PokéTwins von Yuuki88 (Rätsel um Schillok) ================================================================================ Prolog: -------- Professor Lind guckte sehr verdutzt, als die zwei abgerissenen Gestalten in sein Labor gewankt kamen. Auf den ersten Blick sahen sie gleich aus; zerrissene, ausgeleierte Pullis, ins Gesicht hängende Kapuzen und ausgeblichene, ausgefranste Jeans. Auf den zweiten Blick jedoch stellte er fest, dass die Ponyfransen der einen lila waren, die der anderen jedoch blau. Außerdem hingen einige wirre, lange Strähnen aus der Kapuze der Blauhaarigen. Zeitgleich zogen beide Gestalten ihre Kapuzen ab, und Professor Lind konnte zwei sich ähnelnde Mädchen erkennen, wenn auch ihre Frisuren und Haarfarben gänzlich verschieden waren. Bevor er jedoch fragen konnte, was sie zu dieser späten Stunde – und in diesem erbärmlichen Zustand – in sein Labor führte, öffneten beide gleichzeitig den Mund. „Hunger“, jammerten beide synchron. Ohne viele Fragen zu stellen, stellte Professor Lind den beiden Mädchen eine Schüssel voller Reisbällchen hin. Nachdem diese in Rekordzeit verputzt waren, wagte er es jedoch, den beiden die elementare Frage zu stellen. „Wer um alles in der Welt seid ihr?“ Die mit den langen, blauen Haaren wies erst auf sich, danach auf das andere Mädchen mit der kurzen, lilafarbenen Strubbelfrisur. „Mein Name ist Yuuka, und das ist meine Zwillingsschwester Yuuki, wir kommen aus Vertania City.“ „Und warum seid ihr jetzt hier?“, wollte der Professor wissen. Und nach einem Blick auf die zerrissenen Sachen der beiden fügte er hinzu: „Und WIE seid ihr hierhin gekommen?“ Die Zwillinge wechselten einen Blick. „Naja… wir sind geschwommen…“, begann Yuuka. „…oder eher… gesurft. Mit Schillok. Dem Schillok unserer Eltern“, ergänzte Yuuki. In diesem Moment ruckelte einer der Rucksäcke der Mädchen, und ein Schillok streckte seinen Kopf hervor. Es wirkte ziemlich erschöpft. Yuuki streichelte es tröstend. „Soll ich es eben heilen? Es sieht geschwächt aus“, bot der Professor an. Die Mädchen nickten dankbar, und der Professor hob den Rucksack – samt Schillok – an, um es im Nebenzimmer zu heilen. „Und wieso seid ihr jetzt hier?“, rief der Professor durch die offene Tür hindurch den Zwillingen zu. „Das ist ein bisschen kompliziert“, begann Yuuka und dachte einen Moment nach. „Eigentlich begann alles damit, dass unsere Eltern uns bei unserer Oma ablieferten, um auf Expedition zu gehen.“ „Unsere Eltern waren Forscher, sie planten eine Reise zum Mond, um herauszufinden, ob Piepies wirklich von dort kommen“, murmelte Yuuki und verdrehte die Augen. „Das war vor zehn Jahren, damals waren wir fünf. Als unsere Eltern dann nicht wiederkamen, beschloss unsere Oma, dass eine Pokémonreise für uns nicht das richtige wäre.“ „Weil sie meinte, die Pokémon wären Schuld am Verschwinden unserer Eltern. Natürlich die Pokémon, und nicht etwa diese Idioten, die das Navigationssystem in das verfluchte Raumschiff eingebaut haben.“ „Wir sind also mit Schillok aufgewachsen, dem einzigen Pokémon, das unsere Eltern uns hinterließen. Und vor zwei…“ „…drei…“ „… möglicherweise auch vier Wochen…“ „…entschlossen wir uns dann, dass es Zeit wäre, endlich selbst auf Pokémonreise zu gehen.“ „Und deshalb sind wir hier. Wir wollen Pokémon!