Wings 1 von Tyra-Leonar ================================================================================ Kapitel 9: Die zukünftige Königin --------------------------------- „Als die Seen noch klar waren, als die Bäume noch zusammen standen, damals sagtest du mir, Ich Liebe Dich, mein Engel.“ Die Königin sah auf ihre Handarbeit herab, in die sie gerade den letzten Verses eines Gedichts einfügte. Sie war nicht begeistert von dem, was sie tat. Doch von ihr wurde so manches erwartet, was sie nicht im Geringsten interessierte. Als Königin musste sie in allem besser sein, als gewöhnliche Frauen und Mädchen. Sie musste Anmut und Schönheit besitzen, Grazie und Kultiviertheit. Eigentlich war sie hierher hinauf gekommen um nachdenken zu können. Doch in dem kleinen Zimmer, welches nur ihr allein gehörte, stapelten sich der Stoff und die Garne. Zudem entkam sie bisher auch sehr gut ihren Gedanken. Die Königin sah auf und aus dem Fenster. Die Jahre waren so schnell vergangen, seit damals, seitdem man ihr dieses Gedicht zugeflüstert hatte. Sie musste nur die Augen schließen um an diesen Ort zurück kehren zu können. Irgendwie, dachte sie, wiederholt sich alles. Es ist genau dasselbe. In ihr regte sich etwas. Etwas Kleines und lang Unterdrücktes. Sie war gewohnt ihre Gefühle zu beherrschen. Doch überraschte es sie, dass nach all der langen Zeit, trotzdem noch ein kleiner Keim in ihr existierte, den sie nicht töten konnte. Egal was sie tat. Die Sonne scheuchte die kleinen Wolken an sich vorbei. Wenn man über die Ebenen sah, konnte man das Hell und Dunkel genau erkennen. Die gelben Blätter flogen nicht einfach vom Baum davon, sondern kreisten in Scharren durch den Hof, mal oben, mal unten, mal hier und mal da. Die ersten Bäume wurden draußen im Wald gefällt um für den Winter gut gerüstet zu sein. Eine junge Frau stand allein auf dem Hügel, auf dem das langsam wachsende Schloss stand. Schon jetzt waren die Steine hoch aufgetürmt, doch die Gerüste zeigten, dass es sich nur um kurzzeitige Ausmaße handelte. Doch lange konnten die Handwerker nicht mehr draußen bleiben, langsam wurde es zu kalt um die Baustoffe zu bearbeiten. Die Rinde des Baumes war nicht halb so kalt, wie das graue Gestein, in dem die Frau bald wohnen würde. Ihre Hochzeit war übermorgen, doch ihre Stimmung war gedämpft. Die junge Frau scheute vor den Pflichten und der Verantwortung, die jetzt schon schwer auf ihren Schultern lasteten. Sie wusste auch um das Glück, dass sie besaß und die Türen, die ihr nach der Hochzeit offen stehen würden. Allein schon der Mann, den sie ehelichen würde, versrpach eine großartige Zukunft. Er war noch ein Prinz, hatte aber schon alle Züge eines großartigen Königs inne. Alles in allem war sie eigentlich glücklich. Es schien eine göttliche Fügung zu sein, dass sie in solch hohen Gefilden einheiratete. Sie schloss kurz die Augen und schüttelte jeden kläglichen Rest ihres unbegründeten, innerlichen Widerstands ab. