Der schwarze Engel von Thaea (Von Schatten und Dämonen) ================================================================================ Prolog: -------- Es war ein schweigsamer Weg nach Hause. Die vergangenen Ereignisse wirkten noch nach. Der junge Herr hatte sich nicht die Mühe gemacht auf eine Kutsche zu warten. Er wollte raus aus London. So trug Sebastian ihn zurück nach Hause. Kein Problem für einen Butler des Hauses Phantomhive. Kaum eine halbe Stunde später kamen sie bei der Villa an. Alles war ruhig, niemand würde sie aufhalten. Niemand würde sie sehen. Sebastian machte sich nicht die Mühe das Eingangsportal zu nehmen, sondern sprang gleich durch ein offenes Fenster im oberen Stockwerk, dem Arbeitszimmer seines Herrn. Hier setzte er ihn ab. Er legte eine Hand auf sein Herz und neigte ein wenig das Haupt. „Ich werde mit den Abendvorbereitungen beginnen!“ Ciel nickte nur und Sebastian verließ den Raum. Er würde nicht lange brauchen. Der junge Herr war wirklich sehr schweigsam gewesen heute. Die Verhaftung, der Verrat und Tod von Lau und Aberlain. Und all das nur, weil die Königin ihn loswerden wollte. Sebastian lächelte, das Ende würde nun nicht mehr lange auf sich warten lassen. Auch wenn er niemals damit gerechnet hätte, dass Engel seine Gegner wären. Die Seele des jungen Herrn war diesen Kampf eindeutig wert! Engel, er hasste Engel. Sie waren ihm einfach zuwider. Heuchler und Lügner. Das Bild der Menschen von ihnen hatte absolut nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Er schüttelte den Kopf. Engel und Dämonen kamen einfach nicht miteinander zurecht. Einer warf dem anderen vor das Übel der Welt zu sein. Für ihn waren es die Engel. Aber ein so widerwärtiges Mitglied dieser Bande wie Angela war ihm noch nie begegnet. Doch ein gutes hatte es. Sein junger Herr war schon immer zwischen Verzweiflung und Zorn gewandelt. Beides war jetzt noch tiefer geworden. Die giftigen Dornen der Rache hatten sich noch tiefer in sein Fleisch gefressen. Und das machte seine Seele jetzt nur noch begehrenswerter für ihn. Die Vorbereitungen waren getroffen. Ein kleines Abendessen, nach einem solchen Tag hatte Ciel nie viel Hunger, aber er musste etwas Essen. Danach ein Bad und dann ins Bett. Der junge Herr saß noch genauso dort wie Sebastian ihn verlassen hatte. „Ich habe einen kleinen Snack zubereitet, damit Ihr nicht mit leerem Magen ins Bett geht!“ sagte er ruhig und deckte den Tisch, während er nebenbei den ausgewählten Tee nannte. Ciel nickte und dann sah er zu ihm auf. Er schien zu überlegen. „Ist etwas nicht in zu Eurer Zufriedenheit junger Herr?“ fragte Sebastian. „Nein, du machst deine Arbeit wie immer perfekt!“ sagte Ciel und sah dann wieder runter auf seinen Teller. Sebastian neigte den Kopf. „Wer hat dich im Tower gefoltert?“ fragte er plötzlich. Sebastian zögerte kurz. Doch er sagte immer die Wahrheit. „Nachdem der alte Folterknecht aufgegeben hat, ist Angela zu uns gestoßen.“ „Angela? Müsste sie nicht tot sein?“ „Bedauerlicherweise sind Engel sehr schwierig zu töten. Sie wird vor dem Zusammenbruch des Klosters verschwunden sein. Schreckliche Angewohnheit dieser Wesen.“ Sie waren einfach nur feige. „Deswegen bin ich…“ Ciel beendete den Satz nicht und Sebastian wusste was er meinte. „Es ist noch nicht vorbei!“ stimmte Sebastian zu. ‚Aber es wird auch nicht mehr lange dauern!‘ fügte er in Gedanken hinzu. Ciel schob den Teller weg, er hatte kaum etwas gegessen. Aber wenigstens hatte er ein bisschen was im Magen. Der Abend verlief wie sie es immer taten. Baden und dann ins Bett. Nachdem Sebastian seine Aufgaben erledigt hatte zog auch er sich zurück. Dämonen schliefen nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne wie Menschen es taten. Sie ruhten eher. Stehend, sitzend, liegend. Das war vollkommen egal. Sie verharrten bewegungslos in einer Position und vertieften den Geist in Erinnerungen, während der Körper sich regenerierte. Es war nicht unbedingt notwendig dies regelmäßig zu tun. Sebastian öffnete sein Hemd und betrachtete die Narben auf seinem Oberkörper. Sie verheilten langsamer als gewöhnlich. Sie hatte recht, es war möglich ihn so zu verletzen, weil er Hunger hatte. Aber sich jetzt den Appetit zu verderben, mit einer geringeren Seele, würde Ciels im Wert mindern. Oh nein, er würde warten. Das war diese Seele wert! Er warf den Frack und das Hemd beiseite und legte sich dann hin. Heute Nacht brauchte er die Ruhe. Morgen würden die Wunden verschwunden sein. Angela, dieser verdammte Engel. Verabscheuungswürdig, wie ihr ganzes Volk. Doch er wollte sich in seinen Erinnerungen nicht mit den Engeln beschäftigen. Sie würden ihn nur wütend machen. Aber mit den Engeln kam noch ein anderes Gesicht an die Oberfläche seiner Erinnerungen. Sebastian seufzte zufrieden und versank in die Erinnerung an sie. Anna, der schwarze Engel… Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Kommentar: Die zweite Krähe ist Sebastian Es war ein gewöhnliches Fest, absolut langweilig. Und nichts deutete darauf hin, dass sich das ändern würde. Zwei Krähen saßen auf dem Ast, der am dichtesten am Balkon war und so einen guten Überblick über die Geschehnisse auf dem Fest hatte. Sie hätten sich auch unter die Menschen mischen können, aber sie hatten keine Meinung dazu. Lieber warteten sie noch was der Abend bringen würde. Vielleicht doch noch ein Mahl oder zumindest gute Unterhaltung für sie. ‚Wie arrogant sich der Adel bewegt. Das Leid der unteren Stände vollkommen ignorierend!‘ sagte die erste Krähe zur zweiten. Die zweite Krähe hörte die Belustigung in der Stimme ihres Gegenübers. Doch niemand anderes würde sie hören oder erkennen was sie waren. ‚Du weißt doch wie die Menschen sind. Jeder lebt auf Kosten des anderen und am Ende hassen sie sich und wünschen sich gegenseitig die Pest an den Hals!‘ erwiderte die zweite Krähe. Die erste lachte jetzt wirklich. ‚Und wenn nicht helfen wir nach!‘ sagte sie lachend. Nun grinste auch die zweite Krähe. Sein Gegenüber gehörte zu jenen die ihrem Volk diesen schlechten Ruf verpasst haben, den sie nun einmal hatten. Nur gut das Menschen nicht allzu erfolgreich in der Dämonenjagd waren. Er selbst unterschied sich da kaum. Doch es war ihm langweilig geworden einfach nur Unfrieden zu stiften und dann die Seelen einzusammeln. Nein er sehnte sich nach einer Herausforderung, einer besonderen Seele. Manche würden sagen jugendlicher Leichtsinn, andere er würde endlich erwachsen werden. Da gingen die Meinungen unter den Dämonen weit auseinander. ‚Ah endlich kommt ein bisschen Bewegung in die lahme Sache!‘ sagte die erste Krähe. Er sah ebenfalls in den Raum. Eine neue Gruppe war angekommen. Zwei Männer und ein Mädchen. ‚Wieso was ist mit ihnen?“ fragte er. „Das ist Graf Karl von Weitelburg mit seiner Tochter Anna. Die beiden sind uninteressant. Er ein überraschend erfolgreicher Herrscher. Seinem Land geht es gut. Obwohl es ihm an Härte fehlt. Aber Gott ist mit den Toren sagt man. Die Kleine ist seine einzige Tochter und Alleinerbin. Ein Gottesfürchtiges kleines Mädchen, das Engel auf Händen tragen würden. Reines Herz und reine Seele.‘ Die erste Krähe schüttelte ihr Gefieder bei Erwähnung der Engel. ‚Doch der zweite Mann, Anton. Er ist interessant. Er ist ein Bastard aus einer anderen Grafenfamilie. Sein Erzeuger hat ihm eine Ausbildung bezahlt und ihn dann seinem Schicksal überlassen. Er hat sich bis zum ersten Dienstmann hochgearbeitet, trachtet aber nach mehr. Er will es seinem Vater beweisen und sich im gleichen Zug rächen.