Weil es ja immer nur um Sex geht. von YunYun ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Weil es ja immer nur um Sex geht. Ist euch mal aufgefallen, dass sich das ganze Leben nur um Sex dreht? Nur deswegen gibt es uns und wahrscheinlich ist es deswegen auch so präsent in unseren Köpfen. Vielleicht sind wir aber auch einfach nur zu primitiv, um uns mal auf etwas andere zu konzentrieren. Etwas wesentliches zum Beispiel, aber selbst wenn wir uns mit Arbeit beschäftigen, einem Hobby nachgehen oder nur ganz harmlos ausgehen, ist dieses Thema doch immer gegenwärtig. Versteht mich nicht falsch - ich liebe Sex. Es ist eine tolle Erfindung, die Spaß macht und fit und schlank hält, aber es geht viel zu viel darum. Meine Band ist da übrigens anderer Meinung und das drückt allein der Bandname auch schon aus. Da ist einer versauter als der andere und wenn es um zweideutige Sprüche ging, waren sie wohl allesamt Weltmeister. Meistens war ich da keine Ausnahme, aber wenn sich die größten Tratschmäuler Byou und Kazuki über Stellungen und Ausdauer unterhielten, klinkte ich mich meistens aus. Die anderen beiden - Rui und Jin - waren übrigens eher harmlos und neigten mehr zu der Fraktion, die nur schmunzelten und sich ihren Teil dachten. Ein wenig bewunderte ich die beiden und spann mir oft Geschichten um sie zusammen, warum das wohl so war. Entweder war ihr Sexleben so fulminant und wunderbar, dass sie über die beiden nur lachen konnten, oder sie waren zu schüchtern um wirklich mit einzusteigen. Während Kazuki gerade einmal wieder ausschweifend breit trat, was er mit einem Fanboy getrieben hatte, klinkte ich mich aus und verließ unseren Proberaum. Ich wollte eigentlich nur nach draußen gehen und meine Lungen mit einer Portion Nikotin beruhigen, da lief mir jemand nach. »Warte doch mal, Manabu!«, rief mir Ruis freundliche Stimme nach, dann holte unser Bassist mich ein und passte seinen Schritt dem meinen an. »Darf ich dich begleiten? Das Thema wird mir zu blöd.« »Klar«, sagte ich nur und zuckte mit den Schultern. Wenigstens einer, der sich da raus hielt. Jin spitzte bestimmt unauffällig die Ohren, um sich vielleicht den ein oder anderen Trick vom Weltmeister des Flirtens und anschließenden Abschleppens zu ergattern. Ich fragte mich wirklich was es ihnen gab, wenn sie mit wildfremden ins Bett sprangen. Ganz so freigebig konnte ich mit meinem Körper jedenfalls nicht umgehen. War das altmodisch, wenn man Sex und Beziehung in die selbe Schublade packte? Nach der Ansicht meiner geschätzten Bandkollegen jedenfalls schon. Gemeinsam mit Rui verließ ich das Gebäude zum Hinterausgang, der zu dem hinterhöfischem Parkplatz führte. Ein paar Autos standen hier - auch von anderen Musikern, die unserem Label angehörten und die auch hier probten und an neuen Songs arbeiteten. Immerhin bot das Gebäude genug Platz und das Label hatte ordentlich investiert, damit wir uns hier auch wohl fühlten. Obwohl es bei PSC sicher viele Reibungspunkte gab, musste man ihnen lassen, dass sie hervorragend organisierten und uns zu dem Ruhm brachten, den wir haben wollten. »Reden die zwei Hirnies eigentlich auch mal über was anderes?«, fragte ich, als ich meine Zigaretten ausgepackt und mir eine zwischen die Lippen geklemmt hatte. Aus der anderen Hosentasche wollte ich das Feuerzeug ziehen, aber ich musste es, wie so oft, in meine Tasche versenkt haben. Ich sollte mir das endlich mal abgewöhnen. »Das ist so was wie eine pubertäre Phase.« »Byou wird Dreißig, dass ist dir bewusst, oder?« »Bei manchen kommt es eben spät«, sagte Rui nur und gab mir das Feuerzeug, nachdem er seine eigene Zigarette angezündet hatte. Mein Missmut war ihm wohl aufgefallen und ich sah ihn entschuldigend an. »Solange sie mich nicht ausquetschen«, seufzte ich schließlich und erntete einen neugierigen Blick meines Kollegen. Er sah mir lange ins Gesicht, bis ich mich irgendwie ertappt fühlte. Warum guckte er denn so? »Obwohl das interessanter wäre als deren Geschichten.« »Ich denke eher nicht.« »Oh doch«, schmunzelte Rui und verpasste mir einen freundschaftlichen Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite. »Aber behalt es nur für dich. Ein Gentleman genießt und schweigt, nicht wahr?