Ein zweiter Versuch von maidlin (Luke Castellan-Rick Riordan) ================================================================================ Kapitel 18: Wünsche ------------------- Wünsche Luke schlief nicht gleich ein, sondern lag wach in seinem Bett und starrte auf die Raufasertapete seiner Zimmerdecke. Es wunderte ihn ein wenig, dass noch keiner von den Göttern gekommen war, um ihn zum Camp oder gleich zum Olympus zu bringen. Sein Verschwinden war als Flucht ausgelegt worden. Sollte sein Vater sie wirklich überzeugt haben oder lag es doch nur an seinem Schwur? Dabei war sein Leben doch ohnehin verwirkt. Dennoch wollten ihm die Worte seiner Mutter nicht aus dem Kopf gehen. Aber wollte er wirklich nur wieder nach ihren Wünschen handeln? Nein, dessen war er sich sicher. Alles was er konnte war kämpfen. Nicht mehr. Er war der beste Schwerkämpfer seit 300 Jahren gewesen und war es vielleicht noch. Gut möglich, dass Percy ihn inzwischen überholt hatte. Luke musste zugeben, dass der Sohn des Poseidon durchaus sehr talentiert war. Immerhin würde er auch nach Griechenland reisen, um dort persönlich gegen Gaia kämpfen zu können. Ein wenig beneidete Luke ihn darum. Was war eigentlich mit den Kämpfen, die hier in Amerika stattfinden würden?, überlegte Luke weiter. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Gaia diesen Teil der Erde, den aktuellen Sitz des Olymp unangetastet lassen würde, dass sie nicht versuchen würde, die Götter an mehreren Stellen gleichzeitig anzugreifen und zu schwächen. Das wäre zumindest das, was er tun würde, was Kronos getan hatte. Ganz sicher würde Gaia auch hier nicht ruhen. Und selbst wenn... so sind genügend andere Monster durch die Tore entwischt, die eigentlich in die Unterwelt gehörten. Luke hielt in seinen Gedanken inne und runzelte die Stirn. Ihm war gerade eine Gedanke gekommen, der ihm leicht verrückt vorkam im ersten Moment, bei näherem Nachdenken, dann aber doch nicht mehr so sehr. War das vielleicht sein Auftrag? Sollte er die Monster zurückschicken? Sollte er die Helden im Krieg führen? Hatten die Parzen ihn deswegen zurückgeschickt? Aber warum... Es gab mit Sicherheit genügend anderen fähige Helden, die das genauso gut tun könnten. Warum sollte er einen Unterschied machen? Seine Fähigkeiten im Schwertkampf konnten sicherlich nicht der einige Grund sein. Aber was dann? Was war an ihm anders, als an all den anderen Halbgöttern, als an denen die in der letzten großen Schlacht gestorben waren? Denn genauso gut hätten die Parzen auch einen von ihnen wählen können. Luke biss auf die Innenseite seiner Wange, als die Antwort klar und deutlich in seinem Kopf wiederhallte: Keiner von ihnen hatte Kronos in sich getragen. Keiner hätte es überhaupt so weit geschafft, dachte er. Natürlich hatte er Hilfe von Kronos gehabt. Schließlich war es der Titan gewesen, der ihm gesagt hatte, was zu tun war. Nie wäre er freiwillig in den Styx gestiegen. Dennoch waren viele Pläne auch von ihm selbst durchdacht gewesen. Er war ein Sohn des Hermes: Tricks und Täuschungen lagen in seiner Natur, es war also nicht verwunderlich, dass er ebenso ein gutes Händchen für Strategien hatte. Und nun war er auch noch mit einem Teil von Kronos Seele untrennbar verbunden. Konnte ihn das wirklich stärker machen? Selbst wenn, wollte er denn wirklich für die Götter kämpfen? Hatten sie eine Rettung verdient? Doch Gaia als Alternative, erschien ihm ebenso wenig verlockend. Luke atmete tief ein und aus und drehte sich auf die Seite. Er schloss die Augen und noch bevor er auch nur eine Antwort auf all seine Fragen finden konnte, war er wieder eingeschlafen. Nach Stunden erwachte er und sah alles klar und deutlich vor sich. Er wusste ganz