‘ Das Grinsen der ersten Krähe wurde breiter. ‚Er will selbst auf den Platz des Grafen und ihm ist dazu jedes Mittel recht!‘ Die zweite Krähe sah zu dem Mann. ‚Nein das interessiert mich nicht besonders. Bloße Habgier finde ich uninteressant. So etwas findet man an jeder Ecke, absolut gewöhnlich!‘ Die erste Krähe legte ihren Kopf schief. ‚Du bist wohl schwer zu begeistern was?‘ fragte sie. ‚Wonach steht dir denn der Sinn?‘ ‚Hm…‘ Er sah sich im Raum um. Doch immer wieder glitt sein Blick zurück zu der kleinen Prinzessin. Er konnte nicht sagen was es war, aber irgendetwas faszinierte ihn an ihr. Die erste Krähe war seinem Blick gefolgt. ‚Sie ist rein, keine Angriffsfläche für uns!‘ Nun grinste die zweite Krähe. ‚Jeder Mensch hat dunkle Seiten. Rein weiß ist eine Seele nie.‘ ‚Die Engel werden sie beschützen!‘ ‚Das können sie doch nicht!‘ Die erste Krähe sah ihn etwas verwirrt an. ‚Es hat einen großen Krieg gegeben. Eine Menschenhexe hat die Schattenwelt gefüllt und regiert dort als starke Königin. Die Welt der Schatten zieht sich wie ein Schleier um dieses Land. Die Engel können es nicht betreten.‘ ‚Es hat einen Schattenkrieg gegeben?‘ Die erste Krähe staunte, davon hatte sie gar nichts gewusst. Aber wie auch, es war ihr erster Ausflug seit langem in die Welt der Menschen. Die zweite Krähe nickte. ‚Es war wohl ziemlich heftig und erst einmal sitzen die Engel fest.‘ Beide Krähen grinsten. Sie hassten die Engel. ‚Willst du dir die Kleine denn nehmen?‘ fragte die erste Krähe. ‚Mal sehen!‘ sagte er zögernd. Es war nicht die Reinheit ihrer Seele die ihn anzog. Es war eher so eine Vorahnung, dass sich das ändern würde. Und als würde sie spüren, dass sie beobachtet wurde, sah die Kleine nach draußen und begegnete genau seinem Blick. Überraschenderweise sprach Trauer aus ihren blauen Augen. Sie hatte jemanden verloren, der ihr nahestand. Gott hatte ihre Gebete nicht erhört. Und da war auch Wut, Wut über ihre Machtlosigkeit, obwohl sie doch eine Prinzessin war. Die zweite Krähe staunte. Sie war gar nicht so unwissend wie er gedacht hatte. Sie hatte lernen müssen, dass nicht alles nach ihrem Willen laufen konnte. Das sie Menschen um sie herum nicht retten konnte. Und da war sogar etwas, mit dem er nie gerechnet hätte. Zweifel. War sie eine Unglücksbringerin? Ihre Mutter, ihre Erzieherin und auch ihr Freund waren verschwunden. Wegen ihr? All diese Fragen versteckte sie hinter ihrer unschuldigen Fassade. Genauso wie ihren überraschend scharfen Blick. Sie vertraute Anton nicht, er war ihr unheimlich. Sie schien also sogar eine recht gute Menschenkenntnis zu haben. Doch in einem hatte die erste Krähe recht. Sie würde sich auf keinen Dämonen einlassen. Ihr Glaube an Gott war zu stark. Noch! ‚Nein! Aber ich denke, ich werde ein Auge auf sie haben!‘ sagte die zweite Krähe. Die erste Krähe lächelte. ‚Ich bin sehr gespannt ob du recht hast!‘ ‚Das bin ich ebenso!‘ sagte die zweite Krähe. Anna hatte sich inzwischen wieder der Feier zugewandt und die beiden Krähen wahrscheinlich vergessen. Sie jedenfalls wurde für die nächsten Jahre erst einmal vergessen. Das Fehlen der Engel in diesem Land bot den Dämonen gute Möglichkeiten. Und die mussten sie einfach nutzen. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Ihm war langweilig. Immer nur derselbe Rhythmus, keine Abwechslung. Immer die gleichen Geschichten, keinerlei Spannung. Er hatte geglaubt durch den Schattenkrieg und das Fehlen der Engel würde sich etwas verändern. Aber nichts hatte sich getan. Die Menschen waren wie eh und je. Sicherlich war es hin und wieder vergnüglich sie zu beobachten, ihr Scheitern oder Gelingen zu fördern. Aber im Großen und Ganzen war es doch stets dasselbe. Kaum eine Seele war es wert, sie länger als ein paar Tage zu begleiten, geschweige denn Wochen und Monate oder gar Jahre. Einige von seinem Volk hatten Verträge geschlossen. Aber er hatte noch niemanden entdeckt, der es ihm wert wäre. Er war eine Weile allein umher geflogen. Die Form der Krähe war eine sehr angenehme. Man konnte sich schnell und unbeobachtet bewegen. Und man hatte einen guten Überblick. Seit einigen Tagen saß er in einem Burghof. Er war noch nie hier gewesen. Aber er wartete auf jemanden bestimmtes. Bis jetzt war aber noch nichts zu sehen. Nur das gewöhnliche Treiben eines Hofes. Zwischendurch eine kleine Tragödie unter den Bediensteten. Aber so waren die Menschen, sie liebten das Drama einfach. Dennoch wartete er. Seit einer Woche war er schon hier und eigentlich hatte er schon aufgeben wollen. Sie war nicht hier. Und wer konnte schon wissen wo sie war, vielleicht verheiratet und irgendwo anders. Aber dann war die Nachricht gekommen, dass Prinzessin Anna zurückkehren würde von einer Reise. Und genau auf jene Prinzessin wartete er. Seit jener Nacht auf dem Ball, wo er das kleine Mädchen gesehen hatte, waren 10 Jahre vergangen. Und er war gespannt ob aus ihr eine interessante Frau geworden war oder auch nur eines dieser gewöhnlichen Frauenzimmer. Die Rückkehr der Prinzessin verlief ruhig, kein Fest, kein besonderes Essen. Das verwunderte ihn ein wenig. War sie es nicht wert? Oder war sie so bescheiden? Jedenfalls war er gespannt sie zu sehen. Die Bediensteten sammelten sich gemeinsam mit dem Grafen im Hof. Von der Brücke konnte man das Getrappel von Hufen hören. Und dann war sie da. Prinzessin Anna von Weitelburg. In ein einfaches dunkles Kleid und einen dunklen Reisemantel gekleidet, das dunkle Haar zum Zopf geflochten, ritt sie mit ihren Begleitern in den Hof ein. Kein Zeichen der Schwäche oder Müdigkeit war zu sehen. Sie führte die Gruppe an, saß aufrecht im Sattel. Die Bewohner der Burg verneigten sich vor ihr, der Graf ging ihr lächelnd entgegen, als die Gruppe zum stehen kam. „Willkommen Zuhause meine Tochter!“ sagte er und breitete die Arme aus. Anna lächelte und saß ab. „Ich bin froh wieder da zu sein Vater!“ sagte sie und ließ sich umarmen. Ihre Stimme war angenehm dunkel, wie er feststellte. Die Begrüßung war unspektakulär. Aber sie bot ihm die Möglichkeit sie zu beobachten. Anna war eine ernste, junge Frau. Sie wirkte gebildet und wohl erzogen. Wie es sich für eine Erbprinzessin gehörte. Aber da war etwas an ihr, das er nicht deuten konnte. Sie war anders als gewöhnliche Menschen, sie war von etwas umgeben. Die Menschen behandelten sie mit Respekt, aber sie zeigten auch eine gewisse Furcht vor ihr. Warum? Sie wirkte nicht gewaltvoll oder bedrohend. Es sei denn die Menschen nahmen diese sonderbare Aura um sie herum auch wahr. Er lächelte. Sie allein schon diese paar Minuten zu beobachten hatte sich gelohnt. Hoffentlich würde es so weiter gehen! Die Gesellschaft im Hof löste sich auf und ging in die Burg. Er seufzte, wie schade das er nicht länger die Gelegenheit hatte sie zu beobachten. Er verließ den Hof und flog um die Burg herum. Wahrscheinlich würde sie sich nun vom Schmutz der Reise befreien und ihre Reisekleidung gegen die Tageskleidung eintauschen. Danach würde sie wahrscheinlich mit ihrem Vater essen und über die Reise sprechen. Er hatte also noch einen Moment um sie zu finden. Er drehte eine Runde um die Burg. In welchem Saal würden die beiden wohl gehen? Er fand die beiden schließlich. Nur leider saß Anna wieder mit dem Rücken zu ihm und der Raum hatte nur eine Fensterfront. Es blieb ihm also nichts anderes übrig als weiter zu warten und zuzuhören. Der Graf nickte, wahrscheinlich zu etwas, dass sie gesagt hatte bevor er dazugekommen war. „Dennoch Anna, ich bin besorgt, wenn du so viel unterwegs bist. Ich weiß du nimmst deine Pflichten als Erbin des Landes sehr ernst. Aber dein Platz ist vor allem hier!