Gefühllos? von bumble ================================================================================ Kapitel 7: Erweiterung von Horizonten ------------------------------------- So meine lieben Leser, dieses Mal lasse ich euch nicht so lange warten, denn hier ist auch schon das nächste Kapitel. Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen und hoffe, es gefällt. *knabberkrambereitstell* greetz, bumble^^ ____________________________________________ Nervös lief Harry Furchen in den Boden seines Schlafsaals, in dem sich außer ihm niemand aufhielt. In einer halben Stunde war er mit seinen zwei besten Freunden verabredet und bisher hatte er noch keine Ahnung, was genau er ihnen eigentlich erzählen wollte. Dass Draco Malfoy nicht der war, für den sie ihn all die Jahre gehalten hatten? Ja, auf jeden Fall. Dass er keine Gefühle spüren konnte wie jeder Mensch sonst? Wahrscheinlich, irgendwie. Dass sie sich geküsst hatten? Nein, ganz bestimmt nicht. Dass da Emotionen in ihm waren, die er sich selbst kaum erklären konnte? Auf keinen Fall! Ron würde ihn sicherlich sofort zu Madame Pomfrey oder sogar gleich zu Professor Dumbledore bringen in dem festen Glauben, man hätte ihn verzaubert. Und Hermine… So richtig einschätzen konnte er sie meist nicht. Sie war zwar seine beste Freundin, doch dieses Mädchen hatte etwas Undurchschaubares an sich. Aber er glaubte nicht, dass sie sehr viel anders reagieren würde. Ein Seufzen glitt über seine Lippen. Aufgewühlt griff er sich in die schwarzen Haare und ließ sich auf sein Bett fallen. Es waren etwa zwei Wochen vergangen, seit er sich mit Draco Malfoy auf dem Astronomieturm getroffen und erfahren hatte, dass dieser emotional…na ja…eingeschränkt war, oder wie auch immer man das am besten ausdrücken konnte. Seitdem hatten sie sich mehrmals heimlich verabredet und lange Unterhaltungen geführt über alles und nichts. Draco hatte ihm jegliche Fragen über seine Familie beantwortet. Er wusste nun, dass die Malfoys nach Voldemorts Verschwinden keine Anhänger des dunklen Lords mehr waren, auch wenn sie das nie öffentlich bekannt gemacht hatten. Jetzt, da er zurück war, blieb ihnen nichts anderes übrig als unterzutauchen. Draco hatten sie nach Hogwarts geschickt, weil es ihnen dort am sichersten erschien. Und bei diesen Informationen hatte Harry wieder einmal festgestellt, dass er nie wirklich wusste, wer Draco Malfoy eigentlich war, dass alles, was er für die Wahrheit hielt, ziemlich weit von eben dieser entfernt lag. Er seufzte abermals. Er vermochte nicht zu sagen, wie es dazu gekommen war, doch in Dracos Nähe hatte er das erste Mal seit langem das Gefühl, er dürfte völlig er selbst sein. Er musste ihm nichts vorspielen, keine fröhliche Miene aufsetzen, da sein Seelenleben durch den durchgeführten Traumzauber dem anderen sowieso gänzlich klar war. Und diese Tatsache befreite ihn. In ihren Gesprächen hatte er so viel von sich preisgegeben, Dinge, die er sich nie zuvor getraut hatte auszusprechen, weil sie ihn verletzlich und angreifbar machten, weil sie schmerzten. Der Tod seines Paten drohte ihn innerlich aufzufressen, doch aus unerfindlichen Gründen schaffte Draco es, seinen Kummer zu lindern. Einfach nur, indem er ihm zuhörte. Weil er auf seine noch ungewohnt rationale Art Harrys Innenleben analysierte, seine Meinung sagte, ehrlich und unverschnörkelt. Es gab kein Mitleid in Dracos Augen. Nur leider auch sonst nichts, jedenfalls nicht