Wazurái von Moonwolf (Pathfinder) ================================================================================ Prolog: Leaving --------------- Wazurái schritt die Gassen des Fremdenbezirks von Absalom entlang, einen Lederbeutel über die Schulter geworfen, mit etwas Verpflegung, Geld und dem restlichen spärlichen Hab und Gut, das sie besaß. Sie vermied es, sich umzusehen, wusste sie doch genau, dass viele Blicke auf sie gerichtet waren. Ihre aschgraue Haut, das silberne lange Haar und die großen, in sich gedrehten Hörner auf ihrem Kopf waren nicht gerade alltäglich, obwohl man hier in Absalom so einigen Gestalten über den Weg laufen konnte. Ihren schuppenbewehrten Schwanz konnte auch ihr Umhang nicht verbergen und die Krallen an ihren echsenähnlichen Füßen kratzten bei jedem Schritt über die Pflastersteine. Mit ihren tiefroten Augen blickte sie starr geradeaus und stieß ein paar Passanten beiseite, die sich um zwei ringende Orks versammelt hatten und ihr den Weg versperrten. Murrend sahen sie ihr kurz nach, wandten sich dann jedoch wieder dem Spektakel zu. Sie drängte sich durch eine weitere Traube Menschen, die gerade versuchten ein großes Fass in ihr Haus zu rollen. Auf einmal ertönte hinter ihr ein Rufen. "Hey du da! Höllenbrut! Ich will mein Geld zurück, du hast gemogelt!" Wazurái blieb stehen, drehte sich jedoch vorerst nicht um. Sie erkannte die Stimme des Mannes. Ein zerlumpter Säufer war er, den sie gerade im Pfuhl um sein letztes Geld erleichtert hatte. Zugegeben, es war nicht allein Glück gewesen, das die Würfel gerollt hatte, doch sie war überrascht, dass es ihm in seinem Zustand -er schien kaum noch geradeaus laufen zu können- überhaupt aufgefallen war. Oder auch nicht. Sie war daran gewöhnt, dass die Verlierer den Gewinner immer des Schummelns bezichtigten, in ihrem Fall auch nicht zu unrecht. Sie straffte ihre schwarze, mit silbernen Intarsien und Runen verzierte Robe und drehte sich um. Der besoffene Tropf streckte den Finger mit ausgestrecktem Arm nach ihr aus. Sie trat ein paar Schritte an ihn heran und sah, wie er ein wenig zurückwich. Sie würde leichtes Spiel haben. "Welchen Beweis habt ihr denn, mich hier auf offener Straße des Betruges anzuklagen, Mensch?" Die unzähligen Ketten um ihren Hals klimperten, als sie ihr Gesicht bis um Haaresbreite an seines heranschob und den beißenden Alkoholgeruch einatmete, der von ihrem Gegenüber ausging und ihre Augen verfärbten sich dunkel. Sie wusste schon, warum sie ausschließlich Wasser trank. "I-I-Ihr nutzt Magie!" Die Tieflingdame runzelte die Stirn. "Wie seid ihr darauf nur gekommen?" Ein Grinsen machte sich auf ihren Zügen breit und sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Und wenn schon, sobald du wieder nüchtern bist, Mensch, hast du das eh vergessen." "Er vielleicht, wir aber nicht.", hinter dem Mann traten zwei Wachen hervor und das Grinsen verflog aus Wazuráis Gesicht. "Seit wann kümmert sich die Wache um solchen Kleinkram?", zischte sie verärgert, doch dann erkannte sie das Gesicht des Menschen, der gerade gesprochen hatte als das Gesicht wieder, dass ihr letzte Nacht in einer Spielunke Flüche hinterhergeworfen hatte, als sie auch ihn um ein paar Goldstücke leichter gemacht hatte. Sie schnalzte mit der Zunge und murmelte "So ein Mist..." auf einer Sprache, die ihr Gegenüber