“ „Sollte mein Platz als Landesmutter nicht da sein, wo ich gebraucht werde?“ fragte sie ruhig im Gegenzug. „Eben als Mutter sollte dein Platz hier sein!“ sagte der Graf. „Mutter?“ fragte sie und er hörte genau das Lächeln in ihrer Stimme. „Gibt es tatsächlich jemanden der es wagt um meine Hand anzuhalten? Jemanden der die verfluchte Prinzessin zu ehelichen gedenkt?“ Sie klang belustigt. Er fand das sehr interessant. Verfluchte Prinzessin? Oh ja, das Warten hatte sich wirklich gelohnt. „Wieso verteufelst du dich selbst mein Kind? Niemand nennt dich so. Du bist eine hübsche Frau mit einem großen Erbe. Es gibt sogar mehrere Interessenten!“ Es klang als wolle der Graf sich verteidigen, die Vorzüge seiner Tochter vor sich selbst noch einmal betonen. Das schien sie genauso zu sehen. „Das weiß ich Vater und ich bin sicher das Erbe reizt viele. Aber die Angst vor mir hält sie ab!“ Man hatte also tatsächlich Angst vor ihr und sie wusste das. Der Graf seufzte. „Anna du bist mein einziges Kind, du musst…“ „Ich kenne meine Pflichten Vater, du musst mich nicht an sie erinnern!“ Ihre Stimme machte deutlich, dass für sie das Thema damit erledigt war. Der Graf seufzte erneut. Er konnte die Sorgen im Gesicht des Mannes sehen. Wusste sie wirklich was sie tat? Eine 20-jährige, unverheiratete Tochter und das trotz ihres Standes und beträchtlichen Erbes. Anna beendete ihr Essen. „Wenn du mich bitte entschuldigen würdest Vater. Es war ein langer und anstrengender Tag. Ich würde mich gern zurückziehen.“ „Natürlich meine Liebe. Ich wünsche dir eine ruhige Nacht!“ Sie stand auf und küsste ihren Vater auf die Wange. „Ich werde gewiss eine angenehme Nacht haben!“ Irgendwie hörte er Belustigung in ihrer Stimme. Als wären die Worte witzig, aber nur sie würde den Scherz verstehen. Ihr Vater hörte dies nicht. „Ich wünsche dir eine ruhige Nacht Vater. Schlaft wohl, wir sehen uns dann morgen!“ Er nickte nur. Anna verließ mit einer leichten Verbeugung den Raum. Auch er machte sich auf den Weg. In der Zeit die er schon auf der Burg verbracht hatte, hatte er rausgefunden wo das Zimmer der Prinzessin war. Abgelegen und ungestört lebte sie im höchsten Turmzimmer. Er war natürlich vor ihr dort. Und hier wartete er nun auf Anna. Endlich wollte er das Geheimnis um sie lösen. In den Gedanken der Menschen waren sehr unterschiedliche Bilder von ihr gewesen. Und ihre eigenen Aussagen und Handlungen. Er war sehr gespannt. Immer noch in der Gestalt einer Krähe saß er auf der Brüstung des Balkons. Die Tür öffnete sich und die betrat das Zimmer. Sie war keineswegs außer Atem wegen den ganzen Stufen. Die Reaktion als sie das Zimmer betrat war allerdings ein wenig merkwürdig. Sie lächelte und griff in die Luft, als würde sie jemanden streicheln. Aber da war nichts. Wie merkwürdig. War sie verrückt? Das wäre mehr als nur schade. „Was ist los Dämon? Ich dachte du würdest dich zeigen sobald wir allein sind. Nun sitzt du immer noch auf der Brüstung!“ sagte sie plötzlich. Überrascht sah er auf. Sie stand im Halbschatten zwischen Balkon und Zimmer, deswegen hatte er sie erst nicht gesehen. Doch jetzt stand sie vor ihm, diese wunderschöne Frau. Ihr blasses Gesicht war als einziges deutlich zu sehen, der Rest ging im dunklen unter. Er sah in ihre Augen und sofort wurde ihm alles klar. Die verfluchte Prinzessin… Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Er lächelte, sie hatte ihn bemerkt. Aber nun da er ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand war das auch kein Wunder. Er sprang von der Brüstung und nahm eine menschliche Gestalt an. Er beugte leicht das Haupt vor ihr. Vergnügt stellte er fest, dass seine Gestalt sie ein wenig verunsicherte. „Vergebt meine Aufdringlichkeit Prinzessin. Vor Euch steht ein armer Tor der nur Eurem Ruf gefolgt ist und nun überraschend vor dem Objekt seiner Begierde steht.“ Sie schüttelte den Kopf und nichts war mehr von der Verwirrung zu merken. „Ich hoffe du bist nicht allzu sehr enttäuscht Dämon. Doch was für eine Begierde hegst du für mich?“ „Neugier Prinzessin. Schlicht und einfach die Neugier.“ Er sah wieder auf und sah unerschrocken in ihre Augen. „Und ich bin alles andere als enttäuscht. Ganz im Gegenteil!“ Er lächelte. Sie schniefte. „So bin ich jetzt schon in der Hölle ein Gesprächspunkt! Nicht gerade was ich mir erhofft hatte!“ „Wenn sie in der Hölle von Euch wüssten wärt Ihr sicherlich in aller Munde. Mich dagegen hat nur der Zufall auf Eure Spur geleitet!“ Er verneigte sich erneut leicht. Sie verdrehte die Augen. „Ihr Dämonen versteht es wahrlich den Menschen Honig ums Maul zu schmieren. Was willst du von mir?“ „Mir meine Langeweile vertreiben!“ antwortete er wahrheitsgemäß. Sie zu belügen hätte absolut keinen Sinn. Eine ihrer Augenbrauen schnellte nach oben. Dann trat sie lachend zu ihm nach draußen. „Deine Ehrlichkeit überrascht mich. Man hatte mir immer gesagt Dämonen seien verlogene und durchtriebene Wesen.“ „Ehrlichkeit und Durchtriebenheit müssen sich nicht ausschließen. Ganz im Gegenteil. Mein Volk ist stolz darauf beide Eigenschaften zufriedenstellend zu beherrschen!“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Du bist wirklich eigenartig. Keiner der Dämonen die mir begegnet sind, war dir irgendwie ähnlich!!“ „Ich danke für das Kompliment.“ Er lächelte. „Ich denke Ihr würdet durchschauen wenn ich lügen würde.“ Er deutete auf sein linkes Auge. „Der Versuch Euch zu belügen würde nichts bringen, habe ich recht?“ Sie lächelte und fuhr ebenfalls über ihr linkes Auge. „Nein es würde nichts bringen.“ Sagte sie leise und trat an die Brüstung um über den Ort zu sehen. „Darf ich mir die Frechheit herausnehmen zu fragen, wie es dazu gekommen ist?“ „Du darfst es dir gern herausnehmen. Ob ich dir antworten werde ist die Frage.“ „Würdet Ihr denn Prinzessin?“ Sie drehte sich wieder zu ihm. „Solltet Ihr als Mann des Faches nicht wissen was mit mir geschehen ist?“ „Hexenzauber sind nicht mein Spezialgebiet.“ „Selbst dann sollten Euch die Schattenkriege etwas sagen!“ Er konnte sich ein Lächeln nicht verwehren. „Oh ja, sie haben mir ein sehr gutes Leben geschenkt in den letzten Jahren!“ „Mir haben sie ziemlich zu schaffen gemacht. Allein die Erwähnung der Kriege lässt jeden Schatten erzittern.“ „Was ist mit Euch?“ „Ich verfluche sie nur!“ sagte Anna kalt. „Aber ich bin ja auch kein gewöhnlicher Schatten.“ Sie fuhr sich erneut über ihr Auge. „Der Fluch ist nicht vollendet worden und so stehe ich nun also zwischen den Welten. Nicht mehr ganz Mensch und noch kein Schatten!“ „Was für ein bedauerliches Schicksal!“ „In der Tat!“ Er neigte das Haupt. „Habt Ihr den Wunsch das zu ändern?“ Sie sah ihn von oben herab an. „An meinem Zustand kann niemand etwas ändern Dämon. Nur die Hexe die den Fluch begonnen hat kann ihn zu Ende führen. Doch die ist vor 10 Jahren verbrannt worden.“ „Was für ein Jammer.“ „Die Hexenverbrennungen sind allgemein ein Jammer und verabscheuungswürdig.