« »Genau«, sagte ich schnell und war froh, dass er mich so einfach davon kommen ließ. Ich war wirklich nicht erpicht darauf mit ihm über mein mehr oder weniger vorhandenes Sexleben zu plaudern. Er jedenfalls schleppte mehr Männer ab als ich und ich wusste aus erster Hand, dass er sogar einmal mit unserem liebreizenden Sänger geschlafen hatte. Wie genau das zustande gekommen war wollte ich gar nicht wissen und wer was mit wem gemacht hatte auch nicht. Ich fand nur, dass die beiden gar nicht zusammen passten. Rui war so ein liebevoller und toller Mann, von dem ich überzeugt war, dass er eine sehr romantische Seite besaß - und Byou hingegen einfach nur pervers und sexhungrig. Er dachte schließlich immer an zweideutige Dinge - und das stritt er nicht einmal ab. »Was machst du eigentlich heute Abend?«, fragte er mich aus heiterem Himmel, als wir uns eine Weile angeschwiegen hatten und meine Zigarette schon fast bis auf den Filter abgebrannt war. Ich inhalierte den letzten Zug und verschaffte mir ein bisschen Zeit. »Ich hab nichts geplant.« »Vielleicht hast du ja Lust zu mir zu kommen«, bot er an und bedachte mich mit einem zögerlichen, vorsichten Lächeln. Er war schon fertig und schob die Hände in die Taschen seiner Jeans, um mich ein wenig von unten heraus anzusehen, was ihn - und das überraschte mich - unglaublich attraktiv aussehen ließ. Ihm war kalt, denn auf der Haut seiner Arme bildete sich eine leichte Gänsehaut. Er trug ein eindeutig zu dünnes Shirt für den Spätherbst, aber es schmeichelte seiner Statur. »Ich könnte was für uns kochen und wenn du willst, kannst du dann ja bei mir bleiben.« Das hörte sich merkwürdig an. Ich sollte bei ihm schlafen? Sofort musste ich daran denken, was zwischen ihm und Byou gelaufen war. Bestimmt hatte das genauso angefangen. »Ähm…«, stotterte ich und sah ihn wahrscheinlich ziemlich hilfesuchend an. Er lachte nur freundschaftlich und zauberte kleine Lachfältchen in seine Augenwinkel. Rui wirkte auf mich sehr ausgeglichen - als gäbe es nichts, worüber er sich ernsthaft sorgte oder was ihn ärgerte. Er war nicht sonderlich temperamentvoll - und genau das mochte ich, obwohl es ihm leicht fiel auf andere zuzugehen und neue Kontakte zu knüpfen. Ich war ein wenig neidisch auf diese Gabe, denn abseits der Band war ich wirklich nicht besonders extrovertiert. »Hast du keine Lust? Ich dachte wir essen zusammen und sehen einen Film an. Mehr nicht. Ein ganz gemütlicher Abend.« Natürlich! Warum dachte ich denn jetzt auch schon so wie Kazuki und Byou? Rui wollte einfach nur einen netten Abend mit einem Menschen verbringen, der nicht nonstop über dieses eine Thema redete. Und wir waren doch gute Freunde - also warum nicht? »Klar. Gerne - dein Essen kann eh niemand ausschlagen.« »Danke sehr. Ich weiß ja was du magst«, sagte er und zwinkerte mir zu. »Ich werd schon mal vorgehen, mit den Proben sind wir ja eh fertig.« »Soll ich dir nicht bei irgendwas helfen?«, fragte ich, als er schon zurück zur Tür ging und sie aufzog. Er schüttelte den Kopf, wobei sein hellbraunes Haar etwas zu fliegen begann. »Lass nur. Sei einfach so gegen 18 Uhr da.« Und dann verschwand er auch schon. Ruis Tatendrang war wirklich unverwechselbar. Ich seufzte nur ein wenig und fragte mich, warum er ausgerechnet mich und nicht vielleicht Jin fragte. Und woher wusste er überhaupt, was ich gerne aß? Hatte ich mal irgendetwas in die Richtung ausgeplaudert? Schließlich kehrte ich zu dem Rest meiner Band zurück. Jin war mittlerweile ebenfalls gegangen und meine beiden perversen Bandkollegen saßen auf der breiten Couch und unterhielten sich über Dates und Möglichkeiten, wie man sich den Anderen schnell klar machte. Ich rollte nur mit den Augen und beschloss mich besser schnell vom Acker zu machen, bevor sie mich noch einbeziehen würden. »Sag mal, Manabu-chan«, sprach Kazuki mich an, als ich mich kommentarlos daran gemacht hatte meine Sachen zu packen und meine Jacke überzuziehen. Allein die Verniedlichung versprach nichts Gutes. »Was war das eigentlich gestern Abend mit dir und Rui?« »Was meinst du?«, fragte ich Stirn runzelnd und wollte meine Gitarrentasche schultern, aber ich ahnte schon, dass ich in den nächsten zehn Sekunden nicht gehen durfte. »Du hast doch dieses schnuckelige Bild von dir bei Twitter reingestellt«, erinnerte er mich. Tatsächlich - ich war auf die absolut schlaue Idee gekommen mich in meinem Bett und kurz vorm Einschlafen zu fotografieren und es zu veröffentlichen. Eigentlich hatte ich es mehr den Fans zuliebe getan, die sich über so was freuten - und das freute im Endeffekt auch mich. Allerdings war das Bild auch Rui ins Auge gefallen. Sein Kommentar dahingehend hatte auch mich verwirrt. »Du bist wirklich ein Traumtyp. Gute Nacht, Manabu-chan.