viel. Manchmal war er der Meinung, einen Funken darin zu erkennen, bloß einzuordnen vermochte er ihn nicht. Er wusste nur, dass er unbedingt eine Bedeutung darin sehen wollte, dass er sich eine wünschte. Weil er ihren Kuss einfach nicht vergessen konnte… Fahrig fuhr sich Harry über die Augen. Dieser unglaubliche Kuss war nun schon zwei Wochen her und seitdem hatte es keine Annäherung mehr zwischen ihnen gegeben. Doch es fühlte sich so an, als hätten sich ihre Lippen eben erst getrennt. Harry konnte immer noch den Atem des anderen auf seinem Gesicht fühlen. Und im Prinzip wusste er sehr genau, was das bedeutete. Aber er traute sich einfach nicht, diesen Gedanken zu Ende zu führen. Sie küssten sich lange an diesem Abend. Danach saßen sie eine Weile einfach nur schweigend nebeneinander. Eigentlich wollte er so viele Dinge fragen und wissen, doch Dracos nachdenkliches und trotzdem so ausdrucksloses Gesicht hatte ihn davon abgehalten. Der andere konnte keine großen Gefühle haben, nicht hassen und auch nicht wirklich lieben. Erst in diesem Augenblick war Harry wirklich klar geworden, was das bedeutete. Und es tat weh. Denn er selbst war das genaue Gegenteil. Er hatte so viele Emotionen, dass er nicht mehr mit ihnen zurechtkam. Nach einer endlosen Weile war Draco aufgestanden, hatte ihn ebenfalls in die Höhe gezogen ‒ Harrys Hand kribbelte immer noch an der Stelle, an der sich ihre Haut berührte, wenn er daran dachte ‒ und gemeint, er wäre müde und sie sollten schlafen gehen. Der Ausdruck in seinen Augen musste ausgereicht haben, dass Draco ihn fragte, ob sie sich nicht einfach am folgenden Abend ein weiteres Mal treffen wollten, um sich zu unterhalten. Harry hatte nur genickt. Draco Malfoy hatte keine Gefühle. Dennoch schien er seine lesen zu können, als wären sie auf Pergament geschrieben. Ihr nächstes Treffen war anfangs etwas stockend, ausschließlich wegen Harrys Unsicherheit bezüglich der ganzen Situation, doch nach einer kurzen Weile lockerte sich bereits ihre Stimmung. In den weiteren Tagen begannen ihre Gespräche so offen zu werden, als würden sie sich schon ihr ganzes Leben lang kennen. Aber es hatte kaum auch nur eine Berührung mehr zwischen ihnen gegeben. Harry traute sich allerdings nicht, Draco darauf anzusprechen. Er wusste, dass er es könnte, dass der andere nichts dagegen hätte, doch er schaffte es einfach nicht. Vielleicht weil er Angst vor der Antwort hatte. Oder weil er sie im Grunde kannte, aber nicht wahrhaben wollte… Langsam setzte er sich auf und erhob sich schließlich. Es brachte ja doch nichts, darüber nachzudenken. Seit Tagen zerbrach er sich den Kopf über Draco Malfoy, sich selbst und alle möglichen und unmöglichen Gefühle. Er hielt es nicht mehr aus. Er musste mit jemand anderem darüber sprechen, wollte aber nicht gegen Dracos Willen irgendwem davon erzählen. Bei ihrem letzten Treffen vor zwei Tagen hatte er ihn gefragt, ob er seine Freunde einweihen dürfte. Hermine könnte vielleicht helfen und wüsste noch einen weiteren Zauber. Einen Moment lang hatte Draco ihn mit einem so tiefen Blick bedacht, dass er glaubte, davon erdrückt zu werden, dann erntete er ein Nicken. Das war vor zwei Tagen. Doch bisher hatte er einfach noch nicht den nötigen Mut gefunden, es ihnen auch wirklich zu erzählen. Sein Blick fiel auf die Uhr auf seinem Nachtisch und er atmete unruhig aus. Hektisch erhob er sich und ging elendig langsam auf die Tür zu. Der Zeitpunkt, mit seinen