“ Sie sah wieder auf die Stadt, die an die Burg grenzte. „Einer verdächtigt den nächsten mit dem Teufel im Bund zu sein. Ein falsches Wort, eine falsche Handlung und sei es noch aus den besten Motiven, und schon endet dein Leben mit Folter und Feuer.“ „Und Ihr verurteilt dies?“ „Ich habe es schon immer getan. Mithilfe meines Fluches habe ich versucht einige Fälle zu kitten. Jetzt stehe ich selbst auf der Liste der Hexenjäger und nur der Respekt vor meinem Namen oder die Angst vor meinen dämonischen Kräften hält sie zurück. Noch. Irgendwann werden sie sich nicht mehr aufhalten lassen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Jagd auf die verfluchte Prinzessin mit dem schwarzen Hexenauge machen!“ Das klang ziemlich resigniert. Er wagte einen neuen Versuch. „Habt Ihr den Wunsch das zu ändern?“ Sie sah auf dem Augenwinkel zu ihm. „Hättest du die Macht es zu ändern?“ Er neigte das Haupt. „Wenn Ihr es wünscht!“ „Und was würde mich der Spaß kosten?“ „Nur Eure Seele, doch dafür hättet Ihr einen treuen Diener, der jeden Befehl befolgen wird, bis der Vertrag beendet ist!“ Sie sah ihn nicht an, sondern immer noch weiter auf die Stadt. „Der Gedanke ist interessant. Und ein Mensch hätte ihn sicher angenommen.“ Sie lächelte. „Doch ich muss dein Angebot leider abschlagen. Ein Dämon kann mir nichts bieten, was ich nicht bereits besitze und das ohne meine Seele zu verkaufen!“ „Wie…“ Sie drehte sich lächelnd zu ihm um und begann langsam ihren linken Ärmel hochzukrempeln. „Ich bin weder ein gewöhnlicher Mensch, noch ein gewöhnlicher Schatten!“ Sie offenbarte ihr Handgelenk. Seine Augen weiteten sich etwas. Auf ihrem Handgelenk war eine Sokra eingebrannt, eine Feuerblume der Schattenwelt. Sie war das Zeichen der… „Ganz recht mein lieber Dämon. Ich bin eine Schattenfürstin!“ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Was für eine unerwartete Wendung. Er neigte das Haupt vor ihr. „Vergebt mir Durchlaucht!“ Lächelnd krempelte sie ihren Ärmel wieder runter. „Ich vergebe dir. Du konntest es ja nicht wissen.“ Sie sah in den Himmel und dann wieder zu ihm. „Und nun Dämon muss ich mich verabschieden. Meine Pflichten rufen mich. Es war interessant mit dir zu plaudern!“ Sie lächelte. „Das Vergnügen war auf meiner Seite Durchlaucht!“ Sie nickte und verschwand dann. Nun da er wusste wer und vor allem was sie war, sah er auch wovon sie umgeben war. Dämonen hatten nur einen beschränkten Blick in die Schattenwelt. Es sei denn sie konzentrierten sich darauf. Er tat es nun und sah wie die Schattenfürstin mit ihrem kleinen Gefolge vom Turm verschwand. Jetzt ergab der Witz beim Essen natürlich einen Sinn. Eine ruhige Nacht würde sie kaum haben, eine angenehme schon. Schatten schliefen nicht, niemals. Doch nun war es auch für ihn Zeit zu verschwinden. Er nahm wieder die Gestalt einer Krähe an und verließ den Turm. Eine Schattenfürstin! Wenn er das gewusst hätte, wäre er ganz anders an die Sache rangegangen. Nun war die erste Runde an sie gegangen. Aber aufgeben würde er nicht, ganz im Gegenteil, jetzt war sie noch begehrenswerter geworden. Er flog eine Weile bis er bei einer ganz ähnlichen Burg ankam. Hier lebte eine Bekannte von ihm schon einige Jahre. Sie hatte mit dem Grafen einen Vertrag geschlossen, dass sie alle Feinde des Grafen fern hielt und gab sich dazu als dessen Frau aus. Sie genoss ihr Leben in vollen Zügen. Von Zeit zu Zeit besuchte er sie. Und sie hatte ihn schon vor einigen Wochen gebeten mal wieder vorbei zu kommen. Diesem Wunsch wollte er heute nachgehen. Er fand sie im Kaminzimmer. Ein halbtoter Mann lag zu ihrem Füßen und sie wollte ihm zweifellos gerade den Gnadenstoß geben, als er den Raum, wieder in menschlicher Gestalt, betrat. Überrascht drehte sie sich um und dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Du bist es! Wie schön dich zu sehen!“ Sie ließ den Mann zu Boden gehen und trat über ihn hinweg. „Ich hoffe ich störe dich nicht bei irgendetwas.“ Er sah zu dem Mann am Boden. „Hilf mir!“ krächzte er und streckte die Hand nach ihm aus. Sie trat auf die Hand, ein Schrei erfüllte den Raum. „Keineswegs, er kann warten!“ Sie setzte sich und deutete auf einen anderen Sessel. „Es ist lange her mein Freund. Ich dachte schon du wärst sesshaft geworden, weil du dich solange nicht gemeldet hast.“ Sie leckte das Blut von ihren Fingern. „Ich befand mich tatsächlich auf einer Spur, dies betreffend.“ Eine ihrer Brauen fuhr in die Höhe. „Nein tatsächlich!“ sagte sie und lächelte. „Auf die Geschichte bin ich ja sehr gespannt! ... Doch was bin ich für eine schlechte Gastgeberin. Kann ich dir etwas anbieten? Wein oder etwas Stärkeres?“ Ihr Lächeln zeigte deutlich, was sie damit meinte. Auch sein Blick glitt zu dem Mann am Boden, der vor Schmerz immer wieder stöhnte. „Nein danke, Wein reicht vollkommen!“ „Wie du wünscht!“ Sie klingelte und kurz darauf erschien eine Magd. „Bring Wein und Gläser für mich und meinen Gast. Danach wünsche ich nicht mehr gestört zu werden!“ „Se… Sehr wohl!“ sagte sie zitternd und verließ den Raum dann wieder. „Ist es gut, wenn sie dein Hobby kennen?“ fragte er und deutete auf den Mann. Doch sie winkte ab. „Sie hat nichts gesehen. Außerdem gehört das…“ Sie deutete zu dem Mann. „Zu meinen Vertragspflichten!“ „Die natürlich selbstlos erfüllst!“ „Selbstverständlich. Und ein bisschen Spaß sollte doch auch für mich dabei sein!“ Sie lächelte, er tat es ebenfalls. Er wusste genau welche Freude sie daran hatte. Sie konnte ein sehr grausames Wesen sein, ein Dämon wie die Menschen ihn sooft beschrieben. Die Magd kam wieder und brachte den gewünschten Wein. Mit zitternden Händen stellte sie ihn auf den kleinen Tisch. „Du kannst jetzt zu Bett gehen!“ sagte die Burgherrin. Das Mädchen nickte nur und verschwand dann mit einer kleinen Verbeugung. Wahrscheinlich würde sie die ganze Nacht betend unter ihrer Decke verbringen. „Dummes kleines Ding.“ Sagte sie und füllte den Wein ein. „Mal sehen wann die Pfaffen sie holen, weil sie Dämonen sieht!“ Er nahm sein Glas entgegen. „Verdächtigen sie dich wirklich nicht?“ Sie legte ihren Kopf schief und sah ihn unschuldig an. „Warum sollte man mich denn verdächtigen? Ich bin eine einfache Frau, die den Wünschen ihres Mannes gehorcht!“ Er musste lachen. „Du beherrscht deine Rolle wirklich perfekt.“ „Vielen Dank. Aber nun genug von mir. Du sagtest du hättest jemanden gefunden an den du dich binden möchtest!“ Sie versuchte gar nicht erst ihre Neugier zu verbergen. Er nahm einen Schluck. „Ja das habe ich. Ich habe nur etwas vorschnell gehandelt!“ Er seufzte. „Hm? Wie das? Ist die Person bereits tot?“ „Oh nein, das meinte ich nicht. Nein der Zeitpunkt sich zu zeigen war noch nicht gekommen!“ „Wenn sie dich abgelehnt hat muss die Person aber einen starken Willen gehabt haben. Selbst wenn der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen war!“ Er fuhr mit einem Finger um den Glasrand. „Oh ja, einen starken Willen hat sie!“ sagte er leise. Sie lehnte sich gespannt vor. „Warum hat sie dich denn abgelehnt?“ „Weil ich ihr nichts anbieten konnte, was sie nicht schon hat!“ gestand er. Die Burgherrin sah ihn verwirrt an. „Das ist unmöglich. Kein Mensch kann den Diensten von uns Dämonen etwas entgegen bringen!“ „Ein Mensch nicht. Schatten schon!“ „Schatten?“ fragte sie verwundert. „Aber Schatten dienen keinem Menschen. Sie dienen nur ihren Fürsten oder der Königin selbst.