Gefühllos? von bumble ================================================================================ Kapitel 5: Neue Erkenntnisse ---------------------------- So meine Lieben, hier kommt das nächste Kapitel^^ Ich hoffe es macht euch Freude ;) Und: immer noch nix mir, nur die wirre Idee *lebkuchenhinstell* _______________________________________________ Seit geraumer Zeit starrte Harry nun schon die Decke seines Himmelbettes an, während seine Gedanken rasten. Dieser Traum, der in Wahrheit keiner zu sein schien, auch wenn er dies noch nicht so recht bereit war zu glauben, hatte ihn völlig aus der Bahn geworden. Es war zwar noch früh am Morgen, was er an dem Dämmerlicht, das durch seine Vorhänge fiel, deutlich ausmachen konnte, aber er fand seit seinem plötzlichen Erwachen einfach keinen Schlaf mehr. Was war nur passiert? Wie war das denn eigentlich möglich, was da in dieser Nacht mit ihm geschehen war? Und wieso gerade er? Tausende solcher Fragen schwirrten in seinem Kopf umher und auch, wenn an und für sich auf viele in den Bildern dieser Nacht eine Antwort zu finden war, so waren seine Zweifel dennoch größer als vermutet. Nach dem, was er glaubte zu wissen, besaß Draco Malfoy, den er stets für seinen Widersacher und Gegner gehalten hatte, keine Gefühle. Aufgrund eines Fluches. Aufgrund des gleichen Fluches, der seine Eltern getötet hatte. Aufgrund eines Fluches, der ihn, Harry, selbst gebrandmarkt hatte. Und um das, was ihm fehlte, besser zu verstehen, wandte der blonde Slytherin einen Zauber an, damit er die Gefühle eines anderen spüren konnte. Alle Emotionen, die derjenige jemals kennengelernt hatte… Und dafür hatte er sich ausgerechnet ihn ausgesucht. Doch die Magie wirkte nicht nur in eine Richtung, sondern veranlasste einen Tausch: die Gefühle und Erinnerungen des einen für die des anderen. Und innerhalb dieser einen Nacht, die ein ganzes Leben zu dauern schien, wurde Harrys Weltbild völlig auf den Kopf gestellt. Obwohl alles beim Alten war, blieb nichts wie vorher. Es war schier nicht möglich. Auch wenn von außen der Schein gewahrt blieb, so stand doch jede Meinung und Überzeugung in seinem Inneren kurz vor dem Zerbersten, wenn sie nicht schon längst durch den Druck der immer noch so lebendigen Bilder aus einem anderen Leben zerbrochen war. Soviel Wissen staute sich in seinem Geist, dennoch konnte er es einfach nicht glauben. War er wirklich all die Jahre über so blind gewesen? Er hatte diesem vermaledeiten Slytherin immer soviel Aufmerksamkeit geschenkt, ihn beobachtet, all sein Misstrauen zu bestätigen versucht, dass er manchmal der Meinung gewesen war, ihn vermutlich sogar besser zu kennen als seine eigenen Freunde. Jetzt musste er feststellen, dass er nie wirklich hingesehen hatte, nie wirklich versucht hatte, den anderen zu verstehen, sondern nur sein bereits verfestigtes Bild von ihm bestätigen wollte. Er hatte es nicht gesehen. Und auch jetzt klang es noch völlig absurd, aber dennoch… Ein Seufzen rann über Harrys Lippen. Er war ein Narr gewesen. Die ganze Zeit über. Er hatte immer gedacht, dass er so tolerant und aufgeschlossen wäre, weil er doch selbst am eigenen Leib erfahren durfte, was es hieß, nicht akzeptiert zu werden. Doch nun wurde ihm klar, dass er nicht weniger Vorurteile in sich trug als alle anderen, als alle, die ihn verachteten, ihm misstrauten, ihn schlicht nicht mochten, für das, was er war. Denn er selbst hatte ebenso geurteilt, über Menschen, von denen er in Wirklichkeit nichts wusste, bei denen er sich nie die Mühe gemacht hatte, sie kennenzulernen, sie zu verstehen, sie tatsächlich zu sehen. Mit matten Gliedern setzte Harry sich auf und fuhr sich benommen über die Augen. Immer noch tief in den Wirren seiner Gedanken versunken, machte er sich leise auf in Richtung Badezimmer. An Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken. Nach einer ausgiebigen Dusche und der morgendlichen Routine im Bad blieb sein Blick an seinem Spiegelbild hängen. Er sah aus wie immer. Unter