommen war, sie ihn sofort erkannt hatte. Da gab es Hoffnungslosigkeit, aber keine Furcht, nicht in diesem Blick und nicht in dem Geist dahinter. Sie legte das rote Bündel aus ihren Armen vor sich in den Schnee, ehe sie leise sagte: „Tötet mich, Sesshoumaru-sama. Da mein Gebieter aus dem Leben geschieden ist, will auch ich nicht mehr leben. Aber, bitte, nehmt Inu Yasha zu Euch. Er ist das Einzige, was außer Euch noch von seinem Vater geblieben ist.“ Auf solch eine törichte Idee konnte auch nur ein Mensch kommen. Was sollte er, Sesshoumaru, mit einem schreienden Balg, wenn er dessen Mutter umbrachte? Sollte er etwa den Bastard tragen, für ihn jagen, ihm beibringen im rechten Moment das Bein zu heben...? Augenblick. Inu Yasha. Vater hatte seinem Kind folglich noch einen Namen gegeben, damit seinen zweiten Sohn anerkannt. Darum wohl auch Tessaiga....aber sie schien nichts davon zu wissen. Nun gut, dann würde er eben diesen Mischling als erstes umbringen und dann sie...Wieder traf sein Blick den des Kleinen. Das gab es doch fast nicht! Wieso weigerte sich seine Hand sich anzuspannen, nur weil der Bastard ihn jetzt anlächelte? Nun gut. Sie hatten Tessaiga nicht, also konnte er es selbst suchen. Am Besten würde er Myouga fragen. Der Flohgeist war ein zu großer Feigling um ihn anzulügen. Und der war Vaters vertrautester Mitarbeiter gewesen. Wenn sich dieser....dieser Mischling später einmal wehren konnte, würde er ihn eben dann umbringen, am besten durch Tessaiga. Ja, das erschien wie ein guter Plan. Und da er es im Augenblick irgendwie zum ersten Mal in seinem Leben nicht vermochte einen Gedanken umzusetzen, diesen Inu Yasha umzubringen, durfte eben auch die Frau leben, die Schuld an Vaters schrecklichem Ende trug. Vermutlich war sie sowieso auf dem Weg zu ihrer Menschenfamilie. Soweit er sich recht entsann, lag deren Schloss jenseits der Berge, fast zwei Wochen entfernt, durch Gegenden, die voll mit Geistern aller Arten, Dämonen, Ungeheuern und auch nur wilden Tieren waren, gefährlich für eine Menschenfrau und einen so kleinen Welpen. Er dachte nicht weiter nach, als er sich abwandte: „Gehen wir.“ In den folgenden zwei Wochen fragte er sich allerdings beständig, was ihm da nur eingefallen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)