“ Sie legte einen Finger an die Lippen. „Sie dienen keinem Menschen. Aber wir verbünden uns nicht mit Schatten. Wie merkwürdig!“ Sie sah ihn an und dachte nach. „Klärst du dieses Rätsel für mich?“ „Sehr gern!“ Er räusperte sich. „Eine junge Frau, nicht Mensch, nicht Schatten. Der Fluch blieb unvollendet!“ „Ein Halbwesen also.“ Sie legte ihren Kopf wieder schräg. „Ich dachte nur Engel hätten es mit Halbwesen. Wie kann ein Dämon auf sie kommen?“ „Weil sie kein gewöhnliches Halbwesen ist. Jede andere Seele würde daran zu Grunde gehen. Diese ständige Belastung zwischen den Welten und das ohne Pause. Sie hat die menschliche Fähigkeit des Schlafens verloren und wandelt ununterbrochen. Und doch ist ihre Seele nach 10 Jahren noch immer vollkommen!“ Ein Lächeln zierte ihre Lippen. „Du bist ja richtig besessen von ihr!“ stellte sie ruhig fest. „Ich stimme dir zu, das klingt mehr als nur interessant… Doch wieso dienen die Schatten ihr?“ „Sie ist eine Schattenfürstin!“ „Das erklärt es natürlich.“ Sagte sie leise. „Und wie lautet ihr Name?“ „Prinzessin Anna von Weitelburg!“ „Ah die verfluchte Prinzessin. Ich habe schon viel von ihr gehört, aber sie noch nie gesehen. Man sagt sie habe ein schwarzes Auge mit dem sie den Menschen in die Seele blickt!“ „Ihr linkes Auge. Du weißt der Schattenfluch beginnt immer auf der Herzseite zu wirken.“ Sie lachte. „Uhi ist das spannend. Das ist wirklich mal eine Abwechslung, aber…“ Die Tür ging auf. Beide Dämonen sahen hin. Wer würde es wagen sie zu stören? Doch ihr Blick wurde augenblicklich heller. „Richard was für eine Überraschung. Möchtest du dich zu uns gesellen?“ fragte sie fröhlich. „Hast du deine Aufgabe erledigt?“ fragte Richard im Gegenzug und sah auf den Mann am Boden. Sie sah zu ihm und dann bedauernd zu ihrem Vertragspartner. „Er ist noch am Leben. Aber ich versichere dir, zu keinerlei böswilligen Taten mehr in der Lage!“ Richard nickte. „Was ist nun, möchtest du dich zu uns gesellen?“ Er trat unsicher einen Schritt in den Raum. „Ihr habt von Anna von Weitelburg gesprochen? Ist der schwarze Engel auch mit Dämonen im Bunde?“ „Der schwarze Engel?“ fragte er verwundert. Richard nickte. „Das ist ihr Titel im Volk.“ „Ach sie ist das!“ rief die Burgherrin dazwischen. „Ich hatte keine Ahnung, dass die Prinzessin dahinter steckt. Wenn das so ist, kenne ich sie ebenfalls!“ „Schwarzer Engel ist ein sehr merkwürdiger Titel!“ stellte er fest. „Allerdings. Ein sonderbarer Titel für eine sonderbare Person.“ Sagte sie. Richard hatte den Raum inzwischen wieder verlassen. „Er wirkt recht schwächlich!“ stellte er fest. Sie seufzte bedauernd. „Ja er hat ziemlich Federn gelassen. Seit sein Sohn und Bruder ihn stürzen wollten, ist er sehr ängstlich geworden. Dabei kann ihm doch gar nichts passieren!“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber zurück zu ihr. Allem Anschein nach, hast du noch nie etwas vom schwarzen Engel gehört?“ „Nein, der Titel ist mir noch nie begegnet.“ „Nun wenn sie dich so interessiert. Hier habe ich jemanden, der sie gut kennen müsste. Martin!“ rief sie und Augenblicklich erschien ein älterer Mann. „Ihr habt gerufen?“ „Mein Freund hier ist sehr interessiert an der Geschichte Annas von Weitelburg!“ Er verneigte sich und sah dann zu ihm. „Prinzessin Anna von Weitelburg war immer ein gut behütetes und liebes Kind. Sie hat keinerlei Grund geliefert für Hexen interessant zu sein. Außer einen. Ein Freund von ihr, ein Junge im gleichen Alter namens Alexander, war der Sohn einer Hexe. Einer sehr begabten Hexe. Sie gehörte zu dem Zirkel der die Schattenkönigin verbannt hat.“ Martin seufzte. „Durch üblen Verrat wurde der arme Junge getötet und der Hexe die falsche Information gegeben, der Graf hätte ihn töten lassen, weil er ihn loswerden wollte. Weil er kein guter Umgang für seine Tochter war. Die Hexe war voller Zorn und verschaffte sich Zugang zur Prinzessin. Sie wollte dem Grafen das gleiche antun, was er ihr angetan hatte. Auge um Auge, das Kind sollte sterben. Aber nicht irgendwie. Sie begann den Schattenfluch zu sprechen. Doch sie wurde unterbrochen, der Fluch nicht vollendet und Anna in ein Halbwesen verwandelt.“ Er machte eine Pause. „Man rief mich als Arzt hinzu. Die Prinzessin hätte Halluzinationen. Sie sehe und höre Dinge, die es nicht gab. Ich eilte zu ihr und erkannte was sie war. Ein Mensch mit der Fähigkeit in die Schattenwelt zu sehen, mit ihrem so viel genannten schwarzem Auge. Ich sagte ihrem Vater sie wäre auf diesem Auge blind. Und sie hat diese Ausrede weiterverwendet. Doch instinktiv wissen die Menschen, dass sie sehr wohl damit sehen kann und zwar direkt in ihre Seelen.“ Martin seufzte noch einmal. „Ich hatte leider nicht die Möglichkeit sie lange zu begleiten. Ich fiel demselben Verräter zum Opfer wie der junge Alexander und ihre Erzieherin. Ein Mann namens Anton, der nach dem Titel des Grafen trachtet, wollte alle Menschen aus dem Weg räumen, die Anna nahestehen. Er will sie, die einzige Erbin des Grafen, aus dem Weg räumen. Aber er darf sie nicht direkt töten. Nur hat er sich mit seinen Plänen eine Gegnerin geschaffen, der er keineswegs würdig ist!“ Stolz klang aus Martins Stimme. Man hörte deutlich, wie stolz er auf die Prinzessin war. „Nachdem ich weg war, trat ein Schatten an Anna heran und ihre wahre Ausbildung begann. Das war dann auch das erste Auftreten des schwarzen Engels. Zu Anfang überbrachte sie den Familien der Schatten nur die Nachricht, vom angeblichen Tod ihrer Angehörigen. Dann, nachdem sie zur Schattenfürstin wurde, begann sie auch Jagd auf Hexen und Hexer zu machen, die ihre Kräfte missbrauchten. Vor allem jene die den Schattenfluch nutzten. Auf der anderen Seite wurden ebenso Hexenjäger die ihr Amt missbrauchten und Ankläger, die nur aus persönlichen Motiven Unschuldige anklagten, zu Opfern ihrer eigenen Taten. Gleichzeitig schützt sie die Herrschaft ihres Vaters und beschützt ihr Land vor schädlichen Einflüssen. Der schwarze Engel ist unter dem Volk ebenso beliebt, wie gefürchtet. Niemand weiß wer sie ist oder was ihre Ziele sind.“ Damit schloss er seinen Bericht. „Ich denke nicht, dass sie ein Ziel hat, außer Gerechtigkeit zu stiften. Was auch immer das für sie sein mag!“ sagte die Burgherrin und zeigte Martin an, dass er wieder gehen könnte. Mit einer Verbeugung verließ dieser dann den Raum. „Sie will das Beste für ihr Land!“ sagte er und erinnerte sich an das Gespräch zwischen Vater und Tochter. ‚Ich kenne meine Pflichten Vater, du musst mich nicht an sie erinnern!‘ hatte Anna gesagt. Ihr Vater hatte gar keine Vorstellung was er seine Tochter alles zu verdanken hatte. Nachdenklich blickte er auf sein Glas zurück. Es stimmte, ein wirkliches Ziel war in ihren Handlungen nicht zu erkennen. Sie war ein Schatten, sie würde sich nicht verändern. Sicher die Sicherheit ihres Landes und ihres Volkes, aber das würde niemals zu einem Ziel führen. Es würde immer Gefahren geben. Nein, es musste etwas anderes geben. Irgendetwas das zu Ende geführt werden konnte. Ansonsten würde diese wunderbare Seele am immer gleichen Trott zu Grunde gehen. „Worüber denkst du nach?“ „Ihre Ziele.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht will sie ja die neue Schattenkönigin werden.“ Sagte sie ungerührt und nahm einen Schluck Wein. Er lächelte. „Ich werde es schon herausfinden!“ Auch sie schmunzelte. „Ich sehe, du gibst nicht auf.