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Plötzlich Hogwarts

Es geht tatsächlich weiter! Bitte lesen!!!
von

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Einfach hinnehmen

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Prolog:

Einfach hinnehmen
 

Hallo zusammen!

Hier ist meine erste Harry Potter FF. Ich hoffe sie gefällt euch. Hatte spontan die Idee dazu und hab dann den gesamten Prolog runter geschrieben.

Nun viel Spaß beim lesen!
 

*****************************
 

Ich erinnerte mich an den Spruch „Man gewöhnt sich an alles“. Er schwirrte mir im Kopf herum während ich mit großen Augen und trockener Kehle im Bett lag. Na gut, niemand hatte von einer zeitlichen Begrenzung gesprochen. Nie wurde erwähnt, dass die Phase der Gewöhnung innerhalb von zwei Tagen geschehen konnte. Aber -frustriert drückte ich den Kopf in mein Kissen- ich konnte mir kaum vorstellen, dass ich die letzten beiden Tag und ihre Folgen so schnell verarbeiten könnte. Immer wieder rekapitulierte ich die vergangenen Geschehnisse.
 

-*-*-
 

Ein Tag zuvor.

Der Morgen hatte gut angefangen. Nachdem ich gefrühstückt hatte, duschte ich mich und schnappte mir die Tageszeitung vom Wohnzimmertisch. Nichts Neues. Mit einem Blick auf die Armbanduhr beschleunigte ich meine Schritte und erreichte in letzter Minute die Bushaltestelle. Leichtfüßig sprang ich durch die geöffnete Bustür und hüpfte auf meinen Stammplatz. Der restlichen Weg zur Schule blieb relativ ereignislos. Ich lies meinen Blick über die anderen Leute gleiten und bemerkte, das mich eine grauhaarige Frau musterte. Ihre Augen blickten mich sachlich interessiert an und es schien ihr auch nicht peinlich zu sein, dass ich sie bemerkt hatte. Verwirrt drehte ich mich nach links und schaute aus dem Fenster. Als ich nach zehn Minuten Fahrt den Bus verließ, konnte ich immer noch ihren mir folgenden Blick auf dem Rücken fühlen.

~Gruselige alte Menschen~ schoss es mir durch den Kopf.

Aber als ich die Aula der städtischen Schule betrat vergaß ich die Frau und beschäftige mich mit meinem Schulalltag. In der großen Pause hatte ich mich in den Musiktrakt zurückgezogen und saß dort im Schneidersitz an eine kühle Wand gelehnt. Hierher kam ich öfter, wenn mir der Trubel zu viel wurde. Die ganzen Schüler um mich herum machten mich kribbelige. Manchmal fühlte ich mich fehl am Platz.

Ich hatte Freunde, keine Frage. Meine Klassenkameraden waren schon nett. Aber es waren halt keine Beste-Freunde-denen-man-alles-erzählt-Freunde. Außerdem schienen sie zu merken, das ich nicht normal war. Früher hatte ich es Zufall genannt, es dem Schicksal in die Schuhe geschoben. Aber mittlerweile war ich dazu übergegangen zuzugeben, dass Gott -oder wer auch immer- einen komischen Humor in Sachen Marianne Marcs an den Tag legte.

Ich konnte es mir selber nicht erklären, aber oftmals geschahen... Dinge.

Ich war sieben Jahre alt, als wir in der Grundschule in Biologie das Wachstum einer Bohne dokumentieren sollten. Jedes Kind bekam eine Bohne und ein kleines Glas mit Erde. Alle pflanzten wir die Bohnen ein und begossen sie mit Wasser. Unsere Lehrerin erklärte, dass wir in einigen Tagen wohl schon die ersten Sprösslinge sehen könnten. Als wir allerdings am nächsten Morgen den Klassenraum betraten stand auf dem Fenstersims, neben den anderen kleinen Gläsern mit Erde, ein Glas aus dem eine gut 20 cm große Bohnenpflanze spross. Mein Namensschild prangte darunter. Die Lehrerin konnte sich keinen Reim darauf machen. Und wie Erwachsene das gerne tun, suchte sie eine einfache Erklärung -genmanipulierte Bohnensaat- und hakte das Thema ab.

So etwas passierte seit dem immer öfter.

Erst vorgestern war ich, wie so oft, zu spät aufgestanden, zur Bushaltestelle gehetzt und sah, wie der Busfahrer vor der geöffneten Bustür stand und an einigen Halterungen schraubte. Nachdem ich an ihm vorbei in den Bus gesprungen war, klappte auf einmal die Bustür zu, quetschte dem Busfahrer die Hand ein („Was für'n SCHEIß!!!!“) und der Bus konnte weiterfahren. Von Mitschülern im hinteren Teil erfuhr ich das sich die Bustür geschlagene fünf Minuten -ohne Grund- nicht mehr hatte schließen lassen.

„Ein Glück für dich, sonst hättest du ihn womöglich noch verpasst!“ murmelte Vanessa, die neben mir in Mathe saß, und bedachte mich mit ihrem Irgendwas-stimmt-einfach-nicht-mit-dir-Blick. Ich zwang mich zu lächeln und lenkte das Thema schnell auf die bevorstehende Englischklausur.
 

Alles ziemlich verrückt, ich weiß. Als ich also vor mich hinträumend auf dem Flur meiner Schule saß wurde ich aus meinen Gedanken gerissen: leise Schritte. Ich richtet mich auf und sah den Korridor entlang. Eine Gestalt erschien in meinem Blickfeld und lief geradewegs auf mich zu. Mir stockte der Atem als ich erkannte wer es war.

Die Frau aus dem Bus. Sie schaute mich freundlich an und zum ersten mal fiel mir Ihre Kleidung auf: Ein langes Kleid und ein dunkler Umhang. Alles wirkte... falsch. Altmodisch. Das schlimmste war allerdings der Hut. Den hatte sie gewiss nicht im Bus getragen, das wäre mir aufgefallen. Er war schwarz mit einer breiten Krempe und einer hohen Spitze, die sich leicht bog. Zuletzt hatte ich einen Erwachsenen mit einem solchen Erscheinungsbild an Halloween gesehen, aber Halloween war noch einige Zeit hin.

~Ganz cool bleiben, Mary, das ist nur eine verrückte alte Frau in Hexengewand. Verrückte sind harmlos, solange man sie nicht provoziert. Was hat deine Mutter noch immer gesagt: Bloß nicht in die Augen schauen!~ versuchte ich mich zu beruhigen. Dabei schossen mir leider Geschichten a la “Verrückte Sektenanhänger opfern junge Frau“ ein und machten die Beruhigung zunichte.

Mittlerweile stand die Frau vor mir und ich schluckte.

„Marianne Marcs?“ fragte sie.

~Würde es was bringen wenn ich sagen würde „Die ist grade dahinten um die Ecke gegangen?“~

„Hmmm.“ machte ich nur. Ich gebe zu, mit meinem sonst doch recht kommunikativen Wesen glänzte ich zu dem Zeitpunkt nicht wirklich.

„Miss Marcs“ fuhr mein Gegenüber fort „ich habe etwas für Sie.“ Hierbei lies die Frau eine Hand in Ihren Umhang gleiten.

~Oh mein Gott, sie hat eine Waffe. Ich muss mich hinter ein Auto in Sicherheit bringen. Das machen die im Fernsehen auch immer.~

Die Wahrscheinlichkeit ein Auto im Flur einer Schule zu finden ist recht gering und so überlegte ich, ob ich auf die Knie fallen und um mein Leben betteln sollte. Ich hatte schließlich noch so viel vor: Nach Paris reisen, einmal in eine Burgerkingfiliale eine Portion Chicken McNuggets bestellen... Gut, vielleicht sollte ich in meiner Hymne auf mein Leben noch etwas über das Retten des Regenwaldes erzählen..

„Hier!“ Die Grauhaarige riss mich aus meinen Gedanken und hielt mir einen Umschlag unter die Nase.

„Hmmm.“ kam es erneut von mir und ich beäugte den Brief kritisch.

„Nun machen Sie ihn schon auf.“ hörte ich eine gebieterische Stimme sagen und mit einem letzten Gedanken an Briefbomben (ja, manchmal neige ich zur Dramatik) nahm ich den Brief und öffnete ihn. In fein säuberlicher Schrift stand da:
 

Sehr geehrte Miss Marcs,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.
 

Mit freundlichen Grüßen

Minerva McGonagall Schulleiterin
 

Zunächst stockte ich, doch dann lachte ich kurz auf und blickte mich um.

„Okok... Ihr könnte raus kommen! Wer auch immer dahinter steckt, ihr seid doch total bescheuert! Als ob ich so einen Mist glauben würde.“ Mein Blick fiel auf die Frau vor mir, die bedächtig Zeigefinger und Daumen an die Schläfe legte, die Augen schloss und tief durchatmete.

„Machen Sie sich nichts draus. Sie waren wirklich gut, aber ich bitte Sie: Ich bin 17 Jahre alt. Mit 11 hätte ich Ihnen das vielleicht noch abgekauft.“ Grüne Augen öffneten sich und blickte mich drohend an.

„Miss Marcs, es war uns leider nicht möglich Sie zu einem früheren Zeitpunkt zu finden. Dieser Brief hätte Ihnen mit 11 Jahren zugestanden. Aber hier kann ich Ihnen das nicht erklären. Reichen sie mir bitte den Umschlag.“

~Die ist gut!~ schoss es mir durch den Kopf und und ich fragte mich, ob ich vielleicht einfach mitspielen sollte. Was sollte schon passieren?

Ein Grinsen legte sich auf meine Züge.

„Wozu, ich dachte es wäre meiner?“

Die alte Frau holte einen Uhr aus der rechten Tasche ihres Umhangs und betrachte kritisch die Zeiger. Dann nahm sie meinen Umschlag, ohne ihn mir aus den Fingern zu reißen.

„Halten sie sich gut fest, Miss Marcs!“

Und bevor ich fragen konnte warum, passierte es. Mit einem Ruck wurde ich nach vorne gerissen und rauschte davon.
 

Ich schlug auf, was ganz schön weh tat und bemerkte, dass ich mich nicht mehr in meiner Schule befand, sondern in einer düsteren Kneipe. Es war Vormittags und nicht viel los, aber der Wirt schaute interessiert in meine Richtung.

~Ok...was ist hier passiert?~

„Wo.. bin ich???“ fragte ich mit zittriger Stimme.

„Sie sind im „Tropfendem Kessel“.“ kam die schlichte, mir allerdings in keinster Weise verständliche Antwort.

~Achso... ja klar, warum hab ich das nicht gleich erkannt?~ Die Ironie in meinen Gedanken wurden allerdings von der Panik in meinem Inneren übertroffen. Was war hier los?

Nachdem mich die Frau, die sich als Professor McGonnagall vorstellte, zu einem Tisch geführt hatte, erklärte Sie mir folgendes:

Es gebe Hexen und Zauberer. Sie selber sei eine Hexe (Wobei mir unpassender Weise ~Hexe, Hexe, auf den Scheiterhaufen mit Ihr!!!~ einfiel).

Und ich sei auch eine (~Vergesst das mit dem Feuer!~).

Außerdem seien meine Eltern in Wahrheit nur meine Pflegeeltern. An der Stelle holte Professor McGonnagall weit aus und erzählte mir von Harry Potter, dem Jungen der Überlebte. Auch das ein böser Zauberer namens Lord Voldemort an der Macht war und schließlich vor einem Jahr endgültig vernichtet wurde.

„Aber was ist passiert? Also mit mir?“ wollte ich nun nach einem Crashkurs Hexengeschichte wissen.

McGonnagall beugte sich zu mir vor und erzählte, dass meine Mutter -Astoria Vallenstone- , nachdem sie mich geboren hatte, herausfinden musste, dass mein Vater ein Anhänger Lord Voldemorts war. Er wollte ihm helfen wieder an die Macht zu kommen. Astoria konnte es nicht ertragen und brachte mich fort zu einer Familie, die mit der ganzen Welt der Zauberer nichts zu tun hatte. Damit mein Vater mich nie finden konnte belegte sie das Haus meiner neuen Eltern und mich selber mit einem Zauber. Dieser bewirkte, dass ich unentdeckt blieb. Danach floh sie.

„Und dann? Was ist mit ihr geschehen?“

McGonnagall wand ihren Blick von mir ab und berichtete „Dein Vater, Pius Vallenstone, spürte Sie auf. Er hat sie umgebracht. Niemand wusste, was mit dir geschehen ist und so nahm man an, das er dich ebenfalls getötet hätte.“

Mir blieb die Luft weg und ich gebe zu, mittlerweile konnte ich nicht mehr leugnen das alles hier kein Traum war. Das war die Realität. Schon die, sagen wir mal, „Anreise“ zum „Tropfenden Kessel“ hatte meine Zweifel zerstreut. Nachdem eine kleine Gestalt mit langer spitzer Geierschnabel-Nase und spitzen Ohren an unserem Tisch vorbei lief und Professor McGonnagall ihn als Kobold bezeichnete, wurden sie komplette vernichtet. (Sinnbildlich muss man sich Professor McGonnagall mit einem großen Cartoonhammer vorstellen, mit dem sie bei jedem Wort auf meinen logischen Zweifel einhämmert.)
 

Schließlich war ich fertig.

Mit den Nerven.

Mein Gehirn fühlte sich so voll an, dass ich am liebsten auf Stand-bye geschaltet hätte. Nachdem ich geschlagene zwei Stunden alles erfahren hatte und tausend Fragen beantwortet bekam, saß ich der Direktorin der Schule, auf die ich gehen sollte, gegenüber und schwieg.

Sehr lange.

In meinem Kopf begann es gefährlich zu Pochen. Ein eindeutiges Zeichen für Überforderung.

~Ok, ja gut. Dann weiß ich ja jetzt Bescheid.~

Bum, bum! machte mein Kopf.

~Doofe Kopfschmerzen! Hört auf, ich muss hier was verarbeiten: Ich bin eine Hexe~

BUM!

~Oh~

BUMMM!

~mein~

BUUUMMMM!

~Gott verdammte... denken ist vielleicht gerade nicht die beste Idee. Naja, wenn ich so drüber nachdenke... ahhh, schon gut. Versuchen wir erst mal alles so hinzunehmen!~

„Miss Marcs?“

„Heiße ich nicht eigentlich Marianne Vallenstone?“ Die Scharfsinnigkeit rächte sich mit starkem BUM im Kopf.

„Ja, das stimmt. Also, Miss Marianne Astoria Vallenstone, ich weiß, dass das alles sehr viel für Sie ist. Aber wir haben Sie erst vor zwei Tagen zufällig ausfindig machen können, als der Zauber ihrer Mutter so weit abgeschwächt war, dass ein Funken Magie zu uns durchdrang. Es handelte sich um einem Bus, den sie dazu brachten auf Sie zu warten.“

„Das war wirklich ich?“ fragte ich und versuchte ruhig zu wirken. ~AHHHHHHH~ Und ich besaß aufeinmal einen Zweitnamen: Astoria, wie meine Mutter. Eine Mutter, die ich nie kennenlernen würde.

„Ja und wir mussten sehr viel organisieren. Eine Ausrede für ihre alte Schule und eine Erklärung für Ihre Pflegeeltern -sie wissen soviel sie wissen müssen. Dann ließen wir noch alles für Hogwarts in die Wege leiten. So einen Fall gab es in der gesamten Geschichte der Schule nicht.“ berichtete die Professorin.

„Klar“ ~AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH. Und warum entscheiden denn bitte alle über meinen Kopf hinweg. Darf ich nicht selber entscheiden?~

„Ich möchte Sie nicht drängen, aber wir haben heute noch einiges vor und ich muss Abends wieder im Schloss sein.“ erklärte McGonnagall und stand auf.

Damit begann etwas, was ich in meinem -ich muss wohl sagen früherem- Leben immer geliebt hatte und nun von einer ganz anderen Seite betrachtete: Shopping.
 

Meine Eltern waren wohl mal vermögend gewesen und nachdem mein Vater im Kampf von Auroren getötet wurde -ich fragte nicht nach, mein Kopf droht eh schon zu zerspringen- nahm sich die Regierung dem Geld an. Das machen Regierungen wohl gerne, egal ob in Großbritanien oder der „Zaubererwelt“.

Professor McGonnagall hatte alles organisiert, um mir mein Erbe zurück geben zu lassen und wir besuchten Gringots. Dort holten wir mein Geld auf eine, sagen wir Bankautomaten-untypische-Weise ab und besorgten alles was ein Hogwarts-Schüler brauchen würde. Ich bekam eine Uniform, die ich im Laden sofort anbehielt. Mit meiner alten Uniform fiel ich zwischen all den verrückten Leuten in der Winkelgasse zu sehr auf. Dann bekam ich einen -ich konnte es kaum glauben- Zauberstab und noch weitere Dinge die ich nie gedacht hätte je besitzen zu müssen. Nach drei Läden hatte ich mich mit meinem Schicksal abgefunden. Da konnte mich der Kauf einer grau-schwarzen Eule auch nicht mehr umhauen. Klar mit meinem früheren Wellensittich Pico hatten sie nicht viel gemein. Aber hinnehmen!

Professor McGonnagall bugsierte mich mit schätzungsweise fünf Tonnen Einkaufstaschen in ein Zimmer im „Tropfenden Kessel“ und berichtete mir, dass man mich Morgen abholen würde.

~Hinnehmen! Einfach hinnehmen~

Ich legte mich ins Bett und dachte über meinen Tag nach. Irgendwann schlief ich ein und träumte von Zauberstäben die um einen Scheiterhaufen standen, mich ansahen und riefen: „Hexe, Hexe, verbrennt sie!!!“
 

Am nächsten Morgen, wachte ich auf und dachte einen verdrehten Moment alles sei normal. Dann hörte ich ein leises „Schuhuuuu“, sah meine neue Eule an und dachte ~Bum~. Und genau das macht es auch, allerdings nicht wie erwartet in meinem Kopf, sondern an meiner Zimmertür.

„Miss Vallenstone? Sind sie schon wach? Ich soll sie zur Schule bringen.“ ertönte eine raue Männerstimme.

Ich wollte aufstehen, verhakte mich mit meinen Füßen im Laken und fiel der Länge nach hin. Klar, einen Bus kann ich aufhalten, aber meine eigenen Füße konnte ich nicht kontrollieren...

„Einen Moment bitte!“ Ich schlüpfte in frische Kleidung -man hatte mir Gestern noch eine normale Jeans, einen schwarzen Pullover und eine lila Regenjacke besorgt. Ein Blick in den Spiegel, der links neben der Tür hing, zeigte ein sehr blasses Gesicht mit leichten Ringen unter den Augen (Wer kann schon ausschlafen, wenn er von Zauberstäben verfolgt wird?). Meine blonden langen Haare ließen sich selbst mit starkem Willen nicht mehr zu einer Frisur gestalten.

„Miss Vallenstone?“

„Ja, einen Moment noch bitte!“ ~Haargummi? Hallo? Nein.. dann halt nicht.~

Ich wand mich von meinem Anblick ab und öffnete die Tür. Erschrocken wich ich zurück, schrie kurz auf und konnte dann nur noch ungläubig in die Höhe gucken. Er war.. groß. Sehr groß. Ein riesiger, bärtiger Mann stand vor mir und lächelte vorsichtig.

„Na, nicht so schreckhaft. Ich bin Hagrid.“

~Hinnehmen! Einfach hinnehmen, Mary!~

„Hey!“
 

Eine Stunde später stand ich vor der Tür des „Tropfendem Kessels“, um mich herum meine Taschen. „Was nun?“ fragte ich mit einem verzweifelt wirkendem Lächeln.

„Wir fahren nach Kings Cross.“ antwortet mir Hagrid, der während unseres Frühstücks viel über meine Schule und die neusten Ereignisse in der Welt der Magie berichtete.

„Und wie kommen wir dahin?“

„Mit dem Fahrenden Ritter!“

„Hinnehmen, Mary!“

„Was?“ fragte Hagrid verwirrt und ich musste beschämt feststellen, dass ich laut mit mir selbst geredet hatte. Alte Angewohnheit. Mein Gott, ich wurde langsam verrückt. Aber vielleicht musste man das ja sein in meiner „neuen Welt“?

„Ach nichts, schon ok.“ murmelte ich nachdenklich.

Hagrid zog einen Regenschirm hervor und streckte ihn vor sich.

~Oh mein Gott! Was tut er da?~

Plötzlich hörte ich ein lautes Geräusch und sah wie ein roter Doppeldeckerbus um die Kurve raste und direkt und sehr abrupt vor mir zum stehen kam.

„Willkommen im "Fahrenden Ritter"...“

Mehr bekam ich nicht mit, denn ich war viel zu sehr mit Starren beschäftigt. Ein Mann war aus dem Bus gestiegen, lehnte sich lässig an die Bustür und rasselte einen ihm wohl sehr bekannten Text runter. Er war ungefähr Anfang 30 und bekam bereits eine Glatze.

„... mein Name ist John Reylly und ich bin heute Ihr Schaffner!“

„Klar!“ Mittlerweile war es mir wirklich egal. Ich stieg ein, lies John meine Sachen verstauen und es ging los.
 

Ich war schon früher in Kings Cross gewesen, um mit meinen Eltern in den Urlaub zu fahren. Aber als Hagrid mir sagte wir müssten zu Gleis 9 ¾ konnte ich nicht mehr.

„Wie bitte? Wie kann es denn ein Gleis geben, das zwischen Gleis 9 und Gleis 10 liegt?“

„Es wurde halt so gezaubert!“ bekam ich als Antwort.

~Das nächste mal nehmen wir alles einfach wieder hin, ok?~

„Wir sind jetzt auf dem Bahnsteig aber wie kommen wir...?“

Hagrid umfasste meinen kleinen Wagen, auf dem ich meine Habseligkeiten verstaut hatte und rannte auf einen Pfeiler zu.

~Oh das geht nicht gut... uhhh das wird böse Enden!~

Und dann war er plötzlich weg! Einfach so!

Ich meinte noch ein „Komm schon.“ gehört zu haben.

Da soll ich drauf rennen? Direkt auf harten Stein? Ich war vielleicht verrückt und meinetwegen war ich eine Hexe, aber nein. So nicht!

~Hatten wir nicht vereinbart, dass wir ab jetzt alles hinnehmen?~

Ich sah mich hilfesuchend um.

~Nun mach schon!~

Während ich in einem offenen Krieg mit den Fronten Renn-in-den-Tod und Rette-dein-Leben verwickelt war, bemerkte ich nicht wie Hagrid, dem es wohl allmählich zu bunt wurde, durch die Säule auf mich zukam,

„Mensch Mädchen! Komm schon, wir machen es zusammen, du brauchst keine Angst zu haben! Hab ganz vergessen, dass das ja alles neu für dich ist. Auf drei! 1-2-3!!!“

Ich spürte die riesige Handfläche des Riesen auf meinem Rücken und wurde so stolpernd Richtung Steinpfeiler gebracht. Je näher wir kamen desto schneller wurden wir und als mein Körper nur noch einen Meter vom sicher harten Aufprall entfernt war schloss ich die Augen.

Als ich sie wieder vorsichtig öffnete stellte ich erleichtert fest das ich noch lebte. Schnell schaute ich an meinem unversehrten Körper herunter und anschließend musterte ich die Gegend. Hagrid und ich standen vor einem Zug. Der Riese erklärte mir, dass dies der Hogwartsexpress sei. Der Bahnsteig auf dem wir standen und der eindeutig als Gleis 9 ¾ ausgewiesen war, war menschenleer.

„Fahren wir alleine?“ fragte ich verunsichert.

„Naja...“ begann Hagrid „es ist immerhin schon Anfang Oktober. Das Schuljahr hat schon längst angefangen, aber es ist Tradition das die Erstklässler..“ Sein Blick verharrte einen Moment zweifelnd auf mir „mit dem Zug fahren. Naja, alle Schüler sollen mit dem Zug fahren, Tradition halt. Später wird das ein Spaß, sag ich dir, wenn wir über den See fahren, aber das siehst du ja dann. Und jetzt los. Professor McGonnagall erwartet uns. Es gibt noch viel zu klären!“

Ich spürte wie mein Kopf gefährlich anfing zu pochen und massierte mir die Schläfen. Anschließend stieg ich in den Zug und Hagrid folgte mir, wenn auch etwas schwerfällig, da die Türen nicht besonders tauglich für einen Mann seiner Größe waren.

Das Gepäck wurde verstaut und der Zug setzte ich in Bewegung. Ich war so müde das ich irgendwann einschlief. Diesmal handelte es sich dankenswerter Weise um keinen Mörderischen-Zauberstäbe-Traum. Mich umfing wohlige Schwärze.
 

„Mary? Hey, aufwachen wir sind da!!!“

~Oh man, ich will schlafen!~

„Nun komm schon!“

Ich wollte nicht.

„Mary!!!“

„Ja verdammt!“ schrie ich auf und sah mich wütend nach dem Schuldigen um. „Oh entschulde, Hagrid!“

Der große Mann nickte nur und bedeutete mir ihm zu folgen. Der Hogwartsexpress hatte gehalten und wir stiegen aus.

„Pass auf, gleich wirst du staunen. Vor einem Jahr war die Schule nur noch ein Trümmerhaufen, das kannst du mir glauben. Aber alle haben bei dem Wiederaufbau geholfen und endlich konnten wir im September das erste mal wieder den Unterricht beginnen lassen. Die Professoren haben ganz schön zu tun gehabt, aber jetzt ist es wie früher und...“

Während Hagrid weiter erzählte lief er voraus und als ich ihn endlich einholte sah ich es zum ersten mal, das Schloss. Der Anblick überwältigte mich, obwohl es bereits recht dunkel war und wir noch weit von den Mauern entfernt waren.

Hogwarts war riesig! Es hatte viele Zinnen, Türme... ein Schloss halt. Überall brannte Licht aus den verschiedenen Fenstern zu uns herüber und ein Teil davon reflektierte sich in der Oberfläche eines großen Sees, auf den Hagrid geradewegs zusteuerte.

~Moment mal... da war was. Über den See fahren. Ich dachte Hagrid würde den Zug meinen. Er will doch wohl nicht mit mir über den See? ~

Als ich jedoch ein kleines Boot am Ufer entdeckte blieb ich wie angewurzelt stehen. Ich mochte schwimmen. Aber nur im Schwimmbad, oder in einem Meer. Wer weiß was sich hier alles tummelte... Ich sah, wie sich mitten im See die Oberfläche bewegte und kleine Wellen schwappten zu dem Ufer herüber an dem Hagrid und ich standen.

„Hagrid, gibt es keinen, sagen wir wasserfesteren Weg zum Schloss?“

„Nein“ antwortete Hagrid, folgte dann meinem Blick, der auf einen kleinen Fad gerichtet war, der sich durch die Landschaft schlängelte und vor dem Eingangsportal zu enden schien.

„Nun ja, Mary, es ist Tradition. Nun komm schon. Der Riesenkrake attackiert selten Schüler.“

Ich steig ins Boot und als Hagrid begann auf Hogwarts zu zurudern hielt ich kurz die Luft an. Ich hatte seine Worte zunächst nicht begriffen, doch einen Moment mal bitte... RIESENKRAKE?

„Also.. diese Krake von der du gesprochen hast. Ist das mehr so eine Sinnbildliche Krake die meine Angst parodieren soll?“ fragte ich hoffend und beobachtete beunruhigt das Wasser.

„Was? Nein, es ist einfach nur die riesige Krake die hier lebt, im See. Aber er ist ganz harmlos. Weißt du, viele Menschen missverstehen solche Kreaturen. Dabei sind sie ganz friedlich.“

Ich spürte wie mir die Luft wegblieb.

~ER(???) ist ganz harmlos?~

Ich versuchte mich so gut wie nicht zu bewegen und überlegte wie hoch meine Chancen standen wenn das Boot kentern würde. Vielleicht konnte ich schneller sein als Hagrid und der Krake würde ihn zuerst holen. Bei so einem großen Mann hatte das Tier bestimmt erst mal was zu tun... Ich weiß, nett war das nicht, aber man hat nun mal solche Gedanken. Ich war auch nur ein Mensch, Hexe, was auch immer.

Schließlich erreichten wir die Anlegerstelle und stiegen viele, viele, wirklich viele Stufen zum Schloss empor.

„Wir gehen jetzt in das Büro von Professor McGonnagal. Der sprechende Hut muss noch sagen in welches der vier Häuser du kommst. Ich wäre ja für Gryffindor, aber ich möchte dich nicht unter Druck setzen.“

„Gut zu wissen.“ Innerlich herrschte komplettes Wirrwarr. Gut, die vier Häusern hatte Hagrid vorher schon mal kurz erwähnt, aber was hatte ein Hut damit zu tun? Sprechende Hüte, was sollte noch alles kommen?

Als ich das Schloss erreichte konnte ich definitiv eins sagen: Ein sprechender Hut brachte mich jetzt auch nicht mehr aus dem Gleichgewicht.

Sich von alleine bewegende Treppen, lebende Bilder, klappernde Rüstungen und Geister, die durch Wände schwebten.

Um mich herum liefen noch einige Schüler in der gleichen Uniform wie ich. Sie schienen zwischen 11 bis 19 Jahre alt zu sein. An Ihren Säumen prangten verschiedene Farben: Gelb, blau, grün oder rot. Das musste ihre Zugehörigkeit auf die verschiedenen Häuser zeigen. Viel wusste ich allerdings noch nicht darüber. Vier Zauberer hatten die Schule gegründet und jeder steht für eines der Häuser. Hagrid hatte heraushören lassen, dass das grüne Haus, Slytherin, nicht besonders hohes Ansehen besaß. Meine Uniform wies noch keine Farbe an den Säumen auf. Während wir unterwegs waren spürte ich die fragenden Blicke der Schüler auf mir ruhen. Gut, ich wirkte ein wenig... beklommen, wie ich neben Hagrid herlief und mich umsah. Das ich ab und an mit mir selber zu reden schien, wirkte wohl auch in der Welt von Hogwarts nicht besonders normal. Dabei flüsterte ich mir nur Mut zu.
 

Schließlich erreichten wir einen steinernen Wasserspeier und Hagrid beugte sich zu ihm hin und murmelte: „Kürbissaft!“

~Mit sich selbst reden ist also nicht in Ordnung, aber mit Steinfiguren schon?~

Plötzlich bewegte sich der Wasserspeier und drehte sich in die Luft. Dadurch erschien eine Wendeltreppe. Hagrid bedeutete mir vorzugehen und ich tat es.

Am Ende der Treppe stand ich vor einer großen Tür und klopfe, nach einem auffordernden Nicken Hagrids, an. Daraufhin öffnete sich die Tür von alleine und ich betrat einen großen Raum. Er war mit an den Wänden hängenden Bildern und hohen Schränken mit hunderten von Büchern ausgestattet. Mein Blick blieb an einem großen Schreibtisch hängen hinter dem ich Professor McGonnagall erkannte.

„Miss Vallenstone, Hagrid, treten Sie ein.“ begrüßte uns die ältere Frau.

Was dann folgte war eine Unterredung die mir eher wie eine Belehrung vorkam. Ich erfuhr viel über die Schule, wie der Unterricht war und was auf mich zukommen würde. Da ich nun mal für einen Erstklässler schon sehr alt war, würde ich den Unterricht verschiedener Klassen besuchen und nebenbei noch Nachhilfeunterricht bekommen. Das klang nach sehr viel Arbeit. Außerdem lies die Professorin durchblicken, dass sie von mir erwartete meine versäumten Jahre schnell nachzuholen. So viel zum Thema Druck...

„... Der Rest wird sich Ihnen noch später zeigen. Aber nun wollen wir erst mal den wichtigsten Part hinter uns bringen.“ Nach dieser Bemerkung stand Professor McGonnagall auf und ging auf einen Schrank zu. Sie öffnete eine kleine Tür und holte ein Kissen hervor, auf dem ein sehr alter, Flicken bestickter, spitzer Hut lag. Mit diesem in den Händen kam sie auf mich zu und legte das Kissen vor mir auf den Tisch.

~Das ist also der sprechende Hut... aber gesprächig ist der nicht gerade.~ überlegte ich und sah zu wie Professor McGonnagall die Kopfbedeckung an Krempe und Spitze umfasst, sie in die Luft hob und mir auf den Kopf setzte. Danach sah ich aus den Augenwinkeln, wie die Schulleiterin sich gemächlich hinter ihren Schreibtisch setzte und mich erwartungsvoll ansah.

Doch nichts geschah.

Sollte ich jetzt irgendwas machen?

Vielleicht mit dem Hut reden? Ich meine noch verrückter konnte der Tag doch nicht werden.

„Hallo? Hallo Hut?“ fragte ich im Flüsterton.

Und plötzlich merkte ich wie sich etwas auf meinem Kopf bewegte und es wurde dunkel. Hatte sich der Hut von alleine auf meinem Kopf bewegt und ist mir dann über die Augen gerutscht?

Ich versuchte es erneut „Hallo?“

Stille.

Doch dann...

„Ahh, eine Vallenstone. Ich habe mich schon gefragt, ob ich das noch erleben würde. Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, als ich deiner Mutter auf dem Kopf saß. Nun sie war jünger und sehr aufgeregt. Aber du scheinst mir auch etwas nervös zu sein. Nun wollen wir beginnen?“ flüsterte eine Stimme in mein Ohr.

„Mit was?“

„Nun du musst doch in ein Haus. Gryffindor, Huffelpuff, Ravenclaw oder Slytherin?“

„Darf ich das entscheiden?“

„Nein, aber es würde mich trotzdem interessieren, was du denkst.“

„Wenn ich ehrlich bin habe ich gar keine Ahnung was das Beste wäre. Ich bin, sagen wir neu hier.“

Das konnte der Hut wohl nicht auf sich sitzen lassen und begann zu erzählen. Er hörte gar nicht mehr auf. Ich lauschte zwar gerne seinen Erzählungen konnte mir aber nicht verkneifen darüber nachzudenken, wie einsam er wohl war und das er das lange reden wohl mal nötig hatte. Nach geschätzten fünf Minuten schien er am Ende zu sein und ich hatte eine gewisse Vorstellung von allen Häusern.

„Und nun?“

„Jetzt gucken wir mal wo du hingehörst! Mhm... Ehrlichkeit, Talent, ja, wie deine Mutter. Aber den Drang nach Erfolg und die Gerissenheit hast du von deinem Vater. Wo stecke ich dich nur hin? Slytherin war deinem Vater sehr recht. Deine Mutter war eine Ravenclaw. Aber was ist hier? Ein Sinn für Gerechtigkeit und Mut, Freundschaft. Du machst es mir nicht leicht, meine Liebe!“

„Bitte nicht Slytherin oder Huffelpuff“ murmelte ich. Nach seinen Erzählungen konnte ich mir nicht vorstellen dort glücklich werden zu können.

„Warum nicht Slytherin? Ich bin mir sicher du wirst es gut dort haben. Huffelpuff hingegen, nein, da stimme ich dir zu.“

„Bitte nicht Slytherin, ich bin zwar durchtrieben und manchmal..“ Wie sollte ich es ausdrücken?

"Boshaft?"

„Hey, raus aus meinem Kopf! Aber ja, vielleicht bin ich manchmal, in gewissen Situationen, die es erfordern, ein ganz klein wenig...“

„Listig?“

„Sagen wir liebevoll gerissen? Aber das sind doch nun wirklich nicht meine Hauptattribute! Ich bin doch eigentlich ziemlich.. gut!“

„Selbstbewusst...“

„Ja, aber nicht Selbstverliebt, auch wenn nur ein schmaler Grat die Seiten trennt...“

„Diplomatische Ansicht. Aber ich glaube ich weiß was ich mit dir mache!“

Und dann sprach der Hut der erste mal laut und nicht nur in seinem Flüsterton:

„Gryffindor!“

Ich spürte eine kurze Erleichterung und jemand nahm mir den Hut ab. Hagrid klatschte in die Hände und zwinkerte mir zu.

„Gut“ meinte Professor McGonnagall und wirkte zufrieden „das haben wir geklärt. Ich würde sagen es ist spät und Sie sollten zu Bett gehen. Morgen früh, nach dem Frühstück, melden Sie sich bei mir und dann erkläre ich Ihnen Ihren Stundenplan und...“ Es klopfte an der Tür.

„Ah Miss Granger! Kommen Sie herein. Ich habe Ihnen schon von Marianne Vallenstone berichtet. Das ist sie. Ich würde Sie bitten den anderen Vertrauensschülern mitzuteilen, dass Miss Vallenstone nach Gryffindor kommt und das sie sich Ihrer annehmen.“

Das Mädchen mit den braunen welligen Haaren nickte und kam auf mich zu.

„Miss Vallenstone“ (sich an diesen Namen zu gewöhnen war komisch) wand sich McGonnagall an mich „Miss Granger bringt Sie in den Gryffindorturm. Dort werden Sie Ihr neues Zimmer vorfinden. Ihre Sachen wurden schon für Sie hochgebracht.“

Ich nickte und erhob mich.

„Dann auf wiedersehen, Miss Vallenstone. Und willkommen in Hogwarts!“ Das erste mal sah ich meine Schulleiterin lächeln.
 

„Gut, wir müssen hier entlang und dann die Treppe da hoch. Ich bin übrigens Hermine.“

Während wir durch die mittlerweile leeren Flure liefen blickte mich Hermine neugierig an. Sie konnte nur ein oder zwei Jahre älter sein als ich.

„Ich bin Mary.“ stellte ich mich vor.

„Also du wirst dir mit mir und guten Freunden von mir einen Schlafsaal teilen. Mach dir keine Sorgen. Hogwarts wird dir gefallen. Dein Fall ist wirklich faszinierend. Erstklässler mit 17 Jahren. Schon seltsam, aber du wirst das schon machen. Wenn irgendwas sein sollte kannst du dich gerne an mich wenden!“

„Gut zu wissen...“ Erst jetzt begriff ich, dass ich wohl ein sehr alter Erstklässler war. Ich würde mich total lächerlich machen. Mit Elfjährigen auf einem Stand. Das konnte ja heiter werden! Hoffentlich hatte der sprechende Hut recht und ich würde Talent zeigen, um nicht wie ein kompletter Idiot da zu stehen.

Nach ein paar Minuten hielt Hermine vor dem Portrait einer dicken Frau, die uns musterte und Hermine anlächelte.

„Ah Miss Granger, guten Abend. Passwort?“ fragte die Frau. Auf dem Weg zum Büro der Schulleiterin hatte Hagrid mit mehreren Portraits gesprochen und ich schreckte nicht mehr zusammen.

„Kürbispastete.“ antwortete Hermine und an mich gewandt „Das ist die „Fette Dame“, sie bewacht unseren Gemeinschaftsraum.“

Das Portrait glitt zur Seite und gab einen versteckten Gang frei.

Ich konnte damit drei Trends feststellen. a) In Hogwarts mochte man es Räume mit Passwörtern zu schützen, b) man mochte Kürbisse und c) eine Frau als fett zu bezeichnen ist erlaubt, solange sie gemalt wurde.

„Du solltest dir das Passwort merken, sonst musst du irgendwann die Nacht vor dem Gemeinschaftsraum verbringen!“ erklärte mir Hermine, als sie durch die Öffnung schlüpfte. Ich folgte ihr und stand in einem großen gemütlichen Raum mit Kamin. Einige Schüler waren noch wach und lasen in Büchern oder schrieben auf Pergamentrollen.

Hermine lief auf ein Sofa zu zu und setzte sich neben zwei Jungen, die miteinander Schach spielten. Ein Blick auf das Brett zeigte mir, dass es um den Jungen mit den abstehenden schwarzen Haaren nicht gut stand. Er schob mit dem rechten Zeigefinger seine Brille zurecht und überlegte. Sein rothaariger Gegner lächelte ein wenig selbstzufrieden.

„Hey Jungs!“ begrüßte Hermine die beiden und der Rothaarige drehte sich zu ihr um und gab ich einen flüchtigen Kuss auf den Mund.

„Harry wird einfach nicht besser. Das Spiel hat gerade erst begonnen und es sieht schon wieder aussichtslos aus.“ Dann fiel sein Blick auf mich.

„Wer ist das?“ fragte er Hermine.

„Das ist Mary, du weißt schon...“ begann Hermine. Und nach einigen Hinweisen sah ich das Leuchten der Erkenntnis in den Augen von Hermines Freund aufblitzen.

„Ach ja, die 17 Jährige Erstklässlerin. Ganz schon blöd gelaufen oder? Ich bin übrigens Ron und das ist Harry!“ begrüßte mich der Rothaarige und deutete dabei auf seinen Freund. Ich konnte ein klein wenig Belustigung in seiner Stimme heraushören als der Part mit der Erstklässlerin kam und meine Miene verfinsterte sich ein wenig. Wenn alle so reagierten, konnte ich mich auch gleich aus dem Fenster schmeißen. Hermine verstand meinen Gesichtsausdruck, schlug Ron auf den Hinterkopf und zischte ihm etwas Unverständliches zu. Schuldbewusst blickte Ron ins Kaminfeuer. Beziehungen liefen in Hogwarts wohl ähnlich wie in der normalen Welt.

Ich wand mich an Harry der mir seine Hand entgegenstreckte.

„Hallo!“ Er lächelte mich an und ich musste zugeben... schlecht sah er nicht aus mit seinen dunklen wuscheligen Haare, und den grünen Augen. Ich lächelte zurück und folgte dann seinem Blick Richtung Schachbrett.

Ich analysierte das Spiel und da ich früher viel mit meinem Vater ~Ziehvater~ gespielt hatte, war ich vielleicht nicht das größte Genie in dem Spiel, aber ich kannte doch gewisse Taktiken.

„Am besten du setzt den Springer auf E5. Siehst du dann kommt er ins Bedrängnis...“ schlug ich Harry vor und ich sah wie der Springer von alleine nach vorne hüpfte und auf das Feld meiner Wahl zulief. Ein gegnerischer Bauer blockierte E5, doch anstatt das sich der Bauer zurückzog, wurde ich zeuge eines Schachpüppchenmordes. Der Springer zerschlug den Bauer in viele Einzelteile und bedrohte Rons Dame.

„Hey!“ rief Ron.

„Gut gemacht!“ grinste Harry und blickte Ron herausfordernd an.

Ich war zufrieden.

„Nicht schlecht für eine Erstklässlerin oder?“ fragte ich Ron scheinheilig.

„Tja, Ron, da hast du wohl Konkurrenz bekommen.“ lachte Hermine und stand auf.

„Lass uns nach oben gehen.“ entschied die Brünette an mich gewandt „Wir müssen dich noch den anderen vorstellen und außerdem müssen wir Morgen früh aufstehen...“

„Wie früh?“ fragte ich leicht verzweifelt. Sie grinste nur und lief mir voraus die Wendeltreppe zu den Schlafräumen hoch.

Oben angekommen stellte mich Hermine noch zwei weiteren Freundinnen von ihr vor, unter anderem der Schwester von Ron, Ginny. Anschließend zeigte sie mir mein Bett und die Badezimmer.

Nachdem wir uns im Bad fertig gemacht hatten, fragte ich Hermine nach ihrem Leben hier in Hogwarts. Sie war nun im siebten Schuljahr. Eigentlich wäre sie schon längst fertig, doch der Krieg in der Zaubererwelt hatte es die letzten zwei Jahre unmöglich gemacht seinen Abschluss zu machen. Dies würden sie, Ron und Harry mit vielen anderen jetzt nachholen.

„Es war sehr schwer, auch nach Voldemort. Das Schloss lag in Trümmern, aber alle haben mitgeholfen und nach einem Jahr ist es schon fast wieder wie vorher.“ erzählte sie und ihr Blick wanderte in die Ferne. Dann schüttelte sie kurz den Kopf, als müsse sie sich von ihren Erinnerungen losreißen und lächelte mich danach an.

„Und Ron ist dein fester Freund?“ fragte ich sie vorsichtig. Ich wusste nicht ob ich damit zu weit ging. Wir kannten uns schließlich erst seit heute Abend.

„Ja und Harry ist der beste Freund von uns beiden.“ zerstreute Hermine meine Sorgen ihr zu nahe getreten zu sein.

~Moment mal Harry... da klingelt es aber bei mir. Harry. Irgendwas war da mit einem Harry.~

„Hermine...“ begann ich und überlegt angestrengt weiter bis ich mich schließlich erinnern konnte. „Harry, ist das der Harry Potter. Der den Krieg beendet hat?“

Hermine nickte nur und stand dann auf.

„Wir sollten jetzt schlafen. Morgen ist dein erster Tag in Hogwarts. Du solltest ausgeruht sein!“
 

-*-*-
 

Und nun lag ich hier. In einem Himmelbett in Hogwarts. Vor nicht mal ganz 48 Stunden war ich nur Marianne Marcs gewesen. Lebte in der „Muggelwelt“, wie man es hier nannte, und mein Leben verlief normal. Langweilig, aber normal. Doch nun war ich eine Hexe und wusste, dass es Gespenster und Magie gab. „Man gewöhnt sich an alles.“ Den Typen der das gesagt hat würde ich gerne mal kennenlernen.
 

*****************************
 

So, das war es erst mal. Ich weiß, es ist noch nicht so spannend, aber ich verspreche, dass es besser werden wird. Ich musste ja zuerst mal erklären wie Marie überhaupt nach Hogwarts gekommen ist und wie im allgemeinen die Situation dort aussieht. Freut euch auf das nächste Kapitel, neue Slytherinbekanntschaften warten darauf von euch gelesen zu werden1
 

Bis dann,

Euer Tabet

Was kannst du eigentlich?

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 1:

Was kannst du eigentlich?
 

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Dunkelheit...

Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es erst vier Uhr morgens war. Genervt drehte ich mich im Bett herum. Und noch einmal... und noch einmal. Doch es half alles nichts. Ich war wach.

Augen verdrehend richtete ich mich auf und schaute mich im Schlafsaal um. Hermine und die anderen schliefen seelenruhig. Von irgendwo konnte ich ein leises Schnarchen hören.

~Wunderbar. Was jetzt?~

Ich stand leise auf, suchte mir meine Uniform zusammen und verließ auf Zehenspitzen den runden Schlafraum. Nachdem ich geduscht hatte, zog ich mir meine Klamotten an und betrachtete mich im Spiegel:

Meine Haare waren nur handtuchtrocken und klebten nach dem bürsten an meinem Kopf. Die Augenringe waren nicht mehr so dominant wie Gestern, aber ich konnte nicht wirklich sagen, dass ich umwerfend aussah. Schnell griff ich in eine kleine Plastiktüte und zog eine Tagescreme und einen Mascara hervor. Die Gegenstände hatte ich in einem kleinen Drogeriemarkt in Kings Cross ergattert.

Nach dem Eincremen und dem Tuschen der Wimpern vollendete ich das Konzept mit einem roten Lippenpflegestift und war nun relativ zufrieden. Meine Haare waren immer noch schrecklich, aber ohne Föhn konnte ich da erst mal nichts machen.

Ich zuckte mit den Achseln und entschied sie erst mal an der Luft trocknen zu lassen. Das würde bei meiner Länge ordentlich dauern. Aber Zeit hatte ich ja ohnehin genug. Es war erst halb fünf und ich bezweifelte, dass die andern bald aufstehen würden.

Also entschloss ich zunächst im Gemeinschaftsraum zu warten. Das Feuer im Kamin war schon lange herunter gebrannt und ich setzte mich schweigend in einen Sessel. Meine Gedanken drifteten ab. Über Nacht hatte ich einige Fortschritte in Sachen Verarbeiten-das-ich-eine-Hexe-bin gemacht.

In Anbetracht der Tatsache, dass ich vorher nicht unbedingt zufrieden oder glücklich mit meinem Leben war, konnte ich hier einen Neustart wagen. Ich würde mein Bestes geben und dann würde man weiter sehen. Was anderes blieb mir ja auch gar nicht übrig.

Meine Gedanken schweiften zu meinen Eltern. Ich stellte mir vor, wie sie jetzt in ihrem Bett lagen und schliefen. Ich würde sie so bald nicht wieder sehen. Und obwohl sie natürlich nicht meine biologischen Eltern waren, hatten sie mich aufgezogen und ich liebte sie. Es musste ihnen auch sehr schwer fallen mich nicht mehr bei sich zu haben. Vor allem meine Mutter würde mich vermissen. Seufzend schüttelte ich die trübseligen Gedanken ab und entschied, dass ich ihnen, so bald wie möglich, einen Brief zukommen lassen würde.

Fröstelnd zog ich meinen Umhang enger um meinen Oberkörper. Dabei spürte ich etwas hartes in der Innentasche und tastet diesen Gegenstand ab. Mein Zauberstab... Ich zog ihn hervor und betrachtete ihn kritisch. Er war aus dunklem Holz und hatte eine sehr glatte angenehme Oberfläche. Es fühlte sich seltsam gut an, wie er da in meiner rechten Hand lag.

~Mhmmm...~

Ich lies ihn durch die Luft wedeln und plötzlich durchströmte mich ein eigenartiges Gefühl. Wie im Laden, als ich ihn das erste mal angefasst hatte. Ich wedelte stärker, ein Zischen erschallte und kurz danach ein Krachen. Die Vase auf dem Tisch vor mir zerschellte in tausend Einzelteile.

Erschrocken schaute ich auf das Stück Holz in meiner Hand.

~Böser Stab!!!!~

Ich entschied meine Experimente nicht mehr an einem Ort fortzusetzen, wo ich allzu viel zerstören konnte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es mittlerweile Fünf war und ich konnte nicht mehr im Gemeinschaftsraum bleiben. Mir war einfach zu langweilig und die anderen würden erst in ca. zwei Stunden aufstehen. Also lies ich den Gryffindorturm hinter mir, indem ich durch die Öffnung der „Fetten Dame“ schlüpfte und ein paar Treppen herunterlief. Warum sollte ich mein neues Zuhause nicht ein wenig erkunden?
 

Eine sehr schlechte Idee, wie sich später herausstellte.

Ich lief bewundernd durch die Gewölbe, hohen Gänge und verwinkelten Wege Hogwarts. Dabei bestaunte ich die vielen Portraits an den Wänden. „Boris der Bekloppte“ schnarchte zufrieden in seinem Rahmen, als ich an ihm vorbei lief. Langsam wurde es heller, die Sonne ging auf und ich merkte wie mein Bauch knurrte. Es war schon halb sieben. Ich hatte einfach die Zeit vergessen. Hogwarts war so unglaublich groß und bot so viel, was sich zu entdecken lohnte. Ich hatte vermutlich nicht mal einen Bruchteil gesehen. Doch ich entschied mich meine Sightseeing Tour ein anderes mal fortzusetzen. Hermine und die anderen würden sich vielleicht Sorgen machen, wenn sie mein Bett leer vorfinden würden. Also begann ich den Weg zurück zum Gryffindorturm zu suchen.

Leichter gesagt als getan. Es dauerte eine halbe Stunde, bis ich meinen Stolz herunter schluckte und zugab, dass ich mich komplett verlaufen hatte.

~Verdammter Mist.~

Ich irrte umher bis ich zu einen Gang gelangte, der an einer kleinen Treppe endete. Sie führte in die Tiefe.Was nun? Ich wollte nicht umkehren, aber um zu einem Turm zu gelangen, war der Gang die Treppe herunter nicht besonders schlau.

~Ja du Genie... nicht BESONDERS schlau.~

Doch mittlerweile war ich nicht mehr sehr wählerisch. Ich wollte zumindest jemanden finden, der mir den Weg zum Speisesaal zeigen würde. So lief ich die Treppe herunter und es wurde düster um mich.

~Mein Gott, was für ein Kellerloch. Ein paar Kerzen und Teppiche würden hier wahre Wunder wirken.~

An der letzten Stufe angekommen, sah ich mich in dem größeren Gang, den ich erreicht hatte, um.

Ich war eindeutig in den Kellergewölben Hogwarts.

~Oder wohl eher einem Kerker.~

Ein Schauer jagte mir über die Wirbelsäule.

~Jetzt mach dir nicht in die Hose, was soll schon passieren? Los, jetzt lauf weiter irgendwo muss hier doch AHHHHH...~

Die Wand neben mir bewegte sich und ich huschte schnell hinter eine nahe gelegte Säule.

„Draco, komm schon! Es gibt Frühstück!“ hörte ich die dumpfe Stimme eines Jungen.

Wenig später sah ich zwei Gestalten aus der Öffnung der Wand kommen und kniff die Augen zusammen um im schwachen Licht etwas erkenne zu können. Einer der Jungen war deutlich größer als der andere, aber beide waren ziemlich dick.

„Geht schon mal vor.“ kam die Antwort aus dem Raum, der hinter der Öffnung liegen musste.

„Gut!“ murmelte der Größere der beiden Jungen. Und zusammen mit seinem Freund schlurfte er in die mir entgegen gesetzte Richtung davon. Augenblicklich schloss sich die Wand wieder.

Ich kam aus meinem Versteck hervor und baute mich prüfend vor dem Gemäuer auf. ~Wahrscheinliche wieder einer dieser Geheimgänge, oder ein anderen Gemeinschaftsraum?~

Meine Neugierde war geweckt. Ich überlegte und versuchte gegen einige Steinen zu drücken. So etwas hatte Professor McGonnagall im Hinterhof des Tropfenden Kessels gemacht, um zur Winkelgasse zu gelangen. Doch damit erreichte ich hier nichts.

~Gut, so geht's nicht!~ stellte ich fest und dachte an die anderen versteckten Räume. Sie waren Passwortgeschützt.

~Und die haben hier wohl so einen Kürbistick...~ erinnerte ich mich. ~Kübissaft, Kürbispastete...~

Also versuchte ich es damit: „Kürbis... nein? Mhm.. Kürbissuppe, auch nicht? Mhmm... Kürbiskerne? Kürbisbrot? Verdammt...“

Wüten warf ich der Wand einen Blick zu und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Doofe Wand!“

Auf einmal sah ich wie die einzelnen Steinen zu wackeln begannen.

~Komisches Passwort...~ dachte ich überrascht und konnte plötzlich die Umrisse einer Gestalt erkennen. Jemand öffnete die Wand von innen. Ich rettete mich noch rechtzeitig hinter die Säule. Naja, es war auch recht unwahrscheinlich, dass „Doofe Wand“ das richtige Passwort war. Verstohlen sah ich zu wie eine hochgewachsene schlanke Person aus der Öffnung schritt. Sie blieb einen Moment reglos stehen, während sich die Wand wieder schloss, und schaute sich um. Hatte der Junge mich bemerkt?

Sein Blick verharrte an der Säule, hinter der ich mich verbarg und ich hielt die Luft an.

~Verdammt!~

Doch dann wand sich der Junge ab und lief in die Richtung, in der auch die andern verschwunden waren. Ich atmete auf und lehnte mich gegen die kalte Säule.

~Moment, aufwachen Mary! Die wollten doch zum Frühstück. LOS! Hinterher!~

Mein Magen gurrte zustimmend und ich schlich langsam hinter dem Jungen her. Im Dunkeln konnte ich nur seinen hellen Haarschopf ausmachen.

Es machte ziemlich viel Spaß einer Person durch die düsteren Gänge Hogwarts hinterher zu schleichen. Im Kopf summte meine innere Stimme die Filmmusik von „Mission Impossible“.

~...dadadum..dumdum. Dadadaaaa dadaaa, damdam...~

Der von mir beschattete Junge bog um eine Ecke und nach ein paar Sekunden folgte ich seinem Beispiel. Doch der Gang dahinter war leer.

~Dödöööö.~

Verwundert sah ich mich um.

~Noch mehr Geheimgänge vertrage ich nicht auf leeren Magen!~

„Mist!“ zischte ich und stampfte mit dem rechten Fuß auf.

„Suchst du was?“ hörte ich eine leise männliche Stimme hinter mir und bevor ich erschrocken herumwirbeln konnte, spürte ich, wie sich etwas Spitzes in meinen Rücken bohrte.

„Au, verdammt! Was soll das?“ fragte ich sauer und drehte mich trotz des Drucks auf meinem linkes Schulterblatt um.

Graublaue, kalte Augen starrten mich prüfend an.

„Oh!“ Mehr bekam ich nicht heraus. Es war der Junge, dem ich nach geschlichen war.

~Ja und besonders gut hast du dich nicht dabei angestellt. Was kannst du eigentlich?~

„Ja, oh! Warum verfolgst du mich?“ Der Junge hielt mir seinen Zauberstab unter die Nase und ich stolperte vor ihm zurück.

„Verfolgen?“ fragte ich und versuchte möglichst unschuldig zu klingen. Er kam mir immer näher und ich wich soweit zurück, bis ich die steinernen Kellerwand im Rücken fühlte.

„Verkauf mich nicht für blöd, Gryffindor!“ Sein Blick wanderte über meinen Körper und ich musterte ihn meinerseits. Grüne Säume zierten sein Uniform.

„Ja ähm.. also... Weißt du..“ Ich blickte ihm wieder ins Gesicht und schluckte. Seine Augen stierten in meine und ich wurde rot. Er hatte die Arme rechts und links von meinem Kopf gegen die Wand gepresst. Ich war gefangen.

„Nein, weiß ich nicht!“ kam die eisige Antwort und ich bemerkte das erste Mal, wie nah er mir war. Seine Lippen waren nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Langsam beugte er sich weiter zu mir runter und sein Blick war feindselig.

~Verdammt, warum stellt der sich so an??? Ich hab ihm schließlich nichts getan!~

„Ich habe mich nur verlaufen. Wirklich, das ist alles!“ hauchte ich und riss mich von seinen Augen los, indem ich meinen Kopf nach rechts wand. Es war mir unangenehm wie nah er mir war. Und besonders nett war er auch nicht.

Es folgte ein zum zerreißen gespannter Moment der Stille.

„Verlaufen? Tz, dann pass das nächste mal besser auf!“ Dabei stieß er sich mit seinen Händen von der Wand ab und lies mich stehen. Als er schon einige Meter von mir entfernt war, hörte ich noch ein „Typisch Gryffindor, zu blöd um sich einen einfachen Weg zu merken.“.

Sauer und mit noch immer klopfendem Herzen sah ich ihm nach.

~Was für ein Arschloch! Mich einfach zu bedrohen, nur weil ich ihm.. naja, gut... heimlich gefolgt bin. Jetzt hält mich noch eine Person mehr für eine Verrückte.. bzw. eine blöde Verrückte, die sich wie ein kleines Kind verläuft. Aber ganz normal kann der ja auch nicht sein.~

Ich sammelte mich und lief in die Richtung, in die der Junge verschwunden war. Nach ein paar Minuten konnte ich durcheinander redende Stimmen hören und folgte dem Lärm zwei Treppen hoch. Oben angekommen stand ich in der großen Eingangshalle von Hogwarts. Links waren die riesigen Türflügel zu einem Raum geöffnet und ich sah die Geräuschquelle.

In dem großen Saal, der sich vor mir auftat, gab es vier lange Tische an denen alle Hogwartsschüler saßen und frühstückten. Gegenüber war wohl der Platz für die Lehrer. Ich stand etwas unschlüssig im Torbogen und sah mich um.

Die vier langen Tische konnte ich nach kurzer Analyse den verschiedenen Häusern zuordnen. Am Slytherintisch, der ganz links stand, blieb mein Blick an einer Person hängen und ich erkannte den blonden Schopf sofort wieder. Als hätte er meinen Blick gespürt, sah der Junge von seinem Teller auf und blickte mir direkt in die Augen. Sofort wurde ich rot und verengte meine Augen widerum zu Schlitzen.

Der Junge, der bei genauerer Betrachtung ungefähr 19 bis 20 Jahre alt war, klopfte einem seiner Freunde auf den Rücken, deutete auf mich und begann ihm etwas zuzuflüstern. Keine zehn Sekunden später lachten beide laut auf.

Ich zog empört die Augenbrauen nach oben und wand mich mit einem „Tz!“ von den Slytherins ab.

~Die werden mich noch kennenlernen. IDIOTEN... Ich werde sie..~

„Mary?“

Ich drehte mich nach rechts und sah wie mir jemand zuwinkte. Ich lächelte erleichtert, während meine Gedanken immer noch sauer und leicht gekränkt bei dem blonden Slytherin waren:

~...fertig machen. Wenn ich erst mal zaubern kann, dann... dann.. wird der schon sehen!~

Ich lief auf Hermine zu und setzte mich neben sie.

„Morgen!“ murmelte ich und griff nach einer Scheibe Toast.

„Wo warst du denn?“

~Ich haben mich verlaufen und meinen neuen Todfeind gefunden.~

„Ach, ich war nur ein wenig das Schloss erkunden.“ erklärte ich.

„Da musst du aber aufpassen. Besonders als Neuling kann man sich hier schnell verlaufen!“

„Ach wirklich? Sag mal kennst du den Jungen dahinten?“ fragte ich schnell. Musste ja keiner wissen, dass ich mich gleich am ersten Tag verirrt hatte.

„Wer?“ Hermine lies ihren Blick über die verschiedenen Schüler gleiten.

„Da ganz hinten, der Blonde...“ flüsterte ich nun und deutete unauffällig auf meine morgendliche Bekanntschaft.

„Draco Malfoy? Warum interessiert der dich?“ Hermine zog die Augenbrauen zusammen.

„Ach keine Ahnung, er ist mir zufällig begegnet und war nicht sonderlich nett.“

Hermine lachte.

„Das darfst du auch nicht von einem Slytherin erwarten und erst recht nicht von einem Malfoy. Pass auf, ich erklärte es dir...“ begann Hermine ihr Seminar „Ich hasse Draco Malfoy, weil....“.
 

Ein paar Stunden später stolperte ich beschämt aus meiner ersten Stunde Zauberkunst.

~Oh mein Gott, oh Gott! Das darf nicht wahr sein. Wo ist das nächste Loch in das ich mich verkriechen kann?~

Ein Blick über meine Schulter zeigte, wie mir kichernde Erstklässler aus dem Klassenraum folgten. Schnell wand ich mich nach rechts und eilte davon. Ich war eine Katastrophe. Als ich um eine Ecke gelangte stieß ich fast mit Ginny zusammen. Das rothaarige Mädchen blickt mich erschrocken an und bemerkte meine roten Wangen.

„Mary, was ist denn los?“

„Ach nichts...“ Ich hörte lachende Stimmen auf mich zukommen. „Ich muss jetzt zu Zaubertränke. Kannst du mir den Weg zeigen?“

Ginny zog die Augenbrauen hoch und öffnete den Mund. Doch bevor sie mir antworten konnte, schnappte ich mir ihre Hand und zog sie hinter mir her.

„Mary.. aber nun warte doch. Hey!“

„Bitte Ginny, ich kenne den Weg nicht, und jetzt frag bitte nicht, was grade passiert ist. Doch falls jemand was behaupten sollte: Mit Professor Flittwicks angesenkten Augenbrauen habe ich nichts zu tun. Gut! Also, ich muss jetzt zu Zaubertränke und ja ähm... was ist denn?“ fragte ich immer noch hektisch verlegen.

„Ich wollte es dir schon grade sagen... du läufst in die falsche Richtung.“

„Oh... ja dann. Ähm...“ stotterte ich und blieb stehen.

„Komm, wir müssen da lang und ich sag es keinem weiter!“ Ginny schaute mich verschwörerisch an und ich lächelte dankbar.

„Was erzählst du niemandem weiter?“ hörte ich eine Stimme hinter mir fragen. Als ich mich umdrehte vergaß ich Zauberkunst und verdrehte genervt die Augen.

„Nicht du schon wieder.“ zischte ich dem Slytherin entgegen und warf auch seinen beiden Begleitern einen vernichtenden Blick zu. Ginny versteifte sich und ich sah, wie sie sich etwas vor mich schob, als würde sie mich schützen wollen. Dabei bemerkte ich den Zauberstab, den sie wie aus Reflex aus ihrer Rocktasche gezogen hatte.

Draco Malfoy lachte nur spöttisch und kam einen Schritt auf Ginny zu.

„Ach Weasley, glaub mir, das willst du nicht!“ Ich konnte erkennen, wie sich Ginnys Augen verengten und ich fischte nun meinerseits meinen Zauberstab hervor. Vor fünf Minuten hatte ich mir noch geschworen ihn nie wieder zu benutzen. Aber ich konnte ihn wenigstens als drohende Geste einsetzen. Meine Hand zitterte leicht, als ich sie erhob und auf den großgewachsenen blonden Jungen richtete.

„Bleib ja weg, Malfoy!“ knurrte ich und versuchte meine Stimme bedrohlich klingen zu lassen.

Verdutzt wand sich der Angesprochene von Ginny ab und schaute mich an. Ich schluckte.

~Los, wirke bedrohlich! Vielleicht glaub er dir ja... ok nein, was kannst du eigentlich?!~

„Crabbe, Goyle!“ Draco gab seinen Freunden einen Wink mit der Hand, ohne sich von mir abzuwenden.

~Schau, so musst du das machen, wie er. Der wirkt bedrohlich!~

Ich konnte sehen wie Ginny von den beiden Jungen hinter Malfoy gepackt wurde und wie sie sich strampelnd wehrte.

„Lasst sie los, ihr...“ schrie ich und wollte an meinem blonden Widersacher vorbei drängen, doch der ließ mich nicht.

„Oh, nicht so böse.“ grinste mich Draco an und umfasste meine Hüfte, um mich dann hart gegen eine Wand zu drängen.

Sauer blickte ich ihm in die kalten blauen Augen. Er war mir so nah, das ich seinen Geruch wahrnehmen konnte.

~Verdammt, der riecht ja toll!~ schoss es mir durch den Kopf und ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Dann schüttelte ich mich kurz, als ob mir plötzlich übel geworden wäre, vermutlich über meine eigenen Gedanken, und ich starrte Draco Malfoy erneut in die Augen. Doch dieses mal mit der gerechtfertigten Wut.

„Lass mich in Frieden, du dreckiger Slytherin! Und wehe du fasst mich noch mal an!“ ich stieß ihn mit aller Kraft von mir und drückte ihm den Zauberstab gegen den Hals.

~Dieses mal hab ich die Macht. Muhahaaaa!~

Einen Moment schien er überrascht, doch dann legte sich das für ihn scheinbar typische Grinsen auf seine Züge.

„Was willst du jetzt machen?“ fragte mich der immer noch verdammt gut riechende Junge herausfordernd.

~Ähm ja... gute Frage.~

Zornig zitterte mein Zauberstab gegen die bleiche Haut des Slytherins. Dessen Grinsen wurde breiter und ich wurde immer wütender. Warum konnte mein Zauberstab jetzt nicht mal was explosives machen? Ich stierte sauer auf das Stück Holz.

~Mach schon! Los! Fass! Tu ihm weh!~

Das Ergebnis war, dass aus der Spitze meines Zauberstabes große bunte Seifenblasen sprudelten. Ich wurde rot.

~Klar, den Professor kann ich fast in die Luft jagen, aber das größte Arschloch Hogwarts will ich weg blubbern!~

Ich schlug mir gegen die Stirn und versuchte Dracos Lachen zu ignorieren.

Er war so überrascht, dass er einen Schritt zurück stolperte und anschließend kichernd zusammen brach. Crabbe und Goyle konnten auch nicht mehr an sich halten und taten es ihm gleich.

Fassungslos und sehr verlegen stand ich da und blickte auf meinen blubbernden Zauberstab.

~Was kannst du eigentlich?~ musste ich mich erneut fragen.

Ginny eilte, nachdem sie die Situation durchschaut hatte, auf mich zu, schnappte meine Hand und zerrte mich hinter sich her.

„Sehr gut gemacht Gryffindor! Ich hab richtig Angst!“ hörte ich Malfoys Stimme.

„Oh man, ist das peinlich.“ stellte ich fest, während Ginny mich Richtung Kerker führte und wir auf dem Weg eine Spur von Seifenblasen hinter uns herzogen. Die Blicke diverser anderer Schüler zu beschreiben spare ich mir an dieser Stelle.

„Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen! Der.. der ist so gemein!“ Ich hörte mich an wie ein kleines Kind.

„Naja... ja. Versuch Malfoy aber lieber aus dem Weg zu gehen. Er ist...“

„Ein durchtriebenes Arschloch?!“ fragte ich bitter.

„Mhm... ja das trifft es ganz gut!“ Ginny grinste. Sie ergriff ihren Zauberstab, lies ihn in einer Welle durch die Luft sausen und mein unfreiwilliger Seifenblasenzauber endete.

Die letzten Minuten bis zu meinem Unterricht, unterhielt ich mich mit Ginny und bemerkte, dass sie umwerfend war. Witzig, liebenswert und ehrlich. Sie versprach mir ein paar hilfreiche Zauber beizubringen und verabschiedete sich schließlich.
 

Zaubertränke hatte ich mit den Zweitklässlern von Gryffindor und Ravenclaw. Als ich mir einen Platz weit hinten aussuchte und die anderen Schüler langsam in den Klassenraum strömten, konnte ich feststellen, dass man einen weiten Bogen um meine Reihe machte. Ob sich mein Zwischenfall in Zauberkunde so schnell herum gesprochen hatte?

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und schaute desinteressiert an die leere Tafel. Die anderen um mich herum plauderten fröhlich miteinander und ich beneidete sie. Hier schien sich keiner alleine oder ausgegrenzt zu fühlen.

Als mein Lehrer eintrat wurde es sofort still im Klassenraum und der Unterricht begann.

Heute sollte ein Trank zur Heilung von, durch Zauber hervorgerufenen, Hautekzmen hergestellt werden.

~Diesen Zauber muss ich unbedingt lernen. Malfoys Gesicht könnte ein paar Ekzeme sehr gut vertragen. Arroganter Schönling!~

Zu meiner Erleichterung stellte ich mich sehr gut an und konnte innerhalb der vorgegebenen Zeit das gewünschte Ergebnis vorzeigen. Leicht beflügelt setzte ich meinen ersten Schultag fort und musste zugeben, dass es mir langsam Spaß machte. In Verteidigung gegen die Dunklen Künste schaffte ich es sogar einen formvollendeten Fluch zu präsentieren und das, obwohl ich eigentlich schon angenommen hatte mich niemals mit meinem Zauberstab anzufreunden. Als ich dann noch beim Mittagessen von Hermine den Schwebezauber Vingardium Leviosa lernte, war ich ziemlich stolz auf mich.

Den restlichen Tag ließ ich bei jeder Gelegenheit Gegenstände hoch schweben. Es ging also buchstäblich Bergauf.
 