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht. Ja, sie würde heiraten! Langsam ging sie zurück ins Schloss. Die Vorbereitungen waren in vollem Gange und so liefen die Menschen wie Ameisen im und außen um das Schloss herum. Die zukünftige Königin lies sich von dem geschäftigen Treiben und der noch guten Laune anstecken. Morgen, und in dem Punkt war sie sich sicher, würde die Stimmung kippen und immer angespannter werden umso näher es auf die Hochzeit zuging. Einzelne Bedienstete fragten sie nach ihrer Meinung bezüglich der Dekoration und dem Essen. Irgendwann reichte ihr es. Allen Vorsätzen zum Trotz ging sie hinauf in ihre neuen Gemächer. Jetzt war ihr auch wieder eingefallen, warum sie vorhin das Weite gesucht und an dem Baum gestanden hatte. Der hatte wenigstens keine Fragen gestellt. Sie fasste sich an die Schläfe und befürchtete, dass man sie bald immer mit Fragen belästigen würde, die im Grunde vollkommen sinnlos waren. Sie beschloss in Zukunft einiges am Personal zu ändern um derlei Unnötigkeiten zu entgehen. Somit dachte sie auch an die Macht, die sie besaß, was ihre Stimmung um einiges aufhellte. Sie sah zum Fenster hinaus. Ihr Blick wanderte über den Horizont, doch an einen Punkt zog es sie immer wieder zurück. Erst als sie genauer hinsah konnte sie den Regenbogen sehen. Er war nur ganz schwach, doch an einigen Stellen konnte man die Farbschichten sehr gut erkennen. Sie zuckte zusammen, als es an der Tür sachte klopfte. Sie wirbelte mit ihren Röcken herum. Wer konnte das sein? „Herein!“ Langsam, fast zögerlich wurde die Tür geöffnet. Eine Dienstmagd trat mit gesenktem Blick herein und machte einen Knicks. „Herrin,“ ihre Augen wanderten im Zimmer umher, als würden sie ihre Ansprechpartnerin suchen, dennoch mieden sie die Königin „Ein Mann ist soeben angekommen. Er sagt, er wolle in den Dienst des zukünftigen Königs treten. Aber ich kann euren Verlobten nirgends finden.“ Die Königin rollte mit den Augen. Und wieder verlangte man nach ihrer Entscheidung. „Wenn es denn sein muss.“ Die Dienstmagd sah etwas irritiert zu ihr auf. Doch ihr Blick war so unbeständig wie zuvor. „Gut.“ Sie machte wieder einen Knicks und öffnete die Tür. Die zukünftige Königin folgte ihr in den Empfangssaal. Innerlich beschloss sie all ihre jetzt aufgestaute Wut an dem Neuen auszulassen. Sie empfand es als gerechten Test bezüglich seiner Treue und Erfahrung. Innerlich grinste sie, äußerlich maschierte sie bereits wie eine Königin. Als sie den Saal erreichte und hinein ging, war aber trotzdem all ihre Würde, all ihr Schein, mit einem Mal verschwunden, als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen. Sie sah diesen Mann an, der vor den Treppen, die zu den Thronen hinaufführten, in aller Form nieder gekniet war und den Kopf gesenkt hatte. Sie fasste sich wieder und ging zu ihrem Stuhl mit der zweithöchsten Lehne. Als sie endlich saß, ging es ihr immer noch nicht besser. Sie schluckte schwer und Befahl dem Mann aufzustehen. „Nun. Wer seid Ihr? Und woher kommt Ihr, Fremder?“ Sie fühlte sich wie eine Maus in der Falle und wusste nicht wieso, noch wo sich der Ausgang befand. Als der Mann zu ihr aufsah, wollte sie aber nirgendwo mehr hin. Sie saß da, als hätte sie jemand durch ihr Kleid hindurch festgenagelt. Der Mann lächelte der Königin zu. „Mein Name ist Eragon Hallwach. Ich komme aus einem kleinen Ort sehr weit nördlich und nah an der Grenze zu Ginpei, unserem Nachbarland.“ Die Königin besah ihn sich von oben bis unten. „Ihr wollt in den Dienst des zukünftigen Königs treten, ist das richtig?“ „Ja, meine Herrin.“ „Habt ihr denn eine solche Ausbildung genossen?“ „Nun ja...