“ „Oh nein, ihre Seele werde ich gewiss nicht aufgeben!“ sagte er. „Dann bleibt mir nichts anderes, als dir Glück zu wünschen!“ Sie prostete ihm zu. Auch er hob seinen Kelch. Den Rest der Nacht verbrachten sie mit anderen Themen. Dingen die für die Ohren von Menschen nicht geeignet waren und die Dämonen nur besprachen, wenn sie unter sich waren. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Es war noch eine amüsante Nacht geworden. Aber nun wollte er wieder zurück zu Anna. Vielleicht würde er mit ein paar Nachforschungen ihr Ziel herausfinden. Er konnte einfach nicht glauben, dass eine Frau wie sie, ein Wesen wie sie, sich der hoffnungslosen Aufgabe widmen würde, die Welt für ihren Vater sicher zu machen. Da musste noch etwas anderes sein, etwas das nicht jedem klar war. Vielleicht am Ende sogar nur ihr selbst. Es musste einfach sein! Wieder in Form einer Krähe blieb er in ihrer Nähe. Er wusste dass Anna ihn bemerkte, ebenso wie ihre Schatten. Aber sie sagte nichts, sie duldete es. Und immer wenn ihr Blick auf ihn fiel, hatte sie dieses Lächeln auf den Lippen. Herausfordern. Sie schien es zu wollen, dass er ihr Geheimnis entdeckte. Aber es war gar nicht so einfach. Anna spielte ihre Rolle perfekt. Die pflichtbewusste Prinzessin und Schattenfürstin. Nachts in der Schattenwelt, am Tag in der Welt der Menschen. Nichts deutete bei den Handlungen der Prinzessin darauf hin, dass sie Mächte kontrollierte, die die Menschen in einem Augenblick vernichten konnten. Hin und wieder kam eine kleine Andeutung, ein Scherz den nur sie selbst verstand. Die Bevölkerung verehrte und fürchtete sie gleichermaßen. Gleiches traf auf Gäste und eventuelle Verehrer zu. Niemand hielt ihrer Nähe lange stand. Die Angst oder eher die Ungewissheit was sie denn mit ihrem schwarzen Auge sah, war einfach zu groß. In einem allerdings hatte sie sich geirrt. Die Jagd auf sie hatte längst begonnen. Gleich mehrere Hexenjäger hatten ein Auge auf sie geworfen. Nur der Auftrag sie zu jagen war noch nicht erteilt worden. Ein Jäger ließ sich davon allerdings nicht abhalten. Er war schon auf Annas Spur und würde sie nur zu gern auf dem Scheiterhaufen sehen. Für ihn war sie mit dem Teufel im Bunde. Der Fluch war nicht an ihr vorüber gegangen. Sie war unrein und gehörte vernichtet oder sie würde alle um sich herum verfluchen. Was für ein verachtenswerter Mann. Die Engel würden ihn lieben. Wären sie hier, hätten sie Anna gewiss längst vernichtet. Der Mann erinnerte ihn mit seiner Beharrlichkeit ein wenig an jenen Hexenjäger, der die Schattenkriege verursacht hatte. Wenn man es so betrachtet würden die Engel wahrscheinlich nicht mehr allzu gut, auf diese Zunft zu sprechen sein. Annas Schatten behielten diesen Mann gut im Auge. Keinen Moment war er allein. Und er wusste es. Menschen konnten Schatten nicht sehen, aber sie spürten ihre Anwesenheit ganz genau. Dies waren also Annas Tätigkeiten in der Welt der Menschen. Ihre Taten in der Schattenwelt waren da doch deutlich interessanter. Anscheinend gab es einige Hexen, die den Schattenfluch gern verwendeten. Es kam zu mehreren Treffen zwischen den Schattenfürsten. Anna nahm hier eine führende Rolle ein. Sie war das Bindeglied zwischen der Schattenwelt und der Welt der Menschen. So wurde der schwarze Engel auch über die Grenzen ihres Landes ein Begriff. Der schwarze Engel würde die Menschen vor der Rückkehr der bösen Geister beschützen. Viele erinnerten sich noch an das Leid, als die bösen Geister sie heimgesucht hatten. Und man fürchtete ihre Rückkehr. Sie sahen in Anna das Gegenstück zur Schattenkönigin. Was für eine interessante Sichtweise. Wie einfältig die Menschen doch waren. Am Ende wäre es nur ein Geschöpf, das sich gegen seinen Schöpfer stellt. Neben all diesen Dingen gab es aber auch noch etwas, das sie suchte. In allen Gebieten ihrer Verbündeten und Freunde ließ sie nach jemanden forschen. Leider gab ihm keiner der Schatten eine Antwort. Es hieß nur, dass sie einen Jungen suche. Warum oder gar wer er war, dass wussten sie nicht. Trotz seiner Bemühungen, auch nach einem Monat war er noch nicht auf ihr Geheimnis gestoßen. Er glaubte nicht, dass es der Junge war. Er hatte etwas mit ihrem Ziel zu tun, aber er sollte nur Mittel zum Zweck sein. Nein, es musste noch etwas anderes geben. Und er fand, dass es wieder Zeit wurde für ein Gespräch. Es war eine laue Sommernacht. Anna verließ wie immer nachts ihren Turm als Schatten. Heute war die Kirche ihr Ziel. So schien es auf den ersten Blick, doch es war die Krypta darunter. Und hier wechselte sie wieder in die Welt der Menschen und wartete. „Hast du etwas Interessantes entdeckt Dämon?“ Wiederrum nahm er die Gestalt eines jungen Mannes an, als der er ihr schon einmal erschienen war. „Sehr viele sogar. Es war ein Genuss Euch zu beobachten!“ Sie lächelte. „Ich bin über deine Hartnäckigkeit überrascht Dämon. Ich dachte du wärst bereits gelangweilt.“ Sie lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. Er trat einen Schritt dichter. „Ganz im Gegenteil. Ich bin sicher es gibt noch viele Dinge zu entdecken!“ Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich hätte nie erwartet für einen Dämon so interessant zu werden.“ Sie öffnete die Augen und sah ihn wieder an. „Hast du einen Namen oder soll ich dich immer nur Dämon nennen?“ Er neigte leicht das Haupt. „Meinen Namen kann ich in dieser Welt nicht nennen. Und für diese Welt habe ich noch keinen Gewählt!“ Er stellte sich aufrecht hin. „Ihr müsst wissen, mein Volk nimmt den Namen und die Gestalt an, die von ihrem Meister gewünscht wird!“ Eine ihrer Augenbrauen schoss in die Höhe. Sie betrachtete ihn von oben bis unten. „Ist das so?“ flüsterte sie. „Ja das ist so!“ erwiderte er leise. Sie wollte etwas sagen, als Schritte auf den Treppen zu hören waren. Zwei Männer erschienen. Ein Älterer, unschwer zu erkennen, dass er ein Pfaffe war. Und ein junger Mann, dessen Beruf und Stellung man nicht erkennen konnte. Anna ging ihnen entgegen, die drei nickten sich zu. Dann fiel der Blick auf ihn. „Wer ist das?“ fragte der Jüngere. Anna sah ebenfalls überrascht zu ihm, aber dann formte sich ein Lächeln auf ihren Lippen. „Das ist ein Bekannter von mir. Ein Meister in den Kenntnissen, die wir benötigen.“ Die beiden Männer waren misstrauisch, aber ihr Wort schien viel Gewicht zu haben, denn der Alte nickte. „Hast du auch einen Namen mein Sohn?“ Er wollte gerade antworten, als Anna erneut das Wort ergriff. „Sein Name ist Alexander!“ Überrascht sah er zu ihr und traf ihren Blick. Sie nickte nur, ein stummes Versprechen. ‚Das klären wir später!‘ sagte ihr Blick. Er nickte ebenfalls und lächelte. Alexander, jetzt hatte er seinen Namen ja doch noch erhalten. Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Die kleine Gruppe ging in einen Raum mit Tisch und Stühlen. „Wenn ich gewusst hätte, dass Ihr noch jemanden mitbringt Prinzessin, hätten wir noch einen Stuhl geholt. Jetzt muss Euer Freund stehen.“ Stellte der Alte fest. Anna sah kurz zu ihm. „Ich habe es auch nicht gewusst. Er war plötzlich da!“ sagte sie. Alexander lächelte. „Das ist kein Problem, ich hätte mich ja ankündigen können.“ Der Pfaffe nickte. „Aber ich habe euch ja noch gar nicht vorgestellt. Dies hier sind Mathias, der Priester dieser Kirche und das Peter, einer der wenigen vernünftigen seiner Zunft. Ein verbündeter Hexenjäger.