Freunden zu sprechen, war gekommen. Bevor er die Klinke herunterdrückte, sog er noch einmal tief Luft in seine Lungen. Dann machte er sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum… Auf zwei Sesseln nahe dem Kamin entdeckte er Ron und Hermine. Letztere war in ein Buch vertieft, was definitiv keine Überraschung war, und sein bester Freund schien gerade über irgendwelchen Hausaufgaben zu verzweifeln. Ein sanftes Lächeln huschte über Harrys Züge. Dieses Bild war ihm wirklich nicht neu. Als er näher kam, sprang Ron auch gleich erleichtert auf und packte seine Sachen schnell in die Tasche neben sich. „Harry, da bist du ja.“ Hermine bedachte den Rotschopf mit einem Augenrollen und schenkte Harry ein Lächeln. „Hey, Harry, du wolltest mit uns sprechen?“ Während sie das sagte, zückte sie ihren Zauberstab und bewegte einen weiteren Sessel neben ihren. „Setz dich doch.“ Harry Potter nickte dankbar und nahm in der weichen Sitzgelegenheit Platz. Die Blicke seiner Freunde lagen fragend auf ihm. Wo sollte er nur anfangen? Er seufzte. „Also, ich wollte mit euch sprechen, über…ich weiß ehrlich gesagt nicht so richtig, wie ich das formulieren soll…“ Kaum dass er zum Sprechen angesetzt hatte, wusste er auch schon nicht mehr, wie er sich bloß verständlich machen sollte. Ein schiefes Grinsen lag auf seinen Zügen. Er spürte den forschenden Blick Hermines auf sich. „Worum geht es denn eigentlich, Harry? Ist es wegen Voldemort?“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf, nickte dann, nur um wieder mit dem Kopf zu schütteln. Seine Freunde blickten ihn verwirrt an. „Also gut, ich werde euch jetzt was erzählen, aber ihr dürft mich nicht unterbrechen, bevor ich fertig bin. Versprecht es!“ Eine Weile regte sich niemand, Ron schien auf Hermines Reaktion zu warten, ehe er sich selbst äußern wollte. So wirklich klar war ihm nicht, was hier denn das Problem sein sollte. Eigentlich verstand er nur Bahnhof. Was wollte ihnen Harry nur mitteilen? Als er seine Freundin schließlich langsam nicken sah, schloss er sich ihr an. „In Ordnung. Ich habe mich die letzten Tage öfter mit Draco Malfoy getroffen…“ Ron wollte schon die Stimme erheben, als Hermine ihm gegen das Schienbein trat. „Aua! Das tat weh!“ Ein weiterer Blick von ihr ließ ihn wieder verstummen. „Ich hab ja gar nichts gesagt…“, murmelte er nur noch leise, bevor er Harry leicht zunickte, um ihm zu verstehen zu geben, dass er ihn nicht mehr unterbrechen würde. „Also, ich habe mich öfter mit Draco getroffen, seit ich eine Nacht…von ihm geträumt habe…“ Seine Freunde sahen ihn skeptisch an, wobei Ron kurz aufstöhnte, als wären das Dinge, die er wirklich keineswegs wissen wollte, doch niemand erhob seine Stimme. „Hermine, kennst du einen Zauber namens Vitasomnia?“ Es war der Spruch, den Draco angewendet hatte. Die Augen seiner Freundin weiteten sich überrascht und sie nickte leicht. Harry lächelte verlegen. „Ähm, ich will ja wirklich nicht unterbrechen und es ist echt toll, dass Hermine den Zauber kennt, wer hätte das gedacht, aber könntet ihr das für mich mal kurz mit verständlichen Worten zusammenfassen?“, wandte Ron nun etwas kleinlaut ein. „Es ist ein Traumzauber, wobei zwei Menschen in einer Nacht innerhalb eines Traumes das komplette Dasein des anderen durchleben…“, legte das belesene Mädchen beinahe mechanisch dar. Harry nickte. „Genau. Draco hat diesen Zauber angewendet. Mit mir. Ich habe von seinem Leben geträumt und er von meinem…“ „Warum, Harry?