“, grinsten die Zwillinge. Professor Lind schaute einige Sekunden sehr verdattert aus seinem Laborkittel, bevor er seine Stimme wiederfand. „Und wieso seid ihr hier, und nicht bei Professor Eich in Alabastia? Da hättet ihr keine vier Wochen hin gebraucht.“ „Es wäre möglich…“, begann Yuuka „…dass es auch fünf Wochen waren“, beendete Yuuki den Satz. „Ist doch egal. Wieso Neuborkia? Wieso nicht Alabastia?“ Die Zwillinge wechselten erneut einen Blick, der ihre Gedanken über Erwachsene verriet. „Professor Eich war nicht zugegen“, erklärte Yuuki. „Er hat da so eine Sache…“, bemerkte Yuuka. „…so eine Radioshow“, ergänzte Yuuki. „Die ist relativ weit weg… in Dukatia City.“ „Und bevor wir nach Dukatia City reisen, konnten wir auch hierhin kommen.“ „Außerdem war so die Chance geringer, dass Oma uns einholt“, grinste Yuuka. „Die hat echt versucht, uns zu folgen. Ist aber über ihren Morgenmantel gestolpert und hat ihr Gebiss verloren.“ „Und ihre Brille.“ „So konnte sie uns nicht zurufen, dass wir stehen bleiben sollten.“ „Und uns suchen ging auch nicht mehr.“ Professor Lind schüttelte den Kopf und nahm diese Erklärung einfach mal hin. Er und Schillok kamen wieder ins Zimmer, das Pokémon sah schon wesentlich besser aus. „Und jetzt wollt ihr Pokémon?“, fragte er resigniert. Die Zwillinge nickten einträchtig. „Und vielleicht etwas neues zum Anziehen?“, überlegte der Professor laut, denn die Klamotten der Mädchen waren wirklich nicht mehr gut. Wieder nickten die Beiden. Anziehsachen mussten bis morgen früh warten – schließlich war er kein Kostümverleih – aber immerhin das Pokémonproblem konnte er lösen. „Eigentlich ist es ja unüblich, Kindern in eurem Alter Pokémon zu überreichen, und an diesem Tag, schließlich gibt es ja spezielle Tage dafür, aber in eurem Fall werde ich mal eine Ausnahme machen. Und ich gebe sie euch sofort, denn ihr habt ja wirklich lange genug gewartet.“ Die Mädchen strahlten, irgendwo unter der Schmutzschicht, die ihre Gesichter bedeckte. „Kommt mit!“, forderte Professor Lind die beiden auf, und so folgten Yuuka, Yuuki und Schillok dem Professor in den Raum, in dem die Pokémon aufbewahrt wurden. Sechs glänzende Pokébälle lagen unter einer Glaskuppel. Yuuki und Yuuka packten sich an den Händen und begannen, jauchzend im Kreis zu hüpfen. Schillok schüttelte nachsichtig den Kopf, so dass seine langen Ohren wippten. „Also, zur Auswahl stehen: Bisasam, Schiggy, Glumanda, Endivie, Karnimani und Feurigel. Welche wollt ihr?“ Die Zwillinge beendeten ihren Freudentanz schlagartig und sahen sich verdutzt an. So weit hatten sie noch gar nicht gedacht. „Ähh“, kam es von Yuuka. „Öhh“, ergänzte Yuuki. Schillok ließ sich auf den Panzer fallen und lachte. „Hör auf, uns zu dissen!“, meckerten die Mädchen. Dann verfielen sie ins Grübeln. „Ich denke…“ „Ich möchte…“ „Karnimani!“, riefen beide gleichzeitig. Sie funkelten sich böse an. „Bisasam“, ertönte es wieder synchron. „So geht das nicht“, griff Professor Lind ein, der befürchtete, es würde die ganze Nacht so weitergehen. Vielleicht sollte er sie die Pokébälle aus einer Schüssel ziehen lassen? „Ok, ich lasse dir den Vortritt, Schwesterchen, immerhin bin ich zwei Minuten älter“, erbot Yuuki gnädig. „Nein, du darfst es dir zuerst aussuchen, schließlich bin ich zwei Zentimeter größer als du.“ „Bist du nicht!