“ Beide Männer nickten. Kurz nach dieser Vorstellung änderte sich die Stimmung im Raum. Die beiden Menschen erschauderten. „Und nun ist unsere Runde komplett.“ Sagte Anna. Es waren noch zwei Schatten hinzu gekommen. „Meine Freunde dies Alexander. Unser stetiger Begleiter in den letzten Wochen!“ Die Schatten sahen zu ihm. Sie wussten sofort was Anna damit meinte. Den einen Schatten kannte er, er hieß Melan und war ein enger Vertrauter von Anna. Den anderen Schatten kannte er nicht. „Nun da wir komplett sind, können wir mit dem Rat ja beginnen!“ sagte Anna. Sie saß am Kopf des Tisches. Zu ihrer Rechten die beiden Männer, zu ihrer linken, in genügend Sicherheitsabstand die Schatten. Er stand hinter ihr, an die Wand gelehnt. „Dies wird die letzte Sitzung dieser Art vor dem Kampf gegen die Schattenkönigin sein.“ Sagte Anna. Alle Beteiligten nickten. „Was also muss noch besprochen werden, bevor wir es mit Ihr aufnehmen?“ Alexanders Augen weiteten sich kurz. Sie hatte es also tatsächlich vor. Der schwarze Engel wollte die Schattenkönigin bezwingen. „Was genau hat uns zu erwarten?“ fragte Peter. „Ich bin erst vor wenigen Jahren in dieses Land gekommen. Ich weiß nichts von den Schattenkriegen.“ „Was für eine Schande von einem Mann Eures Faches!“ sagte Alexander, bevor Anna dazu in der Lage war. Alle sahen überrascht zu ihm. „Was meint Ihr damit?“ fragte er. „Nun Euresgleichen haben ihn schließlich ausgelöst, den ersten Schattenkrieg!“ Peters Augen weiteten sich. Er hatte wohl wirklich keine Ahnung gehabt. „Ich habe mir etwas Ähnliches gedacht. Die wahren Ereignisse hinter den Krieg sind hinter Legenden und Mythen verborgen. Doch um diesen Kampf wirklich beenden zu können, müssen wir seine Ursprünge kennen. Und deswegen ist Alexander hier.“ Sie drehte sich lächelnd zu ihm um. „Du wirst sie doch sicher kennen. Die Geschichte der Schattenkönigin!“ Was für ein cleveres Weib. Noch bevor sie dem Vertrag tatsächlich zugestimmt hatte, kamen die ersten Anweisungen. Er könnte es ausschlagen, aber dann würde er die Chance auf sie verlieren. Und in dem Fall war das Begehren wohl größer als der Verstand. „Aber selbstverständlich!“ sagte er und schloss die Augen um sich die Ereignisse wieder in Erinnerung zu rufen. „Die Geschichte der Schattenkönigin beginnt vor knapp 20 Jahren in der Nachbargrafschaft zu Weitelburg. Dort wirkte ein sehr eifriger Hexenjäger namens Heinrich. Übereifrig könnte man ruhigen Gewissens sagen. Er liebte seinen Beruf und ging ihm mit aufrichtiger Begeisterung nach.“ Was das hieß konnte sich jeder hier im Raum denken. Er war ein grausamer Mann, der Freude an den Qualen seiner Opfer hatte. „Vor 20 Jahren nun hatte er seinen Blick auf einen mächtigen Zirkel gelenkt. Ein Verbund von mächtigen Hexen, die ihre Kräfte allerdings ausnahmslos zum Wohle der Menschen einsetzten. Ihm war das allerdings gleich. Er hoffte den ganzen Zirkel auslöschen zu können, indem er die Anführerin gefangen nehmen ließ und an ihr all seine Künste anwandte. Doch sie verriet ihre Schwestern nicht, ihr Tod war für ihn unbefriedigend. Er war allerdings sehr enttäuscht, dass der Zirkel nicht versucht hatte, die Anführerin zu befreien. Er nahm sich andere Mitglieder vor, auch Unschuldige. Doch der Zirkel handelte nicht. Also ging er anders an die Sache heran und zwar das schwächste Mitglied, wie er glaubte. Die Tochter der Anführerin, Maren. Auch sie war eine Hexe mit tatsächlichen Fähigkeiten. Aber sie hatte sich schon früh von der Magie und dem Leben als Hexe abgewandt. Sie lebte als Magd in einem Haus reicher Bürger. Heinrich machte sich daran ihr alles zu nehmen. Ihre Arbeit, ihre Ehre, ihren Verstand. Die Folter der Mutter hatte ihm keinerlei Vergnügen gebracht. Nun wollte er die Tochter zerstören. Erst seelisch und dann körperlich. Die Details erspare ich mir aus Zeitgründen. Sicherlich kennt jeder von uns die Arbeitsweise solcher Hexenjäger.“ Er räusperte sich. „Und es hätte auch funktioniert. Nichts deutete daraufhin, dass man ihren Fall noch hätte aufhalten können. Doch es gab eins womit er nicht gerechnet hatte. Heinrich hatte es darauf angelegt, dass der Zirkel eingreifen würde, nicht dass Maren sich selbst helfen würde. Aber nun, da es für sie keine Hoffnung mehr geben würde, begann sie ihre Kräfte anzuwenden. Am Rande des Wahnsinns begann sie einen Jahrhunderte alten Fluch zu nutzen, um nun ihrerseits Heinrich in den Wahnsinn zu treiben. Sie schuf Schatten und regierte mit eiserner Faust über sie. Keine Sekunde sollten sie Heinrich in Frieden lassen. Ihm all seine Taten vor Augen führen, ihn vor Freunden und Kollegen bloßstellen. Er sollte dasselbe erleiden wie sie und alles verlieren. Die Schatten sollten ihre Rachegeister sein. Ganze Scharen schickte sie in die Städte und Dörfer. Angst und Verzweiflung herrschte überall. Eine unsichtbare Gefahr. Man spricht hier vom ersten Teil des Schattenkrieges. Denn die Schatten befanden sich selten so nah an den Menschen wie in dieser Zeit. Und sie befanden sich im Krieg mit einem Hexenjäger. Heinrich wurde bald aus der Stadt gejagt. Er wäre mit dem Teufel im Bunde, er verfluche mit seinen Dämonen noch die ganze Stadt. So wurde er vogelfrei. Maren glaubte ihr Ziel erreicht und zog die Schatten wieder zurück. Aber Heinrich verlor nun alle Menschlichkeit. Er war nun an keine Gesetze mehr gebunden und begann erneut eine erbarmungslose Jagd auf Maren. Und sie antwortete. Zwei wahnsinnige die sich in einem immer weiter im gewaltvolleren Tanz umkreisten. Die Hexen des Zirkels versuchten Maren zur Vernunft zur bringen. Sie sollte doch endlich aufhören. Aber Maren war der Macht längst erlegen. Nichts Menschliches war mehr in ihr übrig geblieben. Die einzigen, denen sie vertraute waren ihre Schatten. Immer waren sie in ihrer Nähe, ihre einzige Gesellschaft. Bis sie schließlich selbst ein Schatten wurde. Maren vergaß ihren Namen, ihre Herkunft. In ihr blieb nur der Hass auf die Menschen und Heinrich. Heinrich ließ sie eine besondere Strafe zukommen. Sie verwandelte ihn in ein Halbwesen und behielt ihn immer in ihrer Nähe. Entkommen war unmöglich. Nun da er in die Welt der Schatten sehen konnte, verlor er völlig seinen Verstand. Maren hatte ihr Ziel also erreicht. Aber es reichte ihr nicht mehr. Nun wollte sie alles zerstören, das Schuld war, an ihren Leiden. Die Stadt, die Kirche. Einfach alles. Zu diesem Zeitpunkt entschieden sich die Hexen ihres Zirkels zu einem riskanten Schritt. Sie mussten selbst in die Schattenwelt und Maren aufhalten. Schatten konnten sich nicht gegen ihren Schöpfer stellen. Es sei denn sie unterstellen sich selbst einem Schattenfürsten. Dagegen kann niemand etwas unternehmen, auch die Schattenkönigin selbst nicht. Sie wählten eine von ihnen aus und schickten sie gemeinsam in die Schattenwelt. Sie sollte das Heer der Schattenkönigin dezimieren und Verbündete suchen. Doch es waren nicht genügend Abtrünnige zu finden. Viele waren der Schattenkönigin treu. Deswegen griffen nun auch die Hexen zu dem Schattenfluch. Als die Heere der Schattenkönigin und –Fürstin ungefähr gleichgroß waren begann er, der große Schattenkrieg!“ Das Schweigen im Raum war fast mit den Händen greifbar. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet und in jedem lagen andere Dinge. Schrecken, Faszination, Erinnerungen. „Wie ging es aus?