« »Das war doch nur ein Witz«, meinte ich und tat es auch als solchen ab. Rui behandelte mich wie immer und seine Einladung hatte auch gar nichts zu bedeuten. Oder? Machte er sich ernsthaft an mich ran? Ein wenig auffällig war es ja schon, dass nach dem Kommentar eine Einladung auf mich wartete. »Bestimmt. Und gerade eben ist er dir auch nur nachgelaufen, weil-« »… er euer Geschwätz nicht ertragen kann? Ja.« Kazuki schmollte ein wenig. Selbst damit sah er noch gut aus. Genau genommen sah er immer gut aus - und genau das war das Problem, denn das war auch ihm bewusst. Zwar war er keiner von diesen unausstehlichen Arroganzbolzen, aber er wusste durchaus, wie er auf andere wirkte und welche Vorteile ihm das einbrachte. »Bestimmt nicht.« »Doch«, trotzte ich. Wahrscheinlich war es keine gute Idee den Beiden zu sagen, dass wir uns ohne sie treffen würden. Die würden mich ja doch nur für den Rest meines Lebens damit aufziehen. »Und das Treffen heute Abend?«, mischte Byou sich ein und lehnte sich weit zurück. »Woher weißt du das denn schon wieder?« Nun begann er zu grinsen. »Wusste ich nicht, war nur so eine Vermutung. Aber gut zu wissen, dass er dich wirklich gefragt hat.« Verdammt! Wie konnte ich denn nur darauf reinfallen? »Du weißt, dass er scharf auf dich ist, oder?«, fragte Kazuki und wippte mit seinen scharf geschwungenen Augenbrauen. »Mach das bloß nicht. Er wird dich den ganzen Abend beackern«, sagte Byou erfahrungsgemäß. Da hatte ich mich ja in was hineingeritten. Seine Meinung gegenüber Rui war pikant - spätestens nach ihrem One Night Stand. Nach der Sache war das Verhältnis der beiden gespannt und ich hatte den Verdacht, dass vielleicht doch von Byous Seite aus ein bisschen mehr gewesen war, als nur Sex. Er selbst stritt das übrigens ab. »Warum denn nicht?« »Weil er nur mit dir vögeln will. Er wird dich ficken und fallen lassen - so macht er es mit allen.« Byou sah mich so eindringlich an, dass ich wirklich ins Zweifeln geriet. Genau genommen war es zwischen den beiden genauso abgelaufen wie jetzt mit mir und Rui. »Der hat es sich doch zur Aufgabe gemacht jeden von uns ins Bett zu kriegen. Mach dich doch nicht zu so einem leichten Ziel.« »Wer sagt denn, dass ich mich gleich von ihm flach legen lasse?« Ich wollte ihn spüren lassen, dass ich nicht so leicht zu haben war wie er. Ich war keine leichte Beute - und ich wollte unser abendliches Treffen auch nicht als so etwas sehen. Rui würde mich nicht nur abschleppen wollen. Viel zu sanft waren seine Worte gewesen, viel zu verhalten und schüchtern war das Lächeln über sein Gesicht gehuscht. Bis zu einem gewissen Grad stimmte ich meinen Freunden allerdings zu, denn auch mir kam es so vor, als würde er mehr in mir sehen als einen Freund. Vielleicht gefiel ich ihm ja - war das etwa so eine absurde Vorstellung? »Du kennst ihn schlecht.« »Nein, du lässt dich nur zu schnell auf jemanden ein«, sagte ich gelassen. Byous Gesicht entgleiste regelrecht und ich bereute meine Worte sofort. Zwischen ihm und Rui war es nie ernst geworden, aber ich wusste, dass Byou gern mehr als eine erotische Nacht daraus gemacht hätte. Zumindest eine Zweite wäre sicher nach seinem Geschmack gewesen, mehr unterstellte ich ihm vorsichtshalber nicht. »Tut mir leid…« »Das muss es nicht. Bei mir musst du dich jedenfalls nicht ausheulen wenn der feine Herr dich gevögelt und fallen gelassen hat!« Und damit stand er in einer galanten Bewegung auf, schenkte mit einen verachtenden Blick und verließ das Zimmer. Byou war schon immer dramatisch gewesen und entlockte mir einen Seufzer. Dieses Thema würde wohl auf ewig schwierig bleiben. »Du solltest wirklich nicht mit ihm ins Bett gehen. Die Ex-Freunde sind tabu.« »Ex-Freund?« Ich war so überrascht, dass Kazuki den beiden eine Beziehung anmaßte, dass ich mich gar nicht rechtfertigen konnte, dass auch mehr mir diesen Sexdrang unterstellte. Warum zum Teufel sollte ich denn gleich mit Rui schlafen? Es sollte doch nur ein gemütlicher Abend zweier Freunde sein! Konnten sich zwei homosexuelle Männer denn nicht treffen ohne gleich irgendwelche Liebesspiele über sich ergehen zu lassen? »Du weißt schon«, meinte er und verdrehte die Augen. »Nein - die beiden waren nie zusammen. Sie hatten Sex - einmal. Und das verbietet mir nicht, dass ich mich mit Rui treffe.