seinen Augen zeigten sich Ringe der Übernächtigung, die durch die Brille halbwegs verdeckt wurden. Sein Haar stand wirr in alle Richtungen ab und auf seiner Stirn zeichnete sich die blitzförmige Narbe deutlich ab. Nichts war anders. Doch als er sich in die Augen sah, konnte er es nicht mehr leugnen. Etwas hatte sich geändert. Er erkannte es in dem grünen Schimmer, der seine Seele zu spiegeln schien. Und da blickte ihm die Erkenntnis direkt entgegen. Er hatte sich nie die Mühe gemacht, die Menschen wirklich zu verstehen. Auch sich selbst hatte er nicht zu verstehen versucht. Kopfschüttelnd wandte er sich ab, da er seinem eigenen forschenden und gleichzeitig enttäuschten Blick nicht mehr standhalten konnte. In diesem Moment wusste er nicht einmal mehr, wer er eigentlich selbst war. Vielleicht hatte er es auch nie wirklich gewusst. War man denn überhaupt in der Lage, irgendjemanden zu beurteilen, wenn man das eigene Ich nicht erfassen konnte? Trotz allem, was er bereits erlebt hatte, obwohl er all diese Erfahrungen und Eindrücke gewonnen hatte, gute wie schlechte, so fühlte er jetzt, in diesem Augenblick, das erste Mal überhaupt, Leere in sich. Und ihm wurde klar, dass es nur einen Menschen gab, der in der Lage sein würde, diese Leere zu füllen, ihn zu sich selbst zurückzuführen. Der gleiche Mensch, der ihm diese Leere erst gezeigt hatte. Er musste es wissen. Er musste wissen, ob er wirklich so falsch gelegen, ob er ihn tatsächlich so schlecht eingeschätzt hatte. Ob all das, was er letzte Nacht gesehen und gespürt hatte, auch wahrhaftig stattgefunden hatte. Beinahe hastig zog er sich seine Klamotten über und verließ leise und ohne jemanden zu wecken den Schlafsaal. Er hatte kurz überlegt, Ron seine letzte halbe Stunde Schlaf zu rauben, bevor der Wecker klingelte, ließ es dann aber doch bleiben. Wie sollte er ihm schließlich erklären, was da in seinen Träumen passiert war? Wie sollte er es Ron verständlich machen, wenn er es ja nicht einmal selbst begriff? Seine Schritte führten ihn direkt in die große Halle, wo bereits wenige Frühaufsteher saßen und aßen. Die Frühstückszeit hatte erst vor wenigen Minuten begonnen, weshalb bis jetzt auch noch kein Lehrer auszumachen war. Harry erntete zwar ein paar ungläubige Blicke für sein zeitiges und dazu auch noch alleiniges Auftauchen, sonst blieb aber alles ruhig. Still ließ er sich auf seinem gewohnten Platz nieder und nahm sich langsam etwas Essbares von der reich gedeckten Tafel. Sein Blick glitt zum Tisch gegenüber und ohne, dass er es selbst richtig bemerkt hatte, starrte er den Punkt an, von dem ihn sonst häufig diese unergründlichen grauen Augen musterten. Er musste mit ihm sprechen. Aber wie? Wie sollte er das anstellen? Einfach zu ihm gehen? Ihn darauf ansprechen, was er vermutete zu wissen? Ihn um ein Gespräch bitten? Was, wenn er nun doch geträumt hatte? Wenn es ein böser Zauber gewesen war, der den Zweck hatte ihn zu verwirren, ihn auf eine falsche Fährte zu locken? Müde schloss Harry seine Augen, während er sich fahrig durch die Haare fuhr. Er war sich nicht sicher. Bei nichts, wenn er ehrlich war. Konnte das denn alles eine Lüge sein? Es war so real gewesen, so echt. Als er seine Seelenspiegel erneut öffnete, suchten sie sofort diesen bestimmten Platz auf der anderen Seite des Raumes, von dem er sich eine Antwort erhoffte. Doch eine Veränderung der Gegebenheiten ließ ihn zusammenzucken. Er sah sich nun direkt mit diesen grauen Augen konfrontiert, die durch sein Grün geradewegs in seine Seele zu blicken schienen. Nein, es war kein Traum gewesen. Harry war darüber in all der Unsicherheit plötzlich unumstößlich sicher. Während er weiterhin aus den unergründlichen Tiefen des anderen, der sich nicht abwandte, ja nicht einmal zuckte, eine Lösung herbeisehnte, fand er etwas anderes. Nämlich nichts. Keine Regung. Keinen Ausdruck. Keinen Glanz. Und eben das war die Antwort, nach der er gesucht hatte. Leere. Im gleichen Moment wurde ihm auch etwas anderes bewusst: All die Jahre hatte er so viel Hass, so viel Verachtung und Arroganz in diesen Augen ausgemacht. Nun erkannte er, dass er selbst diese Emotionen hatte sehen wollen, dass er sie hervorgerufen hatte. Denn auch, wenn Draco diese Rolle als ein hervorragender Schauspieler gespielt hatte, so war Harry derjenige gewesen, der es zugelassen, es erwartet, es gewünscht hatte. Wenn er sich auch nur einmal die Zeit genommen hätte, richtig hinzusehen, dann wäre ihm die Lüge ins Gesicht gesprungen, wie jetzt, wo sie so offensichtlich erschien. Ein Schlag auf seine Schulter ließ ihn vor Schreck aufspringen und den Blick seinem besorgt dreinschauenden Freund neben sich zuwenden. „Mensch, Harry, was ist denn mit dir los? Und warum bist du überhaupt schon hier?“ Ron versuchte nicht einmal seine Verwunderung zu verbergen. Auch Hermines musternden Blick konnte er deutlich auf sich spüren. Seufzend ließ er sich wieder nieder, bevor er seinen Freunden antwortete. „Man, du hast mich vielleicht erschreckt… Ich konnte nicht schlafen, da dachte ich, ich geh schon mal frühstücken. Ich wollte dich nicht wecken…“ „Hast du schlecht geträumt, Harry?“, fragte nun auch Hermine vorsichtig. Harry nickte. Sein Blick wanderte zum Slytherintisch, wo er Draco in ein Gespräch vertieft sah. Die nächste Frage seiner Freundin verlagerte seine Aufmerksamkeit wieder zurück in seine eigenen Reihen. „Ging es um Sirius?“ Ihre Augen zeigten Trauer. Sirius… Harry nickte bereits mechanisch. Es war eine Lüge. Es war die erste Nacht nach dem Tod seines Paten gewesen, in der er nicht von ihm geträumt hatte. Von seiner eigenen Schuld. Aber so würden sie ihn in Ruhe lassen und nicht weiter nachhaken, das wusste er. Sie trauten sich nicht. Sie warteten darauf, dass er bereit dazu war, darüber zu sprechen, aber er konnte nicht. Sirius… Ob er ihn in einer Situation wie dieser verstehen würde? Ob er ihm helfen könnte? Er wusste es nicht. Und er würde es auch nie herausfinden… Er spürte, wie sein Herz begann zu schmerzen. „Kommst du, Harry? Wir haben doch jetzt Zaubertränke, und du weißt ja, wie Snape ist, wenn wir zu spät kommen…“, stöhnte Ron wehleidig. Die Worte seines Freundes rissen Harry aus seinen trüben Gedanken. Zaubertränke. Mit Snape. Mit den Slytherins. Mit Draco Malfoy. Vielleicht war das die Gelegenheit, die er brauchte. Er stand auf und folgte seinen Freunden in die Kerker. Als sie Platz genommen hatten, rauschte auch schon der Professor in den Raum. Er schien irgendwie verstimmt zu sein, sein Blick war jedenfalls eisiger denn je. Harrys Herz rutschte ihm in tiefere Gegenden. Na toll. Diese Doppelstunde würde wahrscheinlich ein Horrortrip werden. Zumindest für ihn. Er konnte ein wehmütiges Seufzen nicht unterdrücken. Auch sein rothaariger Freund konnte seine Verzweiflung nicht verbergen. Sie würden das, was auch immer kommen würde, maßlos vergeigen. „Ich teile sie heute in Zweiergruppen ein, immer ein Schüler aus Griffindor und einer aus Slytherin. Sie werden den Trank, zu dem alle Angaben bereits an der Tafel stehen, innerhalb der nächsten zwei Stunden vollenden. Er wird 25 Prozent ihrer Endnote ausmachen. Die Teams sind folgende…“ Harry war schlecht. 25 Prozent. Er war verloren. „Weasley und Parkinson…“ Der Blick seines Freundes zeigte Entsetzen. Von seinen Lippen glaubte er ein ‚Erschieß mich’ lesen zu können, während Ron sich erhob. Hibbelig rutschte Harry auf seinem Stuhl hin und her. „…Granger und Nott“ Er spürte, wie ihm immer übler wurde. „…und als letztes: Potter und Malfoy. Fangen sie an…“ Harry saß da wie erstarrt. Potter und Malfoy. Die Worte hallten immer wieder in seinem Kopf nach und als er ihre Bedeutung endlich begriffen hatte, sprang er regelrecht von seinem Stuhl auf. Seine Augen durchforsteten den Raum und blieben an dem unnatürlich blonden Haarschopf hängen, über den er sich den ganzen Morgen über den Kopf zerbrochen hatte. Er wusste nicht so recht, wie er sich fühlen sollte. Einerseits wollte er mit ihm sprechen, er hatte sogar das Gefühl es unbedingt zu müssen. Andererseits hatte er Angst. Vor Dracos Reaktion. Und auch vor diesem verfluchten Trank. 