“, fragte Hermine neugierig, nur um sich kurz darauf die Hand auf den Mund zu legen, da sie ihn aus Versehen unterbrochen hatte, und ihn entschuldigend anzusehen. Er lächelte erneut. „Er wollte wissen, wie es ist, Gefühle zu haben…“ Einige Augenblicke herrschte Schweigen. Bis Ron die Stille durchbrach. „Hä?“, floss es, redegewandt wie er war, über seine Lippen. Dennoch traf er damit wohl den Nagel auf den Kopf. Hermine hätte es wahrscheinlich anders formuliert, doch der Inhalt wäre der Gleiche. Daher beließ sie es dabei, Harry fragend anzublicken. Und er erzählte ihnen, was er wusste. Dass Draco Malfoy keine Gefühle hatte. Dass er von dem gleichen Fluch wie Harry getroffen worden war. Dass er ganz sicher nicht in die Reihe der Todesser gehörte, ebenso wie seine Eltern. Als er mit seinen Ausführungen fertig war, legte sich absolute Stille über die drei Sessel vorm Kamin. Jeder hing seinen Gedanken nach. Selbst Ron schien es die Sprache verschlagen zu haben, was wirklich eine Seltenheit war. Nach etlichen Minuten durchbrach Hermine die Ruhe. „Das klingt wirklich ziemlich abstrus, Harry, das weißt du schon, oder?“ Ihr Blick sagte, dass sie nicht so recht sicher war, inwiefern sie glaubte, was er da soeben dargelegt hatte. „Also ich glaube es auch nicht so richtig, falls abstrus das bedeutet…“, klinkte sich nun auch Ron wieder mit ein. „Kann ich verstehen, Leute. Fiel mir am Anfang auch ziemlich schwer, das zu begreifen…“, seufzte Harry. „Also es ist nicht so, dass ich es nicht für möglich halte, Harry, aber wenn das stimmen sollte, dann…“ Hermine brachte ihren Satz nicht zu Ende. „…dann wären wir jahrelang ganz schön blind gewesen, was?“, führte Harry selbst den Gedanken zu Ende. Das Mädchen nickte. „Ja, das würde einiges ändern…“ Sie lächelte schwach. Ron blickte seine Freunde an, schien aber nicht so richtig in der Lage zu sein, irgendetwas dazu zu sagen. Das waren definitiv zu viele Informationen, mit denen er nichts anfangen konnte. Draco Malfoy soll nicht wirklich der Draco Malfoy sein, den er zu kennen glaubte? Kein verdammtes Frettchen? Verwirrt fuhr er sich durch die Haare. „Wollt ihr ihn selbst fragen?“, rissen ihn Harrys Worte aus seinen Gedanken. „Was?“ Immer noch durcheinander blickte er auf. „Ich wollte mich heute Abend nach dem Essen mit ihm treffen. Ihr könntet mitkommen und es selbst herausfinden…“ „Wäre das denn in Ordnung für ihn?“, fragte Hermine ungläubig. „Ich habe ihm gesagt, ich würde es euch erzählen, von daher…ich denke schon…“, antwortete Harry schulterzuckend. Eine Weile sagte keiner ein Wort, dann erhob Hermine erneut ihre Stimme. „Ich würde gern mitkommen. Tut mir leid, Harry, aber ich denke, ich kann es nur glauben, wenn ich den Beweis vor mir sehe…“, entgegnete sie entschuldigend. Harry nickte. Das hatte er sich bereits gedacht. Sein Blick fiel auf seinen besten Freund. „Und was ist mit dir, Ron?“ Der Angesprochene zuckte kurz zusammen, dann stieß er ein lautes Seufzen aus, bevor er Harry in die Augen blickte. „Ja, sicher, ich komme mit. Aber egal wie das ausgeht, ich werde mich auf keinen Fall für irgendwas bei ihm entschuldigen. Nur damit das klar ist.“ Aufgrund dieser Aussage stahl sich ein Lächeln auf Harrys Gesicht. „Kein Problem. Ich denke, das geht in Ordnung.“ Hermine erhob sich. „Alles klar, dann hätten wir das ja geklärt. Ich muss noch einmal in die Bibliothek. Wir sehen uns dann beim Essen?