« »Mal ehrlich« Kazuki beugte sich weit vor und seine sündigen Lippen, die auf mich mittlerweile zum Glück keine Wirkung mehr hatten, verbogen sich zu einem Grinsen. »wie lange hattest du keinen Sex mehr?« Ich stockte sofort. »Keine Ahnung…« »Siehst du? Wenn er dich also anfasst - und sei es nur ganz belanglos beim Fernsehen. Stell dir vor er legt seinen Arm um dich, streichelt deine Schulter«, säuselte er und konnte es sich offenbar schon perfekt vorstellen, wie Rui mich herum bekam. »und dann dreht er dein Gesicht zu sich und schaut dir tief in die Augen. Und dann wird er dich küssen und anschließend ficken.« »Sehr romantisch«, brummte ich und verdrängte die unangenehme Röte aus meinem Gesicht, die mir bei der Vorstellung gekommen war. Ich verfluchte die Bilder in meinem Kopf, die sich zu den Worten formten. »Ich will doch gar keinen Sex mit ihm. Ich will einfach nur einen Abend unter Freunden.« »Und warum verbringt ihr ihn dann allein und ohne uns?« »Weil er eben nur mich gefragt hat«, sagte ich entkräftet und ließ die Schultern sinken. Dieses Gespräch war aussichtslos, denn Kazuki war der selben Überzeugung wie Byou. Ich würde mir das trotzdem nicht ausreden lassen, schließlich mochte ich Rui und er war einer meiner besten Freunde. Sonst entstanden doch auch keine Dramen, wenn ich mich allein mit irgendwelchen Männern traf. Genau genommen basierte dieses Drama doch nur auf Byous Naivität und seiner leichtfertigen Art mit jemandem ins Bett zu steigen. »Ich sag’s dir - Rui will mit dir ins Bett und er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit du deine hübschen Beine für ihn breit machst.« »Charmant, Kazuki. Ich werde es ja erleben.« Ich schaffte es das Thema damit zu beenden, obwohl mir klar war, dass Kazuki sich darüber noch stundenlang auslassen konnte. Er war der selben Auffassung wie Byou, dass Rui mit allen seinen Kollegen in die Kiste wollte. Dabei war er abgesehen von Byou mit keinem von uns in der Horizontalen beschäftigt gewesen - eine einzige kurze Affäre gab es noch zu einem gewissen Ryoga von Born, aber das war wohl auch keine große Sache gewesen. Warum die beiden Idioten jetzt gleich glaubten, dass Rui es auf uns alle abgesehen hatte, war mir unklar und genau genommen wollte ich auch gar nicht so viel über diesen Irrsinn nachdenken. Rui sagte seine Meinung - und es war doch noch lange kein Anbaggern, wenn man jemandem ein Kompliment machte. Wenn es danach ginge wäre ich wohl hemmungslos in Kazuki verknallt, denn er war wirklich ein hübscher Mann und ein - hin und wieder - erträglicher Freund, mit dem man zumindest immer viel zu lachen hatte. Er nahm sich selbst nicht so schrecklich ernst und wickelte bestimmt auch gerade mit seiner lockeren Art die meisten um den kleinen Finger. Mir war ihm gegenüber auch schon einmal rausgerutscht, dass er gut aussah - und ich stand trotzdem nicht auf ihn. Und Rui tat eigentlich auch nichts, was dafür sprach, dass er mit mir mehr machen wollte als nur auf einem Sofa zu sitzen. Er behandelte mich bei den Proben ganz normal. Er schenkte mir nicht mehr und nicht weniger Aufmerksamkeit als sonst - wenn man von der Einladung mal absah. Vorher war das nicht vorgekommen, aber es gab eben für alles ein erstes Mal. Mir sollte es recht sein. Ich freute mich darauf bekocht zu werden, immerhin war Ruis Essen einfach fantastisch. Und ich freute mich auf den Abend und ging frohen Mutes nach Hause, um mich wenigstens noch ein bisschen herzurichten. Oder sollte ich das besser lassen? Immerhin war es ein Abend unter Freunden - und für Freunde putzte man sich nicht heraus. Im Gegenteil - unter ihnen durfte man doch sein, wie man eben war. Trotzdem duschte ich und wusch meine Haare, um mir erfolgreich einzureden, dass das ohnehin einfach nötig gewesen war. Und das Parfüm trug ich schließlich auch jeden Tag auf, also sprach doch nichts dagegen das auch jetzt zu tun. Sonst beließ ich es aber bei Natürlichkeit und wählte die alltäglichste Kleidung die ich finden konnte und verzichtete auf Schmuck, obwohl ich mich dabei erwischte, ob ich nicht doch vielleicht wenigstens eine Kette… Nein! Keine