nicht verstehen konnte. Hätte sie gewusst, dass er zur Wache gehörte, wäre sie vielleicht etwas vorsichtiger gewesen. "Ihr seid hiermit verhaftet, Tiefling.", fuhr der Wachmann fort. Wazurái war nie eine besonders gesetzestreue Bürgerin gewesen, aber sich festnehmen lassen stand für sie außer Diskussion. Sie war schon häufiger mit der Wache in Konflikt gekommen, wegen Tricksereien, ein paar Schlägereien in der Öffentlichkeit, als sie noch kleiner war oder Diebstählen, wenn sie mal knapp bei Kasse war, was, wie sie zugeben musste, häufiger passierte, da ihr keiner einen anständigen Job zu verschaffen wusste, oder wollte. Ihre Eltern hatten sie irgendwann einfach in irgendeinem Loch abgestellt und sich aus dem Staub gemacht und so musste sie früh lernen, sich das was sie brauchte, selbst zu beschaffen, was einem als 'Höllenbrut' nicht immer leicht fiel, so aufgeschlossen die Bewohner Absaloms auch waren. Dass dieser Mensch sich jedoch anmaßte, sie verhaften zu wollen, gefiel ihr garnicht. Sie warf einen Blick auf die siegessichere Grimasse, die der volltrunkene Mann aufgesetzt hatte und schaute dann wieder zu der Wache. Sie versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern, riet dann jedoch einfach ins Blaue hinein. "Fried, mein Freund-", begann sie und der überraschte Gesichtsausdruck der Wache verriert ihr, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Sie würde die Stadt sowieso heute verlassen. Ob sie nun noch ein paar Narren übers Ohr haute oder klammheimlich davonschlich war lediglich Ausschmückungssache. Doch heute stand ihr der Sinn nach einem würdevollen Abgang. "-es war ja ganz nett, mit Euch zu plaudern. Ja, ich habe Euch beide hier um euer Geld erleichtert, vielleicht auch euch alle drei." Sie überlegte kurz, ob sie den zweiten Wachmann auch schonmal abgezockt hatte, aber selbst wenn, schienen seine dümmlichen Gesichtszüge zu verraten, dass er es sowieso nicht bemerkt hätte. Also zuckte sie nur mit den Schultern. Es war ja nicht so, dass sie Jeden über den Tisch ziehen würde. Alles, was sie tat war beim Würfelspiel zu mogeln, aber sie gleich als Kriminelle zu behandeln?! Solch private Ausnutzung des Wachamtes war selbst für sie unter ihrem Niveau. "Ihr scheint eure Wachmann-Tätigkeit ein wenig zu ernst zu nehmen." "Nun, das entscheide immernoch ich, immerhin steht die Wache hier unter meinem Befehl." Wazurái schluckte kurz. "Auweia-", dachte sie bei sich und schüttelte den Kopf. "Vielleicht habe ich auch noch den ein oder anderen Mordfall, den ich euch anhängen könnte." Nun stand der Tieflingdame der Mund offen. Da stand nun dieser kleine Mensch vor ihr und würde ihr sogar einen Mord anhängen, nur um sie für seine Dummheit büßen zu lassen. Wazurái war alles andere, als leicht aus der Ruhe zu bringen, aber bei solch offensichtlicher Dreistigkeit gegenüber ihr, musste sie sich stark zurückhalten. Sie wollte ihm keinen Grund bieten, sie wegen Schlägerei oder Gewalt gegen einen Wachhabenden wirklich dran zu kriegen. Stattdessen lächelte sie und faltete reumütig die Hände. Ihre nunmehr azurblauen Augen blitzten auf. "Es tut mir wirklich sehr leid-", begann sie und sie sah eine leichte Anspannung aus dem Gesicht des Menschen weichen. Die Beiden hinter ihm blickten sich derweil fragend an. Als Fried nun einen Schritt auf sie zumachte, machte