genau, welchen Weg er gehen würde. Es war als hätte er in der Nacht, während seines Schlafes unbewusst eine Entscheidung getroffen. Vielleicht hatte er das auch schon vorher, nur ließ er sie jetzt offen zu. Es war egal, sagte er sich. Es war auch egal, ob er es tun würde oder nicht. Das Ende würde wahrscheinlich das Gleiche sein, also konnte er auch noch das Beste daraus machen. Ohne Schwierigkeiten stand er auf und fühlte sich nach dieser Nacht tatsächlich ausgeruht. Vielleicht war es die Gewissheit des nächsten Schrittes, die ihn ruhiger werden ließ. Luke verließ sein Zimmer und hörte aus der Küche leise ein Radio spielen. Kurz überlegte er, ob er herunter gehen und seine Mutter begrüßen sollte, entschied sich aber schnell dagegen. Erst hatte er das dringende Bedürfnis zu duschen. Noch immer trug er das orange Camp-Half-Blood T-shirt und die Jeans, die er von Chiron bekommen hatte. Einen inneren Drang folgend, musste er die Sachen ausziehen und würde am liebsten etwas anderes anziehen. Aber was? In seinem alten Kleiderschrank brauchte er nicht zu schauen, die Sachen würden ihm ganz bestimmt nicht passen. Resignierend seufzte Luke. Dann würde er es eben noch anbehalten müssen. Vielleicht konnte er ja unterwegs etwas Neues auftreiben, egal ob auf legale Art und Weise oder nicht. Doch als er die Badezimmertür im Ende des Flures öffnete, hielt er überrascht inne. Dort auf dem kleinen Schränkchen lagen vollkommen neue Kleidungsstücke für ihn. Nicht nur eine neue Jeans und ein schlichtes, nachtblaues T-shirt sondern auch Unterwäsche und Strümpfe. Gleich daneben lag ein frisches Handtuch, sowie Duschgel für Männer. Erstaunt betrachtete Luke die Dinge. Nur seine Mutter konnte diese Dinge dahin gelegt haben, aber warum? Woher wusste sie, dass er sich nach anderer Kleidung sehnte? Luke schüttelte den Kopf. Er würde sie später danach fragen. Er blieb länger als nötig unter der Dusche und ließ seinen Rücken von dem heißem Duschstrahl massieren. Schließlich wusste er nicht, ob er überhaupt noch einmal in den Genuss dieses Luxus kommen würde. Mit noch nassen Haaren und frischer Kleidung ging er schließlich in die Küche. Dort saß seine Mutter mit einem Glas Wasser und der Zeitung in der Hand am Tisch. „Morgen.“, murmelte Luke und griff nach der Cola und einem Glas aus dem Schrank. May lächelte ihn an. „Mahlzeit triff es wohl eher.“, sagte sie. Dann betrachtete sie ihn eine Weile schweigend. „Die Sachen scheinen zu passen, das freut mich.“ „Woher wusstest du es?“, fragte er sie, als er sich zu ihr setzte. „Woher wusstest du, dass ich die Camp Sachen nicht mehr tragen wollte.“ „Oh, das wusste ich nicht, ich hab einfach nur angenommen, dass du nach zwei Tagen gern frische Kleidung anziehen würdest. Ich war heute Morgen einkaufen und hab es mitgebracht, war aber nicht sicher, ob es dir passt oder dir gefällt. Das letzte Mal als ich für dich Kleidung gekauft habe, warst du neun.“ „Sie passen gut, wirklich.“, erwiderte Luke und umging damit den letzten Satz. „Ich habe mich ein wenig an-“ May brach ab und er sah sie argwöhnisch an. „Was ist?“ Sie seufzte hörbar. „Ich habe mich ein wenig an dem Körperbau deines Vaters orientiert.“ „Du meinst bei einem 10 Meter hohen Gott. Na vielen Dank auch.“, sagte Luke spitz und ignorierte, die aufkeimende Wut. May verdrehte die Augen. „Ich weiß, du willst das nicht hören, aber ihr seid euch doch ähnlich, in vielen Dingen. Aber genug davon.“, fügte sie an, bevor Luke auch nur etwas erwidern konnte. „Was möchtest du essen? Willst du erst einmal frühstücken?“ „Das ist mir eigentlich egal, ich will-“ Als würde May die nächsten Worte ahnen, sie aber nicht hören wollen, unterbrach sie ihn. „Dann mache ich uns Pancakes. Ich habe noch Ahornsirup und Schokoladensoße, einverstanden?