“ „Bin ich wohl!“ „WUUUAAAAH!!!“, platzte es aus Professor Lind heraus. Verdammt, es war Sonntag, es war spät, und sie hatten alle seine geliebten Reisbällchen gegessen. So ging das nicht! „Ihr macht jetzt ‚Kleinstein, Pinsir, Ditto’ um die Frage zu klären, wer anfängt.“ Die Zwillinge nickten und nahmen Duellhaltung ein. Sie erhoben jeweils die rechte Hand und begannen, diese auf und ab zu bewegen. „Kleinstein! Pinsir! Ditto!“, riefen sie und die Hände verharrten. „Ditto schlägt Kleinstein!“, rief Yuuki erfreut, deren Hand flach ausgestreckt war, Yuuka hingegen hatte die ihre zur Faust geballt. „Dann wähl du zuerst, Yuuka… ähh Yuuki“, berichtigte Professor Lind. Er fühlte sich, als hätte er einmal zu oft an einem Giflor geschnüffelt. Yuuki fuhr sich mit der Hand durch ihre kurzen, lila Haare, so dass diese in alle Himmelsrichtungen abstanden. Sie sah furchterregend aus. „Ich nehme… ich nehme… ich nehme… ich nehme dich, Bisasam“, sie griff nach einem Pokéball, stieß jedoch mit der Hand gegen die Glaskuppel. „Aua!“, jammerte sie und steckte sich ihre schmerzende Hand in den Mund. Professor Lind seufzte und entfernte die Glaskuppel, Schillok erstickte fast vor Lachen. Yuuka kicherte schadenfroh. Das geschah ihrer Schwester ja so was von recht! Verflucht seien alle Dittos! „Also, noch mal. Ich wähle dich, Bisasam.“ Yuuki griff nach einem Pokéball – diesmal ohne sich die Finger zu brechen – und ein leuchtend roter Lichtstrahl verließ diesen. Ein kleines, igelähnliches Pokémon erschien, auf dessen Rücken sofort eine Flamme zu lodern begann. „Dein Bisasam sieht etwas seltsam aus“, bemerkte Yuuka trocken. Schillok hämmerte mit den Fäusten auf den Boden, Professor Lind grinste. Yuuki betrachtete ihr Fast-Bisasam einige Sekunden. „Na, dann halt Feurigel. Auch gut!“ Feurigel quiekte und kletterte an seiner neuen Trainerin hoch. Yuuka trat vor, während Feurigels Flamme Yuukis Haare zum kokeln brachte. Ihr Blick huschte von einem Pokéball zum anderen, Karnimani – Bisasam, Karnimani – Bisasam, Karnimani – Bisasam… „Ach Mann, ist das schwer… Ich nehme Glumanda!“ Im Gegensatz zu ihrer Schwester war Yuuka in der Lage, nach dem richtigen Pokéball zu greifen. Aus dem roten Lichtstrahl formte sich ein niedliches Glumanda, welches sie mit großen Augen ansah. Professor Lind seufzte erleichtert, endlich… Kapitel 1: Kapitel I - Yuuki ---------------------------- Als ich erwachte… nein, als ich zum vierten Mal erwachte, war es hell. Die ersten drei Male war es dunkel gewesen, mehr oder weniger. Dunkel, weil es noch Nacht gewesen war, hell, weil Glumanda und Feurigel abwechselnd die Bettdecke angesteckt hatten. Nun, im Sonnenlicht, konnte ich das angerichtete Chaos in Augenschein nehmen. Yuuka lag links von mir, einer ihrer Füße schaute aus dem Loch hervor, welches Glumanda mit seiner Schwanzspitze in die Bettdecke gebrannt hatte. Glumanda und Feurigel lagen zwischen uns, an dieser Stelle war die Bettdecke verbrannt, und das Laken angesengt. Professor Lind würde sich freuen, bestimmt würde er nie wieder jemanden in diesem Gästezimmer schlafen lassen können. Ich schlug den letzten Überrest der Decke, unter dem ich versucht hatte zu schlafen, beiseite und stand auf. Endlich duschen! Und frühstücken! Mehr als Algen und Muscheln. Was für ein schöner