“ Harry lächelte sie nickend an. „Äh, Herm, sag mal, ich muss da noch diesen Aufsatz schreiben, kannst du mir deinen nicht doch mal zeigen, nur so zum Vergleich?“ Rons Blick war so flehend, dass Hermine zwar mit den Augen rollte, ihm dann aber doch seufzend zu verstehen gab, dass sie ihm zur Hand gehen würde. „Bis später, Harry.“, verabschiedete sich sein bester Freund mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Harry lehnte sich zurück und kicherte leicht. So waren sie eben. Dann atmete er tief durch. Bis zum Abendessen waren es noch zwei Stunden. Hoffentlich würde alles gut gehen. ----------- Harrys Hand lag auf der Türklinke zum Astronomieturm, hinter ihm standen seine zwei besten Freunde und er hatte das Gefühl, vor Nervosität gleich tot umzufallen. Aber vielleicht war das auch nur Wunschdenken. Er seufzte, wie sooft heute. Er wusste wirklich nicht, wie der weitere Abend verlaufen würde und dummerweise auch nicht, ob er es überhaupt herausfinden wollte. „Also, Harry, ich will dich ja nicht drängen, aber sollten wir nicht langsam mal hineingehen, bevor uns noch ein Lehrer entdeckt?“, durchbrach Hermine ruhig seine Gedanken. Ron rechts neben ihm tippelte schon ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Er hatte zwar vorher schon mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er absolut keine Lust hatte, Draco Malfoy zu treffen, trotzdem war Geduld noch nie eine seiner Tugenden gewesen. Es half ja doch nichts. Er konnte es zwar hinauszögern, aber mehr auch nicht. Langsam drückte er die Klinke nach unten und stieß die Tür auf. Ron war der Erste, der in den Raum trat, dann folgten Hermine und er. Draco stand am offenen Fenster und blickte hinaus. Als sie sich alle drei im Zimmer befanden und Harry die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, drehte Draco sich zu ihnen um und kam langsam näher. Eine Weile schwieg restlos jeder von ihnen. „Äh, ich hab es ihnen erzählt und…sie glauben mir nicht so richtig…“, ergriff Harry als Erster das Wort. Draco nickte. „Das habe ich bereits vermutet. Da die Klärung etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, scheint es mir sinnvoll, wenn wir uns setzen.“ Er wandte ihnen sogleich den Rücken zu und ließ sind unter dem Fenster nieder, vor dem er sich kurz zuvor noch aufgehalten hatte. Harry tat es ihm gleich. Wenig später folgten auch seine beiden Freunde. „Also dann, was wollt ihr wissen?“, blickte Draco Ron und Hermine fragend an. Die junge Zauberin überlegte einen Augenblick und wollte dann zum Sprechen ansetzen, doch Ron kam ihr zuvor. „Was für ein Spiel spielst du hier, Malfoy?“, brach es misstrauisch aus ihm heraus. Harry seufzte tief und schüttelte den Kopf. Irgendwie hatte er das kommen sehen. „Ron!“, herrschte Hermine ihn an. „Was denn? Gab es etwa irgendwelche Regeln, welche Fragen ich stellen darf, oder was?“, wandte der junge Weasley aufgebracht ein. Harry sackte noch ein Stück tiefer an der Wand herab in dem Versuch, sich darin zu verstecken. „Es ist in Ordnung. Mir scheint diese Frage in Anbetracht der Situation plausibel. Ich werde sie beantworten, wenn ihr es wünscht.