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So, das war es erst mal. Ich hoffe es hat euch gefallen?!
 

Hab euch lieb,

Tabet

Anziehungskräfte

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 2:

Anziehungskräfte
 

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Drei Wochen waren nun seit meiner Ankunft in Hogwarts vergangen.

Ich hatte mich sehr gut eingelebt und konnte behaupten noch nie in meinem Leben so glücklich gewesen zu sein. Doch ich war auch noch nie so gefordert.
 

Ein üblicher Tag sah so aus: Ich stand morgens um halb acht auf, nachdem der Wecker drei mal geklingelt hatte und mich Hermine zwei mal hatte wach rütteln müssen. Anschließend duschte und schminkte ich mich, frühstückte in Rekordzeit und war danach bis 14 Uhr im Unterricht. Dann ging ich Mittagessen und später folgte entweder Nachhilfeunterricht, von wechselnden Professoren in deren Fachgebieten, oder ich ging in die Bibliothek. Dort erledigte ich meine Aufsätze und bereitete mich auf bestimmte Fächer vor. Zwischen 17-22 Uhr hatte ich dann Freizeit. Meist war ich im Gemeinschaftsraum, spielte mit Ron Schach, quatschte mit Ginny über die neusten Gerüchte oder ließ mir von Hermine nützliche Zauber zeigen. Manchmal streifte ich auch durch das Schloss und ab und an begleiteten mich die anderen. Sie zeigten mir einige Geheimgänge und mit ihrer Hilfe verlief ich mich nicht mehr so schnell in der Schule. Nachts las ich meistens noch ein wenig in der „Geschichte von Hogwarts“, was mir Hermine wärmstens empfohlen hatte und schlief dabei ermattet ein.
 

Es war alles sehr anstrengend, aber mittlerweile fiel ich zwischen meinen Klassenkameraden nicht mehr negativ auf und das lohnte alle Mühe. Außerdem musste Professor Flittwick kaum noch Angst vor mir haben. Ausgenommen an dem einen Tag in der zweiten Woche, an dem ich den kleinen Mann mit einem fehlgeleiteten Vingardium Leviosa (ich liebte diesen Zauber) erwischte und er durch das Klassenzimmer flog. Ginny versicherte mir, dass das mindestens einmal im Jahr vorkam. Also machte ich mir nicht allzu große Vorwürfe.
 

Dem berüchtigten Draco Malfoy ging ich aus dem Weg. Ab und an erwischte er mich zufällig im Gang, aber ich ignorierte seine blöden Sprüche einfach so gut es ging. Es schien ihn sowieso mehr zu ärgern, wenn ich so tat, als würde ich ihn nicht hören. In seinem Weltbild gab es wohl keine Leute, die ihn einfach stehen ließen.

Innerhalb von drei Wochen hatte ich noch einige andere Dinge über ihn herausgefunden. Unter anderem, dass er der Kapitän der Slytherin Quidditchmannschaft war und zu meinem Ärgernis gegen Huffelpuff siegte. Außerdem war er im eigenen Haus recht beliebt, was mir ein einziges Rätsel blieb. Vor allem die Slytherinmädchen schienen ihm hinterher zu laufen. Ständig sah man ihn mit einer neuen Verehrerin. Ginny meinte er sei der größte Schwerenöter, den man sich vorstellen könne und das er innerhalb der letzten zwei Monate bereits drei „Freundinnen“ hatte, mit denen er es aber nie lang aushielt.

~Ganz schöner Verschleiß!~
 

Aber es gab seit einigen Tagen Neuigkeiten, die mein Interesse an dem Slytherin in den Hintergrund drängten. Am kommenden Samstag war Halloween und ich konnte mir nichts tolleres Vorstellen, als in einem Schloss mit Gespenstern, Geheimgängen und redenden Portraits dieses Fest zu feiern.
 

Am Freitag Morgen frohlockte ich schon dem Wochenende entgegen, als mich eine Notiz am schwarzen Brett aus dem Konzept brachte:

„Alle Gryffindor Erstklässler haben sich heute um 12 Uhr auf dem Quidditchgelände einzufinden. Dort werden sie an einer von vier folgenden Flugstunden teilnehmen. Wir informieren Sie rechtzeitig über die nächsten Termine.

Freundliche Grüße

Madame Hooch“
 

Ginny, die neben mir stand und meinen Gesichtsausdruck bemerkte, lachte nur und sagte: „Keine Sorge, du findest es bestimmt toll.“

Um ca. 12.20 Uhr konnte ich sagen, dass sie sich da sehr geirrt hatte.
 

Alles begann damit, dass die anderen Erstklässler und ich um 12 Uhr auf dem großen Quidditchfeld eintrafen. Während wir uns in einer Reihe aufgestellten, lief Madame Hooch an uns vorbei und erklärte, was nun folgen würde. Rechts neben uns lag ein Besen auf dem Boden und wir sollten die Hand darüber ausstrecken. Danach sollten wir „Hoch!“ rufen und angeblich würde der Besen daraufhin in unsere Hände springen. Dem war allerdings nicht so. Ich konnte feststellen, dass sich bei den anderen auch nichts regte, kam mir aber weiterhin ziemlich blöd vor, wie ich da stand und mit einem Besen redete.

~Mary, du hast in den letzten Wochen mit Portraits, Hüten, Geistern und sogar Malfoy geredet. So irrational ist das ganze hier also gar nicht.~

Ich überlegte kurz und sah dann streng auf meinen Besen hinab.

~Wollen wir doch mal sehen, wer hier der Herr im Haus ist. Na, komm schon!~

„Hoch!“ rief ich bestimmend und tatsächlich hüpfte mir der Besen in die ausgestreckte Hand. Die Lehrerin seufzte erleichtert auf und nach und nach taten es mir die anderen gleich.

Nun sollten wir auf dem Besenstiel platz nehmen, uns mit den Beinen vom Boden abdrücken und hoch schweben. Das klappte nach ein paar Versuchen auch ganz gut.

Doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
 

Madame Hooch erlaubte, dass wir uns ein wenig mit dem Besen ausprobierten, zum Beispiel ein paar Ringe fliegen etc.. Doch dabei überschätzte ich mich ein klein wenig:

In der Luft wurde ich schneller und schneller, bis mir irgendwann auffiel, dass ich nicht wusste, wie man bremst. Währenddessen nahm ich weiter Fahrt auf und raste Richtung Schule. Lenken konnte ich auch kaum noch.

~Ohhh, das wird so enden wie viele Zeitungsartikel über Unfälle: „... und dann verlor sie die Kontrolle über ihren Wagen.“ Nur das es hier ein Besen ist. Verdammt!~

Mit bleichem Gesicht krallte ich mich an dem Besenstiel fest und schrie aus voller Kehle, als ich auf ein Fenster im dritten Stock zusteuerte.

Ich konnte Madame Hooch hören, wie sie versuchte mich zum umdrehen zu bewegen. Aber sie hätte ruhig mal mitbekommen können, dass dies nicht mehr in meiner Macht lag.

Das Fenster kam immer näher und schreiend durchbrach ich wenige Sekunden später das Glas, wurde von meinem Besen geschleudert und landete hart auf dem Bauch.
 

Ich konnte mich zunächst nicht bewegen. Zum einen aus Schock und zum anderen weil ich gar nicht mehr wusste wo ich mich befand.

Nach ein paar Sekunden nahm ich aufgeregtes Geflüster um mich herum wahr und als ich leicht den Kopf hob, konnte ich verschwommene Gestalten in schwarz und rot erkennen. Ich blinzelte. Die Konturen wurden schärfer und ich sah bekannte Gesichter auf mich zu stürzen. Hermine und Harry hatten so schnell es ging reagiert, während ich Ron im Hintergrund total perplex dasitzen sah. Ich war offensichtlich in den Unterricht der Siebtklässler geplatzt.

„Mary... was ist passiert?“ fragt Hermine besorgt und Harry wollte wissen, ob ich mir etwas getan hätte.

Gibt es eigentlich irgendeine Person, die gerne gefragt wird, ob sie sich verletzt hat, nachdem sie, z B. gegen eine Laterne gelaufen ist, oder auch einfach nur mit einem Besen durch ein Klassenfenster gekracht ist? Ich behaupte nein.

Langsam und wohl ein wenig apathisch wirkend, drehte ich meine Kopf vorsichtig nach links. Dort konnte ich noch mehr Personen erkennen. Doch diesmal dominierten die Farben schwarz und grün.

„Oh nein!“ stieß ich verzweifelt hervor und ließ meinen Kopf mit der Stirn voran gegen den Boden knallen.

„Miss Vallenstone? Können wir ihnen helfen?“ Eines musste man Professor McGonnagall lassen, sie verlor selten die Beherrschung. Ein Kichern erschallte aus der Slytherinabteilung. Ich erwog einen Moment liegen zu bleiben und zu hoffen, dass gnädige Menschen mich erschießen mögen. Der Moment blieb allerdings aus und so murmelte ich schwach und immer noch mit dem Gesicht auf dem Boden liegend:

„Nein danke, Professor. Ich hab mich nur an dem Fenster geirrt.“

~Memo an mich: Humor rettet nicht jede Situation.~
 

Mühsam bewegte ich meine Fingerspitzen, um herauszufinden wie stark es mich erwischt hatte. Danach drückte ich meine Handflächen auf den Boden und zum ersten mal fielen mir die Scherben auf, die um mich herum lagen. Als ich mich langsam aufrappelte, musste ich feststellen, dass ich wohl einige Schnittwunden an Armen, Beinen, Hals und Gesicht hatte. Dazu mehrere Blutergüsse über und unter der Kleidung. Von der Platzwunde am Ellbogen ganz zu schweigen. Mein Kopf hatte auch seinen Teil abbekommen und schmerzte gewaltig.

Ich musste erbärmlich aussehen, wie ich da kreidebleich, mit zerzausten Haaren, Blut im Gesicht und zittrigen Beinen stand.

„Miss Granger, würden sie Miss Vallenstone bitte in den Krankenflügel bringen?“ hörte ich McGonnagalls Anweisung. Keine Sekunde später umfassten mich zwei vorsichtige Hände an den Schultern und stützten mich.

Ich konnte ein belustigtes Lachen vernehmen und sah mich um. Draco Malfoy starrte auf mich herab und ich wollte am liebsten im Erdboden versinken.

~Es musste ja auch ausgerechnet das Fenster sein, hinter dem dieser grässliche Idiot Unterricht hat... Was für ein Glück ich doch immer habe!~
 

„Mister Malfoy, wissen Sie, warum ich Miss Granger beauftragt habe Miss Vallenstone in den Krankenflügel zu bringen? Weil es sich außer Ihr keiner in diesem Raum leisten kann den Unterricht zu verpassen, vor allem nicht Sie. Und nun zeigen Sie mir bitte ihren Aufsatz zu heute.“ In diesem Moment musste man Professor McGonnagall doch einfach lieben. Mit einem selbstzufriedenen Grinse blickte ich den blonden Slytherin an, formte mit den Lippen „Haha!!!“ und ließ mich dann von Hermine nach draußen bugsieren.

Im Flur wurde mir schwindelig und die Erinnerungen an den Weg zum Krankenflügel wurden größtenteils aus meinem Gedächtnis gelöscht.
 

~*~*~
 

„Jetzt stell dich doch nicht so an!“

„Lass mich! Ich werde nie wieder einen Fuß aus dem Gemeinschaftsraum setzen!“

„Mary, komm. Die anderen werden das bestimmt schon vergessen haben...“

„Verarsch mich nicht. Das war Gestern! Die Nachricht hat sich heute wahrscheinlich erst richtig herum gesprochen und alle werden mich auslachen.“

„Mein Gott...“

Ginny verdrehte die Augen. Ich wand ihr weiterhin den Rücken zu und blickte aus dem Fenster.

„Spätestens Montag musst du eh raus! Und dann haben die andern das bestimmt auch noch nicht vergessen.“

„Tolle Aufmunterung, du solltest Lebensberaterin werden!“

„Marianne! Jetzt mach mal einen Punkt. Ich dachte du wärst eine schlagfertige, selbstbewusste Persönlichkeit. Aber scheinbar habe ich mich geirrt. Es ist nun mal passiert, aber anstatt über den dummen Sprüche von Malfoy und den anderen zu stehen, verkriechst du dich einfach. Genau so, wie sie es gewollt haben. Feige nennt man so was!“

Einen Moment herrschte Stille.

~Ich bin keine Memme... Naja... Nein, bin ich nicht... Wie willst du es dann nennen... Halt die Klappe... Feigling,Feigling... ICH BIN KEIN FEIGLING!!!!~

Wütend über den Dialog mit meiner schizophrenen, inneren Stimme wand ich mich um.

„Gehen wir nun zu diesem Halloweenfest, oder was?“

„So ist es richtig, Mary!“ Ginny lachte vergnügt und winkte mit ihrer Hand Richtung Badezimmer.

„Wenn ich dich schon zwinge mitzukommen, werden wir dich noch mal ordentlich herausputzen!“
 

Im Badezimmer angekommen, schaute ich mich im Spiegel an und konnte erleichtert feststellen, dass jegliche Blessuren meines gestrigen Flugdebakels verheilt waren. Keine einzige Schramme war mehr zu erkennen.

Ginny lief um mich herum und musterte mich kritisch.

„Was ist?“ fragte ich verwirrt.

„Nichts...“ murmelte die Rothaarige, während sie mir prüfend mit den Fingern durchs Haar fuhr und etwas unsanft ein paar Knoten löste. Bei dem Anblick meiner Spitzen hörte ich ein unzufriedenes schnalzen mit der Zunge und dann krempelte Ginny die Ärmel ihrer Bluse hoch.

„Lass mich mal machen.“

~Ohoh...!~

Der Zauberstab wurde gezückt, eine Bürste erhob sich vom Badezimmerregal und flog auf mich zu. Was dann geschah, konnte man am ehesten mit dem unsanften Striegeln eines Pferdes vergleichen. Doch meine Schmerzensschreie ignorierte Ginny gekonnt und kramte in einer kleinen Schublade. Die Bürste entließ mich aus ihren Fängen und ich atmete auf.

Doch zu früh gefreut. Eine Schere erwachte zum Leben und mit gezückten Klingen jagte sie mir entgegen.

„Ginny!!!“

„Nur die Spitzen, Mary!“

Ich schluckte schwer, während ich in regelmäßigen Abständen das Geräusch zweier aneinander reibender Klingen hörte und zusah, wie Haare zu Boden rieselten. Mein Pony wurde ebenfalls kurz nachgebessert.

Als sich die Schere verabschiedet hatte, drehte sich Ginny zu mir um und mit ein paar gekonnten Handgriffen beendete sie ihr Werk. Die vorderen Partien meiner Mähne waren an den Seiten nach hinten gebunden und mit einer kleinen Klammer am Hinterkopf befestigt worden. Der Rest von meinen Haaren fiel in sanften Wellen über meinen Rücken. Sie endeten nun einige Zentimeter mehr oberhalb meiner Taille, als ich es gewohnt war. Nach einem Hauch von Wimperntusche und rotem Lippenstift, sah ich zufrieden in den Spiegel. Ginny lieh mir noch ein paar ihrer schwarzen Lederschuhe, mit kleinen Samtschleifen und vier Zentimeter Absätzen.

~“Pimp my friend“ wurde erfolgreich abgeschlossen!~
 

Wenige später stand ich im Torbogen zur Großen Halle und blickte mich mit verzückt großen Augen um. Dutzende Kürbisse, in die grinsende Gesichter geschnitzt waren, bedeckten den Himmel des Saals, in dem es herrlich nach allerlei Gaumenfreuden duftete.

Während ich diesen Eindruck erst einmal in mich aufsaugte, war Ginny unbeirrt auf den Gryffindortisch zugelaufen und setzte sich.
 

„Mary, komm schon.“ rief mir Hermine zu.

Ich zuckte zusammen und lief dann zu meinen Freunde. Meine Absätze klackten bei jedem Schritt und ich wusste zwar, dass ich (~Heiß.~) ansehnlich aussah, aber ich zog damit sehr viel Aufmerksamkeit auf mich. Und genau die galt es ja eigentlich zu vermeiden.

Seamus Finnigan lächelte mich an und ich wurde rot. Er war mir schon des öfteren im Gemeinschaftsraum aufgefallen. Seine zerzausten dunklen Haare (die bei bestimmter Beleuchtung dunkelblond/rötlich Schimmerten ~Spanner~) und der drei Tagebart, gepaart mit seinem chaotischen Wesen, gefielen mir sehr gut. Ich hoffe inständig das er grade Mary anlächelte und nicht Mary-die-Flugkatastrophe. Doch er zwinkerte nur, bevor er sich wieder zu seinen Freunden wand.

Ich setzte mich neben Ginny und tat so, als wäre nichts geschehen.

Schließlich war ich kein kleines Mädchen mehr, was über das Lächeln eines süßen Jungen total aus dem Häuschen geriet.

~Er hat mich angelächelt... Er hat MICH angelächelt!!!!!~

Oder mit ihren Freundinnen kichernd darüber redete.

„Mensch Mary, geht da was???“

„Hör auf Ginny!“

~Kicher, kicher...~

Plötzlich fühlte ich mich beobachtet und wand mich in der Großen Halle um. Als ich aber nichts ungewöhnliches feststellen konnte, schenkte ich meine Aufmerksamkeit wichtigeren Dingen: Zum Beispiel dem Verspeisen des köstlichsten Halloweenessens, was ich je erlebt hatte.
 

Später konnte ich nicht mehr sagen, was ich alles gegessen hatte, aber meine Geschmacksnerven wurden auf jegliche Art und Weise befriedigt. Seufzend sah ich in die Runde. Alle wirkten ausgelassen und erzählten sich munter Geschichten oder tauschten die neusten Ereignisse aus. Ab und an, konnte ich sehen, wie Hermine stirnrunzelnd über die Köpfer der Ravenclaws blickte, als würde sie etwas stören.

„Was ist los?“ fragte ich schließlich, als die Neugierde zu groß wurde.

„Ach, nicht so wichtig. Malfoy guckt nur ständig zu uns rüber.“

Ich hob fragend die Augenbrauen und sah zu dem Slytherintisch. Doch mein blonder Erzfeind schien sehr vertieft in ein Gespräch mit einem dunkelhaarigem, hübschen Mädchen, Daphne Greengrass. Aus irgendeinem Grund gefiel es mir nicht ihn so zu sehen. Er hatte es auch überhaupt nicht verdient, dass die Mädchen hinter ihm her waren. Er sah ja nicht mal besonders gut aus...

~Stimmt, außer den markanten Gesichtszügen, seiner blassen porenreinen Haut, den schönen Augen, seinem blonden gepflegten Haaren und seiner männlichen Statur, ist er wirklich sehr abstoßen!~

Manchmal wünschte ich mir, ich könnte meine innere Stimme zum schweigen bringen. Malfoy war einfach nur ein unverschämter Schnösel und ich fand ihn nicht attraktiv.

~Jaja...~

„Vielleicht irre ich mich auch...“ meinte Hermine und wir wandten uns wieder um.
 

„Hey Vallenstone, wie war das eigentlich Gestern genau?“ stupste mich Dean Thomas an und ein Grinsen lag auf seinen Lippen. Ich merkte wie um mich herum Gespräche abgebrochen wurden.

Ginny sah mir fest in die Augen und nickte aufmunternd.

„Ach, weißt du Thomas, ich flieg einfach total auf Verwandlung.“ antwortete ich schlagfertig und alle Gryffindors in meiner unmittelbaren Nähen begannen zu lachen.

~Damit wäre das wohl auch geklärt!~ Zufrieden merkte ich, wie sich die Gespräche wieder um „maryfreie“ Themen drehten.

Mein Blick schweifte über die anderen Tische und ich nahm, wie zufällig, das andere Ende der Großen Halle ins Visier. Augenblicklich erstarrte ich.

Draco Malfoy schaute mir direkt in die Augen. Beobachtete er mich tatsächlich, so wie Hermine vermutete?

Ich starrte den blonden Jungen an und versuchte seinen Blick zu deuten. Im ersten Moment hatte er fast ertappt ausgesehen, doch jetzt grinste er höhnisch. Ich verzog das Gesicht und bemerkte wie er seine linke Hand hob, sie ein paar mal wild durch die Luft fliegen lies und sie dann, einer Bruchlandung gleich, in seiner rechten Handfläche abstürzte.

Ich verstand die Andeutung und wurde rot. Daphne Greengrass begann hysterisch zu kichern und deutete auf mich. Dabei lehne sie ihren Kopf gegen Malfoys Schulter.

Ich verdrehte die Augen und wand mich genervt um.
 

Meine Gesichtsfarbe hatte sich wieder halbwegs normalisiert, als mich jemand sanft an der Schulter berührte. Ich sah nach links und erblickte Seamus.

„Oh, hallo!“ lächelte ich ihn an.

„Darf ich mich zu dir setzen?“ fragte er und grinste zurück.

Bevor ich antworten konnte, war Ginny mit einem bedeutungsvollen Blick von mir weggerutscht und Seamus setzte sich.

„Und wie geht es dir so?“ versuchte ich ein Gespräch zu beginnen.

„Gut und dir?“

Die Unterhaltung war ein wenig holperig, aber doch angenehm. Nach einer gewissen Zeit, wurden wir unbefangener und scherzten miteinander. Seamus war wirklich toll.

Während er von seiner Lieblings Quidditchmannschaft, den Kenmare Kestrels, redete, schaute ich ihn unentwegt an. Er hatte ein verschmitzte Lächeln und redete gern mit vielen unterstützenden Handbewegungen.
 

„Also...“ Seamus sah mir tief in die Augen „Du fliegst auf Verwandlung?“

So wie er es aussprach, war es gar nicht peinlich, über meine unfreiwillige Landung im Klassenraum zu reden. Abstreiten ging eh nicht, er musste schließlich dabei gewesen sein, da er im selben Jahrgang wie Hermine war.

„Ja, was dagegen?“

„Nein, ich war nur beeindruckt, wie stark doch deine Anziehungskraft zu diesem Fach ist.“ neckte er mich.

„Vielleicht war es ja auch gar nicht das Fach, sondern etwas ganz anderes, was mich dahin gezogen hat...“ warf ich in den Raum ohne groß nachzudenken. Neben Seamus verschluckte sich Ginny geräuschvoll an ihrem Kürbissaft und ich fing ihren zum einen erstickenden, zum anderen ungläubigen Blick auf.

~Hab ich das grade wirklich gesagt?~

Seamus musterte mich fragend und las dann zwischen den Zeilen. Scheinbar verschlug es im die Sprache und ich war ein klein wenig Stolz auf mich, aber peinlich war es irgendwie trotzdem.

„Ginny, alles ok?“ fragte ich schnell und hatte Seamus Aufmerksamkeit somit auf etwas anderes gerichtet. Während er der röchelnden Ginny vorsichtig auf den Rücken klopfte, fragte ich nach seiner Familie und hatte somit gekonnt die Situation gerettet.
 

Das Fest neigte sich langsam dem Ende entgegen. In der Großen Halle waren nur noch ein paar Dutzend Schüler, die sich in kleinen Gruppen arrangiert miteinander unterhielten. Ich musste gähnen. In diesem Moment erklärte Hermine, dass Ron, Harry, Ginny und sie jetzt in den Gryffindorturm gehen würden. Seamus und ich schlossen uns der Gruppe an und standen auf.

„Vergiss deinen Umhang nicht!“ hörte ich Seamus Stimme, nachdem ich mich schon vom Tisch abgewandt hatte. Er legte er mir den schwarzen Stoff über meine Schultern und dabei berührten seine Hände meinen nackten Hals. Wir sahen uns an.

„MARYYY, wo bleibt ihr denn?“ rief mir Ron ungeduldig zu und schnell holten wir zu den anderen auf, die bereits vorgegangen waren. Bevor wir aus der Halle traten, konnte ich aus den Augenwinkeln sehen, wie Draco Malfoy mir vom Slytherintisch aus nachguckte.

~Was hat dieser Typ nur für ein Problem?~
 

Im Gryffindorturm angekommen verabschiedeten sich Harry und Ron von mir und ihren Freundinnen. Als sie auf Seamus warten wollten, winkte der ab und meinte, sie sollten ruhig schon mal vorgehen. Die beiden Jungen zuckten mit den Achseln und verschwanden. Hermine und Ginny machten es ihren Freunden gleich. Bevor sie im Mädchenschlafsaal verschwanden, warf mir Ginny einen verstohlenen Blick zu und zwinkerte. Ich musste grinsen und schüttelte gleichzeitig den Kopf über ihr Verhalten. Schließlich wand ich mich an Seamus und sah ihn fragend an.
 

„Na dann...“ murmelte ich unsicher.

„Ja also...“ er stockte, fand aber schnell sein Selbstbewusstsein wieder und grinste mich an. „Ich wollte dich noch was fragen.“

Ich zog die Augenbrauen hoch.

„Hättest du vielleicht Lust mit mir nächstes Wochenende in Hogsmead was trinken zu gehen?“

Ich stutze.

~Ist das ein Date?~

„Ähm, ja klar. Warum nicht. Ginny wollte mir nächste Woche das Dorf zeigen, aber ich denke sie wird nicht allzu böse sein, wenn ich mich für ein paar Stunden verdrücke.“

~Nein, das würde sie bestimmt nicht...~

„Super! Ich würde sagen dann gegen 4 im Drei Besen?“ fragte er freudestrahlend.

„Ja gut.“ Ich lächelte zurück. Danach kehrte eine kurze Stille ein. Es war einer dieser Momente, wo beide nicht wussten, wie sie sich nun am besten voneinander verabschieden sollten.

„Also...“ begann ich „Ich sollte jetzt auch mal ins Bett. Wir sehen uns dann spätestens nächsten Samstag bzw. morgen beim Frühstück?“

Er nickte.

Ich lief die Treppe hoch und drehte mich dann noch ein mal kurz um.

„Schlaf schön, Mary!“
 

Mit einem Lächeln betrat ich den Schlafsaal. Hermine hatte ein Buch in der Hand und Ginny saß auf meinem Bett. Grinsend starrte die Rothaarige zu mir herüber.

„Na???“

„Was?“ fragte ich scheinheilig und griff nach meinem Schlafanzug.

„Was hat er gesagt?“ wollte Ginny wissen. Doch ich schüttelte nur den Kopf und verschwand im Bad.

„Du bist viel zu Neugierig!“

Hermine stimmte mir zu und legte ihr Buch beiseite. Danach folgte sie mir, mit Ginny im Schlepptau, um sich die Zähne zu putzen.

„Vielleicht war es ja gar nicht meine Neugierde, sondern etwas ganz anderes, was mich zu dieser Frage hingezogen hat?“ meinte Ginny und schaute mir tief in die Augen. Anstelle einer Antwort, schlug ich ihr unsanft auf den Hinterkopf.
 

Während wir uns alle im Bad fertig machten, schaute mich die Rothaarige vorwurfsvoll an. Und auch als wir schließlich im Bett lagen, sah sie immer noch zu mir herüber. Ich löschte grinsend das Licht und ließ sie noch etwas zappeln. Doch es war klar, dass sie mich Morgen weiter mit Fragen bombardieren würde. Ich konnte mir also eine paar Nerven sparen, wenn ich sie aufklärte. Sie würde es bei dem gemeinsamen Ausflug nach Hogsmead früher oder später sowieso merken.

„Ginny?“ fragte ich.

„Ja?“

„Ich werde nächsten Samstag gegen 16 Uhr im Drei Besen erwartet, das macht dir doch nichts aus?“

Ginny jauchzte auf.

Und mit einem Grinsen glitt ich in den Schlaf über.
 

*****************************
 

So, ich hoffe es hat euch gefallen?
 

Alle Liebe,

Tabet

Verschlafen, verschossen, verloren

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 3:

Verschlafen, verschlossen, verloren
 

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Die vierte Woche war schrecklich.

Professor McGonnagall hatte mir angeboten, einige Kurse aus dem dritten Jahrgang zu belegen: Muggelkunde und Pflege magischer Geschöpfe. Muggelkunde, weil ich da eigentlich schon alles wusste und nebenbei herausfand, wie mein früherer Alltag in der Zaubererwelt dargestellte wurde. Und Pflege magischer Geschöpfe, weil die Kurse ausschließlich nach dem Mittagessen unterrichtet wurden und somit nicht mit meinen Stundenplan kollidierten. Muggelkunde fiel in zwei meiner wenigen Freistunden.

Wenn ich das Pensum durchhielt, könnte ich, aufgeteilt auf die nächsten zwei Jahre, bereits meine ZAG's machen und im darauffolgenden Jahr meinen Abschluss.

Insgesamt wäre ich dann nur vier Jahre in Hogwarts. Und das war natürlich sehr verlockend. Immerhin wollte ich nicht mit 24 Jahren noch zwischen den anderen Schülern umher laufen. Ohne zu zögern hatte ich zugesagt und musste dann herausfinden, wie anstrengend ein solches Vorhaben war.
 

Dienstag Abend bzw. Nacht hatte ich, wie jede Woche, eine Doppelstunde Astronomie und musste anschließend noch einen Aufsatz über Alraunen fertigstellen. Am nächsten Morgen war ich dann so fertig, dass mein Körper Hermine glauben machte, ich wäre wach, obwohl ich noch von einem Raum voller Schokofrösche träumte.

Die Brünette berichtete mir später, wie sich alles abgespielt hatte:

Als sie mich, wie jeden Morgen, zum wecken an den Schultern gepackte hatte und schüttelte, antwortete ich unbewusst mit einem verschlafenen „Jaja...“, hob meine Decke an und richtete mich auf. Hermine nahm an ich würde nun aufstehen und verließ den Schlafsaal. Woraufhin ich anscheinend einfach nur wie ein Stein nach hinten gekippt war und weiter schlief.
 

Eine halbe Stunde später ließ mich das panisches Bimmeln meines Weckers hochschrecken und ich sah mich verschlafen um. Niemand war im Raum. Verwirrt zog ich die Augenbrauen nach oben und dann traf mich die Erkenntnis mit voller Wucht.

„Scheiße! Scheiße! SCHEIßE!!!!“

Ich flog quasi ins Badezimmer, warf mir drei Hände kaltes Wasser ins Gesicht und putzte mir im Schnellwaschgang die Zähne. Danach schlüpfte ich in einen Rock und in die Ärmel meiner Bluse. Für die restlichen Teile der Schuluniform, z.B. Pullover und Umhang, hatte ich keine Zeit mehr. Als ich meine Hände zu den Knöpfen der Bluse hob und die oberen zwei geschwind zuknöpfte, fiel mein Blick auf die große Uhr oberhalb der Schlafzimmertür.

~Ah verdammt!~

Ohne weiter nachzudenken schnappte ich mir meine Umhängetasche, bevor ich die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum heruntersprang. Ich kam nicht besonders elegant auf, stürmte durch das Portrait der Fetten Dame und machte mich auf den Weg zur Großen Halle. Dabei band ich mir einen hohen Ballettknoten, die einzige Rettung meiner Haare, die mir in dem Moment einfiel.

Während ich die letzten Stufen zur Eingangshalle hinab hetzte, sah ich bereits einige Schüler zum Unterricht aufbrechen. Ich rannte an ihnen vorbei und hatte leider eine Kleinigkeit vergessen...
 

Wie die letzten Tage auch, hatte ich mir Ginnys Schuhe übergestreift und klackerte hektisch zwischen den Tischen der Großen Halle auf meine Freunde zu. Hermine blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an und deutete auf ihren Bauch. Ich verstand nicht, wurde langsamer ~Verdammte Kondition!~ und blieb keuchend vor meinen Freunden stehen.

„He-ey! Verschlafen! Hunger!“ brachte ich zwischen meinen Zähnen hervor und beugte mich über den Tisch, um nach einem Toast zu angeln. Dabei bemerkte ich die roten Köpfe von Harry und Ron. Was war hier los?
 

„Mary...“ Hermine deutete unauffällig auf meinen Oberkörper und ich sah an mir herunter.

Als ich aus dem Gryffindorturm gerannt war, musste ich vergessen haben meine Bluse weiter zuzumachen. Lediglich zwei Knöpfe hielten den oberen Teil zusammen, der Rest hing offen um meinen Bauch herum.

~Oh nein...~

Ich war einen Moment zu geschockt, um zu reagieren und schaut fassungslos auf meinen entblößten Bauch bzw. Oberkörper. Als mein Blick zu wandern begann, sah ich neben meinen Freunden noch Seamus Finnigan und Dean Thomas sitzen. Ein paar Schüler der anderen Häuser hatten meinen Auftritt ebenfalls mitbekommen.

~Und jetzt bloß nicht zu den Slytherins gucken!~

Unweigerlich musste ich daran denken, dass bei meinem „Einmarsch“ in die Halle der nicht zugeknöpfte Teil meiner Bluse nach hinten geweht sein musste. Ich hätte genauso gut auch nur meinen weißen BH tragen können, den man bei meiner stürmischen Gangart hier und da aufblitzen gesehen haben musste. Auf Kommando nahm meine Gesichtsfarbe einen ungesunden violetten Ton an. Ich zerrten an meiner Bluse und schloss die ~verdammten~ Knöpfe.
 

„Ach ja...“ Hermine lies ihre Hände unter den Tisch wandern und zog ein braunes Paket hervor. „deine Eltern haben wieder eine Päckchen geschickte.“

Ginny begann zu kichern und meinte. „Wahrscheinlich wieder Anziehsachen, ganz schöne Ironie, oder?“

Hermine stieß der Rothaarigen unsanft in die Rippen, aber die kicherte trotzdem weiter. Mein Hunger hatte sich mittlerweile gelegt und die Hände um das Paket geschlungen stand ich da und wollte im Erdboden versinken.

Doch dann sagte ich mir, dass so etwas halt passiert. Zumindest mir.

~Wenigstens kein Fenster durch das ich durchgeflogen bin!~

Ja, man sollte es positiv sehen. Im Schwimmbad hat man schließlich nur einen Bikini an und da stört es ja auch nicht.

~Aber die Schule ist etwas anderes als das Freibad... Ruhe!.~

Genaugenommen war es wohl ein sehr aufreizender Auftritt, um die kein Junge böse sein dürfte. ~AHHHH!!! Verdammt, warum passiert so was immer mir? Seamus hat es natürlich auch noch gesehen. Mist, Mist, Mist... Halt stopp, wir wollten doch ruhig bleiben!~

Stille.

~Oh Gott, was ist wenn Malfoy das mitbekommen hat. Ich bin erledigt!~

Ich bemerkte wie Hermine besorgt den Kopf schräg lehnte und mich beobachtete.

~Ok, tief durchatmen. Der hat das bestimmt nicht gesehen... Nein, nicht umdrehen, wenn ich mich umdrehe, sitzt er doch am Slytherintisch. Wenn ich ihn nicht sehe, sieht er mich auch nicht... Gut! Wenn ich jetzt keinen großen Aufstand mache und einfach über mich selber lachen kann, haha, wird das schon... Ich bin geliefert!~

Niedergeschmettert ergab ich mich meinem Schicksal.

„Und was gibt’s sonst so neues?“ fragte ich seufzend, während ich mich neben Ginny auf die Bank setzte und mir ein Toast schnappte.

~*~*~

Nach dem Frühstück, machte ich mich allein auf den Weg zu Zauberkunst. Ich war spät dran. Auf den Gängen waren kaum noch Schüler unterwegs, denn der Unterricht hatte vermutlich schon begonnen. Schnell bog ich an einer Gabelung nach links.

Es machte ein unschönes, dumpfes Geräusch und ich prallte von einem warmen Körper zurück. Taumelnd sah ich auf meinen Widersacher und verdrehte die Augen.

~Das ist langsam nicht mehr lustig. Verfolgt der mich?~
 

„Mensch Malfoy, pass auf wo du hinläufst!“

„Halts Maul, Gryffindor!“

Ich war grade dabei Luft zu holen, um zu einer angemessene Erwiderung anzusetzen, als ich es mir anders überlegte: Er war die ganze Mühe einfach nicht wert.

Ohne Malfoy eines weiteren Blickes zu würdigen, lief ich rechts an ihm vorbei und glaubte mich schon in Sicherheit, als er mich am Arm packte und festhielt.

„Übrigens, heißer Auftritt grade!“ flüsterte er mir höhnisch ins Ohr und ich konnte nicht verhindern, dass sein heißer Atem eine Gänsehaut auf meinem Hals hinterließ. Bevor ich herumwirbeln konnte, war er schon verschwunden und ich, mit meiner ganzen Wut, starrte in die Luft vor mir.

~Ahhh, dieser..dieses... Jetzt reicht es, das wird er mir büßen! Ich muss mich irgendwo abreagieren...~ dachte ich, während ich in den Unterrichtsraum von Zauberkunst lief. Das sah nicht besonders gut aus für Professor Flittwick. Er gab einfach zur falschen Zeit der falschen Schülerin Unterricht.
 

Flittwick überlebte mich knapp und bevor ich anschließend in Geschichte der Zauberei wegnickte, entwickelte ich einen kleinen Racheplan.

~Diesmal kommt Malfoy mir nicht so einfach davon!~

~*~*~

Am Freitag Morgen stand ich noch vor Hermine und den anderen auf, machte mich im Bad fertig und packte meine Tasche für den Unterricht. Ich musste vor dem Frühstück einen Abstecher in die Bibliothek machen, um sicher zu sein, dass alles funktionieren würde.
 

Als ich dann später in der Großen Halle ankam, lief ich beflügelt zu Ginny herüber und nahm mir eine Schale Müsli.

„Ist das nicht ein schöner Tag?“ fragte ich mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Ginny sah Hermine fragend an. Die zuckte nur mit den Schultern. Um die Uhrzeit eine muntere Marianne Vallenstone zu erleben war eine Rarität.

~Lalalaaahhh lala..laaa..laaaaaa...~

„Alles in Ordnung bei dir?“ fragte meine beste Freundin und strich sich einige Strähne ihres roten Haares aus dem Gesicht.

„Natürlich! Heute ist Freitag, bald ist Wochenende und ich habe im Gefühl, dass noch etwas unerwartet Wundervolles passieren wird.“

Ginny hob die Augenbrauen und wand sich noch einmal hilfesuchend an Hermine. Die warf mir nun auch einen besorgten Blick zu. Doch bevor einer was sagen konnte, trank ich meinen Kakao aus und warf mir meine Tasche über die Schulter. Hüpfend lief ich aus der Großen Halle und konnte mir vorstellen, wie meine Freunde verdutzt hinter mir her blickten.
 

Als ich meine letzte Stunde für diesen Tag hinter mir hatte war es 13 Uhr und ich lief in den dritten Stock. Von Hermine und einer gewissen Flugentdeckungstour wusste ich, dass die Gryffindor und Slytherin Siebtklässler Freitags von 12 Uhr an eine Doppelstunde Verwandlung hatten. Vor dem Klassenraum angekommen, versteckte ich mich hinter einem Wandvorhang und wartete, bis die letzte Stunde vorbei war. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht mal in dem, eigens für diesen Zweck, mitgebrachten Hexenromans von Ginny lesen konnte.

Schließlich hörte ich das Klingeln der Schulglocke. Die Mission hatte begonnen.
 

Laute, ausgelassenen Stimmen kamen an meinem Versteck vorbei und ich sah mein Opfer mit Crabbe und Goyle im Schlepptau durch den Gang laufen. Draco schritt vor ihnen her, wie ihr König, während seine beiden „Freunde“ hinter im her dackelten.

Unauffällig folgte ich ihnen, indem ich mich einer Horde Fünftklässlern anschloss, die ebenfalls auf dem Weg zum Mittagessen waren.
 

Nachdem Malfoy die Eingangshalle erreicht hatte und durch die Flügeltüren auf den Slytherintisch zulief, zückte ich meinen Zauberstab murmelte „Tarantellegra!“.

Dies war ein unglaublich unnützer, aber amüsanter Zauber, der die Beine des Opfers unkontrollierte, schnelle Tanzschritte machen lässt. Es war einfachste Magie, die wahrscheinlich jeder Zweitklässler beherrschte, also würde Malfoy ihn innerhalb von ein paar Sekunden durchschauen. Aber die Zeit nutzte ich aus und sah zunächst grinsend zu, wie Malfoy hektisch Richtung Slytherintisch tanzte.

Bevor der blonde Junge auch nur an den Gegenzauber Finite denken konnte, flüsterte ich „Diffindo“ und deutete mit meinem Zauberstab auf Dracos Hose. Augenblicklich riss die Naht zwischen den beiden Gesäßtaschen auf und ich konnte sehen wie Draco gehetzte „Finite“ hervorstieß, seine Hose aber erst in Höhe der Knie auffangen konnte.
 

~Wow!~ Manche Momente sind noch viel schöner, als man sie sich je erträumen konnte.
 

Ich nutzte die Gunst der Stunde und schlich mich zum Gryffindortisch, während der Großteil der Schülerschar verwundert Richtung Malfoy blickte. Noch bevor ich mich auf meinem Stammplatz neben Ginny niederlassen konnte, hörte ich die ersten Schüler lachen. Malfoy hob seinen Zauberstab, reparierte die Hose mit Reparo und setzte sich wutentbrannt zu seinen Freunden.
 

„Mary?“ Ginny blickte mich zum einen belustigt, zum anderen besorgt an. „Hast du was damit zu tun?“

Ich grinste unwissend und sagte: „Nur weil ich heute Morgen ahnte, dass etwas Wundervolles passieren würde, heißt das noch lange nicht, dass ich es war, die Malfoy mit einem Tarantellegra und einem anschließenden Diffindo aus dem Konzept gebracht hat.“

Ginny schüttelte den Kopf.

„Aber pass bloß auf, dass er nicht herausfindet, wer ihm das angetan hat. Wir können dich nicht immer beschützen!“

~*~*~

Am Samstag stand ich um 12 Uhr im Mädchenschlafsaal und blickte zwischen drei geöffneten Paketen und meinem Koffer hin und her. Ginny saß amüsiert auf ihrem Bett und bewertete Konstellationen verschiedener Oberteile, Hosen und Röcke. Meine Eltern hatten mir viele meiner Lieblings Kleidungstücke per Eule zugeschickt und nun fiel die Auswahl schwer.

Ich wollte bei meinem Date mit Seamus schließlich umwerfend aussehen.

Da es bereits kälter wurde entschied ich mich für eine dicke Wollstrumpfhose mit gewebten Blumenmotiv, meinen schwarzen Minirock und einem lila Oberteil mit dreiviertel Ärmeln, das an den Schultern gerafft war und einen herzförmigen Ausschnitt aufwies. Bevor ich einen letzten kritischen Blick in den Spiegel warf, schlüpfte ich in meine neuen Retro-Stiefeletten mit relativ hohem Absatz und Schnüren an den Vorderseiten.

Es war ein romantisches, süßes Outfit. Ginny war auch zufrieden und so machten wir uns, nachdem ich mir noch meinen dunkelblauen Mantel übergeworfen hatte, auf den Weg nach Hogsmead.
 

In dem kleinen Dorf angekommen zeigte mir Ginny alle wichtigen Läden.

Zunächst gingen wir zu Zonko's, wo meine Freundin besonders stolz auf die Weasley Abteilung im vorderen Bereich des Ladens deutete. Ihr Bruder hatte einen Scherzartikelladen in der Winkelgasse und bot mittlerweile auch bei Zonko ein paar Highlight aus dem selbst hergestellten Sortiment an. Danach machten wir einen Abstecher in den Honigtopf und ich kam mir vor wie im Paradies. Süßigkeiten so weit das Augen blicken konnte. Glücklich erstand ich eine riesige Tüte Gummiflubberwürmer in der Geschmacksrichtung Himbeerpudding, Waldmeister und Orange/Zimt. Später zeigte mir Ginny noch eine kleine Boutique, wo man neben Handschuhen und Alltagsbekleidung auch festlichere Gewänder kaufen konnte.
 

Irgendwann kam dann der magische Moment: Meine Armbanduhr zeigte 16 Uhr. Hibbelig lief ich hinter Ginny her.

„So, hier ist das „Drei Besen“. Viel Spaß!“ Ginny lächelte und als wir durch den Eingang traten, eilte sie rasch auf einen Tisch zu, an dem Harry, Ron und Hermine saßen. Unschlüssig stand ich da und sah mich um. Konnte Seamus aber nirgends erkennen.

~Ich wusste doch, ich hätte zehn Minuten später kommen sollen...~

Doch eine Berührung an meiner Schulter holte mich aus den Gedanken. Da stand er. In einer lässigen dunkelblauen Stoffhose und einem schwarzem Hemd, an dem die oberen Knöpfe achtlos geöffnet waren. Seine Haare hatte er gegelt und lächelnd schaute er auf mich herab.
 

„Hey, schön, dass du da bist. Ich hab uns einen Tisch ganz hinten freigehalten.“

Er lief voraus und ich hatte Gelegenheit meinen Blick über seine breiten Schultern nach unten wandern zu lassen.

~...~

Wie konnte ein einzelner Mensch nur so toll aussehen, sowie von vorne, als auch von hinten?
 

Als ich meinen Mantel auszog, merkte ich wie Seamus mich von Kopf bis Fuß musterte und dann einen Stuhl zur Seite schob, damit ich platz nehmen konnte. Anschließend verschwand er kurz an der Theke und holte zwei heiße Butterbier. Während ich das erste mal in meinem Leben dieses leckere Getränk in mich aufnahm, blickte ich zu Seamus herüber, der mich lächelnd betrachtete.
 

„Was ist?“ fragte ich leicht verwirrt und stellte mein Glas zur Seite.

„Nichts, du siehst nur so wunderschön aus.“

In meinem Kopf machte es „Buff“ und ich nahm an, dass meine innere Stimme von seinen Worten umgeworfen worden war. Verlegen blickte ich zur Seite. Und bevor ich mich für das Kompliment bedanken konnte, verwickelte mich mein Date ~MEIN Date~ (da war meine Stimme wieder) in ein Gespräch.
 

„Zauberkunst gefällt mir auch, es ist nur alles sehr viel auf einmal für mich. Und die Zaubersprüche von Flittwick wollen manchmal einfach nicht in meinen Kopf rein.“ sprudelte es aus mir heraus. Es tat gut mal offen mit jemanden über mein Schicksal als Siebzehnjährige Erstklässlerin zu reden.

„Kann ich gut verstehen. Apropro Flittwick, weißt du wie es passieren konnte, dass ihm seine Augenbrauen versenkt wurden und erst jetzt langsam wieder nachwachsen?“

„NEIN!“
 

So ging das eine ganze Weile und die Anstrengungen der letzten Tage fielen von mir ab. Er brachte mich zum lachen und ab und an blickte er mir tief in die Augen, wobei es in meiner Magengegend angenehm zu kribbeln begann.
 

Nach zwei Stunden brachen wir Richtung Schloss auf, um rechtzeitig zum Abendessen zurück zu sein. Dabei nahmen wir allerdings einen großen Umweg über die Ländereien. Mein Vorschlag, damit das Date nicht so abrupt in der Großen Halle enden musste.

Die Sonne war bereits untergegangen und die kalte Luft wehte uns um die Nase. Ich fröstelte ein wenig und Seamus legte wärmend seinen Arm um mich, während wir am See entlang auf die Schule zu liefen. Es war einer dieser perfekten Momente.

Und dann war er vorbei. Vor dem Eingangsportal standen einige Jungen und spielten Koboldstein. Ich löste mich von Seamus und schlüpfte mit ihm in die Eingangshalle, die mehrere Schüler auf dem Weg zur Großen Halle durchquerten. Wir schlossen uns ihnen an und liefen Richtung Gryffindortisch, wo wir uns zu den anderen setzten. Das Date war somit vorbei.
 

„Hey, wie war es?“ flüsterte mir Ginny unauffällig ins Ohr.

„Schön.“ kam meine leise Antwort und ich sah Seamus von der Seite an, während er mit Dean über irgendein Quidditchspiel sprach. Er hatte mir einiges über sich erzählt und über seinen beruflichen Pläne nach Hogwarts. Das interessierte mich besonders. Ich kannte kaum Berufe, die man in der Zaubererwelt ergreifen konnte. Seamus überlegte entweder zum Zaubereiministerium zu gehen und dort in der Abteilung für Magische Spiel und Sportereignisse Events, wie die Quidditch WM, zu organisieren, oder nach Irland zu gehen und dort, mit etwas Glück, eine Art „Manager“ der Kenmare Kestrals zu werden.
 

„Oh man!“

Ich riss mich von Seamus' Gesicht los und blickte fragend zu Ginny zurück. „Was ist los?“

„Malfoy...“ zischte sie verächtlich und ich sah zu dem Slytherintisch herüber. Dort saß der arrogante Schönling und neben ihm, oder besser an ihm dran klebend, konnte ich Daphne Greengrass und Pansy Parkinson erkennen. Die beiden Mädchen hingen an seinen Lippen, während er, wie ich annahm, großspurig über irgendeine seiner „tollen“ Eigenschaften redete. Als ihm mein Blick auffiel, hob er, wie zufällig, seine Arme und legte sie um die Schultern seiner beiden Verehrerinnen.
 

„Oh im Himmel! Selbst ohne Hose und durch die Gegend tanzend finden die ihn noch gut.“ knurrte ich und verdrehte die Augen.

„Es scheint wohl so.“ nickte Ginny.
 

Als das Essen beendet war, verbrachten wir den Rest des Tages im Gemeinschaftsraum. Es wurde geredet, Schach gespielt und ich schliefen gegen 23 Uhr an Seamus Schulter gelehnt ein.

~*~*~

Den Sonntag verbrachte ich wie gewohnt in der Bibliothek, schrieb meine Aufsätze und lernte für kommende Schulstunden. Zaubersprüche/-flüche und -tränke, sowie Kenntnisse über Astronomie, magische Geschöpfe, Kräuterkunde und Zaubergeschichte auf dem Stand eines Zweit- bzw. Drittklässlers vorzuweisen, war unglaublich kräftezehrend.

Nach mehreren Stunden war ich komplett fertig mit der Welt. Mein Gehirn konnte unmöglich noch weiteren Stoff aufnehmen und so entschied ich mich den Berg aus Büchern, die ich heute benutzt hatte, weg zu räumen.

Ich überlegte gerade Hagrid besuchen zu gehen, als ich ein leises Schluchzen vernahm. Verwirrt stand ich auf und sah mich um. Konnte aber niemanden erkennen. Im November sind die Abschlussprüfungen des Schuljahres noch so fern, dass man hier selten jemanden zu Gesicht bekam. Doch ich hatte eindeutig etwas gehört.

Da war es wieder! Ich lief dem Geräusch entgegen und konnte neben dem Schluchzen eine männliche Stimme vernehmen, die sachlich und leise auf eine Person einredete. Ich hatte das Regal erreicht, hinter dem die Stimmen hervor kamen und lugte durch eine Lücke zwischen zwei Büchern auf die andere Seite.
 

„Daphne, jetzt beruhige dich.“

„Aber, ich dachte, dass das mit uns... also wir beide...“
 

~Oh bitte, lass es nicht das sein, was ich glaube!~
 

„Daphne, zwischen uns ist nichts.“ hörte ich Malfoys harte Worte. Ich mochte Daphne nicht besonders, aber sie tat mir trotzdem leid. Soweit ich es aus meinem Blickfeld heraus erkennen konnte, stand sie nah vor Malfoy und blickte ihn mit Tränen in den Augen an.

„Warum hast du so viel Zeit mit mir verbracht und die ganzen Gespräche, wenn...“

„Wir haben einfach nur viel geredet. Dagegen spricht nichts. Und jetzt beruhige dich doch bitte.“ sagte Malfoy und man konnte im letzten Teil, aber auch nur mit sehr viel Mühe und gutem Willen, einen Hauch Mitleid heraushören. Ich wollte mich schon wegdrehen, weil es mich ja eigentlich nichts anging, als...
 

„Geredet? Naja, ausgefragt hast du mich. Vor allem über die Vallenstone. Was interessiert die dich überhaupt? Nur weil ihre Mutter, die Schwester meiner war, heißt das noch lange nicht, dass ich irgendwas über diese Katastrophe auf zwei Beinen weiß. Sie ist schließlich nur ein Gryffindor.“
 

~WAS?~ Ich riss die Augen auf und blickte zu Malfoy, der sich einen Schritt von Daphne distanziert hatte und nachzudenken schien.

Es herrschte einen Moment Stille.
 

„Draco, warum gibst du uns denn keine Chance. Wir würden so gut zueinander passen, wir sind beide...“

~selbst eingenommen, unverschämt...~

„...von der selben Art. Meine Familie passt perfekt zu deiner und umgekehrt.“

Draco überbrückte den Abstand zu dem Mädchen und sah nun entschlossen auf sie herunter.

„Daphne...“ begann er, aber die Dunkelhaarige redete einfach weiter.

„Und die ein Nacht... ich mein, die war doch wirklich gut!“
 

~???~ Interessiert drückte ich mein Gesicht weiter durch die Lücke im Regal, um besser sehen zu könne wie Malfoy reagieren würde. ~Was war da in dieser Nacht?~
 

„Daphne, wir beide sind kein Paar und werden es auch nie sein.“
 

~Bäm, das hat gesessen.~ Ich konnte beobachten, wie die Slytherinschülerin ihren Gegenüber mit geschockt großen Augen ansah und dann schluchzend von ihm weggerannt. Schnell drückte ich mich in den Schatten eines weiteren Bücherregals, damit sie mich nicht sah.

Als ihre Schritte verklungen waren, entfernte ich mich langsam von dem Ort, wo Malfoy noch stehen musste.
 

~Unglaublich, da geht man in die Bibliothek um zu lernen und wird Zeuge eines Slytherin-Beziehungsdramas.~

In Gedanken versunken bemerkte ich nicht, wie sich mir jemand näherte.

~Daphne ist also meine Cousine mütterlicherseits. Unglaublich. Ich habe richtige Verwandte. Und was für welche... Warum wollte Malfoy diese Informationen von Daphne haben? Warum hat meine Mutter mich nicht bei ihrer Schwester untergebracht, anstatt bei einer Muggelfamilie...~
 

„Buh!“

Das schwere Buch über die Hexenverbrennung im Mittelalter, welches ich gerade ins Regal zurückstellen wollte, fiel mir aus der Hand. Ich drehte mich erschrocken um und blickte in zwei bekannte, blaugraue Augen.
 

„Malfoy! Was soll der Scheiß?“ Wütend drehte ich mich um und hob das Buch auf.

„Nicht so zickig!“

„Nicht so zickig...“ äffte ich ihn nach, während ich den dicken Wälzer mit deutlich zu viel Nachdruck an seinen richtige Stelle auf dem Regalbrett schob.

„Mach mich nicht nach, du...“

„Was?“ unterbrach ich ihn aufgebracht. „Dreckige Gryffindor? Ja, das wäre ja sehr innovativ! Ehrlich hast du nichts besseres drauf?“

Kurze Stille, dann:

„... unfreiwillige Lachnummer einer freizügigen Kamikazefliegerin.“
 

~Ok... zwei peinliche Ereignisse auf höchst beleidigende Art mit einer Klappe geschlagen.~ Ich wurde rot.
 

„Na innovativ genug? “ Malfoy lachte auf und verschränkte die Arme vor der Brust. In mir kochte alle Wut gegen ihn hoch und ich ließ mich zu einem verhängnisvollen Schritt hinreißen.
 

„Immerhin mache ich nicht den Tanzboden der Großen Halle unsicher und präsentiere dabei meine Unterhose.“ Draco Malfoy war sprachlos. Ich hatte es endlich mal geschafft.

Bevor er wieder zur Besinnung kommen konnte, quetschte ich mich an ihm vorbei und rief ihm aus einiger Entfernung noch „Übrigens, heißer Auftritt!“ zu.
 

Kaum war ich aus der Bibliothek getreten, rannte ich in Richtung Gryffindorturm, als wäre der Teufel hinter mir her. Und in gewisser Weise war er das ja auch. Ich konnte Malfoys Schritte hinter mir hören und sie kamen immer näher.

~Verdammt, verdammt! Schneller!~

„Das warst du?!“ hörte ich eine zornige Stimme erschallen.

Ich antwortete nicht, leugnen wäre eh zwecklos.

Keuchend erblickte ich mein Ziel und setze zum Schlusssprint an. Als ich meinte Malfoys Atem im Nacken zu spüren, mobilisierte ich meine letzten Kräfte.

~Geschafft!~

Bevor ich durch die Öffnung hinter dem Portrait der Fetten Dame sprang, sah ich meinen Verfolger keine drei Meter von mir entfernt anhalten.
 

„Das wirst du mir büßen, dreckige Gryffindor!“
 

„Wie gesagt, „dreckige Gryffindor“ ist nicht besonders innovativ, Malfoy!“ Und somit unterschrieb ich mein Todesurteil.
 

*****************************
 

Ich hoffe es hat euch gefallen!!! :-)
 

Hab euch lieb

Tabet

Verfolgungswahn

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 4:

Verfolgungswahn
 

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~Oh mein Gott! Was habe ich nur getan?~

Mit weit aufgerissenen Augen saß ich auf einem Sessel im Gryffindor Gemeinschaftsraum und starrte in die Flammen des Kamins.
 

„Mary? Alles in Ordnung?“

Ich drehte langsam den Kopf und blickte ausdruckslos in Rons Gesicht.

Der rothaarige Junge war mit Harry auf dem Quidditchfeld gewesen und auf dem Weg zum Schlafsaal hatten sie mich bemerkt.

~Was mach ich denn jetzt?~ überlegte ich verzweifelt und wand mich wieder dem Feuer zu.

„Hallo???“ fragte Harry mit gehobener Stimme und betrachtete meine verstörten Gesichtszüge.

„Was ist denn mit ihr los?“ konnte ich Ron hören, doch seine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. Ohne sie zu beachten lehnte ich mich mit meinem Rücken gegen die weichen Kissen des Sessels, zog meine Knie an den Oberkörper und verharrte in der Embryohaltung.

~Er wird mich umbringen...~

Ich sah in die lodernden Flammen des Kaminfeuers.

~...langsam und qualvoll...~

„Keine Ahnung, wir sollten Ginny oder Hermine holen.“ meinte Harry.

„Und er wird es wie einen Unfall aussehen lassen!“ flüsterte ich.

„Oder vielleicht gleich beide...“ schlug Ron vor.

Schritte entfernten sich und ich versank weiter in meinen Gedanken. Es war wirklich ziemlich dumm gewesen Malfoy so zu reizen.

~ „Das wirst du mir büßen...“ ~ wiederholte ich seine Worte in Gedanken. Ein kalter Schauer überkam mich.
 

„Mary?“

Jemand setzte sich vorsichtig auf die Lehne meines Sessels und berührte mich an der Schulter. Ich drehte meinen Kopf und erkannte Ginny.

„Was ist denn passiert?“ fragte die Rothaarige sanft. Im Hintergrund konnte ich Ron und Harry mit Hermine im Schlepptau erkennen.

„Er weiß es!“ antwortete ich.

„Was?“ Meine Freundin blickte mich verwirrt an und ich erwachte aus meiner Starre.

„Malfoy... er weiß, dass ich diejenige bin, die ihn verhext hat.“ erklärte ich und merkte wie meine Stimme einen leicht hysterischen Klang angenommen hatte.

„Ohhh.“ war alles was Ginny dazu einfiel. Die anderen hatten sich auf ein Sofa in meiner Nähe gesetzt und blickten sich fragend an.

„Ginny, er wird mich umbringen.“

„Aber wie konnte er es überhaupt herausbekommen?“ fragte die jüngste Weasley.

„Naja...“ Ich schaute auf meine Hände.

~Ja, wie war das noch mal? Ein dummes Mädchen hatte sich nicht unter Kontrolle und musste alles ausplaudern. ~

Hermine beäugte mich kritisch und seufzte dann auf.

„Du hast es ihm gesagt!?“ Ihre Worte waren mehr eine Feststellung, als eine Frage.

„Weißt, du, es waren eher Hinweise...“

„Oh Mary, das ist doch wohl nicht dein Ernst?“ entfuhr es Ginny und sie sah mich vorwurfsvoll an. „Ich hab dir doch gesagt, dass du aufpassen sollst. Mit Malfoy ist da nicht gut Kirschen essen. Wie hast du es überhaupt geschafft ihm nach deiner Beichte zu entkommen.“

„Ich kann recht schnell rennen und hatte einen Vorsprung.“

Hermine und Ginny warfen sich einen Blick zu.

„Was machen wir denn jetzt?“ fragte ich hoffnungsvoll und sah in die Runde.

„Wieso wir?“ Ginny hatte sich erhoben und auf dem Sofa neben Harry platz genommen.

„Ich dachte wir wären Freunde und... Oh, bitte lasst nicht zu, dass mich Malfoy in die Finger bekommt.“ Ich schaute sie flehend an.

Meine Freunde rückten näher zusammen und begannen miteinander zu flüstern.

„Hallo?“ fragte ich.

Die Vier blickte kurz zu mir herüber und schoben dann erneut ihre Köpfe zusammen, um weiter zu diskutieren.

Nach einer Weile lehnten sie sich zurück und ich sah verzweifelt von einem zum anderen.
 

„Gut, wir wüssten da ein paar Sachen, die dir helfen können. Aber wir garantieren für nichts.“

~*~*~

Am Montag Morgen stand ich ausnahmsweise beim ersten Klingeln des Weckers auf und machte mich im Bad fertig.

Die gestrige Nacht war anstrengend gewesen. Meine Freunde hatte mir mehrere Zauber beigebracht, dir mich eventuell vor Malfoy schützen könnten. Danach hatte Hermine anhand meines Stundenplans die verwundbarsten Zeiten des Tages analysiert. Besonders gefährlich war es zwischen den einzelnen Schulstunde. Bei einigen Fächern waren meine Freunde ganz in der Nähe und sie würden auf mich achten können. Oft musste ich mich aber alleine durchschlagen. Dafür lieh mir Harry seinen Tarnumhang.

Eben diesen nahm ich nun prüfend in die Hände und verstaute ihn in meiner Tasche. Danach verließ ich den Schlafsaal.

In Gedanken lief ich die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum herunter und wartete auf meine Freunde. Dabei stieß ich fast mit Seamus zusammen, der die Treppe zum Jungenschlafsaal herunter gesprungen kam.
 

„Oh, guten Morgen!“ begrüßte er mich und ein spitzbübisches Grinsen lag ihm auf den Lippen. Seine Haaren waren total zerzaust und irgendwie fand ich das er unanständig aussah.

~Gut unanständig...~

„Hey, gut geschlafen?“ fragte ich und konnte nicht anders als ihn blöde lächelnd anzustarren.

„Ja und du?“ Er kam näher auf mich zu und blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen.

~Oh man, ich kann ihn riechen... er riecht so gut...~

„Mary?“

„Mhmmm...“ murmelte ich und blickte verträumt zu ihm hoch.

Seamus begann zu lachen. Dann legte er seine Hände auf meine Schulter und beugte sich zu mir herunter, sodass er auf gleicher Augenhöhe mit mir war.

„Ich hab gefragt, ob du auch gut geschlafen hast.“

„Was, ähm, ja... hab ich. Ganz toll!“ antwortete ich ihm endlich und konnte nicht umhin zu bemerken, dass er mir so nah war, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen schmecken konnte.

„Na dann bin ich ja beruhigt.“ er entfernte sich ein Stück von mir und grinste mich an. „Sollen wir vielleicht zusammen zum Frühstück gehen?“

„Ich muss noch auf die anderen warten...“ Das musste das Stichwort gewesen sein. Denn Hermine und Ginny erschienen am oberen Ende der Treppe und kamen auf uns zu. Als nach ein paar Minuten auch Harry und Ron zu uns stießen, machten wir uns auf den Weg in die Große Halle.

Tag 1 des „Malfoy-überleben-Bootcamps“ war angebrochen.
 

In der Großen Halle angekommen saß ich unruhig auf meinem Platz am Gryffindortisch.

„Jetzt guck nicht ständig zu ihm rüber, Mary!“

Ginny hatte ja recht, aber ich war einfach total nervös. Die ganze Zeit glaubte ich Malfoys Blick auf mir zu spüren und sah vor meinem inneren Auge, wie er aufstand und seinen Zauberstab auf mich richtete.

~Wer sollte denn da ruhig bleiben?~

Also drehte ich mich alle paar Minuten um und musste feststellen, dass der blonde Slytherin geschäftig mit Pansy Parkinson redete, oder im Tagespropheten las.

~Das ist nur die Ruhe vor dem Sturm... Verfolgungswahn!.. Halt die Klappe!~~

~*~*~

Vorsichtig lief ich durch die Menge. Der Tarnumhang lag federleicht auf meinem Körper, doch es war trotzdem schwierig mit ihm unbemerkt durch das belebtes Hogwarts zu gelangen. Ständig lief ich Gefahr angerempelt zu werden und musste mich in in Sicherheit bringen.

Den ersten Schultag hatte ich aber unbeschadet überlebt: Nach dem Frühstück hatte mich Ginny auf dem Weg zu meiner Doppelstunde Zaubertränke begleitet, bevor sie zu ihrem eigenen Unterricht aufgebrochen war. Danach war ich mit Hilfe des Tarnumhangs in den dritten Stock zu Verteidigung gegen die Dunklen Künste gelangt und anschließend zu Muggelkunde. Dort hatte mich Hermine nach dem Unterricht abgeholt und zum Klassenraum von Geschichte der Zauberei gebracht, da es auf Ihrem Weg zur Bibliothek lag.

~So wie die auf mich acht geben, müssen sie Malfoy wirklich einiges zutrauen...~ überlegte ich auf dem Weg zum Mittagessen.
 

Als ich um eine Ecke bog konnte ich eine Gruppe Slytherins ausmachen, die ebenfalls Richtung Große Halle liefen. Zunächst war ich beim Anblick der Grünen Säume stehengeblieben, doch Malfoy war nicht unter ihnen. Das einzige mir bekannte Gesicht war das von Daphne Greengrass, die am Ende der Gruppe lief und ein Buch in den Händen hielt. Als eine andere Schülerin zu ihr aufschloss, klappte Daphne das Buch zu und nestelte mit ihrer linken Hand am Verschluss ihrer Umhängetasche. Ihre Freundin vertiefte die Slytherinschülerin in ein angeregtes Gespräch und Daphne lies das Buch achtlos im Inneren der Tasche verschwinden. Dabei bemerkte sie nicht, wie ihr ein weißer Umschlag herausfiel. Als ich die Stelle erreichte zögerte ich kurz und nahm den Brief dann an mich. Lautlos wartete ich, bis die Slytherins in den nächsten Gang gebogen waren und niemand mehr im Flur zu sehen war. Dann nahm ich die Kapuze des Tarnumhangs ab und betrachtete den Brief in meinen Händen. Absender: Tara Daphne Greengrass. Das musste Daphnes Mutter sein. Und nun konnte ich meine Neugierde nicht mehr bremsen.

~Sie ist immerhin meine Tante, also bleibt es in der Familie!~

Der Umschlag war noch nicht geöffnet worden, also erledigte ich das. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich doch ein paar Gewissensbisse hatte, während ich die zusammengefaltete Seite Pergament hervor zog. Allerdings nicht besonders viele. Stumm begann ich zu lesen.
 

„Liebe Daphne,

ich muss dir leider mitteilen, dass wir dich dieses Jahr nicht über Weihnachten aufnehmen können. Tante Sarintha wird dich in Kings Cross abholen. Dein Vater und ich haben wichtige Termine, aber vielleicht sehen wir uns über Silvester. Übrigens möchte ich keine Briefe mehr mit Fragen über meine Schwester von dir erhalten. Unsere Familienangelegenheiten gehen niemand etwas an. Weder Draco Malfoy noch Marianne Vallenstone. Ich hoffe ich habe mich klar ausgedrückt.

In Liebe,

Mum“
 

~In Liebe Mum? Ja klar, der Brief trieft ja gerade zu vor Liebe... Aber warum will sie nicht, dass Daphne mit mir über ihre Familie redet? Nicht das da Gefahr bestünde, dass wir überhaupt miteinander reden wollen würden. Aber was steckt dahinter?~

Nachdenklich betrachtete ich die säuberliche Handschrift. Irgendetwas ging in dieser Familie vor und ich musste da mit drin hängen. Sonst wäre es ja völlig sinnlos gewesen meinen Namen zu erwähnen.

Ich faltete das Pergament zusammen und lies es im Umschlag verschwinden. Anschließend reparierte ich den Brief mit meinem Zauberstab. Ich wollte ihn Daphne unauffällig wiedergeben, aber sie sollte besser nicht mitbekommen, dass ihn schon jemand vor ihr geöffnet hatte. Ein letztes Mal blickte ich auf die Adresse des Absender und verstaute dann den Umschlag in meiner Rocktasche. Danach warf ich mir den Tarnumhang über den Kopf und ging zur Großen Halle.
 

Der restliche Montag verlief recht ereignislos. Ich verbrachte den Nachmittag mit Ginny in der Bibliothek, wo ich einen Aufsatz für Geschichte der Zauberei fertig stellte und die Gelegenheit bekam Daphne ihren Umschlag wiederzugeben. Sie lieh sich gerade ein Buch über Gegengifte aus, als ich, wie zufällig, zu einem Regal in ihrer Nähe lief und sie anrempelte. Dabei riss ich ihr die Tasche von der Schulter und der Inhalt verteilte sich auf dem Boden. Ich half der tobende Slytherinschülerin beim Einsammeln und schmuggelte so den Brief in ein Seitenfach ihrer Tasche. Bis auf eine ordentliche Hasstirade, die ich mir anhören musste, lief alles wie geschmiert.
 

Als ich am Ende des Tages schließlich im Bett lag wurde ich unruhig. Malfoy hatte bis jetzt noch nicht einmal den Versuch unternommen mir etwas anzutun. Eigentlich müsste ich ja darüber glücklich sein, aber ich traute der Sache nicht. Der Slytherin tat so, als würde ich nicht mal existieren und ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte.

~*~*~

Am nächsten Morgen wurde ich wie gewohnt von Hermine wach gerüttelt. Ich war spät dran und stürmte ins Badezimmer. Durch mein Talent, die Wimpern mit der rechten Hand zu tuschen während ich mit der linken die Zahnbürste führte, war ich fast zeitgleich mit Ginny fertig und wir liefen gemeinsam zum Frühstück.
 

Ich war gerade dabei eine große Portion Rührei zu verspeisen, als Ginny meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes richtete.