“ „Ja, sicher.“, fügte sich Luke ganz wie ein braver Sohn. Es konnte auch noch bis nach dem Essen warten. Die Pancakes waren schnell zubereitet und Luke übergoss seine mit reichlich Ahornsirup und anschließend noch mit Schokoladensoße. Er musste dieses Essen genießen, im Camp würde es so etwas nicht mehr geben. Doch noch bevor er den ersten Bissen genommen hatte, legte er die Gabel wieder zurück und sah seine Mutter an, die jetzt zur Melodie des Liedes, welches gerade im Radio lief, pfiff. „Ich werde noch heute zum Camp zurückgehen.“, sagte er dann unvermittelt. May hielt inne und sah ihn überrascht an. „Bist du dir sicher?“, fragte sie ihn und er nickte daraufhin nur kurz. May drehte sich wieder zum Herd um und nahm den letzten Pancake aus der Pfanne, um ihn auf ihren Teller zu legen. Dann setzte sie sich zu ihm. „Mir scheint du hast deine Antworten heute Nacht noch gefunden.“, sagte sie dann. „Ich denke schon, ich glaube es zumindest und bevor ich mich morgen den Göttern stelle, will ich wissen, ob es wirklich so ist.“ May nickte stumm. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Das wusste sie. Es war seine Entscheidung und die hatte sie zu akzeptieren. In Schweigen aßen sie gemeinsam und auch wenn May Luke nicht bei sich behalten konnte, so wollte sie ihn doch wenigstens wissen lassen, was sie wirklich darüber dachte. „Ich vertraue dir und weiß, dass du das richtige tun wirst.“, sagte sie und Luke sah sie an. Die Gabel halb erhoben. „Du bist mutig und stark und ich bin sehr stolz auf dich, dennoch wünschte ich, du würdest hier bleiben, dich aus all dem raushalten und das Leben leben, welches du verdient hast, welches du dir wünscht. Ich weiß, ich kann dich nicht aufhalten, aber ich musste es dir wenigstens sagen.“ „Welches Leben wünsche ich mir denn?“, fragte Luke neugierig. Den Rest ihrer Worte hatte er sehr wohl gehört, aber sie hatte recht. Sie konnte ihn nicht aufhalten und würde es auch nicht. „Ich glaube du wünscht dir ein Leben ohne all das, ohne die Götter, die Monster und Kämpfe.“, erwiderte sie. „Aber es gehört zu mir.“, sagte er und bemerkte selbst, wie verteidigend seine Stimme klang. „Und Kämpfen ist ja wohl das einzige was ich kann.“ May schüttelte den Kopf und fast gewann Luke den Eindruck, dass sie dabei traurig aussah. „Du unterschätzt dich selbst. Du kannst weit mehr und du kannst weit mehr sein, als nur ein Halbgott, ein Held, der im Kampf stirbt. Du hast es gestern doch selbst gesagt, du willst selbst entscheiden was du tust und warum. Ich glaube du wünscht dir Beständigkeit, Treue und vielleicht auch Liebe. Gegen ein paar Enkelkinder irgendwann hätte ich auch nichts einzuwenden.“ Luke war gerade dabei gewesen ein weiteres Stück Pancake zu essen, als May diese Worte sagte. Er verschluckte sich daran und hustete heftig. Mit Mühe konnte er das Stück herunterschlucken, aber der Husten hielt an. Selbst Tränen stiegen ihm in die Augen und er merkte, wie er rot wurde. Erst ein paar Schlucke Cola konnten ihn beruhigen. Als er zu seiner Mutter sah, lächelte diese ihn an. „Ich habe dich noch nie so verlegen gesehen.“, sagte sie glücklich. „Mom!“ Mehr konnte er dazu nicht sagen, sondern starrte weiterhin auf seinen Teller. „Schmeckt es dir?“, fragte May unschuldig und wechselte damit das Thema. Luke aß schneller als nötig, um ihr bloß nicht antworten zu müssen oder sie gar anzusehen. May lachte leise in sich hinein und aß ebenfalls weiter. In Gedanken jedoch erinnerte sich Luke an die Wünsche eines ungefähr zehnjährigen Jungen, der sich eben nichts mehr wünschte, als das von dem seine Mutter gesprochen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)