25 Prozent… Mit zittrigen Knien machte er sich auf den Weg zum Tisch des anderen und ließ sich auf den freien Platz sinken. Vor sich sah er bereits jede Menge Zutaten, die Draco während seines Zögerns schon beschafft haben musste. Er wollte ihn ansprechen, irgendetwas sagen, aber sein Gesicht war fest auf die Tischplatte gerichtet. Warum war es nur so schwer? Er spürte den Blick des anderen auf sich ruhen. Er wartete. Auf Harrys Erwiderung. Zwischen ihnen herrschte absolute Stille. Er musste sich jetzt zusammenreißen. Harry atmete tief durch, bevor er seinen Kopf erhob und sich wieder mit den grauen Augen konfrontiert sah, wie beim Frühstück. Sie blickten ihn einfach nur an, ohne Forderung, ohne Drang, ohne Gefühl. „Schreib einfach das Protokoll von der Tafel ab. Dann kannst du den Blauwurz und die Nikawurzeln schneiden, wie ist völlig egal. Das beeinflusst den Trank nicht. Ich kümmere mich ums Timing, was bei diesem Trank etwas schwierig ist. Dann brauchst du dir keine Sorgen machen, dass du das hier völlig versauen könntest.“ Der Klang seiner Stimme war völlig neutral. Doch irgendwas war anders…als sonst. Er versuchte, es ihm einfach zu machen. Er nahm Rücksicht auf Harrys Furcht vor einer schlechten Note und auf seine miserablen Fähigkeiten bezüglich der Herstellung von Zaubertränken. Und aufgrund dieser Erkenntnis platzte es einfach so aus Harry heraus. „Wir müssen reden!“ Draco blickte ihn immer noch direkt an. Er spürte, wie er rot wurde. „Warum?“ „Ich hab letzte Nacht geträumt…“ Seine Stimme zitterte. „Ich weiß…aber worüber willst du mit mir reden?“ Harrys Augen weiteten sich verdutzt. Wusste er wirklich nicht, warum sie sich unterhalten sollten? „Aber…ich…ich meine…sollten wir nicht darüber sprechen? Ich meine…ich hab so viele Fragen. Hast du keine? Ich…“ Harrys Stimme versagte. Er war verwirrt. Und wieder einmal wusste er gar nichts. Es war merkwürdig. Zwischen ihnen war nichts wie vorher, keiner spielte mehr eine Rolle, dennoch war dort eine Mauer, die anscheinend nicht so einfach zu überwinden war. „In Ordnung. Reden wir, wenn du willst. Ein paar Fragen fallen mir ein.“ Nun war Harry überrascht. Bildete er sich diese Mauer nur ein? Aber da war schon eine, nur nicht eine solche, die er im Sinn gehabt hatte, sondern eine, die eben immer vorhanden war, wenn man jemandem zum ersten Mal begegnete. Und zwischen ihnen war es ja so ähnlich. Sie mussten sich erst kennenlernen. Und so absurd es auch in Harrys Ohren klang: Draco hatte tatsächlich einfach nur einen Grund gebraucht. Einen rationalen Grund, keinen emotionalen, der für Harry so offensichtlich schien. Daran würde er sich erst gewöhnen müssen. Dracos Worte ließen ihn wieder in die Realität zurückkehren. „Wir können uns heute Abend nach dem Essen auf dem Astronomieturm treffen, dort ist es ruhig. Dann können wir reden. Jetzt hat der Trank Priorität.“ Harry konnte einfach nicht anders. Dracos Worte waren so geradlinig, dass er lächeln musste. Da er den abwartenden Blick des anderen auf sich spürte, nickte er zur Bestätigung. „Gut.“ Damit wandte Draco sich wieder der Zubereitung des Tranks zu und Harry tat es ihm nach kurzem Zögern gleich. Sie wechselten während des Arbeitsvorgangs kaum ein Wort miteinander. Draco kümmerte sich konzentriert um alle Arbeitsschritte und band seinen Teampartner, wann immer möglich, mit ein. Ihr Vorgehen war einvernehmlich und friedlich und Harry mehr als dankbar. Als der blonde Slytherin am Stundenende den Trank abfüllte und zu Snape brachte, brach alle Anspannung von den Schultern des jungen Griffindors. 25 Prozent seiner Note waren gerettet. Als er seine Sachen zusammengepackt hatte und sich erhob, war Draco Malfoy bereits nirgends mehr zu sehen. Er war ohne ein weiteres Wort gegangen. Aber das machte nichts. Sie würden reden. Heute Abend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)