„Seit wann schmeißt sich die Greengrass eigentlich nicht mehr an unseren Lieblingsslytherin ran?“

Ich folgte ihrem Blick und sah Daphne abseits ihrer Freunde sitzen. Das Mädchen stocherte mit der Gabel auf ihrem Teller herum und schien nichts um sich herum wahr zu nehmen.

„Erstens, weil Malfoy ihr klar gemacht hat, dass sie nur eine Kerbe in seinem Bettpfosten ist und...“ begann ich, unterbrach mich aber selber. Das mit dem Brief wollte ich lieber für mich behalten. Auch das ich mit der dunkelhaarigen Slytherin verwandt war, hatte ich bisher verschwiegen. Und ich hatte eigentlich keine große Lust am Frühstückstisch über die neusten Erkenntnisse meines Familienstammbaums zu sprechen.

„Was? Woher weißt du so was?“ fragte mich meine Freundin verwundert.

„Ich hab letztens ein Gespräch zwischen den beiden belauscht. Jetzt guck nicht so, das hat Malfoy wirklich nicht bemerkt! Auf jeden Fall hat sie ihn quasi angefleht mit ihr zusammen zu sein. Dabei hat sie von einer Nacht gesprochen, die „doch gut“ gewesen wäre, aber er hat nö gesagt.“

„Nö?“

„Naja... im übertragenen Sinne. Wörtlich war es glaub ich „Wir beide sind kein Paar und werden es auch nie sein.“. Hat sie ziemlich umgehauen. Sie ist weg gestürmt und ich hab mich auch aus dem Staub gemacht.“

„Wahnsinn! Ich fand immer, dass ihr schwarzes Haar gut zu seiner Seele passen würde.“

Ich musste lachen. Da hatte Ginny definitiv recht.
 

Nach dem Frühstück hatte ich eine Stunde Verwandlung, eine Doppelstunde Zauberkunst und eine Doppelstunde Kräuterkunde. Heute fiel es mir schon bedeutend leichter mit dem Tarnumhang durch die Gänge zu marschieren. Zwischen Zauberkunst und Kräuterkunde begegnete ich Malfoy in der Eingangshalle. Er lief gerade mit Crabbe und Goyle Richtung Kerker, als ich die Treppe zum Eingangsportal herunterlief. Zunächst wollte ich reflexartig umdrehen und davon laufen, bis mir einfiel, dass mich ja der Tarnumhang schützte. Oder besser schützen sollte. Denn als ich am Fuß der Treppe angelangt war, blieb Malfoy stehen und drehte sich um.

~Nicht schreien, nichts sagen, am besten aufhören zu atmen...~

Malfoys Augen wanderten durch die Eingangshalle. Außer uns war kein Schüler in der Nähe und ich hatte ein ungutes Gefühl.

~Vielleicht kann er meine Angst riechen...~ überlegte ich panisch. Malfoys Blick verharrte kurz an der Treppe, doch im nächsten Moment wand er sich ab und verschwand.

Ich atmete auf und begab mich zu Kräuterkunde.

~Dieser Tarnumhang ist wirklich Gold wert!~
 

Nach dem Unterricht traf ich die andern beim Mittagessen. Harry erinnerte Ginny und Ron gerade an das am Nachmittag stattfindende Quidditchtraining. Am Sonntag war das Spiel Gryffindor gegen Ravenclaw. Und hier galt es zu siegen, wie Ron öfters betonte.

Während meine Freunde über eine neue Taktik für das Spiel fachsimpelten, schnappte ich mir eine handvoll Weintrauben und ließ meinen Blick durch die Große Halle wandern. Am Lehrertisch fiel mir auf, dass Professor Flittwicks Augenbrauen mittlerweile fast komplett nachgewachsen waren. Als ich an den Tag zurück dachte, an dem ich den armen Mann fast in die Luft gejagt hatte, legte sich ein Grinsen auf meinen Lippen. Es war schon wirklich witzig gewesen, so im Nachhinein betrachtet. Gedankenverloren wand ich mich vom Lehrertisch ab und mein Blick blieb an Malfoy kleben. Welch ein Wunder...

Der blonde Slytherin war diesmal scheinbar nicht auf Weiberfang oder profilierte sich vor seinen Freunden. Er saß einfach nur am Tisch und starrte in den Himmel. Eingehend betrachtete ich seine markanten Gesichtszüge und die hellen, durchdringende Augen, die ich trotz der Entfernung noch gut erkennen konnte.

~Wenn man nicht wüsste was für ein durchtriebener, boshafter...~

„Mary? Hallo??? Wir gehen jetzt zum Training!“ unterbrach Ginny meine Gedanken. Ihr kritischer Blick wanderte zu Malfoy und lag dann verwundert auf mir. Doch bevor ich sie Fragen konnte, warum sie mich so musterte, war sie schon mit dem Rest des Gryffindor Quidditchteams davon geeilt.
 

Das Mittagsessen neigte sich dem Ende zu und ich lief mit Hermine Richtung Eingangshalle. Plötzlich spürte ich einen Arm, der sich auf meine Schulter legte und drehte mich um. Eigentlich hatte ich mit einem Überraschungsangriff von Malfoy gerechnet und war automatisch blass geworden.

„Hey, ich bin es doch nur!“ meinte Seamus beruhigend und betrachtete verwirrt mein Gesicht.

„Oh gut. Hallo!“

~Gott Mary, jetzt dreh doch nicht gleich am Rad! Das ist ja übel mit deinem Verfolgungswahn.~

„Hast du jemand anderes erwartet?“

„Nein? Nein. Möchtest du etwas bestimmtes?“ fragte ich und lächelte Seamus, der immer noch seinen Arm um mich gelegt hatte, an. Hermine verabschiedete sich mit dem Vorhaben in der Bibliothek zu lernen und so waren wir allein.

„Ich wollte nur wissen, ob unsere Erstklässlerin heute Nachmittag gegen fünf Uhr Zeit hätte. Wir könnten etwas spazieren gehen, wenn du Lust hast.“

~YEAH! WUHUUUUU!!!~

„Ich denke, das lässt sich einrichten.“ antwortete ich, während meine innere Stimme die Sektkorken knallen lies.

„Sehr gut. Dann würde ich sagen treffen wir uns einfach hier in der Eingangshalle?“

„Alles klar. Bis später dann.“

Seamus nickte, lief die Treppe zum erstes Stockwerk hoch und verschwand im linken Gang. Ich stand noch kurz in der Tür zur Großen Halle und schaute ihm nach. Dann wand ich mich nach rechts und blieb einige Metern später wieder stehen. Vor Freude kribbelte es in meiner Bauchgegend so stark, dass es sich anfühlte, als würde eine elektrische Spannung durch meinen Körper rauschen. Glücklich hüpfte ich schnell um die eigene Achse, um meine Gefühle herauszulassen.

~Ich treff' mich mit Seamus, ich treff' mich mit Seamus!!!~

Zu dumm nur, dass ich mich vorher nicht vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war.
 

„Wie süß, hat die kleine Gryffindor einen Verehrer?“

Ich hielt mitten in der Bewegung inne und starrte die Wand vor mir an.

~Ohoh, nicht hingucken! Vielleicht geht er ja von selbst weg... Das glaubst du doch selber nicht!~

Unentschlossen drehte ich mich nun doch um und erblickte Malfoy, der keinen Meter von mir entfernt lässig an der steinernen Wand lehnte.

„Hat es dir die Sprache verschlagen? Mach dir keinen Vorwurf, ich habe diese Wirkung oft auf Frauen.“

~Oh man!~

Ich konnte nicht anders als die Augen zu verdrehen. Was war das denn bitte für ein Spruch? Doch in diesem Moment warf Malfoy einen kurzen Blick über seine Schulter, stellte fest, dass kein Schüler oder Lehrkörper in der Nähe war und zückte seinen Zauberstab.

„Petrificus totalus!“
 

Starr stand ich da. Malfoy hatte mich versteinert und ich war nicht fähig auch nur einen Finger zu rühren. Lediglich meine Augen konnte ich noch bewegen.

Während ich, geschockt über meinen Zustand, wild mit den Augenlidern blinzelte, überbrückte Malfoy die letzten Zentimeter zu mir und griff nach meine Tasche.

„Weiße du, Vallenstone, ich fand es ja ganz niedlich zu beobachten, wie du dich gestern und heute mit deinem Tarnumhang in Sicherheit gewogen hast. Aber hast du wirklich geglaubt ich würde das nicht durchschauen?“

Nachdenklich musterte der blonde Slytherin mein Gesicht und zog Harrys Tarnumhang aus dem großen Fach meiner Tasche hervor.

~Er hat es die ganze Zeit gewusst. Moment, hat der mich beschattet? Hat wohl nichts besseres zu tun. Der Kerl braucht dringend ein Hobby.~

Ich versuchte möglichst feindselig in das Gesicht meines Peinigers zu stieren, doch der grinste nur zurück. Er war ja auch nicht derjenige, der total bewegungsunfähig an der Wand stand.

~Hilfe!!!!~

Ich konnte beobachten, wie Malfoys rechte Hand über den glatten Stoff des Umhangs fuhr und er die linke meinem Gesicht entgegenstreckte. Zunächst dachte ich er würde mir eine Ohrfeige verpassen wollen, doch seine Finger strichen nur leicht über meine linke Wangen.

Ich hielt den Atem an.

Sein Zeigefinger verweilte einen Moment an meiner Unterlippe. Mit den Augen verfolgte ich alles und sah schließlich verwirrt in das Gesicht des Slytherinschülers. Ich konnte seinen Blick unmöglich deuten. Mein Herzschlag hatte sich beschleunigt und die Stellen, an denen er mich berührte, begannen zu kribbeln.

Malfoy schüttelte den Kopf und ein höhnisches Grinsen legte sich auf seine Lippen. Er löste die Finger von meinem Gesicht und umfassten stattdessen den Saum des Tarnumhangs. In einer flüssigen Bewegung legte er mir den Stoff um die Schultern und setzte mir als Krönung noch die Kapuze auf.

„So, es wird spät. Ich hab noch einiges vor. Also lass dich nicht weiter stören.“ meinte er und drehte sich um. Mit großen Augen sah ich empört zu wie er davon lief und wollte schreien. Stattdessen kam nur ein Brummen aus meinem Hals. Ohne sich umzudrehen hob Malfoy den Zauberstab in meine Richtung und sagte. „Silencio!“

Nun konnte ich keinerlei Laute mehr von mir geben. Fassungslos beobachtete ich wie Malfoy verschwand.
 

~Hallo?~
 

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Tabet

The winner takes it all

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 5:

The winner takes it all
 

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Wenn man stundenlang an einer Stelle steht und unfähig ist sich zu bewegen, beginnt man über alle möglichen Dinge nachzudenken. Die Themenspanne ist da weit offen: Gott, die Welt, die Liebe, menschliche Probleme... Ich stellte als erstes fest, dass ich auf Toilette musste.

Ganz schön schlechter Zeitpunkt.

~Ob Malfoy das auch mit einem Zauberspruch beschworen hat, damit mir die Tortur noch unerträglicher erscheint?~

Im Endeffekt lag es aber wohl an dem halbe Liter Kürbissaft, den ich beim Mittagessen in mich aufgesogen hatte.

Resignierend musste ich zusehen, wie die Schüler von Hogwarts aus der Großen Halle marschierten und sich anschließend zu verschiedenen Zielen aufmachten. Niemand bemerkte mich. Ich hatte zumindest gehofft, dass jemand in mich hineinlaufen würde und ich somit gerettet werden könnte. Aber ich stand gut platziert an der Wand platziert da. An der Stelle liefen für gewöhnlich keine Schüler entlang.

~Nur du musst natürlich dort herum hopsen!... Halt die Klappe!~
 

Die Minuten verstrichen wie Stunden und mein Körper begann zu schmerzen. Dieses starre Stehen war unglaublich unangenehm. Außerdem war mir langweilig.

~Kann hier nicht mal etwas mehr Action sein?~

Die Eingangshalle war wie ausgestorben. Nur ab und an, sah man einen Schüler Richtung Hof oder zurück laufen.

~Das kann Malfoy doch nicht einfach machen. Gut, ich hab ihn vor der versammelten Schülerschar tanzen und seine Unterhose präsentieren lassen... Ah, ich wünschte ich hätte die Chance gehabt ihm ebenfalls ein bedrohliches „Das wirst du mir büßen, dreckiger Slytherin!“ hinterher zu rufen.~
 

Ich wusste nicht wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, aber ich versuchte mich abzulenken. Keine einfache Angelegenheit, wenn man körperlich so eingeschränkt ist.

~I want to break free. I want to break free. I want to break fee from your lies, you're so self satisfied I don't need you. I've got to break free.~ Nur mir konnte in so einer Situation dieses Lied von Queen einfallen. Irgendwie passend. ~God knows, god knows I want to break...~
 

Ich wurde aus den Gedanken gerissen: Durch das Eingangsportal hastete ein kicherndes Mädchen und hinter ihr rannte ein grinsender Junge. Sie schienen eine Art Fangen zu spielen, wobei sich die Schülerin extra dumm anstellte, damit ihr Freund sie doch packen konnte.

Die beiden waren keine drei Meter von mir entfernt und ich konnte beobachte wie der Junge leidenschaftlich seine Lippen auf ihre legte.

„Thomas...“ Das Mädchen beendete atemlos seine Kuss und ging rückwärts auf mich zu. Der Angesprochene blickte nur herausfordernd und lief ihr hinterher. Sie quiekte auf, als er sie zu sich zog und gegen die Wand drückte.

Da sie sich nun direkt neben mir befanden, konnte ich sie unfreiwillig genauer betrachten. Beide waren aus Ravenclaw und ungefähr in meinem Alter. Das Mädchen hatte schulterlanges braunes Haar, dass gelockt ihr Gesicht umrahmte. Der schwarzhaarige Junge blickte seinen Freundin mit glühendem Blick an.

„Was denn?“ Konnte ich seine Stimme hören und sah geschockt zu, wie er seine Hände über ihren Körper wandern lies.

~Oh, bitte nicht!~ Ich versuchte mich abzuwenden, aber dahingegen war ich ja recht unflexibel. Also drückte ich fest die Augen zu und wartete. Das schlimmste an der Situation war, dass ich mir nicht die Ohren zuhalten konnte. Zu mir drangen schwere Atemzüge und ab und an erklang leises Gekicher.

Bei den beiden wünschte ich mir nicht, dass sie mich zufällig entdecken würden. Das wäre definitiv eine Situation, in die ich nicht geraten wollte. Und meinen vorherigen Wunsch nach mehr Action bereute ich ebenfalls zutiefst.

„Du glaubst gar nicht, wie heiß du bist, Lira...“

Erneut konnte ich Gekicher vernehmen und betete zum Himmel, dass man mich aus dieser Situation erlösen möge.

„Nein, hör auf... nicht hier!“

~Gute Idee!!!~

Ich spürte einen Luftzug und öffnete vorsichtig die Augen. Lira und Thomas liefen die große Treppe der Eingangshalle empor und waren wenig später aus meinem Blickfeld verschwunden.
 

Erleichtert atmete ich auf und genoss einen Moment meine Einsamkeit.

~Wie funktioniert das hier eigentlich mit der „Privatsphäre“? Schlafsäle sind dafür ja nicht besonders geeignet. Wahrscheinlich ist man auf leere Klassenzimmer und ausgestorbene Flure angewiesen. Aber bequem ist das bestimmt auch nicht...~

Während ich so vor mich hin dachte und zu dem Entschluss kam, Ginny diesbezüglich zu fragen, bemerkte ich aus den Augenwinkeln eine Gestalt am oberen Ende der Treppe. Es war Seamus.

~Den hab ich ja vollkommen vergessen...~

Was nun folgte war noch schwerer als Thomas und Lira zu ertragen.

Seamus blieb am Ende der Treppe stehen und sah sich um. Scheinbar war er zu früh, denn er lehnte sich an das Geländer und fuhr sich nervös durchs Haar.

Die Minuten verstrichen und ich konnte sehen wie er immer häufiger auf seine Armbanduhr sah.

Am Ende setzte er sich ernüchtert auf die Treppe und blickte zur Decke. Er tat mir so leid.

~Was wird er nun von mir denken?~
 

Seamus wartete einen ganze Stunde auf mich. Dann liefen die ersten Schüler an ihm vorbei Richtung Große Halle, um zu Abend zu essen.

Das Eingangsportal wurde geöffnet und die schnaufende Quidditchmannschaft von Gryffindor torkelte herein. Harry und Ginny liefen händchenhaltend vorneweg und beide sahen ziemlich fertig aus.

Die Rothaarige gähnte ausgiebig und bemerkte dann Seamus auf der letzten Stufe der Treppe sitzen.

„Hey! Was machst du denn hier so alleine?“ fragte sie. Der dunkelhaarige Junge stand auf und blickte noch einmal suchend durch den Raum.

„Ich habe auf Mary gewartet. Wir waren hier verabredet gewesen, aber sie ist nicht gekommen.“

„Komisch. Das passt gar nicht zu ihr. Weißt du, ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ihr etwas wichtiges dazwischen gekommen ist.“

~Wie mans nimmt...~

„Ja wahrscheinlich.“ Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber er lies etwas den Kopf hängen.

„Das wird sich schon klären.“ meinte Ginny und fügte dann hinzu „Glaub mir, nie im Leben würde Mary freiwillig auf ein Treffen mit dir verzichten...“

~Ginny, aus!~

Seamus hatte den Kopf gehoben und ich konnte sehen, wie die Rothaarige ihm zuzwinkerte. Dann machten sich alle auf den Weg zum Abendessen, während ich noch an der selben Stelle wie vor drei Stunden stand.

Mein Magen knurrte und ich musste noch immer auf Toilette. Langsam war die ganze Sache nicht mehr lustig.

Meine Glieder schmerzten und als dann auch noch Malfoy mit einem Slytherinmädchen im Arm an mir vorbeischlenderte, war alles vorbei.
 

Die nächste Stunde war auch nicht besser. Doch ich hatte die leichte Hoffnung, dass meine Freunde nun merken würden, dass hier etwas nicht stimmte. Niemand hatte mich nach dem Mittagessen mehr gesehen und Seamus hatte ich auch versetzt. Das sollte ihnen doch komisch vorkommen.

Und tatsächlich: Nach dem Abendessen traten Hermine, Ron, Harry und Ginny, sowie Seamus und Dean aus der Großen Halle.

„Wir teilen uns am besten auf! Hermine und Ginny, ihr seht im Schlafsaal nach. Dean, Seamus, ihr geht zur Bibliothek. Und Ron und ich werden die wichtigsten Gänge ablaufen. Einverstanden?“ Harry schaute fragend in die Runde. Alle nickten und verschwanden dann. Es war ziemlich süß, dass erst Seamus über eine Stunde auf mich gewartet hatte und nun alle meine Freunde nach mir suchten. Aber sie erneut davonlaufen zu sehen, war einfach nur grausam.
 

Langsam strömten immer mehr Schüler aus der Großen Halle und verschwanden in ihren jeweiligen Gemeinschaftsräumen. Es wurde still und ich schloss gequält die Augen. Was war das nur für ein Tag?

~Ich wünschte.. Oh mein Gott!... Ich wünschte tatsächlich Malfoy wäre wenigstens hier.~

So trostlos hatte ich mich nicht mehr gefühlt, seit ich mich beim Ende von Titanic weinend unter meiner Kuscheldecke versteckt hatte.
 

„Na, hatten wir einen schönen Tag?“ Wäre ich nicht bewegungsunfähig gewesen, hätte es mich wahrscheinlich umgehauen.

Vorsichtig wurde ich von dem Tarnumhang befreit und blickte in Malfoys zufriedenes Gesicht. Ich war so fertig mit der Welt, dass ich mir nicht mal mehr die Mühe gab wütend zu gucken.

Der Slytherin hatte seinen Zauberstab in den Händen und wenig später beendete er den Lähm- und Schweigezauber. Es kam alles so plötzlich, dass mich die Erkenntnis zu spät traf und ich meine Beine nicht kontrollieren konnte. Dummerweise kippte ich somit frontal auf Malfoy drauf und gemeinsam stürzten wir zu Boden.

~Ok Mary, was ist hier los???~

Es dauerte etwas, bis ich die Situation durchschaut hatte.

~Ich liege auf Draco Malfoys Brust!~

Einen Augenblick herrschte Stille. Dann nahm ich Malfoys schnellen Herzschlag war.

~AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!!!~

So schnell ich konnte krabbelte ich von dem blonden Jungen herunter und versuchte mich aufrecht hinzustellen. Erhabenheit blieb dabei auf der Strecke.

Nachdem ich halbwegs sicher stand, drehte ich mich um und blickte zu dem Slytherin, der lässig am Boden saß und sich mit dem rechten Arm abstützte.

Es war ein seltsamer Anblick. Der Schönling Draco Malfoy hockte am dem Fußboden, hatte zerzauste Haare und starrte mich durchdringend an.

~Man, ein Scheinwerfer und ich könnte glauben wir würden ein Fotoshooting machen.~

Dann fiel mir wieder ein, was er mir heute angetan hatte und ich wurde wütend. Richtig wütend. Wäre ich meiner vollen körperlichen Kraft Herr gewesen, hätte ich ihn vermutlich verprügelt. Stattdessen richtete ich meinen Zeigefinger auf ihn und versuchte ihn mit Blicken zu töten.

„Das wirst du mir büßen, dreckiger Slytherin!“

~Hahaaaa!~

Dramatisch wand ich mich von ihm ab. Dann durchquerte ich die Eingangshalle und steuerte die nächstgelegene Mädchentoilette an. Bevor ich außer Hörweite war, vernahm ich noch Malfoys Auflachen, gefolgt von folgenden Worten: „Dreckiger Slytherin ist nicht besonders innovativ.“

~Ich bring ihn um!~
 

Nachdem ich dem Drang meiner Blasen endlich nachgekommen war, fiel mir ein, dass ich noch Astronomie hatte. Bei einem Blick auf meine Armbanduhr verdrehte ich die Augen.

~Wozu sollte ich auch Zeit habe mich auszuruhen?~

Missmutig machte ich mich auf den Weg zum Astronimieturm und merkte bei jedem Schritt, wie stark mein Körper in Mitleidenschaft gezogen worden war.
 

Gegen halb zehn quälte ich mich zum Gemeinschaftsraum, wo ich schon sehnlichst erwartet wurde.

Kaum war ich durch das Portrait der Fetten Dame getreten, stürzte Ginny auf mich zu und umarmte mich.

„Da bist du ja! Wir haben dich überall gesucht. Geht es dir gut?“

Ich blickte sie müde an und brachte dann ein ärmliches Lächeln zustande.

„Mir geht’s gut, ich bin nur sehr geschafft.“

„Aber was ist denn genau passiert?“ fragte Hermine, die im Schneidersitz vor dem Kamin saß.

„Malfoy!“ war alles was ich dazu sagen wollte. Mein Blick fiel auf Seamus, der mit Dean auf einem Sofa saß und mich musterte. Ich schluckte schwer und ging auf ihn zu.

Als ich direkt vor ihm stand, zögerte ich kurz. Während der letzten Stunden hatte ich mir eine Menge geistreicher Worte überlegt, die ich ihm sagen wollte, um mich für das verpasste Treffen zu entschuldigen. Leider konnte ich mich an kein einziges davon erinnern und was genau zwischen mir und Malfoy lief, konnte und wollte ich ihm nicht sagen.

„Es tut mir leid, dass ich nicht gekommen bin. Aber es lag wirklich nicht in meiner Macht. Glaub mir bitte.“ murmelte ich und drückte ihm mit meine Lippen einen sanften Kuss auf die Wange. Mehr fiel mir nicht ein.

Seamus war sprachlos und ich wollte einfach nur ins Bett.

Als ich auf halbem Weg zum Schlafsaal war, kramte ich noch in meiner Tasche und warf Harry seinen Tarnumhang zu.

Den würde ich nicht mehr benutzen, so viel stand fest.

„Gute Nacht!“

~*~*~

„Piep, piep, piep...“ Der Wecker riss mich aus meinen Träumen und ich öffnete verschlafen die Augen. Als ich meine Hand zu dem lärmenden Gerät streckte, kamen die Erinnerung an den gestrigen Tag in mir hoch.

~Der wird heute was erleben! Ich weiß zwar noch nicht was, aber er wird es erleben.~

Ich streckte mich und hörte mehrere knackende Geräusche von meiner Wirbelsäule.

~Verdammter Petrificus totalus! Wie soll ich das denn toppen?~

Ich schwang meine Beine über die Bettkante und tapste ins Badezimmer. Beim Duschen ging ich alle Zaubersprüche durch, die ich gelernt hatte und überlegte mir, wie ich sie einsetzen könnte. Danach fühlte ich mich viel besser. Ich hatte zwar Muskelkater vom starr Herumstehen, aber ich fühlte mich ausgeruht und meine Rache verlieh mir Flügel.

Ich zog mir meine Schuluniform an und weckte Hermine, indem ich sie an ihren Schultern packte und schüttelte.

~Das wollte ich schon immer mal machen!~

„Mary? Was ist denn los?“ fragte die Brünette verwirrt.

„Nichts, du sollst nur aufstehen.“

Ginny war ebenfalls wach geworden und die beiden schauten mich ungläubig an. Mir schoss eine grobe Idee für meinen Rachefeldzug in den Kopf und bevor ich aus dem Schlafsaal hüpfte, wand ich mich an meine rothaarige Freundin.

„Ach ja, Ginny, ich müsste mir wahrscheinlich mal deinen Besen ausleihen? Ist das ok? Gut, dann geh ich jetzt schon mal zum Frühstück, bis gleich!“
 

Drei Stunden später hatte ich meinen Plan ausgearbeitet und begann ihn in die Tat umzusetzen.

Nach dem Frühstück war ich in den Krankenflügel gestürmt, wobei ich auf recht hingebungsvolle Weise meine Hand vor den Mund presste und so tat als könnte ich es gerade noch verhindern mich zu übergeben. Madame Pomfrey betrachtete mich kritisch, verabreichte mir einen säuerlichen Sirup und wies mich an den Rest des Tages im Bett zu verbringen.

Schnell war ich in den Gryffindorturm gelaufen und stand nun mit Ginnys Besen in den Händen vor dem geöffneten Fenster im Schlafsaal.

Mein Plan hatte bloß diesen einen Haken, das Fliegen. Seit dem letzten Debakel hatte noch keine weitere Flugstunde stattgefunden und mir war etwas mulmig zu Mute.

~Du musst dich überwinden, Mary. Du tust das ja nicht für dich. Du tust es um Malfoy zu demütigen. Er hat es verdient!~

Entschlossen setzte ich mich auf den Besenstiel und flog langsam ins Freie.

~Wow, geht ganz schön tief runter hier.. Halt! Nicht nach unten gucken.~

Vorsichtig lenkte ich den Besen Richtung Westen und versuchte möglichst unauffällig auf das geöffnete Fenster des Klassenzimmers für Zauberkunst zuzufliegen. Es durfte mich niemand beobachten, denn ich war ja angeblich krank.
 

Als ich unterhalb des Fenstersims angekommen war, lugte ich vorsichtig in den Raum. Professor Flittwick erklärte gerade den historischen Hintergrund zu irgendeinem Zauber und ich blickte an ihm vorbei. Die Schüler saßen auf den tribühnenartig angeordneten Bänken und schauten ihrem Lehrer dabei zu, wie er mit vielen Gesten seine Erzählung unterstützte. Mein Blick wanderte weiter durch das Klassenzimmer.

~Da ist er ja.... Na warte!~

Malfoy saß in einer der hinteren Reihen und sah gelangweilt an die Decke.

~Tz, als würde es ihm schaden ein wenig aufzupassen. Dann wollen wir doch mal sehen, wie ihm das gefällt!~

Voller Tatendrang ergriff ich meinen Zauberstab und zielte unauffällig auf den blonden Haarschopf.

„Langlock“ flüsterte ich und sah mit boshafter Freude wie Malfoy erschrocken seine Hände zum Mund bewegte. Der Zauber verursachte, dass die Zunge des Jungen am Gaumen festklebte und der er somit kein klares Wort mehr von sich geben konnte.

~Und nun das grande finale!~

„Rictusempra!“ Dies war der sogenannte Kitzelzauber. Malfoy begann halb erstickte, halb lachende Geräusche von sich zu geben und wand sich auf seinem Stuhl.

„Mister Malfoy, was tun sie da?“ fragte Flittwick verwirrt und die gesamte Klasse drehte sich zu dem Slytherinschüler um. Mittlerweile schüttelte der sich am ganzen Körper und hüpfte auf seinem Platz auf und ab. Durch seine an dem Gaumen klebende Zunge behindert, klangen seine Aufschreie und das Lachen sehr unnatürlich. Crabbe und Goyle sahen sich ratlos an und im nächsten Moment kippte Malfoy vom Stuhl und zuckte am Boden.

Als er sich mit Mühe aufgerichtete hatte, warf er einen Blick zum Fenster. Mein Gesicht war zur Hälfte von dem Fenstersims verborgen, doch er hatte mich erkannt. Aber diesmal war es mir egal.

~Ohhhh, da guckt aber jemand ganz schön böse!!!~

Ich grinste und bedachte Malfoy mit einem siegessicheren Blick.

Bevor ich mich dann vorsichtshalber aus dem Staub machte, konnte ich nicht widerstehen und zwinkerte meinem Erzfeind noch listig zu.

Während sich Malfoy immer noch lachend schüttelte und die andern Schüler, besonders die Ravenclaws, nun langsam auch zu kichern begannen, flog ich glücklich in den Schlafsaal zurück und legte mich ins Bett.

~Das Leben ist schön!~

~*~*~

Anstatt zu Mittag zu essen, stopfte ich mich mit den in Hogsmead erstandenen Gummiflubberwürmern voll und arbeitete den Stoff durch, den ich heute im Unterricht vermutlich verpasst hatte. Ich war immer noch vollgepummt mit Endorphinen und grinste sogar, als ich im Buch für Geschichte der Zauberei las. Vielleicht hätte ich mir Gedanken über kommende Konsequenzen machen sollen. Aber ich war dazu übergegangen im Moment zu leben. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, keine Angst mehr vor Malfoy zu haben. Das mit dem Petrificus Totalus war eine Kriegserklärung und ich würde nicht so schnell kapitulieren!
 

Genüsslich biss ich einem pinken Gummiwurm den Kopf ab, als Ginny in den Schlafsaal platzte.

Ich blickte verwundert von meinem Bett aus zu ihr herüber und sie stapfte auf mich zu.

„Mary, warst du das mit Malfoy? Der ganze siebte Jahrgang spricht über nichts anderes mehr.“

„Ich hatte gehofft die anderen Klassen würden auch Wind davon bekommen. Aber gut, man soll bescheiden sein.“ antwortete ich und Ginny blickte mich mit offenem Mund an.

„Was treibt ihr beide da nur? Ich meine kein Gryffindor kann den Kerl ausstehen, aber das grenzt langsam schon an Wahnsinn. Was findest du denn nur an ihm?“

Ich blickte mit zusammengezogenen Augenbrauen zu ihr auf.

~Wie was ich an ihm finde? Er ist nervig, bescheuert, selbstverliebt..~

„Was meinst du damit? Malfoy ist ein Arsch und ich sehe es nicht ein mich so von ihm behandeln zu lassen.“

„Aja...“ Ginny blickte an die Wand und schien nachzudenken. Dann zuckte sie mit den Schultern und setzte sich zu mir. „Wie hast du das eigentlich geschafft?“

Ich erzählte ihr alles und gemeinsam begannen wir zu lachen. Meine Freundin berichtete, dass es gut 20 Minuten gedauert haben soll, bis Flittwick auf die Idee kam Malfoy mit einem Finite Incartatem zu helfen. Ich war, gelinde gesagt, unglaublich stolz!

„Wie kommst du nur auf so was?“ fragte Ginny anschließend.

„Natürlicher Einfallsreichtum. Ach ja, wenn dich irgendein Lehrer fragen sollte. Ich bin krank und hab den ganzen Tag im Bett gelegen.“ grinste ich verschwörerisch.

„Schon klar. Willst du nicht wenigstens zum Abendessen runter, oder hast du Angst vor Malfoy?“

Ich überlegte kurz und entschied, dass sich einen ganzen Tag nur von Gummiflubberwürmern zu ernähren nicht besonders gesund wäre.

„Ich komm mit. Und nein, ich hab keine Angst vor diesem blonden Schönling!“

„Sehr gut. Ich hab da allerdings noch ein paar Fragen zu Gestern...“ läutete Ginny das neue Thema ein. Beim Frühstück hatte sie mich mit den anderen schon gelöchert und wollte wissen, was zwischen mir und Malfoy vorgefallen war. Aber ich hatte mich herausgewunden. Auch jetzt sparte ich mir die Details über den Petrificus Totalus und berichtete nur etwas von einer Freiheitsberaubung.

Deutlich unzufrieden mit meiner schwammigen Antwort rümpfte Ginny die Nase.

„Mehr hat Malfoy nicht gemacht?“ hakte meine Freundin nach und ich dachte an die insgesamt vier Stunden, die ich in der Halle verbracht hatte. Da erinnerte ich mich plötzlich an etwas anderes.

„Nein. Apropro, wie macht ihr das hier als Paar eigentlich mit der Intimität?“ fragte ich gerade heraus und Ginny blickte mich überrascht an.

„Wie kommst du denn jetzt von Malfoy auf so ein Thema?“

~Wow, gute Frage! Das muss wirklich komisch wirken...~

„Wollte ich dich sowieso schon länger mal fragen...“ Ginny zog die Augenbrauen hoch. „Reine Neugierde.“

„Ach ja? Du willst einfach nur so wissen, wie es die Schüler von Hogwarts schaffen miteinander...“

„Genau!“

Es herrschte einen Moment Stille und ich konnte eine blasse Röte auf Ginnys Wangen erkennen.

„Naja, also... Die Jungs können zwar nicht in den Schlafsaal der Mädchen, weil die Treppe mit einem Zauber belegt ist und sofort zu eine Rutsche wird, wenn ein Junge sie betritt... Aber die Mädchen können in den Schlafsaal der Jungen...“ begann die Rothaarige, vermied es aber stur mich anzugucken. „An sich gibt es in Hogwarts auch noch jede Menge versteckte Winkel in denen man...“

„ungestört ist?“ schlug ich vor. Meine Freundin nickte. Es war schon süß sie zu beobachten. Das Gespräch hatte sie wirklich aus dem Gleichgewicht gebracht.

„Also ich glaub wir können jetzt schon mal zum Abendessen runter gehen.“ entschied Ginny schnell und stand auf. Grinsend folgte ich ihr.
 

Als wir an der Treppe in der Eingangshalle angekommen waren, bemerkte ich meinen Erzfeind, der gerade Richtung Große Halle lief. Wie aus dem Nichts hatte ich eine wundervolle Idee und schnappte mir Ginnys Arm.

„Hey, was rennst du denn so?“ fragte meine Freundin, während ich sie die Treppe herunter zog. Malfoy hatte nichts mitbekommen und lief nun, neben ihm Crabbe und Goyle, ungefähr einen Meter vor uns her.
 

„Sag mal, Ginny. Kennst du dieses Lied?“ fragte ich betont laut und die Rothaarige an meiner Hand starrte mich völlig entgeistert an. „Hier, von Abba... Es geht so: The winner takes it all! The loser standing small. Besides the victory, that's HIS destiny...“

Während ich sang war Malfoy stehen geblieben, drehte sich aber nicht um. Die leicht umgeänderte Form von „her“ zu „his“ hatte ich besonders betont.

„Abba?“ fragte Ginny verwirrt. Sie blickte mich mit einem Jetzt-ist-sie-vollkommen-übergeschnappt-Blick an.

„Ach nicht so wichtig, fiel mir grade nur so ein...“ antwortete ich und lief grinsend am still stehendem Malfoy vorbei. Als ich schon auf dem halben Weg zu Gryffindortisch war, warf ich noch einen letzten Blick über meine Schulter.

Der blonde Slytherin stand immer noch unbeweglich am Eingang zur Großen Halle. Crabbe und Goyle blickten ihn verwundert an, doch er hatte nur Augen für mich. Augen voller Hass.

Doch ich lächelte nur gespielt unschuldig zurück und tänzelte zu meinem Platz, während ich fröhlich vor mich hin sang.
 

„Mary...“ murmelte Ginny neben mir und sah zu dem Slytherintisch hinüber, an dem Malfoy mittlerweile platz genommen hatte. „Du weißt, dass du dafür büßen wirst, oder?“

„Egal, das war es wert!“

~*~*~

Meine gute Laune hielt bis zum nächsten Morgen an. Nach dem üblichen Wecken durch Hermine, war ich duschen gegangen und sang begeistert eine weitere Version von „The winner takes it all“.

Danach gab ich mir besonders Mühe beim Schminken und schlüpfte in meine Schuluniform.

„So gute Laune hast du morgens komischer Weise nur, wenn du an Malfoy denkst. Findest du das nicht auch beunruhigend?“ fragte Ginny, während ich unter meinem Bett nach meinem Verwandlungsbuch fischte.

„Du kannst einem auch jede Stimmung vermiesen! Und nur zu deiner Information, es ist nicht weil ich an Malfoy denke, sondern weil ich an Malfoy denke und mir dabei vor Augen halte, wie fertig ich ihn gemacht habe.“ erklärte ich gelassen und verfrachtete das Buch in meiner Tasche. „So meinetwegen können wir los.“

Gesagt, getan.

Gemeinsam liefen wir die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum herunter und verschwanden durch das Portrait der Fetten Dame Richtung Große Halle.

Auf dem Weg trafen wir den fast Kopflosen Nick und er begleitete uns zum Gryffindortisch.
 

„Ich hoffe doch, für das Spiel am Sonntag ist alles vorbereitet, Mr. Potter?“ fragte der Geist Harry, der bereits mit Ron und Hermine am frühstücken war, als wir dazustießen.

„Natürlich, Nick!“ antwortete der Junge und grinste Ginny an, die ihm einen langen Guten-Morgen-Kuss auf die Lippen drückte.

„Oh, da kommen die Posteulen. Ich bin dann mal lieber weg. Sie erschrecken immer so, wenn sie durch mich durchfliegen. Also gutes Gelingen am Sonntag!“ verabschiedete sich Nick und verschwand durch den Fußboden.

Ich bestrich mir gerade ein Toast mit Marmelade, als ein schmaler Briefumschlag neben meinem Teller landete. Ich ergriff ihn und sah zum Himmel der Großen Halle auf. Meine Eule konnte ich zwischen den ganzen andern nicht erkennen, aber sie musste es ja gewesen sein. Von anderen bekam ich nie Post. Außerdem war der wöchentliche Brief meiner Eltern bereits überfällig. Also riss ich den Umschlag auf, ohne mir weiter Gedanken zu machen.

Was dann geschah, ist schwer in Worte zu fassen. Wie aus dem nichts platzte ein riesiger Schwall Wasser aus dem geöffneten Brief hervor. Eine Art persönliche Monsterwelle, die wohl eindeutig auf mich abgerichtet worden war. Innerhalb von einer Sekunde kam sie hervorgeschossen und mit einem lauten „Platsch“ begrub sie mich unter sich. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Und seltsamer Weise war mein erste Gedanke ~Das Duschen hätte ich mir auch sparen können.~.
 

Ich lag verwirrt auf dem Boden der Großen Halle und war mir der Tatsache bewusst, dass alle Schüler und Lehrer in meine Richtung starrten. Meine Uniform war so nass, als hätte ich mit ihr ein spontanes Bad im See unternommen und die Wucht hatte mich etwas benommen gemacht.

Meine Freunde starrte mich mit offenen Mündern an und ich bemerkte, dass außer mir und dem Tisch keiner von dem Wasser getroffen worden war. Plötzlich erschallte lautes Gelächter aus der hinteren Ecke der Halle.

~Oh dieser Bastard!!!~ Traf mich die Erkenntnis mit einem mal.
 

Langsam rappelte ich mich auf und starrte zu Draco Malfoy herüber, der auf mich deutete und scheinbar einen Lachkrampf durchlitt. Aber er litt mir eindeutig nicht genug. Ich wand mich von ihm ab und blickte zu Ginny.

„Tja, “ meinte die Rothaarige und musterte mich „meinst du Malfoy singt Morgen früh auch unter der Dusche?“

Ich verdrehte die Augen.

„Nicht wenn ich es verhindern kann!“ murmelte ich und sah mich um. Auf meinem Platz am Gryffindortisch stand eine große Müslieschale, die vor meinem unfreiwilligen Wellenritt bereits geleert worden war. Nun war sie mit einem Teil des Wassers aus dem Briefumschlag gefüllt.

„Entschuldigt ihr mich bitte für einen kurzen Moment?“ sagte ich mit gefährlich ruhiger Stimme zu meinen Freunden und schnappte mit die Schale.

Bedächtig lief ich an den Tischen der Ravenclaws und Huffelpuffs vorbei und steuerte auf Malfoy zu.

~Das ist noch nicht vorbei!~
 

Als ich direkt neben dem blonden Slytherin zum stehen kam, schaut der immer noch lachend zu mir hoch und ignorierte die Schale in meinen Händen.

„Du hast da was Nasses, Vallenstone!“ bemerkte er und seine Freunden brachen in haltloses Gelächter aus.

Ich sah an mir herunter und konnte mir vorstellen, wie erbärmlich ich aussehen musste. Meine Klamotten klebten an meinem Körper, die Haare hingen nass um mein Gesicht und über den Mascara wollte ich liebe gar nicht erst nachdenken.

~Da kauft man einmal kein Waterproof und schon passiert so was.~

Dann sah ich Malfoy an und begann zu grinsen. Das schien ihn definitiv zu verwirren.

„Ach ja, da hast du recht.“ stimmte ich ihm auf seine intelligente Feststellung von vorhin zu. „Aber du hast da auch was!“ Und mit diesem Satz hob ich die Schale und schüttete den Inhalt direkt über seinem Kopf aus.

„Platsch!“

Entgeistert saß Malfoy auf der Bank und fuhr sich durch das nasse Haar. Dann schien er alles zu begreifen und sprang auf. Bevor er irgendetwas sagen oder mich packen konnte, war Professor McGonnagall aus dem Nichts neben uns aufgetaucht und sah uns empört und wütend an.

„Mr. Malfoy, Miss Vallenstone! Was erlauben sie sich?“ Ich duckte mich unter ihrem Blick und schaute zu Malfoy hoch. Der sah immer noch wütend auf mich herab, schien allerdings von der Idee Abstand zu nehmen, mich vor aller Augen zu erwürgen.

„Nachsitzen für sie beide! Diesen Samstag und Sonntag, direkt nach dem Mittagessen, kommen Sie in das Verwandlungsklassenzimmer. Und sollte ich noch von irgendeiner Sache zwischen Ihnen beiden erfahren, finde ich für Sie am nächste Wochenende bestimmt eine weitere Beschäftigung!“

„Aber Professor, das ganze Wochenende?“ fragte ich entsetzt. „Da ist doch das Quidditchspiel!“

„Und ich hab Samstag Training!“ fügte Malfoy hinzu, doch ich schnaubte nur durch die Nase.

„Als ob die dich dabei brauchen würden!“

„Ich bin der Kapitän!“ knurrte Malfoy zurück.

„Ach blablabla!“ meinte ich nur und zuckte mit den Schultern. Malfoy wollte gerade etwas erwidern, als die Schulleiterin sauer dazwischen ging.

„Das hätten Sie sich beide vorher überlegen können. Wie die kleinen Kinder! Und nun beseitigen sie sofort das Wasser!“ Mit diesen Worten drehte sich Professor McGonnagall um und lief zum Lehrertisch zurück.
 

~Na toll! Ein Wochenende Malfoy! Wie soll ich das nur überstehen?~

Sauer stapfte ich zum Gryffindortisch und beseitigte die große Wasserlache am Boden mit einem Wink meines Zauberstabs.

~The winner takes it all, the loser has to fall. It’s simple and it’s plain. Why should I complain...~ sang die innere Stimme in meinem Kopf. ~Schnautze!~
 

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So, ich brenne darauf zu erfahren, wie es euch gefallen hat. Also los, Feedback!!! :)
 

Tabet

Ein mieser Tag und das erste Nachsitzen

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 6:

Ein mieser Tag und das erste Nachsitzen
 

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~Wie kann sie mir das nur antun?~

Mit zugekniffenen Augen saß ich im Verwandlungsklassenraum und erdolchte Professor McGonnagall mit meinen Blicken.

Der morgendliche Schlagabtausch mit Malfoy lag über drei Stunden hinter mir und ich hatte mittlerweile eine trockene Schuluniform angelegt. Meine Haare und das Makeup waren auch wieder instand gesetzt worden, doch die vergangene „Wasserschlacht“ lies mich gedanklich nicht los. Es war so unfair, dass ich auch Nachsitzen sollte. Der blöde Slytherin hatte schließlich ganz klar angefangen.

~Du Kleinkind... Es war Notwehr und geschah im Affekt... Klar, ruhig durch die Halle zu marschieren und genüsslich das Wasser über seinen Kopf zu schütten ist definitiv eine Handlung aus dem Affekt... Aber es sah schon toll aus, wie er da stand. Wie ein begossener Pudel... Du sahst bestimmt nicht besser aus... Aber mich selbst habe ich ja nicht gesehen.......... Was ist hier los?~

Verwirrt sah ich mich im Raum um und bemerkt die Blicke meiner Mitschüler. Professor McGonnagall stand direkt vor meinem Tisch und schaute anklagend auf mich herab.
 

„Miss Vallenstone! Ich habe sie wiederholt gebeten meine Untertasse in eine Ratte zu verwandeln. Würden Sie sich uns nun an Ihrer Kunstfertigkeit teilhaben zu lassen?“

Ich schaute auf das geblümte Stück Porzellan, das mir unter die Nase gehalten wurde. Wie man daraus eine Ratte zaubern konnte, war mir schleierhaft. Ich war zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt gewesen und hatte dem Unterricht keine Beachtung geschenkt.

„Wir warten!“ hörte ich die ungeduldige Stimme meiner Lehrerin.

„Ja, Ratte gut!“

Ich ergriff meinen Zauberstab und deutete unsicher auf die Untertasse.

~Denk einfach an Malfoy, es soll ja eine Ratte werden.~

„Was grinsen Sie denn so, Miss Vallenstone? “ fragte die Schulleiterin.

„Ähm nichts! Entschuldigung, Professor!“

Ich stierte auf das Objekt vor mir und kniff dann, das Unheil erwartend, die Augen zu, während ich mit dem Zauberstab wedelte.

Es gab ein plöppendes Geräusch. Dann leises Gekicher.

~Das hatte ich befürchtet.~

Vorsichtig öffnete ich das rechte Auge und schloss es anschließend wieder, nachdem ich einen Blick auf mein Werk erhascht hatte. Die Untertasse war nun mit vier kleine Nagetierbeine, Schnurrhaaren und einem kahlen Schwanz ausgestattet.

~Das Prinzip „Wenn ich sie nicht sehe, sieht sie mich auch nicht“ funktioniert nicht. Los, Augen AUF und durch!~

Ich atmete einmal kurz ein und öffnete widerwillig die Augen. Professor McGonnagall blickte auf das hektisch krabbelnde Untertassen-Tier in ihren Händen und konnte es scheinbar nicht fassen. Eigentlich war ich ziemlich gut in Verwandlung, aber heute ging einfach alles schief. Als ich die zappelnde Kreatur vor meiner Nase genauer betrachtete, erkannte ich einen dünnen weißblonden Pelz, der mit Blumenmotiven durchzogen war.

~Weißblond. Malfoy war eine tolle Inspiration!~

Mit einem Schwenk ihres Zauberstabs ließ die Schulleiterin das missglückte Geschöpf verschwinden und sah mich an.

„Fünf Punkte Abzug für Gryffindor.“ sagte sie und wand sich dann von mir ab. In dem Moment klingelte die Schulglocke und ich hetzte zur Tür.
 

Draußen angekommen atmete ich noch ein mal durch.

~Kann jetzt nicht mal was Gutes passieren?~

Genervt pustete ich mir eine störrische Strähne, die mir ins Gesicht gefallen war, aus dem Blickfeld. Dabei bemerkte ich Seamus, der lässig an der gegenüberliegend Wand lehnte. Ich musste einfach lächeln, als ich seinem verwegenen Blick begegnete.

~Rrrr1 Und wieder diese verwuschelten Haare...~

„Hey Wassernixe!“ grinste er, als ich auf ihn zukam.

~Wassernixe? Wie einfallsreich!!!~

„Was gibt es, Finnigan? Stehst du einfach nur so in der Gegend herum, oder hast du auf mich gewartet?“ fragte ich und blickte zu ihm auf.

„Eher letzteres. Ich dachte ich führe dich mal schick zum Essen aus!“ antwortete der dunkelhaarige Junge und bot mir seinen Arm an. Mein Bauch knurrte vor Hunger. Schließlich hatte ich beim Frühstück nicht besonders viel zu mir genommen, außer einer gehörigen Portion Wasser. Zunächst wollte ich ohne zu Zögern einhaken, hielt dann aber inne.

„Woher weißt du überhaupt, dass ich Donnerstags immer nur bis 1 Uhr Unterricht habe?“

„Ich stalke dich. Ist doch klar. “ meinte Seamus und schnappte sich meinen Arm.

„Ach ja und wohin soll es gehen?“ wollte ich lachend wissen, während er mich davon zog. Die Große Halle war wohl kaum ein passender Ort für ein Candle Light Dinner. Außerdem war das Mittagessen erst in einer Stunde zu erwarten.
 

Gespannt lies ich mich durch Hogwarts führen. Wir gingen Richtung Eingangsportal, bogen dann aber frühzeitig ab und liefen eine enorme Menge Stufen herunter. Dann standen wir wenig später vor einem Gemälde. Darauf abgebildet war eine Obstschale und etwas verwirrt schaute ich Seamus an. Der zwinkerte mir zu und hob seinen Finger zu einer auf dem Gemälde abgebildeten Birne und begann darüber zu streicheln.

~Kitzelt er gerade ein gemalte Frucht?~

Dann erklang ein leises Gekicher und die Birne verwandelte sich in eine Türklinke. Bedeutsam ergriff Seamus diese und sah mich an.

„Weißt du, Mary, wir befinden und hier an der Quelle.“ meinte er und hob dramatisch die Stimme an „Wir befinden uns an einem Ort der fast unbegrenzten Möglichkeiten... “ Und dann öffnete er die Tür.
 

Ich stand etwas perplex im Eingang und sah mich um. In dem schlicht gehaltenen riesigen Saal standen vier lange Tische, die mit ihrer Konstellation zueinander durchaus Ähnlichkeit mit denen in der Großen Halle hatten. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Wir befanden uns direkt unter der Großen Halle und dem anderen Mobiliar nach zu urteilen, waren wir in einer Küche. Mehrere kleine Gestalten wuselte durch den Raum und einige blickte zu uns herüber.
 

„Oh man, ist das toll... Pesto! Gott, wie lang hab ich schon kein Pesto mehr gegessen!“ murmelte ich zwischen zwei Bissen und blickte mit leuchtenden Augen auf meinen Teller. Die Hauselfen von Hogwarts waren wirklich genial. Sie hatten Seamus und mich herzlichst begrüßt und uns alles an Essen angeboten, was man sich nur vorstellen konnten.

„Ja, es ist ziemlich umwerfend. Wie gesagt, der Ort an dem Milch und Honig fließen.“ stimmte Seamus mir zu und bediente sich aus einer großen Schüssel mit Nudeln. „Sag mal, Mary...“

Ich horchte auf. Etwas ernstes hatte sich in seine Stimme gelegt.

„Ja?“

„Das mit dir und Malfoy... was geht da eigentlich genau ab?“ fragte er und sah mir dabei direkt in die Augen.

~Ähm...~

Ich war sprachlos. Natürlich wollte er wissen, warum sich das Mädchen ~für das er sich interessiert?~ ständig mit dem dümmsten Slytherin der Schule in die Haare bekam. Aber ehrlich gesagt war es schwer eine Antwort darauf zu finden.

„Naja... Wir mögen uns halt nicht besonders.“ meinte ich wage.

~Untertreibung des Jahres!~

„Ja, aber das geht langsam ganz schön... Also es nimmt...“ Seamus hob, nach passenden Worten suchend, die Hände.

„Kriegsähnliche Züge an? Da hast du recht. Aber ich schätze nachdem Professor McGonnagall sich eingemischt hat, wird es sich erst mal legen. Er ist aber auch ein Idiot, weißt du...“

Und schon war ich in meinem Element. Die Worte kamen nur aus mir herausgeschossen.

Ich weiß nicht, wie lange ich über Malfoy, sein Benehmen, seine Arroganz und seinen vielen anderen liebenswürdigen Eigenschaften redete, aber irgendwann fiel mir Seamus Blick auf.

„... deswegen halt.“ beendete ich meinen Monolog rasch und wand mich meiner Pasta zu.

„Ok...“ Er nahm einen Schluck aus einem Glas Kürbissaft, während sein Blick durch den Raum wanderte. Zunächst schien er etwas nachdenklich, doch dann veränderte sich seine Miene und er sah mir verheißungsvoll in die Augen.

„Weißt du, Mary...“ Ich schluckte als ich bemerkte, dass er sich mit dem Oberkörper über den Tisch zu mir herüber beugte. „Es ist das erste mal, dass ich jemanden mit hierhin nehme...“

Er kam mir immer näher und ich hielt die Luft an. Sein Gesicht war nur noch Zentimeter von meinem entfernt.

„Das sagst du bestimmt jedem Mädchen, dass du hier verführst!“ stieß ich hervor und versuchte meiner Stimme ein wenig mehr Schlagfertigkeit zu verleihen, was mir misslang.

„Nein, versprochen!“ sagte Seamus und ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht. Jenes glühte förmlich und ich konnte spüren, wie sich mein Herzschlag beschleunigte.

~Verdammt!~

Irgendwie war mir die Situation unangenehm. Auf der einen Seite wollte ich nichts sehnlicher, als ihn die restliche Entfernung zu mir überbrücken zu lassen. Auf der anderen standen verwirrte Hauselfen um uns herum und wir hatten gerade noch vom Staatsfeind Nummer 1 gesprochen. Der Moment war einfach nicht gut.

„Ach, tu doch nicht so!“ sagte ich laut und lehnte mich gespielt beleidigt zurück. Seamus hielt inne und ließ sich ebenfalls zurückfallen. Zunächst schien er etwas enttäuscht, doch dann sah er mich schelmisch an.

„Man, dir kann man auch nichts vormachen! Oder hat es dir eine verraten, Carmen, Sophie, Sarah, oder Kathy?“ Erst war ich verwirrt, aber als Seamus begann laut los zu prusten, stimmte ich in sein Gelächter ein.

„Man!!! Du bist doof!“ meinte ich gespielt beleidigt und erhob mich. Wir hatte aufgegessen und es wurde langsam Zeit aufzubrechen, da ich noch Pflege magischer Geschöpfe hatte.

„Ich weiß, Schande über mich!“ stimmte Seamus mir zu und ergriff meine Hand. Seine Finger waren warm und sein Daumen strich sanft über meinen Handrücken.

Wir liefen bis zum Eingangsportal und verabschiedeten uns mit einer langen Umarmung voneinander. Dann verschwand ich rasch Richtung Hagrids Hütte.

~*~*~

Pflege magischer Geschöpfe war heute wenig aufregend gewesen und ich hatte noch einige Aufgaben für die Schule zu erledigen, bevor das Abendessen begann. Also saß ich gelangweilt in der Bibliothek und starrte auf die oberen Zeilen meines Zaubertrankaufsatzes. Er war ganz gut geworden, aber ich musste noch ein paar Rechtschreibfehler ausbessern. Neben mir hing Ginny über einem Verwadlungsbuch und schien ebenfalls keine große Freude an ihrer Arbeit zu haben.

Plötzlich hörten ich leises Gekicher und hob den Kopf. Keine Sekunde später kam ein gewisser Slytherinschüler mit einem hübschen brünetten Mädchen im Arm in die Bibliothek geschritten.

~Oh man, schon wieder eine Neue?~

Das Mädchen blickte mit roten Wangen zu Malfoy hoch und schenkte ihm einen glühenden Blick. Er wirkte nur hochnäsig, wie immer. Das selbstsichere Grinsen war in sein Gesicht gemeißelt und ich grummelte laut vor mich hin.

„Dieses Aas! Wie kann der nur immer die Mädchen um sich scharen? Bah, ekelhaft...“

Ginny sah mich an und hob fragend die Augenbrauen.

„Er ist doch einfach widerwärtig, oder? Und dieses dumme naive Ding da. Sie sollte die Finger von ihm lassen!“ stieß ich hervor und konnte meinen Blick nicht von Malfoy abwenden, der zu einem nahegelegen Bücherregal stolziert war.

„Mary, lass sie doch. Sie wird schon merken, was er für einer ist.“ meinte die Rothaarige nur achselzuckend und wand sich wieder ihrem Buch zu.

„Nein, ich meine... Wie kann er nur ständig mit den ganzen Mädchen hier... du weißt schon. Der macht mich wahnsinnig!“ Meine Stimme hatte sich gegen Ende immer mehr gesteigert und wütend hatte ich die rechte Faust auf den Tisch knallen lassen. Beunruhigt sahen einige Schüler in meiner unmittelbaren Umgebung zu mir herüber. Ginny wirkte verwirrt und hob beschwichtigend die Hände.

„Hey, er ist halt ein Arsch. Jetzt bleib ruhig, sonst gibt es nur noch mehr Ärger.“ flüsterte sie und sah zu Malfoy, der ebenfalls auf mich aufmerksam geworden war. Ich schaute ihn an und seine blaugrauen Augen verschlangen mich. Sie waren so intensiv, dass ich es fast nicht ertragen konnte sie weiter anzublicken, doch wegschauen wollte ich auch nicht. Wir funkelten uns eine ganze Zeit lang sauer an. Dann wurde seine neuste Bettgeschichte in Spe aufmüpfig und zog an seinem Arm.

„Hey, du wolltest mir doch beim lernen helfen!“ hörte ich ihre empörte Stimme. Sie schaute beleidigt von Malfoy zu mir und wieder zurück.

~Ist die jetzt etwa eifersüchtig, weil er mich angesehen hat? Es war aber auch ein voller Liebe, Hingabe und Leidenschaft getränkter Blick...~

Unwirsch verdrehte ich die Augen.

„Ich habe gesagt, dass ich dir einiges beibringen kann. Nicht auf welchem Gebiet.“ hörte ich die leise Stimme des Slytherin antworten. Es lag so viel Zweideutigkeit in seinen Worten, dass ich fast vom Stuhl gefallen wäre.

~Hat er das gerade wirklich gesagt?~

Die Brünette, die sich nun an ihn ran geschmiegt hatte, begann verlegen zu Kichern.

„Was meinst du denn genau damit?“ säuselte sie und blickte Malfoy mit großen Augen an.

„Weißt du...“ begann der blonde Junge bedeutungsvoll und umfasste ihre Taille. In diesem Moment konnte ich nicht mehr an mich halten.

„Meine Güte! Könnt ihr eure Unterhaltung nicht an einem anderen Ort fortsetzen? Und Mädchen, was er damit sagen will, weiß wahrscheinlich jeder in diesem Raum. Wie blöd kann man sein? Er will dich doch nur flachlegen. Und ob er auf dem horizontalen Gebiet ein besonders guter Lehrer ist, darf man bezweifeln. Große Klappe nichts dahinter, das kennt man ja. Frag doch einfach Daphne Greengrass, oder eine seiner anderen Affären. Sie werden mir da bestimmt zustimme.“ stieß ich hervor und war vom Stuhl aufgesprungen.

~Das klingt fast so, als ob du selber schon herausgefunden hättest, wie es mit seinen Künsten auf dem Gebiet aussieht...~

„... nicht das ich persönliche Erfahrungen gemacht hätte... oder machen wollen würde!“

~Sehr gut, wirkt gar nicht verrückt...~

Stille.

~Gut, alle Schüler starren dich an. Das läuft doch wieder super, Mary!~

Ich schnappte mir den auf dem Tisch liegenden Zaubertrankaufsatz und ließ ihn schnell in meiner Tasche verschwinden. Dabei fiel mein Blick auf Ginny, die sich kopfschüttelnd mit der linken Hand vor die Stirn schlug.

„Ähm ja...“ Ich sah mich in der Bibliothek um. Meine Mitschüler schauten immer noch ungläubig zu mir herüber, aber mein Blick ruhte auf Malfoy und seiner „Freundin“.

Das Mädchen hatte die Augen weit aufgerissen und schien die Welt nicht mehr zu verstehen.

~Hat wohl auch nicht besonders viel Licht im Oberstübchen brennen... Eine wahre Perle, die er sich da ausgesucht hat!~

Außerdem sah man ihr an, dass sie sich deutlich unwohl fühlte. Da waren wir nun schon zwei. Der großgewachsene Slytherin an ihrer Seite hatte von ihr abgelassen und sah mich an.

~Der Blick verheißt nichts gutes. Er steht näher an der Tür. Keine gute Ausgangslage, aber vielleicht schaff ich es ja trotzdem bis zum Gemeinschaftsraum.~

Vorsichtig lief ich ein paar Schritte Richtung Tür und bemerkte, dass mir zwar die Blicke vieler folgten, aber sich kein gewisser Malfoy Erbe an meine Fersen heftete. Vielleicht hatte ihn McGonnagalls morgendliche Warnung abgehalten, oder er war einfach zu fassungslos um zu reagieren. Was es auch war, ich überbrückte erleichtert die letzten Meter zum Ausgang der Bibliothek und lief rasch um die nächste Biegung.

~Warum kann ich eigentlich nicht ein mal meine Klappe halten?~
 

Das Abendessen ließ ich ausfallen. Der Tag wäre ein besserer gewesen, wenn ich ihn im Bett verbracht hätte. Wer weiß, was noch alles passieren konnte. Ich wollte mein Schicksal lieber nicht herausfordern. Also erledigte ich noch einige Hausarbeiten und ging früh schlafen.

~*~*~

Der Freitag war relativ ruhig und ereignislos verlaufen. Eine wahre Erholung nach dem vorherigen Tag. Doch heute war Samstag und mein gemeinschaftliches Nachsitzen mit Malfoy würde bald beginnen.

Missgelaunt stocherte ich mit der Gabel in meinem Mittagessen, dass mir wie ein Henkersmahlzeit vorkam. Ich konnte kaum einen Bissen herunter würgen und stierte in mein Wasserglas.

„Mary?“ fragte Ginny neben mir und sah mich mitleidig an. „Jetzt guck nicht so. Es wird schon nicht so schlimm werden. Versuch dich einfach von ihm fern zu halten!“

„Leichter gesagt, als getan. Wir haben immerhin gemeinsam Nachsitzen.“

~Und du hast ihn in der Bibliothek letztens ziemlich sauer gemacht! Mal wieder...~

Meine Freundin schien nachdenklich und schlang dann einen großen Bissen ihres Kartoffelbreis herunter.

„Denk positiv! So lange wird das schon nicht dauern und danach bist du erst mal erlöst.“ meinte sie und tat sich eine weitere Portion auf den Teller.

~Klar, bis zum nächsten Tag...~

Ich nickte nur abwesend und warf einen Blick auf die Uhr. Noch zehn Minuten in Freiheit. Ich griff zu meinem Glas und wünschte mir es wäre etwas hochprozentigeres als Kürbissaft darin.

~Was sich Professor McGonnagall wohl Fieses überlegt hat?~

Ich schob meinen Teller von mir und stand auf. Verspätet zum Nachsitzen zu erscheinen wäre auf jeden Fall unklug. Und ob ich hier schlecht gelaunt saß, oder am vorgeschriebenen Treffpunkt wartete, war auch egal. Somit verabschiedete ich mich von meinen Freunden und lief aus der Großen Halle.
 

Auf der Treppe zum ersten Stock angekommen, hörte ich leise Schritte, die mir folgten. Als ich einen Blick über die Schulter warf erkannte ich sofort den hellblonden Haarschopf und drehte mich hektisch weg. Malfoy folgte mir mit einem Abstand von ungefähr drei Metern.

~Ruhig Blut! Weiterlaufen. Halt! Nicht rennen...~

Meine Schritte hatten sich automatisch beschleunigt, doch dann bekam ich mich wieder unter Kontrolle.

Bis in den dritten Stock war es ein langer Weg und ich konnte gerade zu spüren, wie sich der Blick des Slytherins in meinen Rücken bohrte. Ein unangenehmer Schauer tanzte über meine Wirbelsäule. Doch nach mir endlos vorkommenden Minuten kam ich an meinem Ziel an und blieb stehen. Malfoy tat es mir gleich. Beide vermieden wir den direkten Blickkontakt und standen einfach nur vor dem geschlossenen Klassenzimmer von Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Professor McGonnagall war noch nicht da und so hieß es abwarten. Eine zum zerreißen gespannte Stimmung lag in der Luft.

~Das kann ja noch heiter werden!~ überlegte ich missmutig. In diesem Moment kam die Schulleiterin von Hogwarts mit wehendem Umhang in den Flur geschritten.

Als sie uns erreicht hatte, öffnete sie ohne Begrüßung den Raum und ließ uns eintreten.
 

„Mister Malfoy, Miss Vallenstone, ich werde Ihnen nun zeigen, was Ihre Aufgabe für die nächsten Stunden sein wird.“ erklärte Professor McGonnagall und lief auf einen Schrank in der hinteren rechten Ecke zu. Sie erhob ihren Zauberstab, woraufhin der Schrank zur Seite schwang und eine große Öffnung preis gab. Unsicher blickte ich hinein und erkannte nur unscharf ein paar Umrisse. Dann wurde der Raum von einem hellen Licht durchflutet und überrascht zog ich die Augenbrauen hoch.

„Hier finden sie die missglückten Ergebnisse von Verwandlungen, die diverse Schüler in meinem Unterricht zu Stande gebracht haben. Ich habe sie gesammelt und ein paar eigene Kreationen hinzugefügt, an denen sie sich nun ausprobieren dürfen.“

~Von dürfen kann hier wohl keine Rede sein.~

Mein Blick wanderte über die an den Wänden gereihten Regale, welche mit Terrarien und Käfigen ausgestattet waren. In ihrem Inneren hüpften, tapsten, und schlängelte wundersame Halbwesen. Einige Tassen, Gabeln und andere Geschirrteile konnte man erkennen. An einer Terrarienscheibe saugte sich eine kleine Keksdose ihren Weg entlang. Dabei zog sie ein gelbe Schleimspur hinter sich her.

„Sie werden diese Dinge in ihre Ursprungsform zurück verwanden. In zwei Stunden werde ich nach dem Rechten sehen. Bis dahin sollten sie ihre Aufgabe bewältigt haben.“ sagte meine Lehrerin und rückte ihren spitzen Hut zurecht.

„Sie werden gehen?“ brach es aus mir heraus und in meiner Stimme lag ein Hauch Panik.

„Natürlich. Sie sind alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Wenn man allerdings an dieses törichte Benehmen von Donnerstag zurück denkt, muss man wirklich annehmen, dass sie einen Babysitter gebrauchen könnten. Aber ich habe weitaus wichtigere Dinge zu erledigen, als mich um sie zu kümmern. Sollte sich jemand von ihnen drücken wollen, oder irgendeine andere Missetat planen, werde ich es mitbekommen. Verlassen Sie sich darauf. Und jetzt gehen sie bitte ans Werk!“

Damit verließ die grauhaarige Frau den Raum.
 

Nachdem die Klassenzimmertür ins Schloss gefallen war, konnte ich mich kaum bewegen.

~Das wird die Hölle auf Erden. Verdammt, hätte sie uns nicht einfach irgendeine andere Aufgabe geben können. Etwas, wo der Idiot und ich uns weit weg von einander aufhalten konnten?~

Langsam drehte ich mich um und konnte Malfoy wider erwarten nicht ausmachen. Ich zog verwirrt die Stirn kraus und warf dann einen Blick in die versteckte Kammer hinter dem Schrank. Dort hatte der blonde Slytherin bereits begonnen im rechten Regal einen an eine Krabbe erinnernden Kochtopf aus einem Käfig zu befreien und ihn zu mustern. Dann holte er seinen Zauberstab hervor und murmelte einige Worte. Mit einem „Puff“ verschwanden die beiden großen Greifscheren und krabbelnden Beine und der Topf hatte wieder seinen früheren leblosen Zustand angenommen.

Ich beobachtete, wie sich Malfoy gelangweilt durchs Haar strich und dann an den nächsten Käfig in Augenschein nahm.

Achselzucken richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das gegenüberliegende Regal und nahm eine hüpfende Teetasse mit Froschbeinen ins Visier. Ich holte meinen Zauberstab hervor und flüsterte einen Fenite-Zauber. Mit einem leisen Zischen lösten sie die Reptilienbeine in Luft auf, doch die Tasse war genau in diesem Moment gesprungen und ohne Beine landete sie unsanft auf dem Boden des Käfigs. Dabei brach der Henkel ab und genervt reparierte ich ihn mit Reparo.

Das leise Krachen hatte Malfoy aufmerksam gemacht und ich konnte aus den Augenwinkeln seine hochgezogenen Augenbrauen erkennen.

Ihn ignorierend musterte ich den nächsten Käfig. Darin befand sich eine mit schwarzweiß gescheckten Fell ausgestattete Bratpfanne. Der Stiel schlängelte sich langsam, wie ein Katzenschwanz und am gegenüberliegendem Teil konnte ich eine kleine Nase und Schnurrhaare ausmachen. Ich öffnete den Käfig, griff nach der „Katzenpfanne“ und hob sie heraus. Der runde Korpus war nicht hart, sonder nachgiebig, wie ein Lebewesen und als ich testend über das Fell strich meinte ich ein leises Schnurren zu vernehmen. An der unteren Hälfte befanden sich vier winzige Tatzen, ohne dazugehörige Beine, die ein wenig hilflos in meinem Armen strampelten. Ich grinste und setzte die Pfanne aus Spaß auf den Boden zu meinen Füßen ab. Leichtfüßig huschte sie um mich herum und drückte sich gegen meine Knöchel, ebenso wie es zutrauliche Katzen zu tun pflegen. Ich musste kichern und sah dem Spektakel einen Moment zu. Dann fiel mir Malfoy auf, der sich erneut zu mir gewandt hatte und mich beobachtete. Diesmal war sein Blick überrascht und abschätzend. Er sah von der schnurrenden Pfanne zu mir und wieder zurück. Schnell richtete ich meinen Zauberstab gen Boden und mit etwas Wehmut verwandelte ich die Pfanne in ein einfaches Küchenutensil zurück. Danach arbeitete ich mich weiter durch.