Ketten oder Ringe und kein Make Up. Und die Haare bleiben wie sie sind. Aber sie sehen so unordentlich aus. Ich diskutierte mit mir selbst und entschied schließlich doch meine Haare ein wenig in Form zu bringen. Aber das war es auch wirklich! Immerhin begab ich mich auch für ein paar Minuten in die Öffentlichkeit und sollte besser nicht aussehen wie ein Penner. Dass mich die Meinung der Menschen auf der Straße eigentlich kalt ließ, blendete ich besser aus… Als ich zu Rui ging, war ich nervös. Immerhin das hatten meine beiden liebreizenden Bandkollegen geschafft. Immer wieder sagte ich mir selbst, dass es zwanglos war, wir gemeinsam etwas von seinen selbstgemachten Köstlichkeiten aßen und dann ein wenig fern sahen. Es würde nichts passieren und ich machte mich umsonst verrückt. Mich empfing ein samtenes Lächeln, als ich geklingelt hatte und Rui mir schließlich öffnete. Zu meiner Erleichterung trug er schlichte Kleidung und war nicht sonderlich aufgestylt. Punkt für mich - dachte ich. Gut sah er trotzdem aus. Zu seinem etwas verwegenen Haar trug er die schwarzgeränderte Brille, die bei seiner schlechten Sehstärke auch dringen nötig war. Seine Kleidung war schlicht - ein schwarzes, lockeres T-Shirt und einen modischen, dunkelgrauen Schal um den Hals, dazu eine dunkle Jeans. »Schön das du da bist. Ich hoffe du bist hungrig.« »Und wie«, entgegnete ich und betrat seine geräumige und helle Wohnung. Rui hatte definitiv Stil, denn alles passte zueinander und machte wohl jedem Besucher deutlich, dass er schwul war. Mir gefiel das. Ich hielt nichts von dieser Heimlichtuerei. »Was hast du denn gezaubert?« »Lass dich überraschen«, antwortete Rui nur verschnitzt und führte mich zu dem kleinen Esstisch in seinem Wohnzimmer. Auf der Couch direkt neben dem Tisch, der maximal vier Personen ohne Platzangst genügte, hatte es sich seine Katze bereits gemütlich gemacht, die mich nun mit wachsamen Augen ansah und wahrscheinlich abschätzte, ob ich sie gleich vertreiben würde. Ich entschied mich besser für den Stuhl und besaß seltsamer Weise Respekt vor diesem Tier - wahrscheinlich lag es daran, dass es mir in einem Anfall von einem fürchterlichen Spieltrieb schon einmal halb das Bein aufgeschlitzt hatte. Die Rolle des lebendigen Kratzbaumes stand mir nicht. »Ich hoffe du hast dir nicht zu viel Arbeit gemacht.« »Mach dir mal keine Gedanken. Hauptsache es schmeckt dir«, sagte er sonnig wie eh und je. Bisher war mir noch niemand untergekommen, der so fürsorglich war und einen anderen so gern bewirtete. Erhoffte er sich vielleicht wirklich eine Belohnung dafür? Falls er sich die mündlich vorstellte, konnte er es gleich vergessen. Ich war nicht für One Night Stands zu haben! »Da habe ich keine Zweifel«, nuschelte ich nur und wartete, bis Rui sein grandios duftendes Essen auftischte. Es gab Unagi, ein Fischgericht bestehend aus Aal, der in Sake und Sojasoße eingelegt und gebraten worden war. Dazu in einen Teigmantel überbackene kleine Gemüsestückchen, die ich besonders gerne aß. Ein bisschen Salat gab es außerdem noch und ich wollte mir gar nicht vorstellen wie viel Arbeit das alles gemacht haben musste. Selbst einen Nachtisch kündigte Rui an, aber der sollte eine Überraschung sein. Bei der Größe der Portion bezweifelte ich allerdings, dass ich danach noch etwas in mir unterbringen würde. »Du bist wirklich ein Meisterkoch«, sagte ich, als ich ein Stückchen überbackene Möhre verspeist hatte. Der Mantel darum war herrlich süß und knusprig. »Wo hast du das gelernt?« »Meine Mum«, lachte Rui und aß ebenfalls. »Für mich allein koche ich allerdings nie so viel. Ich missbrauche dich gerade ein wenig als Versuchskaninchen.« Er sah mich verlegen an, aber sein Lächeln war schon wieder so zart, dass ich beinahe vergaß überhaupt etwas zu sagen. »Macht doch nichts«, sagte ich endlich und stopfte mir das nächste Stück Möhre in den Mund. »Ich könnte dir ja wenigstens beim saubermachen helfen.« »Nichts da! Ich hab dich eingeladen.« Mir war wirklich etwas unbehaglich zumute, denn ich kam nur hierher um mir den Bauch vollzuschlagen und dann auf seinem Sofa breit zu laufen, weil ich nicht mehr dazu im Stande war zu gehen. Vielleicht sollte ich Rui ja auch einmal zum Essen einladen? Vielleicht nicht bei mir Zuhause sondern in einem Restaurant, aber die Idee gefiel mir. Oder hatte das zu viel von einem Date? »Ich frage mich ja immer noch wie ich zu der Ehre komme.