Tag! Als ich das ans Gästezimmer angrenzende Bad betrat und die Dusche inspizierte – nicht, dass ein Webarak in der Ecke saß – hörte ich hinter mir ein leises Tappen. Ich drehte mich um und entdeckte Feurigel, welches mich verwundert durch seine geschlossenen Augen musterte und den Kopf schieflegte. „Nein, Feurigel. Du willst nicht duschen“, erklärte ich ihm, bevor ich mich meiner – durch das Salzwasser erstarrten – Klamotten entledigte und in die Duschkabine schlüpfte. Während ich grade versuchte, mich zwischen der nach Blumen duftenden Sonnfloraseife, und dem nach Meeresfrische duftenden Entoronduschgel zu entscheiden – wobei ich eher zu der Sonnfloraseife tendierte, denn vom Meer hatte ich erstmal genug – wummerte etwas gegen die Tür. „Mach die Tür auf, ich muss mal!“, maulte meine herzallerliebste Schwester. „Ich muss auch mal“, antwortete ich, und bekam einen Schwall Wasser in den Mund. „Und zwar dringend duschen! Such dir dein eigenes Bad!“ „Ich werde Glumanda die Tür wegbrennen lassen, wenn du nicht sofort aufmachst!“, warnte Yuuka mich. „Als ob dein Glumanda schon Glut könnte. Willst du es mit seiner Schwanzspitze ein Loch in die Tür brennen lassen? Dann kann ich ja doch noch gemütlich zu Ende duschen.“ Sie bedachte mich mit einem ihrer böseren Flüche und trollte sich, zumindest vermutete ich dies, denn von nun an herrschte angenehme Stille, wenn man vom Rauschen der Dusche mal absah. Als ich schließlich in ein Handtuch – mit dessen Ausmaßen es durchaus als Leichentuch für ein Relaxo hätte durchgehen können – gewickelt aus dem Bad kam, erblickte ich meine ebenfalls frisch geschrubbte Schwester in einem von Professor Linds Laborkitteln. „Wir brauchen neue Klamotten“, erklärte sie mir mit einem Blick auf meine Sachen, die ich über dem Arm trug. „Das Zeug ist so salzlastig, dass es auch ohne uns drin stehen könnte.“ Da hatte sie ausnahmsweise mal nicht Unrecht. Sie reichte mir ein viel zu großes Männerhemd, das wohl ebenfalls dem Professor gehörte, und eine Jeans, die wohl noch aus Professor Linds wilder Jugendzeit stammte – zumindest ließen die Aufnäher und Sicherheitsnadeln darauf schließen – und die mir selbst mit Gürtel noch viel zu weit war. Derart ausgestattet liefen wir die Treppe hinunter, Yuuka einige Schritte vor mir, denn ich wurde durch die zu langen Hosenbeine erheblich behindert. Yuuka in ihrem sexy Laborkittel ohne etwas darunter war da schon besser dran… „WAS MACHT DIESES FLITTCHEN IN DEINEM LABOR???“ Vielleicht aber auch nicht. Zuerst spielte ich mit dem Gedanken, mich wieder nach Oben zu flüchten und dem Spektakel als stiller Zuschauer beizuwohnen, dann jedoch dachte ich an dieses moralische Zeug, von wegen, Blut sei dicker als Wasser, seinen Freunden müsse man beistehen… daher entschloss ich mich, meiner Schwester – dem Flittchen – Beistand zu leisten. Langsam folgte ich ihr die Treppe hinab. Dort stand eine Frau, vermutlich doppelt so alt wie Yuuka und ich, also Anfang dreißig, die meine Schwester wüst beschimpfte und gleichzeitig ihren Mann zur Schnecke machte. Dagegen war das brennende Laken heute Nacht nicht im Geringsten beängstigend gewesen. Dann bemerkte sie mich. „Und was soll das? Was macht der Junge hier? Was ist hier los?