Einige der Wesen hinter den Käfigstäben waren durch mehrere Zauber verwandelt worden und dann reichte ein normaler Fenite nicht aus, um sie zurück zu verwandeln. Es war also doch etwas kniffelig, aber nicht unlösbar.

Nach einiger Zeit stieß ich auf meine halb verwandelte Untertasse von Donnerstag. Das dünne Fell hatte tatsächlich genau den gleichen Farbton, wie Malfoys Haare. Das fand ich dadurch heraus, dass ich die Untertasse unauffällig an den Hinterkopf des Slytherin hielt. Dabei erwischte ich mich bei dem Gedanken, wie man es hinbekommen könnte, dass Malfoys Haare mit dem selben Blumenmuster durchzogen wurde, wie das Fell der Untertasse. Ich entschied die Überlegung auf Eis zu legen, als der blonde Junge sich zu mir umdrehte und mich fragend und etwas unfreundlich anblickt. Schnell hatte ich mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe gewidmet.

Malfoy und ich wechselten in der Zeit kein einziges Wort miteinander, was mir sehr entgegenkam. Wer nicht sprach, konnte auch schwerer einen Fluch gegen mich aussprechen.
 

Wir waren vor den zwei Stunden mit dem Zurückverwandeln fertig geworden. Also setzte ich mich auf einen der Stühle im Klassenraum und starrte gelangweilt an die Decke. Malfoy hatte sich gegen eine naheliegende Wand gelehnt und schien mit den Gedanken woanders zu sein. Mein Blick wanderte unauffällig zu ihm herüber und ich musterte ihn. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen verborgen, den Kopf leicht schief gelegt und sah ausdruckslos vor sich hin. Sein Haar lag nicht wie gewohnt perfekt, sondern stand an einigen Stellen wirr ab. Doch das schien ihn nicht zu kümmern und tief in meinem Inneren fand ich, dass ihm das viel besser stand.

Als hätte der Slytherin meinen Blick gespürt, wand er sich ruckartig zu mir und sah mich an.

„Was glotzt du so?“ fragte er mit schneidender Stimme.

„Ich glotze nicht!“ Empört drehte ich meinen Körper in seine Richtung und sah ihn herausfordernd an.

„Tatsächlich?“

„Ja, ich bin nicht eine deiner kleinen Groupies, wie letztens die eine in der Bibliothek!“

~Denkst du eigentlich mal nach bevor du sprichst? Das war nun wirklich das ganz falsche Thema!~

„Vallenstone, ich weiß nicht was du dir einbildest, aber ich rate dir dich aus meinem Privatleben herauszuhalten.“ meinte Malfoy sauer.

„Als ob es mich interessieren würde...“

~Ach, nicht?~

„Ach nicht?“ fragte Malfoy und ich war etwas verwirrt, dass er die selben Worte, wie meine innere Stimme gewählt hatte.

„Tz, tu es doch wen du willst! Dann heulen noch mehr Mädchen vor dir herum. Die Bibliothek scheinst du ja als passenden Ort für sowohl prä- als auch postkoitale Begegnungen zu empfinden!“ fauchte ich und hatte mal wieder zu viel verraten.

~Ohoh...~

Malfoy sah mich irritiert an und dann schien er sich an sein Gespräch mit Daphne zu erinnern. Er zählte eins und eins zusammen und sein Gesichtsausdruck wurde, wenn möglich, noch wütender.

„Weißt du was, dreckige Gryffindor! Du gehst mir wirklich auf die Nerven. Halt dich von mir fern!“ Er drehte sich von mir weg. „Nicht, dass es dich etwas angehen würde, aber ich habe nicht mit Daphne geschlafen!“ fügte er gefährlich leise hinzu, den Blick aus dem Fenster hinter dem Lehrerpult gerichtet.
 

Ich hatte die Augenbrauen hochgezogen, während ich über seine Worte nachdachte. Er hatte also nicht mit Daphne geschlafen, obwohl sie das bestimmt nicht schlimm gefunden hätte. Ich wusste nicht genau, was ich mit dieser Information anstellen sollte, aber irgendwie gefiel sie mir.

~Tja, ich soll mich von ihm fernhalten, nichts lieber als das. Nur leider haben wir Morgen wieder Nachsitzen... Das wird unangenehm!~

Es herrschte einige Minuten eisige Stille und dann öffnete sich die Klassenzimmertür. Professor McGonnagall kam herein und sah uns prüfend an. Nach einem kurzen Mustern der versteckten Kammer entließ sie Malfoy und mich. Natürlich nicht ohne uns an das morgendliche Nachsitzen zu erinnern.
 

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Hat es euch gefallen? :-*
 

Liebe Grüße

Tabet

Verdammt

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 7:

Verdammt
 

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Am Sonntag Morgen saß ich wie ein Häufchen Elend auf meinem Platz am Gryffindortisch in der Großen Halle. Meine Ellbogen stützt ich auf die Tischplatte, während mein schweren Kopf von den Händen festgehalten wurde. Ich war so müde, dass ich ohne Unterstützung der Arme keinen Halt gefunden hätte. Vermutlich wäre ich vornüber gekippte, in meiner Schüssel mit Müsli gelandet und in der Milch ertrunken.

Die vergangene Nacht war schrecklich gewesen. Zunächst weigerte ich mich Schlafen zu gehen, weil ich unbedingt Stoff für Verwandlung nachholen wollte. Und später wälzte ich mich dann im Bett von einer Seite auf die andere. Immer wieder hatte ich an die vergangene Woche denken müssen. Der Petrificus Totalus, die Verzauberung Malfoys in Flittwicks Unterricht, die verfluchte Post und schließlich das gestrige Nachsitzen. Es gab definitiv zu viel Malfoy in dieser Woche. Außerdem stand mir noch das zweite Nachsitzen bevor. Wer konnte bei solchen Gedanken schon ruhig einschlafen?

Erneut gähnte ich und überlegte, ob es sich lohnen würde mich zum Verspeisen des Müslis zu bewegen. Ich kam aber zu dem Entschluss, dass ich lieber weiter mit geschlossenen Augen in der eingenommenen Position verharren wollte.

Auch ohne geöffnete Augenlider konnte ich die Spannung fühlen, die in der Luft lag. Heute Nachmittag war das Quidditchspiel Gryffindor gegen Ravenclaw und die Nerven meiner Freunde lagen bereits blank. Ginny knabberte an ihren Fingernägeln und wirkte überdreht, während Ron still und unbeweglich schräg gegenüber von mir saß. Hermine streichelte aufbauend seinen Rücken und sagte ihm permanent, dass alles gut gehen würde. Sie schien sich mit den Worten ebenfalls beruhigen zu wollen. Den anderen Quidditchspielern erging es nicht besser. Einzig Harry machte einen gutgelaunten Eindruck, soweit ich es mitbekommen hatte. Wäre auch nicht besonders motivierend für das Team, wenn der Kapitän am Sieg zweifeln würde. Und das sie siegen würden, da war ich mir schon ziemlich sicher. Ravenclaw war gut. Kein Vergleich mit den Huffelpuffs, die man im letzten Spiel leicht aus dem Konzept gebracht hatte. Aber Gryffindor war besser. Die Mannschaft war so ungemein gut aufeinander abgestimmt und vertraute sich blind. Aber ich würde bei dem Spiel ja nicht dabei sein. Nein, mein Schicksal war es nach dem Mittagessen in die zweite Runde von „Malfoy vs. Vallenstone – Das Nachsitzen“ zu gehen.

~Verdammt!~
 

„Mary?“ fragte Ginny und ich spürte, wie sie sich neben mir erhob.

„Mhm?“ war alles was ich erwidern konnte.

„Wir gehen mit der Mannschaft schon mal nach draußen und „stärken den Teamgeist“. Bis später beim Mittagessen.“

„Mhm!“ kam es nur wieder von mir.

„Wahrscheinlich sitzt sie bis dahin immer noch hier.“ mutmaßte Harry und diesmal knurrte ich ein deutlich unfreundlicheres „Mhm!!!“ in seine Richtung. Es wirkte vermutlich nicht besonders bedrohlich, aber es war schon faszinierend wie viele verschiedene Fassetten ein „Mhm“ haben konnte.

Während sie sich mehrere Schritte von mir entfernten, versuchte ich meine Müdigkeit abzuschütteln und die Augen zu öffnen. Ich hatte bis Montag noch ein Experiment für Kräuterkunde fertig zu stellen und wollte es lieber gleich erledigen. Aber dafür musste ich es erst mal schaffen aufzustehen.

~Drei, zwei, eins! Noch mal: drei... zwei... zweieinhalb... STEH SCHON AUF MARY!~

„Ich mach ja schon!“ murmelte ich gequält und öffnete die Augen. Etwas entfernt von mir saß ein Grüppchen Viertklässler und sah mich fragend an. Es war mir egal, dass ich mit mir selbst gesprochen hatte. Meiner Meinung nach hielten mich die meisten Schüler in Hogwarts ohnehin für verrückt. Warum ständig dagegen ankämpfen? Also stand ich auf und machte mich auf den Weg.

~*~*~

„Gut... das muss so und jetzt abwarten.“ überlegte ich laut und setzte mich auf einen Stuhl im Gewächshaus. Vor mir befand sich ein kleiner Tisch, auf dem ein Exemplar der sogenannten Glucksblume stand. Eine Pflanze, deren befruchtete Blüten für mehrere Zaubertränke benötigt wurden. Im Unterricht hatten wir die Körner am Anfang des Schuljahres gepflanzt und großgezogen. Nun sollte jeder Schüler einem Exemplar zur frühen Blütenpracht verhelfen. Das stellte sich als mühsame Kleinarbeit heraus. Ständig musste man darauf achten, dass die Pflanze genug Dünger und Wasser hatten. Außerdem gab es einen kleinen Trick, mit dem man das Herausbilden der Blüten beschleunigen konnte. Man musste dafür einen schwachen Wachstumszaubertrank brauen und ihn über das Geäst der Glucksbume verteilen. Genau das hatte ich soeben getan. Nach einiger Zeit würden sich kleine rote Knospen aus der Membran der Äste herausbilden und dabei sollte das Gewächs lautes Glucksen hören lassen. Auf dieses Glucksen wartete ich nun und spielte mit meinem Zauberstab herum.

~Langweilig!!! ÖDE!!!!! Los mach doch mal was spannendes, ist ja kaum zum aushalten.~ empörte sich meine innere Stimme und ich verdrehte die Augen. Das Erscheinen der Knospen sollte eigentlich zeitnahe geschehen. Hatte ich etwa eine Spätzünder-Pflanze, die sich partout nicht zur Pubertät drängen lassen wollte? Nach einer Ablenkung suchend blickte ich mich in dem großen Gewächshaus um. Es gab mehrere verschiedene Räume und in meinem tummelten sich allerhand Nutzpflanzen, die bereits herangezüchtet worden waren. In einer Ecke konnte ich eine interessante Art erkennen. Es war eine bedrohlich aussehende Zwergbaumart, mit Fangarmen. Ich näherte mich ihr vorsichtig und betrachtete sie eingehend. Sie bewegte sich kein Stück und das deutete ich als ein Zeichen der Sicherheit.

Ich wollte sie gerade mit der rechten Fußspitze an stupsen, als sie sich blitzartig bewegte, meinen Fuß umklammerte und ich zu Boden ging.

„VERDAMMT!!!!“ schrie ich auf, als mich die Fangarme näher an die Pflanze heranzogen und panisch überlegte ich, wie ich mich befreien könnte. Ich zerrte meinen Zauberstab hervor und richtete ihn auf die dunkelgrünen Fesseln. Dann ließ ich eine vielleicht etwas übertrieben große Feuerflamme hervorschießen und fackelte drauf los. Eigentlich hatte ich nur die Fangarme treffen wollen, aber ich steckte gleich das ganze Bäumchen in Brand. Und das ging verdammt schnell. Als mich die bösartige Pflanze losließ, hatte sich das Feuer bereits auf eine benachbarte Kolonie fangzähniger Geranien ausgebreitet.

~Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Feuer werfen... Solche Sprüche kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen!~

Hektisch rappelte ich mich auf und versuchte die Lage einzuschätzen. Der Raum wurde immer mehr vom Qualm eingenommen und das Feuer bahnte sich seinen Weg fort.

Schnell lief ich ein paar Schritte rückwärts und griff nach meiner Glucksblume, die just in diesem Moment anfing glucksende Geräusche von sich zu geben. Es klang in meinen Ohren wie ein Feueralarm und die Pflanze in den Händen haltend hetzte ich in den nächsten Raum.

„Verdammt, verdammt, verdammt!“ Meine Stimme hatte einen hysterischen Klang angenommen und ich beobachtete, wie der Rauch immer dichter wurde. Leider kannte ich keinen Zauber, der mir beim Löschen behilflich gewesen wäre. Somit konnte ich nichts anderes tun, als mich selber in Sicherheit zu bringen. Als der schwarze ungesund wirkende Qualm langsam in meine Richtung flog, drehte ich mich um und rannte Richtung Ausgang. Neben meiner permanent quiekenden Glucksblume konnte ich noch ein weiteres, pfeifendes Geräusch hören. Es kam von einer Art Sprenglernlage, die begann Wasser durch das gesamte Gewächshaus zu sprühen.
 

Der Qualm hatte mich mittlerweile erreicht und eingeschlossen. Ich wusste nicht mehr wo ich hin laufen musste und tastete mich hustend vorwärts. Irgendwann prallte ich gegen eine Glasscheibe und putzte eine verrußte Stelle mit meinem Ärmel sauber, um einen Blick nach draußen zu erhaschen und vielleicht herauszufinden, wo ich mich befand. Mein Blick wanderte über den See und schließlich konnte ich erkennen, dass ich mich ganz in der Nähe zum Ausgang aufhielt.

Der Qualm war immer noch undurchsichtig und ich hielt mir schützend die Hand vor den Munde.

~Verdammt!~

Zittrig vom Sauerstoffmangel torkelte ich zum Ausgang des Gewächshauses und hielt mich schließlich an einem kleinen Tisch fest, um nicht umzukippen. Meine Kraft hatte mich verlassen und ich schaffte es gerade noch zu einer weiteren Glasscheibe zu wanken. Dort, keine zwei Meter von der rettenden Tür des Gewächshauses entfernt, brach ich endgültig zusammen. Mühselig drückte ich mich gegen das Glas und schaute hinaus. Draußen konnte ich einige schwarzgekleidete Schüler ausmachen, die wohl auf das qualmende Gewächshaus aufmerksam geworden waren. Sie liefen in meine Richtung und ich hämmerte verzweifelt gegen die Scheibe. Im nächsten Moment verschwand diese und ich fiel wenig elegant vornüber. Jemand musste das Glas weggezaubert haben. Hustend lag ich, mit dem Gesicht im Gras, halb im und halb vor dem Gewächshaus. Wenig später packten mich zwei starke Hände. Klare Luft strömte in meine Lungen und ich bekam einen Hustenanfall. Währenddessen zog mich jemand über den Boden und in einigen Metern Entfernung wurde ich vorsichtig auf den Rücken gedrehte. Bei der Rettungsaktion, hatte ich meine Gluckskblume verloren und konnte noch schwach ihre leisen Geräusche hören. Kraftlos deutete ich in die Richtung, in der ich meine Pflanze vermutete und murmelte „Blume!“. Dann öffnete ich die vom Rauch gereizten Augen und versuchte einen dunklen Schatten zu fokussieren, der direkt über meinem Gesicht hing. Fingerspitzen strichen über meine Wange und ich spürte, wie mir das Bewusstsein schwand. Bevor es um mich herum schwarz wurde, konnte ich ein blaugraues Augenpaar erkennen.

~Verdam...~

~*~*~

„Miss Vallenstone?“ hörte ich eine Stimme aus weiter Entfernung sagen und spürte etwas kaltes an der Stirn. In meinem Kopf begann es zu pochen.

~Was ist passiert?~

„Miss Vallenstone, können sie mich verstehen?“

~Rauch, ganz viel Rauch und blaue Augen...~

Bilder tauchten aus einer Ecke meines Gedächtnisses auf und ich versuchte sie zu ordnen. Erneut fühlte ich etwas kühles über meine Stirn gleiten und bemerkte erleichtert, dass das Rumoren in meinem Schädel abklang.

~Ich war im Gewächshaus und dann hat es gebrannt... Wegen dir!... Oh stimmt ja...~ Langsam erinnerte ich mich wieder an die bösartige Pflanze, das Feuer und den Qualm, an dem ich fast erstickt wäre. Doch man hatte mich gerettet.

~Diese Augen... VERDAMMT!~

Ich verzog das Gesicht und hob vorsichtig die Augenlider.

„Ah, endlich sind Sie wach. Und wie geht es uns?“

Ich drehte mich nach links und erkannte Madame Pomfrey, die gutmütig auf mich herabsah.

„Ganz... ganz gut!“ brachte ich unter leisem Röcheln hervor.

„Sehr schön, trink das. Dann bist du im Nu wieder auf den Beinen!“ sagte die Krankenschwester von Hogwarts und hielt mir einen kleinen Becher unter die Nase. Vorsichtig tastete ich danach und schnupperte an der gelben Flüssigkeit.

„Das ist nur ein kleiner Aufpäppeltrank. Du warst zwar für eine halbe Stunde ohnmächtig, aber der Sauerstoffmangel war nur sehr kurz. Die verbrannten Pflanzen haben auch keinen nennenswerten Schadstoff ausgestoßen. Mach dir also keine Sorgen. Deine Lunge habe ich schon überprüft und dir etwas gegen die Ablagerungen des Qualms verabreicht. Solltest du dich sonst gut fühlen, kann ich behaupten, dass du großes Glück hattest.“ berichtete Madame Pomfrey, während ich den Becher an die Lippen führte und ihn mit einem Zug leerte. Der Trank schmeckte gar nicht so schlimm. Eine Mischung aus Lakritze und Rose. Nicht die genialste, aber eine erträgliche Kombination.

Ein paar Sekunden später spürte ich schon wie sich etwas warmes in meinem gesamten Körper ausbreitete. Als hätte ich flüssige Energie in mich aufgenommen.

„Sehr gut, bleiben Sie am besten noch fünf Minuten liegen und dann sind Sie entlassen. Aber Professor McGonnagall wollte noch mit Ihnen sprechen. Vielleicht machen Sie das jetzt, bevor das Mittagessen beginnt.“ schlug Madame Pomfrey vor. Erst in diesem Moment bemerkte ich meine Schulleiterin, die etwas entfernt auf einem Stuhl platz genommen hatte.

„Miss Vallenstone, ich bin froh, dass es Ihnen gut geht. Allerdings wüsste ich gerne, was genau im Gewächshaus passiert ist.“ meinte die grauhaarige Frau und kam mich zu. Ich sah unruhig zu ihr hoch.

„Also, ich kann mich ehrlich gesagt an kaum was erinnern. Ich hab an meinem Kräuterkundeprojekt gearbeitet... Und dann weiß ich nur noch, dass es brannte.“

~Sehr gut, erst mal die Unwissende mimen!~

„Also wissen sie nicht, wie es zu dem Feuer kommen konnte?“ hakte Professor McGonnagall nach.

~Verdammt! Ja, ich hab die Bude abgefackelt...~

„Nein...“ sagte ich und versuchte angestrengt nachdenklich zu wirken.

„Das ist seltsam, die Schüler, die sie hochgebracht haben, wissen auch nur, dass es plötzlich brannte und sie im Gewächshaus waren.“

Ich ahnte, dass sie mir nicht wirklich glaubte. Aber sie schien auch keine Beweise gegen mich zu haben, denn sie straffte ihren Körper und erklärte dann „Na gut, ich schlage vor, sie machen sich jetzt kurz frisch und ich sehe sie dann beim Mittagessen.“. Schnell nickte ich ergeben und sah zu, wie die Professorin aus dem Krankenflügel lief.

~Puh, noch mal gut gegangen.~

„Also, Miss Vallenstone. Sie können jetzt gehen, aber vergessen Sie ihre Pflanze nicht.“ Madame Pomfrey lächelte mich an und deutete auf das Nachtschränkchen zu meiner rechten. Darauf stand meine Glucksblume und ich griff begeistert danach. Sie wurde ebenfalls gerettet und hatte obendrein unzählige rot-pinke Blüten bekommen. Ihre kurzen dicken Äste waren davon überseht und die flauschigen grünen Blätter bildeten den perfekten Kontrast dazu. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die Pflanze sich langsam hin und her wiegte.
 

Als ich mich aus dem Bett schwang und auf halben Weg nach draußen war, hielt ich noch mal inne und drehte mich zu der Krankenschwester um.

„Madame Pomfrey, wer hat mich eigentlich hierhin gebracht?“ fragte ich und hatte etwas Angst vor der Antwort.

„Es war eine Gruppe Fünftklässler aus Slytherin. Das ich das noch mal erlebe: Slytherins tragen einen bewusstlosen Gryffindor in meinen Flügel... und haben mit dem Unheil selber nichts zu tun.“

Nachdenklich legte ich die Stirn in Falten und blickte die Krankenschwester an.

„Wissen sie vielleicht wer genau es war? Ich würde mich gerne bedanken und erfahren was wirklich passiert ist.“ versuchte ich mehr Informationen aus Madame Pomfrey heraus zu kitzeln.

„Es waren Mister Carol, Mister Germish und zwei ihrer Freunde aus dem selben Jahrgang. Sie haben nur berichtet, sie hätten sie vor dem Gewächshaus gefunden, als der Brand schon gelöscht war.“

Verwirrt dachte ich an die kräftigen Hände zurück, die mich von dem Rauch weggezogen hatten und an die graublauen Augen, die ich eigentlich sofort jemandem zuordnen konnte. Aber vielleicht täuschte ich mich ja.

~Oh bitte, es darf nicht Malfoy gewesen sein. Er kann es nicht gewesen sein!~

Ich musste es herausfinden. Also verabschiedete ich mich von Madame Pomfrey und eilte zum Gemeinschaftsraum. Dort wollte ich mich frisch machen, wie Professor McGonnagall mir geraten hatte.
 

Als ich im Badezimmer vor dem großen Spiegel stand wusste ich auch warum. Die Haare hingen mir wirr um den Kopf, etwas Ruß schwärzte mein Gesicht und die Schuluniform waren auch verdreckt. Ich entschied mich zu duschen und schlüpfte anschließend in ein frische Uniform. Danach benutzte ich etwas Mascara und roten Lippenstift.

~Wie neu!~

Bevor ich mich auf den Weg zur Großen Halle machte, stellte ich meine Glucksblume auf das Fensterbrett im Schlafsaal und erfreute mich an den schönen Blüten.
 

Das Mittagessen hatte bereits begonnen und etwas unsicher lief ich auf den Gryffindortisch zu. Ich hatte das Gefühl beobachtet zu werden, doch versuchte es zu ignorieren.

„Da bist du ja! Wo hast du gesteckt?“ wollte Ginny wissen und zog mich neben sich auf die Bank.

„Ich hatte einen kleinen Zwischenfall im Gewächshaus und war bis vorhin noch im Krankenflügel.“ erklärte ich beiläufig und dachte schon, dass ich jetzt ausgefragt werden würde, aber Ginny schien nur noch über das Spiel nachdenken zu können.

„Ach so. Glaubst du wir schaffen das gleich?“ fragte meine Freundin und ich zog überrascht die Augenbrauen hoch.

„Klar, ich drück euch die Daumen. Mir geht’s übrigens gut, danke der Nachfrage...“ grummelte ich etwas gekränkt.

„Was? Ja, schön. Harry...“ Und schon hatte sich Ginny von mir abgewandt und ließ sich von ihrem Freund Mut zusprechen.

Die anderen waren auch komplett mit sich beschäftigt, aber ich nahm es ihnen nicht übel. Das Spiel stand immerhin kurz bevor. Mein Blick fiel auf eine in der Nähe sitzende Gruppe Gryffindor Fünftklässler und ich rückte an sie heran.

„Hey, sagt mal, kennt ihr einen Carol oder Germish aus Slytherin?“ fragte ich in die Runde und erntete überraschte Blicke.

„Ja, das sind welche aus unserem Jahrgang, hab' Zaubertränke und Verwandlung mit ihnen. Ziemlich Idioten. Warum?“ berichtete ein hübsches schwarzhaariges Mädchen und sah mich fragend an.

„Nur so, wisst ihr noch was von ihnen?“ Langsam kam ich mir selber ziemlich schräg vor und das Mädchen blickte verwirrt zu ihrer Freundin.

„Eigentlich nicht, wir mögen sie nicht besonders. Außerdem hängen sie ab und an mit Malfoy herum. Scheinen sich cool zu fühlen, wenn ihr großer Beschützer dabei ist.“ meinte die Schwarzhaarige abfällig.

~Verdammt!~ Das war natürlich ein Indiz in die Richtung, die ich als falsch erhoffte.

„Ja stimmt. Sie laufen ihm hinterher und scheinen ihn zu bewundern. Da drüben sind sie übrigens mit Shenrott und Plethbor. Die gehören auch zur Gruppe. Sind alle vier unzertrennlich.“ mischte sich ein dunkelblonder Junge ein und deutete auf vier Jungen, die am linken Ende vom Slytherintisch saßen.

„Danke!“ meinte ich und beobachtete die Gruppe eingehend. Sie scherzten miteinander, doch mehr konnte ich nicht erkennen. Ich wollte herausfinden, was wirklich geschehen war und wem die blaugrauen Augen gehörten.

~Das weißt du doch genau... Die Hoffnung stirbt zuletzt.~
 

Nachdem ich Ginny und dem Rest des Quidditchteams viel Erfolg gewünscht hatte, passte ich den richtigen Moment ab und erreicht das Eingangsport gleichzeitig mit Carol und seinen Freunden. Sie bemerkten mich und schienen sich schnell aus dem Staub machen zu wollen. Doch nicht ohne Marianne Vallenstone. Ich holte sie ein und baute mich vor ihnen auf. Sie waren zwar zu viert, aber ich war ein gutes Jahr älter als sie.

„Hey! Ihr habt mich heute in den Krankenflügel gebracht?“ fragte ich gerade heraus.

„Ja.“ meinte einer der vier, der sich später als Germish herausstellte.

„Dankeschön für eure Hilfe. Aber ich hätte da noch ein paar Fragen.“ Ich konnte beobachten wie sich die Jungen nervöse Blicke zuwarfen.

„Was ist genau passiert?“ wollte ich ohne Umschweife wissen.

„Naja, du lagst vor dem Gewächshaus und warst ohnmächtig. Dann haben wir dich zu Madame Pomfrey gebracht... das ist alles.“

~Oh man, lügen ist nicht so sein Metier.~

„Ach ja? Ich kann mich an eine Person erinnern, die durch einen Zauber die Glasscheibe verschwinden ließ und mich vom Rauch wegzog.“

~Und blaugraue Augen hatte, die keiner von euch aufweisen kann!~

Die Jungen sahen mich unsicher an.

„Vielleicht hast du die Scheibe selber weggezaubert, aber erinnerst dich nicht mehr.“

~Im ernst jetzt?~

„Da war noch jemand, oder?“ überging ich diese dicke Lüge und sah Germish fordernd an. Er nickte und wand sich hilfesuchend an den zu seiner rechten stehenden Carol.

„Ja, wir waren nicht allein.“ berichtete dieser wage und schien sich deutlich unwohl zu fühlen.

„Man, sag ihr das doch nicht.“ maulte einer der beiden anderen Jungen und schubste ihn unsanft zur Seite. „Wir gehen jetzt. Sei froh, dass wir einem Gryffindor überhaupt geholfen haben.“ Und schon verschwanden die vier Freunde Richtung Quidditchfeld.
 

~“Sei froh, dass wir eine Gryffindor überhaupt geholfen haben.“ An wen erinnert mich das nur?~

Mit verschränkten Armen stand ich in der Eingangshalle und sah den vielen Schülern zu, die sich auf den Weg zum Spiel machten. Wie gerne wäre ich ihnen gefolgt. Doch ich konnte annehmen, dass, trotz meines Unfalls am Morgen, Professor McGonnagall auf das Nachsitzen bestehen würde. Und da kam sie auch schon auf mich zu, gefolgt von Malfoy. Wir starrten uns an und ich sah kalte blaugraue Augen.

~Wiedersehen macht... Sag jetzt nicht Freude!!!~

In dem Moment konnte ich es nicht mehr leugnen. Er hatte mich aus dem Gewächshaus befreit. Die übliche Ladung Hass auf ihn, blieb aus und war etwas anderem gewichen.

„Miss Vallenstone, eigentlich hatte ich andere Pläne für sie beide, aber aufgrund gewisser Vorkommnisse, werden sie den heutigen Nachmittag damit verbringen, den zerstörten Teil des Gewächshauses zu reparieren. Da es sich hierbei vor allem um Putzarbeiten handelt, werden sie nicht ihren Zauberstab benutzen, sondern ihre Hände. Die nötigen Utensilien finden sie im Gewächshaus. Ich werde sie dahin begleiten. Wenn sie fertig sind, dürfen sie gehen, aber wehe ich finde später kein aufgeräumtes Gewächshaus vor.“ sagte die Schulleiterin und ich hatte wie so oft an diesem Tag nur einen Gedanken: ~Verdammt!~.
 

McGonnagall schritt voran und Malfoy und ich trotteten hinter ihr her. Als wir am Gewächshaus angekommen waren atmete ich hörbar aus. Die Glasfront, der beiden vorderen Abteilungen war komplett verrußt und im Inneren herrschte haltloses Chaos. Wenigstens waren die anderen Räume unversehrt geblieben. Doch es würde einige Zeit dauern, alles in Ordnung zu bringen. Vor allem ohne Zauberstab.

Nachdem sie uns zwei Putzeimer, diverse Tücher und Schwämme gezeigt hatte, verschwand Professor McGonnagall Richtung Quidditchfeld und ich war mit Malfoy allein.
 

~Sollte ich was sagen? Mhm, ich weiß nicht.... Er hat die das Leben gerettet... Aber vermutlich nur, um es mir weiterhin schwer zu machen...~

Unsicher blickte ich auf Malfoys blonden Hinterkopf, als der sich schlecht gelaunt einem Eimer zu wand.

~Jetzt mach schon!... Nein ich mag nicht!... Feigling!...Verdammt!~

„Malfoy...“ begann ich kleinlaut und atmete einmal tief ein „du, du hast...“

Doch bevor ich weitersprechen konnte unterbrach mich der Slytherin.

„Glaub mir, ich bereue es bereits. Also halt bitte einfach die Klappe!“

Mit offenem Mund stand ich da und beobachtete wie er mit einige Putzutensilien im benachbarten Raum verschwand.

~Arschloch!~ Da war er wieder, der Hass.

Unwirsch machte ich mich an die Arbeit und versuchte an etwas anderes zu denken, als an die blaugrauen Augen, die mich am Morgen gerettet hatten.

~*~*~

Nach über einer Stunde aufräume, putzen und Pflanzen pflegen war noch kein Ende in Sicht. Ich hatte mir die lagen Haare mit Haarklammern hochgesteckt und die Ärmel meiner Bluse hochgekrempelt. Außer an meinen Unterarmen war ich bis jetzt vom Schmutz unangetastet und wollte es auch bleiben. Falls Gryffindor das Quidditchspiel gewinnen sollte, würde es eine kleine Feier im Gemeinschaftsraum geben und ich wollte dort auf keinen Fall völlig schmutzig erscheinen.
 

Als ich mich der nächsten Fensterscheibe widmen wollte, um sie vom Ruß zu befreien, sah ich eine rothaarige Gestalt auf das Gewächshaus zurasen.

Es war Ginny, die mit lautem Jubel hereinstürmte und mich umarmt.

„Wir haben gewonnen, Mary! WWOOOOOWWWW!“ schrie sie und hüpfte mit mir durch den Raum.

Ich stimmte in ihre Triumphgeschrei ein ~Typisch kreischende Mädchen...~ und gratulierte ihr.

„Hab ich es nicht gesagt, dass ihr das locker packt?!“ meinte ich grinsend und drückte meine Freundin noch mal fester an mich.

„Ja, hast du. Wir lagen mit 30 Punkten in Führung und dann hat Harry den Schnatz gefangen!“

Eine kurze Zeit hüpften wir noch freudig durch den Raum, doch dann brach Ginny Richtung Gemeinschaftsraum auf, um sich zu duschen.

„Wir sehen uns beim Abendessen! Ach ja...“ Die Rothaarige zog ihren Zauberstab hervor und befreite mit einem kurzen Wink die Glasscheiben des gesamten Gewächshauses vom Schmutz. Sowohl in diesem Raum, als auch in dem von Malfoy.

„Ihr dürft vielleicht nicht Zaubern, aber das habt ihr ja auch nicht. Professor McGonnagall ist bestimmt so glücklich über das Ergebnis des Spiels, dass sie nicht nachfragen wird. Bis später!“ Und schon war der Rotschopf verschwunden.

Glücklich machte ich mich daran Tische und Blumenkübel ordentlich hinzustellen. Mit Ginnys Hilfe dauerte es nur noch eine knappe halbe Stunde und das Gewächshaus sah aus wie früher. Es gab zwar ein paar Pflanzen, die das Feuer nicht überstanden hatten, aber ansonsten war alles in Ordnung, als ich mich mit Malfoy auf den Weg zu Schloss machten. Dabei liefen wir natürlich nicht nebeneinander her, sondern er ging voraus und ich folgte ihm mit einem Abstand von zwei Metern.
 

Wir trafen in der Eingangshalle ein und diese war wie ausgestorben. Die meisten Schüler waren zwischen Spielende und Abendessen in ihren Gemeinschaftsraum gegangen und das hatte ich auch vor. Während ich die Treppe zum ersten Stockwerk hochging, marschierte Malfoy Richtung Kerker. Doch bevor er aus meinem Blickfeld verschwand, musste ich ihm unbedingt etwas sagen. Auch wenn er ein ~verdammter~ Idiot war, so konnte ich nicht anders. Außerdem zeigt das ja nur, dass ich mehr Anstand hatte, als er.

„Malfoy, auch wenn du es nicht hören willst ~und meine gutmütigen Worte kaum verdienst~... danke!“ rief ich ihm zu und meinte ein kurzes Zögern in seinem Gang zu bemerken. Doch vielleicht hatte ich mich auch geirrt. Er verschwand ohne Erwiderung und ich machte mich auf den Weg zum Gryffindorturm.
 

Dort war die Feier schon in vollem Gange und ich ließ mich von der Stimmung mitreißen. Es gab Butterbier und auf jeden Spieler des glorreichen Quidditchteams wurde mit einem großen Schluck angestoßen. Das Abendessen unterbrach die Feier nur bedingt. Es war viel eher ein Wechsel der Lokation, obwohl man sich in der Großen Halle bemühte nicht zu übertreiben. Es wäre den Ravenclaws gegenüber nicht fair gewesen, die sich als gute Verlierer präsentierten.

Nach dem Abendessen wurde es im Gemeinschaftsraum allerdings sehr ausgelassen. Irgendwer hatte ein Radio mit guter, mir unbekannter Musik aufgedreht und einige Schüler begannen zu tanzen. Der Sieg war wichtig gewesen. Jetzt gab es nur noch Slytherin, die zwischen uns und dem Quidditchpokal standen. Das würde nicht so einfach werden, aber daran dachte in dieser Nacht keiner.

Vergnügt nippte ich an einer Flasche Butterbier, als Seamus auf mich zukam.

„Hey! Schade, dass du das Spiel verpasst hast. Es war wirklich toll!“ meinte er und blieb vor mir stehen.

„Ja, aber immerhin haben wir gewonnen!“ gab ich mich Zufrieden und lächelte ihn an. Er hatte sich seines Pullovers und seiner Krawatte entledigt und stand nur mit schwarzer Stoffhose und weißem Hemd vor mir.

~Die oberen Knöpfe sind ja auf... Beherrsche dich, Mary!~

Seamus verwickelte mich in ein angeregtes Gespräch und nach einiger Zeit stellte ich fest, dass er ganz schön mit mir flirtete. Ich hatte während der Unterhaltung mein Haar aus der Hochsteckfrisur befreit und es fiel mir in wilden Locken um den Kopf. Vorsichtig fuhr Seamus darüber und strahlte mich an.

„Du hast wunderschöne Haare!“

Ich wurde rot, konnte mir aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. Meine Hand streckte sich seiner eigenen wirren Haarpracht entgegen und ich strubbelte mit Freude darüber.

„Du aber auch.“ Wir lachten und ich bemerkte wie nah wir uns waren. Seine Hand lag auf meiner Schulter, während meine auf seiner Brust gelandet war. Wir blickten uns tief in die Augen und mir wurde ~verdammt~ heiß.

„Du bist ohnehin wunderschön.“ flüsterte Seamus und ich spürte, wie mir die Beine weich wurden.

„SEAMUS!!!! Schau mal!“ Abrupt ließen wir voneinander ab und sahen zu Ron herüber, der aus zwei Butterbierflaschen auf einmal trank und das wohl als ungemein Lobenswert empfand.

~Tolles Timing! Fast hätten wir. Oh mein Gott, wir hätten wirklich!!!... Du klingst wie ein zwölfjähriges Mädchen!... Ist doch egal!~
 

Der Abend war wundervoll. Ich tanzte mit Ginny auf meinem Lieblingssessel am Kamin, trank einige Flaschen Butterbier und unterhielt mich mit vielen verschiedenen Schülern. Doch leider holte mich gegen 23 Uhr die Müdigkeit ein. Der Schlafmangel von Gestern rächte sich und ich verabschiedete mich frühzeitig von der Party. Aber es war trotzdem ein verdammt toller Abend gewesen.
 

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DANKE für die Kommentare. Ich freue mich immer riesig darüber! :)
 

Liebe Grüße

Tabet

Vorweihnachtliche Rätsel

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 8:

Vorweihnachtliche Rätsel
 

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Es war kalt geworden. Der Winter war über Hogwarts eingebrochen und während ich in meinen Mantel gehüllt am See entlang spazierte, bildeten sich bei jedem Atemzug kleine weiße Wolken vor meinem Mund. Es tat gut mal allein zu sein. Im Schloss war mir bereits die Decke auf den Kopf gefallen, da ich die letzten drei Wochen ausschließlich mit lernen beschäftigt gewesen war. Anscheinend war den Lehrern aufgefallen, dass sie einen Lehrplan hatten, der bis zum Ende des Schuljahres ausgeführt werden sollte. Und bis Weihnachten gab es wohl noch einiges nachzuholen.

Ich wollte es nicht zeigen, aber für mich war es besonders schwer. In meiner Muggelschule war alles einfacher gewesen. Englisch, Geschichte, Biologie, oder auch Mathe hatten für mich nie eine besonders große Herausforderung dargestellt. Doch diese ganze Welt der Zauberei, mit ihren verschiedenen Themengebieten spielte in einer ganz anderen Liga. Ein nervöses Kribbeln überkam mich jedes mal beim Gedanken an die bevorstehenden Prüfungen im nächsten Jahr. Und mein Erfolg erwartendes Ego beflügelte mein von Natur aus eher faules Gemüt zum lernen.

~Verdammter Ehrgeiz!~

Ich lehnte mich gegen einen alten Baum und blickte erschöpft auf das Wasser des Sees. Es gab eigentlich kaum ruhige Minuten wie diese mehr. Jeden Morgen stand ich auf und ging in den Unterricht. Danach hieß es Hausarbeiten machen, sich auf den nächsten Schultag vorbereiten, oder Nachhilfe. Ginny und Hermine unterstützten mich, wo sie nur konnten. Eigentlich saßen wir jeden Abend zusammen und ich ließ mich von ihnen Zaubertrankzutaten abfragen, oder ähnliches. Allein wäre ich vermutlich untergegangen. Aber meine Freundinnen hatten natürlich auch noch ihre eigenen Prüfungen, auf die sie sich vorbereiten mussten. Hermine übertrieb hierbei meiner Meinung nach etwas. Die Brünette verbrachte den größten Teil ihrer freien Zeit in der Bibliothek und zwang Harry und Ron regelmäßig sie zu begleiten. Nur selten entkamen die beiden Jungen ihren Fängen, wobei es Harry eindeutig leichter hatte. Er musste nur behaupten, Ginny bei ihren Hausarbeiten zu helfen und schon war er frei. Da Ron mit Hermine zusammen war, hatte der Rothaarige diesen Spielraum nicht.

Die beiden Paare waren schon lustig, doch durch ihren starken Zusammenhalt fühlte ich mich manchmal fehl am Platz. Gerade eben hatten wir noch zusammen am Kamin im Gemeinschaftsraum gesessen, als langsam die Sonne unterging und eine gewisse romantische Stimmung den Raum ergriff. Schnell war ich mit dem Vorhaben noch etwas in der Bibliothek machen zu wollen verschwunden, hatte mich aber auf halben Weg anders entschieden. Ich wollte einfach nicht mehr lernen. Die aktuellen Hausarbeiten hatte ich erledigt und meine allgemeinen Fortschritte waren zufriedenstellend. Außerdem bezweifelte ich, dass ich noch mehr in meinen, vor Informationen überquellenden Kopf hämmern konnte. Also entschied ich mich für etwas frische Luft.

Mein Blick wanderte zum Schloss, aus dessen vielen Fenstern goldenes Licht herüber schien. Am Sonntag vor fünf Tagen war der erste Advent gewesen und Hogwarts hatte sich herausgeputzt, wie man es sonst nur aus alten Weihnachtsfilmen kennt. Im gesamten Schloss fand man Weihnachtsdekoration vor und ich hatte schon den ein oder anderen Mistelzweig über Türrahmen erkannt. Die Große Halle beherbergte einen riesigen, vielleicht etwas kitschig geschmückten Weihnachtsbaum und unzählige Kerzen sorgten für eine wunderschöne Stimmung.

Morgen war Samstag und ich wollte nach Hogsmead, um ein paar Weihnachtsgeschenke kaufen zu gehen. Hermine hatte Harry und Ron „überredet“ den Samstag mit lernen zu verbringen und Ginny hatte auch noch einige Aufsätze zu erledigen, die sie in letzter Zeit vernachlässigt hatte. Das verschaffte mir genug Zeit, um für meine Freunde die richtigen Geschenke zu erstehen.

Eine leichte Windböe kam auf und ich schüttelte mich vor Kälte. Um mich herum wurde es immer dunkler und das Abendessen hatte vor einigen Minuten begonnen. Also machte ich mich auf den Weg zum Schloss.
 

„Uhuuuu...“ murmelte ich wohlig vor mich hin, als mich die Wärme der Eingangshalle umfing. Schnell schloss ich das Portal hinter mir und wand mich dann Richtung Großer Halle. Während ich auf den Gryffindortisch zulief, schnupperte ich begeistert umher und nahm den herzhaften Geruch des Essens wahr. Im Hintergrund konnte man seit dem ersten Advent immer eine süßliche Note Lebkuchen ausmachen.

~Jingle bells, jingle bells...~ sang meine innere Stimme begeistert und ich musste grinsen. Als mein Blick zum Slytherintisch wanderte, entgleisten mir kurzzeitig die Gesichtszüge. Seit dem Nachsitzen im Gewächshaus hatte sich eine Art Waffenstillstand zwischen Malfoy und mir eingestellt. Natürlich gab es da diese Momente, wo man sich zufällig im Gang traf und dann einer dem anderen sagte, dass er ein Arschloch sei.

~Einer?... Eventuell war ich es...~

Aber ansonsten gab es keine großen Zwischenfälle mehr. So schlimm es sich anhört, mein Leben bestand aus Schule. Deswegen freute ich mich wahnsinnig auf die Weihnachtsferien. Endlich würde ich meine Eltern wieder sehen. Und das ich der Schule entkam hatte auch einiges für sich.
 

Als ich mich gerade hingesetzt hatte, erhob sich Professor McGonnagall von ihrem großen Stuhl in der Mitte des Lehrertisches. Sie stellte sich vor ein kleines Podium und sah auf die vier Haustische herab. Es dauerte nur einige Sekunden und Ruhe kehrte ein. Während meine Hand nach einer Schüssel mit Salat griff, begann die Schulleiterin ihr Anliegen vorzutragen.

„Liebe Schüler, bevor einige von Ihnen das Abendessen beenden, habe ich noch eine Ankündigung zu machen. Der vierte Advent, der Tag, bevor die Ferien beginnen, soll dieses Jahr ein Vorweihnachtliches Ereignis werden. Es wird ein Weihnachtsfest stattfinden, bestehend aus einem abendlichen Festmahl mit anschließender Feier. Erst- bis Drittklässler dürfen bis 22 Uhr am Fest teilnehmen. Den älteren Schülern steht es frei auch länger zu feiern. Und nun dürfen sie weiter mit ihrem Essen fortfahren.“ Damit endete die Professorin und ich überlegte vor mich hin, ob es unhöflich gewesen war, während der Ansprache einen Teller Salat und schätzungsweise ein halbes Baguette mit Kräuterdip zu verschlingen.

~Ich hatte eben Hunger!~

„Hast du das gehört?“ fragte Ginny begeistert und blickte mich mit glühenden Augen an.

„Ja, klingt gut. Auch wenn ich mir irgendwie noch nicht wirklich vorstellen kann, wie so eine Feier hier ablaufen wird.“

„Es gab mal einen Weihnachtsball als ich in der dritten Klasse war. Diesmal wird es vermutlich nicht so festlich, aber trotzdem gut.“

Ich nickte zustimmend und bemerkte aus den Augenwinkeln eine Gestalt hinter mir, die sich zu meinem rechten Ohr herunter beugte.

„Hallo, schöne Frau!“ Zunächst hob ich fragend die Augenbrauen, doch als ich den Kopf drehte blickte ich in Seamus spitzbübisch grinsendes Gesicht.

„Ja, bitte?“ fragte ich und beobachtete, wie sich der Junge neben mir niederließ. Wir hatte seit unserem Beinahe-Kuss keine Zeit mehr miteinander verbracht. Was wohl zum großen Teil daran lag, dass es mir einfach an Zeit fehlte, die ich hätte dafür aufbringen können. Zwei mal wurde ich von ihm nach einem zweiten Date gefragt, aber ich musste ihn bis jetzt immer auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten.

„Was meinst du? Wird es wohl möglich sein, die vielbeschäftigte Miss Vallenstone bei der Weihnachtsfeier aus den finsteren Kräften des Lehrstoffes zu befreien?“ flüsterte Seamus und legte seinen Arm um meine Taille.

„Lass mich überlegen...“ grinste ich und mimte die Nachdenkliche. „...ja... könnte eventuell klappen.“

„Sehr gut. Ist zwar erst in zwei Wochen aber immerhin. Ich hab selber eine Menge wegen der Abschlussprüfungen um die Ohren. Aber das halten wir fest, versprochen?“ meinte der dunkelhaarige Junge und ich blickte zustimmend in seine wundervollen Augen.

Seamus grinste, stand dann auf und lief zu seinem Platz am Gryffindortisch zurück. Ich folgte seinen Schritten und dabei bemerkte ich einen blonden Haarschopf auf der anderen Seite der Großen Halle. Draco Malfoy. Er sah zum Gryffindortisch herüber und sein Blick wanderte von mir, zu Seamus und wieder zurück. Ich konnte meiner Zunge gerade noch Einhalt gebieten, die bereits demonstrativ meine Mundhöhle verlassen und sich Malfoy entgegen strecken wollte. Stattdessen zog ich verächtlich die Augenbrauen hoch und wand mich von dem Slytherin ab.

~Hat der nichts besseres zu tun, als mich zu beobachten? Und es gefällt mir überhaupt nicht, wie er Seamus gemustert hat...~

Ich schenkte meine Aufmerksamkeit einer Portion Pudding, die soeben vor meinen Augen erschienen war. Obwohl Malfoy und ich uns kaum mehr trafen, solange man die kriegerischen Feldzüge und das Nachsitzen als Treffen bezeichnen kann, war er nicht komplett aus meinem Kopf verbannt worden. Ich bemerkte täglich, wie mein Blick sich unangenehm oft zu dem blonden Slytherin verirrte. Leider ertappte er mich jedes Mal. Man könnte meinen ich würde aus diesen Erfahrungen lernen, aber nein. Statt ihn zu ignorieren, starrte ich ihn weiterhin an und wurde dabei auch weiterhin erwischt. Manchmal bemerkte ich auch, dass er mich beobachtete. Allerdings nahm ich an, dass er sich nur vergewisserte, dass ich ihn nicht anstarrte. Das veranlasste mich natürlich noch häufiger einen Blick zum Slytherintisch zu werfen. Ein Teufelskreis. Aber wenigstens verfluchten wir uns nicht mehr, zumindest nicht mehr mit Zaubersprüchen.

~Aber das er Seamus so böse... Er sieht nie freundlich aus... Ja, aber das er ihn so anschaut ist seltsam. Kann es wohl nicht glauben, dass mich jemand mögen könnte. Aber anders herum gibt es ja da auch erhebliche Schwierigkeiten...~

Ich verputzte meinen Pudding und verließ dann mit Ginny und den anderen die Große Halle. Den restlichen Abend verbrachten wir gemeinschaftlich vor dem Kamin und spielten Schach, bzw. ließen uns von Hermine über Zauberkunst abfragen.

~*~*~

Am nächsten Morgen stand ich spät auf und machte mich nach einem kurzen Frühstück auf den Weg nach Hogsmead. Als mich ein frischer Windzug erfasste, konnte ich schon den Geruch von Schnee wahrnehmen und ein Kribbeln überkam mich. Während ich darüber nachdachte, wie schön es wäre jetzt Schneemänner und Schneeengel zu formen, betrat ich den Honigtopf. Dort kaufte ich für Harry und Ron knallende Drops, die im Mund ein eindrucksvolles, angeblich ungefährliches Feuerwerk veranstalten sollten. Auf der Packung wurde geraten bei geöffnetem Mund die Augen zu schließen. Grinsend verließ ich den Süßigkeitenladen und bummelte durch die anderen Geschäfte des Dorfes. Für Hermine fand ich in einer Buchhandlung einen kleinen magischen Taschenkalender, der für alle möglichen und unmöglichen Planungen des nächsten Jahres Platz bot. Jetzt fehlte nur noch Ginnys Geschenk und ich hatte auch schon eine Idee, wo ich es finden könnte. Wenig später stand ich vor der abseits gelegenen Boutique, die mir die Rothaarige bei unserem letzten Besuch gezeigt hatte. Kaum war ich über die Schwelle getreten, tauchte eine ungefähr 35 Jährige Frau auf und fragte mich, was ich suchen würde. Sie ließ mich kaum zu Wort kommen, sondern schien meine Gedanken zu erraten und führte mich zu einem kleinen Tisch, auf dem mehrere Schachteln mit verschiedenen Kleinigkeiten drapiert waren. Ginnys Geschenk war schnell gefunden: Ein bunter, mit sich bewegenden Weihnachtssternen bestickter Schal. Die Verkäuferin, die immer noch ohne Punkt und Komma auf mich einredete, machte mir einen guten Preis und fragte mich gleich, ob ich nicht auch noch etwas für mich persönlich gebrauchen könnte. Mein Blick schweifte zu einem Ständer mit eleganten Abendkleidern und ich erinnerte mich an das angekündigte Weihnachtsfest.

~Warum nicht?~

Die Verkäuferin nickte und zeigte sie mir einige Kleider, die für ein solches Ereignis angemessen waren. Ich probierte den halben Laden an und nach einigem hin und her, entschied ich mich für ein schwarzes trägerloses Cocktailkleid mit herzförmigen Ausschnitt, weitem Rock und verspielten dunkelblauen Stickereien. Es endete eine Handbreit über dem Knie und mit meinen Schwarzen hohen Schuhen ergab es sicherlich eine gute Mischung aus verspielt und sexy.

Beflügelt von meinen Käufen, marschierte ich Richtung Schloss zurück, als ich eine hysterische hohe Stimme hinter einer Biegung wahrnahm.

„... und das einzige was dich interessiert ist diese blöde Gryffindor-Zicke! Stehst du etwas auf die oder was?“

Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch und schlich auf die Stimme zu. Sie kam mir beunruhigend bekannt vor.

„Daphne, beruhige dich. Ich will nur wissen, was an den Anschuldigungen gegen deine Eltern dran ist.“

~Ohoh.. Deja vu!~

„Du, oder dein Vater, Malfoy? Und lenk' nicht ab, ich sehe doch wie du sie jeden Tag in der Großen Halle anstarrst.“

Starr stand ich an die Wand gedrückt und nahm von der Idee Abstand um die Ecke zu lugen. Ich wusste ja wer zu den Stimmen gehörte und die Gefahr erwischt zu werden, war mir eindeutig zu hoch.

~Zum zweiten mal das Slytherin Drama um Daphne und Malfoy, warum immer die?~

Es war gefährlich leise geworden. Malfoy hatte nicht geantwortet und ich ging noch mal alles durch, was ich mitbekommen hatte.

~Moment, soll das heißen...~

„Beim Barte des Merlin!“ entfuhr es zur gleichen Zeit Daphne Greengrass „Du bist in sie verliebt!“

Mir wären beinahe meine Einkaufstüten aus der Hand gefallen, doch meine Finger umklammerten die Griffe krampfhaft. Die Augen hatte ich geschockt aufgerissen und mein Mund stand ebenfalls weit offen, was vermutlich ziemlich bescheuert aussah.

~Sag doch was, du dreckiger... SAG das sie lügt!~

„Du nimmst dir eine ganze Menge heraus, wenn du so etwas behauptest. Ich wäre an deiner Stelle vorsichtiger!“ hörte ich Malfoys gefährlich ruhige Stimme.

~Sehr gut... Moment das war kein nein!~ Ich konnte mir gerade zu bildlich vorstellen, wie Malfoy bedrohlich einige Schritte auf Daphne zuging und überheblich auf sie herabblickte.

„Du findest sie also nicht attraktiv und schaust ihr deswegen hinterher?“ hakte meine Cousine nach. Ihre Stimme hatte einen unsicheren, leicht ängstlichen Klang angenommen. Aber das sie Malfoys Aussagen in Frage stellte, war schon recht mutig, was ich ungern zugab. Doch die Reaktion des Slytherin interessierte mich viel mehr und ich hielt die Luft an, um nicht die leiseste Antwort zu verpassen.

„Wie sollte ich so jemanden schön finden können?“

~Was?~ Es fühlte sich an, als wäre mir ein großer Steinbrocken in den Magen gerutscht und hätte mein Herz gleich mit herunter gerissen. Bewegungsunfähig stand ich an der Wand und blickte ausdruckslos in den Himmel. Eigentlich hatte ich nichts anderes erwartet und wollte ja sogar, dass Malfoy Daphnes Vermutungen ablehnte, aber es hatte mich verletzt. Wer hört so etwas schon gerne?

~Was findet er denn an mir hässlich? Moment! Was denke ich denn da?! Es ist Malfoy. Da kann man ja nichts anderes erwarten. Daphne sagte, er würde mich ständig beobachten und mir hinterherschauen... Der steht vielleicht wirklich auf dich!... Blödsinn, aber er findet mich bestimmt nicht hässlich. Man kann jemanden nicht immer hinterher gucken und ihn abstoßend finden... Und was ist ist, wenn du ihm hinterher guc... DAS IST WAS ANDERES! Egal, ich werde ihm mal zeigen, wie hässlich ich bin... Ähm?... Ja, ich weiß, das klang falsch. Aber wir wollen mal sehen, ob er das wirklich so sieht... Was hast du vor?... Muhahahaaa....~

~*~*~

„Ausgezeichnet!“ grinste ich vor mich hin, während ich mich im großen Spiegel des Badezimmers von allen Seiten betrachtete. Es war Montag Morgen und ich war bereit.

~Malfoy findet mich nicht schön? Na, dass wollen wir doch mal herausfinden... Mary?... Nein, es macht mir auch nichts aus, wenn er mich nicht schön findet. Ich mein ja nur...So viel zum Thema Ego.~

Kritisch zupfte ich am Saum meines umgeänderten Schulrocks. Ich hatte ihn gekürzt, so dass er mehr von meinen Beinen preis gab. Um die Hüfte hatte ich ihn etwas enger gezaubert und damit das Outfit wenigstens ein wenig der kalten Jahreszeit angepasst war, hatte ich schwarze Overknees angezogen. Meine geschnürten, hohen Stiefelletten und die weiße Bluse rundeten das Bild ab. Es sah wirklich verlockend aus, aber ich hatte aufgepasst, dass der Rock nicht zu kurz wurde. Es sollte Malfoy wahnsinnig machen, nicht mich zu einer Nutte. Mit dem Make up war ich deswegen auch vorsichtig umgegangen. Etwas Wimperntusche, etwas rotes Lippenbalsam, fertig. Die Haare trug ich offen.

~Es fehlt jemand der dir auf den Hinter haut und „Zeig es ihm, Baby!“ ruft... Ginny ist grade nicht da!~ Meine Freunde waren schon vor zehn Minuten aufgebrochen. Aber gut Ding will Weile haben.

Fröhlich schnappte ich mir meine Tasche und sammelte die Blätter einer Zusatzhausaufgabe ein, die mir Professor McGonnagall in der letzten Nachhilfestunde gegeben hatte. Dann lief ich die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum herunter und verschwand hinter dem Portrait der Fetten Dame.
 

~Ok, zieh es durch! Aber bitte nicht umfallen, oder ausrutschen, oder... Schon gut, mach mich nicht verrückt!~

Ich stand vor der Tür zur Großen Halle und fand Professor McGonnagall in der Mitte des Lehrertisches sitzen. Ein Blick zum Slytherintisch verriet mir, dass Malfoy bereits am frühstücken war. Jetzt musste alles nur so ablaufen, wie ich mir das vorgestellt hatte.

~Drei, zwei, eins, GO!~

Ich tat den ersten Schritt in den großen Saal und wand mich nach links. Es war zwar ein kleiner Umweg an den Slytherins vorbei zu laufen, um zum Lehrertisch zu gelangen, aber ich musste sicher gehen, dass Malfoy mich sah. Außerdem wollte ich seine Reaktion beobachten.

Also lief ich selbstbewusst in meiner noch gerade erlaubten Schuluniform den Weg zwischen Slytherin- und Huffelpufftisch entlang und schenkte dem blonden Jungen zunächst keine Beachtung. Erst als ich auf seiner Höhe war wand ich den Kopf leicht in seine Richtung und fand seine Augen. Wir blickten uns einen endlos andauernden Moment an und in meinem Bauch kribbelte es verschwörerisch. Bevor ich mich wieder meinem Ziel zuwand, betrachtete ich Malfoys Haltung. Er hatte wohl gerade in ein Toast beißen wollen, als ich vorbeilief und war dann mitten in der Bewegung gestoppt. Starr blickte er mir mit großen Augen nach, während seine Hand die Scheibe Toast weiterhin in der Luft hielt.

~STRIKE!... So viel zum Thema hässlich!.~ Breit grinsend lief ich auf Professor McGonnagall zu und bemerkte, dass mir die Blicke weiterer Mitschüler folgten. Das war nicht geplant gewesen, aber ich ignorierte es und stand wenig später vor der Schulleiterin von Hogwarts. Dort übergab ich ihr meine zusätzliche Hausarbeit und konnte förmlich spüren, wie sie mit ihren Augen meine Uniform scannte.

~Wie man sich bettet, so liegt man!~ warf mir meine innere Stimme vor, als ich begann mich etwas unwohl zu fühlen. Doch Professor McGonnagall nickte nur grimmig, da der Rock in seiner Länge und Kombination mit den Overknees wohl nicht (Schul-)Ordnungswidrig war.

Danach lief ich zu meinen Freunden am Gryffindortisch und setzte mich neben Ginny.

„Was ist?“ fragte ich nach einer Zeit und blickte in die Runde. Meine Freunde betrachteten mich seit ich mich zu ihnen gesetzt hatte verstohlen.

„Was hast du mit deiner Uniform gemacht?“ fragte Ginny zurück anstatt zu antworten.

„Ich hab sie angepasst!“

„Aja...“ meinte Ginny und legte den Kopf schräg. Dann fügte sie flüsternd hinzu: „Ich nehme mal an es war dein Plan, dass Seamus vor Verlangen fast auf der Bank geschmolzen ist?“

~Ähmm...naja...~

„Ja... genau!“ murmelte ich und wich ihrem Blick aus. Seamus hatte ich ganz vergessen, aber im Endeffekt, war es eine a) gute Ausrede und b) nette Nebenerscheinung. Ich sah mich suchend um und erkannte den dunkelhaarigen Gryffindor nur zwei Meter entfernt neben Dean sitzen. Er starrte mich mit einem leichten Funkeln in den Augen an und ich zwinkerte ihm zu. Ich fühlte mich unbesiegbar in dieser Uniform und überlegte, ob es mit einer Art Superheldenkostüm zu vergleichen war.

~Vielleicht fühlst du dich auch nur durch deinem langen Blick mit Malfoy berauscht. Endorphine... So ein Schwachsinn.~

Ich wand mich einem Korb Toast zu und begann zu frühstücken. Nach einer kurzen Zeit konnte ich jedoch nicht widerstehen und warf einen unauffälligen Blick zum Slytherintisch. Malfoy sah nicht herüber und irgendwie enttäuschte mich das. Als ich mich wieder zu meinem Teller drehte, bemerkte ich Ginnys prüfenden Blick. Sie sah zum Slytherintisch und wieder zurück zu mir und ich hatte das ungute Gefühl, dass in ihrem Kopf ein Zahnrad in das andere griff. Sie sollte bloß keine falschen Schlüsse ziehen. Schnell verwickelte ich meine Freundin in ein angeregtes Gespräch über irgendwelche Quidditchtaktiken. Harry hörte mit einem Ohr zu und warf bei Gelegenheit einige Kommentare in den Raum, sodass uns der Gesprächsstoff nicht vor Beginn der ersten Unterrichtsstunde ausging.

~*~*~

Ich durchlief meinen Schultag wie gewohnt und landete nach dem Mittagessen in der Bibliothek. Mittlerweile hätte ich den Weg zu meinem Lieblingsplatz, in einer der hinteren Ecken des großen Raumes, blind gefunden. Er war zu einer Art zweitem Gemeinschaftsraum geworden, an gewissen Tagen sogar ein Ersatz des Schlafsaals. Oft fand ich Hermine und Ron am Nachbartisch sitzend vor und gelegentlich gesellten sich Harry und Ginny dazu. So auch heute.

Es waren nur noch zwei Wochen bis zu den Winterferien und die Arbeitsmoral, die unsere Gruppe an den Tag legte, sank mit jeder Minute. Selbst Hermine konnte uns nicht mehr motivieren und beteiligte sich an dem angeregten Gespräch.

Ich saß neben Harry, als die Unterhaltung auf ein unangenehmes Thema wechselte. Meine Freunde berichteten von dem Tag, als Hogwarts in Schutt und Asche verwandelte wurde. Ich folgte ihren Blicken, die über die Bücherregale wanderten und lauschte ihren Erzählungen über eingefallene Räume, gesprengte Wände und Feuer. Ein leichter Schauer überkam mich, als mir Harrys Blick auffiel und ich bemerkte Ginnys Hand, die zärtlich seine umfasste und festhielt.

Viele Mitschüler und Bekannte meiner Freunde waren während des Kampfes umgekommen und man sah ihnen an, dass sie mit der Vergangenheit noch nicht abgeschlossen hatten. Plötzlich fiel mir ein, dass auch Malfoy zu dieser Zeit und davor maßgeblich in die Ereignisse verstrickt gewesen war und Neugierde überkam mich,

„Was war mit Malfoy, ihr habt mir nie berichtet, was er getan hat.“ sagte ich und riss meine Freunde aus ihren Gedanken. Überrascht musterten sie mich und sahen sich dann gegenseitig mit bedeutungsvollen Blicken an.

„Malfoy ist ein Arsch!“ meinte Ron.

„Er hat sich immer als etwa besseres präsentiert. Das kommt alles von der Erziehung seines Vaters.“ fügte Hermine hinzu.

„Ich glaub es war schwer für ihn.“ überlegte Ginny laut und erntete verwirrte Blicke. „Ich meine, er wollte das alles nicht. Ihr habt es doch mitbekommen... Wie reizbar und nervös er war, z.B. als Voldemort ihm die Aufgabe übertrug Dumbeldor zu töten. Schau mich jetzt nicht so an Harry. Du hast selbst gesagt, dass er den Zauberstab sinken gelassen hat. Er hätte es nicht gekonnt, weil er nicht so ist wie die Todesser.“

„Und trotzdem hat er das Dunkle Mal angenommen.“ entfuhr es Harry, der jedoch mehr nachdenklich, als sauer wirkte.

„Voldemort wollte ihn umbringen. Das Mal ist verblasst und du weißt, dass er mehr gezwungen wurde, als wirklich dahinter stand.“ mischte sich Hermine ein und bekam dafür einen funkelnden Blick von Ron zugeworfen. „Natürlich ist er trotzdem ein Arsch!“ meinte sie schnell und ich konnte erkennen, wie Ginny und Harry sich ansahen und zustimmend mit den Schultern zuckten. Dann sahen sie mich an und ich blickte verwirrt von einem zum anderen.

„Ähm, ja... Arsch, ist doch klar.“ sagte ich etwas schleppend und konnte der Aussage nicht die gewohnte Portion Hass zufügen wie sonst. Ich überlegte, wie die ganze Geschichte aus Malfoys Perspektive betrachtet aussah. Er ließ immer noch den überheblichen Kotzbrocken heraushängen, aber irgendwie glaubte ich, dass mehr dahinter steckte. Ich schüttelte mich kurz bei der Vorstellung, dass ich etwas Gutes an ihm finden könnte und versuchte die Gedanken zu verbannen. Doch noch nachdem meine Freunde sich einem erheblich angenehmeren Gesprächsthema zugewandt hatten, dachte ich weiter über den blonden Slytherin nach. Und als ich zurück an seine Unterhaltung mit Daphne Greengrass in Hogsmead dachte, musste ich mich fragen, warum er so an meiner Familie ~und mir~ interessiert war. Daphne hatte ihm vorgeworfen, dass sein Vater ihn auf sie angesetzt hatte. Was ging da nur vor?

„Was ist los, Mary?“ fragte Hermine und wedelte mit ihrer Hand vor meinen Augen auf und ab. Ich hatte meine Umgebung total vergessen und blickte schuldbewusst in die Gesichter meiner Freunde.

„Irgendwas passiert in der Familie Greengrass.“ mutmaßte ich und merkte anhand der mir zugeworfenen Blicke, dass mir niemand folgen konnte. „Ich glaub, ich muss euch mal was erklären...“

Und somit unterrichtete ich meine engsten Freunde über meinen Familienstammbaum und die Verwandtschaft mit Daphne. Nebenbei erzählte ich von den verschiedenen Informationen, wie dem Brief von Mrs. Greengrass und dem Interesse Malfoys in der Angelegenheit. Daphnes Vermutungen bezüglich Malfoy und mir behielt ich für mich. Nicht das Hermine und co. auch noch auf solche Gedanken kamen.

Nach meinem Bericht war es einen Moment still und ich konnte sehen, wie die neuen Informationen in den Köpfen meiner Freunde verarbeitet wurden.

„Du bist also Daphnes Cousine?“ fragte Ron und ich nickte ergeben.

„Seit wann weißt du das alles?“ wollte Ginny wissen und ich nestelte nervös an dem untersten Knopf meiner Bluse.

„Schon länger... Jetzt guck mich nicht so an, es hat sich nie der richtige Moment ergeben, um es euch zu erzählen.“ verteidigte ich mich und konnte erkennen, dass Ginny sich damit nur minder zufrieden gab.

„Aber was will Malfoy herausfinden?“ überlegte Harry laut und blickte in die Runde. Genau das interessierte mich auch. Doch meine Freunde schienen sich auch keinen Reim aus meinen Informationen machen zu können.

„Es muss auch was mit dir und deinen Eltern zu tun haben. Vielleicht könnte ich Percy eine Eule schicken und ihn fragen, ob er im Ministerium etwas darüber herausfinden kann.“ schlug Ginny vor und Ron nickte nachdenklich.

„Er hat bei der Neuordnung der Regierung mit angepackt und arbeitet sich langsam hoch. Wenn jemand etwas herausfinden kann, dann er. Ich bezweifle, dass Malfoy uns etwas verraten wird. Außerdem scheint er ja selber noch Informationen zu brauchen.“

„Ja, schick Percy die Eule und in den Winterferien können wir vielleicht noch mehr herausfinden.“ stimmte Harry zu und legte seinen Arm um Ginny. Der dunkelhaarige Junge würde die Weihnachtsferien bei den Weasleys verbringen und Hermine plante an Silvester dazu zu stoßen. Sie hatten mich gefragt, ob ich vielleicht auch kommen wollen würde. Aber ich hatte beschlossen die Ferien mit meinen Eltern zu verbringen. Vielleicht würde ich zwei, drei Tage vor Schulbeginn vorbei schauen, aber das stand noch nicht fest.

Es war schon spät geworden und das Abendessen würde bald beginnen. Also verließen wir die Bibliothek und liefen zur Großen Halle.

Während des Essens konnte ich meinen Blick kaum vom Slytherintisch losreißen und betrachtete Malfoy, der noch kein einziges Mal in meine Richtung geschaut hatte.

~Was dich ganz schön stört, meine Liebe!.. Blablabla...~

Ich folgte seinen Fingern, die, während er mit Crabbe und Goyle redete, durch die Luft sausten.

~Der Kerl macht mich wahnsinnig!~
 

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Ich hoffe es hat euch gefallen?
 

Liebe Grüße

Tabet

Wildes Schneetreiben

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 9:

Wildes Schneetreiben
 

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Mein Blick wanderte zur Decke und suchte in dem Gewühl der morgendlichen Posteulen nach einem Hinweis auf Neuigkeiten. Vor mehr als einer Woche hatte ich Harry, Ron, Hermine und Ginny über meine rätselhaften Informationen bezüglich der Familie Greengrass aufgeklärt. Zu dem Zeitpunkt wussten sie noch nichts über meiner Verwandtschaft mit Daphne und die Dialoge zwischen ihr und Malfoy. Allerdings konnten meine Freunde mir auch keine plausible Erklärung hinsichtlich der Greengrass's geben. Deswegen hatten wir einen Brief an Percy geschrieben, doch von Ginnys Bruder war bis jetzt noch keine Antwort eingetroffen.