“, unterbrach Draco die beiden Streithähne ruhig, die auch augenblicklich verstummten. Ron, weil Draco Malfoy ihm soeben Recht gegeben hatte, und Hermine, da die Wortwahl sie irgendwie aus dem Konzept brachte. „Ich habe die Jahre über jeden Nicht-Reinblüter und dessen Freunde mit Verachtung gestraft und beleidigt. Anscheinend war ich durchaus überzeugend. Daher kann ich euer Misstrauen verstehen. An dieser Stelle würde man sich wahrscheinlich entschuldigen, doch ich halte es für zweckmäßiger, es einfach zu erklären. Denn es wäre lediglich eine Lüge, da es nichts gibt, wofür ich jemals Reue empfunden hätte. Ich kenne dieses Gefühl nicht. Und auch keine anderen Emotionen, jedenfalls nicht wie ihr.“, erläuterte Draco langsam. Da keiner etwas erwiderte, Harry, weil ihn, wie in letzter Zeit ständig, Dracos stoische Haltung faszinierte, Hermine, da sie aufmerksam zuhörte, und Ron lediglich aus Verwirrung, fuhr er fort. „Ich habe seit meiner Kindheit viel mit unterschiedlichen Stimmungen experimentiert. Die negativen darunter waren einfacher zu imitieren, daher habe ich sie gewählt. Dass es euch traf, war nur ein Zufall. Ich hatte mich für Harry entschieden und ihr gehörtet nun einmal zu ihm. Doch ich gebe zu, durch euch habe ich Gefühle kennengelernt, die ich an Harry nicht beobachten konnte.“ Hermine räusperte sich. „Und welche?“, fragte sie beinahe neugierig, was Harry leicht zum Grinsen brachte. Nun, du, Hermine,…“Als das Mädchen ihren Namen hörte, hoben sich überrascht ihre Brauchen. „…hast die Fähigkeit, deine Intelligenz in deinen Gesichtszügen auszudrücken. Für unterschiedliche Wissensgebiete zeigen sich verschiedene Ausdrücke in deiner Miene.“ Sie lächelte. Man konnte sehen, dass ihr diese Beobachtung durchaus gefiel. Dracos Blick wanderte zu Ron. „Und du, Ron…“ An dieser Stelle machte der junge Malfoy mit besonderer Betonung des Namens absichtlich eine Pause, um die dadurch hervorgerufene Reaktion abzuwarten. Und tatsächlich kippte Ronald Weasley beinahe zur Seite weg, als er das erste Mal überhaupt seinen Vornamen aus dem Mund des anderen hörte. Harry und Hermine konnten sich ein unterdrücktes Kichern bei diesem Anblick nicht verkneifen. „…du bist einfach so unbeschreiblich schnell reizbar, dass es mich selbst oft überrascht hat, wie abrupt dein Gesicht rot anlaufen konnte.“ Ron, der den ersten Schrecken überwunden hatte, begann, langsam Farbe im Gesicht zu bekommen. „Hey!“ „Ja, genau das meinte ich.“ Erklärte Draco ruhig, ohne den Blick vom anderen zu nehmen. Ron wurde immer röter und kurz darauf brachen seine beiden besten Freunde in schallendes Gelächter aus. Luftschnappend verschränkte der junge Weasley seine Arme vor der Brust. „Na, danke, echt nett von euch.“, brachte er schmollend hervor, wobei sich seine Unterlippe leicht nach vorn schob. Als Harry sich halbwegs beruhigt hatte, versuchte er, seinen Freund zu beschwichtigen. „Tut mir leid, Ron, aber du hättest dein Gesicht sehen sollen. Und ich glaube nicht, so unglaublich das auch klingen mag, dass er dich provozieren wollte. Er hat nur demonstriert, was er vorhatte zu erklären.“ Ron schmollte unbewegt weiter, während er Draco zornig anblickte. Dieser hielt den Augen des anderen geruhsam stand. „Du hast gefragt, welches Spiel ich spiele. Im Grunde dieses. Ich analysiere bei anderen das, was ich selbst nicht wahrnehmen kann. Ich weiß nicht, ob es für dich Sinn ergibt, doch du bist in vielerlei Hinsicht reicher als ich. Ich besitze Unmengen an materiellen Dingen, doch ich bin mir sicher, dass dein Reichtum größer ist als der meine. Selbst rein rational betrachtet würde ich sofort meine Leere, wie Harry sie nennt, mit deinem aufbrausenden Wesen tauschen.