“ es war, als müsste er sich erst entsinnen, dabei kam es ihm wie gestern vor. „... ich war vier Jahre lang Leibgardist der großen Lady Daphne.“ „Daphne? Die Herrin vom See Lavada? Beeindruckend.“ „Ihr schmeichelt mir, meine Königin.“ Eragon senkte verlegen den Kopf. „Ihr setzt falsche Bescheidenheit an den Tag, Eragon. Die Lady ist in aller Welt bekannt. Sie kennt noch die Riten und Bräuche der alten Kultur und weiß ihre Macht dem Guten zu widmen. Wahrlich eine großartige Frau. Aber...“ Eragon sah fragen auf. „... wie kommt es, dass Ihr nun hier seid und in den Dienst eines einfachen Königs treten wollt?“ Der Mann mit den dunklen Haaren und den tiefblauen Augen, die die eines Nordländers würdig waren, lächelte wieder und die Frau konnte nicht anders, als dieses bezaubernde Lächeln zu erwiedern. Sein Mantel war weit und ließ seine Muskeln nur andeuten. Der Griff seines Schwertes, war nicht einfach mit Leder umsponnen. Nein, er war aus polierten Silber und mit einem Edelstein oben besetzt. Die Kleidung des Mannes war nicht die eines einfachen Dorfbewohners. Auch die Sicherheit mit der er Auftrat bewies, dass er nicht als einfacher Mann durchs Leben gegangen war. „Ich bin jetzt soviel gereist und habe weit mehr von der Welt erfahren, als es manch alter Reisender zu erzählen vermag. Ich möchte mich an einem Ort niederlassen. Lange bin ich hier durch die Wälder gestreift. Meinen Füßen kam es nie in den Sinn von diesem wunderbaren Ort fortzugehen. Mein Herz führte mich hierher. Ich bin mir meiner Sache sicher... sehr sicher sogar. Vielleicht, wenn....“ Die hohen Türen des Saales wurden aufgestoßen. Ein königlicher Berater eilte gehetzt herbei, verneigte sich schnell vor der Königin, begutachete Eragon mit einem abfälligen Blick und eilte dann zu der zukünftigen Majestät. „Verzeiht mir, man hat mich soeben erst über die Ankunft dieses Mannes informiert.“ Er senkte etwas die Stimme. „Dieser...“ er bedachte den jungen Mann wieder mit einem abfälligen Blick und zog die Nase kraus. „Eragon Hallwach.“ führte die Frau den Satz des Beraters weiter. Dieser nickte nur kurz. „Eben dieser... Er will in den Dienst des Königs treten.“ „Ich weiß, ihr beweist eure späte Ankunft nur zu deutlich.“ „Nun... ich.... wir brauchen niemanden mehr. Ich habe bereits sämtliche Leibwachen und Ritter selbstständig überprüft. Wir sind vollbesetzt mit den besten Männern des Landes, die ihm wohl ebenbürtig sind. Ich gehe sogar von noch fähigeren Männern aus.“ „Hm....“ Sie sah zu Eragon. „Wenn es wirklich so eng um den Platz steht....“ „Meine Herrin, Ihr könnt versichert sein, dass ich mir natürlich schon Gedanken darüber gemacht habe. Aber es geht wirklich nicht.“ Der Berater sah auf und redete wieder lauter. „Hinfort mit ihm!“ Er zog die Hand durch die Luft um die Wachen herbei zurufen. „Ja, Ihr habt wohl Recht.“ Sie stand auf. Die Wachen kamen näher und umringten Eragon, der langsam aufstand. Noch warteten sie alle auf den Befehl der Königin. „Hinfort mit Ihm.“ Die Masse setzte sich in Bewegung. „Was?“ Doch es war nicht Eragon, der aufgegriffen wurde, sondern der Berater. „Das werdet Ihr noch bereuen!“ Als endlich wieder Ruhe im Saal eingekehrt war, wandte sich die junge Frau Eragon zu. „Nennt mich Evelin.“ Diesmal war es Eragon, der mit ihr mitlächeln musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)