“ fragte Peter. „Nun Maren verlor. Ihr Heer unterlag und sie wurde mit ihren Verbündeten tief in die Schattenwelt verbannt. Sie vernichten konnte eine einzelne Schattenfürstin nicht. Angeblich war sie in dem Kampf auch gefallen. Aber das ist nur ein Gerücht und ich muss ehrlicherweise gestehen, dass ich es nicht weiß.“ „Das ist alles?“ fragte Peter überrascht. „Sie wurde besiegt? Einfach so? Einer der mächtigsten und bösartigsten Hexen der Geschichte einfach so besiegt? Und was ist jetzt so schlimm an diesem Schattenkrieg? So wie ihr darüber gesprochen habt, klang es, als würde die Welt fast untergehen!“ Er klang schon ein wenig enttäuscht. „Nun sagen wir es so, die Schattenkönigin hatte zum Schutz ihrer Geschöpfe einen mächtigen Zauber gesprochen, der sie selbst allerdings sehr geschwächt hat. Das hat ihren Gegnern die Möglichkeit gegeben sie zu besiegen. Was das andere angeht. Sagt mir Peter, was empfindet Ihr in der Nähe der beiden anwesenden Schatten?“ Peter schluckte und zögerte. „Antwortet bitte ehrlich!“ sagte Anna leise. „Nun ja, ich fühle mich nicht besonders wohl, aber ich habe mich daran gewöhnt!“ sagte er. Alexander nickte. „Und nun stellt Euch bitte vor, wie hunderte, vielleicht sogar tausende solcher Wesen in Eure Nähe sind.“ Peter konnte ein Schaudern bei der Vorstellung nicht unterdrücken. „Und da habt Ihr Eure Antwort, worin der Schrecken der Schattenkriege liegt. Allein ihre Anwesenheit löst in den Menschen Angst aus. Ihre Kriege Panik und Verzweiflung!“ „Ja das werden harte Zeiten!“ sagte der Pfaffe bedauernd. „Ich kann nur hoffen, dass es dann ein Ende haben wird!“ Sein Blick ruhte auf Anna. „Das können wir ebenfalls gut hoffen. Doch es ist gut möglich, dass wir alle Untergang damit einleiten!“ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Die kleine Versammlung löste sich danach recht schnell auf. Anna wollte zurück zur Burg, ihre Schatten an der Seite. „Verzeiht Prinzessin. Doch es gibt etwas, dass wir besprechen müssen.“ Er sah kurz zu den Schatten. „Allein!“ Anna nickte. „Selbstverständlich.“ Sie sah zu den beiden Schatten und befahl ihnen alles vorzubereiten. Sie würde später zu ihnen stoßen. Also ging sie wieder zurück in den Versammlungsraum und setzte sich. „Ich wollte dich nicht um deine Belohnung bringen!“ sagte sie. „Das habe ich auch nicht gedacht. Doch bevor wir zur Sache kommen noch eins. Ist Euch klar, was mit dem Fall der Schattenkönigin geschieht?“ „Die ständigen Flüche werden ein Ende haben und die Schattenwelt ein Stückchen sicherer sein. Aber das ist sicherlich nicht das, was du meinst.“ „Nein!“ sagte er und beobachtete sie. Anna richtete sich gegen ihre Königin, ihre eigentliche Schöpferin, wie konnte sie nur so ruhig sein. „Der Zauber von dem ich gesprochen habe…“ „Was ist mit ihm?“ „Nun er verliert seine Wirkung, wenn die Schattenkönigin fällt, falls sie es tut!“ „Und was ist das für ein Zauber?“ „Er hält die Engel fern!“ Anna sah ihn überrascht an. „Er tut was?“ Alexander seufzte. „Die Engel hätten den Missbrauch des Schattenfluches in diesem Ausmaß nie geduldet. Die Schattenkönigin wollte die Vernichtung der Schatten nicht zulassen und sprach deswegen den Bann. Mit ihrem Tod wird dieser Bann sich auflösen und die Engel werden zurückkommen.“ „Und das ist schlecht, weil…?“ Er seufzte, sie kannte die Engel ja nicht. In Annas Gegenwart war es immer so leicht zu vergessen, dass sie eigentlich ein Mensch war und von diesen Dingen keine Ahnung hatte. „Anna die Engel sind nicht so, wie ihr sie euch vorstellt. Sie… werden die weitere Existenz der Schatten niemals gestatten, auch wenn ihr dann friedlich leben würdet. Sie werden euch vernichten!“ Anna nickte. „Ich verstehe!“ „Tut Ihr das wirklich Prinzessin?“ „Ja ich denke schon. Mit etwas in der Art haben wir gerechnet.“ Jetzt war Alexander wieder der Überraschte. „Wir stellen uns nicht ohne Grund gegen die Schattenkönigin Alexander. Sie ist wieder mächtiger geworden und kontrolliert die Mitglieder ihres alten Zirkels. Die Frauen haben sich nach dem Schattenkrieg getrennt und sich geschworen den Fluch nie wieder anzuwenden. Aber inzwischen hat jede einzelne es getan. Und nachdem sie in der Welt der Menschen aufgehalten wurden, hat die Schattenkönigin sie zu sich geholt. Sie sind jetzt ihre Sklavinnen. Wir haben in den letzten Jahren eine nach der anderen ausgeschaltet. Nun gibt es nur noch die Schattenkönigin und Heinrich. Und zum Wohle der Menschen muss sie aufgehalten werden.“ Anna sah ihm unerschrocken in die Augen. „Wie ich vorhin schon sagte, auch zu dem Preis unseres Unterganges!“ Alexander schüttelte den Kopf. „Warum?“ Diesen Hochmut konnte er nicht verstehen. Warum die eigene Vernichtung in Kauf nehmen? „Wir sind Schatten Alexander. Menschen die plötzlich in eine andere Welt gezwungen werden, während die eigene so nah und doch unerreichbar ist. Lebenswillen haben wir nicht mehr, denn wir leben nicht. Wir existieren nur. Der Tod ist das einzige was uns geblieben ist, dass uns menschlich macht. Für ein unsterbliches Wesen wie dich, sicher nicht nachvollziehbar.“ „Nein das ist es nicht und umso mehr frage ich mich, was Ihr von mir wollt? Ihr steuert direkt auf Eure Vernichtung zu. Was könnet Ihr von einem Dämonen verlangen?“ Anna schloss die Augen und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Ich bin ein ganz und gar einzigartiges Wesen. Nicht Schatten, nicht Mensch.“ „Heinrich ist ebenfalls ein Halbschatten.“ „Nicht mehr. Sie hat ihn erlöst und den Fluch beendet. Ich bin der einzige Halbschatten, mit allen Konsequenzen!“ Sie öffnete die Augen wieder und sah auf den Tisch vor sich. „Dadurch dass ich zwischen beiden Welten stehe, dass ich in keine wirklich gehöre, kann mich auch kein Wesen aus nur einer Welt vernichten. Das bedeutet, dass ich so gut wie unsterblich bin. Man kann meinen Körper zerstören, aber ich würde weiterleben, weiterexistieren. Eine minderwertige Gestalt, ohne Hoffnung auf Erlösung.“ Sie sah zu ihm. „Was ich von dir begehre sind zwei Dinge. Leben und Tod… Weder Schatten, noch Menschen können mich vernichten. Aber ein Dämon, ein Wesen, das in alle Welten sehen, in allen Welten wandeln kann, sollte dazu in der Lage sein. Oder nicht?“ „Wenn dies Euer Wunsch ist, werde ich ihn schon zu erfüllen wissen!“ Sie nickte zufrieden und wirkte irgendwie erleichtert. Er hatte sich nie sonderlich viel mit den Schatten beschäftigt, aber es schien zu stimmen, was sie gesagt hatte. Die Schatten haben ihren Lebenswillen verloren. „Doch mein Tod darf nicht vor einem bestimmten Ereignis eintreten. Ich muss in beiden Welten meine Pflichten zu Ende führen. Wenn du sagst, nach dem Ende der Schattenkönigin werden die Engel bald zurückkehren und uns alle vernichten. Ich möchte an der Seite meiner Schatten sein. Ein guter Anführer geht mit seinen Leuten zu Grunde. Zweitens muss ich meine Pflichten als Erbin erfüllen. Sprich ich muss für einen Nachfolger sorgen. Es könnten also noch Jahre vergehen, bevor du bekommst, was du so sehr begehrst.“ „Das ist in Ordnung.“ Anna stand auf und kam auf ihn zu. „Dann versprichst du mir also ein Leben mit der Aussicht auf ein Ende? Wieder ein Leben, dass sich zu leben lohnt, weil der Tod es beenden wird?“ „Wenn das Euer Wunsch ist, dann werde ich ihn erfüllen!“ „Dann forme den Vertrag, Alexander!“ Er verbeugte sich vor ihr. „Sehr wohl, Herrin!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)