Wazurái einen Satz zurück und vor den Augen der drei Menschen flimmerte ein Muster aus bunten, wirr durcheinanderlaufenden Linien auf, die unablässig umeinander ihre Bahn zogen und in den undenkbarsten Farben leuchteten. Der dümmliche Wachmann und der besoffene Dummkopf starrten wie gebannt darauf und sabberten, während sie versuchten, die Linien mit ihren dreckigen Wurstfingern zu fassen. Wazurái machte auf dem Absatz kehrt und spurtete zwischen ihr entgegenkommenden Passanten hindurch, sprang über die Köpfe einiger Zwerge und stieß ihr grimmig hinterherbrüllende Orks zur Seite. Fried war ihr auf den Fersen. Sie konnte seine Schritte deutlich hinter ihr hören. Sie bog in eine schmale Seitengasse und zog sich an einem Fenster nach oben, von wo aus sie auf einen höher gelegenen Balkon kletterte und mit einem Hechtsprung auf eine etwas weiter entfernte Mauer sprang, die das Ende der schmalen Gasse darstellte, die für den Menschen wie eine Sackgasse aussah. Sie bekam den Mauerrand zu fassen und zog sich hoch. "Keinen Schritt weiter!", schrie Wachmann Fried hinter ihr und kam keuchend am Fuße der Mauer zum Stehen. Er musste einsehen, dass er ihr nicht würde folgen können. Wenn sie hinter die Mauer sprang würde er für den Umweg viel zu viel Zeit brauchen. Mit wütendem Gesichtsausdruck blickte er zu ihr hinauf. Sie ging in die Hocke und lächelte den Menschen an. "Es hat zwar viel Spaß gemacht, Fried, doch bekanntlich soll man aufhören, wenn es am schönsten ist." Ihr Lächeln weitete sich zu einem Grinsen, als sie die Verwirrung sich in der Miene ihres Gegenübers breit machte. Dann erhob sie sich wieder und wandte sich um. "Wir seh'n uns." Mit einer nur wage zum Winken erhobenen Hand machte sie einen Satz nach vorn und ihr silberner Haarschopf verschwand hinter der Mauer. Zurück blieb ein missmutiger Wachmann. Ein paar Gassen weiter drosselte Wazurái ihr Tempo. Sie war fast am Westtor angelangt. Nun würde sie den Alltag der Stadt vorerst hinter sich lassen, vielleicht etwas mehr Geld zusammensammeln, einach schauen, wohin sie der Weg führte. Es fiel ihr nicht schwer, einfach fort zu gehen, denn alles, was sie hatte konnte sie mitnehmen. Mit solchen Dingen wie Freunden hatte sie sich nie beschäftigt. Das einzige, was einem Freunde einbrachten, so hatte sie gelernt, war Verrat und Ausnutzung. Ihrer Meinung nach waren solche emotionalen Sachen viel zu anfällig für Konflikte und Probleme. Sie endeten in Streit und Missgunst und zum Schluss würde man im Schlaf erdolcht, weil die Freundin des Bekannten eines Freundes dessen Schwester verraten hatte, dass man ihm etwas böses wolle. Außerdem forderte so eine Freundschafts-Sache viel zu viel Pflege und Zeit. Wazurái hatte schon einige Entfernung zwischen sich und die Stadt gebracht, als sie nocheinmal zurückblickte. Am Tor stand ein winzig aussehender Mensch, den sie als Fried identifizierte, mit einem Arm an den steinernen Pfosten gestützt und rang nach Atem. Sie blieb einen Moment stehen, bevor sie sich wieder dem Weg vor sich zuwandte, und ihre Reise nun endgültig anbrach. Einen Moment lang empfand sie soetwas wie Sympathie für den Menschen, dann verdrängte sie den Gedanken wieder. Jemand wie sie würde keine Freunde finden. Niemals. Naja, vielleicht, irgendwann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)