Mir war klar, dass irgendetwas Mysteriöses in Daphnes Familie vorging. Außerdem zeigten einige Hinweise in meine Richtung und ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Das Malfoy ebenfalls großes Interesse an der Geschichte zeigte, verstärkte meine Neugierde nur. Ich hoffte, dass Percy durch seinen Job im Zaubereiministerium Informationen einholen konnte, doch das Warten machte mich nervös.

„Wahrscheinlich ist momentan einfach viel zu tun im Ministerium und Percy hatte noch keine Zeit zu antworten.“ mutmaßte Hermine, doch ihr Blick hing weiter kritisch am Himmel über dem Gryffindortisch in der Großen Halle. Seufzend wollte ich mich meinem Frühstück zuwenden, als Ginny „Da!“ rief und mit ihrem rechtem Zeigefinger in die Luft deutete. Ich beobachtete, wie meine schwarze Eule elegant auf mich herabstürzte. Sie warf einen Brief über meinem Kopf ab und hätte Harry nicht reagiert, wäre er vermutlich in meiner Schüssel mit Müsli gelandet. Bevor ich danach greifen konnte, hatte Ginny ihrem Freund den Umschlag aus den Händen gerissen und begann ihn ungeduldig zu öffnen. Scheinbar waren meine Freunde ebenfalls versessen darauf mehr über die Greengrass's zu erfahren.

„Und?“ fragte ich, während Ginny gerade dabei war den Brief zu entfalten.

„Moment...“ meinte sie abwesend und ihre Augen huschten über die in fein säuberlicher Handschrift geschriebenen Sätze des Pergaments. „Mhm...“

„Was mhm?“ wollte ich wissen und bemerkte, wie ich hibbelig auf meinem Stuhl hin und her rutschte.

„Nichts Neues!“ kam es meiner Freundin nach einigen Minuten enttäuscht über die Lippen. „Lies selbst!“

Ich ergriff das mir entgegen gestreckte Blatt Pergament und begann zu lesen:
 

Liebe Ginny,

es ist schön zu hören, dass es euch allen in Hogwarts gut geht. Bei mir ist auch alles in Ordnung. Es ist zwar immer viel zu tun im Ministerium, aber was soll ich mich beklagen?

Nachdem ich deinen Brief erhalten habe, erkundigte ich mich in den verschiedenen Abteilungen, zu denen ich gute Kontakte habe. Allerdings muss ich dir mitteilen, dass ich in keiner etwas über sonderbare Vorfälle im Bezug auf die Familie Greengrass gehört habe. Das einzige, was ich mitzuteilen weiß ist, dass ihr wohl nicht die einzigen seid, die sich dafür interessieren. Roxana Blumden aus der Aurorenzentrale und Gerald Goroth aus der Abteilung „Magische Strafverfolgungspartrullie“ haben mir berichtet, dass Lucius Malfoy bei ihnen war und ebenfalls nach Informationen über die Familie gefragt hat. Aber wie gesagt, niemand konnte, oder wollte etwas darüber wissen.

Es tut mir leid, dass ich euch nicht mehr sagen kann. Sollte mir allerdings noch etwas Neues zu Ohren kommen, melde ich mich bei euch.

Wir sehen uns dann alle an Weihnachten.

In Liebe,

Percy

ps: Erinnere Ron daran, dass er sich für die Abschlussprüfung anstrengen muss. Mum wird es ihm bestimmt noch öfters sagen, aber falls er nicht Spurt, tritt im ruhig mal in den faulen Hintern.
 

Nachdem ich zu Ende gelesen hatte, wurde mir der Brief von Hermine entrissen.

„Was schreibt er denn?“ wollten auch Harry und Ron wissen und blickte von Ginny zu mir und dann weiter zu Hermine. Die Brünette las den Brief in einer, durch jahrelanges Üben in Schulbüchern antrainierten, rasanten Geschwindigkeit und legte ihn dann ruhig vor sich auf den Tisch.

„Erstens ist Percy ebenfalls der Meinung, dass du dich mehr auf die Abschlussprüfungen vorbereiten solltest...“ begann Hermine und Ginny unterbrach sie grinsend.

„Ja, ich soll dir ruhig mal in den Hintern treten, wenn du dich nicht anstrengst.“

Ron verzog das Gesicht, wand sich mit grimmiger Miene von seiner Schwester ab und blickte Hermine an.

„Das ist doch wohl nicht alles!?“ sagte der Rothaarige trotzig und auch Harry wollte erfahren, was Percy im Bezug auf Daphnes Familie geantwortet hatte.

„Also...“ hob Hermine erneut an „er konnte nichts Spezifisches herausfinden. Aber er hat geschrieben, dass sich Lucius Malfoy ebenfalls im Ministerium umgehört hat.“

„Scheinbar hat Daddy den kleinen Draco angewiesen Daphne auszuhorchen, während er die Abteilungen abklappert.“ kam es sarkastisch von mir und ich sah zum Slytherintisch, wo mein Blick sofort mit dem von Malfoy kollidierte.

~Was willst du über Daphne herausfinden?~

Über die Entfernung konnte ich nur grob erkennen, wie sich die Stirn des Slytherins in Falten legte, während mein Blick weiter an seinen Augen haften blieb.

~Du starrst ihn an... Oh!~

Schnell drehte ich mich wieder zu meinen Freunden und Hermine setzte erneut zum Sprechen an.

„Aber euch beiden ist etwas entgangen...“ sagte sie und musterte Ginny und mich mit einem Blick, den sie sonst nur aufsetzte, wenn sie uns über Zauberkunst, oder andere Fächer abfragte „Und zwar, dass Lucius Malfoy in zwei bestimmten Abteilungen nach Informationen gefragt hat. Zum einen in der Aurorenzentrale und zum anderen bei der Magischen Strafverfolgungspartrullie.“

Ich hob die Augenbrauen und überlegte laut vor mich hin.

„Strafverfolgung klingt nicht gut.“

„Ja.“ stimmte mir Ginny zu und sah fragend zu Harry. Der Schwarzhaarige hatte während der letzten Minuten nur stumm auf den Brief geblickt, der vor Hermine auf dem Tisch lag.

„Aurorenzentrale.“ meinte er nun und wand sich an seine beste Freundin. Diese nickte verstehend und sah Ron an, der aber scheinbar nicht die plötzliche Erkenntnis seiner Freunde teilte.

„Was?“ fragte der Rothaarige verwirrt und Hermine verdrehte die Augen.

„Die Aurorenzentrale, Ron. Mit was beschäftigen sich Auroren doch gleich? Genau! Und die Abteilung für Magische Strafverfolgung hat seit Voldemorts Tod eng mit den Auroren zusammengearbeitet, um die letzten Todesser ausfindig zu machen.“ Nachdem die Brünette geendet hatte, musste Ron gar nicht mehr „Du meinst die Greengrass's waren ebenfalls Anhänger Voldemorts?“ sagen, damit ich Hermines Ausführungen folgen konnte.

„Zumindest hat er sich an diese Abteilungen gewandt und nicht an andere, soweit wir wissen. Das ist schon mal ein Anhaltspunkt.“ antwortete Hermine ihrem Freund und sah dann in die Runde. Ihr Blick blieb an mir hängen und ich bemerkte, dass mich die anderen ebenfalls anstarrten.

„Aber was hab ich damit zu tun?“ brach es aus mir heraus, doch keiner wusste darauf eine Antwort.

~Ich hab doch nun wirklich nichts mit Voldemort zu tun... Aber vielleicht die Familie Greengrass, zu denen du irgendwie gehörst... Oh man, dass ist kompliziert. Wie sollen wir denn jetzt weiter vorgehen?... Ich wüsste da nur eine Person, an die du dich wenden könntest... Auf gar keinen Fall!~

„Der Einzige, der vielleicht etwas mehr weiß, ist Malfoy.“ stellte Harry gleichzeitig mit meiner inneren Stimme fest und ich sah entsetzt zu ihm rüber.

„Du willst doch wohl nicht mit ihm sprechen!?“ fragte ich und bemerkte, wie Hermine zweifelnd die Stirn in falten legte.

„Nein, ich bezweifle, dass er uns etwas verraten würde.“ meinte sie. „Zumindest sollten wir uns damit bis nach den Weihnachtsferien Zeit lassen. Vielleicht bekommt Percy bis dahin doch noch etwas heraus.“

Ich nickte zustimmend und atmete erleichtert auf.

~Es ist noch nie gut ausgegangen, wenn ich versucht habe mit diesem Kerl zu reden.~

„Was ist mit Daphne?“ fragte Harry, doch ich schüttelte den Kopf.

„Erinnere dich an den Brief von ihrer Mutter. Sie hat Malfoy nichts gesagt, dann wird sie zu uns nicht offener sein.“

„Du hast aber keine angemessene Beziehung zu deiner Cousine.“ meinte Ron grinsend und ich warf ihm einen bösen Blick zu.

„Nun gut, dann müssen wir uns wohl noch einige Tage gedulden.“ stellte Harry fest und alle stimmten dem, wenn auch enttäuscht, zu.

~*~*~

Erneut verstrich über ein Woche ohne besondere Vorkommnisse und ich fand mich am Samstag Nachmittag vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum sitzend wieder. Der gesamte Gryffindorturm war wie ausgestorben. Morgen war der vierte Advent und den letzten verbleibenden Tag vor Weihnachten, den man zum Geschenkekaufen nutzen konnte, verbrachte ein Großteil der Schüler in Hogsmead. Da ich diese Erledigungen bereits frühzeitig hinter mich gebracht hatte, vertrieb ich mir die Zeit mit der Auseinandersetzung mit dem großen Berg an Hausaufgaben, den ich über die Ferien erledigen sollte.

~Das kann ja was werden.~ überlegte ich frustriert, während ich die verschiedenen Stapel aus Pergamenten und Büchern zu ordnen versuchte. Nach einer guten halben Stunde gab ich genervt auf und lies die verhassten Lernmaterialien mit einem Wink meines Zauberstabs in die Luft gleiten. So verfrachtete ich die Sachen in den Schlafsaal und lies sie achtlos aus der Luft in meinen Koffer fallen. Danach warf ich einen meiner Schulumhänge darüber und verbannte den Anblick der auf mich wartenden Aufgaben aus meinem Blickfeld.
 

Obwohl ich mir vorstellen konnte, dass ich mir in einigen Tagen eine Ohrfeige dafür verpassen würde, nicht jetzt schon mit einigen Aufsätzen begonnen zu haben, verließ ich den Schlafsaal. Ohne darüber nachzudenken richtete ich meine Schritte aus dem Gemeinschaftsraum, indem ich durch das Portrait der Fetten Dame schlüpfte. Ich wollte mir etwas die Beine vertreten und ohne genaues Ziel vor Augen landete ich schließlich in der Eingangshalle.

Dort bemerkte ich eine Gestalt, die sich gegen den Rahmen des Eingangs zur Großen Halle gelehnt hatte. Es war ein ungefähr 25 Jähriger Mann mit kurzen schwarzen Haaren, verschlissener Jeans und Lederjacke. Sein Blick war auf den Himmel der Großen Halle gerichtet und ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Als hätte er meinen Blick bemerkt, sah er sich suchend in der Eingangshalle um und entdeckte mich. Ertappt schaute ich ihn an, doch er schien keinen Anstoß an meinem neugierigen Blick zu nehmen und kam lächelnd auf mich zu.

„Hallo!“ begrüßte er mich. Ich erwiderte seinen Gruß und nach einigem Smalltalk, erklärte er mir, dass er nur zu Gast in Hogwarts sei. Darauf hätte ich natürlich selbst kommen können. In seinem Alter war man selten schon Lehrkraft oder noch Schüler.

~Na hoffentlich ist letzteres bei dir nicht irgendwann der Fall!~

Der Mann stellte sich als Chris Demuto vor. Als ich nur nickte, ohne eine besondere Reaktion von mir zu geben, sah er mich kritisch an.

„Was ist?“ fragte ich verwundert.

„Du kennst mich nicht?“ stellte Chris die Gegenfrage und ich schüttelte den Kopf. Zunächst schien er nachdenklich, doch dann legte sich ein Grinsen auf seine Lippen und er erklärte, dass er Musiker sei und für das morgige Fest gebucht worden war. Danach wechselte er schnell das Thema und fragte nach meinem Namen und in welchem Jahr ich Hogwarts besuchte. An diesem Thema hielten wir uns verständlicher Weise ein wenig länger auf. Später sprachen wir eine geraume Zeit über Musik und fanden heraus, dass wir das gleiche Genre bevorzugten. Chris erklärte mir, dass er sowohl eigene Lieder, als auch Coversongs im Repertoire hatte. Und zwar konnte er alle Lieder der Welt covern, auch Muggellieder. Ich fragte mich einen Moment, wie er das anstellte, doch dann erinnerte ich mich wieder daran, dass in der Zaubererwelt alles möglich war.

Am Ende kann man von einem sehr angeregten Gespräch reden, dass sich zwischen uns entwickelt hatte und wir wurden mit jedem Satz offener zu einander.

Irgendwann fragte mich Chris nach meinen Freunden und das ich den berühmten Harry Potter als einen solchen bezeichnete, schien in stark zu beeindrucken. Er wollte wissen, wie nah Harry und ich uns standen und ich hob bei seinem vielsagenden Blick abwehrend die Hände in die Luft.

„Nein, nein... nein. Harry und ich sind nur Freunde!“

„Dreimal nein?“

„Ja!“

„Gibt es den jemand anderen?“

Bei dieser Frage zögerte ich kurz.

~Will der mich jetzt anmachen?~ Da seine Betonung jedoch nicht unmittelbar darauf anzuspielen schien, verwarf ich diesen Gedanken und überlegte, was ich antworten sollte.

~Wenn ich an die Männer dieser Schule denke...~

„Es gibt da schon jemanden...“ begann ich zaghaft und sah Seamus vor meinem inneren Auge. Morgen sollten wir gemeinsam das Weihnachtsfest besuchen und bei dem Gedanken breitete sich eine süße Vorfreude in meinem Körper aus.

„Aber?“ fragte Chris und ich konzentrierte mich wieder auf ihn.

„Kein aber. Was Männer im Allgemeinen angeht, liegt das „aber“ eher auf einem anderen... Das kannst du mir glauben.“ antwortete ich verdrießlich und dachte an Draco Malfoy und das typisch überhebliche Grinsen, dass auf seinem Gesicht verwachsen zu sein schien. Dann erinnerte ich mich an den glorreichen Tag, an dem ich ihn mit einem umgenähten Schulrock verrückt gemacht hatte. Bei diesem Abstecher in die Vergangenheit musste sich eine seliges Lächeln auf meine Lippen gelegt haben, denn Chris bedachte mich mit einem unangenehm wissenden Blick.

„Ja, es sind immer die bösen Jungs, die Herzen brechen. Glaub mir, ich weiß das.“ sagte er.

Ich versuchte meine heruntergefallene Kinnlade an die gewohnte Position zurück zu rücken und wanderte dabei mit meinem Augen über Chris' Gestalt. Er selbst schien meine Verwunderung zu genießen und fuhr fort:

„Möchtest du darüber reden?“ Und in diesem Moment schienen seine Konturen zu verschwimmen und sich neu zu ordnen. Eh ich mich versah, stand eine dunkelhaarige Frau vor mir, die mich mit einem verständnisvollen Lächeln anguckte. Ich schrie auf. Die Frau blickte einen Moment angestrengt ernst, bis sie, wie aus einer unterdrückten Qual heraus, anfing laut los zu lachen. Ich hingegen beobachtete dies nur weiterhin geschockt und mit aufgerissenen Augen.

„Du müsstest mal dein Gesicht sehen!“ gluckste die Frau und ich bemerkte, dass sie die gleiche Jeans und auch die gleiche Jacke, wie Chris trug, nur das die sich den weiblichen Formen angepasst zu haben schienen.

„Was ist hier passiert?“ brachte ich endlich hervor und starrte die Frau an.

„Ich dachte nur Frauen reden über so intime Dinge, wie Jungs, lieber untereinander...“

„Chris?“ fragte ich komplett verwirrt und die Frau begann erneut zu lachen, nickte dabei aber merklich. Ich stand da und konnte nicht anders, als „Chris“ anzustarren. Mir fiel auf, dass die Gesichtszüge der Frau, sowie die schwarzen Haare und die Augenfarbe, mit der von dem Mann, der noch gerade vor mir gestanden hatte, übereinstimmten.

„Wie hast du das gemacht?“ fragte ich halb bewundernd und blickte Chris an.

„Ach, das ist eine lange Geschichte. Nur so viel: Es ist nie gut, wenn Vorfahren zu lange an Zaubersprüchen herum forschen.“

„Ok... Heißt du jetzt immer noch Chris, oder wie?“ fragte ich und kratzte mich unsicher am Kopf.

„Chris, ja. Wie Christine, oder Christian.“ erklärte Chris mir und ich gab nur ein halb verstehendes „Ahhhhhhaaa!“ von mir.

In diesem Moment platzte Professor McGonnagall in unsere Zweisamkeit. Sie wollte den Gast zu seinem/ihrem Gästezimmer geleiten und schien keineswegs über die weibliche Version von Chris verwundert zu sein. Chris verabschiedete sich Augenzwinkernd von mir und meinte, dass wir vielleicht Morgen mehr Gelegenheit hätten über die „süßen bösen Jungs von Hogwarts“ zu reden. Ich konnte nichts erwidern und blickte ihr ~Ihm???~ nach.
 

Nach einiger Zeit erwachte ich aus meiner Starre und entschied einen kurzen Abstecher zum See zu unternehmen. Etwas frische Luft würde mir bestimmt gut tun.

Also verschwand ich durch das Eingangsportal und marschierte, von dem vorher Geschehenen noch immer stark irritiert, über die Ländereien von Hogwarts. Bei einem alten Baum hielt ich inne und blickte über die Landschaft hinweg. Es hatte vergangene Nacht geschneit und überall lag eine fünf Zentimeter dicke Schneeschicht. Das strahlende Weiß erhellte durch die Reflexion des Lichts, dass aus den Fenstern der Schule fiel, die bereits dunkle Umgebung. Überall glitzerte es verheißungsvoll und ich verlor mich, trotz der eisigen Kälte, in diesem Anblick. Der Schulumhang schuf zwar eine kleine Barriere gegen den eisigen Wind, doch ich bereute meinen Mantel im Gryffindorturm vergessen zu haben.

Nach ein paar Minuten ging mir auf, dass erstens das Abendessen bald stattfinden würde und ich zweitens kurz davor stand zu erfrieren. Zittrig machte ich die ersten Schritte auf das Schloss zu und erinnerte mich an die Übermorgen anstehende Zugfahrt nach Hause. Dabei fiel mir ein, dass ich ganz vergessen hatte meinen Eltern Bescheid zu geben, wann sie mich am Montag vom Bahnhof Kings Cross abholen sollten. Abrupt machte ich auf dem Absatz kehrt und entschied einen kleinen Spaziergang Richtung Eulenturm zu unternehmen und erst dann zum Schloss zurück zu kehren.
 

Kurze Zeit später erreichte ich die Treppe zu dem kleinen Turm, in dem sowohl die Schuleulen, als auch die Eulen der Schüler untergebracht waren. Ich lief die Treppen zum Eingang hoch und fand mich wenig später in einem großen runden Raum wieder. Immer noch fröstelnd suchte ich zwischen den vielen Eulen, welche auf unzähligen hölzernen Stangen saßen, nach meiner eigenen. Plötzlich spürte ich einen Luftzug neben meinem rechten Ohr und beinahe lautlos landete die gesuchte Eule vor mir auf einer der Stangen. Sie hatte den Kopf leicht verdreht und schaute mich schräg aus ihren goldbraunen Augen an.

„Würdest du...“ ich stockte. Es kam mir nach all der Zeit immer noch komisch vor mit einer Eule zu sprechen. Vor allem fiel mir dabei jedes mal schuldbewusst ein, dass ich noch immer keinen Namen für sie hatte.

„Mhm... Willst du einen Namen?“ fragte ich nun, doch erhielt natürlich keine deutbare Antwort. Die großen Augen musterten mich nur weiterhin und ich überlegte.

~Ich fand „Eule“ einfach immer gut... Wie wäre es mit Jim?... Himmel, nein!~

Nach einiger Zeit, in der ich mich immer noch dem abwartenden Blick meiner Eule ausgeliefert vorfand, hatte ich mich entschieden.

„Nox!“ sagte ich laut und blickte die Eule erwartungsvoll an. „Du weißt schon, weil du so schwarz bist...“

Das Tier drehte den Kopf in die andere Richtung ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.

~Ich werte das mal als ja!~

„Also... Nox... Würde es dir etwas ausmachen, einen Abstecher zu meinen Eltern zu machen und ihnen diese Nachricht zu überbringen?“ Ich holte ein zusammengefaltetes Blatt Pergament aus der Tasche und begann schnell einige Zeilen darauf nieder zu schreiben. Danach rollte ich das Papier zusammen und blickte zu dem neu getauften Nox herüber. Dieser streckte bereitwillig sein Bein aus und ich brachte umsichtig die Nachricht daran an.

„Gut, danke!“ meinte ich und im nächsten Moment erhob sich die Eule in die Luft und verschwand aus einem der großen Fenster des Turms.
 

Als ich mich zufrieden umdrehte, hörte ich leise Schritte, die sich stetig dem Turm näherten. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde die Tür aufgestoßen und eine dunkle Gestalt erschien im Türrahmen.

~Zufälle gibt’s.~

Ich war zu erschrocken, um mich über meine innere Stimme aufzuregen. Mein Blick wanderte über die Konturen der Person, die zögernd näher getreten war, und blieb dann an den blonden Haaren kleben.

~Das darf doch wohl nicht wahr sein, hat der denn nichts besseres zu tun, als ausgerechnet jetzt eine Brief zu verschicken?... Hast du denn jetzt nichts besseres zu tun?~ Ich verdrehte die Augen über diesen inneren Dialog und sah dann wieder gebannt zu Malfoy auf.

Eine geraume Zeit bewegte sich keiner von uns beiden. Einzig die erstaunten Blicke wanderten von einem zum anderen. Kurz meinte ich etwas in Malfoy Augen aufblitzen zu sehen, während mir bewusst wurde, dass mein Herz wie verrückt in meiner Brust schlug.

Dann durchbrach ein Krächzen aus dem oberen Bereich des Turms die Stille und ein Ruck ging durch meinen Körper. Auch Malfoy hatte sich nun wieder gefasst und er schritt an mir vorbei Richtung eines der großen Fenster. Wie auf Kommando segelte eine braune Eule auf ihn zu und ich beobachtete, wie der Slytherin schnell einen Brief aus seiner Manteltasche zog und ihn an dem Bein der Eule befestigte.

~Ob er wohl einen Brief an seinen Vater schreibt? Vielleicht hat er ja doch noch was herausgefunden...~

Im nächsten Moment verschwand die Eule schon in der Nacht und Malfoy drehte sich um. Seine Augen bohrten sich in meine und mir wurde bewusst, dass ich die vergangen Sekunden dazu hätte nutzen können, mich aus dem Staub zu machen. Doch nun sah ich mich einer Konfrontation mit meinem Erzfeind machtlos ausgeliefert und reflexartig wanderte meine Hand zu dem Zauberstab in meiner Manteltasche. Malfoy folgt meinen Bewegungen und ein spöttisches Grinsen legte sich auf seine Lippen. Das verunsicherte mich so sehr, dass ich den Zauberstab in meinen Händen komplett vergaß. Der Slytherin lief auf mich zu und ich hielt die Luft an.

Doch anstatt in irgendeiner Art und Weise auf mich einzugehen, lief er an mir vorbei und ich konnte draußen sein belustigtes Lachen vernehmen.

„Zu feige Gryffindor!“ hörte ich ihn rufen und dann herrschte Stille.

Wut begann in meinem Inneren zu brodeln. So stark hatte mich das altbekannte Gefühl schon lange nicht mehr erobert und ich wand mich zum Ausgang, um dem blonden Slytherin aus dem Turm zu folgen.
 

Draußen angekommen konnte ich Malfoys dunkle Silhouette kaum noch ausmachen. Es hatte erneut zu schneien begonnen und der immer dichter werdende Vorhang aus Schneeflocken erschwerte mir die Sicht.

~Mein Gott, wie schnell ist der denn?~

Ich begann rasch Malfoys Spuren im Schnee zu folgen.

~Er hat bestimmt seinem Vater geschrieben!... Ist doch egal. Wieder dieses bescheuerte Lachen mit dem er mich bedacht hat, ich könnte ihn... Umbringen? Apropos: Hat er dir nicht das Leben gerettet? Wie war das doch gleich mit dem Waffenstillstand?... Ach, komm schon, damit kann er sich doch nicht ewig herausreden. Und ich bin nicht feige!~

Ich hastete weiter durch den Schnee und holte immer weiter zu Malfoy auf.

~Noch vier Meter, du schaffst es!~

Mittlerweile waren wir auf dem Hof vor dem Eingangsportal angekommen und der Slytherin hielt inne. Scheinbar hatte er mich gehört und sah sich abrupt zu mir um. Zu abrupt. Ich konnte nicht mehr rechtzeitig abbremsen und während er seine Augen, die Situation erfassend, erschrocken aufriss, schloss ich meine voller Angst.

~Das wird nicht gut...~ Und es macht gedämpftes „Buff“, als ich gegen Malfoys Oberkörper knallte. Meine Hände suchten verzweifelt nach Halt, fanden ihn, doch das konnte mich nicht daran hindern das Gleichgewicht zu verlieren. Mit einem erschrockenen „Ahhhh!“ gaben meine Füße nach und wenn mich nicht zwei Arme festgehalten hätten, wäre ich einer unliebsamen Begegnung mit dem kalten Boden kaum entronnen.
 

Einen Augenblick konnte ich mich nicht rühren. Mein Gehirn hatte das Geschehene noch nicht ganz begriffen und unsicher schaute ich mich um.

~Oh nein!~

Mein Blick wanderte über zwei Arme, die sich um meinen Oberkörper gelegt hatten und mich, aufgrund meiner immer noch den Boden scheuenden Füße, festhielten. Ich wanderte mit meinen Augen über breite Schultern und musste feststellen, dass sich meine beiden verräterischen Hände in den Kragen eines schwarzen Mantels mit grünen Säumen festgekrallt hatten. Oberhalb der Hände konnte ich blasse Haut erkennen und schließlich blieb mein Blick an zwei graublauen Augen hängen, in denen vermutlich der selbe Schock lag, wie in meinen.

~Hattest du das so geplant?~

„Ohhhuuäääähh!!!“ schrie ich auf und zappelnd wand ich mich aus Malfoys Griff. Zum Glück hatte ich meine Füße wieder unter Kontrolle und konnte diese anweisen, sich stolpernd von dem Slytherin zu entfernen.

Draco Malfoy beobachtete das mit aufkeimender Belustigung im Blick und seine typische Überheblichkeit gesellte sich dazu.

„Nicht fliegen, nicht zaubern und nicht laufen... Was kannst du eigentlich, Vallenstone?“ grinste der Junge mich an und ich wusste zunächst keine Antwort darauf zu formulieren. Doch dann überbrückte ich die zuvor errungene Entfernung zu Malfoy und zischte sauer „Ich zeig dir gleich mal, wie ich zaubern kann. Oder traust du dich nicht?“.

~Hallo??? Erde an Mary! Was tust du da verdammt?~

Zunächst wirkte Malfoy überrascht, überwand diesen Zustand allerdings schnell und kehrte zu seinem üblichen kalten Lächeln zurück.

~Oh nein!... Kannst du nicht ein mal nachdenken, bevor du sprichst?~ Unsicher entfernte ich mich wieder von dem Slytherin.

„Na dann!“ hörte ich Malfoy sagen und beobachtete, wie er mit der rechten Hand nach seinem Zauberstab griff. Ich war viel langsamer und konnte gerade noch gehetzt meinen eigenen hervorziehen, während meine Lippen das Wort „Protego“ formten. Doch dann geschah etwas seltsames. Malfoy sagte nichts. Kein Fluch brach aus seinem Mund hervor, sodass mein unnützer Protego im Nichts verpuffte. Er hatte mich schlicht und einfach verarscht.

Bevor ich der Situation Herr werden konnte, stürzte Malfoy auf mich zu und seine Arme umfassten meine Schultern. Ich stolperte einige Schritte zurück und landete mit dem Rücken gegen eine der Säulen des Hofs. Die Säule trug einen Teil der Überdachung die am Rand angebracht war und mich nun in völlige Dunkelheit tauchte.

Zunächst konnte ich nichts erkennen, sondern spürte nur den heißen Atem des vor mir stehenden Slytherins auf meinem Gesicht. Hatte mein Herz bis jetzt gerast, so schien es nun davon zu hetzen. Mein Atem ging stoß weise und verzweifelt versuchte ich etwas in der mich umgebenden Schwärze zu erkennen.

„Du bist zu langsam, Gryffindor!“ flüsterte Malfoy. Seine linke Hand wanderte zu meiner rechten, in der sich mein Zauberstab befand. Er drückte sie gegen die Säule, doch ich war sowieso noch viel zu geschockt, als das ich an einen Zauberspruch hätte denken können, der mir hilfreich gewesen wäre.

„Und du bist ein Arschloch, Malfoy!“ brach es zitternd aus mir hervor. Einen Moment lang glaubte ich eine unsichere Regung meines Gegenübers wahrzunehmen. Der Griff um meine Schulter und meine Hand lockerte sich etwas, doch im nächsten Augenblick hörte ich ein kaltes überhebliches Lachen nahe meines linken Ohres.

„Das trifft mich jetzt aber sehr!“ Diese Worte machten mich, in Kombination mit der Nähe zu ihm, wahnsinnig und ich versuchte den Slytherin von mir zu stoßen. Jedoch ohne nennenswerten Erfolg.

„Oh, wie süß!“ höhnte Malfoy und hielt gelassen meinen zappelnden Körper unter Kontrolle. Mittlerweile hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und ich konnte Malfoys Gesicht erkennen. Die Erkenntnis, dass er mir tatsächlich so nah war, wie vermutet, beruhigte mich keineswegs.

„Süß?“ zischte ich zwischen zusammengepressten Zähnen und stierte sauer in Malfoys Augen.

„Naja, nicht gerade das beste Worte, um jemanden wie dich zu beschreiben!“ antwortete der blonde Slytherin und das Herz sank mir in die Hose.

„Klar...“ begann ich und erinnerte mich an seine letzte, von mir belauschte, Unterhaltung mit Daphne Greengrass. „... wie könnte jemand wie du, jemanden wie mich schön finden, nicht wahr?“

Es war mir einfach so herausgerutscht.

~Was zum Teufel tust du da?~

Es herrschte eine eisige Stille und ich beobachtete, wie sich verschiedene Gefühle in Malfoys Augen widerspiegelten. Ob er den Zusammenhang zu seinen Worten, die er an Daphne gerichtet hatte, sah, konnte ich nicht erkennen.

„Ja!“ sagte er nach einiger Zeit schlicht und die zuletzt nachdenklich gewordenen Miene, wechselte zu dem altbekannten überheblichen Blick. „Kleiner Gryffindor, du solltest aufhören, dich ständig in Schwierigkeiten zu bringen!“

~Das sag ich ja auch schon die ganze Zeit!~

„Und du solltest aufhören, mir ständig in der Großen Halle hinterher zu gucken!“ entgegnete ich nur.

~Mary, noch mal eine Frage: WAS MACHST DU DA VERDAMMT!?~

„Was sollte ich denn besonderes an dir sehen, dass ich das freiwillig machen wollen würde?“ fragte der Slytherin herablassend.

„Gegenfrage, wenn man jemanden abstoßend findet, starrt man ihn dann die ganze Zeit an?“

Das schien Malfoy aus dem Konzept gebracht zu haben, denn er benötigte einen Moment für die Formulierung der nächsten bissigen Antwort.

„Es ist gewisser Maßen wie ein Unfall... Man kann einfach nicht weg sehen, aber es ist und bleibt eine Katastrophe!“

Mir blieb die Luft weg.

~Das hat er nicht wirklich gesagt, oder?~

„Und warum starrst du mich eigentlich immer so an?“ fragte der Slytherin, während ich spürte, wie der brodelnde Hass in mir überkochte. Ich blickte in seine markanten Gesichtszüge und auf das leicht durcheinander gebrachte Haar.

„Ich könnte es am ehesten mit einem großen, auf zwei Beinen laufenden Flubberwurm vergleichen. Ekelig, ja, aber in dieser Widerlichkeit unglaublich einzigartig, dass man trotzdem hinguckt! Man fragt sich stetig, warum existiert dieses Ding, warum wurde das nicht verhindert und... “ Während ich mich in Rage redete, griff meine Hand nach seiner, die bis vor kurzem noch um mein Handgelenk geschlungen war. Ich drückte ihn mit aller Kraft von mir, doch anstatt allein nach hinten zu taumeln, hielt er meine Hand fest und zog mich mit sich. Es wirkte mehr, als würde er es einfach geschehen lassen und nicht, dass ich ihn überrumpelt hätte. Er prallte mit dem Rücken gegen eine Steinwand und ich landete mit meinem Kopf unsanft auf seiner Brust.

„Ach Gryffindor...“ kam es erstaunlich gelassen von Malfoy und ich hob meinen Kopf, um ihm in die Augen zu blicken.

„Ehrlich, warum sollte ich dich wohl angucken wollen?“ fragte er mich und schien dabei eher mit sich selbst gesprochen zu haben.

~Ja genau, warum?... Hat er das nicht gerade ausführlich erklärt, Unfall etc.?... Und warum starrst du ihn immer an?... Hallo, hat da wer nicht aufgepasst? Flubberwurm! Ach, schau ihn dir an, diese arrogante, selbstgefällige Miene!... Ich finde er wirkt eher nachdenklich... Ja, nachdenklich, was er mir jetzt Beleidigendes an den Kopf werfen kann!~

„Du bist ein Arsch!“ knurrte ich sauer und stemmte mich mit den Händen gegen seine Brust, doch seine Arme hatten sich um meine Taille gelegt und verhinderten, dass ich mich von ihm wegdrücken konnte.

„Das hatten wir schon!“ grinste der Slytherin nur überheblich.

„Ich hasse dich!“ stieß ich aufgebracht hervor und packte ihn am Kragen. Dabei missachtete ich allerdings meinen zuvor getätigten Widerstand gegen seine Arme und wurde durch diese Aktion näher an ihn heran gedrückt. Unsere Nasenspitzen berührten sich und meine Hände griffen fester nach dem Stoff seines Mantels.

„Ach was?!“ flüsterte Draco und sein heißer Atmen jagte einen Schauer durch meinen Körper.

Auf einmal durchbrach etwas mein Innerstes und das einzige, was ich noch sehen konnte, war der Slytherin, der mir so nah war. Ich konnte nicht mehr denken, sondern spürte den Hass in mir aufwallen und sich dann in etwas dunkles, unbeherrschbares verwandeln. Dracos Blick durchbohrte meine Augen und ich konnte mich nicht mehr von ihm abwenden. Sein Geruch vernebelte meine Sinne und seine Hände griffen fester nach meinem Körper. Meine Finger wanderten währenddessen von seinem Kragen hoch in sein blondes, vom Schnee nasses Haar. Ein letztes Mal vereinigten sich unsere hektischen Atemzüge in der Luft und eine unbeschreibliche Kraft entlud sich in meinem Körper. Ich drückte meine Hände an Malfoys Hinterkopf, während er mich mit einem unsanften Ruck vollends an sich zog. In diesem Moment trafen unsere Lippen aufeinander und alle vorherigen Emotionen schienen sich darin zu entladen.

Meine Hände zerwühlten Malfoys blonden Haarschopf, während sich sein Mund drängend, fast schmerzhaft gegen meinen drückte. Als ich dann die Lippen öffnete war alles verloren.

Ich vergaß zu atmen und spürte nur noch mein Blut, das wie heiße Lava durch meine Adern strömte. Das Herz schlug mir laut in den Ohren, doch ich nahm es kaum wahr. Zu sehr wurde ich von Malfoys Händen eingenommen, die meinen Rücken hoch gewandert waren und sich in meinen Haaren vergruben. Dort angekommen zog er bestimmend meine Kopf einige Zentimeter nach hinten und konnte nun noch einnehmender seine Lippen auf meine drücken. Doch mindestens genauso fordernd legte ich meine Hände um sein Gesicht und drückte mich mit aller Kraft an ihn. Die Augen hielt ich geschlossen und ließ mich von dem glühenden Gefühl seiner Lippen davon reißen. Es hatte etwas schmerzhaft süßes und unendlich verboten richtiges an sich.
 

Doch irgendwann kam der Moment, an dem sich meine Augen öffneten und der Bann gebrochen wurde. Meine Lippen erstarrten und ich bemerkte, wie das Feuer in meinem Inneren augenblicklich erlosch. Draco blickte starr auf mich herunter und es schien, als würden wir beide gleichermaßen erschrocken die wiederkehrende Realität wahrnehmen.

Ich taumelte zurück und sah bleich zu dem Slytherin auf. Er selbst war völlig regungslos.

„Oh mein Gott“ kam es mir zitternd über die Lippen. Ohne wahr zu nehmen, was ich tat, drehte ich mich nach rechts, hastete über den Hof auf das Eingangsportal zu und verschwand dahinter.
 

*****************************
 

Wie findet ihr es? Bin ganz schön neugierig auf euer Urteil. Hoffentlich ist es nicht zu übertrieben, unglaubwürdig oder dramatisch geworden! ?

Meldet euch,

eurer Tabet

CH3-CH2-OH

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 10:

CH3-CH2-OH
 

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Als ich die Augen aufschlug fühlte ich mich schrecklich. Matt und fast krank lag ich bäuchlings auf meinem Bett im Gryffindorschlafsaal, das Gesicht halb im Kopfkissen versunken. Zunächst war ich verwirrt über meinen Zustand, wusste ich doch nicht, warum es mir so schlecht ging. Doch dann durchbrach die Erinnerung an den gestrigen Abend meine wirren Gedanken.

~Oh mein Gott!~

Ich hob erschrocken den Kopf an.

~Wie konnte das nur passieren?~

Ich ließ den Kopf wieder sinken und verbarg mein vor Scham rotes Gesicht im Kissen.

„Ich bin eine schrecklich...“ begann ich in den weichen Stoff zu sprechen „unglaublich bescheuerte...“ Meine rechte Hand hob sich und knallte mir, wie zu zur Selbstgeißelung, auf den Hinterkopf „blöde, einfältige...ähm...“ ~Keine passenden Adjektive mehr im Kopf?~ „...“ ~Na?~ „...schizophrene Idiotin!“ Meine linke Hand gesellte sich unsanft zur anderen.

Wie konnte mir das nur passieren? Diese Frage loderte erneut vor meinem inneren Auge auf und lähmte meinen Körper. Erst nach einiger Zeit schaffte ich es mich auf den Rücken zu drehen, eine aufrechte Position einzunehmen und mit versucht objektiven Verstand die vergangenen, so aufwühlenden Ereignisse zu rekapitulieren.

~Alles hatte im Eulenturm begonnen: Malfoy war dort erschienen und... War mal wieder ein Arsch und hat mich voll aufgeregt!... Wie war das mit der Objektivität?... Wir sind aneinander geraten. Er verließ den Turm und ich bin ihm... Wie eine bescheuerte... hinterhergelaufen. Dann gab es wieder Streit, er hat mich gepackt und dann... Dann?... Ist es passiert!... Was ist passiert?... Das weißt du ganz genau!... Ach? Ihr habt euch?.... Ich will es nicht hören!... Ge... NEIN!... küsst!!!!!~

„Scheiße!!!“ stieß ich aus und sprang vom Bett auf. Doch dadurch konnte ich meiner innere Stimme nicht entkommen. Immer weiter redete sie von dem Kuss und ließ kein Detail aus. Gequält setzte ich mich auf den Boden und lehnte meinen Rücken gegen einen Bettpfosten. Mit geschlossenen Augen versuchte ich mich daran zu erinnern, was nach dem Kuss passiert war. An dieser Frage hielt ich mich länger auf als nötig, um so lang es ging dem Thema „Wie geht es jetzt weiter?“ auszuweichen.

~Wie war das noch mal?~
 

Nach meinem unkontrollierten intimen Moment mit Malfoy war ich weggerannt. Durch das Eingangsportal und hoch zum Gryffindorturm, ohne irgendwas um mich herum wahrzunehmen. Dort fand ich mich allein im Mädchenschlafsaal wieder, da alle anderen Schüler noch beim Abendessen waren. Meine Gefühlswelt war überreizt. Im allgemeinen fühlte ich mich, wie eine leblose Puppe. Mein Herz raste zwar, doch in meinem Kopf herrschte große Stille. Vielleicht eine Art Schockzustand. Durchaus verständlich nach einem solchen Zusammenstoß mit meinem Erzfeind. Ich wusste nicht was ich tun sollte und so zog ich mich schließlich einfach um und legte mich ins Bett. Nach und nach begann es in meinem Kopf zu arbeiten und vor meinem inneren Auge sah ich noch mal alles vor mir. Den Kuss. Diesen unglaublichen Kuss. Dracos Lippen auf meinen, seine Hände auf meinem Körper und mein rasendes Herz. Ich lag still auf der Matratze und wusste nicht, was ich machen sollte. Schon da spukte die Frage nach den Folgen dieses unbedachten Augenblicks in meinem Kopf herum und ich stöhnte gequält auf.

Irgendwann wurde ich von Ginny und Hermine, die nach dem Abendessen den Schlafsaal betraten aus meinen Gedanken gerissen. Ich hatte gerade von der Idee Abstand genommen mich mit meinem Kissen zu ersticken und lag reglos auf dem Bett. Die Arme verbargen mein Gesicht und das rechte Bein baumelte achtlos über der Bettkante.

„Mary? Ist alles in Ordnung.“ fragte Ginny, doch ich reagierte nicht sofort.

Ich hörte, wie sich mir zwei paar Füße näherten und im Nachhinein kann ich mir gut vorstellen, wie sich meinen beiden Freundinnen verwirrte Blicke zuwarfen.

„Du warst nicht beim Essen, wir haben uns schon Sorgen gemacht, dir wäre etwas passiert!“ meinte Hermine.

~Etwas passiert! So kann man es auch nennen!~

Ich hob den Kopf und blickte ermattet zu Ginny und Hermine auf. Dabei muss ich wohl einen ziemlich bleichen Anblick geboten haben, denn die Brünette fragte mich, ob ich krank sei.

~Ich wiederhole, so kann man es auch nennen!~

Schwach begann ich zu nicken und sank zurück ins Kissen. Meine Freundinnen rieten mir mich auszuruhen und wünschten mir dann eine gute Nacht. Ich merkte, wie es Ginny in den Finger juckte weiter nachzufragen, denn so richtig konnte sie sich wohl nicht mit der vorgeschobenen Krankheit anfreunden. Doch sie ließ mich dankenswerter Weise in ruhe und ich fiel, wie auf Kommando, in einen unruhigen Schlaf.
 

Aus der Erinnerung erwachend konnte ich mich jetzt nicht weiter ablenken und endete an der unausweichlichen Fragestellung.

~Was mach ich denn jetzt?~

Eine Antwort darauf zu finden gestaltete sich als schwierig und meine Innere Stimme übernahm, leider Gottes, das Kommando.

~Du könntest versuchen ihm für den Rest des Schuljahres aus dem Weg zu gehen... Ja, genau, Morgen fährt der Hogwartsexpress nach Hause und die Zeit bis dahin packe ich ja wohl erst mal locker!... Aber!!!... Immer dieses „Aber“... Was willst du danach machen? Ich bitte dich, ihr lauft ständig ineinander.~

„Verdammt!“ entfuhrt es mir und ich hätte vermutlich noch weit schlimmere Flüche ausgestoßen, wenn in dem Moment nicht Ginny durch die Tür gekommen wäre.

„Na? Wie geht es unserem kranken Sorgenkind?“ Sie musterte mich und setzte eine nachdenkliche Miene auf. Das ich auf dem Boden saß, die Knie angewinkelt und die Arme darum geschlossen hatte, schien sie zu verwirren. Doch sie versuchte sich zu beherrschend und fuhr in unbekümmerten Ton fort „Also, du siehst schon viel besser aus, als Gestern. Am besten ruhst du dich noch bis heute Abend aus, damit du beim Fest wieder fit bist!“

~Das Fest!~

„Verdammt!“ entfuhr es mir abrupt und Ginny hob erstaunt die Augenbrauen.

„Ähm... Also, verdammt, des Fest hab ich ja ganz vergessen!“ erklärte ich diesen Ausruf halbherzig und versuchte angestrengt mir vorzustellen, wie unmöglich es wäre Malfoy dort aus dem Weg zu gehen. Leider war das nicht das einzige Problem, wie sich kurz danach zeigte.

„Ach, das wird schon, Mary! Denk einfach an Seamus und ich bin sicher, dass du dann ganz schnell wieder auf den Beinen bist!“

„Verda... mmt recht hast du.“ ~Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt!!!!!~

„Gut...“ Ginny schien noch verwirrter und musterte mich erneut. „Also ich geh noch mal mit Harry in die Bibliothek, Hermine hat uns zu einem “Prä-Weihnachtlichen-Lernmeeting“ bestellt. Zu dumm, dass wir es alle nötig haben. Da kann man dich glatt beneiden!“

~Wenn du wüsstest!~ dachte ich düster, während sich Ginny ein paar Bücher schnappte und den Schlafsaal verließ.

Danach wusste ich nichts mehr mit mir anzufangen. Die quälenden Gedanken kamen erneut auf. Also krabbelte ich ins Bett und vergrub mich unter der Decke.

Nach einiger Zeit schlief ich ein und genoss diese gedankenlose, mich umgebende Schwärze, die Malfoy, meine Erinnerungen und meine innere Stimme erst mal auf Eis legte.

~*~*~

„Nein wirklich, mir geht’s nicht gut! Ich denke es ist besser, wenn ich hier bleibe.“ stotterte ich vor mich hin, doch Ginny packte mich am Arm und zog mich Richtung Badezimmer.

„Mary, ich bitte dich. Wir machen dich jetzt erst mal fertig und dann schauen wir, ob es dir dann noch schlecht geht. Duschen ist im Allgemeinen keine schlechte Idee, egal was du heute Abend machst.“ antwortete meine rothaarige Freundin und wenig später stand ich schon unter dem großen Duschkopf im Badezimmer.

„Nein, wirklich, ich fühle mich... Moment, soll das heißen, dass ich stinke?“ fragte ich durch den Duschvorhang und hörte ein amüsiertes Kichern auf der anderen Seite. Grummelnd wand ich mich dem Wasserhahn zu.

Während ich die angenehme Wärme des Wassers meine Haut herunter rinnen spürte, konnte ich einige andere Mädchen hören, die sich im Bad ausgelassen über das bald beginnende Weihnachtsfest unterhielten.

~Sie klingen so glücklich... Sie haben ja auch nicht mit Malfoy rumgemacht... Das war kein rummachen, wir haben uns nur... Was?... Blablabla!~
 

Ich hatte die feste Absicht nicht zum Fest zu gehen und verfolgte dieses Ziel nach dem Duschen mit voller Hingabe. Während mich Ginny in mein neues Kleid bugsierte und sich dann meinen noch nassen Haaren zu wand, gab ich mein Bestes zu Husten und eine leidende Miene aufrecht zu erhalten. Das klappte ganz gut. Doch der Rotschopf zauberte trotzdem eine Lockenpracht aus meinem Haar und kümmerte sich anschließend um mein Gesicht. Als sie meine Lippen mit einem tiefroten Lippenstift bemalte, sah ich wie gebannt in den Spiegel. Diese Lippen, diese dummen Lippen, die sich vor einigen Stunden noch gegen Malfoys gedrückt hatten. Es war als ob auch sie rot vor Scham wären oder sich versuchten durch den Lippenstift zu verbergen. Ich hingegen versuchte mich abzulenken, denn schon wieder sah ich den gestrigen Kuss vor meinem inneren Auge.

„Kannst du den mal wegpacken?“ riss mich Ginny aus meinen Gedanken und ließ den roten Stift vor meiner Nase baumeln. Ich ergriff ihn und betrachtete ihn genauer. Es schien eine Probe aus der Hexenwoche zu sein und beim Lesen des Slogans blieb ich hängen „Damit küsst man sich die Nächte durch“. Ich verdrehte die Augen. Genau das konnte ich jetzt gebrauchen.

„Und... fertig!“ meinte Ginny und ließ nun mit ihren Fingern von meinen Gesicht ab. Ich stand auf und musste feststellen, dass ich meine hohen schwarzen Schuhe an hatte.

~Hat sie mir die etwa an die Füße gehext, ohne das ich es bemerkt habe?~

Ich schüttelte nur den Kopf darüber und betrachtete mich im vor mir stehenden Spiegel.

Ginny lächelte zufrieden und das ziemlich zurecht. Mein schwarzes, mit dunkelblauen Blumenmotiv durchzogenes, trägerloses Kleid umschmeichelte meinen Körper und die hohen Schuhe passten perfekt dazu. Die Haare waren zu sanften Locken frisiert und der Lippenstift rundete das Bild ab. Wenn ich mich nicht so schlecht gefühlt hätte, wäre ich vermutlich, wie Narziss, von mir selbst so beeindruckt gewesen, dass ich vornüber gekippt und mit der Stirn schmerzhaft gegen die Spiegeloberfläche geknallt wäre. Doch nun stand ich einfach nur da und dachte darüber nach, was Malfoy wohl bei meinem Anblick denken würden. Das war eine viel größere Strafe!

„Ginny, echt: Danke, aber...“ hob ich an und versuchte rasch meinen kränklichen Gesichtsausdruck aufzusetzen.

„Ach, Mary, komm schon. Das kannst du nicht verpassen wollen.“

~Oh doch!~

„Pass auf: Du ruhst dich einfach noch für so zwei Stunden aus und kommst dann nach. Wenigstens für einen Tanz!“

Ich überlegte und meine Freundin argumentierte weiter.

„Denk dran, du hast es Seamus versprochen. Da muss doch endlich mal was passieren mit euch beiden!“

Und schon war ich wieder in die demonstrativen Antihaltung verfallen.

~Auf gar keinen Fall. Wie könnte ich ihm nur unter die Augen treten? Oh man, verdammt.~

„Komm schon!“ forderte mich Ginny auf. Ich stimmte schließlich ihrem vorherigen Vorschlag zu, setze allerdings voraus, dass ich mich für einen Tanz in der Lage fühlen müsste, um in die Große Halle zu kommen. Und innerlich fügte ich hinzu, dass dies wohl nicht der Fall sein würde.
 

Nachdem sich Ginny und auch schließlich Hermine umgezogen und aufgehübscht hatten, begleitete ich sie in den Gemeinschaftsraum, wo Harry und Ron bereits auf uns warteten. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich beobachtete, wie bewundernd die beiden Jungen ihre Freundinnen betrachteten. Ich verabschiedete mich von Ihnen und warf mich unelegant auf ein Sofa vor dem Kamin.

Als ich so dalag und in die Flammen starrte, hörte ich ein leises Kichern nahe der Treppe zum Schlafsaal. Vorsichtig lugte ich über die Kante des Sofas und sah einige, ein wenig zu gut gelaunte Drittklässler aus dem Schlafsaal der Jungen herunter torkeln. Einer von ihnen hielt eine halb geleerte Schnapsflasche in den Händen und gestikulierte wild in Richtung seiner Freunde. Sie unterhielten sich über das Fest und das sie auf jeden Fall länger als erlaubt dort bleiben würden und auch das Alkoholverbot lächerlich sei.

„Schließlich sind wir alt genug um damit umzugehen!“ sprach der eine, stolperte über seine eigenen Füße und konnte sich gerade noch an einem Sessel festhalten. Das untermauerte seine Aussage nicht gerade und ich beschloss zu handeln. Erstens war es augenscheinlich, dass diese „Draufgänger“ sich doch ein wenig zu viel zumuteten. Und zweitens war ich mir sicher, dass Professor McGonnagall von ihrem Anblick nicht besonders angetan wäre. Es war somit nur zu ihrem Besten.

„Jungs!“ sagte ich gebieterisch und erhob mich vom Sofa. Einen Moment wirkten die Angesprochenen erschrocken, doch schon bald schienen sie sich der Tatsache bewusst zu werden, dass ich allein und sie mehrere waren.

„Was willst du, Puppe?“ fragte einer der Jungs lallend und ich hob überrascht die Augenbrauen.

~Puppe?~
 

Keine zwei Minuten später hielt ich die Schnapsflasche in meinen Händen und deutete mit erhobenem Zauberstab zum Jungenschlafsaal empor. Die Drittklässler liefen bzw. torkelte mit herunterhängenden Schultern in die gewiesene Richtung. Es war nicht wirklich fair und ich führte mich wie eine „uncoole“ Mutter auf, aber es machte mich trotzdem stolz, dass ich locker drei Jungs in die Tasche stecken konnte.

~Die waren betrunken, also war der Kampf trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit nicht fair!... Blablabla, ich bin trotzdem stolz!~

Das erste mal seit über 24 Stunden stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ich warf mich zufrieden auf das Sofa zurück. Während ich den samtenen Stoff meines Kleides betrachtete, der vom Schein des Kaminfeuers beleuchtet wurde, dachte ich unwillkürlich an die Möglichkeit vielleicht doch einen kurzen Blick in die Große Halle zu werfen.

~Willst du jemanden bestimmtes sehen?... Nein, ich will Malfoy nicht sehen... Klar, willst du nicht. Hallo?! Ich weiß was du willst, du willst ihn wieder küssen... Ich will das du die Klappe hältst, wenigsten eine Minute lang... Verzichte. Gib es zu, du hast es genossen... Kann man dich nicht irgendwie zum schweigen bringen?... Bei dem Kuss hab ich geschwiegen, versuch es damit!~

Verzweifelt blickte ich durch den Raum und blieb an der Schnapsflasche hängen, die ich den Drittklässlern abgenommen hatte.

~Was hast du vor?~

Ich zuckte mit den Schultern

~Was hast du vor?!... Wirst du schon sehen.~

Ich schnappte mir die Flasche, öffnete sie und schaute düster in die Flammen.

~Du willst doch nur ablenken. Aber vergiss es. Ich weiß doch, was in dir vorgeht. Du magst ihn, oder küsst man jemanden den man hasst?~

„Und los!“ ich setzte die Flaschenöffnung an den Mund und tranken einen großen Schluck. Projekt „Innere-Stimme-durch-Alkohol-zum-Schweigen-bringen“ hatte begonnen.

~Mary, du willst ihn doch eigentlich wieder sehen... Prost!... Weil du ihn eigentlich magst!... Salut!... Hör auf zu trinken, denn um Malfoy noch mal zu küssen brauchst du keinen Alkohol, wie man gesehen hat... Skal... Vielleicht mag er dich ja auch. Du solltest runter gehen und ihn fragen... Santé!... Ich spüre doch, dass du ihn wieder sehen willst... Nazdrowie!... ~

So ging das eine geraume Weile, bis die Flasche fast leer und ich ziemlich voll war. Aber mein Plan war aufgegangen. Die nervtötende innere Stimme war, um es in einer Metapher zu sagen, hinter einer dicken Wand Ethanol verschwunden. Leider hatte ich eine Sache nicht bedacht. Betrunkene Menschen machen dumme Dinge. Dinge, die sie sonst nie tun würden. Vielleicht wären nüchterne Menschen auf Grund nervender Schizophrenie den Gryffindorturm herunter gesprungen, doch niemals wären sie dem inneren Drang gefolgt Draco Malfoy zu sehen.

In der alkoholisch schwammigen Welt, in der ich mich befand, spielten Gesetzmäßigkeiten kaum eine Rolle. Dinge wie die Erdrotation, die ab und an doch gehörig ins wanken kam, oder auch die Regel „Halte dich von Malfoy fern, denn wir haben ihn nicht gern!“.

Ich schnappte mir die verhängnisvolle Schnapsflasche und erhob mich vom Sofa (dafür brauchte ich zwei Versuche). Danach verließ ich den Gryffindorturm und schob die Anstrengung des gerade aus Laufens auf meine hohen Schuhe. Doch im allgemeinen hatte ich meinen Körper recht gut unter Kontrolle. Die Wahnsinnige die ihn steuerte war viel mehr das Problem. Sie ließ mich schnurstracks Richtung Große Halle laufen und erst als ich die Treppen der Eingangshalle sehr langsam, vorsichtig und doch ungeschickt herunter ging, kamen leichte Überlegungen auf, was nun zu tun sei. Ich entschied mich erst einmal einen unauffälligen Blick durch die Tür der Halle zu wagen. Es muss ziemlich bescheuert ausgesehen haben, wie ich versuchte in hohen Schuhe dorthin zu schleichen, doch ich konnte mich ja zum Glück nicht sehen.
 

Im Türrahmen der Großen Halle angekommen verbarg ich mich so gut es ging und lugte nur mit meinem Kopf in den festlich geschmückten Saal. Überall blinkte und glitzerte es, Weihnachtsdeko so weit das Auge blicken konnte. Anstelle der Haustische gab es mehrere Kleine, die rund und im vorderen Bereich der Halle verstreut waren. Musik gab es natürlich auch. Chris, diesmal in weiblicher Gestalt, stand auf einer Bühne, die dort errichtet worden war, wo sonst der Lehrertisch stand. Sie sang ein mir unbekanntes Lied und bewegte sich dabei gekonnt zum Rhythmus. Ich beobachtete sie eine Zeit lang und begann mich zu fragen ~Wenn sie eine sie ist, steht sie dann auf Männer, und wenn sie ein Mann wird, steht er dann auf Frauen? Oder beide nur Männer, oder nur Frauen? Ich sollte sie/ihn mal fragen!~. Zum Glück wurde ich im nächsten Moment von dieser Idee abgelenkt, Betrunkene haben es nicht besonders mit fokussierter Konzentration.

Vor der Bühne erkannte ich Crabbe und Goyle höchst ungeschickt “tanzen“ und wurde natürlich wieder an mein eigentliches Ziel erinnert: Malfoy anstarren.

Mein Blick sah suchend durch die Große Halle und fand schließlich das Objekt der Begierde an einer Wand lehnend und gedankenverloren in die tanzende Menge blickend. Während ich ihn von Kopf bis Fuß musterte, spürte ich, wie mein Herz begann schneller zu schlagen und ich vernahm ein seltsames warmes Gefühl in Brust- und Bauchregion. Sein blondes Haar lag glatt und perfekt auf seinem Kopf und die graublauen Augen wirkten nicht mehr so überheblich, wie ich sie sonst in Erinnerung hatte.

~Das ist nur der Alkohol, Mary. Er ist in Wahrheit ganz blöd, überheblich und SCHAU MAL: Plätzchen.~ Soviel zum Thema Konzentration und Fokussierung. Ich hatte aus den Augenwinkeln das Buffet bemerkt und fixierte meinen Blick auf eine silberne Platte mit köstlich aussehenden Weihnachtsplätzchen. Den ganzen Tag war ich noch nicht dazu gekommen etwas zu mir zu nehmen, außer ein bisschen Mittagessen, was mir Hermine in den Schlafsaal mitgebracht hatte.

Malfoy war erst mal vergessen und ich schiebe es dem menschlich nachgesagten Trieb des Jägers und Sammlers in die Schuhe, dass ich mich bemüht heimlich Richtung Buffet bewegte. Während dieser Phase versuchte ich möglichst viel Sichtschutz vor Malfoy zu wahren und duckte mich hinter tanzende und miteinander redenden Grüppchen.

Schließlich erreichte ich mein Ziel und streckte begierig die Hände nach den Plätzchen aus, musste jedoch bald feststellen, dass ich mich wohl doch nicht so unauffällig bewegt hatte, wie gedacht. Aber aus nüchternen Augen betrachtet, musste ich mit meinem lächerlichen Versteckspiel eher die Aufmerksamkeit auf mich gezogen haben, als andersherum.
 

Während meines “Heranpirschens“ an das Buffet, war Chris auf der Bühne in einem sehr romantischen Lied aufgegangen. Nun war es zu ende, die Schüler applaudierten und warteten gespannt auf das nächste Stück. Als...

„Mary! Auf dich hab ich gewartet.“

Als die Worte verstärkt durch die Große Halle wehten, wollte ich gerade mit der rechten Hand ein Eulen-Plätzchen zum Mund führen. Nun hielt ich mitten in dieser Bewegung inne und stand wie versteinert da. Niemand stand in meiner Nähe, doch eine unangenehme Stille hatte sich über den Saal gelegt. Irgendwann viel mein Blick zur Bühne und ich erkannte wie sich Chris in dem Moment in einen Mann verwandelte und mir freudig zulächelte.

„Das hab ich mir extra für dich aufgespart!“ rief er in eine Art Mikrophon und die Band hinter ihm begann auf sein Kommando loszulegen.

Ich stand immer noch starr, den Keks in der Hand, vor dem Tisch des Buffets und beobachtete mit offenem Mund, wie Chris begann die erste Strophe von „Pretty Woman“ zu singen.

~Das passiert doch jetzt nicht wirklich, oder? Oh mein Gott.~

Fazit, das mit dem „unauffällig einen Blick in die Große Halle werfen“ war ordentlich daneben gegangen und ich wagte es nicht in die Richtung zu sehen, wo Malfoy an der Wand lehnen musste. Anstelle dessen stierte ich fassungslos Richtung Bühne und bemerkte, wie mein Alkoholpegel zwar noch da war, aber ihn aufgrund des Schockmoments eine Art spontane und kurze Nüchternheit überlagerte.

~Wie komm ich hier nur wieder raus? Ich habe wirklich das Talent mich in Schwierigkeiten zu begeben.~

„Oh Himmel!“ flüsterte ich und im nächsten Moment wurde ich von zwei Armen an einen Körper gerissen und im Kreis gedreht. Das war für meinem alkoholgetränkten Körper, wie man sich vorstellen kann, gar nicht gut.

„Uh Mary, du bist doch noch gekommen. Ich war fast schon auf dem Weg nach oben, um dich eventuell mit Gewallt herunter zu bringen. Du bist doch nicht wirklich so krank, das hätte ich gemerkt. Wahrscheinlich hast du nur etwas Angst wegen Seamus, aber keine Sorge, der sehnt sich bereits nach dir. Warte, ich bring dich zu ihm!“ redete Ginny drauf los und wollte mich schon mit sich ziehen, als ich mich aus der Umarmung löste. Wobei lösen so zu verstehen ist: Ich drückte mich unelegant von meiner Freundin los und torkelte rückwärts. Um mich herum drehte sich immer noch alles.

~Hat sie mich so drehen müssen? Und das in hohen Schuhen!~

„Warte...“ begann ich zögernd und nun rächte sich der Alkoholpegel erneut, wusste ich doch nicht, warum ich in Ginnys Augen nicht zu Seamus hätte gehen wollen. Ich brauchte eine plausible Ausrede. „Ich möchten das Plätzchen noch essen.“

Zugegeben, keine Glanzleistung. Aber es reichte aus um Ginny zu verwirren und das verschaffte mir Zeit für einen Plan b. Ich biss der Plätzcheneule den Kopf ab und versuchte nachzudenken, während sich eine wahre Offenbarung aus Vanille und Mandeln in meinem Mund ausbreitete.

~Was mach ich jetzt? Immer wenn man eine innere Stimme braucht, ist sie nicht da.~

Es half alles nichts, ich kam auf keine rettende Lösung und musste mich wohl meinem Schicksal stellen. Vielleicht könnte ich nach einem kurzen Gespräch mit Seamus schreckliche Müdigkeit vortäuschen und mich davon stehlen.

Ginny wartete nicht einmal darauf, dass ich den letzten Bissen Keks herunter geschluckt hatte, sondern zog mich zu einem kleinen Tisch, wo Harry, Ron, Hermine, Dean und Seamus saßen. Auf dem Weg dahin blieb mein Blick an zwei graublauen Augen hängen, die sich in meine bohrten. Ich schluckte und versuchte in Malfoys Gesicht eine Reaktion, ein Gefühl, zu erkennen, doch ich wurde enttäuscht. Er schaute mich mit einem undefinierbaren Blick an und im nächsten Moment stand ich schon vor meinen Freunden und sah in die mir freudig entgegen strahlenden Gesichter.
 

„Mensch Mary, wo warst du nur und... was hast du da?“ fragte Ron und deutete auf die mittlerweile leere, sich immer noch in meiner Hand befindende, Schnapsflasche.

„Ähm...“ meinte ich und blickte die Flasche an. „Die hab ich Drittklässlern weggenommen.“ Meine Stimme klang ein wenig anders als sonst. Die Zunge schien sich in Zeitlupentempo zu bewegen, während der Mund schneller als gewöhnlich auf und zu gingen. Es wirkte alles sehr asynchron und abnormal.

~Verdammter Alkohol!~

„Und sie war da schon leer?“ hakte Hermine ungläubig nach und ich murmelte irgendwas undefinierbares.

Im Hintergrund begann ein neues Lied, dass einen sehr rockigen Rhythmus hatte und erneut konnte man einen interessanten Vorgang in meinem betrunken Ich erleben.

„Wow, cooler Sssssong!“ rief ich aus.

~Schon komisch, wie man sich unter Alkoholeinfluss benimmt – Ich will tanzen!~

Das erste mal fiel mein Blick auf Seamus und mir blieb kurz das Herz stehen. Er sah unglaublich gut aus. Der Anzug, die strubbeligen Haare, die wunderschönen Augen, die mich anblickten.

~Wer ist schon Malfoy.~

Ich lächelte Seamus an und musste wieder mal feststellen, wie seltsam schwankend meine Gefühlswelt heute war.

Der dunkelhaarige Junge grinst zurück.

„Ja, cooler Sssssong.“ meinte er, mich nachahmend, doch ich verstand den Scherz nicht. Meine Freunde begannen loszuprusten, während auf meinem Gesicht wohl große Fragezeichen aufleuchteten.

~Warum lachen die? Ach egal.~

Ich blickte mich um und spürte plötzlich eine warme Hand an meiner, die mich nach rechts zog. Es war Seamus. Im nächsten Moment saß ich neben ihm auf einem Stuhl. Meine Hand ließ er dabei nicht los und ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde.

„Du hast also kleine Jungs vor dem schändlichen Gebrauch von Alkohol bewahrt?“ grinste er mich an und drückte meine Hand.

~Ja, ich habe sie vor meinem Schicksal beschützt, das sollte ich womöglich nicht sagen. Ach, er weiß es eh..~

„Ja, so selbstlos, wie ich nun mal bin.“ meinte ich und bemerkte wie meine Stimmung immer gelöster wurde. Scheinbar war ich von der Phase, in der der Alkohol langsam abgebaut wurde, noch ziemlich weit entfernt.

„So, wie wir sie kennen und lieben!“ mischte sich Ron in unser Gespräch und ich bemerkte, wie ihm Ginny in die Rippen stieß. Er sah verwirrt zu seiner Schwester auf und diese richtete sich nun an Seamus und mich.

„Wollen ihr nicht ein wenig tanzen?“ schlug sie vor. Ich legte meinen Kopf schräg und blickte sie fragend an. „Die Musik ist so schön.“

Grübelnd lauschte ich auf das gerade beginnende Lied. Irgendein romantisches Stück, doch ich konnte nicht verstehen, wie Ginny nun auf das Thema Tanzen kam. Dann zwinkerte sie mir zu und nickte Richtung Seamus.

~Ah, sie will uns verkuppeln!~ Ja, die Auffassungsgabe ließ mal wieder zu wünschen übrig.

In diesem Moment drückte Seamus erneut meine Hand und stand auf.

„Warum nicht?“ fragte er mich und lächelte mir zu.

~Er ist so lieb! Wie konnte ich das gestern nur machen, wenn er doch so lieb ist? Ich bin so ein böser Mensch.~

Ich nickte und ließ mich schlechten Gewissens von Seamus zur Tanzfläche führen. Dort angekommen wussten er wohl einen Augenblick nicht, wie es weiter gehen sollte und seine Verlegenheit steigerte nur meine Gewissensbisse. Ich nahm seine Hände und legte sie um meine Taille. Danach ließ ich meine auf seinen Schultern ruhen.

~Wäre das Gestern doch nur nicht passiert.~ überlegte ich, während ich Seamus die Führung beim Tanz überließ und sah gedankenverloren in den Himmel der Großen Halle. Alles hätte so schön sein können, wenn ich doch nur nicht mehr an Malfoy hätte denken müssen. Doch das ging nicht. Ich konnte den Drang nicht unterdrücken und ich fühlte mich so seltsam deswegen. Als wäre alles falsch und doch richtig. Mein Blick fuhr suchend über die Schülermenge und ich bemerkte Malfoy, der mich ebenfalls beobachtete. Er saß mit Crabbe und Goyle an einem der vielen Tische und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Während des Blickkontakts schien alles um mich herum vergessen. Als gäbe es nur ihn und mich. Nicht einen Gedanken konnte ich fassen, bis mich Seamus drehte und ich nun mit dem Rücken zu Malfoy stand.

„Du siehst heute unglaublich aus!“ flüsterte mir mein Tanzpartner ins Ohr und ich fühlte mich elend. Schnell setzte ich ein Lächeln auf und überlegte was ich erwidern konnte. Doch keine Sekunde später endete des Lied und ich war dankbar für die Ablenkung. Chris erklärte, dass die Band und er jetzt eine kleine Pause einlegen würden, aber in zwanzig Minuten ginge es weiter. Die Menge der Tanzenden verlief sich und bevor Seamus irgendwas sagen konnte, erklärte ich ihm, dass ich kurz mit Chris reden wollen würde. Er nickte, fragte aber interessiert, woher ich den Sänger kannte. Scheinbar war Chris in der Zaubererwelt eine große Musikberühmtheit. Ich antwortete wahrheitsgemäß, dass ich ihn gestern zufällig getroffen hatte und verabschiedete mich rasch von Seamus.
 

Dann steuerte ich auf den Tisch, an dem Chris mit der Band platz genommen hatte, zu und bemerkte eine große Traube Mädchen, die sich um ihn herum drückten. Als Chris mich zwischen den ihn verzückt anhimmelnden Mädchen ausmachen konnte, streckte er die Arme aus und grinste mich an.