“, verlangte sie zu wissen. Ich fand sie megacool! Sie hielt mich für einen Jungen, damit hatte sie bei mir einen Stein im Brett. Ich grinste. „Sie sind bestimmt Frau Lind, oder?“, fragte ich schmunzelnd. Sie nickte, und öffnete den Mund, um mit ihrer Schimpftirade weiter zu machen, doch ich kam ihr zuvor. „Ihr Mann hat meiner Schwester und mir gestern Nacht Asyl angeboten, wir sind grade aus Kanto gekommen und waren etwas… erschöpft“, erklärte ich, in Ermangelung eines besseren Begriffes. Aber keine Sorge, meine Schwester trägt den Laborkittel nicht aus den naheliegenden Gründen… unsere Kleidung ist von der Überfahrt hierher ein bisschen in Mitleidenschaft gezogen worden, und ihr Mann war so nett, uns etwas zu leihen.“ Ich lächelte so lieb ich konnte, sie über mein wahres Geschlecht in Kenntnis zu setzten, sparte ich mir für später auf, ich wurde gerne für einen Jungen gehalten. Frau Lind schien darüber nachzudenken, ob sie mir glauben konnte. Dann beruhigte sie sich. Kein Wunder, ihr Mann war ein solcher Pantoffelheld und Workaholic, der hätte niemals die Zeit – oder den Mut – sich eine Affäre anzuschaffen. „Entschuldige, Schatz“, murmelte sie und drückte dem immer noch zitternden Professor Lind eine Tüte Brötchen in die Hand. „Ich wollte dir eigentlich bloß das Frühstück bringen.“ Sie bedachte Yuuka mit einem feindseligen Blick, meine Schwester zog es daraufhin vor, die oberen Knöpfe des Laborkittels ebenfalls zu schließen. Frau Lind entschwand wieder, und der arme Professor ließ sich zerstreut auf dem nächsten Stuhl nieder – dass er sich dabei auf seine Aufzeichnungen setzte, schien er nicht zu bemerken. „Ich… verbringe nie… NIE… wieder eine Nacht im Labor!“, murmelte er und griff in die Brötchentüte. Ich grinste Yuuka an, die sich jetzt vollständig bedeckt hatte, jedoch deren Hautfarbe nun der ihres Glumandas glich. „Vielleicht sollten wir dies als Hinweis sehen, dass wir neue Anziehsachen brauchen“, bemerkte Yuuka und sah an sich herunter. Der Kittel eignete sich vielleicht dazu, nachts hinter dem Bahnhof von Saffronia City einige Pokédollar zusätzlich zu verdienen, aber nicht, um auf Pokémonreise zu gehen. „Die Idee ist sehr gut“, lobte ich meine Schwester, „aber willst du SO einkaufen gehen?“ Yuuka verzog das Gesicht und murmelte etwas, das wie ‚hast du einen besseren Vorschlag?’ klang. Den hatte ich jedoch nicht, denn unsere alten Klamotten waren nicht mehr öffentlichkeitstauglich. Also musste Yuuka wie eine etwas zu freizügige Laborgehilfin losziehen, während ich, der zu kurz geratene Junge, sie begleitete. Zum Glück hatten wir die letzten fünf Jahre – nachdem uns langsam gedämmert hatte, dass unsere Oma uns die erwünschte Pokémonreise weder finanzieren, noch erlauben würde – unser gesamtes Taschengeld für diese spektakuläre Flucht zur Seite gelegt. Nach einer ausgiebigen Einkaufstour, während der Glumanda den Vorhang einer Umkleidekabine in einem für mich sehr ungünstigen Moment in Brand gesetzt und Schillok beim Versuch, jenen zu löschen, mich beinahe ertränkt hatte, kehrten wir zu Professor Linds Labor zurück, um uns zu bedanken, und vielleicht noch den ein oder anderen Trank gratis abzustauben. Yuuka schielte immer wieder verächtlich auf die löchrigen Shorts, die ich mir gekauft und direkt anbehalten hatte – sie war der Meinung, dann hätte ich auch jene anbehalten können, die ich bei