“ Seine Worte waren regelrecht monoton und zeigten weder Trauer noch Bedauern, doch ihr Inhalt versetzte Harry einen Stich. Als er seine Freunde anblickte, sah er, dass selbst Rons Wut verraucht war, da es ihn schlicht verstörte, dass Draco Malfoy ihm soeben eröffnet hatte, er würde gern mit ihm tauschen. Einige Zeit lang herrschte Schweigen, wobei Harry seine Freunde aufmerksam beobachtete, dann ergriff Hermine mit entschlossener Stimme das Wort. „In Ordnung, ich glaube es.“ „Hermine!“, kam die empörte Erwiderung von Ron. „Du kannst doch nicht…“ „Ronald Billius Weasley!“, unterbrach sie ihn unwirsch. „Draco Malfoy hat dir soeben sowohl Recht gegeben als auch mit dir tauschen wollen. Ich weiß ja nicht, wie viele Beweise du noch brauchst, um zu bemerken, dass hier eindeutig etwas anders ist.“ „Aber…das kann doch auch nur gespielt sein!“, wehrte er sich weiterhin verzweifelt. „Glaubst du das wirklich, Ron?“, mischte sich nun auch Harry ein, wobei er den Blick seines Freundes suchte. Dieser seufzte daraufhin. „Nein, irgendwie nicht. Aber so richtig auf die Reihe bekomme ich das hier noch nicht…“, antwortete er resignierend. „Das ist nur verständlich. Ihr habt keinen Beweis. Harry hingegen hatte mein ganzes Leben vor Augen. Überdenkt es und fragt mich, sollte euch noch etwas einfallen, was ihr wissen wollt.“, brachte Draco ruhig vor. „Und…das macht dir wirklich nichts aus? Ich meine…“ Hermine brach mitten im Satz ab, was nicht sehr oft geschah. Sie schien tatsächlich nicht gänzlich zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte. „Es spielt keine Rolle mehr. Harry hat euch eingeweiht. Das war ein Risiko, dass ich eingegangen bin, als ich den Zauber angewendet habe. Es ist also nun unnötig für mich, mein Schauspiel, wie Ron es nennt, aufrecht zu erhalten.“, legte Draco für alle einleuchtend dar. Hermine erschreckte diese überaus rationale Sichtweise immer mehr. Ron war beim Klang seines Namens erneut heftig zusammengezuckt und schüttelte den Kopf. Daran würde er sich nicht so bald gewöhnen. „Ich würde es nur vorziehen, wenn ihr es für euch behalten könntet.“, brachte Draco noch ein. Alle nickten, wenn Ron auch durchaus widerwillig. Außerdem dürfte ihnen das wohl sowieso niemand glauben. „Hey Leute, vielleicht sollten wir es für heute dabei belassen…“, mischte sich nun auch Harry wieder in das Gespräch ein. Er erntete lediglich ein weiteres Nicken seiner Freunde. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Das waren wirklich ein paar Informationen zuviel auf einmal gewesen, wie ihm schien. Aber so etwas hörte man ja auch nicht alle Tage. Langsam erhoben sie sich und gingen, jeder seinen Gedanken nachhängend, in Richtung Tür. Aus einem Impuls heraus hielt Harry Draco am Arm zurück, der ihn fragend anblickte. „Ich…“ Ja, was eigentlich? Er wusste selbst nicht so genau, was er im Grunde beabsichtigt hatte. „Hey, Harry, kommst du?“, rief ihm Hermine entgegen, die mit Ron bereits fast den Zugang zum Astronomieturm durchquert hatte. „Geht schon vor, ich komme gleich nach…“ Einen kurzen Moment sah sie ihn forschend an, schließlich nickte sie. Einen weiterhin völlig überforderten Ron stieß sie einfach mit beiden Händen nach draußen. Dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. „Was ist, Harry?