„Pretty Woman.“

~Ach ja, ich erinnere mich. Das war ja eine ganz lustige Aktion...~

Noch nie hatten mich so viele Mädchen auf einmal feindlich angestarrt.

~Oh...~

„Hey, Chris!“ antwortete ich unsicher und der Sänger stand auf. Er kam auf mich zu und die Schülerinnen musste sich wohl damit abfinden, dass sie erst mal keine Beachtung mehr fanden.

„Entschuldigt Ladies, ich bin gleich wieder da.“ Chris drückte seine Handfläche auf meinen Rücken und bugsierte mich einige Schritte Richtung Eingangshalle, weit weg von seinen Fans.

Er bemerkte recht bald, dass ich ein klein wenig betrunken war und machte sich, wie es sich gehörte, über mich lustig. Doch diesmal erkannte ich die Ironie in den Worten wenigstens sofort.

Ich konnte nicht auf meine übliche Schlagfertigkeit zurückgreifen, aber unser Gespräch wurde trotz Alkoholeinfluss sehr angenehm, bis Chris auf ein empfindliches Thema zu sprechen kam.

„Wie geht es denn den süßen, bösen Jungs in Hogwarts?“ fragte er und zwinkerte mir zu.

~Wo ist die Schnapsflasche?~ dachte ich, wie aus einem Reflex heraus und sah mich suchend um.

„Frag nicht.“

„So schlimm?“

~Was genau an „Frag nicht“ hat er nicht verstanden?~ Mein Blick wanderte durch den Saal und ich konnte nicht anders als nach Malfoy Ausschau zu halten, mal wieder.

„Ja...“ antwortete ich Chris gedankenverloren „warum küsst man jemanden den man hasst?“

Die Frage war mir in meiner sehnsuchtsvollen Stimmung einfach so herausgerutscht, während ich die Menge immer noch nach Malfoy absuchte.

„Oh.“ antwortete des Sänger und begann zu grübeln. „Das kommt drauf an, wie es zu dem Kuss gekommen ist.“

„Der eine hat dem anderen gesagt, dass er ihn hasst.“ antwortete ich und fand schließlich den gesuchten Slytherin am Buffet stehen.

„Okay.“ überlegte Chris weiter und sein Tonfall ließ eindeutig vernehmen, dass er meine Aussage über die Entstehung eines Kusses mehr als eigenartig fand. „Meinte dieser jemand das denn so?“

Ich schwieg und starrte Malfoy an, der gerade ein Butterbier vom Tisch nahm und sich einen tiefen Schluck daraus genehmigte. In der Beobachtung vertieft vergaß ich völlig meinem Gesprächspartner zu antworten.

„Wer hat den Kuss denn begonnen?“ hakte Chris weiter nach.

„Beide... Ja, ich glaube es waren beide.“ überlegte ich und wand mich unwillig von Malfoy ab.

„Ich glaube nicht das einer der beiden den anderen hasst.“ überlegte Chris und sah forschend in mein Gesicht.

Ich überlegte und wurde dann von einem Grummeln in meiner Magengegend abgelenkt. Ein schwaches Gefühl der Übelkeit stieg in mir auf und ich drückte die Hände an den Bauch.

„Ich glaub, ich geh mal an die frische Luft!“ meinte ich und drehte mich Richtung Eingangshalle.

„Soll ich mitkommen? Du bist auf einmal so weiß im Gesicht.“

„Ich glaub das ist keine so gute Idee!“

~Da denkt man über Malfoy nach und schon wird einem schlecht!~
 

Schnell verließ ich die Große Halle und torkelte zum Eingangsportal.

~Verdammter Alkohol!~

Ich schlüpfte durchs Portal und lief ein paar Schritte in den Hof.

Kühle Luft wehte mir um die Nase und ich sog begierig den klaren Sauerstoff ein. Daraufhin beruhigte sich mein Magen wieder, doch ich fühlte mich immer noch elend.

Mein Blick haftete an dem dunklen Himmel und den hell funkelnden Sterne, die ein klein wenig vor meinen betrunkenen Augen verschwammen.

~Verdammter Slytherin! Verdirbt einen den ganzen Abend..~

Während ich so dastand, überdachte ich Chris Aussage bezüglich des Kusses und kam dabei leider nicht weiter. Wenn keiner den anderen hasst, was dann?

~Ich mein, ich hasse ihn, oder?~

Überwältigt von der Situation stieß ich einen Seufzer aus.

~Ja, er hasst mich ja schließlich auch.~

Stille.

~Oder doch nicht?~

Bald fiel mir auf, wie kalt es doch war und ich fühlte mich gezwungen in die Große Halle zurück zu kehren.
 

Als ich gerade den Saal betreten wollte, kamen mir drei Personen entgegen.

~Oh Gott, nein! Wo ist meine Flasche?~

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Malfoy an, doch der hatte mich noch nicht bemerkt, sondern schritt stumm vor Crabbe und Goyle her.

~Diese Augen... Verdammt, diese Lippen...~ Ich musste mich unwillkürlich schütteln. ~Finde ich ihn etwa gutaussehend? Oh nein, da spricht nur der Alkohol aus mir.~

In diesem Moment bemerkte mich Malfoy und blieb stehen. Seine Freunde sahen ihn fragend an und blickten dann ebenfalls zu mir herüber. Ich schluckte schwer und überlegte wie ich aus dieser Situation wieder heraus kommen sollte, als eine andere Gruppe hinter den Slytherins auftauchte. Es waren Harry, Ginny, Hermine und Ron, gefolgt von Dean und Seamus.

Malfoy sah mir tief in die Augen, meine Knie wurden weich und ich fragte mich, was er wohl denken mochte. Diese Frage brachte mich um.

Dann liefen meine Freunde an den Slytherins vorbei, doch Malfoy unterbrach den Blickkontakt nicht. Auch ich konnte mich erst abwenden, als mir Ginny erklärte, dass das Fest so gut wie vorbei sei und sie in den Gryffindorturm gehen würden. Ich nickte nur und bemerkte plötzlich wie eine Hand nach meiner griff und mich davon zog. Seamus hatte sich heimlich neben mich manövriert und wir marschierten die Treppe der Eingangshalle empor.

Bevor ich außer Sichtweite war, konnte ich dem Drang nicht widerstehen und drehte mich um. Malfoy stand noch da und sah mir nach. Sein Blick wechselte von meinem Gesicht, zu Seamus Hand, die meine festhielt, und wieder zurück. Ich wurde rot und wand mich ab.
 

Als unsere Gruppe im Gemeinschaftsraum angekommen war, konnte ich beobachten, wie sich Ginny unglaublich schnell von Harry verabschiedete und dann Hermine am Arm packte und sie aus dem Gutenachtkuss mit Ron riss. Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch.

„Gute Nacht, Harry, Ron, Dean. Schlaft gut!“ meinte sie und gestikulierte den angesprochenen Jungen Richtung Schlafsaal zu verschwinden.

~Oh, verkuppeln, richtige. Moment, das ist nicht gut.~

Keine zehn Sekunden später standen Seamus und ich allein im Gemeinschaftsraum.

~Ich sollte Malfoy vergessen. Seamus ist so süß und lieb und toll. Scheiß blonder Slytherin! Wer braucht den schon?~

Ich blickte zu dem dunkelhaarigen Jungen auf, der sich verlegen am Kopf kratzte.

„Es tut mir leid, dass ich heute kaum da war, mir ging es nicht gut...“ hob ich an „und, naja, die Rettungsaktion der unschuldigen Jungen vor dem Alkohol hat ihr übriges getan.“

Seamus grinste mir zu und zwinkerte.

„Macht nichts. Eigentlich war es ganz lustig dir dabei zuzusehen, wie du beim gehen hin und her geschwankt bist. Und deine leicht lallende Sprechweise war bzw. ist irgendwie süß.“

Ich streckte ihm die Zunge heraus und merkte wie unangenehm meine Füße von den Schuhen schmerzten.

„Das lag nur an den Schuhen! Also das laufen, das Lallen bildest du dir ein!“ versuchte ich mich scherzhaft zu verteidigen und zog die schwarzen Pumps aus, wobei das stehen auf einem Fuß nicht besonders leicht war und ich vermutlich ohne Seamus stützenden Hände umgefallen wäre. Danach standen wir unschlüssig voreinander, ich die hohen Schuhe in der Hand und zur Seite blickend.

„Also dann, gute Nacht!“ meinte ich und wollte mich wegdrehen, als Seamus meinen Arm festhielt, mich zu sich zog und mich küsste. Überrascht riss ich die Augen auf und wusste nicht, was ich machen sollte.

~Er ist toll. Das mit Malfoy war nur ein Unfall. Das hier mit Seamus kann etwas wundervolles werden...~

Ich schloss versuchsweise die Augen und lies mich auf den Kuss ein. Seamus Lippen strichen sanft über meine und diese Zärtlichkeit ließ mich erschauern. Es war so anders, als der Kuss mit Draco, aber dieser Strudel, der mich letztens davon gerissen hatte, blieb aus. Enttäuscht und widerwillig musste ich zugeben, dass der Kuss mit meinem Erzfeind mich viel mehr überwältigt hatte.

~Aber das kann doch auch nur daran liegen, dass es ein so schrecklicher Fehler war, der sich auf keinen Fall wiederholen sollte.~

Doch ich löste mich aus dem Kuss mit Seamus und wünschte ihm schnell eine gute Nacht. Dann war ich schon im Mädchenschlafsaal verschwunden.

~*~*~

„Mary?“

„Aaaaaweg!“

„Wir müssen jetzt runter zum Frühstück, danach fährt der Hogwartsexpress los.“ erklärte Ginny und ich spürte eine Hand meinen Kopf Richtung Decke drehen.

„Aaaaahhkopffff.“

Als ich versuchsweise die Augen aufschlug, wurde ich vom fahlen Licht des Morgens geblendet und das leichte Pochen in meinem Kopf verstärkte sich.

~Guten Morgen!... Ah, du bist wieder da... Als würde ich mir das entgehen lassen.~

„Mary, LOS!“ hörte ich Hermine genervt ausrufen und im nächsten Moment wurde mir die Decke vom Körper gerissen.

~So was nennt sich Freundin!~ dachte ich missmutig, während meine Innere Stimme zu singen begann: ~It's a beautiful morning, I think I'll go outside a while and just smile. ~

Gequält bewegte ich langsam meine Finger und Zehen. Als ich mich dann aufrichtete, wurde mir erst bewusst, dass sich die Welt seit gestern Abend nicht aufgehört hatte zu drehen. Doch dieses mal wirkte alles nicht so adrenalingetränkt, sondern ein fahles Bauchgefühl gepaart mit Kopfschmerzen lies mich gequält aufstöhnen.

~Hahaaaaa!~

„Mary komm schon, zieh dich an, wir sind ohnehin schon zu spät. Deinen Koffer hab ich schon gepackt -keine Ursache-, aber jetzt ab ins Bad und umziehen.“

Ich grummelte vor mich hin und stand vorsichtig auf. Anschließend tapste ich ausgelaugt ins Badezimmer und duschte mich. Danach zog ich mich um und blickte erschrocken in den Spiegel. Selbst der beste Visagist hätte vermutlich nichts mehr an diesem Anblick retten können.

~Yeah….. oh.. baby… Yes… she's drop DEAD beautiful!~

Ich stöhnte ein weiteres Mal auf und begann mich einzucremen und die schlimmsten Makel zu überschminken. Die Augenringe waren schrecklich, die Augen an sich leicht Blutunterlaufen und meine Lippen wirkten weiß, wie der Rest meines Gesichts. Alles in allem wirkte ich mehr Tod als lebendig, drop dead passte also.

Versuchsweise band ich mir einen Zopf. Entschied mich aber anschließend die Haare doch offen zu tragen, in der Hoffnung sie würden einen Großteil meines Gesichts verbergen.
 

Als ich fertig ~mit der Welt~ den Schlafsaal betrat bemerkte ich, wie sich Ginny und Hermine einen bedeutungsschweren Blick zuwarfen.

~Gut zu wissen, dass mein schlechtes Aussehen auch anderen auffällt!~

Ich schnappte mir meine Umhängetasche und verließ mit meinen Freundinnen den Mädchenschlafsaal.

Auf dem Weg zur Großen Halle wurden mir weitere Aspekte meines allmählich erwachenden Kopfes bewusst. Ich erinnerte mich wieder an den Gestrigen Abend und an den davor. An Zwei Küsse und das unangenehme Gefühl, dass ich ganz schön in der Klemme steckte. Nebenbei beglückte mich meine innere Stimme mit weiteren treffenden Liedern.

~Oh happy day, Oh happy day, when Jesus washed...~

„Mary?“ fragte Ginny, welche die für mich gesegnete äußere Stille damit brach.

„Mhm?“

~Bitte lass sie jetzt nichts wegen Gestern fragen!~

„Was war Gestern?“

~Sing halleluja, sing it, sing halleluja, sing it, yeah, sing halleluja!~

Ich suchte nach einer guten, unpräzisen Antwort, doch mir fiel nichts ein. Also probierte ich es mit der „Ich bin schwer von Begriff“-Masche.

„Was meinst du?“

~Außer den übermäßigen Alkoholkonsum, dein verrücktes Verhalten wegen Malfoy und den von dir „enttäuschend“ betitelten Kuss mit Seamus?~

„Na, was wohl? Was war mit dir und Seamus?“

~Verdammt!... Save your kisses for me, save all your kisses for me... Das hilft nicht?... Nicht? Vielleicht so:....~ In meinem Kopf begann die Japadi Musik und zwar in Endlosschleife. Oh, sie ließ mich dafür leiden, dass ich sie Gestern mit Alkohol aus meinem Kopf verbannt hatte.

„Ginny, ich kann da heute echt nicht drüber reden. Bitte!“ Und zu meiner Verwunderung wurde diese Bitte erhört. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass wir die große Halle erreicht hatten. Augenblicklich musste ich daran denken, wen ich hier alles wieder sehen würde. Und natürlich musste ich meine Aufmerksamkeit dem Slytherintisch zuwenden. Malfoy saß am gewohnten Platz und genehmigte sich gerade eine Scheibe Toast, mich hatte er noch nicht bemerkte. Schnell blickte ich zum Gryffindortisch, wo Seamus neben Harry, Ron und Dean am frühstücken war. So hüpfte mein Blick einige Zeit hin und her, als würde ich ein Tennismatch verfolgen.

Mittendrin fiel mir eine Veränderung am Lehrertisch auf. Chris, männlich, saß an der linken Seite und schaute zu mir herüber. Als er merkte, dass ich ihn ansah, begann er fröhlich zu winken und ich hob schwach den Arm.

~It's raining men, halleluja, it's raining men, amen!~ Ich verdrehte die Augen und hielt sarkastisch dagegen: ~Killing me softly with this song, killing me softly...~

Doch dann wurde ich wieder von der Realität eingeholt und bemerkte, dass ich bereits einige Zeit starr in der Tür zur Großen Halle stand und mich Ginny und Hermine fragend musterten. Abrupt ließ ich den winkenden Arm sinken, setzte mich in Bewegung und verkniff mir jeden weiteren Blick zum Slytherintisch. Seamus konnte ich nicht so einfach ausweichen. Allerdings übernahm Ginny die Aufgabe, die anderen über meine „unpässliche, restalkoholisierte Lage“ aufzuklären. Auch, dass es wohl schwer werden würde ein vernünftiges Gespräch mit mir zu führen, fügte sie hinzu. Ich nickte ergeben und blickte Seamus kurz mit einem schwachen Lächeln an, was er mit einem Zwinkern erwiderte.
 

Das Frühstück war großartig, denn ich hatte einen gewaltigen Hunger und Durst. Nachdem ich ein Brötchen und über einen halben Liter Orangensaft in mich aufgesogen hatte, fühlte ich mich schon besser. Zwar war das schwache Pochen in meinem Kopf noch nicht ganz verschwunden und mein Magen fühlte sich auch noch alles andere als normal an, aber ich war auf dem richtigen Weg. Natürlich wurde ich auch während der Mahlzeit musikalisch von DJ Innere-Stimme unterstützt. Unter anderem hörte ich eine interessant interpretierte Version von „Wonderful Life“. Besonders der Part mit „no need to run and hide“ schien mich auf sehr unangenehme Weise zu verhöhnen. Nichts hätte ich lieber getan als wegzurennen und mich zu verstecken. Irgendwo in einem dunklen Loch, wo mich keiner fand.

Während ich düster auf meinen Teller starrte, hatte ich das unangenehme Gefühl beobachtete zu werden, doch ich war weise genug mich nicht suchend umzudrehen.

~*~*~

Nach dem Frühstück ging es sofort los. Ich freute mich schon ziemlich auf zu Hause und natürlich auf meine Eltern. Das ich Malfoys Blicken ausweichen konnte, kam mir ebenfalls entgegen. Es war quasi die riesige Kirsche auf meinem Eisbecher.

Gemeinsam mit den anderen hatte ich mich aus der Großen Halle begeben und verließ die Schule durch das Eingangsportal. Danach überquerten wir den Hof und landeten schließlich vor mehreren Kutschen, die scheinbar herrenlos dastanden. Als meine Freunde schnurstracks in eine der Kutschen hüpften, zuckte ich die Achseln und folgte ihrem Beispiel. Seamus half mir dabei, indem er mir seine Hand entgegenstrecke und ich nahm sie dankbar an. Ginny beobachtete diese Aktion wohlwollend und ich verdrehte die Augen. Dann setzte sich die Kutsche in Bewegung.

~Keine Pferde, oder ähnliches, naja, langsam überrascht mich wohl nichts mehr.~

Gemütlich holperten wir Richtung Hogwartsexpress und ich ließ mein Blick über den See wandern, den man im Hintergrund erkennen konnte. Danach betrachtete ich das majestätische Schloss, das vor meinen Augen immer kleiner wurde.

Trotz meines angeschlagenen Gesundheitszustands kam mir ein Lächeln über die Lippen. Diese magische Welt war wirklich ein Zuhause für mich geworden und das innerhalb von ein paar Monaten. Ich hatte in letzter Zeit bemerkt, wie glücklich ich mich hier fühlte. Wie richtig es war hier zu sein. Und während ich so dasaß und mich leicht schmunzelnd umsah, hörte ich im Kopf meine schizophrene Stimme „It's a beautiful day“ anstimmen. Doch anstatt mich dadurch bestraft zu fühlen, begann ich glücklich mit zu summen.
 

Nach einer kurzen Fahrt waren wir dann am Hogwartsexpress angelangt. Koffer wurden verstaut, Eulen heulten auf, alles in allem ein ganz schönes Durcheinander. Irgendwann verlor ich den Überblick und meine Freunde aus den Augen. Die gute Stimmung von vorhin wechselte zu Ungeduld und gehetzt lief ich den Bahnsteig entlang. Mein Kopf begann schmerzhafter zu Pochen und auch die anderen Nachwirkungen des Alkohols setzten wieder ein, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Übelkeit.

Plötzlich öffnete sich ein Fenster des Zuges auf meiner Höhe und Ginny erlöste mich aus meiner verzweifelten Suche. Sie rief mir zu, dass sie im dritten Abteil von hinten ein Platz für mich freigehalten hätte. Ich nickte und sah zum Ende des Zuges herüber. Es wäre einfacher, wenn ich in die nächstgelegene Tür steigen und den Weg im Innern fortsetzen würde. Schnell zählte ich die Abteile durch und merkte mir, dass es das siebte von dieser Position aus sein musste. Daraufhin verschwand ich im Hogwartsexpress und lief vor mich hin zählend den Gang entlang. Mit jedem Schritt wünschte ich mir nachdrücklicher meinen Sitzplatz herbei, denn ich spürte wie mich die Müdigkeit langsam übermannte. Leider hatten auch meine Schuldgefühle gegenüber Seamus und meine Ratlosigkeit Malfoy betreffend wieder eingesetzt. Heilloses Chaos also. Ich wollte einfach nur schlafen und die Probleme, die mich bekümmerten, von mir schieben.

~Gut, nur noch das Abteil finden und dann bin ich schon fast zu Hause. Dort gibt es keinen Malfoy mehr... Always look on the bright side of life... Klappe!~

Genervt versuchte ich meine Innere Stimme zu ignorieren und erreicht das, so dachte ich, dritte Abteil vom hinteren Zugende. Ich strich mir mit den Händen durchs Gesicht und versuchte mit einigen leichten Klapsen auf meine Wangen die Müdigkeit, wenigstens bis ich saß, aus meinem Körper zu verscheuchen. Dann riss ich die Abteiltür auf und trat ins Innere.

„Oh!“ war alles was ich sagen konnte.

~Das war wohl das falsche Abteil...~

Entsetzt starrte ich auf die vier Slytherins, die ebenfalls überrascht zu mir aufsahen. Mein Blick wanderte zuerst zu Daphne Greengrass.

~Oh!~

Weiter über Crabbe und Goyle.

~Mein!~

Und blieb schließlich an einem ganz bestimmten blonden Slytherin hängen.

~Gott!~

Ich war einen Moment unfähig mich zu bewegen. Malfoy sah wie gebannt zu mir auf und ich konnte meinen Blick auch nicht von seinen Augen lösen. Eine peinliche Stille entstand. Mein Herz machte einen ungesunden Sprung und setzte dann für einen Moment aus. Schließlich drückte ich die Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger der rechten Hand gegen meine Stirn und dachte, dass heute wohl einfach nicht mein Tag war.

~Das kann doch alles kein Zufall mehr sein. Irgendwer spielt da mit meinem Schicksal, ehrlich, es reicht langsam!~

Endlich erwachte ich aus meiner Starre und stolperte rückwärts aus dem Abteil. Dann wand ich mich um und lief den Gang entlang.

~Das war ja mal wieder brillant!~

Hinter mir erklangen Schritte und ich drehte mich erschrocken um. Zwei gute Meter entfernt erkannte ich Malfoy, der nun auch stehen geblieben war. Wir starrten uns an und ich dachte nur ~Verdammt, ich sehe bestimmt schrecklich aus.~. Im nächsten Moment strafte ich mich für diesen dummen Gedanken. Warum sollte es wichtig sein, dass ich gut aussah, wenn ich Malfoy traf?

In diesem Moment hob der blonde Slytherin fast beruhigend seine Hände, ging einen Schritt auf mich zu und öffnete den Mund. Der erste Hauch eines Wortes erklang, doch dann wurde neben mir die Abteiltür aufgerissen.

Ich schrie erschrocken auf und wand meinen Blick von Malfoy ab.

„Hier bist du! Mensch komm rein.“ meinte Ginny und griff nach meinem Arm. Sie hatte den Slytherin wohl nicht bemerkt. Der jedoch ließ augenblicklich die Hände sinken, während ich teils wehmütig, teils erleichtert zu meinen Freunden gezerrt wurde. Zwar hätte ich gern gewusst, was Malfoy hatte sagen wollen. Allerdings war ich so recht unbeschadet aus der Situation heraus gekommen.

Müde fiel ich auf meinen Sitzplatz, der, wie ich annahm, von Ginny organisiert neben Seamus war und sackte in mich zusammen. Im selben Moment schloss ich meine Augen und das sanfte Schaukeln des anfahrenden Hogwartsexpress wiegte mich in den Schlaf.
 

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Ein langes Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen?! :-)
 

Liebe Grüße

Euer Tabet

Feuriges Neujahr

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 11:

Feuriges Neujahr
 

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~Zum Glück ist Weihnachten nur ein mal im Jahr, sonst würde ich vermutlich rund wie eine Bowlingkugel werden und durch die Gegend kugeln.~ überlegte ich vor mich hin, während ich in meinem Zimmer auf dem Bett saß und den immer dunkler werdenden Himmel durch das schräge Dachfenster beobachtete. Um mich herum hatte ich allerlei Süßkram auf der himmelblauen Bettdecke verteilt. Wenn man sich den Berg an zerknüllten Verpackungsmaterial zu meinen Füßen besah, konnte man nur ahnen, wie viel Naschwerk vorher um mich herum gelegen haben musste. Aber auf ein schlechtes Gewissen hatte ich keine Lust.

In der linken Hand hielt ich einen Brief von Ginny, der Vorgestern angekommen war. Sie entschuldigte sich darin, dass sie erst verspätete Weihnachtsgrüße hatte schicken könne und lud mich als Entschädigung ein, mit ihr, Harry, Ron und Hermine über Silvester an einem großen Fest des Zaubereisministeriums teilzunehmen. Ihr Vater hatte zufällig Karten dafür erhalten und zwar gleich so viele, dass Ginny mich hatte einladen können.

...Es ist zwar seltsam, dass wir gleich so viele bekommen haben, denn die Tickets sind sehr begehrt und meistens bereits unter den höchsten Mitgliedern des Ministeriums vergeben. Aber dieses Jahr haben wir scheinbar sehr viel Glück. Ich war selber noch nie dort, ebenso wie die anderen von uns, aber Dad meint, dass er immer nur das Beste davon gehört hat...

Ich überflog den Rest des Briefes und legte ihn dann beiseite. Noch am selben Tag hatte ich ihrem Vorschlag per Eule zugestimmt. Es war zwar sehr schön wieder zu Hause zu sein, aber nach Weihnachten, dem ersten und zweiten Feiertag und zwei weiteren Tagen, war mir schon fast langweilig geworden. Ich genoss die Zeit mit meinen Eltern, aber da beide einige der wenigen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr zum Arbeiten nutzten, war ich oft allein. Außer den Stapeln an Büchern, die ich zwar aus Hogwarts mitgebracht hatte, aber bis jetzt gut vermied zu beachten.

Ich genehmigte mir eine vorsichtig ausgewählte Bohne aus der Packung Bertie Botts Bohnen (in allen Geschmacksrichtungen), die mir Ginny mitgeschickt hatte, und verzog leicht das Gesicht.

~Pfeffer, hab schon schlimmeres erlebt.~

Ich streckte mich Richtung der kleinen Kommode, die neben meinem Bett stand, um eine Wasserflasche zu erreichen, da ich den schärfer werdenden Geschmack schnell aus meinem Mund wegspülen wollte.

Ich musste die halbe Flasche austrinken, bis endlich Linderung eintraf.

~Das war wohl doch nicht nur Pfeffer.~ überlegte ich mit rotem Kopf und schob mit bösem Blick die Packung Bohnen von mir.

~Teufelszeug!~

In diesem Moment hörte ich ein leichtes Klacken. Überrascht hob ich den Kopf auf der Suche nach der Ursache und verweilte an dem Dachfenster. Meine Stirn 1egte sich in Falten, als mir zwei gelb-goldene Augen entgegen starrten. Um diese Uhrzeit bekam ich eher selten Post. Außerdem kannte ich diese Eule nicht. Betont langsam stand ich auf und betrachtete das mir unbekannte schwarze Tier, das immer noch durch die Glasscheibe zu mir her sah. So ging das eine ganze Weile bis einem von uns beiden auffiel, dass wir mit dem gegenseitigen Anstarren nicht weiter kamen. Zu meiner Schande muss ich zugeben, dass nicht ich es war. Die Eule klopfte erneut und dieses Mal energischer mit dem Schnabel gegen das Glas. Rasch überbrückte ich den letzten Meter zu ihr und kaum hatten meine Hände den Hebel zum öffnen des Fensters gedrückt, spürte ich raschelnde Federn und einen leichten Windzug nahe meines rechten Ohres.

Nox, meine eigene Eule, die bis gerade noch vor sich hin gedöst hatte, blickte argwöhnisch aus ihrem Käfig heraus zu dem Neuankömmling herüber. Dieser hatte auf meiner Schreibtischstuhllehne platz genommen und hielt seine intensiv blickenden Augen auf mich gerichtet. Dann hob die er eines seiner Beine und ich erkannte ein zusammengerolltes Stück Pergament.

~Was auch sonst? Die Eule starrt mich an, als wäre ich total begriffsstutzig... Wäre?~

Ich grummelte vor mich hin und befreite die Eule von dem Papier. Währenddessen ließ ich erneut meinen Blick über ihr schwarzes Gefieder und die Augen wandern. Irgendwie kam sie mir doch bekannt vor. Ich überlegte vor mich hin, doch als das Pergament gelöst war, breitete das Tier seine Flügel aus und war im nächsten Moment durch das noch geöffnete Fenster verschwunden.

Verwirrt beobachtete ich, wie die Eule von der Dunkelheit verschluckt wurde und wand mich dann dem Pergament in meinen Händen zu. Als ich die ausgebreitete Seite vor mir hatte steigerte sich meine Verwirrung. Es stand nur ein Satz darauf.

Geh nicht zum Silvesterball, wenn dir etwas an deinem Leben liegt.

„Hähhh?“ murmelte ich und blickte zu Nox herüber. Der schien jedoch wieder ein geschlummert zu sein.

~Wer kann mir das geschrieben haben? Und warum sollte ich besser nicht hingehen? Was soll denn sonst mit meinem Leben passieren?~

„Verrückt!“ entfuhr es mir und ich lief in Gedanken vertieft auf mein Bett zu. Während ich die einzelnen Weihnachtsleckereien von der Bettdecke einsammelte und anschließend in einer großen Geschenkbox verstaute, versuchte ich dahinter zu kommen, wer mir diese Warnung geschickt haben konnte. Doch ohne großen Erfolg.

Sollte ich das Schreiben Ernst nehmen? Ich wusste es nicht. Doch warum schreibt mir jemand, ohne sich zu offenbaren. Und vor allem ohne einen Grund anzugeben, warum ich nicht zu der Silvesterfeier kommen sollte. Ein grobes „wenn dir etwas an deinem Leben liegt“ fand ich zu unbefriedigend und für meinen Geschmack auch ein wenig zu dramatisch formuliert.

~Klingt, als ob da wer zu viele schlechte Gangsterfilme gesehen hat.~

Als ich mich auf meinem endlich freien Bett niederlassen konnte, entschied ich mich, trotz Warnung, zum Fest zu gehen. Schließlich konnte ich nur so herausfinden, was genau dahinter steckte und ich war mittlerweile richtig neugierig geworden.

~Das hatte der mysteriöse Schreiber bestimmt nicht im Sinn. Tja, so ist das halt. Ist etwas verboten, will man es nur noch mehr.~

Ich knipste meine Nachttischlampe an und griff anschließend nach einem Buch, dass mir meine Eltern zu Weihnachten geschenkt hatten, „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen. Meine Mutter wusste, dass ich es schon immer mal hatte lesen wollen, doch noch nicht dazu gekommen war. Ich schlug die erste Seite auf, begann zu lesen und vergaß den Brief.
 

Am nächsten Morgen sollte ich jedoch einen weiteren Brief auf meiner Fensterscheibe vorfinden, dessen Inhalt ebenso nichts Gutes prophezeite.

Geh nicht zum Silvesterball, oder es wird etwas Schreckliches geschehen.

Ich hob die Augenbrauen.

~Ooookkkk...~

Ich schnappte mir den Brief vom gestrigen Abend und verglich die Handschriften miteinander. Der aktuelle Brief war sehr krakelig geschrieben. Als hätte jemand voller Hektik oder gar Panik den Satz niedergeschrieben.

Langsam bekam ich ein mulmiges Gefühl. Doch es wäre unhöflich gewesen Ginny so kurzfristig abzusagen, immerhin kam sie bereits Morgen, um mich abzuholen. Außerdem hatte ich mich schon sehr auf den Ball gefreut.

~Wenn ich nicht gehe, finde ich nie heraus was dahinter steckt. Wahrscheinlich ist es eh nur ein blöder Scherz.~ beruhigte ich mich und versuchte mir die Vorfreude nicht durch weiteres Grübeln kaputt zu machen.

~*~*~

„Mary, es hat geklingelt!“ rief mir meine Mutter von der unteren Etage aus zu und ich verdrehte die Augen, während ich schon dabei war die Treppe herunter zu laufen.

„Hab ich auch gehört!“ antwortete ich und musste doch gleichzeitig grinsen. ~Mum...~

Schon stand ich vor unserer Haustür und riss sie mit einem Schwung auf. Hermine und Ginny standen breit lächelnd vor mir und ich strahlte erfreut zurück.

„Da seid ihr ja. Kommt rein!“ begrüßte ich meine Freundinnen und ergriff ihre Hände. Das meine Mutter neugierig aus der Küche kommen und die Ankömmlinge betrachten würde, hatte ich erwartet. Brav stellte ich meine Gäste vor und erkannte an dem Blick meiner Mutter, dass sie die beiden als nett eingestuft hatte. Ich zwinkerte und deutete dann die Treppe hinauf.

„Ich hol nur schnell meine Sachen, dann können wir eigentlich schon los.“ erklärte ich und machte mich auf den Weg in mein Zimmer, um meinen kleinen, bereits gepackten Koffer zu holen.

Ich hatte mich schon früher gefragt, wie eine richtige Zaubererfamilie wohl lebte und da ich die kommenden Nächte bei den Weasleys verbringen würde, hatte ich nun die Gelegenheit es herauszufinden.

Bevor ich mir mein Gepäck schnappte und wieder herunter eilen konnte, ließ ich Nox aus seinem Käfig, damit er während meiner Abwesenheit nicht hinter Stäben vor sich hin vegetieren musste.
 

Dann konnte es endlich losgehen. Ich umarmte meine Eltern zum Abschied und bekam dabei von meiner Mutter einen schnellen Kuss auf die Stirn verpasst.

„Ich komm ja am zweiten Januar noch mal wieder.“ meinte ich und lächelte zu den beiden hoch. Sie nickten und sahen mir, Ginny und Hermine zu, wie wir durch die Tür und anschließend das Gartentor verschwanden.

Als sie außer Sicht waren, wurde ich auf einmal gepackt und hinter eine dichte Hecke gezogen.

„Was ist los?“ flüsterte ich und blickte verwirrt zwischen meinen beiden Freundinnen hin und her.

„Warum flüsterst du?“ wisperte Ginny zurück.

„Keine Ahnung.“ kam es nur weiterhin geflüstert von mir. Hermine verdrehte die Augen und warf noch einen Blick auf die umstehenden Häuser.

„Wir dürfen nicht gesehen werden, wenn wir apparieren.“ erklärte sie in normaler Lautstärke.

„Wenn wir was?“ fragte ich noch verwirrter als zuvor.

„Apparieren. Das geht deutlich schneller, als wenn wir jetzt den Bus nehmen. Gib mir deine Hand!“

Ich sah misstrauisch von Hermines mir entgegen gestreckter Hand zu ihrem Gesicht und zurück. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl.

„Mein Gott!“ Hermine ergriff, deutlich genervt über mein Zögern, meinen Oberarm, nahm gleichzeitig Ginnys Hand in ihre und im nächsten Moment ging ein Ruck durch meinen Körper.

„Ahhhhhhhhhhhh!“ Doch mein Schrei ging in dem mich umgebenden Wind unter. Es war, als würde ich durch einen Sturm fliegen und Hermines Hand, die nebenbei bemerkt ziemlich unsanft in meinen Arm drückte, würde mich hindurchziehen.

Und schon war es vorbei. Das merkte ich daran, dass sich um mich herum nichts mehr drehte, ich allerdings den plötzlichen Kontakt meiner Füße mit dem Boden nicht erwartete und schmerzhaft mit dem Gesicht voran auf einer Wiese landete.

„Du hättest sie ruhig mehr vorbereiten können.“ hörte ich Ginny sagen, doch in ihrer Stimme schwang eher Belustigung als Belehrung. Ich hob den Kopf und funkelte böse zu meinen Freundinnen hoch.

„Ja, das wäre hilfreich gewesen.“ knurrte ich, aber ich konnte trotzdem keine Reue in Hermines Blick erkennen.

~Dann halt nicht.~

Ich rappelte mich hoch und sah mich anschließend um. Vor mir erwuchs ein seltsam anmutendes Haus Richtung Himmel und meine Kinnlade klappte herab.

~Eigentlich nicht besonders verwunderlich, oder? SO stellt man sich doch das Haus einer Familie aus Hexen und Zauberern vor.~

Es war kein wirkliches Haus, es war eine Ansammlung von Häusern die man wild auf- und ineinander gebaut hatte. Magisch und wundervoll. Ich grinste und konnte es kaum erwarten das Innere zu erforschen.
 

Ginny ging voraus und zeigte mir die Küche und das Wohn- und Esszimmer. Als wir die oberen Stockwerke durchgingen, lernte ich nach und nach die anderen Familienmitglieder der Weasleys kennen. George, dessen Zwilling, wie Hermine mir mal berichtet hatte, beim Kampf in Hogwarts umgekommen war, Percy, mit dem wir schon mal einen Briefwechsel hatten und natürlich Mr. und Mrs. Weasley. Die ganze Familie war einfach nur herzerwärmend, anders konnte man es nicht ausdrücken. Besonders Ginnys Mutter fand ich auf Anhieb sympathisch. Sie nannte mich zwar „meine Liebe“, was ich normalerweise aufgesetzt und bescheuert gefunden hätte, aber bei ihr wirkte das ganz natürlich.

Am Ende unserer Tour erreichten wir das Zimmer, welches ich mir mit Ginny und Hermine teilen sollte. Ron und Harry schliefen direkt nebenan und ich mutmaßte, ob mich meine Gefährtinnen wohl Nachts verlassen würden, um bei ihren Liebsten zu sein. Aber das konnte ich mir beim weiteren nachdenken nicht wirklich vorstellen.

~Selbst wenn, die eine Nacht, bis zur Feier überlebe ich schon. Und an Silvester wird ohnehin kaum geschlafen.~

Wie recht ich doch behalten sollte.

~*~*~

Endlich war der 31. Dezember gekommen und mit hüpfendem Herzen stand ich in der Küche des Fuchsbaus.

~Zauberstab?... Check... Eine kleine Flasche Sekt zum anstoßen?... Check... Heißes Silvester Outfit?... Check... Na dann kann es losgehen.~

Es war bereits später Nachmittags und ich wunderte mich stark über die Ruhe der anderen. Schließlich sollte um acht Uhr der Empfang beginnen, doch Ginny war noch nicht mal umgezogen. Man hatte mir gesagt, das Fest würde außerhalb stattfinden. So weit außerhalb, dass man dort für gewöhnlich keine Muggel antraf. Aber dafür musste man doch einige Zeit fahren und ich wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Nervös suchte ich nach Ablenkung und erinnerte mich an „Stolz und Vorurteil“, welches ich bereits über die Hälfte verschlungen hatte.

Fröhlich hüpfte ich die Treppe bis zu meinem Zimmer empor und zog das Buch aus meinem Koffer. Hermine saß auf einem Stuhl und schrieb eifrig irgendeinen Aufsatz zu Zauberkunst und ich entschied mich im Wohnzimmer zu lesen, da Ginny gerade im Bad verschwunden war und wohl in einigen Minuten anfangen würde sich fertig zu machen. Dann hätte ich gewiss keine Ruhe zum lesen. Außerdem bekam ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich Hermine hart arbeiten sah, während mir nicht mal der Gedanke kam, etwas zu lernen.

Also landete ich schließlich auf einem bequemen Sofa in der untersten Etage und ließ mich von Jane Austens Werk davon tragen.
 

Doch irgendwann musste ich stutzen, oder vielmehr meine innere Stimme mischte sich ein.

~Kommt uns das nicht bekannt vor? Die junge Elisabeth verspürt Verachtung, wenn nicht sogar Hass gegenüber Mr. Darcy, doch dann... Was dann?... Naja, du hast es doch selbst gelesen, wie sich Hass langsam in Zuneigung verwandelte... Möchtest du damit irgendetwas andeuten?... Malfoy!... Aus!... Ach, komm schon, gib es zu. Es gibt gewisse Parallelen, nur das Elisabeth Mr. Darcy nicht sofort die Zunge in den Hals gesteckt hat... Geht das schon wieder los?... „Sie begann zu begreifen, dass er genau der Mann war, der nach Charakter und Veranlagung am besten zu ihr gepasst hätte.“... Klar, ich passe perfekt zu dem arroganten Slytherin, der auch noch mal mit Voldemort in Verbindung stand... So meine ich das nicht und das weißt du auch. Aber du fühlst dich zu ihm hingezogen und er zu dir. Der Kuss war doch wohl eindeutig... Wo ist der Alkohol?... Denk nicht mal dran!~

Ich versuchte meine Gedanken zu unterdrücken und setzte an die letzten Seiten der Geschichte zu lesen.

„Mary, wir müssen jetzt los!“

Ich schreckte hoch und erkannte Hermine in einem schönen blauen Kleid im Türrahmen stehen. Schnell warf ich einen Blick auf die Uhr und erstarrte, es war bereits zwanzig vor acht. Doch dann erschlug mich die Erkenntnis.

~Als ob wir mit dem Auto fahren würden! Wir apparieren natürlich!~

Und genau so wurde es auch gemacht. Nachdem ich „Stolz und Vorurteil“ in meine Handtasche gesteckt hatte, nahmen mich Ginny und Hermine bei der Hand und dann ging wieder dieser Ruck durch meinen Körper.

~Oh Gott, was ist wenn ich wieder hinfalle?~ Doch ich hatte den Gedanken kaum zu ende gedacht, da landete ich auch schon unsanft auf den Beinen und wurde von Hermine gerade noch am zu Boden stürzen gehindert.

„Danke.“ murmelte ich und sah mich um.

Wir befanden uns in einer riesigen Halle. Diese schien zu einem Schloss zu gehören, anders konnte man sich die goldenen Verzierungen und edle Verarbeitung an Boden und Wänden nicht erklären. Um mich herum tauchten, wie aus dem Nichts, Harry, Ron und die anderen Weasleys auf. Man konnte in ihren Augen lesen, dass sie auch noch nie an diesem Ort gewesen waren und besonders der große kristalline Kronleuchter, der ohne Befestigung über der Halle thronte, schien sie zu beeindrucken.

„Also, ich würde sagen...“ begann Mr. Weasley, nachdem er sich von der Pracht der Halle losreißen konnte. „... wir gehen dann mal rein!“

Mrs. Weasley nickte und man sah ihr an, wie aufgeregt sie war. Doch dieses Gefühl konnte ich ihr gut nachempfinden. Wenn das hier nur die Eingangshalle war, was würde uns dann erster im eigentliche Festsaal erwarten.

Unsere Gruppe setzte sich in Bewegung und lief eine sich vor uns erstreckende Treppe empor. Das Geländer und die Stufen waren aus weißem Marmor, der mit feinen Linien aus Gold durchzogen war. Ich kam mir vor wie eine Prinzessin und konnte mich gar nicht an den großen Kerzenständern und Portraits satt sehen, an denen wir auf unserem Weg vorbei liefen. Mein Kleid kam mir viel zu modern vor und schien nicht in diese Welt zu passen, obwohl oder gerade weil es nagelneu war. Es war dunkelrot und besaß zwei samtene Träger. Der Ausschnitt war klein und schlicht, doch dafür gab es auf der anderen Seite einen mit tiefen Ausblick auf den kompletten Rücken. Der Schnitte betonte meinen Körper und der Stoff an sich war so geschmeidig, dass er bei jedem Schritt leise raschelte.

Ich hatte das Kleid vor ein paar Tagen bei einem kleinen Shoppingtrip mit meiner Mutter gekauft, nachdem ich heraus gefunden hatte, dass zu dem „Internationalen Ministeriums Silvesterball“, wie es auf meiner offiziellen Einlandung hieß, eine „entsprechende Kleidung“, sprich langes Abendkleid, erwünscht sei.

Meine hohen schwarzen Pumps klackerten über den Boden und wenig später stand ich gemeinsam mit den anderen, vor einer großen Flügeltür. Dahinter konnte man Stimmen und Musik ausmachen und ich spürte wie mein Bauch vor Vorfreude einen Luftsprung machte. Doch im nächsten Moment erinnerte ich mich wieder an die Mahnung, die man mir per Eule hatte zukommen lassen.

~Vielleicht sollte ich vorsichtshalber die Augen offen halten...~

„Bereit?“ fragte Mr. Weasley und genoss einen Moment die allseits erwartungsvollen Blicke, bevor er mit seinem Zauberstab sachte gegen die Tür klopfte. Diese öffneten sich und zunächst sah es so aus, als wäre Zauberei dafür verantwortlich, doch dann erkannte ich zwei elegante gekleidete Zauberer, welche die Türklinken umfasst hielten. Mit ihnen unterhielt sich Mr. Weasley einen Moment und überreichte unsere Einladungen. Dann wurden wir nach Nennung und Abhaken des jeweiligen Namens auf der Gästeliste durchgelassen.
 

Wenn ich in der Eingangshalle gestaunt hatte, war ich nun komplett überwältigt. Der Saal war riesig und meine Augen wurden von dem Schimmern, Glitzern und Funkeln, was in jeder noch so kleinen Ecke vorherrschte, überfordert. Neben mir konnte ich ein gehauchtes „Wow!“ von Hermine hören und ich konnte ihr da nur zustimmen. Der Raum muss einen Durchmesser von ungefähr 30 mal 60 Meter gehabt haben. An dem Rand erwuchsen starke Marmorne Säulen der zehn Meter hohe Decke entgegen. Der Boden war ebenfalls aus dem hellen weiß-goldenen Marmor, den ich schon vorher bewundert hatte. Er war so poliert, dass man ihn als Spiegel hätte nutzen können. Viel zu schade um darauf zu stehen. Bei dem großen freien Bereich in der Mitte schien es sich um eine Tanzfläche zu handeln und gegenüber der Tür war eine kleine Bühne errichtet worden auf der seltsame Kreaturen mit mir bekannten und unbekannten Musikinstrumenten hantierten. Außerhalb der Tanzfläche waren, zwischen Säule und Wand, kleine Tische aufgebaut worden, an denen ich schon schemenhaft einige Gäste sitzen sehen konnte. An einer der langen Wände erkannte ich mehrere große Fenster, die von der Decke bis zum Boden reichten und in golden Rahmen verfasst waren. Eines war ein Stück geöffnete, doch ich konnte nicht erkennen, was dahinter lag.

In diesem Moment kam eine elegant gekleidete Hexe auf unsere Gruppe zu und führte uns zu unserem persönlichen Tisch. Ich ließ mich neben Ginny und Mrs. Weasley nieder und verfolgte das Treiben im Saal. Immer mehr Gäste kamen an und das Summen von angeregten und ausgelassenen Gesprächen erfüllte den Raum. Aus dem nichts erschienen Sektgläser, deren Inhalt nie versiegt, auf unseren Tischen und ich drückte meine kleine Handtasche mit der Mini-Sektflasche fest auf meinen Schoß.

~Ja, du hättest dir denken können, dass es Getränke gibt!~

„Hast du den Kronleuchter gesehen, meine Liebe?“ sprach mich Molly Weasley an und ich folgte suchend ihrem Blick.

„Oh!“ entschlüpfte es meinen Lippen. Der Kronleuchter, oder viel mehr die drei Kronleuchter schwebten über der Tanzfläche und waren jeweils so groß wie ein Geländewagen. Ein großer Geländewagen.

~Wie hab ich das nur übersehen können... Ohoh!~

Mein Mund wurde auf einmal ganz trocken und ich schluckte schwer. Es waren erneut eine kleinere Gruppe im Saal angekommen. Zwei Männer und eine Frau. Um sie mit einem Wort zu beschreiben, wäre mir vermutlich nur “schwarz“ eingefallen. Die beiden Männer trugen, schwarze Anzüge mit schwarzen, oder zumindest dunklen Hemden und schwarze Krawatten. Die Frau war in ein elegantes schwarzes Abendkleid gehüllt. Aber das war natürlich nicht das schlimme an ihnen. Immerhin hatte ich nichts gegen schwarze Kleidung. Das Problem bestand in den hellblonden Haaren der Männer und deren eiskalten Blicken.

„Oh Gott!“ stieß ich hervor, als Malfoy in meine Richtung blickte, mich aber noch nicht bemerkt zu haben schien.

~Warum ausgerechnet der?~

„Was ist denn?“ fragte Ginny und sah zur Tür. „Oh! Ich hab mich schon gefragt, ob die kommen würden. Malfoys Macht im Ministerium ist nicht mehr so wie früher, zum Glück, aber er hat immer noch...“

Mein Blick wanderte von Dracos Augen zu denen seines Vaters.

„...eine gewisse „Ausstrahlung“.“ beendete ich Ginnys Satz. Sie nickte und beugte sich dann zu Harry, um ihm vermutlich etwas über die neuen Gäste zu zuflüstern.

Derweilen hatte ich mich wieder von Mr. Malfoy abgewandt und betrachtete seinen Sohn. Der Blick des Jüngeren fuhr suchend zwischen den Säulen und über die Tische entlang. Als er seine Aufmerksamkeit unserem Tisch widmete, vergaß ich einen Moment zu atmen. Seine Augen bohrten sich in meine. Es schien, als hätte er einen Moment völlig die Fassung verloren. Dann passte sich sein Gesicht dem perfekt sitzenden Anzug an: Finster. Er schien wütend, richtig wütend. Ich schluckte und blickte nur verwirrt zurück.

Währenddessen redete sein Vater mit dem Platzanweiser an der Tür. Dieser wollte Malfoy und seine Familie zu ihrem Tisch führen, aber Malfoy wand sich nicht von mir ab. Seine Eltern folgten seinem Blick und nun wurde ich von drei paar Augen durchbohrt.

Als, nach mir endlos vorkommenden Sekunden, Mr. Malfoy seinem Sohn die Hand auf die Schulter legte und ihn bestimmend in Richtung ihres Tisches drückte, konnte ich wieder aufatmen.

~Das kann ja ein vielversprechender Abend werden!~ dachte ich, während ich die Malfoys beobachtete, die sich auf der anderen Seite des Saals niederließen.

„Hey, da haben wir ja noch ein bekanntes Gesicht.“ meinte Ginny und stieß mich in die Seite.

„Was?“ Ich schreckte hoch, war ich doch in Gedanken immer noch bei Malfoy.

„Daphne Greengrass und ihre Eltern. Die sieht aber nicht gesund aus.“

Ich blickte wieder zur Tür und erkannte die Slytherinschülerin. Sie war kreidebleich und sah sich beinahe ängstlich im Saal um. Das war wirklich seltsam. Ihre Eltern schienen hingegen sehr ruhig, doch ich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sie etwas Bedrohliches an sich hatten. Familie Greengrass wurde zu ihrem Tisch geleitet und im vorbeigehen bemerkte ich wie entsetzt Daphne wirkte, als sie an meinem Platz vorbeilief und einen Blick von mir auffing.

Bevor ich mir weiter darüber Gedanken machen konnte, wurde ich durch das sanfte Klingeln einer Glocke auf einen Mann aufmerksam, der sich in die Mitte der Tanzfläche gestellt hatte. Er drückte seinen Zauberstab gegen das Kinn und seine magisch verstärkte Stimme durchflutete den Raum.

Es war eine recht nett gestaltete Begrüßungsrede. Schließlich endete er und der Tisch vor uns füllte sich mit vielen Schalen, die dampfende und köstlich anmutenden Speisen beinhalteten. Das Fest hatte begonnen.

~*~*~

Dieses Silvester sollte mir unter anderem als „Der riesiger Ball“ in Erinnerung bleiben, besonders im Vergleich mit dem Weihnachtsfest in Hogwarts, das beinahe winzig dagegen wirkte.

Alle Frauen trugen lange Kleider, alles war festlich und natürlich wurde getanzt. Das Ministerium hatte viele Gäste aus anderen Ländern eingeladen und unter ihnen fanden sich ein paar willige Tanzpartner.

Als das Essen beendet war und der erste Tanz angesagt wurde, stand fast zeitgleich ein recht gut aussehender junger Mann, von etwa 24 Jahren, vor mir und forderte mich auf. Nachdem ich meinen Blick kurz und kritisch über die bereits tanzende Menge wandern ließ und erleichtert feststellte, das außer den Basisschritten des Walzers keine höheren Künste erwartet wurden, streckte ich dem Mann freudig meine Hand entgegen.

Danach hatte ich keine großen Schwierigkeiten einen weiteren Tanzpartner zu finden und so tanzte ich mich vergnügt bis in die Nacht hinein. Der einzige Wermutstropfen bestand in der penetranten Anwesenheit von Draco Malfoy, die mich ein wenig nervös machte. War es Zufall, dass er stetig an mir dran klebte, mich beobachtete und mit, wie mir auffiel, sehr vielen jungen Mädchen in meiner Nähe tanzte?

~Blöder blonder... Süßer, heißer... Schnauze!~
 

Als es endlich kurz vor Mitternacht war, wurden die Gäste gebeten durch eine große Glastür im hinteren Bereich des Saals zu gehen, um vom Garten aus das Silvesterfeuerwerk bestaunen zu können. Alles setzten sich in Bewegung und ich, da ich gerade noch getanzt hatte, verlor den Überblick und folgt einfach der Masse.

Im Garten angekommen, obwohl man vielleicht besser von einem Park sprechen sollte, suchte ich vergebens nach Ginny und den anderen. Doch ich konnte sie nicht finden. Seufzend drückte ich mich durch die eng beieinander stehenden Leute und gelangte recht bald in eine der vordersten Reihen.

„Zehn, neun...“ begannen die Zauberer gemeinsam herunter zu zählen und ich blickte erwartungsvoll auf den dunklen Himmel. Hinter mir raschelte es und aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie sich mir jemand näherte. Ich wand mich um und erblickte Malfoy.

~Na toll!~

Er kam neben mir zum stehen und sah mich prüfend an.

„...fünf, vier...“

„Was machst du hier?“ fragte ich genervt und wand mich ab.

„Mary...“ hob er an und ich drehte mich erstaunt zu ihm um. Das war das erste mal, dass er meinen Vornamen benutzt hatte.

„... eins... NULL!!!“ Ein Jubel brach um uns herum aus. Als dann das Feuerwerk begann löste ich meine Blick von Malfoys Augen und sah den funkelnden Lichtern zu. Diese bildeten verschiedene Formationen und Fontänen. Ganze kleine Geschichten, zum Beispiel die eines Zauberers, der einer ihn umliegende Wiese mit Magie zu blühender Blumenpracht verhalf, wurden leuchtend in den Himmel gezeichnet. Noch nie hatte ich so etwas gesehen. Doch trotz der Faszination konnte ich das seltsame Gefühl, dass durch den nahestehenden Slytherin ausgelöst wurde, nicht los werden. Allerdings vermied ich es einen weiteren Blick in seine Richtung zu werfen. Mein Herz raste und ich versuchte ruhig zu atmen, damit er meine Aufregung nicht bemerkte.

~Ganz ruhig! Nicht hinsehen! Da schau das Feuerwerk, ist es nicht wunderschön. Ja ja, immer ans Feuerwerk denken... Moment, was ist das?~

Ich zog die Stirn in Falten, als mir etwas Seltsames auffiel.

~Ich glaube das ist nicht gut.~

„Ohoh!“ stieß ich hervor und riss die Augen auf. Eine Art Feuerball hatte sich am Himmel gebildet und bewegte sich nun auf die erstarrte Menge zu.

Dann brach das Chaos aus.

Leute stießen gegen mich und schrien dabei wild durcheinander.

„Komm!“ rief mir Malfoy zu und riss meine Hand an sich. Dann rannte er los und ich stolperte hinter ihm her.

~Hohe Schuhe, warum mussten es heute unbedingt hohe Schuhe sein?... Hast du im Moment nichts wichtigeres im Sinn?~

Malfoy führte mich auf eine Wiese des Gartens, wo wir einen großen Teil der anderen Menschen hinter uns ließen. Als ich einen Blick über die Schulter riskierte, steigerte sich meine Panik.

„Ich glaub das Ding verfolgt uns!“ schrie ich auf.

Tatsächlich. Der Feuerball raste uns mit einer Geschwindigkeit entgegen, die ich kaum für möglich hielt.

Malfoy sah sich ebenfalls um und lenkte dann seine Schritte Richtung einer kleinen Baumgruppe. Dort angekommen ließ er meine Hand los und ich verlor den Halt. Eine unangenehme Begegnung mit dem erdigen Boden war die Folge. Doch viel Zeit um zu klagen hatte ich nicht, denn Malfoy stellte sich vor mich und starrten dem Feuerball entgegen. Dann holte er seinen Zauberstab hervor und begann leise vor sich hin zu flüstern. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete ich das Geschehen und bemerkte, wie sich eine kleine Blase aus Licht um uns legte. Zunächst bewunderte ich es, doch schon bald wurde meine Aufmerksamkeit erneut auf den Feuerball gelenkt, der uns schon fast erreicht hatte.

~Ich werde sterben!~ dachte ich erschüttert und schloss ängstlich die Augen. Einige Sekunden später bebte die Erde. Heiße Luft schlug mir entgegen und ich schlag die Arme um meinen Körper.

Doch die erwarteten Schmerzen blieben aus. Überrascht öffnete ich die Augen und sah, wie die Welt um mich herum ein einzig großes Meer aus züngelnden Flammen war. Ich hielt entsetzt die Luft an und starrte auf Malfoy, der angestrengt seinen Zauberstab vor sich hielt. Langsam wurde es in unserer schützenden Blase heiße und ich bekam immer schlechter Luft. Ein Hustenkrampf zerrte an meinen Lungen und ich begann zu röcheln. Auf Händen und Knien aufgestützt hockte ich nun auf der Erde.

~Oh Gott, ich sterbe mit Draco Malfoy!~ Einen Moment malte ich mir aus, wie wir gemeinsam am Himmelstor stehen würden, der Wächter mich kritisch mustert, sich dann an Malfoy wendet, nur den Kopf schüttelt, mich hineinbittet und Malfoy Richtung Hölle stürzt.

Daraufhin begann ich zu lächeln.

~Wenigstens sterbe ich mit einem Lächeln.~

Mein Blick fiel auf Malfoy und ich spürte, wie mir das Herz schwer wurde. Meine Augen wanderten über seine Figur, die zerzausten Haare, die schönen Gesichtszüge und eine tiefe Traurigkeit überkam mich. Ich wollte... Ehrlich gesagt wusste ich es nicht.

„Dra...“ begann ich, doch dann brach meine Stimme und ich kippte kraftlos vornüber. Das letzte was ich sah, war Malfoys entsetzter Blick und dann ein großes Aufflammen des Feuers.

~*~*~

„Wach auf!“ Jemand klopfte mir unsanft auf die Wangen. „Stehen Sie nicht so herum, holen Sie Hilfe!“

Ich hörte, wie sich Schritte hastig entfernten und versuchte meinen Augen zu öffnen.

Das erste, was ich erblickte war eine Hand, die über meine Stirn strich. Dann entfernte sie sich schnell und ich erkannte Malfoy, der neben mir saß. Ich beobachtete mein Umfeld und stellte erleichtert fest, das keine Spur des Feuers mehr zu sehen war. Nur in einem kreisrunden Abstand um uns herum befand sich verbrannte Erde und verkohlte Büsche und Bäume. Ein Hustenanfall überkam mich, als ich probierte mich aufzurichten.

Einen Moment glaubte ich Sorge in Malfoys Zügen zu erkennen. Er beugte sich über mich und stützte beschwichtigend meinen Rücken. Doch als ich es schließlich schaffte eine aufrechte Sitzposition einzunehmen und dadurch wohl die Frage nach meinem Gesundheitszustand positiv beantwortete, erkannte ich Wut in seinen Augen.

„Das du auch nicht ein mal hören kannst! Was war an „Geh nicht, wenn dir etwas an deinem Leben liegt“ nicht zu verstehen?“

Ich lehnte mich so gut es ging von ihm weg und versuchte das Gesagte zu verstehen, während er sich von mir abwandte, aber weiter vor sich hin etwas von einer „unvorsichtigen, blöden Gryffindorschülerin“ redete.

„Das... das warst du?“ fragte ich und Malfoy blickte immer noch sauer zur Seite.

~Er hat mir schon wieder das Leben gerettet... Und dich vorher gewarnt.~

Unangenehme Stille legte sich über uns.

~Wenn er es vorher wusste.. aber woher? Was ist hier überhaupt los?~

„Was geht hier vor, Malfoy? Was weißt du?“ fragte ich und sah zu dem Blonden auf. Er war aufgestanden und drehte mir demonstrativ den Rücken zu.

Ich rappelte mich ebenfalls auf und ging mit wackligen Beinen auf ihn zu.

Als ich ihn erreichte streckte ich halt suchend die Hand nach seiner Schulter aus und drehte ihn dabei zu mir um.

„Was geht hier vor?“ fragte ich erneut. Seine Augen trafen meine und ich ließ vorsichtshalber seine Schulter nicht los, damit ich nicht doch noch den Boden unter den Füßen verlor. Er sagte nichts, sonder blickte mich einfach nur an. Dann schaute er auf seine Schulter, die immer noch von meiner Hand berührt wurde. Bevor ich sie hastig wegziehen konnte, hatte er seine Hand auf sie gelegt und hielt sie fest.
 

In diesem Moment erschienen mehrere Zauberer um uns herum. Scheinbar war derjenige, den Malfoy angewiesen hatte Hilfe zu holen mit eben dieser zurück gekommen. Zwischen den apparierten Zauberern erkannte ich Mr. und Mrs. Weasley. Letztere stürzte auf mich zu und drückte mich an sich, dabei entglitt mir Malfoys Hand.

„Meine Liebe, geht es dir gut? Wir waren schon alle ganz krank vor Sorge. Komm, wir bringen dich jetzt erst mal nach Hause, ja?“ sprach Mrs. Weasley beruhigend in mein Ohr. Mr. Weasley sah zu uns herüber und unterhielt sich währenddessen mit düsterer Miene mit dem Mann, der die Festrede gehalten hatte. Malfoy stand stumm da und sah mich an, dann schien er sich entfernen zu wollen, doch Mr. Weasley hielt ihn auf. Mehr bekam ich nicht mit, denn im nächsten Moment ergriff Mrs. Weasley meinen Arm, um mit mir zu apparieren. Schnell bückte mich noch zu meiner am Boden liegenden und gefährlich offenstehenden Tasche. Und als ich den Bügel ergriff waren wir schon so gut wie verschwunden.
 

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So fertig! Ich hoffe es hat euch gefallen.
 

Liebe Grüße und feedbacked mich!

euer Tabet

Rückkehr nach Hogwarts

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 12:

Rückkehr nach Hogwarts
 

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„Und du bist ganz sicher, dass du es nicht doch irgendwo hast herumfliegen sehen?“ fragte ich zum vermutlich hundertsten mal und erntete, nicht nur von der angesprochenen Ginny, sondern auch von Hermine, Ron und Harry, mehr als genervte Blicke.

„GANZ sicher!“ meinte die Rothaarige und wanderte energisch das Gleis entlang.

„Vielleicht hat sich das Buch bei deinen Schulbüchern versteckt. Da du denen über die Ferien wohl kaum einen Blick geschenkt hast, dürfte es dir nicht auffallen, wenn es dort liegen würde.“ kam es von Hermine, die mit Ron hinter mir lief. Ich widerstand dem Drang mich umzudrehen und ihr die Zunge heraus zu strecken, da ich hoffte sie durch das Ignorieren ihres Kommentars mehr zu ärgern. Sie hatte mich im Zug einige Grundlagen der Zauberei („... die für deine Prüfungen bestimmt wichtig sein werden.“) abgefragt, doch meine Motivation lag bei Null und außerdem hatte ich mich tatsächlich nicht besonders viel mit dem Lernstoff auseinander gesetzt. Aber ich hatte gerade auch andere Sorgen.

~Sieht aus, als wäre das Buch weg. Na toll, ich hatte es fast ausgelesen!~

Das war wirklich unglücklich gelaufen. Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ war wie vom Erdboden verschwunden. Das Problem war, dass ich nicht wusste, wo ich es verloren hatte. Die letzten Tage hatte ich wie wild im Haus meiner Eltern danach gesucht, aber erfolglos. Bei den Weasleys war es scheinbar auch nicht aufgetaucht.

Mit leicht verdüsterter Miene trottete ich hinter Harry und Ginny her, die bei unserer Gruppe die Spitze bildeten. Das Gleis und somit auch den noch dampfenden Hogwartsexpress hatten wir hinter uns gelassen und wanderten nun über einen Waldweg Richtung Schloss.

Nach einer kurzen Fahrt mit den Pferdelosen-Kutschen erreichten wir unser Ziel und ich konnte mein Buch vorerst vergessen.

Endlich war ich wieder in Hogwarts und in meinen Bauch begann sich ein angenehmes Kribbeln auszubreiten. Das Kribbeln verwandelte sich auf dem Weg zur Großen Halle in einen Kloß, als ich daran dachte, dass die Prüfungen nun gar nicht mehr so fern waren, wie ich es mir immer eingeredet hatte.

~Du hättest halt mehr lernen sollen... Bla, bla, bla!~

Als wir die Halle betraten, waren viele unserer Mitschüler bereits eingetroffen. Ein großes Summen von vielen freudig miteinander und durcheinander redenden Stimmen erfüllte den Raum. Lächelnd betrachtete ich die in der Luft schwebenden Kerzen, den dunklen Himmel über den vier Tischen und sog begierig den Geruch von gutem Essen ein, der bereits, ohne das die Tische gedeckt waren, in der Luft lag. Nach diesen schönen Eindrücken wurde ich wieder von harten Tatsachen überrollt. Vier Haustische, Huffelpuff, Ravenclare, Gryffindor und... Slytherin.

~Wie hatte ich das nur vergessen können?~

Selbstverständlich war ich darauf vorbereitet Malfoy wieder zu sehen. Ich hatte es mir immer wieder ausgemalt, in den meisten dieser Fantasien trafen wir uns alleine in einem Gang, ich sah umwerfend aus und fand genau die richtigen Worte, um ihm eine Erklärung für das Silvester-Desaster abzuringen. Neben der verzweifelten Suche nach „Stolz und Vorurteil“ hatte ich mich natürlich auch mit diesem recht einprägsamen Erlebnis beschäftigt. Wer konnte schon einen Tag vergessen, an dem er fast gestorben wäre? Leider war ich nicht besonders weit gekommen. Bis auf eine bittere Erkenntnis: Malfoy weiß etwas. Er war mein einziger Anhaltspunkt, schon allein weil er sich als einer der Schreiber der Warnungen, die Silvesterfeier betreffend, geoutet hatte. Er wusste, oder ahnte, dass so etwas geschehen würde, doch er schien nicht der Initiator zu sein. Ansonsten hätte er mich ja nicht retten müssen. Also blieb nur eine Schlussfolgerung, ich musste versuchen durch ihn etwas über die Geschehnisse heraus zu finden.

~Oh Gott, da ist er!~

Meine Füße verhakten sich ineinander, als ich auf den Gryffindortisch zu marschierte und mir gleichzeitig den Hals verrenkte um den hellblonden Haarschopf am Slytherintisch zu fixieren. Bevor ich der Länge nach aufschlug, konnte ich mich jedoch glücklicher weise an Ginnys Arm festhalten. Also kippten wir beide ein Stück vornüber, doch den meisten Schwung konnte sie abfangen und wir torkelten nur drei Schritte, bis wir uns wieder im Griff hatten.

~Hoffentlich hat er das nicht gesehen, nein, nicht hingucken... Er hat es gesehen!... Verdammt!~

Verlegen strich ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ mich rasch auf meinen Stammplatz am Gryffindortisch nieder.

~Das reicht jetzt aber auch für heute mit peinlichen Aktionen!~

„Hey, Mary!“

Ich blickte auf und erkannte Seamus, der mir schräg gegenüber saß.

~Oh...~

Seit unserem Kuss und der gemeinsamen Heimfahrt mit dem Hogwartsexpress, hatte ich ihn die gesamten Ferien über nicht mehr gesehen. Er hatte mir drei mal wirklich sehr nette und lustige Briefe zukommen lassen, die ich ebenfalls nett und lustig erwidert hatte. Allerdings gab es in seinen auch deutliche Nebenbemerkungen, nichts spezifisch über den Kuss, aber man konnte die genau Absicht heraus hören. Er wollte mir mitteilen, dass er mich mochte, allerdings so, dass es nicht aufdringlich, oder schmalzig klang. Genau so hätte ich es vermutlich auch gemacht, wenn ich mir so sicher mit allem gewesen wäre. Das ich Malfoy geküsst hatte wollte mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich hatte versuchte es zu verdrängen, aber es ging nicht. Und wie konnte ich Seamus Hoffnungen machen, wenn ich immer wieder des Nachts an den Kuss mit einem anderen dachte? Nicht, dass ich mich nicht dafür ohrfeigen könnte bzw. es gelegentlich wirklich tat, aber das half nicht viel.

„Hey, Seamus! Wie geht’s? Hast du auch die letzten Tage der Ferien gut überstanden?“ fragte ich und lächelte so ungezwungen, wie es mir möglich war.

„Naja, nicht viel neues, seit wir Silvester bei meiner Tante verbracht haben. Aber bei euch war doch eh viel mehr los, wenn man dem Tagespropheten glauben schenken mag.“ erwiderte Seamus und sah mich neugierig an.

~Moment mal!~

Mein Blick wanderte zu Ginny, die verdächtig auf ihrem Sitz herum rutschte.

„Was meint er damit?“ fragte ich leise und bemerkte, wie sich Ginny und Harry einen kurzen Blick zuwarfen. „Was ist mit dem Tagespropheten?“

„Naja, wir dachten, der Artikel wäre nach ein paar Tagen vergessen, aber wie es aussieht....“

„Artikel?“ hakte ich nach. Erneut wand sich Ginny an ihren Freund und Harry griff in seine Umhängetasche und streckte mir anschließend den Tagespropheten vom zweiten Januar entgegen. Aufgeschlagen war die dritte Seite, in dessen Mitte ein großes, sich bewegendes Bild befand. Darauf waren mehrere diskutierende Menschen zu sehen, die auf einem Stück Rasen standen, der kreisförmig abgebrannt war. Einer der Personen war Mr. Weasley, der sich mit dem Moderator des Silvesterfestes unterhielt. Die zweite Person, die mir sofort ins Auge stach, war Draco Malfoy, der von mehreren Männern und Frauen umringt war und eher wortkarg auf Fragen zu antworten schien.

„Das ist nicht gut...“ murmelte ich und begann den Artikel zu lesen. „Das ist gar nicht gut!“
 

„...Wie uns aus verlässlicher Quelle berichtet wurde, hat der junge Mr. Malfoy den starken Fluch solange aufhalten können, bis Mr. Cebus Cuffelcorn, der Leiter der Silvesterveranstaltung (oben links), sie erreichte und sie gemeinsam den monströsen Feuerball vernichteten.“
 

~“Den monströsen Feuerball vernichteten.“ Die tragen ganz schön dick auf.~ überlegte ich und sollte einige Zeilen darunter feststellen, dass es noch schlimmer ging.
 