« »Einfach so«, sagte Rui und zuckte mit den Schultern. Es klang ganz belanglos und er aß genüsslich weiter. Immerhin schmeckte ihm seine Kost auch selbst. Ich tat es ihm nach und probierte ein Stück Aal. Ein bisschen schmeckte man den Sake heraus, aber das mochte ich und war froh, dass er nicht noch zusätzlichen kredenzt hatte. Ich war einfach nicht trinkfest genug und was geschah, wenn zwei schwule junge Männer, die noch dazu Single waren, zu viel tranken, war ja wohl klar. Für den Rest unseres Dinners besprachen wir die alltäglichsten Dinge, scherzten über den Bandalltag und lachten viel. Es war wirklich ein ganz normaler Abend unter zwei Freunden und ich stellte fest, dass ich seine Gesellschaft genoss. Vielleicht war es angemessen, wenn wir uns demnächst öfter trafen - ohne die beiden Perverslinge. Vielleicht sollte man die beiden mal für vierundzwanzig Stunden in ein Zimmer mit einem Bett einschließen, dann würden sie schon inspiriert werden und merken, dass sie einfach hervorragend zueinander passten. »Denkst du eigentlich, dass die beiden wirklich so viel Sex haben wie sie immer sagen?« »Kazuki ja - bei Byou bin ich mir nicht so sicher«, meinte Rui nachdenklich. »Kazuki schlägt die wenigsten Angebote von hübschen Jungs aus. Wer kann es ihm schon verübeln?« »Niemand«, meinte ich und musste zwangsläufig daran denken, dass zwischen meinen beiden Kollegen schon einmal was gewesen war. Rui war bestimmt ein toller Liebhaber. Warum dachte ich das jetzt eigentlich? Ich sollte eigentlich gar nicht daran denken, was in seinem nackten Zustand schon alles vorgefallen war. Die Geschichte ging mich ebenso wenig etwas an wie Ruis Sexleben allgemein. Er sagte mir gegenüber ja auch gar nichts dazu. Bestimmt glaubte er, dass ich nichts über sein kleines Tête á tête wusste. »Ich hoffe, dass du noch Lust auf einen kleinen Nachtisch hast«, sagte Rui und lachte über mich, als ich die Augen nach dem letzten Stück Aal weit aufriss und mir nicht vorstellen konnte, dass ich auch nur noch einen Bissen in mir unterbringen konnte. »Schwierig.« »Ach komm schon - du bist so dünn, du musst doch mal ein bisschen was auf die Hüften bekommen«, lächelte er und ging in die Küche. Die Teller der Hauptspeise nahm er gleich mit. Ich war ein bisschen überrascht wegen dem Kommentar über meine Figur - war ich ihm zu dürr? »Ich habe zwei Stückchen von diesem sündhaft süßen Schokoladenkuchen besorgt. Zugegeben - selbstgemacht ist er nicht, aber-« »Du musst nicht alles selber machen«, lächelte ich und bekam den Kuchen vorgesetzt. Schon wieder etwas, was Rui aufgefallen sein musste, denn diese Sorte war meine liebste. Nur ein einziger kleiner Konditor in dieser riesigen Stadt konnte ihn zaubern. Woher wusste er das nur schon wieder? Er konnte doch unmöglich immer so aufmerksam sein und alles abspeichern, was seine Freunde sagten. »Weißt du eigentlich von allen von uns, was wir gern essen?«, fragte ich unüberlegt und erntete einen fragenden Blick. »Was meinst du?« »Du hast mir heute meine absoluten Lieblingsspeisen vorgesetzt - oder ist das etwa ein Zufall?« Wenn es so war, hatte ich mich gerade bis auf die Knochen blamiert. Wieso dachte ich auch, dass er extra das kochte, was ich gerne aß? »Ach so… sicher«, sagte er nur und gab Entwarnung. »So schwer ist das nicht, Unagi esst ihr alle gern…« »Egal was dich darauf gebracht hat - es schmeckt alles einfach hervorragend«, meinte ich und versuchte das Thema besser wieder loszuwerden, bevor es für uns beide noch unangenehm wurde. Ich war mir sicher, dass Rui aufmerksamer war als es ihm lieb war. Woher sollte er denn sonst wissen, dass ich diesen Kuchen liebte? Selbst mein eigentlich schon überfüllter Magen konnte dem nichts entgegen setzten und ich verspeiste das zum Glück kleine Stückchen langsam, bis nichts mehr davon übrig war. »Noch ein Bissen und ich platze«, lachte ich und legte die Kuchengabel auf den Teller. Mein Bauch schmerzte und ich lehnte mich zurück. Wann ich das letzte Mal so reichlich gegessen hatte war mir ein Rätsel und ich sollte es auch besser lassen, wenn ich mich zukünftig noch in die bauchfreien Bühnenoutfits trauen wollte. »Bitte nicht. Tut mir leid, ich wollte dich nicht mästen.« »Zu spät. Würdest du mich bitte zu deinem Sofa rollen?