A kiss seals two souls for a moment in time von Bibbsch ================================================================================ Kapitel 1: ----------- A kiss seals two souls for a moment in time. (~Levende Waters) Am Anfang war es aus Verzweiflung gewesen. Dean erinnerte sich kaum noch daran, er war vier gewesen, Sam gerade ein halbes Jahr alt, ihre Mutter tot, ihr Vater... nun ja. John war entweder wie weggetreten gewesen, oder verbissen darauf fixiert, herauszufinden, was seiner Frau passiert war. Dean war viel allein mit Sammy. Und Sammy schrie und weinte viel. Dean gab ihm die Flasche, und Spielzeug, aber manchmal, wenn selbst das die Tränen und das Schreien nicht beendete, nahm Dean Sammy vorsichtig aus der Wiege und küsste ihn auf die Stirn. Es war das einzige, was Sam jedes Mal ruhig werden ließ, und meist musste Dean danach nur wenige Minuten warten, bis Sam eingeschlafen war. Auch später funktionierte es noch, als Sam älter wurde, sich Kniee aufscheuerte, von Bäumen fiel, sich in den Finger schnitt oder einfach nur Dad vermisste, wenn der einmal wieder auf der Jagd war. Jede Träne, die Sam vergoss, konnte nur mit einem Kuss auf die Stirn gestillt werden. In der Nacht, in der Sam Dad’s Journal gelesen und Dean zur Rede gestellt hatte, und er nicht mehr aufhören wollte zu weinen, ging Dean im Dunkeln zu Sams Bett hinüber und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Das war das letzte Mal für eine lange Zeit. Als Sam in Deans Armen starb, eine tödliche Stichwunde im Rücken, und es plötzlich Dean war, dessen Tränen heiß und unkontrollierbar flossen, wusste er sich nicht anders zu beruhigen als Sams Stirn zu küssen, immer und immer wieder. Als Dean nach dem Leviathan-Angriff im Krankenhaus erwachte, als er endlich unter der Benommenheit der Schmerzmittel und Sedative aufstehen und zu Sams Bett hinübergehen konnte, als Sam schreiend, zitternd und schwer atmend erwachte, nicht wusste, wo er war und was diese Schläuche in seinem Arm sollten, konnte ihn Dean nicht anders beruhigen als auf die Weise, wie er es schon immer getan hatte: Er redete beruhigend auf Sam ein, sagte ihm, dass alles gut würde und er jetzt für ihn da sei, er strich ihm behutsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste seine Stirn. Es funktionierte noch wie damals – Sams Atmung wurde ruhiger, er ließ sich in seine Kissen zurücksinken, schloss die Augen und seufzte leise: „Dean...“ Warum es immer schon geklappt hatte, Dean wusste es nicht. Dean wusste nicht einmal, warum er es angefangen hatte, es war ihm einfach richtig erschienen. Wie eine Lösung. Für nur einen Moment schien diese Geste alle Probleme zu lösen, die Welt schien in Ordnung zu sein, nur für ein paar Sekunden, und alles, was sie bedrohte, war nichts als ein vager, grauer Schatten. Für einen Moment schienen Sam und er der Mittelpunkt zu sein, das Zentrum, vielleicht das Auge im Sturm. Für einen Moment war alles gut. Dean blieb die ganze Nacht an Sams Bettkante sitzen, obwohl es ihn alle Mühe kostete, gegen die Müdigkeit anzukämpfen, die von den Schlafmitteln in seinem Blut beinahe übermächtig in ihm war. Sam wälzte sich unruhig im Schlaf, stöhnte manchmal sogar schmerzverzerrt, doch wann immer Dean einen sanften Kuss auf die Stirn seines Bruders setzte, wurde er wieder ruhig, zumindest für ein paar Minuten. Irgendwann, als man durchs Fenster schon die Dämmerung sehen konnte, schien Dean eingeschlafen zu sein, angelehnt an Sams Bettkante, und als bald darauf eine Schwester das Zimmer betrat, schickte sie Dean entrüstet in sein eigenes Bett zurück. Aber auch von dort aus ließ er Sam nicht aus den Augen. Er war sich sicher, dass Sam sich beim Aufwachen nicht mehr daran erinnern würde, und fast bedauerte Dean das. Aber es war besser so. Auch wenn es nach all den Jahren immer noch half und Dean es nur allzu bereitwillig getan hatte, er war definitiv nicht bereit, über die Bedeutung dessen nachzudenken, oder darüber, wie er sich dabei fühlte. Es gab jetzt wichtigeres als seine Gefühle, es gab immer wichtigeres. Sie mussten Sams Kopf wieder zusammenflicken. Sie mussten ein Mittel gegen diese verdammten Leviathane finden. Sie mussten mal wieder die Welt retten, verdammt. Der Kuss auf die Stirn sollte im Stillen bleiben, nur für Dean. Bis er vielleicht bereit war, über seine Gefühle nachzudenken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)