„Der heldenhafte Einsatz von Draco Malfoy hat seiner Mitschülerin Marianne Vallenstone das Leben gerettet... Das arme Mädchen wirkte verstört und soll sogar bewusstlos gewesen sein.“
 

„Nein...“ murmelte ich und las die Zeilen immer und immer wieder aufs neue.

~“Der heldenhafte Einsatz“ Meine Güte!... Naja, es war schon recht heldenhaft... „Das arme Mädchen wirkte verstört und soll sogar bewusstlos gewesen sein.“ Hallo?... Du warst doch verstört und teilweise bewusstlos... Das braucht aber doch nicht die ganze Welt zu wissen! Vor allem können die doch nicht einfach so meinen Namen benutzen.~

„Oh Gott!“ Ich ließ die Zeitung sinken und stützte meinen Kopf mit den Händen ab.

„Ach, mach dir keine Sorgen. Das haben die meisten bestimmt schon längst vergessen!“ meinte Hermine aufmunternd und nahm dann den Tagespropheten an sich. „Vergiss es einfach.“

~Wenn das nur so leicht wäre.~

Mein Blick wanderte zum Slytherintisch und blieb an Malfoy hängen. Er unterhielt sich mit einigen seiner Freunde und ich bemerkte, wie sich ein warmes Gefühl in meiner Magengegend ausbreitete.

~Was soll das denn jetzt? Ich mein, natürlich bin ich ihm in gewisser weise dankbar, aber deswegen muss mein Magen ja nicht gleich so einen Aufstand machen!~

„Wenn es dich interessiert, ich habe mitbekommen, wie er den Reportern gedroht hat, sie sollen ihn und dich mit dem Thema in Ruhe lassen. Er wollte scheinbar keinen großen Wirbel. Wenn man bedenkt wer er ist, ist das kaum zu fassen.“ meinte Ginny und ich wandte mich von Malfoy ab.

„Kaum zu fassen, dass er nach dem Artikel mit seinem Ego noch in diese Halle passt.“ spottete Ron und ich hatte meinen Magen wieder soweit unter Kontrolle, dass ich in das allseits aufkommende Gekicher mit einstimmen konnte. Dann erinnerte ich mich, wie wir überhaupt auf Silvester gekommen waren und sah mich nach Seamus um, der mich beobachtete.

„Tja, wie es aussieht, weiß der Tagesprophet mehr als ich.“ kommentierte ich den Artikel und wusste, dass ihn das nicht zufrieden stellen würde .

„Komm schon, was genau ist da passiert?“ hakte der, wie mir auffiel, wirklich verdammt gut aussehende, dunkelhaarige Junge nach.

„So genau kann ich das gar nicht sagen.“ murmelte ich und als ich seinen Blick bemerkte, hob ich abwehrend die Hände. „Im ernst! Ich kenne die Hintergründe nicht. ~Noch nicht!~ Der Feuerball war auf einmal am Himmel und dann bin ich gerannt. ~Mit Malfoy, der deine Hand hielt!~ Schließlich waren wir an einer Baumgruppe und dann erinnere ich mich nur noch daran, ~wie du aufgestanden bist und ganz nah bei Malfoy gestanden hast. ~ wie Mrs. Weasley bei mir war und mit mir apparierte.“

~Halt dich aus dem Gespräch heraus!... Aber du vergisst wichtige Details.~

„Aber was machte dieser Feuerball am Himmel, warum hatte er es auf dich abgesehen.“

„Das wüsste ich auch gerne!“ meinte ich und Ginny und die anderen nickte zustimmend. Wir hatten uns natürlich nach Silvester beraten und waren leider zu keinem Ergebnis gekommen. Das mich Malfoy vorher gewarnt hatte, hatte ich vorerst für mich behalten, ebenso wie die andere Warnung von Mr. Unbekannt. Allerdings war mir klar, dass, wenn ich alleine mit der Aufklärung der Geschehnisse nicht weiterkam, ich meine Freunde einweihen musste.

„Du solltest besser auf dich acht geben.“ meinte Seamus und ich fing seinen lieben, umsorgenden Blick auf.

„Ja, ich muss mir in meinem Terminkalender notieren, wann Feuerbälle Season haben.“ grinste ich und war dankbar, dass nun Professor McGonnagall aufstand und das Abendessen einleitete.

~*~*~

Hogwarts hatte mich also wieder, bzw. die Realität der Schule. Denn nun musste ich mich erneut hinter die Bücher der Bibliothek klemmen, um die faule Zeit der Weihnachtsferien wieder gut zu machen. Ich war fast so oft und so viel am lernen wie Hermine. Die hielt mich dabei ganz schön auf Trapp und schien immer genau dann zu bemerken, wann meine Gedanken sich von den Büchern erhoben und zu fernen, schöneren Weiten schwebten. Sofort war die Brünette mit einem Stoß in die Seiten oder einem Kommentar zu stelle, um mich daran zu erinnern, dass ich meine Prüfungen „nicht ohne viel lernen bewältigen kann.“. Manchmal kam sie mir vor wie einer dieser Aufseher in amerikanischen Militärfilmen, fehlte nur noch eine Trillerpfeife.

~Und dann würde sie vor mir stehen, mein Gesicht in das Verwandlungsbuch drücken und schreien „50 weitere Seiten, du faule Made!“~

„Mary?!“

~Und ich würde verängstigt starr da sitzen und sie würde weiter schreien „Haben Sie das verstanden, Vallenstone?“ „Ja.“ „Wie heißt das?“ „Sir, ja, Sir.“... Mehr Klischee geht nicht.~

„Mary! Was grinst du so?“ Hermine wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. „Hörst du mich?“

„Sir, ja, Sir.“ meinte ich, musste anfangen zu lachen und bekam mich nur schwer wieder ein. Wie viel Spaß man doch mit sich selbst haben kann.

„Du solltest lieber weiter lernen. Soweit ich das sehe bist du mit Verwandlung immer noch nicht so weit, wie du sein müsstest.“ mahnte Hermine und wandte sich dann wieder ihren Arbeiten zu.

„Ach, weißt du was?“ meinte ich und schlug das vor mir liegende Buch zu. „Für heute reicht es. Die Sonne scheint so schön und Gestern war ich lang genug hier. Außerdem hab ich Verwandlung drauf.“

Ich stand auf und packte meine Sachen zusammen.

„Wenn du meinst. Ich sehe dich dann beim Abendessen.“ meinte Hermine achselzuckend und ich verließ die Bibliothek. Harry, Ron und Ginny waren gerade bei ihrem wöchentlichen Quidditchtraining und so entschloss ich mich einen kleinen Abstecher über die Ländereien bis zum Quidditchfeld zu unternehmen, um den schönen Tag auszunutzen.
 

Als ich durch die Gänge im dritten Stock lief, begann ich mich irgendwie unwohl zu fühlen. Ich blickte mich um, doch nirgends war jemand zu sehen.

~Verfolgungswahn?~

Meine Schritte wurden schneller und ich wusste gar nicht warum. Schließlich war hier niemand. Oder vielleicht doch?

~Ok, Mary, beruhige dich. Was soll schon schlimmes geschehen?... Sag das doch nicht. Immer wenn jemand so etwas sagt, passiert etwas schlimmes!~

Mittlerweile hatte ich versucht meine Schritte wieder zu einem normalen Tempo zu drosseln. Ich war im ersten Stock angekommen und nicht mehr weit von der Eingangshalle entfernt. Auf der rechten Seite lag ein kleiner Seitengang, der in den Hauptweg, auf dem ich lief, mündete. Kurz bevor ich diesen erreichte, trat eine Gestalt daraus hervor.

~Oh!~

Verdutzt und etwas erschrocken, von den Nachwehen meines Verfolgungswahns, blieb ich stehen.

~Wie konnte es auch anders sein?... Du hättest halt nicht sagen sollen, dass nichts schlimmes geschieht... Willst du das jetzt ausdiskutieren?~

Ich blickte zu dem mir schon altvertraut wirkenden Slytherinschüler hoch und wusste nicht genau was ich jetzt sagen sollte. Doch Malfoy beachtete mich kaum. Er musterte mich nur kurz und sah dann an mir vorbei. Ich folgte seinem Blick, konnte jedoch nichts ungewöhnliches ausmachen.

Schließlich wand er sich wieder mir zu und es folgt ein kurzes Schweigen.

~Und jetzt?~

„Hey.“ sagte ich schließlich, ohne zu wissen, was ich da genau tat bzw. ohne das meine Stimme wusste, dass sie für gewöhnlich nicht in dieser hohen Oktave erklang.

~Wow, das ist alles was dir einfällt?... Hast du einen besseren Vorschlag?... Wie wäre es, wenn du ihn wegen Silvester befragst? War das nicht ohnehin der Plan?~

Malfoy hatte nicht geantwortet, sondern war schließlich meinem Blick ausgewichen und starrte nun an die gegenüberliegende Wand. Ich wiederum ließ meinen Blick über sein Gesicht schweifen, er wirkte angespannt. Seine Haare lagen nicht so ordentlich und unauffällig hob ich die Hand um meine Frisur zu überprüfen und einzelne Strähnen an ihren richtigen Platz zu rücken.

~Gut, das Schweigen wird länger, tu was.~

„Drafoy...“

~Was?... Ich wollte zuerst Draco sagen, hab mich allerdings noch umentschieden.~

„Ähm, Malfoy.“ korrigierte ich mich und der Angesprochene hob eine Augenbraue.

~Gut, der Name war schon mal richtig und weiter?~

„Wir müssen reden.“ Malfoy Augenbraue erhob sich noch mehr Richtung Haaransatz.

~Im ernst jetzt? „Wir müssen reden.“ Was ist mit dir los?... Sei einfach still und halt dich daraus.~

„Ich mein wegen Silvester.“

Der blonde Slytherin verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte bis jetzt noch kein einziges Wort gesprochen. Irgendwie, hatte ich es mir leichter vorgestellt etwas aus ihm heraus zu quetschen. Zumindest war ich dem Glauben verfallen gewesen, dass ich ihn dazu bringen könnte irgendetwas zu erwidern.

„Ok, pass auf. Ich weiß, dass du etwas weißt. Und du weißt, dass ich weiß, dass du etwas weißt.“ sprach ich drauf los und verzog am Ende das Gesicht. Wenn ich schon meinen Ausführungen kaum folgen konnte, wie sollte er es dann?

„Ähm...“ murmelte ich verlegen und vermied es in Malfoys Gesicht zu blicken. „Also was geht hier eigentlich vor? Warum ist das passiert, was war das überhaupt genau und...“

„Nicht hier.“ unterbrach mich mein Gegenüber und sah wieder an mir vorbei. Dann drehte er sich um und ich folgte ihm in den schmalen Gang, aus dem er gekommen war.

~Immerhin hat er etwas gesagt.~

Wir liefen einige Minuten, verließ den Korridor und gingen eine lange Treppe herab. Dann wurde mir klar, dass wir ganz in der Nähe meines Klassenzimmers für Zaubertränke waren. Malfoy verschwand nach einige weiteren Meter in einem versteckt liegenden Gang und blieb dann stehen.

„Also...“ Nervös blickte ich in Malfoys Augen. Er war mir sehr nah und um uns herum war alles düster. „Was war da los?“

Der blonde Slytherin stützte sich mit einer Hand gegen die Wand und sah dabei nachdenklich an die schwarze Decke des Kerkers. Seine sonst so perfekte selbstsichere Miene war verschwunden und er schien zu überlegen, was er sagen sollte.

„Jetzt sag es mir schon. Wir wären da beinahe drauf gegangen!“ meinte ich, nun mutiger geworden, durch Malfoys Unsicherheit.

„Wenn du nicht hingegangen wärst, wäre das nicht passiert.“ brach es aus Malfoy heraus und ich riss die Augen auf.

„Ja, genau. Zwei Warnung per Eule mit einem Spruch in dem man mir sagt, ich solle nicht hingehen, weil sonst was schlimmes geschieht. Wahnsinn. Wer hört schon darauf? Wenn das Kind die Schokoladentorte vor Augen hat und man ihm sagt „Iss sie nicht, sonst passiert was schlimmes!“ was meinst du was das Kind machen wird?“ antwortete ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Malfoy wurde hellhörig.

„Zwei Warnungen?“

~Verdammt, zu viel geplappert.~

Es herrschte einen Moment Stille, in der ich mir gut überlegen musste, wie ich meine Karten am besten ausspielen konnte.

„Ich erzähl dir mehr, wenn du mir den gleichen Gefallen erfüllst.“ sagte ich schließlich und einen Moment meinte ich ein überraschtes Grinsen auf Malfoys Lippen zu erkennen.

„Also schön, was möchtest du wissen?“ fragte er und lehnte sich so zu mir herüber, dass ich gegen die Wand wich und etwas mulmig zu ihm aufblickte.

„Was ist da genau an Silvester geschehen?“ wiederholte ich meine Frage, merkte jedoch, wie mir meine Stimme am Ende wegbrach. Der Slytherin hatte sich noch näher zu mir gebeugt, so dass wir uns nun aus sehr kurzer Distanz gegenüber standen. „Ich mein... warum hat uns dieses Ding verfolgt?“

Malfoy entfernte sich einige Zentimeter und blickte nun sehr ernst an eine Stelle der Wand oberhalb meines Kopfes.

„Nicht uns, dich!“

„Oh, das ist ähm, ja, nicht gut.“

~Tolle Erkenntnis.~

Malfoy blickte wieder auf mich herab. Seine Miene war selbstzufrieden und spöttisch.

„Richtig. Und nun sag mir, was du mit „zwei Warnungen“ gemeint hast.“

„Halt, nein. So läuft das nicht. Ich weiß ja kaum was. Warum war dieser Feuerball hinter mir her?“

„Das weiß ich nicht.“ antwortete Malfoy, doch ich sah ihm an, dass er da wohl nicht ganz die Wahrheit sprach. Aber bevor ich etwas sagen konnte redete er weiter. „Fakt ist, dass es jemand auf dich abgesehen hat. Vielleicht solltest du etwas mehr auf dich acht geben.“

Überrascht zog ich die Stirn kraus.

„Damit ich dich nicht ständig retten muss.“ erklärte Malfoy bei meinem Anblick. „Hab wirklich besseres zu tun.“

„Und ich hab besseres zu tun, als mich durch den „heldenhaften Einsatz von Draco Malfoy“ retten zu lassen.“ zitierte ich schnippisch den Tagespropheten und trat sauer einen Schritt auf Malfoy zu. Er schien meinen Seitenhieb zu verstehen, sein Gesicht verdüsterte sich einen Augenblick, doch dann schlich sich ein hinterhältiges Grinsen auf seine Lippen. Er kam mir ebenfalls näher und ich erstarrte. Sein Atem berührte mein Gesicht und eine Gänsehaut verteilte sich über meinen Nacken.

„Das stimmt. Wir beide haben ja noch was anderes zu klären.“ meinte er leise. Die Silvesternacht war nun nebensächlich geworden. Ich dachte an das letzte Mal zurück, als wir uns so nah gewesen waren. Es war auch in Hogwarts gewesen und es war ebenso dunkel wie es nun war. Die Erinnerung an den unbedachten Moment im Hof, diesen schrecklich verbotenen Kuss, überkam mich und ich wich erneut gegen die Wand zurück. Malfoys Lippen auf meinen, seine Hände...

„Also, was ist nun mit dieser zweiten Warnung?“ fragte der Slytherin und entfernte sich ein Stück von mir.

„Was?“ Verwirrt sah ich zu ihm auf. Sein Grinsen wurde dadurch nur noch breiter.

„Die zweite Warnung von der du gesprochen hast.“

„Achso...“ murmelte ich und merkte wie mein Gesicht zu glühen begann.

~Er spielt mit mir!~ leuchtete die Wahrheit in meinem Kopf auf. Schnell schickte ich ein Stoßgebet Richtung Himmel, dass Malfoy nicht bemerkt hatte, wie gut ihm meine Verwirrung gelungen war. Doch der Blick des Slytherins verriet nichts gutes.

„Ja, die zweite Warnung. Ich hatte einen ähnlichen Brief wie den von dir bekommen, aber ich weiß nicht von wem.“ begann ich schnell, in der Hoffnung mir so jeglichen dummen Kommentar von Malfoy sparen zu können und straffte gleichzeitig meine Schultern. „Scheint wohl zum guten Ton zu gehören, dass man seinen Namen bei so wichtigen Angelegenheiten verheimlicht.“

Die Zweideutigkeit schien Malfoy kaum zu interessieren. Er nickte nur stumm vor sich hin.

„Kann ich den Zettel mal sehen?“

„Hab ihn nicht dabei. Und du wirst auch nichts darauf finden können. Einfach nur ein Satz, das ist es.“

Malfoy nickte weiter und sah mich dann wieder an.

„Aber dir geht’s gut?“ Ich erwiderte überrascht seinen Blick. Wie kam er jetzt darauf?

„Ja, ich denk schon.“

„Gut.“ meinte Malfoy und lehnte sich neben mich gegen die Wand. Unsere Arme berührten sich und ich musste schwer schlucken. Wer hätte das gedacht, dass wir einmal so nah beieinander stehen konnten, ohne uns die Augen auszukratzen.

„Und dir?“ fragte ich, da mir nichts anderes einfiel und die Stille mich irgendwie nervös machte.

„Was ist mit mir?“ wollte Malfoy wissen.

„Na, geht es dir gut?“ ~Je mehr ich rede, desto dümmer klinge ich. Ich sollte die Klappe halten.~

„Alles in Ordnung.“ antwortete Malfoy, schien jedoch mindestens so überrascht zu sein, wie ich es bei seiner Frage nach meinem Gemütszustand gewesen war.

Und erneut lag tiefe Stille über uns.

~Wie komm ich aus dieser Situation wieder heraus?~ überlegte ich und spürte die Wärme von Malfoys Körper neben mir. Diese schien sich auf meinen Magen zu übertragen. Seine Fingerspitzen lagen an meinem Handrücken und ich hörte meinen Herzschlag im Ohr. Die Nähe tat mir nicht gut.

„Ich, ähm, sollte...“ hob ich an und drehte mich zu Malfoy, um mich schnell zu verabschieden. Dabei kam ich ihm jedoch noch näher und hielt inne. Er musterte mich so durchdringend und ich konnte mich nicht mehr von seinen Augen lösen. Kaum wahrnehmbar bewegte sich mein Körper vornüber. Direkt auf diese wundervollen blaugrauen Augen zu. Malfoys Hand glitt meinen Arm entlang und erreicht über die Schulter hinweg meinen Nacken, wo sie leicht liegen blieb.

„Ich...“ hob ich noch ein mal an, doch die Realität war bereits verschwunden. Malfoy beugte sich die letzten Zentimeter zu mir und ließ seine Lippen auf meinen ruhen. Dieser Moment schien eine Ewigkeit anzuhalten und dann bewegten sich sein Mund und strich sanft die Konturen meiner Oberlippe entlang. So weich und warm und herrlich. Ein Schauer überkam mich und beim ausatmen gab ich einen leisen wohl behaglichen Laut von mir. Langsam drückte ich mich näher an den blonden Mann und öffnete leicht meine Lippen.

Danach bestand die Welt einige Minuten nur aus Malfoys Händen und Lippen. Der Kuss war so zart. So ganz anders als unser erster Kuss.

Dracos Hand lag an meiner Wange und streichelte sanft über die Haut und einige verirrte Haarsträhnen. Meine Arme schlossen sich um seinen Hals und drückten mich so noch näher an ihn heran. Niemand sprach ein Wort. Unsere Lippen bewegten sich wie zwei Tänzer auf einer Tanzfläche miteinander. Es war berauschend seinen Körper so nah an meinem zu spüren.

Unbewusst seufzte ich auf, als sich unsere Lippen kurz trennten, um sich dann erneut zu vereinigen. Malfoys Hand vergrub sich in meinem Haar und zog mich, wenn das überhaupt möglich war, noch dichter an ihn heran. Der Kuss wurde intensiver, schneller. Atemlos und gleichzeitig scheu ließ ich meine Finger über sein Hemd wandern. Malfoys Hände, eine in meinen Haaren verborgen, die andere auf meinem Rücken, hielten einen Moment inne und wanderten dann hinab zu meiner Hüfte. Sie umfassten meine Taille, tasteten dann weiter hinab und drückten meine Hüfte gegen seine. Schauer überkamen mich und schienen sich unterhalb meines Bauchnabels zu sammeln. Meine rechte Hand wanderte zwischen Malfoys Hemdknöpfen herum und stahl sich einen Moment in eine der Lücken, zwischen zwei Knöpfen. Die Fingerspitzen ertasteten weiche Haut. Dann keuchte ich auf und unsere Lippen trennten sich von einander. Meine Augen öffneten sich einen Spalt breit und ich zog die Finger aus dem Hemd hervor. Es herrschte Stille.

Wie betäubt war mein Blick auf Malfoy gerichtet. Dann kam die Erkenntnis.

Schon wieder. Wie konnte das schon wieder geschehen? Was sollte ich jetzt tun? Wegrennen, wie beim letzten mal?

Mein Blick wanderte hektisch umher, ohne nach etwas bestimmten Ausschau zu halten. Malfoys Hände lagen noch leicht auf meiner Hüfte, und diese war immer noch gegen seine gedrückt.

~Wenn ich wegrenne, kann er mir bestimmt nicht so schnell folgen, zu wenig Durchblutung in den Beinen. Das wird scheinbar gerade wo anders gebraucht.~ Ich wurde rot bei meinen Gedanken. ~Oh man!~

Überfordert mit der Situation zog ich meine Hände von Malfoys Hemd zurück und umfasste mit der rechten Hand nervös die Finger der linken. Auch Malfoy ließ seine Arme sinken und so standen wir nur noch eng beieinander.

„Ich...“ flüsterte ich kaum hörbar und entfernte mich langsam von dem warmen Körper des Slytherins. „Ich muss jetzt.. also. Ja...“

~Was rede ich denn da nur?~

Malfoy hingegen war bis dahin komplett sprachlos gewesen. Er rückte von der Wand ab, ließ mich dabei jedoch keine Sekunde aus den Augen. Schweigend standen wir voreinander und wussten wohl beide nicht genau, was jetzt geschehen sollte.

„Also...“ meinte ich kleinlaut und setzte einen Schritt rückwärts Richtung Kerkerausgang. Malfoy nickte kaum merklich und ich tat einen weiteren Schritt. Als ich mich umdrehte, um den Rest des Weges gewohnt vorwärts zurück zu legen, hörte ich, wie Malfoy sich ebenfalls in Bewegung setzte. Er folgt mir.

Mein ganzer Körper war immer noch wie berauscht von dem Kuss von vorhin, dass ich Mühe hatte normal zu laufen, ohne, dass sich die angestaute Energie durch verrückte Zuckungen befreite. Als wir die Treppen zur Eingangshalle hinauf liefen, konnte ich nicht widerstehen und sah über meine Schulter. Malfoys Blick war nicht zu deuten. Er wirkte betont gefasst, aber ich meinte hinter der Fassade zum einen Nachdenklichkeit und zum anderen Ratlosigkeit zu erkennen.

~Willkommen im Club!~

Ich drehte mich schnell wieder um, bevor ich noch Gefahr lief über eine Stufe zu stolpern.
 

Als wir die Eingangshalle erreicht hatten blieb Malfoy stehen und ich lief, wenn auch nach kurzem Zögern, weiter Richtung Portal. Bevor ich im Hof verschwand, blickte ich noch einmal zu Malfoy herüber, der immer noch an der Treppe zu den Kerkern stand und mich zurück anstarrte.

~Oh mein Gott.~

Dann umfing mich frische Luft und hastig lief ich auf die in der Ferne sichtbaren Türme des Quidditchfeldes zu.

~*~*~

In der Nacht hatte ich Zeit mich mit mir und dem vor einigen Stunden Gesehenem auseinander zu setzen. Malfoy und ich hatten uns schon wieder geküsst. Das konnte einfach nicht wahr sein. Doch dieses Mal braucht ich meine innere Stimme nicht, die mir zuredete, dass es mir gefallen hatte. Ohne Zweifel hatte es das. Als ich mir das im Bett liegend, nach einigem hin und her, eingestanden hatte, musste mein Kopfkissen viel leiden. Ich zog, zerrte und schlug darauf ein, weil ich einfach nicht begreifen wollte, warum es mir gefallen hatte. Auch bei dieser Frage, verzichtete ich schließlich auf Ausflüchte. Es kam zu dem entscheidenden Gedanken.

~Ich, Marianne Vallenstone, mag Draco Malfoy.~

Danach flog mein Kissen aus dem Bett und ich lag matt auf der Matratze. Ich mochte ihn, sonst wäre das nicht (schon wieder) passiert. Dieser Kerl, machte mich fertig. Wie konnte ich nur meinen doch so verhassten Erzfeind mögen? Ihn küssen?

~AAAAAAHHHHHHHHHH!~

Ich konnte nicht richtig schreien, da meine schlafenden Freundinnen bestimmt nicht angetan wären, wenn ich sie wecken würde. Außerdem müsste ich dann meinen Schrei erklären und das wollte ich lieber vermeiden.Womit wir bei einem weiteren Problem wären. Meine Freunde.

Sie durfte nie herausfinden, dass ich Malfoy mochte. Schließlich waren sie nicht gerade seine größten Fans. Am besten wäre es wohl, wenn ich es selber vergaß. Doch wie sollte ich das nur anstellen? Wenn ich versuchen würde ihm aus dem Weg zu gehen, würde ich erstens keine weiteren Fortschritte mit der Aufklärung der Silvesterereignisse machen und zweitens würde das Schicksal bestimmt alle Hebel in Bewegung setzen, dass ich trotz Vorsorge immer wieder auf Malfoy traf. Schließlich war das seit meiner ersten Ankunft in Hogwarts so gelaufen. Warum sollte sich das ändern? Irgendwo im Himmel musste es einen Gott geben, der mit einer großen Tüte Popcorn auf mich herab sah, mein Leben in für ihn unterhaltsame Richtungen lenkte und sich die Folgen fröhlich anschaute, wie einen Blockbuster.
 

Schließlich erreichte Morgenrot das Turmfenster und ich lag immer noch wach. Es war aber auch ein Teufelskreis. Ich musste herausfinden, was an Silvester geschehen war. Dafür brauchte ich Malfoy, er wusste noch mehr, als er bis jetzt verraten hatte.

~Aber ich sollte Malfoy lieber aus dem Weg gehen. Sonst geschieht noch... Ja?... Noch was schlimmeres. Ich muss ihn wieder hassen lernen. Das kann doch nicht so schwer sein.~

Hermines Wecker klingelte.

Ich setzte mich auf und sah ihr dabei zu, wie sie sich müde den Schlaf aus den Augen rieb. Dann fiel ihr Blick auf mich.

„Oh, Mary. Ist etwas passiert?“ fragte sie und schien sofort hellwach.

„Warum sollte was passiert sein?“ fragte ich zurück und schaffte es eine völlig unschuldige Miene aufzusetzen.

„Naja, du bist wach.“ stellte sie fest und musterte mich eindringlich. Im anderen Bett raschelte es und Ginny steckte Kopf unter der Decke hervor.

„Morgen.“ gähnte sie und sah sich zu uns um. „Mary, was ist los?“

Ich verdrehte die Augen.

„Was soll schon los sein. Ist es so unwahrscheinlich, dass ich mal früh wach bin?“ fragte ich schnippisch und meine Freundinnen wechselten einen bedeutungsschweren Blick.

„Ja!“ kam es dann von beiden gleichzeitig.

„Tja...“ meinte ich, stand auf und lief bzw. floh ins Bad. „Es ist aber nichts.“
 

Wenig später ging ich gemeinsam mit den anderen, Harry und Ron hatten wir im Gemeinschaftsraum aufgegabelt, zum Frühstück in die Große Halle. Dort war es noch recht leer, viele der Schüler kamen erst kurz vor Unterrichtsbeginn, wie es sonst auch meine Angewohnheit war. Malfoy war auch noch nicht da und ich setzte mich unruhig auf meinen Platz am Gryffindortisch.

~Ob Malfoy wohl auch nicht schlafen konnte? Halt, stop. Das ist egal. Denn er ist nicht nett. Ich sollte mich nicht für ihn interessieren. Ich sollte ihn hassen. Ja, hassen.~ Im Kopf ging ich alle Situationen durch, die ich mit ihm erlebt hatte und prägte mir alles ein, was ich an ihm gehasst hatte. Das mir dabei die Szenen dazwischen kamen, an denen er mir das Leben rettet oder wir uns küssten war jedoch nicht besonders hilfreich.

Langsam wurde es voller in der Großen Halle. Ich genehmigte mir grade eine Portion Cornflakes und sah unauffällig zur Tür, als Daphne Greengrass fluchtartig in die Halle gestürmt kam und sich weit ab von den anderen Slytherins an ihrem Haustisch niederließ. Ich hob die Augenbrauen bei diesem seltsamen Anblick. Dann wand ich mich wieder der Tür zu, um vielleicht herauszufinden, warum es Daphne so eilig gehabt hatte. Bis zur ersten Unterrichtsstunde war schließlich noch genügend Zeit.

~Oh ja, dass erklärt einiges. Da wäre ich auch gerannt.~

Draco Malfoy betrat die Halle, sah sich betont gleichgültig um, erblickte Daphne und wand sich dann zum Gryffindortisch. Hecktisch drehte ich mich von ihm weg.

Nachdem ich einige Sekunden regungslos und mit starrem Blick auf meine halbvolle Cornflaksschüssel dagesessen hatte, drehte ich mich vorsichtig nach hinten. Malfoy hatte am Slytherintisch platz genommen und trank gerade ein Schluck Orangensaft.

~Was mach ich nur mit ihm?~

„Morgen Mary!“ begrüßte mich jemand von der anderen Seite und ich drehte mich erschrocken um.

~Tja, was du mit ihm hier machst, könntest du dich auch fragen.~

„Hi, Seamus.“ antwortete ich meinem Gegenüber und versucht möglichst nicht ertappt auszusehen. Der schwarzhaarige Junge setzte sich neben mich und grinste mir zu.

„Hast du gut geschlafen?“ Ich stutzte bei der Frage. Doch bevor ich antworten konnte hatte sich Ginny in unser Gespräch eingemischt.

„Das kann man nicht mit Sicherheit sagen. Stell dir vor, Mary war heute Morgen vor Hermine und mir wach.“

„Nein!“ sagte Seamus.

„Doch!“ widersprach Ginny energisch, stupste mir in die Seiten und grinste breit. „Was kann es nur gewesen sein, dass unseren Morgenmuffel zum so frühen Aufstehen bewegt hat? Vielleicht hatte sie einen aufwühlenden Traum?“

Ich verzog das Gesicht, denn ihre Aussprache ließ keinen weiten Spielraum inwiefern der Traum „aufwühlend“ gewesen sein könnte. Doch Hermine schuf trotzdem einen.

„Ja, ihre Schulbücher haben sie im Traum verfolgt und ihr zugerufen „Du lernst nicht genug!“.“

Ich verdrehte die Augen. Immerhin war es weniger peinlich, als Ginnys Vermutung.

„Oder Irgendetwas ist passiert, das sie so beschäftigt hat, dass sie nicht mal in Ruhe schlafen konnte und deshalb so früh auf den Beinen war?“ mutmaßte Harry und sah mich fragend und gleichzeitig amüsiert an.

„Aber was kann das nur gewesen sein?“ fragte Seamus, der sich dem „Lasst-uns-Mary-ärgern“-Trupp somit angeschlossen hatte. Sie alle ahnten nicht mal wie nah sie der Wahrheit gekommen waren. Doch ich war mir sicher, dass sie niemals erraten würde, was wirklich vor sich ging. Nein, es war in ihren Augen und theoretisch ja auch in meinen unmöglich, dass ich Draco Malfoy mögen konnte.

„Vielleicht...“ begann Ginny enthusiastisch, doch ich unterbrach sie.

„Können wir bitte das Thema wechseln?“ Langsam bekam ich Kopfschmerzen. Zum einem vom Schlafentzug, zum anderen durch meine Freunde. Zu meinem Glück flogen in diesem Moment die Posteulen ein und alle waren mit anderen Dingen beschäftigt. Nur Seamus blickte mich weiter neugierig an, schien es jedoch für sinnvoller zu halten, nicht weiter nachzufragen. Stattdessen lächelte er und wenige Sekunden später spürte ich seinen Arm, der sich auf meine Schultern legte.

„Wie sieht es aus, Miss Vallenstone? Hätten Sie heute Nachmittag Zeit für einen kleinen Spaziergang?“ fragte er und ich drehte mich so weit zu ihm, dass ich aus den Augenwinkeln den Slytherintisch im Blick hatte. Draco Malfoy sah zu uns herüber und mein Magen machte einen kleinen Sprung in die Luft.

„Naja...“ Meine Augen wanderten von Seamus mich umschlungen haltenden Arm, zu Malfoy, der mich durchdringend anstarrte und hoch in Seamus Augen.

„Na.. Ja!“ meinte Seamus und grinste nur breiter. „Komm schon, du kannst doch nicht ewig in der Bibliothek versauern! Ein wenig frische Luft wird dir gut tun.“

Ich sah ihn kurz an, zwang mir ein Lächeln ab und nickte schließlich ergeben. Hatte ich doch keine Ahnung wie ich mit den beiden Männern in meinem Leben umgehen sollte. Malfoy sah mich noch einmal scharf an und wandte sich dann ab.

~Himmel und Hölle!~
 

Als das Frühstück beendet war, tapste ich immer müder werdend von einer Unterrichtsstunde zur nächsten bzw. tapste von einem unbequemen Stuhl, den ich als Schlafplatz erwählte, zum nächsten. Nach dem Mittagessen ging es mir kaum besser, doch ich hatte noch zwei Stunden Zeit, bevor ich mich mit Seamus treffen wollte und entschied mich dafür im Gryffindorschlafsaal eine Runde Schlaf nachzuholen. Das ging ganz gut, obwohl ich mich immer noch halbtot fühlte, als ich die Stufen des Turms Richtung Eingangsportal herunter lief. Vorher hatte ich versucht mit einer kleinen Katzenwäsche und etwas Make up mein mitgenommen wirkendes Gesicht aufzufrischen, was wenigstens teilweise funktioniert hatte. Die aufkommenden Augenringe lagen unter hellem Puder verborgen und die Lippen waren tiefrot bemalt, um von dem müden Blick abzulenken. Leider hatte ich durch das viele Einschlafen im Unterricht bzw. im Schlafsaal keine Zeit gehabt mir zu überlegen, was ich gleich bitte mit Seamus machen sollte. Das war schließlich ein Date. Seamus und ich hatten uns bereits geküsst, er umarmte mich am Frühstückstisch vor allen anderen. Es wurde ernst. Das sollte mich freuen, tat es aber nicht. So wundervoll Seamus auch war, und so unglaublich attraktiv ich ihn auch fand. Ich hatte Malfoy geküsst und ein Stück von mir dabei verloren. Es war nicht nur so, dass ich diesen blöden Slytherin mochte, nein, ich war ~denk das bloß nicht zu Ende!~.
 

Wenig später erreichte ich die Treppe in der Eingangshalle und sah mich nervös um. Seamus war noch nicht da, also setzte ich mich ermattet auf eine der unteren Treppenstufen und blickte ins Leere.

~Was soll ich nur tun? Ob Malfoy mich wohl auch... nein! Das kann nicht sein. Aber warum sollte er mich sonst küssen? Gut, er ist ein Schwerenöter und alles, aber...~ Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. ~Kein aber. Er spielt nur mit mir. Es kann nicht anders sein. Dieser Kerl kann gar keine Gefühle haben, soviel wie er gezeigt hat, oder meine Freunde mir berichtet haben. Es kann nicht sein, oder doch?~

Schritte näherten sich der Eingangshalle. Um diese Zeit liefen recht viele Schüler durch die Gänge oder verließen das Schloss durch diese Halle Richtung Ländereien, doch seit ein paar Minuten hatte sich eine schwere Stille ausgebreitet, vermutlich um meine Melancholie noch mehr zu steigern. Ich horchte auf. Die Schritte kamen aus Richtung der Kerker und als sie näher kamen hörte ich, wie sich weitere Schritte dazugesellten. Die Personen, die sich da näherten liefen immer schneller. Unauffällig blickte ich zwischen dem steinernen Geländer der Treppe hindurch und erkannte Daphne, die gerade aus der Tür des Kerkers hetzte, als eine Hand sie packte und zurück zog. Atemlos versuchte ich dem aufkommenden Gespräch zu folgen. Nach einigen Sekunden erkannte ich Malfoys leise Stimme. Leider saß ich zu weit weg und alles mitzubekommen.

„.. war auch in dieser Situation, aber... lass es! Sonst...“ hörte ich Malfoy sagen.

„Ich weiß nicht wovon du redest!“ erwiderte Daphne und hob dabei die Stimme. Allerdings hörte selbst ich heraus, dass sie zitterte. Dann sprach Malfoy wieder, doch ich verstand nichts.

In diesem Moment ertönten erneut Schritte und hinter mir kam Seamus die Treppe herunter gelaufen.

„Hey, Mary!“ rief er laut und ich zuckte zusammen. Dann stand ich bedächtig auf und versuchte keinen Blick Richtung Kerker zu werfen.

„Hey...“ antwortete ich und fuhr mir nervös durchs Haar.

„Wartest du schon lange?“

„Absolut nicht, nein, gar nicht. Bin auch grade erst gekommen.“ antwortete ich betont laut. ~Und ich hab auch überhaupt nichts seltsames mitbekommen!~

„Na dann ist ja gut, wollen wir?“

Ich nickte schnell und hakte mich in seinem mir angebotenem Arm ein. Dann verließen wir die Halle und ich fragte mich, ob die beiden Slytherins wohl noch im Gang zum Kerker standen und ob sie ahnten, dass ich ihr Gespräch mitbekommen hatte. Was ja nicht vollends der Wahrheit entsprach und mir weitere Rätsel aufgab. War die Unterhaltung der beiden erneut auf ihr Techtelmechtel bezogen oder ging es um etwas ganz anderes. Daphne schien ja vor ihm zu fliehen.

Während ich vor mich hin überlegte, bekam ich nur die Hälfte von dem mit, was Seamus mir erzählte. Irgendwann bemerkte er meine geistige Abwesenheit und stellte mich zur Rede. Ich schob alles auf meinen Schlafmangel, den ich durch einen bösen Traum erklärte. Immerhin dafür hatte ich eine glaubwürdige Erklärung gefunden. Seamus wirkte ein wenig enttäuscht über meinen Zustand und ich erklärte ihm, dass ich es an einem anderen Tag wieder gut machen würde. Vielleicht am bald anstehenden Hogsmead Wochenende. Daraufhin lächelte er freudig und nickte.

Wir liefen noch eine Minuten weiter, bis wir den See erreichten und bemerkten, dass es schon spät geworden war. Ich überredete Seamus schon voraus in die Große Halle zu gehen und mir einen Platz für das Abendessen freizuhalten, damit ich mich kurz am See hinsetzen konnte, um etwas wacher zu werden.
 

Nun saß ich also da und grübelte weiter über mein Leben nach. Die Küsse mit Malfoy, meine Gefühle für ihn, das ominöse Gespräch, dass er mit Daphne hatte, dann noch Seamus und die Silvesterfeier. Das alles war einfach zu viel für mich. Fertig mit der Welt legte ich mich auf den Rücken und starrte in den dunkler werdenden Himmel. Langsam fielen mir die Augen zu und ich riss mich im selben Moment wieder hoch.

~Hier einzuschlafen wäre keine gute Idee.~

Ich schüttelte mich kurz und stand dann auf.

Als ich den Hof vor dem Schloss erreichte bemerkte ich eine dunkle Gestalt auf einer der Bänke sitzen. Erstarrt blieb ich stehen, als ich Malfoy erkannte und schluckte schwer.

~Wie soll ich mich nur ihm gegenüber verhalten?~

Er saß unmittelbar in der Nähe der Tür, also würde er mich auf jeden Fall bemerken, wenn ich an ihm vorbei lief. Unauffällig schlich ich mich näher ans Schloss heran und ließ den blonden Slytherin dabei nicht eine Sekunde aus den Augen. Er las ein Buch und schien sehr vertieft darin zu sein. Nachdem ich ihm so nah gekommen war, wie es mir ungefährlich schien, konnte ich erkennen, was er las.

~Oh mein Gott! Das kann nicht wahr sein.~

Mit aufgerissenen Augen starrte ich auf den Einband des Buches.

~Draco Malfoy ließt „Stolz und Vorurteil“, mein „Stolz und Vorurteil“!~ Und wie es schien hatte er es fast durch. Ich überlegte, wie ich das, ohne das mein Weltbild zerstört wurde, verarbeiten konnte. Kam dabei jedoch nicht weit, denn in diesem Moment wurde das Tor zum Schloss aufgeschoben und Seamus kam hinaus marschiert. Von seiner Position aus konnte er mich gut erkennen, im Gegensatz zu Malfoy.

„Da bist du! Ich dachte schon du wärst eingeschlafen.“ rief er mir zu und ich erstarrte zu Eis.

Seamus kam mir näher und ich entschloss, dass es noch verdächtiger wirken würde, wenn ich mich nicht zeigen würde. Also trat ich einige Schritte aus meinem Versteck hervor und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Malfoy den Roman in seiner Tasche verschwinden ließ. Dann blickte er zu mir und Seamus. Rasch wand ich mich ab und versuchte so zu tun, als hätte ich ihn gar nicht bemerkt.

„Hey, nein, ich bin grade auf dem Weg gewesen.“ erklärte ich, als ich Seamus gegenüber stand. „Wollen wir rein?“ fragte er und grinste mich an. Ich nickte und spürte dann, wie er meine Hand in seine nahm. Mein Gesicht begann zu glühen und ich vermied es weiterhin in Malfoys Richtung zu blicken. Seamus hatte ihn noch nicht bemerkt, doch als er sich jetzt umdrehte, um ins Schloss zurück zu kehren, fiel sein Blick auf ihn.

„Man, der blickt ja böse drein. Habt ihr euch wieder gestritten?“ fragte Seamus und ich folgte vorsichtig seinem Blick. Malfoy starrte uns an und sah tatsächlich nicht besonders glücklich aus.

„Nein, das ist einfach seine übliche Miene. Komm lass uns gehen.“ meinte ich schnell, um dem durchbohrenden Blick Malfoys zu entgehen.
 

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Wie hat euch das gefallen? :-)
 

Hab euch lieb!

Euer Tabet

In den gekachelten Hallen von Hogwarts

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 13:

In den gekachelten Hallen
 

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„Mary, wie konntest du uns das nur verschweigen?“ Gehetzt blickte ich von meinem Teller auf, während Ginny sich neben mich fallen ließ. Das Mittagessen hatte gerade erst begonnen, doch ich hing, seit dem ich heute Morgen aufgestanden war, den üblichen „Oh mein Gott, was mach ich nur mit Malfoy“-Gedanken nach.

~Was wissen sie? Verdammt, woher können sie das mit Draco nur wissen?~

Ginny boxte mir leicht gegen den Oberarm.

„Jetzt guck nicht so. Ich mein ja nur, dass du früher hättest erwähnen können, dass du in zwei Wochen 18 wirst.“

Ich atmete auf.

„Ah, das... Ja, keine Ahnung, muss es wohl vergessen haben.“ versuchte ich mich zu erklären. ~Naja, mit Malfoy hattest du ja auch eine ganze Menge um die Ohren. Da wären seine Augen, seine Lippen, seine Hände...~

„Wir müssen das auf jeden Fall feiern!“ grinste Ginny, während meine innere Stimme fortfuhr ~... seine Haare, sein Geruch, seine weiche Haut...~

Ich erschauerte und versuchte mich auf Ginny zu konzentrieren und nicht auf mein pochendes Herz.

„Ähm, klar warum nicht.“ meinte ich. ~... sein starker Oberkörper, seine breiten Schultern und natürlich die vielversprechend wirkende Erhebung in seiner Hose...~

Ich schüttelte den Kopf, als ich merkte, wie meine Wangen rot wurden. Langsam wurde mir heiß.

„Alles in Ordnung bei dir?“ fragte Hermine, die mir gegenüber saß und mich aufmerksam musterte.

„Klar!“ sagte ich schnell und versuchte mich wieder zu beruhigen. „Mir, ähm, ist nur grade eingefallen, dass ich noch ganz dringend eine Aufsatz für Zaubertränke fertig stellen muss.“

Schon war ich auf die Beine gesprungen und machte mich bereit zu gehen.

„Aber was ist mit deinem Essen?“

„Keinen Hunger!“ rief ich der Brünetten zu und verschwand dann durch die Flügeltüren der Großen Halle.

~Bekomm dich mal wieder ein. Bei diesem komischen Verhalten bemerken die noch was... Dann hör du auf mir Bilder von... Von Malfoys Augen, Lippen, Haaren, Oberkörper, breiten Schulter und seinem... Ganz genau dem!... Bald 18 und noch eine kleine Mauerblume... Ich bin keine Mauerblume... Stimmt, viel mehr ein Mauerblümchen!~

Genervt und aufgewühlt lief ich in Richtung der oberen Stockwerke und entschied mich in der Bibliothek tatsächlich an einer Zaubertrankhausaufgabe zu arbeiten.
 

Als ich mein Ziel erreichte, konnte ich erleichtert feststellen, dass noch niemand da war. Alle waren wohl noch beim Mittagessen.

Glücklich über die Stille lies ich mich auf einer Bank nieder, kramte in meiner Tasche und holte die Materialien für Zaubertränke heraus. Nichts würde mich jetzt mehr abhalten.

~Was machst du jetzt wegen Malfoy?~

Ich ignorierte die Frage meiner inneren Stimme und schlug Seite 81 meines „Gegengifte, schnell und einfach“-Buches auf.

~Glaubst du wirklich, du könntest mich ignorieren?~

Ich hob mit einem Tippen meines Zauberstabes einige Zeilen hervor, die ich für meinen Aufsatz als wichtig empfand und las den nächsten Absatz der Seite durch.

~Was willst du tun, wenn du ihn das nächste mal siehst?~

Ich geriet ins Stocken und musste von Vorne anfangen.

~Was meinst du empfindet er für dich?~

Etwas energischer als nötig tippte ich erneut auf eine wichtige Zeile auf der Seite und ließ sie so hervorstechen.

~Nun komm schon, der Aufsatz ist nicht wichtig. Den meisten anderen Kram hast du auch schon erledigt. Was du noch nicht geschafft hast, ist das mit dem heißen Slytherin zu klären.~

Ich blickte vom Buch hoch und seufzte. Dann ließ ich den Kopf vornüber sinken und mit einem leisen „Bumm“ landete meine Stirn auf der Seite 81. Die leuchtend hervorgehobenen Zeilen beschienen mein Gesicht und ich schloss ernüchtert die Augen. Es hatte keinen Sinn, ich konnte mich nicht konzentrieren.

~Schön, da ich nun deine Aufmerksamkeit habe... Sei doch bitte einfach still!... Lass mich überlegen -nein. Also was tust du jetzt mit Malfoy?~

Ich atmete einmal tief ein und aus. Woher sollte ich das bitte wissen? Ich war verliebt in meinen größten Feind, ich hatte mit ihm ~rumgemacht~ einige Zusammentreffen und konnte ~an nichts anderes mehr denken~ keine Lösung finden.

~Ich muss mir aber mal was einfallen lassen, sonst begegne ich ihm und bin nicht vorbereitet.~

Ich öffnete die Augen.

~Zu spät.~

„Oh nein...“ flüsterte ich und blickte Richtung Bibliothekseingang. Da stand er in seiner ganzen Pracht. ~Mist, Mist, Mist!~

Malfoy war im Türrahmen stehen geblieben und blickte mich ausdruckslos an.

Ich lag immer noch vornübergebeugt auf meinem Buch und mein Mund wurde trocken. Schnell richtete ich mich auf, um einen nicht mehr ganz so seltsamen Anblick zu bieten.

Malfoy hob eine Augenbraue und kam dann langsam auf mich zu.

Als er direkt neben mir hielt, spürte ich, wie mein Herz aussetze.

Ich schaffte es nicht in anzublicken und konzentrierte mich stattdessen auf seinen weißen Hemdkragen.

Zunächst entstand eine unangenehme Stille, dann begann Malfoy zu sprechen.

„Ich hatte gehofft, ich wüsste was ich sagen könnte, wenn ich hier angekommen bin.“

Ich atmete einmal tief ein und schaffte es dann meinen Blick zu heben.

„Tja, das ging wohl daneben.“ meinte ich, doch meine Stimme klang alles andere als fest.

Malfoy antwortete nicht, sonder zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben mich.

Wieder war es still und ich konnte einfach keinen Mut aufbringen, der mir die hämmernden Fragen über die Zunge beförderte: „Was ist das mit uns?“, „Wohin führt das?“ und „Was empfindest du für mich.“.

Auch er schien seine Sprache verloren zu haben. Unsicher richtete ich meinen Blick auf das aufgeschlagene Gegengiftbuch.

~Du willst doch jetzt nicht wirklich weiter an dem Aufsatz schreiben, oder?~

Ich blickte vorsichtig zu Malfoy, doch der hatte seinen Blick auf meinen Aufsatz gerichtet und schien nicht vorzuhaben an seiner Starre etwas zu ändern.

~Das ist so ziemlich die seltsamste Situation, die ich bis jetzt hier in Hogwarts erlebt habe... Ja und wir denken mal zurück an die Offenbarung das es Geister und sprechende Gemälde gibt ... Jap!~

Ich nahm meine Arbeit wieder auf und als ich mich zur Seite 83 gekämpft hatte, spürte ich, wie Malfoy seine Hand auf meine linke legte, welche die gesamte Zeit unbeteiligt auf dem Tisch gelegen hatte. Ich wagte es nicht aufzublicken, doch konnte auch nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen legte.

~Und du sei bloß still!~
 

Nach zwanzig Minuten seliger Hausarbeit leisteten uns die ersten Schüler in der Bibliothek Gesellschaft. Als ich die Schritte vernahm geriet ich in Panik und zog ohne darüber nachzudenken meine Hand unter Malfoy weg.

„Ich, ähm...“ brach ich hervor und schlug das Buch zu. „Also ich denke das reicht erst mal. Ich mein, mit dem Aufsatz und nicht, ähm... Einleitung und so hab ich ja schon.“

Bevor der Slytherin mir eine Antwort geben konnte, ließ ich Buch und Pergament in meiner Tasche verschwinden und stand auf.

~Was ist, wenn das jemand gesehen hat? Oh man...~ Ich blickte mich um, doch niemand schien uns bemerkt zu haben und noch wichtiger, niemand, der entweder zu meinen Freunden gehörte oder mit ihnen engeren Kontakt pflegte. Sofort fiel mir ein Stein vom Herzen.

Die Tasche warf ich mir schnell über die Schulter und versuchte möglichst unauffällig aus der Bibliothek zu rennen, wobei rennen ja selten unauffällig ist, es sei denn es findet auf einem Sportplatz oder auf Bahnsteigen statt.
 

Als ich die erste Biegung erreichte, dachte ich schon ich wäre sicher, aber zu früh gefreut.

„Mary...“

„Mary warte.“

Ich blieb wie angewurzelt stehen und drehte mich langsam um. Seit wann konnte Malfoy zweistimmig reden?

~Oh bitte nein, bitte, bitte nicht.~

Ich schluckte. Ungefähr zwei Meter vor mir stand Seamus, und ein paar weitere Meter hinter ihm Malfoy. ~Gott hat so seinen eigenen Humor, kann das sein?~

„Ähm...“ murmelte ich, während alle drei Beteiligten etwas verwirrt von einem zum anderen guckten. Seamus, sah fragend zu mir und irritiert zu Malfoy. Malfoy versuchte seine steinerne Miene aufrecht zu erhalten, aber ich konnte deutlich sehen, dass auch ihm diese Situation unangenehm war. Wogegen ich mich natürlich total frei und unbeschwert fühlte.

„Hey.... du!“ meinte ich zu Seamus und starrte aber an ihm vorbei Malfoy an.

~Geh weg! Weg!~ versuchte ich ihm per Gedankenübertragung zu übermitteln, doch er hob nur die linke Augenbraue.

„Was will der denn von dir?“ fragte Seamus, als er ein Stück näher auf mich zugekommen war und nickte Richtung Malfoy.

~Gute Frage.~

„Ach, ähm... Malfoy... Du, ähm, geh! Nerv wen anders, du Slytherin!“ begann ich und bemerkte wie mir beide Jungen ungläubige Blicke zuwarfen. „Dummer Slytherin!“

~Ja, das hat gesessen... Klappe!~

„Was ist denn mit dir?“ wollte Seamus wissen und legte einen Arm um meine Schultern. Mein Blick fiel auf Malfoy, der wie hypnotisiert Seamus Arm anstarrte.

„Nichts... Ich muss nur los!“ meinte ich rasch und wand mich aus seiner Umarmung. „Wir, ähm, sehen uns dann ja beim Mittagessen!“

„Das Mittagessen war doch gerade erst.“

„Hups, ich meinte natürlich das andere... das Dings.. Abendessen!“

Und schon war ich weg und überließ die beiden Jungen ihrem Schicksal. Das war einfach zu viel für mich. Obwohl jeder Schritt weg von Malfoy sich falsch anfühlte, war auch jeder Meter mehr Distanz schützend und sicher. Ich wusste nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte, also musste ich nur Situationen verhindern, in denen es ein gegenüber gibt.

~Haarscharf kombiniert, Dr. Watson... Als könntest du je Sherlock Holmes sein... Bitte? Ich habe die Liebe zu Malfoy ja wohl vor dir erkannt... Liebe? Geht’s noch?! Nein, nein! Und bitte, du bist Dr. Watson, ich der Meisterdetektiv. Du der Robin meines Batmans. Der Chewbacca meines Han Solo. Der Spock meines Captain Kirk...~

~*~*~

Ich überlebte den Tag ohne weitere Vorkommnisse und freute mich auf das anstehende Wochenende. Als am Samstag Morgen die Schüler nach Hogsmead strömten lümmelte ich mich vor den Kamin im Gemeinschaftsraum und genoss die aufkommende Stille. Ich las ein Buch und ignorierte das Mittagessen und Abendessen, zu letzterem ja alle Hogsmeadbesucher wieder im Schloss wären und machte eine kleine Tour in die Küche. Dort ließ ich mich von den Hauselfen mit allerlei Köstlichkeiten verwöhnen und schlüpfte erst zur fortgeschrittenen Stunde aus dem Portrait mit der Schale Obst, um mich wieder Richtung Turm zu bewegen. Allerdings nahm ich auf dem Weg eine falsche Abzweigung und blieb stehen um mich in den Kellergewölben neu zu orientieren. Ich zuckte mit den Schultern und nahm eine versteckt liegende Treppe nach oben. Und weiter nach oben und weiter. Sie endete gar nicht mehr. Ich hatte schon das Gefühl ich würde irgendwann auf einer Turmspitze von Hogwarts herauskommen, als die Treppe dann doch endete. Ich war ziemlich aus der Puste und lehnte mich erschöpft gegen eine Säule, als ich Schritte hören konnte, die sich langsam näherten.

~Also wirklich, wir haben doch schon Nachtruhe, was schleicht hier bitte noch jemand herum... Gegenfrage!... Ich kann da nichts für... Vielleicht ist es ein Lehrer, der dumme Schüler aufspüren will, die noch nicht in ihrem Gryffindorturm sind. ~

Ich brauchte einen Platz zum Verstecken. Mein Blick huschte über die Statue von Boris dem Bekloppten, vorbei an unbrauchbaren, gut einsehbaren Säulen und ich verbarg mich schließlich in der Nische eines Fensters hinter einem Dicken roten Vorhang. Die Schritte näherten sich und wurden dann wieder leiser. Am Ende blieb die Person stehen und ich hörte wie JEMAND, ja ein ganz besonderer jemand, „Zitternder Ginsterbusch“ sagte. Dann ging eine Tür auf, Schritte folgten und die Tür ging wieder zu. Ich lugte aus meinem Versteck und stellte fest, dass ich allein war. Was trieb Malfoy um diese Zeit? Ich wurde neugierig.

~Eigentlich wollte ich ja alle Situationen mit ihm meiden... Aber man kann uns nicht trauen!~

Suchend blickte ich mich auf dem Gang um und lief ein paar Schritte in die Richtung, in der Malfoy stehen geblieben war. Dort befand sich ein Wandteppich und die Statue von dem bekloppten Boris. Prüfend hob ich den Teppich an, konnte dahinter aber nichts Verdächtiges sehen. Also widmete ich meine Aufmerksamkeit der Statue zu und entdeckte ein hölzerne Tür.

~Ok, jetzt hättest du noch Zeit einen Rückzieher zu machen...~

Erneut erklangen Schritte auf dem Flur. Ich erstarrte und geriet dann in Panik. Diesmal waren es eindeutig mehrere Füße die über den Boden liefen und auch zwei Stimmen konnte ich ausmachen, die sich miteinander unterhielten. Es waren Professor McGonnagall und Professor Flittwick.

~Oh man!~

Hastig fiel mein Blick auf die Tür vor mir.

~Ach was soll schon passieren? Besser Malfoy als tobende Professoren!... Vor ein paar Monaten wäre die Entscheidung eindeutig anders ausgefallen.~

„Zitternder Ginsterbusch!“ flüsterte ich, öffnete die Tür, schob mich hindurch und schloss sie geräuschlos hinter mir.

~Puh, das ist noch mal gut gegangen!~

Ich drehte mich von der Tür weg und blieb wie angewurzelt stehen. Ich hatte einen Gang, oder höchstens einen versteckten Raum erwartet, doch DAS haute mich um. Es war ein riesiges Bad, mit Pool und unglaublich vielen Wasserhähnen.

~Wo, das nenne ich mal ein Badezimmer!... Hogwarts gekachelte Hallen!~

Auf einem Fenster war eine Meerjungfrau abgebildet, die mich anblickte, kicherte und sich dabei durchs Haar fuhr. Ich sah sie verständnislos an und sie kicherte nur noch lauter und deutete neben den Pool. Malfoy stand mit dem Rücken zu mir. Und wenn ich Rücken sage, mein ich das auch so. Sein nackter Rücken strahlte förmlich vor meinen Augen, während ich wie hypnotisiert in der Bewegung innehielt und sogar das Atmen vergaß. Malfoys Hand werkelte vor seinem Körper, also konnte ich nicht sehen, was er tat, doch als die Hose dann zu Boden fiel musste ich schlucken und riss meine Augen weit auf!

~Wow!.. Jap!.. Wow... Jaja... Woooowww... Ja schon klar, aber was machst du jetzt?.. Wow?... Genau, schwierig. Vielleicht versuchst du dich heimlich wieder hinauszuschleichen, aber McGonnagall und Flittwick sind bestimmt noch in der Nähe... Wow!... Dann bleibt dir nur die Wahl dich mit Malfoy auseinander zu setzen... Wow!!!... Und mach schnell, er ist bei der Boxershorts angelangt!... WOW!?~

Atemlos verfolgte ich mit den Augen Malfoys Hände.

~Verdammt, was mach ich nur... Egal was, mach es schnell.~

Als meine innere Stimme begann „Let's get it on“ von Marvin Gay zu singen und Malfoy den Bund der Boxershorts umfasst, musste ich etwas tun.

„Hähm...“ räusperte ich mich und hielt mir sehr stereotyp eine zur Faust geballten Hand vor den Mund.

Malfoy erstarrte und drehte sich blitzschnell um.

~Hrrr, von Vorne ist es ja noch besser! Gibt es in der Zaubererwelt Schönheitschirurgen, oder ist das alles einfach so Natur?~

Ich starrte geradezu auf Malfoys Oberkörper mit seinen gut sichtbaren Muskeln. Konnte mich an den feinen Konturen gar nicht satt sehen.

Nun war er es, der sich räuspern musste.

~Fang nicht an zu sabbern!~

Ich schreckte hoch und versuchte mich auf Malfoys Gesicht zu konzentrieren.

~Langsam sollte ich peinliche Momente mit ihm ja gewohnt sein.~

„Was machst du hier?“ fragte Malfoy, nachdem er nun endlich meinen Aufmerksamkeit hatte.

„Ähm...“ Mein Blick verlor sich noch mal unterhalb seines Halses. „Ich war unterwegs und dann hab ich mich versteckt, als ich Schritte gehört habe und dann wollte ich eigentlich gehen, aber dann kamen wieder Schritte und es waren Flittwick und McGonnagall. Da bin ich dann hier rein, damit sie mich nicht entdecken. Dann...“

~Und dann???~

Ich spürte wie ich rot wurde.

„Du verfolgst mich, wenn ich baden gehe?“ fragte der blonde Slytherin irritiert.

„Was, nein! Ich konnte ja nicht ahnen, was sich hinter dieser Holztür verbirgt.“ Meine Stimme brach gen Ende weg und meine Augen scannten erneut Malfoys Körper ab.

„Und jetzt?“ fragte mein Gegenüber und ich konnte eindeutig Belustigung heraushören.

„Weiß nicht.“ murmelte ich und schaffte es mit meinen Augen wieder in seine zu gucken.

„Soll ich mich anziehen?“

~NEIN!~

„Ähm, wenn du möchtest...“ sagte ich und beobachtete wie Malfoy zu seinem Hemd griff. Er schlüpfte in die Ärmel und begann die Knöpfe zu schließen.

~Das ist alles deine Schuld!~ warf mir meine innere Stimme vor. Doch ich konnte wenigsten ein wenig klarer denken als vorher. Was mich allerdings auch kein Entkommen aus dieser Situation sehen ließ.

„Was ist das hier?“ fragte ich, nachdem Malfoy obenrum fertig war und zu seiner auf dem Boden liegenden Hose griff. Während er in die Hosenbeine schlüpfte, erklärte er mir, dass dies das Bad der Vertrauensschüler war. Er sei mal einer gewesen und käme gerne noch ab und an her, um ungestört ein Bad zu genießen. Bei dem Wort „ungestört“ grinste er breit und ich wurde erneut rot.

„Achso!“ sprach ich und merkte, dass sich der Smalltalk wohl erledigt hatte.

„Draco?“ fragte ich und wurde nervös, ging jedoch ein paar Schritte auf ihn zu. Er ließ sich auf einer Liege neben den Pool sinken und ich setzte mich auf eine, die ihm gegenüber aufgestellt war.

„Ja?“ fragte er.

„Was ist das hier?“

Stille.

„Was?“

„Na... du und... und ich.“ stieß ich hervor und spürte wie mir das Herz stehen blieb. Atemlos wartete ich auf eine Antwort.

~Richtig mutig, hätte ich dir gar nicht zugetraut!~

Bildete ich es mir ein, oder war Malfoy blasser geworden?

„Ach, naja, ich will dich mal nicht bei deinem Bad stören.“ sagte ich rasch in die Stille hinein und stand schon auf den Beinen.

„Warte.“ stieß Malfoy zwischen seinen Zähnen hervor, stand ebenfalls auf und griff nach meiner Hand.

„Mary, ich.. ich weiß es nicht!“

~Stottert Malfoy gerade?~ ungläubig starrte ich ihn an.

„Willkommen im Club.“ meinte ich sarkastisch.

„Club?“

~Scheinbar kennt man diese Redensart nicht in der Zaubererwelt. Immer diese Sprachbarrieren!~

„Nicht so wichtig.“

Ich blickte auf Malfoys Hand hinunter, die meine hielt. Er folgte meinem Blick und ich spürte, wie er seine Finger lösen wollte, doch ich hielt ihn fest. Er sah mir in die Augen und mein Herz begann zu rasen. Vorsichtig, ging er einen Schritt weiter auf mich zu und nahm mich in den Arm.

Ich seufzte. Wie konnte etwas nur so schön sein?

Malfoy löste sich ein paar Zentimeter von mir und zog mich mit sich zurück auf eine der Liegen. Dort saßen wir nebeneinander, meine Hand erneut in seiner ruhend und seinen anderen Arm hatte er um meine Schulter gelegt. Ich atmete tief ein und aus. Versuchte mir alles einzuprägen. Die Wärme seiner Hände, das Kribbeln in meinen Fingerspitzen, sein Geruch und mein schlagendes Herz. Ich wünschte ich könnte diesen Moment aufbewahren: Ihn einfangen, in ein Schmuckkästchen packen und jederzeit wieder hervorholen.

„Mary?“

„Mhm?“

Ich drückte mich noch ein Stück näher an Malfoy.

„Was ist das mit dir und Seamus?“

~Huch!~

Ich rückte wieder ein Stück zurück und blickte Malfoy an.

~Das kannst du ihm ja mal erklären, ich blick da auch nicht mehr durch.~

„Ähm, nichts.“

Malfoy hob eine Augenbraue.

„Ich mein, also da ist halt nicht viel. Er, ähm, mag mich...“

„Und du?“ Ich stockte.

„Nein, also ja schon, aber nicht so mögen. Ich finde ihn sehr nett und so...“ stotterte ich drauf los.

„Ok.“ kam die knappe Antwort.

„Also nicht so... so...“

~wie dich!~ dachte ich, konnte die Worte aber nicht über meine Lippen bekommen.

Malfoy lehnte sich nach hinten auf die Liege und zog mich mit sich, bis ich halb neben, halb auf ihm drauf lag. Mein Kopf ruhte zwischen seiner Schulter und seiner linker Brust und ich hörte wie sein Herz schlug. Der Klang beruhigt mich. Es herrschte für mehrere Minuten vollkommene Stille. Dann drehte Malfoy seinen Kopf zu mir.

Ich sah ihn fragend an und er seufzte. Scheinbar wussten wir beide nicht genau was zu tun ist.

„Das Bad muss ich mir merken! Schon praktisch!“ meinte ich und deutete auf den Pool. Malfoy nickte und es entstand zunächst ein sehr holpriger Smalltalk, der sich bis zu einem ausgewachsenen Gespräch entwickelte, in dem wir uns gegenseitig fast alles übereinander erzählten. Ich berichtete unter anderem wo ich zur Schule gegangen war und die ersten Male, wo ich gemerkt hatte, dass ich nicht „normal“ war, wie die anderen Schüler. Sogar über meine Eltern erzählte ich ihm alles. Irgendwie war er ein sehr guter Zuhörer. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Und mir nicht, dass ich so viel über mich preisgab. Vor allem vor ihm, aber seine ruhige Art ließ die Worte einfach so aus meinem Mund heraussprudeln. Ich hatte das Gefühl, dass er mir wirklich zuhörte. Er stellte so viele Fragen, das ich gar nicht bemerkte wie die Zeit verging, bis mir schließlich die Augen zu fielen. Ich berichtete ihm mit geschlossenen Augen, wie mir Hogwarts bis jetzt gefällt und über meine Sorgen mit den ganzen Prüfungen, die mir bald bevorstehen würden. Er meinte, dass ich das bestimmt hinbekommen würde und ich mir keine Gedanken machen soll. Ich lächelte und fragte ihn, was er nach der Schule vorhat. Er sei sich noch nicht ganz sicher. Ich hörte ihm weiter zu und bemerkte kaum, wie mein Kopf etwas nach unten rutschte und ich langsam einschlief.

~*~*~

Ich erwachte aus einem tiefen Schlaf und öffnete müde die Augen. Zunächst konnte ich nicht einordnen wo ich mich befand und sah mich, den Kopf leicht angehoben, verwirrt um. Dann kamen die Erinnerungen zurück.

„Oh man!“ murmelte ich und wanderte mit meinem Blick von Malfoys Hemd hinauf bis zu seinem Kopf. Er lag mit geöffneten Augen da und sah mich an. Er bot keinen so verschlafenen Anblick, wie ich. Also muss er wohl vor mir wach geworden sein.

Wir blickten uns stumm an und dann beugte ich mich zu ihm und gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund. Er starrte mich so überrascht an, wie ich es selbst über mich war. Ich zog mich ein Stück zurück, doch seine Hand wanderte von meiner Schulter zu meinem Hinterkopf und halb kam er mir entgegen, halb drückte er meinen Kopf zu sich, bis sich unsere Lippen erneut berührten. Ich schwebte auf Wolke 7, bis mir auffiel, dass wir die Nacht außerhalb unserer Häuser verbracht hatten.

„Oh nein!“ stieß ich hervor, nachdem ich mich von Dracos Lippen lösen konnte. Mein Blick fiel auf die große Wanduhr neben der, in ihrem Fenster schlafenden, Meerjungfrau.

„Was?“ fragte der Slytherin verwirrt. Schon war ich auf den Beinen und zupfte meine Kleidung zurecht.

„Es ist schon 11 Uhr! Die anderen werden mitbekommen haben, das ich nicht in den Turm zurück gekehrt bin und auch nicht beim Frühstück war!“

~Wie soll ich das nur erklären?~

Hecktisch sah ich mich noch mal im Raum um. Malfoy hatte sich mittlerweile ebenfalls erhoben und beobachtete mich.

„Das wird bestimmt keinem aufgefallen sein. Bei mir merken die nie, wenn ich mal eine Nacht wo anders verbringe...“ hob Malfoy an, unterbrach sich dann aber.

~Woanders, schon klar!~

Er deutete meinen Blick korrekt und kratzte sich am Kopf.

„Jaja... bei mir ist das anders. Ich habe Freunde.“ meinte ich und war schon an der Badezimmertür, als ich noch rasch hinzufügte „... die sich Sorgen um mich machen... halt!“

Malfoy grinste und folgte mir.

Ich öffnete die Tür und schlüpfte hinaus. Der blonde Slytherin folgte mir. Als wir den Gang Richtung Große Halle liefen, um eventuell noch die letzten Reste vom Frühstück ab zu bekommen, überlegte ich fieberhaft, wie ich mein nächtliches Verschwinden erklären könnte.

~Vielleicht haben sie es ja gar nicht gemerkt... Klar!... Ja kann doch sein, dass sie früh schlafen gegangen sind... Wie so oft am Wochenende... Und dachten ich wäre in der Nacht gekommen und früh Morgens aufgestanden... Wie es ja deine Gewohnheit ist... Ja, schon gut!~

Als wir die Treppe zur Eingangshalle erreichten, wollte ich gerade vorschlagen, dass wir nacheinander und nicht zusammen in die Große Halle gehen sollten, als uns eine Gruppe Gryffindors entgegenkam. An der Spitze der Gruppe lief Ginny, die wohl mit einigen Mädchen ihres Jahrgangs unterwegs war.