« Rui musste lachen. Er stützte die Ellenbogen auf dem Tisch auf und verschränkte die Finger ineinander. Auf dem Geflecht legte er sein Kinn ab und beobachtete mich. Er war offensichtlich nicht ganz so übersättigt, aber er war auch größer als ich und auch wesentlich maskuliner gebaut als ich. »Ich könnte dich tragen wenn du möchtest«, sagte er charmant und lächelte mich wieder mit diesem sanften Lächeln an, welches mir schon am Nachmittag im Hinterhof aufgefallen war. Meinte er das etwa ernst? Er würde mich doch nicht wirklich… Ich schüttelte die peinliche Vorstellung ab und erhob mich stolz. »Nichts da!«, meinte ich und ging hinüber zu dem hellen Sofa mit dem etwas altmodischen Bezug, der sich aber einfach hervorragend in die hellen Räumlichkeiten einfügte. Ruis Katze Maru maunzte, als ich mich fallen ließ und sie sprang beleidigt vom Sofa, von dem sie noch immer keinen Millimeter seit meiner Ankunft gewichen war. Sie war eine Diva - ganz eindeutig. Woher sie das hatte, wusste ich allerdings nicht, angeblich passten Katzen sich im Wesen ihrem Herrchen an - aber Rui war alles andere als divenhaft. Er setzte sich nun zu mir und schaltete den Fernseher ein. Er hielt ein wenig respektvollen Abstand - zumindest berührten wir uns nicht. Nun saßen wir wirklich nebeneinander auf der Couch, sahen einen Film und schwiegen uns verhalten an. Ich wusste nicht, wie ich mich benehmen sollte, aber ich hatte immer die Vorstellung im Kopf, die Kazuki mir verpasst hatte. Rui musste sich nur eine Winzigkeit bewegen, schon zuckte ich zusammen und rechnete damit, dass er mich gleich anfassen und verführen würde. Dafür musste ich unserem frechen Gitarristen noch die Meinung geigen! Vorsichtig wagte ich einen Blick zu ihm. Rui sah entspannt aus, er kümmerte sich gar nicht um mich und meine Anwesenheit. Er sah gut aus und ich begann immer mehr zu verstehen, warum Byou sich einfach fallen gelassen haben musste. Ich war trotzdem dankbar, dass er nicht versuchte mich abzuschleppen. Bestimmt würde ich ebenso wenig nein sagen können und danach in einer schrecklichen Zwickmühle sitzen. Ich kannte mich mit One Night Stands nicht aus und wahrscheinlich würde ich Rui nie wieder unter die Augen treten können. Während ich grübelte, bemerkte Rui meinen Blick und sah mich an. Er lächelte und legte den Kopf ein bisschen schief. »Alles okay?«, fragte er freundlich. »Du wirkst so bedrückt.« »Es ist nichts.« Es war eine Lüge, denn die Sache mit ihm und Byou beschäftigte mich. Ich wollte zu gern wissen, ob nicht vielleicht doch mehr dahinter steckte. Vielleicht war es ja auch mehr von Ruis Seite aus und er sprach einfach nicht darüber. Viele Männer hatten Probleme zu ihren Gefühlen zu stehen - ich war zum Beispiel so einer. »Wirklich?« »Hm~«, summte ich und wandte mich wieder ab. Wie peinlich. Dieser Kerl musste eine Gabe haben andere zu durchschauen. »Rui?« »Ja?« »Warum hast du mit Byou geschlafen?« Warum fragte ich ihn das? Es ging mich doch gar nichts an. Genau genommen war mir eigentlich sogar das Wissen verboten, dass die beiden so was gemacht hatten. Jetzt schämte ich mich wirklich, denn Rui hatte mir gegenüber niemals erwähnt, dass da etwas gewesen war. Mein Kopf leuchtete bestimmt wie ein übergroßes rotes Bonbon. Rui sah mich ein wenig überrascht an, aber aus der Ruhe brachte es ihn wohl nicht. »Es hat sich so ergeben«, meinte er nur und hörte sich noch immer freundlich und unverblümt an. Immerhin leugnete er es nicht. »Byou ist doch ein hübscher Mann. Warum also nicht?« »Weil man doch nicht einfach mit einem Freund ins Bett steigt.« »Wir wussten doch beide, dass wir nur miteinander schlafen wollen und nichts weiter daraus wird. Wenn er mir das Gefühl gegeben hätte, dass er mehr will, dann hätte ich das nie getan.« »Ach so.« Stimmte das denn? Byou fiel es doch gar nicht so leicht es nur als Sex abzutun. Vielleicht gefiel es ihm aber auch nur nicht, dass Rui kein Interesse an ihm hatte und ihm nicht nachrannte. Zumindest das war jetzt klar - so viel dazu, dass er nur nicht zu seinen Gefühlen stehen wollte. So wie es aussah war er einer der wenigen, der einfach sagte, was er dachte. »Also bist du nicht in ihn-?« »Nein.