einem etwas unbequemen Vorfall, in dem eine Horde wilder Habitaks eine tragende Rolle gespielt hatten, getragen hatte. Jedenfalls waren wir bereit, uns in ein neues Abenteuer zu stürzen, als wir plötzlich von der Seite her angerempelt wurden und wie Dominosteine umfielen. Unter meiner Schwester begraben, erhaschte ich grade noch den Blick auf eine ungekämmte Mähne roter Haare und hörte eine gemurmelte Beleidigung, die wohl uns galt. Noch während wir versuchten, uns zu entknoten, kam Professor Lind völlig außer sich angerannt. „Haltet… den… Dieb!“, keuchte er, jedoch war dieser schon verschwunden, so dass es nicht möglich war, der Aufforderung nachzukommen. Als der Professor auf unserer Höhe war, blieb er stehen. „Es ist… fürchterlich“, japste er. „Dieser Typ… er hat Karnimani gestohlen! Bestimmt hätte er alle anderen Pokémon genommen, wäre ich nicht reingekommen. Das arme Karnimani… Yuuka, Yuuki, ihr müsst mir den Gefallen tun, und versuchen, ihn zu stoppen. Lauft, beeilt euch! Ich hole Officer Rocky!“ Mit diesen Worten schleppte der Professor sich weg. Yuuka und ich blickten uns entsetzt an. Wir sollten den Dieb verfolgen? Mit Schillok, Glumanda und Feurigel, die alle drei noch nie gekämpft hatten? Na wunderbar! Trotzdem rappelten wir uns auf und machten uns daran, dem rothaarigen Jungen zu folgen. Kapitel 2: Kapitel II - Yuuka ----------------------------- Kapitel II - Yuuka Zehn Minuten! Wir rannten einfach schon zehn Minuten hinter dem Typen her. Wurde der denn nie müde? Meine Beine fühlten sich jedenfalls jetzt schon an, als hätte Glumanda mich angegriffen. Feurigel war dazu übergegangen, Yuuki als Transportmittel zu missbrauchen – faules Pokémon. Endlich schien auch dem Typen vor uns die Puste auszugehen, sodass er stehen blieb. Yuuki rief triumphierend: „Haben wir dich endlich!“ Dass sie kurz davor war, zu kollabieren, ignorierte sie geflissentlich. „Wer seid ihr dummen Hühner eigentlich?“ Oh ja, er war unfreundlich! „Was geht dich das an? Wir wollen nur, dass du Karnimani wieder rausrückst. Also gib es her, oder du bekommst es mit uns zu tun“, konterte Yuuki. Oh ja, was ein harter Spruch! So hart, dass der Typ sich erstmal vor Lachen den Bauch hielt. „Was willst du machen? Mich mit nem Wattebällchen abwerfen?“ „So redest du nicht mit mir! Los, Feurigel!“, ereiferte Yuuki sich. In diesem Moment beschloss ich dann, mich auch mal einzumischen. Gegen Pokémondiebe war schließlich alles erlaubt! „Los, Glumanda, Schillok!“ Oh ja, das konnte was werden! Drei gegen Einen. Theoretisch hätte das Ergebnis klar sein müssen…aber leider waren Wasserpokémon gegenüber Feuerpokémon im Vorteil. Mist! Er grinste überheblich, dann warf er seinen Pokéball. Ich biss mir auf die Lippe, es würde nicht einfach werden, gegen Karnimani zu kämpfen. Wir wollten es schließlich nicht verletzen! Doch darüber brauchten wir uns gar keine Sorgen zu machen. Aus dem Pokéball kam nämlich ein riesiges Sleimok! Und dabei sind wir doch noch Anfänger. „Uähhh“, kam es angewidert von Yuuki, die viel von Körperhygiene – und deshalb wenig von Sleimok – hielt. Glumanda und Feurigel quiekten erschrocken und…versteckten sich hinter Schillok. Feiglinge! Allerdings überlief auch mich beim Anblick dieses Pokémons ein angewiderter Schauer. ‚Uähh’ traf es in diesem Fall