~Wow, so sehr vermisst haben sie mich wohl nicht.~

„Mary? Wo bist du nur gewesen? Hermine, Ron, Harry und Seamus suchen dich schon überall...“ begann Ginny, als sie mich entdeckte, hielt jedoch inne, als ihr Blick auf Malfoy fiel. „Was machst du denn mit dem?“

~Da ist sie, die Frage!~

„Ähm... Malfoy, lass mich endlich in Ruhe!“ meinte ich und ließ Malfoy fassungslos stehen. „Der Kerl hat mich über Nacht in ein Klassenzimmer eingeschlossen und gerade erst raus gelassen.“

Ginny sah Malfoy an und schüttelte dann den Kopf.

„Boar, ihr beiden. Malfoy, halt dich doch einfach von ihr fern. Komm her, Mary.“ Sie schnappte sich meinen Arm. „Wir gehen dir jetzt noch was zu frühstücken holen, du bist bestimmt ganz hungrig. Und du...“ Sie drehte sich noch einmal zu dem verdutzt blickendem Slytherin um. „hast sie ja nicht mehr alle!“

Während ich durch die Tür der Großen Halle bugsiert wurde, drehte ich mich unauffällig zu Malfoy um, zuckte hilflos mit den Schultern und wollte ihm so zeigen, dass ich keine andere Erklärung gefunden habe. Er blickte mir nur ausdruckslos nach.

~Gut, dass lief jetzt semi-perfekt ab!~

Ich ließ mich auf die Bank am Gryffindortisch fallen und nahm mir ein Toast aus dem Brotkorb.
 

„Der ist ja wirklich total übergeschnappt!“ meinte Ginny, als ich nach der zweiten Scheibe Toast griff.

„Was? Ähm, ja total..“ meinte ich halbherzig.

„Was ist los? Hat er dir noch was angetan?“

„Nein! Er ist.. einfach nur ein Idiot.“

„Langsam verstehe ich, warum du dich immer an ihm rächen willst...“

„Mhm...“

„Oh, da sind die anderen, warte mal ab, bis die das erfahren!“ sagte Ginny und deutete zu der Tür der Großen Halle. Harry, Ron, Hermine und Seamus kamen herein und sahen zu uns herüber. Scheinbar hatten sie mich bis gerade eben gesucht und waren nun froh mich wohlbehalten neben Ginny sitzend vorzufinden.

„Da bist du ja!“ Hermine war die erste, die mich erreichte und sich zu mir und Ginny setzte. „Weißt du eigentlich, was wir uns für Sorgen gemacht haben?“

Ich hob die Augenbrauen.

„Hermine, du klingst wie meine Mutter!“ warf ich ihr vor und zu meiner Überraschung nahm mich Ginny in Schutz.

„Lass sie mal, ihre Nacht war schlimm genug...“ begann sie, während sich die Jungs zu uns setzten und sie erwartungsvoll anblickten. „Malfoy hat sie in ein Klassenzimmer gesperrt und sie erst heute Morgen wieder raus gelassen!“

„Was für ein kranker Typ!“ meinte Ron und blickte zum Slytherintisch herüber, wo Malfoy neben Goyle saß. Er spürte scheinbar wie ihn mein gesamter Freundeskreis musterte und blickte auf. Ich konnte nicht mehr tun, als erneut hilflos die Schultern zu heben. Malfoy verdrehte die Augen und sah weg.

~Verdammt, jetzt hab ich auch noch Schuldgefühle!~

„Wie kann der das nur wagen. Der geht mir langsam echt auf die Nerven! Damit können wir ihn doch nicht davonkommen lassen!“ hob Seamus an und ich sah irritiert über diesen Ausbruch zu ihm herüber.

„Ach lass mal, ich glaub nicht, dass er das nochmal machen wird.“ meinte ich schnell, als er sich erhob und ich darum bangen musste, dass er zu Malfoy herüber geht. Ich griff seine Hand und zog ihn wieder neben mich auf die Bank. Malfoy starrte mich an. Sofort ließ ich Seamus Hand los und wäre am liebsten mit dem Kopf vornüber auf meinen Teller gesunken. Das war einfach zu viel für mich in solch frühen Morgenstunden.

~Es ist bereits halb 12! Aber ich bin mal gespannt, wie das weiter gehen soll!~

Frustriert griff ich nach der nächsten Scheibe Toast.

~To be continued!~
 

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Ich hoffe ihr bleibt mir treu! :-)
 

Hab euch lieb

Tabet

Reingefeiert

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 14:

Reingefeiert
 

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Die nächsten Tage verliefen weniger spannend. Ich wurde überschwemmt von Hausaufgaben und kam vor und zwischen dem Unterricht ausschließlich bei den gemeinschaftlichen Essen in der Großen Halle zur Ruhe. Dort genehmigte ich mir wenigstens ein mal pro Mahlzeit einen schmachtenden, von meinen Freunden unbemerkten Blick zum Slytherintisch. Aber mehr ist nicht geschehen. Vor allem, weil ich es vorzog in der Bibliothek zu lernen, anstatt etwas mit meinen Freunden zu unternehmen.

So auch heute. Ich verabschiedete mich rasch von Ginny und den anderen, nachdem wir das Mittagessen beendet hatten und schickte mich an zu gehen. Doch jemand hielt mich am Arm fest. Es war Seamus.

~Oh man!~

„Mary, bist du heute wieder den ganzen Tag in der Bibliothek?“ fragte der Dunkelhaarige und mein Herz wurde schwer.

~Ehrlich, Mary, was soll das? Der arme Kerl! Du hältst ihn total hin.~

Schuldbewusst blickte ich auf meine Schuhe.

„Ja, du weißt doch... Ich muss so viel lernen...“

„Ich finde es ja vorbildlich, dass du dich so sehr auf den Lernstoff konzentrierst...“ meinte Hermine und ich bedankte mich schon innerlich für den Beistand, auch wenn es mir eigentlich nicht ausschließlich um den Lernstoff ging. Schließlich konnte ich so peinliche Situationen wie diese vermeiden. Außerdem war Malfoy manchmal in der Bibliothek und saß einen Tisch entfernt und ich konnte ihn anstarren. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass er in den Büchern, die er dabei immer vor sich stehen hatte, wirklich las, aber mir war es gleich.

„... aber überanstrenge dich nicht.“ endete meine brünette Freundin. Ich lächelte verlegen und ließ meinen Blick zum Slytherintisch schweifen. Malfoy sah zu mir herüber und stand dann auf, die Augen auf Seamus Hand gerichtet. Ich wand mich schnell aus dessen Griff und verabschiedete mich erneut.

„Mary, denk dran: Morgen Abend gehört der Tag uns! Zumindest der Abend.“ ließ Ginny vernehmen, bevor ich mich umdrehen konnte. Ich nickte nur. Morgen war mein Geburtstag und meine Freunde hatten sich irgendetwas ausgedacht. Zunächst hatte ich versucht ihnen Informationen darüber zu entlocken, doch dann hatte ich es aufgegeben, weswegen ich auch heute nicht mehr nachhakte.

Rasch lief ich aus der Großen Halle und atmete dabei betont ruhig ein und aus. Als ich die Treppe zu den oberen Stockwerken hinter mir ließ hörte ich Schritte, die mir folgten. Ich blieb stehen und drehte mich um. Malfoy kam die letzte Treppenstufe hoch gelaufen und blickte mich an. Er zögerte kurz, doch dann überwand er die letzten paar Meter zu mir. Da mir nichts einfiel, was ich hätte sagen können, liefen wir zunächst wortlos in Richtung Bibliothek.

„Ich mag es nicht, wenn er dich anfasst.“ unterbrach Malfoy plötzlich unsere Stille.

„Wer?“ fragte ich zunächst verdutzt, konnte seinen Gedankengängen aber dann rasch folgen. „Seamus?“

Malfoy sagte nichts, doch ich konnte mir vorstellen, wie er zustimmend nickte.

„Ja...“ Mehr wusste ich auch nicht zu sagen. Seit der gemeinsamen Nacht hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen.

~Gemeinsame Nacht, wie das klingt!... Tja, du solltest es mal zu einer wirklichen gemeinsamen Nacht kommen lassen...~

Ich wurde rot und bemerkte, wie Malfoy mich prüfend beobachtete. Wie zufällig ließ ich mein langes Haar nach vorne fallen, damit es meine Gesicht bedeckte.

Dann waren wir auch schon an dem mir so bekannten Ort angelangt.

Als ich auf meinen üblichen Tisch in der Bibliothek zusteuerte, lief Malfoy an mir vorbei, nicht ohne mit seinen Fingerspitzen leicht meinen Unterarm zu streifen, und wand sich in Richtung eines Bücherregals.

Seufzend ließ ich mich auf einen Stuhl nieder und holte meine Arbeitsmaterialien hervor.
 

Nach zwei Stunden intensivem Arbeiten begann es gefährlich hinter meiner Stirn zu pochen. Also entschied ich mich in den Gryffindorturm zu gehen und mich dort ein wenig im Schlafsaal auszuruhen, bevor das Abendessen beginnen würde.

Achtlos warf ich alle Gegenstände vom Tisch in meine Tasche und macht mich auf den Weg. Bevor ich jedoch durch die großen Türen der Bibliothek verschwunden war, sah ich mich noch einmal zu dem blonden Slytherin um, der zwei Tische von meinem Sitzplatz entfernt saß und mir hinterher blickte. Seine Körperhaltung war nicht gerade entspannt, als würde er im nächsten Moment aufspringen wollen. Ich runzelte kurz die Stirn darüber und verließ den Raum.
 

Gedankenverloren lief ich durch die Gänge und vergrub die Hände in den beiden äußeren Taschen meines Umhangs. Dabei bemerkte ich ein Stück Pergament und holte es hervor.

Komm heute nach dem Abendessen zum Eulenturm.

Mein Herz bebte und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Malfoy musste es mir zugesteckt haben, als wir die Bibliothek betreten haben.

~Was er wohl will?... Na was wohl?~ Die Betonung meiner inneren Stimme ließ vermuten, dass sie zweideutig die Augenbrauen heben würde, vorausgesetzt sie hätte welche.

~Hör auf!... Ach komm schon, du willst es doch auch!~

Ich verdrehte die Augen und sagte mir, dass ich es nicht nötig hätte darauf zu antworten, bemerkte aber wie meine Ohren heiß wurden.

~Als hättest du nicht daran gedacht!... Hab ich auch nicht... Ja klar. Du schmachtest ihn an, denkst an die Nacht in dem Badezimmer der Vertrauensschüler: An seine nackte Haut...~

Ich schluckte und beschleunigte meine Schritte. Meine innere Stimme hörte jedoch nicht auf und ich seufzte gequält auf.

~...Die Boxershorts, die seine Hüfte umschmeicheln und man sich die Frage stellt, was sich darunter wohl verbergen mag... Ich bitte dich, ein Treffen im Eulenturm klingt jetzt nicht nach etwas, was du dir vorstellst.~

Endlich stand ich vor der Fetten Dame, nannte ihr das Passwort und betrat den Gemeinschaftsraum.

Dort fand ich Hermine, Ginny, Harry und Ron auf den Sesseln vor dem Kamin sitzen. Harry und Ron spielten Zauberschach, Hermine las in einem dicken Wälzer und Ginny schrieb einen Brief für ihre Mutter. Ich gesellte mich zu ihnen und verbrachte die nächsten Stunden in geselliger Runde, doch meine Gedanken schweiften immer mal wieder zu dem Zettel in der Tasche meines Umhangs.

~*~*~

~Ok, ganz cool bleiben!... Oh ja, du bist die Ruhe selbst!~

Nervöse schlüpfte ich durch die großen Flügeltüren des Eingangsportals und erschauerte aufgrund des frostigen Wetters.

~Hätte er sich nicht einen ungestörten Raum IM Schloss aussuchen können?~ fragte ich mich etwas missmutig, doch dann dachte ich bei mir, dass wir so tatsächlich ungestört bleiben würden. So spät würde wohl niemand mehr einen Brief verschicken wollen und selbst wenn, würde er es sich bei diesen eisigen Temperaturen vermutlich noch mal gründlich überlegen.

Während ich mir meinen Weg in Richtung des dunkel vor mir aufragenden Turmes bahnte, dachte ich an das so eben beendete Abendessen zurück. Hibbelig hatte ich da gesessen und mir überlegt, was auf mich zukommen würde. Meine Geistesabwesenheit war den anderen nicht entgangen, doch irgendwie hatte ich mich herausgewunden, indem ich über meine Angst bei den Klausuren zu versagen sprach und dann das Thema rasch wechselte. Schließlich war es so weit. Die ersten Schüler standen auf und verließen die Große Halle. Mein Blick fiel auf Malfoy, dem die sich verbreitende Aufbruchstimmung ebenfalls nicht entgangen war. Als einige Slytherins an seinem Platz vorbei liefen, darunter Goyle, Pansy Parkinton und Daphne Greenblatt stand er auch auf und verließ den Raum. Ich hatte noch einmal tief durchgeatmet und war selber aufgebrochen.

Und nun lief ich zittrig zu unserem Treffen.

~Was er wohl von mir will?~

In Wahrheit konnte ich mir einige Dinge ausmalen, die Malfoy mit mir zu bereden hatte. Darunter welche die mir die Tränen der Enttäuschung in die Augen trieben, die mich lächeln ließen, oder sogar welche, die mir roten Wangen einbrachten.

~Ok, du gehst da jetzt rein, cool, lässig, aufgeklärt!.. Ok... Wer ist cool?... ?... Na?... Ich?... Oh man...~

Ich betrat die Treppe, die zum Eulenturm führte und versuchte ruhig zu atmen.

Dann war ich endlich angekommen. Doch meine Augen konnten nicht viel erkenne. Der kreisrunde Raum war stockdunkel und außer den leisen Geräuschen der Eulen konnte ich nicht viel ausmachen. Langsam gewöhnte ich mich an die Dunkelheit und trat einen Schritt in den Raum hinein. Eine Gestalt stand links von mir und hatte mir den Rücken zugedreht.

„Draco?“ flüsterte ich leise und die Person begann sich langsam umzudrehen.

~Ok, seit wann hat Malfoy so lange Haare?~

Ich schluckte. Da es scheinbar nicht Malfoy war, wurde ich unsicher und fühlte mich sogar etwas ertappt. Doch das Schamgefühl verschwand, denn irgendetwas stimmte hier nicht. Ich konnte das Gesicht der scheinbar weiblichen Person vor mir nicht erkennen. Alles war so dunkel und still.

Die Person hatte immer noch nichts gesagt, obwohl sie nun direkt in meine Richtung gewandt stand. Es herrschte eine sehr beunruhigende Stille und mein Instinkt sagte mir, dass ich mich in einer gefährlichen Situation befand.

„Ähm..“ murmelte ich und begann einen Schritt rückwärts zu machen. In diesem Moment reagierte die Person vor mir und griff in ihren Umhang. Das einzige was ich dachte war: Schnell weg hier!

Doch was dann geschah, ließ mich innehalten. Die Figur vor mir brach augenblicklich zusammen und lag regungslos am Boden. Ich schrie erschrocken auf und betrachtete sie. Dann holte ich meinen Zauberstab hervor und lies den Lumos-Zauber wirken.

~Fällt dir ja reichlich früh ein!~

Endlich gab es etwas Licht und ich konnte die Person auf dem Boden erkennen.

Es war Daphne Greengrass. Verwundert näherte ich mich der Slytherinschülerin und drehte die auf dem Bauch Liegende um.

„Oh man!“ entfuhr es mir.

Daphne hatte eine kleine Platzwunde am Kopf und ihre Augen blickten ausdruckslos ins Leer.

Zunächst vermutete ich das Schlimmste, erkannte aber bald ihren sich regelmäßig hebenden und senkenden Brustkorb.

~Was mach ich denn jetzt nur?~

Hilflos hockte ich über das Mädchen gebeugt da und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. In dem Momente, wo ich aus meinen Gehirn endlich den Zauber Levi corpus hervor gekramt und Daphne mit dessen Hilfe in eine ruhige Lage in der Luft befördert hatte, hörte ich Schritte auf der Treppe des Turms.

~Was kommt denn jetzt noch?~

Ich überlegte angestrengt was ich nun machen sollte, als sich schon eine Gestalt in dem Türbereich des Turms aufbaute.

Ich verengte die Augen zu Schlitzen, um die Person zu erkennen, als diese mir schon entgegen schritt.

„Was ist hier los?“ fragte eine mir bekannte Stimme und anhand der, im schwachen Licht des Mondes reflektierenden, blonden Haare wusste ich, wen ich vor mir hatte.

„Ich hab wirklich keine Ahnung. Aber wir müssen sie in den Krankenflügel bringen. Sie ist.. einfach zusammen gebrochen.“ begann es aus mir heraus zu sprudeln und Malfoy nickte nur abwesend.

„Möglichst schnell!“ meinte ich, um den Slytherin dazu zu bringen den Weg Richtung Schloss frei zu machen.

„Dir geht es aber gut?“ fragte er nur und ich verdrehte genervt die Augen.

„Naja, ich bin ja nicht diejenige die hier bewusstlos in der Luft schwebt.“

Anstatt auf meine ironischen Antwort einzugehen, drehte sich Malfoy um und schritt aus dem Turm. Ich folgte ihm, darauf bedacht Daphne sicher durch den Türrahmen zu dirigieren.

~Das passiert mir auch nicht noch einmal! Das nächste mal werde ich dafür sorgen, dass der Kerl vor mir am Treffpunkt ist... Aber ist Malfoy nicht vor dir aus der Großen Halle gegangen? Müsste er nicht folglich auch vor dir hier gewesen sein?~

Ich stutzte.

„Malfoy? Wo warst du eigentlich? Du bist doch vor mir zum Treffen gegangen. Warum war ich dann aber vor dir am Eulenturm?“ fragte ich nun laut, während wir in Richtung Schloss marschierten.

Eine ganze Zeit herrschte Stille. Der Slytherin hatte mich nur einmal kurz angesehen, doch sein Blick war nicht zu deuten. Ich hatte das Gefühl, als würde er seine Worte abwägen.

„Ich hatte noch etwas im Gemeinschaftsraum zu erledigen.“ kam schließlich die Antwort.

„Ahja...“ meinte ich, ohne ihm das wirklich zu glauben.

Mittlerweile hatten wir das Eingangsportal erreicht. Auch hier versuchte ich Daphne sicher durch die Tür zu manövrieren, ohne das ihr Kopf mit einem unschönen „Klonk“ irgendwo gegen schlug. Immerhin hatte der schon genug abbekommen.

Als wir dann keine fünf Minuten später im Krankenflügel angelangt waren stand ich vor einem Problem. Wie sollte ich Madame Pomfrey erklären, wie es zu Daphnes Verletzung gekommen ist? Zum Glück übernahm Malfoy das Sprechen. Er berichtete, dass Daphne im Eulenturm zusammen gebrochen und dabei unglücklich auf ihrem Kopf gelandet war. Das Mädchen lies ich auf ein nahestehendes Bett schweben und beendete den Schwebezauber. Daphne lag ganz still da, die Augen hatten sich wohl auf dem Wege hierhin geschlossen und man hätte meinen können, dass sie eingeschlafen wäre. Bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, spürte ich wie Malfoy meine Hand ergriff und mich aus dem Krankenflügel zog.

„Ich werde Miss Vallenstone jetzt bis zum Gryffindorturm begleiten. Es ist immerhin schon spät.“

~Es ist gerade mal neun Uhr!~ empörte sich meine innere Stimme.

Madame Pomfrey hob ebenfalls überrascht die Augenbraue, nickte dann aber nur.

~*~*~

Ich hatte nun zwei Möglichkeiten. Entweder könnte ich mich brav weiter von Malfoy Richtung Gryffindorturm ziehen lassen, oder ich könnte mich aus seinem Griff lösen, ihn fragen, warum er erst so spät zu unserer Verabredung gekommen ist und sich im Allgemeinen recht merkwürdig benommen hatte. Natürlich entschied ich mich für letzteres.

„Halt Stop!“ ich riss mich von Malfoys Hand los und stand trotzig im menschenleeren Gang. „Warum wolltest du mich im Eulenturm treffen? Und warum hast du dich so komisch benommen?“

Der blonde Slytherin blickte schräg an mir vorbei und antwortete nicht. Das machte mich gelinde gesagt etwas ungehalten.

„Na gut!“ stieß ich nach einiger Zeit sauer zwischen meinen Zähnen hervor und stapfte an Mr. Schweigstill vorbei. „Denk ja nicht, du müsstest mir noch mal irgendwelche Zettelchen zustecken.Oder dich mit mir treffen! ODER mir in der Bibliothek nachstellen!“

Ich bog um die nächste Ecke und hielt dann inne, drehte mich allerdings nicht um. Innerlich begann ich bis zehn zu zählen und zu warten ~hoffen~ das Malfoy mir nachgelaufen käme.

~..6, 7, 8...~

Arme umfassten meine Taille von hinten und drückte mich an einen warmen Körper. Sanft lief mir ein Schauer den Rücken entlang und ich atmete tief ein und aus. Anschließend drehte mich langsam zu diesem unverschämt gutaussehenden Slytherin um und sah ihm in die Augen.

~Wird er mir doch noch antworten?~

In diesem Momente schob Malfoy seine Hand in mein Haar, zog meinen Kopf nach hinten und legte seine Lippen auf meine.

~Oder auch nicht... Ach was solls?!~

Atemlos erwiderte ich den Kuss. Es fühlte sich einfach nur unbeschreiblich wundervoll an.

Es sollte nicht enden, durfte nicht enden.. tat es aber natürlich doch! Als ich Malfoy erneut anblickte, bemerkte ich erst, das er den Kuss aufgrund eines Geräusches unterbrochen hatte.

„Was..?“ hob ich an, doch schon im nächsten Moment verstummt ich überrascht und blickte einfach die gegenüberliegende Wand an. Eine schmale Tür hatte sich vor meinen Augen gebildet.

„Die war vorher aber noch nicht da!“ stellte ich fest und hob überrascht die Augenbrauen.

„Stimmt.“ bestätigte Malfoy, schien jedoch nicht ganz so überrascht wie ich.

~Jaja, Hogwarts.~

Ich zuckte mit den Schultern und ging vorsichtig einen Schritt auf die Tür zu.

Malfoy folgte mir. Ich ergriff die Klinke, öffnete die Tür und betrat den dahinter liegenden Raum.

~Was zur Hölle?~

Verwirrt sah ich um mich. Malfoy kam neben mir zum stehen und hinter uns fiel die Tür ins Schloss. Es war ein mittelgroßer Raum, der mit gemütlichem Holzpaket und pastellfarbenen Tapeten ausgestattet war. Naja, er war fast komplett leer. In der Mitte des Raumes stand ein großes Himmelbett mit weißen Stoffbahnen um die hellen Holzpfosten.

Vorsichtig lief ich einige Schritte weiter in den Raum rein.

„Was ist das?“ fragte ich unsicher und blickte über die Schulter in Malfoys Richtung.

„Der Raum der Wünsche.“ meinte der Slytherin, schien jedoch selber verwundert und kam einige Schritte auf mich zu.

Wenig später standen wir wieder nebeneinander, mit Blick auf das Bett.

Sein Blick nahm mich gefangen und einige Sekunden später lösten wir unsere Augen voneinander und sahen auf das imposante Bett vor uns.

Eine Knistern entstand. Im Raum schien es auf einmal unglaublich heiß zu werden. Unruhig sah ich auf die Wände, auf die hinter uns zugefallene Tür, auf Malfoys Haare, seine Augen... das Bett...

Ich weiß nicht wer angefangen hat. Aber im nächsten Moment hielten wir uns umklammert. Malfoy küsste mich stürmisch, doch ich versuchte ihm in nichts nachzustehen. Seine Hände berührten meine Wangen, meinen Hals. Ich begann zu zittern und krallte meine Hände in sein Hemd.

Als ich mich eine wenig weiter drehte, um mich noch fester gegen seine Brust zu drücken, spürte ich die Matratze des Bettes an meinen Beinen. Ich lies mich darauf sinken und zog Malfoy mit mir mit. Er lag auf mir und ich konnte spüren, wie stark ihn dieser Moment „bewegte“.

~HOPPALA!~

Er drückte seine Hüfte gegen meine und mein Körper war wie elektrisiert. Ich wollte diesen Mann! Unsere Blicke trafen sich und keine Sekunde später war meine Bluse geöffnet und mein Rock hatte sich auch verabschiedet. Gierig revanchierte ich mich, so dass wir beide halbnackt neben-/aufeinander lagen und uns weiter küssten. Der Rest der Kleidung sollte wenig später folgen.

Ich hatte erwartet, dass ich mich schämen würde, aber Malfoys bewundernder Blick lies das nicht zu. Sanft streichelte er meinen Oberkörper und ich erschauerte.

Es fühlte sich alles so richtig an. Seine weiche Haut auf meiner und sein Blick, der mich alle Zweifel vergessen lies. Ich schloss die Augen und spürte wie stark mein Herz in der Brust schlug. Es war einfach so überwältigend.

Dann bemerkte ich, wie Draco seine Beine zwischen meine platzierte. Seine Ellenbogen drückten neben meinen Schultern in die Matratze und seine Blick sprach Bände. Ich begann zu zittern, als sich sein rechter Arm von der Matratze löste, seine Hand meinen Bauch hinunter fuhr und... Mir stockte der Atem.

Wenig später lies er von mir ab und legte seine Hand neben mich ab.

~Wahnsinn!~

Ich war noch etwas benommen und schaffte es kaum die geschlossenen Lieder zu heben.

Draco sah mir noch einmal kurz in die Augen und ich meinte eine Frage aus seinem Blick zu erkennen. Ich lächelte leicht und dann war ich verloren...

~*~*~

Ich öffnete verschlafen die Augen. Irgendwie war ich todmüde, trotz des Schlafs den ich gerade gehabt hatte. Und mein Körper fühlte sich an, als hätte er einen Marathon hinter sich.

~Wo bin... HALT!~

Meine Augen wurden groß und langsam richtete ich mich auf, was etwas schwierig war, weil mich ein fremder Arm umschlungen hielt.

~OK, nicht austicken!~

Ich folgten den fremden Fingern bis zum Handgelenk, über den Unterarm, hinweg über den Ellbogen, die Muskulatur des Oberarms, bis ich, nach einem Abstecher zum nackten Oberkörper, an dem Gesicht eines gewissen Slytherins hängen blieb.
 

„Scheiße!“ flüsterte ich entsetzt. Hielt mir aber anschließend sofort die Hand vor den Mund, als Malfoy sich unruhig auf den Bauch rollte..

Ich wusste nicht genau was ich tun sollte.

~Weg hier!~

In Zeitlupentempo, um ja keine zu hastige Bewegung zu machen, stand ich auf, kramte meine auf dem Boden verstreut herumliegenden Anziehsachen hervor und zog mich notdürftig an. Noch während ich die Bluse zuknöpfte tapste ich auf Zehenspitzen zur Tür und schlüpfte schnell hindurch. Im dahinter liegenden Gang war es stockfinster. Man konnte unmöglich abschätzen, wie viel Uhr es genau war, schließlich war es immer noch Winter.

Unruhig machte ich mich auf den Weg zum Gryffindorturm. Dort angekommen gelangte ich lautlos in den Mädchenschlafsaal und legte mich angezogen ins Bett. Hermines Wecker leuchtete die Uhrzeit an die Decke des Raums.

~6 Uhr Morgens... Ist das dein größtes Problem?... Ich habe mit Malfoy geschlafen!~

Tausend Gedanken brachen über mir zusammen:

~Jetzt kann er noch eine Kerbe in seinen Bettpfosten schnitzen!~

~Kein Mann kauft die Kuh, wenn er die Milch so haben kann.~

~Welches Pferd hat mich denn da geritten?... Ist gerade die Stunde der Redewendungen? Zum Ersten, ich denke nicht, dass das Einkerben der Anzahl der Sexpartner in den Bettpfosten noch praktiziert wird. Zum Zweiten willst du denn, dass er die „Kuh“ kauft? Und drittens, das mit dem „welches Pferd dich geritten hat“... Ich kann mir gut vorstellen wie dieser Satz weiter geht, sei lieber still, du Sau!~

Ich überlegte, wie oft ich jetzt schon in diesem Bett gelegen und verzweifelt über Malfoy nachgedacht hatte. Zu oft, war mein Ergebnis.

~Der Typ bringt mich noch um den Verstand!... Du hättest seine Hose mitnehmen können, dann hätte er, wenn er aufwacht, in Unterhose durch Hogwarts laufen müssen... Ich hab jetzt ganz andere Sorge-eigentlich keine schlechte Idee, aber halt! Darüber muss ich jetzt nicht nachdenken... Sondern?... Darüber, wie ich es schaffe den Rest des Schuljahres nie wieder seinen Weg zu kreuzen... Die Hoffnung darauf hattest du immer mal wieder und jedes mal hat das nicht geklappt. Denk jetzt doch lieber daran, wie schön es war!~

Ich errötete. Ja, es war wirklich sehr schön gewesen. Unbeschreiblicher, als alles Unbeschreibliche. Nicht viele Frauen können das von ihrem zweiten Sexualpartner behaupten. Obwohl ich mich innerlich immer noch weigerte den Ersten als solchen anzuerkennen. Es war ein Urlaubsflirt gewesen, gepaart mit meinen ersten Experimenten mit Alkohol. Schlechte Kombi.

Aber diese Nacht, war ganz anders gewesen. Bitter gestand ich mir ein, dass Malfoy schon zahlreiche solcher Nächte hatte und deswegen wusste, was er da mit einer Frau tat.

~Das wird er mir ewig unter die Nase reiben können... Ich denke nicht, dass er das vor hat... Glaubst du wirklich er könnte etwas für mich empfinden?~

Keine Antwortet.

~*~*~

~Ich hab Hunger, verdammt!~

Müde und ein wenig psychisch labil gestand ich mir ein, dass ich wohl nicht drum herum kam, zum Frühstück in die Große Halle zu gehen.

~Vielleicht kann ich mir ja was keine vom Tisch klauen und dann schnell wieder verschwinden.~

Seit einer Stunde lag ich im Bett und konnte nicht einschlafen. Meine Augen waren auf die Ziffern, die Hermines Wecker an die Wand zauberten, gehaftet und gedanklich lief ich tausend Szenarien im Kopf ab, wie mein nächstes Zusammentreffen mit Malfoy vonstatten gehen würde.

Noch eine Minute und Hermines verzauberter Wecker würde laut vor sich hin singend in die Luft steigen und so lange Runden durchs Zimmer schweben, bis seine Besitzerin hellwach war. Hermine hatte ihn von Ron zu Weihnachten geschenkt bekommen, da sie vorher immer wieder Alpträume gehabt hatte, in denen sie die Abschlussprüfungen verschlief.

Und es ging los. Der Wecker erwachte zum Leben und meine beiden Mitbewohnerinnen in dem Schlafraum begannen sich zu regen. Entsetzt stellte ich fest, das sich immer noch meine Anziehsachen an hatte und zog mich blitzschnell aus und kramte unter der Bettdecke meinen Schlafanzug hervor.

~So schnell hast du dich nicht mehr ausgezogen seit, ach, ist ja gar nicht so lange her!... Klappe!~

Hermine und Ginny setzten sich verschlafen auf und irgendwann fiel ihr Blick auf mich, wie ich kerzengerade im Bett saß und sie beobachtete.

„Oh Mary!“ meinte Ginny und ein Grinsen bereitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Alles Gute zum Geburtstag!“

Ich schluckte. Meinen Geburtstag hatte ich total vergessen.

Nachdem meine beiden Freundinnen mich umarmt und mir gratuliert hatten, machten wir uns für das Frühstück fertig. Ich versuchte meine sichtbare Müdigkeit unter Makeup zu verbergen, was mir relativ gut gelang. Dann wappnete ich mich für das Frühstück und nahm mir vor, so unauffällig wie möglich zu sein.
 

Das gelang mir dann auch später ganz gut. Außer das meine Stimmung immer mal wieder durch Gedanken niedergedrückt wurde. Zum Beispiel fiel meiner inneren Stimme auf, während ich Hermines Geschenk -ein magisches Notizbuch- am Haustisch in der Großen Halle auspackte, dass ich eine sehr interessante Methode gewählt hatte, um in meinen Geburtstag reinzufeiern. Das ich sofort errötete, kann man sich denken. Diese Reaktion wurde von meinen Freunden natürlich als etwas übertrieben empfunden, schließlich dachten sie es galt dem Notizbuch.

Aber ansonsten schaffte ich es sehr ruhig und unauffällig zu bleiben. Ich verbot mir jeglichen Blick zum Slytherintisch und hatte mich auch sonst recht vorteilhaft positioniert, dass ich nicht so leicht zwischen den anderen vom Slytherintisch aus zu finden war, so hoffte ich zumindest.

Doch dann kam die Post. Neben einem Geburtstagsgeschenk von meinen Eltern, landete eine kleine Box auf meinen Tisch.

Als Empfänger stand: Chris Demuto

Ich begann zu grinsen. Der Sänger von der Weihnachtsfeier, der den Haufen ihn bejubelnder Weiber zurück gelassen hatte, um mit mir zu reden, hatte mir etwas zum Geburtstag geschickt. Wir hatten uns seither nur noch jeweils zwei Briefe zukommen lassen in der wir uns über alles Mögliche unterhalten hatten. Das er an meinen Geburtstag denken würde, hatte ich nicht erwartet, auch wenn er in seinem zweiten Brief danach gefragt hatte.

Freudig öffnete ich die Schachtel und fand darin zwei Karten zu einem seiner Konzerte im Sommer vor. Dann geschah aber noch etwas, das sich im Verlauf als sehr kontraproduktiv zu meinem Plan, sich unauffällig zu verhalten, auswirkte.

Irgendwie kam in die Schachtel Leben rein, auch wenn man nichts wirklich erkennen konnte. Mehr ein unsichtbarer Wirbel, den man trotzdem sehen konnte.

~Häh?... Schwer zu erklären.~

Auf jeden Fall begann plötzlich zusätzlich zu diesem unerklärbaren Phänomen eine Musik zu ertönen, zu der dann bald Chris' Stimme begann zu singen.

„Oh nein!“

„Celebrate good times, come on! Let's celebrate! Celebrate good times, come on! Let's celebrate!“

~Wie war das mit still und praktisch unsichtbar?... Ist das Celebration von Kool and the Gang?~

„There's a party goin' on right here. A celebration to last throughout the years. So bring your good times and your laughter too. We gonna celebrate your party with you. Come on now!“

Die Musik schwoll an und durchdrang schließlich die komplette Halle.

~Das kann einfach nicht war sein!... Er hat es bestimmt gut gemeint und du musst zugeben, es hat was.~

„It's time to come together. It's up to you. What's your pleasure? “

~Die „time“ für „together“ war schon vor ein paar Stunden! Sehr treffend, oder? Als hätte er es gewusst.~

Ich schloss die Augen und dachte, wenn ich sie wieder öffnen würde, gäbe es keinen Anlass mehr sich zu schämen.

~Ist das ein Feuerwerk?~

Passend zum schwungvollen Refrain erstrahlte der Himmel der Großen Halle im bunten Feuerwerk-Licht.

~Nicht zum Slytherintisch gucken!... Zu spät.~
 

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So, dass war es! Wie hat es euch gefallen?
 

Liebe Grüße

eurer Tabet

Amnesie

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 15:

Amnesie
 

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~Ok, das wars.~

Ich spürte wie ich zu zittern begann, noch während mich Malfoys Augen gefangen hielten. Ich schluckte schwer und versuchte aus seinem Blick herauszulesen, was in ihm vorging.

~Nichts Gutes...~

Tatsächlich nicht, denn ich meinte einen wütenden Funken in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Na gut, ich hatte ihn nach unserer gemeinsamen Nacht schlafend im Raum der Wünsche allein gelassen. Das gebe ich zu. Es war nicht nett, aber es hätte schlimmer für ihn ausgehen können. Wäre meine innere Stimme nicht durch die gemeinsame Zeit im Bett verwirrt gewesen, wäre ihr schon dort eingefallen, wie einfach ich Malfoys Hose hätte mitgehen lassen können. Das wäre ja wohl schlimmer.

~Ach verdammt!~

Ich riss mich von Malfoys Blick los und versuchte ruhig durchzuatmen. Sich zu beruhigen gelang mir leider nicht besonders gut, da immer noch der letzte Refrain von meinem Geburtstagslied durch die große Halle wehte. Außerdem strebte das Feuerwerk dazu begleitend seinem imposanten Ende entgegen.

Ich spürte, wie die Aufmerksamkeit aller auf mir ruhte und als das Lied beendet war und das letzte „Puff“ vom Feuerwerk erklang, begannen viele, vermutlich mehr aus Höflichkeit, zu applaudieren.

„Mary, dass nenne ich mal ein Geburtstagsständchen!“ rief Ginny und grinste zu mir rüber. „Was bist du denn so blass?“

„Ach, nur die Aufregung am frühen Morgen...“ redete ich mich raus und nahm mir schnell eine Scheibe Toast, um zu demonstrieren, dass es mir eigentlich sehr gut ging.

~Was soll ich nur verdammt noch mal tun?~

Der erste Blickkontakt mit Malfoy war mehr oder weniger gut überstanden, doch was wenn ich ihm so begegnen würde? Und war es nicht eigentlich sinnvoller diesem Zusammenstoß nicht auszuweichen zu versuchen? Es würde ohnehin geschehen.

~Und so wie der gerade geguckt hat, wird es eher früher als später sein.~

Ich nahm mir vor mich in für die Begegnung mit Malfoy innerlich zu wappnen und mich möglichst erwachsen zu benehmen. Wir hatten es miteinander getan, ja. Was das bedeutete konnte ich nicht sagen. Er war mir hinterher gelaufen und der Raum der Wünsche...

~Hogwarts ist an allem Schuld!~ kam es im in den Kopf. ~Natürlich der blöde Raum, ohne den wäre es nie so weit gekommen... Na, ein Glück das er da war. Außerdem war es ja scheinbar euer Wunsch da rein zu gehen... Ja, dass der sich das wünscht kann ich mir denken... Und du bist natürlich das unschuldige Opfer, Miss Libido!~

Ich seufzte gequält auf und biss in mein Toast.
 

Nach dem Frühstück machte ich mich auf den Weg zu Unterricht und versuchte mich dort abzulenken. Es funktionierte nicht, also ging ich nach dem Mittagessen Richtung Bibliothek. Mein innerer Dialog hatte seit dem Frühstück fortgefahren meine Situation aus allen Blickwinkeln zu beleuchten und mir immer wieder Bilder der letzten Nacht vor Augen geführt.

~Ok, ja. Ich hatte das alles gewollt! Und es ist passiert. Ich werde mich wie eine Erwachsene benehmen, denn schließlich bin ich das, verdammt! Also gehe ich ganz logisch an die Situation ran und nicht mehr wie ein kleines, naives Mädchen. Wo kommen wir denn dahin!? Man muss dazu stehen was passiert ist. Naja, also nicht in aller Öffentlichkeit, aber ich darf dem nicht aus dem Weg gehen...~

Ich bog um die nächste Ecke und erstarrte. Malfoy stand einige Meter entfernt mit einigen anderen Slytherin. Da eine der Schülerinnen unter ihnen in meine Richtung blickte (mein entsetzter Blick hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt), wurde auch der Rest der Gruppe bald auf mich aufmerksam.

In diesem Moment waren alle guten Vorsätze vergessen. Ich machte auf dem Absatz kehrt und rannte, als würde es um mein Leben gehen. Nachdem ich fast wieder in an der Großen Halle angekommen war, verlangsamte ich meinen Schritt und blieb schließlich keuchend stehen.

~Sport, mehr sag ich dazu nicht!~

Ich ignorierte meine innere Stimme und ließ mich gegen eine nahestehende Wand sinken.

~Was war das denn gerade eben?... Ich würde sagen ein kleines, panisches Mädchen.~

Ich schlug die Hände vor mein Gesicht.

„Mary?“

Entsetzt sah ich auf, beruhigte mich allerdings recht schnell wieder.

~Ach es ist nur Seamus... NUR Seamus?~

„Hey, was ist denn los?“ fragte der gutaussehende Gryffindor und beugte sich zu mir runter.

~Verdammt.~

Ich stand schnell auf und versuchte weniger bemitleidenswert auszusehen.

„Nichts, ich hab die Nacht nur nicht so gut geschlafen...“

~Das ist nicht mal gelogen... Schlecht war die Nacht an sich aber auch nicht.~

Seamus blickte skeptisch und musterte mich von oben bis unten.

„Komm schon, was ist wirklich los? Irgendwas stimmt doch nicht, du weichst mir schon seit Wochen aus!“

„Seamus...“

„Nein, ich mein es ernst. Was ist los? Hab ich dir irgendwas getan?“

„Nein!“ Ich hob abwehrend die Hände, ließ dann aber die Schultern hängen.

~Ich muss es ihm einfach sagen!~

„Seamus, es liegt nicht an dir. Ehrlich, es ist. Ich kann es dir nicht sagen, aber bitte...“ Hilflos brach ich meinen Erklärungsversuch ab.

Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, doch ich spürte förmlich wie er angespannt vor mir stand.

„Warum kannst du es mir nicht sagen?“ fragte er und ich merkte wie ungewöhnlich scharf seine Stimme klang.

„Es geht einfach nicht, es... Ich begreife das alles im Moment auch nicht. Ich will ehrlich zu dir sein, aber... Es tut mir leid.“

„Gibt es einen anderen?“

~Jop!~

„Nein...nein...“ Ich klang nicht besonders überzeugend.

„Und das ist die Wahrheit?“

Ich konnte nichts sagen. Weiter zu lügen brachte ich nicht übers Herz, aber die Wahrheit konnte ich selber kaum im Kopf formulieren, also ließ ich es bleiben und schwieg. Das machte die Situation natürlich nicht besser. Die Stille bedeckte uns wie Honig und die Zeit schien stehen zu bleiben. Dann meinte ich Seamus leise ein „Na gut.“ sagen zu hören. Er drehte sich auf dem Absatz um und ging.

~Jetzt weißt du wie es sich anfühlt, wenn man einfach stehen gelassen wir... Ich habe Draco nicht stehen lassen... Ok, kein Witz im Bezug auf stehen gelassen, aber du hast ihn schlafend zurück gelassen – viel besser, ist klar!... Ich habs begriffen, ich bin ein Monster. Als ob ich mich nicht schon schuldig genug wegen Seamus fühlen würde, musst du wieder damit anfangen?... Aber es ist doch wegen Draco, alles beginnt und endet bei ihm.~

Ich überlegte mich noch einmal auf den Boden fallen zu lassen und eine Zeit lang verzweifelt dort zu verweilen, entschied mich dann aber dafür in den Gryffindorturm zu gehen. Am besten für den Rest des Tages.

~*~*~

„Nein, im Ernst, ich fühle mich nicht so gut.“ rief ich verzweifelt, doch Ginny schüttelte nur den Kopf.

„Es ist dein Geburtstag! Wir werden feiern! Nichts Wildes, nur ein paar Freunde...“

„Warum greifst du nach meinem Mantel?“

„Wir haben was bei Hagrid organisiert.“

Ich verdrehte die Augen. Eigentlich war ich natürlich gerührt das meine Freunde eine Party für mich geplant hatten, aber für diesen Tag war schon genug passiert. Ein Blick in Ginnys Gesicht verriet mir allerdings, dass jeglicher Versuch sich weiter zu widersetzen nichts bringen würde.

„Na gut, aber nicht zu lange.“

„Ja klar!“ lachte Ginny und ich ahnte Schlimmes.
 

Ginny führte mich über das Gelände, ihre Hände von hinten auf meine Augen gelegt, so dass ich nichts sehen konnte.

„ALLES GUTE!!!“

Meine Freundin ließ ihre Hände sinken und ich erblickte... viel.

Wir standen vor Hagrids Hütte und in der Nähe des Kürbisbeets war ein großes Lagerfeuer entzündet worden, um das allerhand Kissen, Decken und Polster gelegt waren. Der Wildhüter hielt etwas Undefinierbares an einem Stock über das Feuer und grinste mich an. Ron, Harry, Hermine und noch ein paar andere, mit denen ich lose befreundet war, waren ebenfalls anwesend.

„Seamus wollte eigentlich auch kommen, aber er ist bis jetzt nicht aufgetaucht.“

„Oh.“ Ich schluckte. „Gut möglich das er nicht kommt, aber naja... wir haben ja uns.“

Ich lächelte gezwungen und ließ mich neben Hermine auf ein Polster mit ägyptischen Mustern sinken. Ginny war mir gefolgt und ließ sich zwischen mir und Harry nieder.

„Was soll das heißen er kommt nicht? Hat er dir was gesagt?“ fragte die neugierige Rothaarige.

„Nein, ich wusste ja von alledem nichts.“

„Habt ihr euch gestritten?“

„Ginny...“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte. „Geh davon aus, dass er nicht kommt, ok?“

„Ich versteh dich einfach nicht. Es ist ohnehin so komisch, dass ihr bis jetzt nicht zusammen gekommen seid.“

Ich antwortete nicht und blickte stur ins Feuer.

„Na gut.“ lenkte Ginny ein. „Es ist deine Geburtstagsparty und wir lassen das Thema dann mal fallen.“

Ich dankte ihr im Stillen und wurde von Hermine in ein Gespräch über meine künftigen Prüfungen verwickelt. Das war zwar nicht ein Traumthema, aber besser als über Seamus zu reden.
 

Die Feier entwickelte sich später dann doch sehr gut. Es gab ausreichend Butterbier und auch etwas Härteres, was bei Hermine vorübergehen Unmut hervorrief. Doch die Stimmung wurde ausgelassener und ich amüsierte mich. Kein Seamus und kein Malfoy, wenigsten für einige Stunden. Das war einfach per se schon vielversprechend.

Ron hatte mächtig einem im Tee und Harry versuchte ihn zu einer Partie Schach zu überreden - vermutlich weil er dann die Chance hätte endlich einmal gegen ihn zu gewinnen.

~Wahre Freunde!~ grinste ich in mich hinein und beobachtete das weitere Treiben. Hermine unterhielt sich mit Hagrid, Ginny hatte zwei der anderen Gryffindors dazu bewegen können Musik herzuzaubern und tanzten ausgelassen dazu. Ich hingegen gönnte mir mein drittes Glas Butterbier (mit einem ordentlichen Schuss Drachenschnaps) und blickte dabei in die Flammen des Lagerfeuer.

~Jetzt bloß nicht melancholisch werden.~

Vor der Gefahr rettete mich allerdings eine fremde Eule. Sie landete just in diesem Moment neben mir und hielt mir demonstrativ das Bein hin. Daran war ein großer gewichtiger Brief befestigt, den ich vorsichtig von dem Tier losmachte.

„Ingebard Jefferstin – Letzte Worte und Übermittler pikanter Wahrheiten.“ las ich leise den Firmennamen und zog die Brauen hoch. „Mehr als nur ein Testament. Vertrauen Sie auf uns, ihre Geheimnisse werden auch nach ihrem Ableben Gehör finden.“

~Bitte was?~

Ich stand auf und lief einige Schritte von den anderen weg, um den Brief zu öffnen.

Im Inneren fand ich ein Pergament und einen weiteren versiegelten Brief. Auf ersterem befand sich ein offizielles Schreiben der Firma und lautete:
 

Sehr geehrte Frau Vallenstone,

wir haben eine frohe Nachricht: Ihre Mutter, Astoria Vallenstone, hat unseren Service „Letzte Worte Deluxe“ genutzt und ein Anliegen an Sie von uns aufbewahren lassen, dass zu ihrem 18. Geburtstag an sie verschickt werden soll. Sie finden es im beigefügten Umschlag.

Wir hoffen für Sie auf gute Nachrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Ingebarg Jefferstin
 

ps: Nicht zufrieden? Unsere Partneragentur „Forgive and Forget“ wird Ihnen durch geschulte Amnesie-Magiern gerne bei der Beseitigung unliebsamer Nachrichten und Informationen helfen.
 

~Was es nicht alles gibt... Aber das heißt meine Mutter...~

Ich begann zu zittern. Meine Mutter hatte einen Brief für mich bei diesen Leuten abgegeben, der genau heute kommen sollte. Was würde drin stehen?

Ich atmete einmal tief durch, blickte zum Lagerfeuer zurück und entschied mich dann aber weiter weg zu gehen, um in Ruhe den Brief lesen zu können.

Mit dem Zauberstab in der Hand beschwor ich den Lumos-Zauber und wanderte Richtung Schloss. Aufgeregt öffnete ich den Briefumschlag und holt das sich darin befindende Pergament hervor.

Es war leer.

Enttäuschung kam in mir auf und ich starrte fassungslos auf das Blatt.

~Das kann doch nicht sein! Warum schickt mir meine Mutter ein leeres Blatt.~

„Was soll das?“ fragte ich noch mal laut. Ich hatte hatte mich schon so auf... ich wusste nicht genau auf was, aber ich war sicher das es unbeschreiblich wäre eine Nachricht meiner biologischen Mutter zu lesen.

Plötzlich erschien ein spitzer Zacken auf dem Pergament. Verwundert untersuchte ich es zuerst mit den Augen und ließ dann vorsichtig meinen rechten Zeigefinger darüber fahren. In diesem Moment schoss der Zacken hervor und bohrte sich durch meine oberen Hautschichten. Überrascht und erschrocken ließ ich das Pergament fallen. An der Spitze meines Fingers trat ein roter Tropfen Blut hervor.

„Autsch!“ murmelte ich und lutschte das Blut von meinem Zeigefinger. „Was sollte das?“

Ich bückte mich zu dem am Boden liegendem Pergament herunter, anfassen wollte ich es erst wieder wenn ich sicher war, dass es mich nicht noch mal piksen würde.

Auf der weißen Oberfläche befand sich ein roter Punkt. Ich begriff, dass es mein Blut war und kräuselte die Stirn. Dann beobachtete ich, wie das Blut in das Pergament gezogen wurde und danach eine feine, zunächst blasse Schrift auf dem Brief erkennbar wurde.

Ich hob das Pergament auf und begann zu lesen.
 

Marianne,

ich hoffe, dass du diesen Brief nie lesen musst. Aber wenn doch, ist das Schlimmste eingetroffen...
 

Es folgten Worte, die mich tief erschütterten. Meine Mutter berichtete über die Wahrheit. Und während ich die Zeilen durchging, bildete sich ein Kloß in meinem Hals.
 

Du bist in Gefahr. Geh zu Dumbledore. Nimm den Brief mit!
 

~Oh Himmel!~
 

Ich liebe dich!
 

„Oh...“ ich las mir den Brief noch mal durch und noch mal. Berührt von den niedergeschrieben Gefühlen wusste ich nicht, was ich machen sollte. Dumbledore war tot. Klar, dass konnte meine Mutter damals nicht vorhersehen.

~Dann gehen wir halt zum weiblichen Äquivalent, Professor McGonnagall... Jetzt, um die Uhrzeit?~

Ich war ohne Ziel über das Gelände gelaufen und blieb nun unschlüssig stehen. Es war schon dunkel geworden und Professor McGonnagall würde es vermutlich nicht gerne sehen, dass ich mich außerhalb des Gryffindorturms aufhalte. Also entschied ich mich kurz ins Schloss zurück zu kehren, auf die nächstgelegene Mädchentoilette zu gehen und mir Wasser ins Gesicht zu spritzen. Danach würde ich hoffentlich eine Idee haben, wie ich mit dem Brief umgehen sollte. Verstört und mit einem wütenden Gefühls-Orkan im Bauch lief ich Richtung Schloss.
 

~Ok Mary, ganz ruhig.~ Ich hielt meine Handflächen erneut unter den kalten Wasserstrahl im Waschbecken der Mädchentoilette und legte sie mir anschließend auf meine Stirn.

Als ich nun mit den Händen auf dem Waschbecken abgestützt dastand konnte ich noch immer nicht ordnen, was ich alles in den letzten Minuten erfahren hatte. Ich holte den Umschlag hervor, er war wieder komplett weiß.

Nach einigen Moment entschied ich mich ohne weitere Verzögerung in McGonnagalls Büro zu gehen, genauso, wie es meine Mutter gesagt hatte.
 

Ich ließ das blanke Pergament in der Innentasche meines Umhangs verschwinden und drehte mich um. Langsam ging ich auf die Tür der Mädchentoilette zu, trat über die Schwelle und ab da konnte ich mich nur noch an einen durchdringenden Schmerz erinnern, dem absolute Schwärze folgte.

~*~*~

Das nächste, an das ich mir erinnern konnte, war das Gefühl von Kälte. Immer wieder aufkommenden und abschwellenden Kälte. Und Schmerzen. Mein Kopf schien zu zerbersten. Ein Teil von mir wollte am liebsten wieder in die sanfte Schwärze der Bewusstlosigkeit zurück sinken, doch ein anderer Teil begehrte gegen diesen Drang auf. Ich versuchte mich daran zu erinnern, was geschehen war. Der Brief meiner Mutter, die Mädchentoilette und Schmerz!

~Das ist nicht besonders viel!~

Wie konnte ich so fertig sein, meine innere Stimme allerdings noch so munter, dass sie mir meine hoffnungslose Lage vorhält?

Ich versuchte die Augen zu öffnen. Mein Kopf schmerzte so sehr bei dem Versuch, dass ich beinahe wieder ohnmächtig wurde, aber mit viel Geduld funktionierte es. Mein Sichtfeld war stark eingeschränkt. Ich sah Holzdielen und Dunkelheit. Als ich versuchte den Kopf zu drehen wurde mir übel und ich gab auf. Ich schloss die Augen. Keinen Moment zu früh. Schritte kamen auf mich zu. Die Dielen knarrten direkt neben mir.

~Stell dich Tod... Ich glaube, wenn ich tot sein sollte, wäre ich das jetzt schon!... Dann stell dich bewusstlos!~

Ich versuchte ruhig zu atmen.Dann spürte ich, wie ich mit einem Ruck in der Luft war. Keine Hände, also musste es ein Zauber sein. Die aufkommende und abschwellende Kälte war wieder da und durch die Geräuschkulisse, die ich langsam wieder wahrnehmen konnte, erahnte ich, dass ich mich wohl in einem der offenen Türme von Hogwarts befinden musste. Es war windig.

~Solange du noch in Hogwarts bist... Wie meinst du das?... Woher willst du wissen, dass du nicht verschleppt wurdest? Kannst du abschätzen wie lange du bewusstlos warst?~

Voller Panik riskierte ich es die Augen zu einen Spalt weit zu öffnen, konnte aber nicht viel abschätzen. Wo war derjenige, dem ich diese Situation zu verdanken hatte? Und warum zur Hölle?

Vorsichtig ließ ich meinen Blick wandern und sah einen schwarzen Umhang. Grüne Embleme!

~Immer diese Slytherins!~

Wenigstens schien ich mich noch in Hogwarts zu befinden.

~Oh Gott!~

Der Gedanke war schrecklich. War es Malfoy? Hatte er mich niedergeschlagen, um mir meinen heimlichen Abgang aus dem Raum der Wünsche heimzuzahlen?

~Nein, so weit würde er doch nicht gehen?... Wäre es anders herum gelaufen, was hättest du gemacht?... Oh Gott! Ich werde sterben!~

Verzweifelt versuchte ich mich gegen den Schwebezauber zu wehren. Ich wollte schreien, bekam aber nur ein dumpfes Gebrabbel aus meiner Kehle hervor. Mir wurde wieder schlecht. Es gab kein Entkommen. Ich spürte wie ich gedreht wurde, so das ich nun mit den Beinen Richtung Boden in der Luft hing. Der Slytherin stand hinter mir und ich konnte nicht sehen, außer das hölzerne Geländer, auf das ich mich zubewegte.

~Er wird mich doch nicht wirklich umbringen!~

Geschockt nahm ich alle Kraft, die ich noch hatte zusammen und versuchte mich zu bewegen. Es half nichts. Ich war nun direkt über dem Geländer hinter dem sich ein schwarzer Abgrund befand.

Tränen der Verzweiflung traten mir in die Augen.

~Das kann nicht Malfoy sein! Er würde mir so etwas nicht antun, dafür... Mag er dich zu sehr?... Vermutlich hasst er mich zu wenig dafür. Hoffe ich zumindest. Ich will nicht sterben.~

Meine Füße baumelten bereits hinter dem Holzgeländer.

„Bi...tte!“ presste ich mit aller Mühe zwischen meinen, wie betäubt bleischweren Lippen hervor. Wer auch immer es war, er konnte mich doch nicht einfach so töten. Ich hatte niemandem etwas getan.

Der Wind wehte in mein tränennasses Gesicht. Hinter mir meinte ich ein Schluchzen zu hören.

~Eine Frau?~

Ich blieb regungslos in der Luft. Ich musste noch was sagen, musste ihr klar machen, dass sie mich nicht umbringen sollte. Aber ich konnte nicht mehr sagen. Mein Körper war am Ende. Das gestotterte „Bitte“ von vorhin hatte mich alle übriggebliebene Kraft gekostet. Mein Herz rast und mein Kopf schien zu zerbrechen. Alles tat weh und ich konnte an nichts mehr denken. Mein Gehör nahm noch am Rande hastige Schritte wahr, ein lauter Knall und ein schriller Aufschrei. In dem Moment löste sich der Zauber und ich fühlte, wie ich in die Tiefe stürzte. Kälte riss an meinem Körper, wirbelte mich wie eine Puppe durch die Nacht. Ich schloss die Augen. Ich konnte noch einen Schrei hören. War das mein Name? Es war egal. Die Schmerzen brachten mich um.

Plötzlich wurde ich gepackt. Noch mehr Schmerz. Ich konnte nicht schreien. Dafür hörte ich eine Stimme weit weg von mir. Sie wurde immer leiser, und leiser und dann umgab mich nur noch Stille.

~*~*~

„Mary?“

Nein, ich wollte noch nicht aufstehen.

„Mary!“

Die Stimme wurde lauter. Und drang immer mehr in mein erwachendes Bewusstsein ein. Ich öffnete die Augen.

„Aufstehen, du Schlafmütze!“

Ich öffnete die Augen und mein Kopf explodierte. Der Schmerz überkam mich und ich hatte das Gefühl jede Nervenzelle meines Gehirns würde verbrennen.

„Oh Gott!“ wimmerte ich und drückte mit den Händen gegen meine Stirn. Als würde das helfen.

„Was hat sie denn?“ War das Ginny?

„Sie ist ja kreidebleich. Ich dachte sie hätte nicht so viel getrunken... Aber das erklärt, warum sie Gestern einfach weggegangen ist.“ Das war Hermine.

„Es ist schon komisch! Einfach ins Bett zu gehen, ohne jemandem Bescheid zu sagen!“

Ich versuchte gegen die Kopfschmerzen anzukämpfen und zu verstehen, in welcher Situation ich mich befand. Was war geschehen? In meinem Kopf herrschte nur Schmerz. Keine Erinnerung an die letzten Ereignisse. Ich hatte Geburtstag und...!

~Und ich hatte Sex mit Draco Malfoy.~

Noch mehr Schmerz, falls das überhaupt möglich war, durchdrang meinen Kopf. Er zog durch meinen restlichen Körper und ich schaffte es gerade noch den Kopf zur Seite Richtung Bettrand zu drehen und übergab mich.

~Das ist auch mal ein Statement!~

Ich ignorierte die Kunst meiner inneren Stimme selbst in solchen Momenten Sarkasmus hervor zu bringen und versuchte krampfhaft ein- und auszuatmen.

„Verdammt Mary!“ kreischte Ginny auf.

„Wir müssen sie in den Krankenflügel bringen!“

Ich röchelte, als mich mehrere Hände packten und an Schultern und Armen hoch stemmten. Scheinbar hatten sich meine Freundinnen jede an einer Seite von mir postiert und wollten mich so zum Krankenflügel schleifen.

„Tu mir einen Gefallen und übergib dich wenn nötig bitte nach rechts!“ hörte ich Ginny zu meiner Linken sagen. Mein Magen schien aber zum Glück (für Hermine) leer zu sein.
 

Die nächsten Minuten zogen wie im Rausch an mir vorbei. Wilde Farben wirbelten vor meinen Augen herum. Ab und an sah ich dunkle Schatten, steinerne Wände und hörte Stimmen. Mein Kopf beruhigte sich nur langsam, aber spürbar und ich konnte erneut versuchen zu rekapitulieren, was in den letzten Stunden vorgefallen war.

~Da hätten wir die umwerfende Nacht mit Draco Malfoy... Jaja, das hatten wir schon! Dann war da mein Geburtstag, ein Feuerwerk, Unterricht, Malfoy, Seamus...~

Meine Kopfschmerzen nahmen wieder zu.

~Dann war ich im Gemeinschaftsraum und Ginny war da... Die Feier bei Hagrid und dann...~

Die Schmerzen nahmen wieder zu. Alles schien sich noch mehr vor meinen Augen zu drehen und ich schloss die Lieder.

~Was war dann?~

In meinem Kopf gab es nur Nebel und einige kleinere Erinnerungsfetzen, die sich durch dunkle Farben getrennt vor meinen Augen abwechselten: Ein weißes Pergament, Blut, Holzdielen und das Geräusch von Wind. Ein dunkler Abgrund, Schreie und ein noch mehr Scherz und Dunkelheit.

Sobald ich versuchte mich einem der Erinnerungsfetzen näher zu widmen, schien mir der Gedanke zu entgleiten. Es war frustrierend und sehr beängstigend zugleich. Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Angestrengt rief ich mir immer und immer wieder die einzelnen Erinnerungen vor Augen.

~Das war ein schwarzer Umhang mir grünen Emblemen.~

„Slytherin!“ keuchte ich mühsam hervor.

„Was?“ fragte Hermine rechts von mir und ich versuchte angestrengt mich weiter zu erinnern. Irgendwas von Malfoy, ein Gefühl von ihm. Ich konnte es nicht näher beschreiben. Aber alle Gedanken richteten sich nun auf ihn. Da ich Slytherin beinahe ausschließlich mit ihm verband lag es nahe auch hier eins und eins zusammen zu zählen.

„Mary, was ist mit dir passiert?“

„Malfoy!“ murmelte ich undeutlich durch die Lippen.

„Nicht der schon wieder. Was ist das mit euch beiden?“ hörte ich links von mir Ginny fragen.

~Als ob man das mal eben so erklären könnte.~

Mein Kopf dröhnte immer noch und ich gab es schließlich auf, mein Gehirn nach weiteren Erinnerungen abzusuchen.

„Mary, nicht aufblicken!“

An dieser Stelle sei mal eine Frage in den Raum geworfen: Warum sagen einem Freunde immer diese eigentlich gut gemeinten Ratschläge, ohne zu erwähnen warum? Um den Grund zu erfahren wird man ohnehin immer hochgucken! Genau das tat ich und erblickte eine verschwommene Gruppe Schüler. Grüne Wappen prangten an ihren schwarzen Umhängen. Ich versuchte meine Sehstärke so einzustellen, das ich ihre Gesichter erkennen konnte.

~Natürlich!~

Draco Malfoy starrte mich an.

~Ich nehme mal stark an, dass ich so aussehe, wie ich mich fühle.~

Ich schloss gedemütigt die Augen. Übelkeit kam wieder auf.

~Oh, jetzt nicht auch noch das!~

Meine Freundinnen schoben mich weiter und schließlich erreichten wir den Krankenflügel.

Ich wurde auf ein Bett gelegt und Madame Pomfrey verabreichte mir einige Löffel voll klebriger Flüssigkeit. Bevor ich in einen traumlosen Schlaf versank stieg in mir noch einmal das bittere Gefühl meiner lückenhaften Erinnerung in mir auf. Irgendetwas war ganz falsch.
 

*****************************
 

Ich hoffe es hat euch gefallen! Meldet euch und ansonsten vielen Dank fürs lesen!
 

Ich hab euch lieb

euer Tabet



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Kommentare zu dieser Fanfic (49)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  serinanaru
2016-09-09T15:31:13+00:00 09.09.2016 17:31
Deine Geschichte ist wirklich super, ich war vom ersten Kapitel an richtig gefesselt.
Schade das du aufgehört hast :(
Falls du aber doch weiter schreiben solltest, würde ich mich sehr drüber freuen :)
Von:  LilyProngs
2014-09-20T18:52:51+00:00 20.09.2014 20:52
Hey tabet
Ich wollte dich mal Fragen, was eigentlich aus "Plötzlich Hogwarts" geworden ist. Du hast die Geschichte doch nicht einfach aufgegeben, oder? ;) Ich wollte dir nur sagen, was für eine wundervolle Welt du da geschaffen hast. Ich bin ja ein GROOOOßER Harry Potter Fan und habe auch schon die eine oder andere ff gelesen. Es gibt so viele unrealistische, unlogische ffs. Aber dann kommt deine. Und wow! Du hast einfach nur etwas wundervolles gelesen. Ich hab deine ff erst vor ein paar Wochen entdeckt und dann an einem Tag durchgelesen. Ich habe den halben Tag gelesen, bis spät in die Nacht hinein, wirklich ununterbrochen ^^ und wirklich, mir fällt kein Wort ein, das auch nur ANNÄHERND beschreibt, wie toll, wie großartig "plötzlich Hogwarts" ist. Es stimmt einfach alles, du hast dur Charaktere der Personen perfekt erfasst, die Leute sind genau so, wie sie in Harry Potter sind. Alles ist logisch, jeder Charakterzug von Draco nachvollziehbar, passend zu dem Charakter, der uns in Harry Potter vorgelegt wird. Und dein schreibstil! Also sollte jemand ein neues Wort erfinden, dass etwas unglaublich großes, wundervolles, richtig richtig geniales ausdrückt, soll er es nur sagen, mir fällt nämlich keins ein, mit dem ich deinen schreibstil beschreiben soll! ^^ Er ist einfach... WOW! Du hast mit Mary einen so liebevollen Charakter geschaffen, ich kann mich sooo gut in sie herein versetzen. Die Art und weise, wie ihr immer was dummes passiert, einfach alles! So genial! Und dann ist da natürlich ihre innere stimme! Ich LIEBE Marys innere stimme ^^ das erinnert mich so an die auseinandersetzungen, die ich oftmals mit meiner inneren stimme habe ^.^ du hast etwas großartiges geschaffen, tabet, und ich kann dir nur raten; führ diese Geschichte weiter! Ich war so sehr DRIN in dieser Geschichte, hab alles gefühlt, was Mary auch gefühlt hat. Das war bei mir noch NIE so, dass ich bei einem Buch so extrem mitgefühlt habe! Aber bei "Plötzlich Hogwarts" war ich so sehr dabei. Ich war Mary. Und habe all das gefühlt, was sie gefühlt hat. Ist ihr mal wieder was dummes vor Draco passiert, ich hab es auch gefühlt und dacht mir nur so "shit!". Hat sie beim essen mal wieder zu Draco gespannert, ich hab genau das gleiche gefühlt, erlebt. Hat Draco sie angeschaut, ich war total aufgeregt. Dann dieser kuss, wo sie total aufgebracht weggerannt ist. Dann der zweite kuss und die Erkenntnis, dass sie in Draco verliebt ist und sie sich das nach und nach auch eingesteht. Ich hab all das auch gefühlt und mich auch irgendwie in Draco verliebt ^.^ (DRACO 4 EVER! <3 ) Und dann, als das Kapitel "Amnesie" kam und ich das ende gelesen habe, ich saß, nachdem ich fertig war, einfach nur da und habe ein paar Minuten nur ins leere gestarrt, weil ich 1. TOTAL überwältigt von deinem schreibstil und der Geschichte war, 2. Weil diese Geschichte ein Welt für mich war, in der mein leben so perfekt schien und 3. Weil die Geschichte nicht weiterging. Ich war irgendwie so seltsam leer, und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Du hast mit "plötzlich Hogwarts" etwas wunderbares geschaffen und eine der besten Geschichten, die ich je gelesen habe und ich habe schon viel gelesen ;) Also ich kann dich nur ermutigen, bitten, die nur raten, weiter zu schreiben. Lass "plötzlich Hogwarts" weiter gehen, denn es ist etwas ganz großartiges! Ich kann es gar nicht in Worte fassen, aber ich hoffe, du hast trotzdem ein bisschen verstanden, was ich meine ^^ In diesem sinne, wünsch ich dir noch einen schönen Tag und melde dich mal wieder mit einem Kapitel! <3 :) ;)
Von:  MiezMiez
2014-03-19T17:56:27+00:00 19.03.2014 18:56
Eine wirklich super Geschichte...man verliebt fast gleich mit.
Würde mich über eine Weiterführung sehr freuen!
glG MiezMiez
Von:  MiezMiez
2014-03-18T21:40:04+00:00 18.03.2014 22:40
Was für ein ausgeklügelter Racheakt!
Von:  MiezMiez
2014-03-18T21:27:50+00:00 18.03.2014 22:27
Hihihi...die beiden kabbeln sich ja wirklich herrlich xD
Von: abgemeldet
2013-10-23T14:53:05+00:00 23.10.2013 16:53
Ich hab es gelesen und fand es toll, also lass dich nich runter ziehen und starte weiter durch :)
Von:  Kajika
2013-01-18T18:48:08+00:00 18.01.2013 19:48
Ein wirklich tolles Kapitel, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen - Bitte schreib schnell weiter :)

LG Kajika
Von: abgemeldet
2013-01-16T10:31:00+00:00 16.01.2013 11:31
Oh ich liebe es <3
Malfoy ist bei dir so undurchschaubar, klar steht er auf Mary
aber dann die Sache mit Daphne und so... Bin schon wieder gespannt wie ein Bogen :D
Von:  Kajika
2012-11-18T16:08:40+00:00 18.11.2012 17:08
Eine wirklich sehr schöne Story, hab sie nun durch und bin sehr gespannt wie's weiter geht ;) hab selten so gelacht und dein Schreibstil ist der wahnsinn , mach bitte schnell weiter (:

LG Kajika
Von:  serinanaru
2012-10-07T20:05:12+00:00 07.10.2012 22:05
War wieder mal ein tolles Kapitel :) schreib bitte schnell weiter bin schon sehr gespannt wie es weiter geht ;)


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