« Sein Blick wurde augenblicklich ernster. »Liebe und Sex ist nicht das Selbe. Und da ich weiß, dass der Mann, den ich liebe, nichts von mir wissen will, kann ich mich doch amüsieren. Ich hab einfach Pech gehabt«, sagte er und begann ein wenig traurig zu lächeln. Er senkte den Blick und ich fühlte, wie Mitleid in mir aufstieg. »Sex ist menschlich. Es gehört dazu und macht Spaß - es ist was Schönes. Ich würde viel lieber mit ihm schlafen, als mit Byou, aber er…« Mein Herz raste. Ich war aufgeregt - aber warum? Rui war verliebt - was kümmerte mich das? Es war doch ganz normal, dass Liebe nicht immer erwidert wurde und ich verstand ihn, dass er nur deswegen nicht auf sexuelle Kontakte verzichten wollte. »er liebt mich eben nicht.« »Ach Scheiße…« Mir gefiel das nicht. Ich hasste Ruis traurigen Blick jetzt schon und wie er versuchte darüber hinweg zu täuschen. Er war scheußlich in dieser Rolle. Am liebsten hätte ich mich einfach zu ihm geneigt und hätte ihn umarmt - aber das würde es auch nicht besser machen. »Ist schon okay.« »Wie kann das okay sein? Du bist so ein toller Mann und der Kerl checkt es nicht? Ist der bescheuert? Oder hetero? Das läuft ja in deinem Fall fast auf das Selbe hinaus«, meinte ich und war selbst überrascht, dass mich dieses Thema so mitriss. Mir fiel auf, dass ich Rui wirklich attraktiv fand - an ihm gab es nichts auszusetzen. Er war hübsch, liebevoll und charmant, sein Lächeln konnte bestimmt Berge versetzen und es fiel mir schwer zu glauben, dass ihm überhaupt jemand widerstehen konnte. Außerdem konnte er verdammt gut kochen und zuhören und ich zweifelte nicht daran, dass er auch in allen anderen zwischenmenschlichen Dingen keine Schwächen besaß. Eigentlich war er ein ziemlich perfekter Mann... »Weder noch.« »Weiß er es denn?« »Ich glaube schon, aber offiziell habe ich es ihm noch nicht gesagt.« Er zupfte mit den Zähnen leicht an seiner Unterlippe und senkte den Blick. Er bemerkte bestimmt nicht die Sinnlichkeit, die hinter der Geste verborgen war. Ich hingegen stellte fest, dass ich ihn nicht ganz so genau ansehen sollte. Mir fielen viel zu viele Kleinigkeiten auf, die mir an ihm gefielen. »Vielleicht solltest du das tun. Vielleicht ist er ja auch in dich verliebt und traut es sich nur nicht zu sagen, weil er sich neben dir ganz klein und unbedeutend fühlt.« Sprach ich jetzt von mir? Rui jedenfalls sah mich genauso fragend an wie ich mich fühlte. Ich sackte ein wenig in mich zusammen und versuchte heraus zu finden, was ich denn eigentlich für ihn empfand. War ich etwa interessiert an ihm? »Das denke ich nicht, Manabu«, meinte er sanft und wuschelte mir durch das Haar. »Aber danke. Du bist wirklich ein guter Freund.« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es gab ja auch gar nichts mehr dazu zu sagen und ich lehnte mich wieder zurück. Komm runter - befahl ich mir. Rui war doch nur ein Freund und Kollege. Es hatte mich nicht zu interessieren, was in seinem Liebesleben vorging. Dann sollte er eben mit hundert verschiedenen Männern ins Bett gehen, wenn er es sich nicht traute seiner wahren Liebe etwas zu sagen. Mich ging das doch gar nichts an - solange ich nicht einer von diesen gottverdammten Hundert war. Irgendwie störte es mich, dass ich nicht zu seinen sexuellen Kontakten gehörte. Was war denn nur los mit mir? Warum ging mir das so auf die Nerven? Weil ich selbst schon so lange keinen Sex mehr gehabt hatte? Oder weil Rui mich einfach nicht scharf genug fand um mit mir ins Bett zu springen? Was war an Byou denn bitte attraktiver als an mir? Abgesehen von seinen absolut sinnlichen und sündigen Lippen natürlich - und seinen fantastischen Augen, der makellosen Haut, seinem Haar… Okay, er sah besser aus als ich. Er war einfach anziehender und bestimmt auch besser im Bett als ich. Woher sollte es denn auch kommen? Ich hatte bisher nicht gerade oft mit Männern geschlafen - und wenn dann war es die Aufgabe des anderen gewesen zu dominieren. »Hör auf dich so fertig zu machen«, unterbrach Rui mein selbst zerstörerisches Denkgeflecht. Ich sah ihn wieder an - hatte er mich etwa die ganze Zeit über beobachtet? »Was meinst du?« »Du kannst nichts dafür, dass du es nicht erwiderst. Es ist schon okay«, lächelte er etwas ehrlicher und verpasste mir einen Stich ins Herz, der sich anfühlte, als würde er einen Eisenpfahl durch mich hindurch jagen. »Moment«, sagte ich und schüttelte den Kopf, als würden sich meine Gedanken damit wieder in die richtigen Bahnen rütteln lassen. »Wie meinst du das? >Du erwiderst es nicht