“, holte ihn Draco aus seiner Starre. Harry wandte sich ihm zu und blickte ihm direkt in die Augen. Seine Hand umklammerte immer noch den Arm des anderen. Ja, was war eigentlich los? Er konnte an Dracos Gesichtsausdruck erkennen, dass dieser diesmal wirklich keine Ahnung hatte, was Harry beabsichtigte. Und das lag wohl nur daran, dass Harry es selbst nicht wusste. Doch er hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen. Ja, ein Gefühl… „Schließ deine Augen…bitte…“ Die Worte verließen ganz leise Harrys Lippen. „Warum?“ „Ich…kann es dir nicht erklären… Kannst du…es einfach machen?“ Für kurze Zeit schien Draco seine Gedanken zu durchforsten, bis er schließlich nickte und seine Augen schloss. Harry war furchtbar heiß. Was tat er hier eigentlich? Sein Blick glitt über Dracos Gesicht, seine feinen Züge und er stellte fest, dass es ihm egal war, was er hier eigentlich tat, er wollte es nur endlich zu Ende bringen. Leicht zitternd ging er näher an den anderen heran, bis ihre Körper sich beinahe berührten. Er konnte fühlen, wie Draco leicht zuckte als er seine Hand auf dessen Brustkorb direkt über sein Herz legte. Doch sonst tat er nichts. Er wartete nur ab, mit geschlossenen Augen. Dann überbrückte Harry die letzte Distanz zwischen ihnen und legte seine Lippen auf die des anderen. Wie beim ersten Mal war das Gefühl einzigartig, dass ihn dabei durchströmte. Seine anfängliche Berührung war nur leicht, tastend, doch als Draco ihn nicht wegstieß, sondern ihm sogar ein Stück entgegenkam, vergaß er alle Vorsicht und verfiel in einen leidenschaftlichen Kuss. Ihre Zungen fochten einen Kampf, von dem er sich wünschte, er würde nie enden. Seine Finger krallten sich in das weiche blonde Haar, eine Hand hatte er um die Taille des anderen geschlungen. Dracos sanfte Berührungen auf seinem Rücken schickten ihm kleine Schauer. Sein Kopf war völlig leer, doch sein Herz schien jeden Moment zu platzen. Nach unzähligen Minuten lösten sie sich schwer atmend voneinander, ohne wirklich viel Abstand zwischen einander zu bringen. Harry hatte seinen Kopf auf Dracos Schulter abgelegt und die Augen geschlossen. Er war einfach nicht in der Lage, ihm ins Gesicht zu sehen. Die Angst vor dem, was er darin vielleicht sehen könnte, war nicht so groß wie die, dass er eventuell gar nichts darin erkennen würde. Er spürte die Tränen, die sich langsam in seinen Augenwinkeln sammelten. Dass Dracos Finger leicht begannen, durch sein Haar zu streichen, machte es nur noch schlimmer. Es würde nie das bedeuten, was Harry sich wünschte. Er atmete tief durch und wischte die Tränen fort, dann trat er einen Schritt zurück und brachte Distanz zwischen sie. „Es tut mir leid…“ Seine Stimme war leicht brüchig, doch ein kleines, wenn auch trauriges Lächeln lag auf seinen Lippen. „Muss es nicht…“ Harry nickte leicht. „Weil es für dich keine Rolle spielt?“ Es war nur ein Flüstern. „Nein, sondern…weil es sich…gut angefühlt hat…“ Harry nickte erneut. Es hatte sich gut angefühlt, ja… Doch…sie meinten nicht das Gleiche. Er spürte, dass er die Tränen nicht mehr lange würde aufhalten können, die erneut hervorzubrechen drohten. „Ich gehe jetzt…“, war das Letzte, wozu er in der Lage war, dann stürmte er hinaus, die Treppen hinunter und verschwand in den Gängen des Schlosses. Zurück ließ er einen nachdenklichen Draco Malfoy. Dieser stand immer noch an der gleichen Stelle wie zuvor, während seine Finger sachte über seine Lippen fuhren, auf denen vor wenigen Minuten noch die des anderen gelegen hatten. Ein kaum merkliches Seufzen entglitt ihnen, das niemand jemals hören würde, nur der Raum selbst wurde Zeuge. „Ach Harry…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)