recht gut! Schillok unterdessen versuchte sich hinter Glumanda und Feurigel zu verstecken, währenddessen die wiederum versuchten, sich hinter Schillok zu verstecken. Dann warfen sie sich einen kurzen Blick zu…und versteckten sich hinter uns! War ja klar, immer wir. Wozu hatten wir eigentlich Pokémon?? „Schillok, los. Aquaknarre“, versuchte ich unsere Pokémon zum Kampf zu überreden. Der schüttelte wild mit dem Kopf. „Los, Feurigel. Tackle“, versuchte nun Yuuki es. Fehlanzeige! Der rothaarige Typ beobachtete uns amüsiert und hatte ein schmieriges Grinsen aufgesetzt. „Eure Pokémon sind die totalen Feiglinge. Das ist doch echt erbärmlich!“ Verdammt, er hatte sogar Recht. Scheinbar hatten die Drei jedoch entschieden etwas dagegen, als Feiglinge bezeichnet zu werden. Zumindest kamen sie hinter uns hervor und stellten sich in Angriffsposition. „Feurigel, los. TACKLE!!“, feuerte Yuuki den Igel an. „Feeeeeeeeuuuuuu“, rief Feurigel und rannte auf das riesige Sleimok zu. Als es das Giftpokémon erreichte und mit dem Tackle umwerfen wollte, sank es jedoch tief in die schleimige Oberfläche ein und wurde zurückkatapultiert. „Feurigel“, rief Yuuki erschrocken und nahm das kleine Feuerpokémon auf den Arm. „Du hast gut gekämpft.“ „Dann müssen wir jetzt wohl ran. Glumanda, Kratzer“, befahl ich. Tapfer stürmte Glumanda auf Sleimok zu und zog ihm seine Krallen durch den schlammigen Körper. Einige Stücke der schleimigen Substanz lösten sich und verätzten den Boden. Sleimok jedoch blieb unbeeindruckt und walzte sich über das entsetzte Glumanda. „Glumanda“, rief ich fassungslos und wandte mich an Schillok. „Du musst uns helfen, Schillok. Los, Aquaknarre.“ Schillok schüttelte den Kopf, trat jedoch vor uns zog einige schaurige Grimassen. Sleimok war davon so abgelenkt, sodass Glumanda sich unter ihm wegdrehen konnte und auf mich zu kroch. Ich hob es auf, es war völlig entkräftet. Als ich wieder hoch blickte, sah ich Schillok besiegt am Boden liegen. „Muhahahaha, ihr seid solche Versager. Es ist eine Verschwendung, Pokémon an solche Schwächlinge wie euch zu geben. Karnimani bleibt bei mir. Es wird das stärkste Pokémon der Johto-Region und ICH werde der stärkste Trainer.“ Mit diesen Worten rief er Sleimok zurück und verschwand im nahen Wald. Ich biss mir auf die Lippe, rief mein armes Glumanda in den Pokéball zurück und hob Schillok auf meine Arme. „Los, wir sollten uns auf den Rückweg machen“, murmelte Yuuki, die das kleine Feurigel in den Armen trug. Genau wie ich litt sie unter der Niederlage. Mieser Pokémondieb! Auf halbem Weg kamen uns Officer Rocky und Professor Lind entgegen. Als der Professor die verletzten Pokémon sah, musste ihm klar sein, dass wir es nicht geschafft hatten. Trotzdem fragte er leise: „Habt ihr es? Geht es Karnimani gut?“ „Wir haben…wirklich alles versucht. Aber wir haben es nicht geschafft“, murmelte Yuuki leise. „Professor Lind kann die Pokémon mitnehmen und heilen. Ihr müsst erstmal mit auf die Wache kommen, wir brauchen eine möglichst genaue Personenbeschreibung“, erklärte Officer Rocky. Wir nickten. Yuuki rief Feurigel in den Pokéball zurück, sodass wir Professor Lind die beiden Pokébälle und Schillok übergeben konnten. Dann machten wir uns zu Fuß auf den Weg zur Wache. 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