Teilchenbeschleuniger von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Kernreaktion ----------------------- Schönen Sonntag, Ihr Lieben, und willkommen zum 2. Kapitel :) Ich widme dieses Kapitel der süßen Nasti, weil sie mich gebeten hat, es direkt nach dem Aufstehen hochzuladen, damit sie nicht allzu lange warten muss ^-^ Viel Spaß beim Lesen! y ={21x + ¼Z} - ℮ ≤ 56c + 44% ≠ 0 ≥ ½ Ω ≈ ¾ E = mx + √6β - 4² + α = ∞ Ich starrte auf die Schrift hinab. Mein Herz setzte mehrere Schläge lang aus und die Welt schien um mich herum zu verschwimmen. „Yves…,“ wisperte ich, die Augen unverwandt auf den Zettel gerichtet, „Sieh… Sieh mal…,“ Er sah zu mir auf. „Was issen…?“, raunte er angesichts meiner entsetzten Miene, dann folgte er meinem Blick. Seine Augen weiteten sich. „Oh… Mann…,“ Lauritz beugte sich zu uns rüber. „Worüber redet…? Oh…,“ Er stieß Imke neben sich an. „Hey, schau dir das an.“ „Was i–,“ Sie schnappte nach Luft. Bleiernes Schweigen legte sich über uns. Nacheinander fixierte ich meine Freunde. „Was soll das…?“, brachte ich schließlich hervor, „War das einer von euch?“ „Nein!“, erwiderten sie wie aus der Pistole geschossen im Chor. „Und das soll ich glauben? Außer euch kommt doch keiner an meine Tasche ran!“ In meiner Brust schlug mein Herz wie ein Hammer. Jähe Wut schnürte mir sekundenlang die Kehle zu. „Wer immer das auch war, das ist nicht komisch!“, fuhr ich zischend fort, „Florian würde mich nie betrügen!“ Die Stille, die meinen Worten folgte, war lauernd. Ich wartete darauf, dass meine Freunde mir zustimmten und mich beruhigten. Aber sie taten es nicht. Fast schon flehentlich schaute ich von einem zum anderen. Sie tauschten stumme Blicke. „Jonas…,“ begann Yves dann behutsam, „Hör mal…,“ „Was?“, blaffte ich, „Was ist los?!“ „Hör zu, das war keiner von uns! Ehrlich nicht. Aber…,“ „Aber was?!“ „Wer immer das auch geschrieben hat…,“ sprach Imke an Yves‘ Stelle weiter, „ Jonas, er… er hat Recht.“ Ein Felsbrocken fiel in meinen Magen. Mir wurde eiskalt. „Was?“, hauchte ich mit brechender Stimme, „W… Wieso sagst du das…?“ „Weil es stimmt!“, antwortete Lauritz hitzig, „Mann, Jonas! Alle wissen es. Ständig, wenn Florian ohne dich weggeht, schleppt er jemanden ab. Das geht schon seit Ewigkeiten so. Und alle wissen das. Nur du nicht. Weil du zu verknallt und zu blind bist, um es zu bemerken.“ In meinen Ohren klingelte es. Ich konnte, ich wollte nicht glauben, was ich da hörte. „Hör auf…,“ wisperte ich, „Hör auf damit. Du lügst.“ „Nein, tut er nicht!“, mischte sich Yves wieder ein und packte meinen Arm, „Es ist alles wahr, Mann!“ Energisch und bebend vor Zorn schüttelte ich seine Hand ab. „Hört auf damit! Wie könnt ihr… Wie könnt ihr nur so was sagen?! Ich wusste ja schon immer, dass ihr was gegen meine Beziehung zu Florian habt, aber dass ihr–,“ „Aber was meinst du denn, warum wir was dagegen haben?“, fragte Imke inständig, „Bitte, Jonas, denk doch mal nach! Wir haben schon 100mal versucht, es dir zu sagen, aber du wolltest nix davon hören!“ „I… Ich vertraue Florian!“, krächzte ich. „Und eben da liegt das Problem, Mann!“, sagte Yves eindringlich, „Du bist so was von naiv und vertrauensselig, dass all unsere Worte einfach an dir abgeprallt sind. Aber es ist wahr, Jonas: Florian benutzt dich nur!“ Ich konnte kaum mehr atmen. Meine 3 engsten Freunde sahen mich mit großen Augen an und warteten auf meine Reaktion. Noch nie hatte ich sie so gehasst wie in diesem Moment. „Nein…,“ keuchte ich und schüttelte den Kopf, „Nein, ihr lügt.“ „Jonas–,“ „LASS mich los!“, schäumte ich vor Wut, riss meinen Arm aus Yves‘ erneutem Griff und sprang auf die Füße, „Ihr könnt mich mal, ihr alle 3! Ich hätte nie gedacht, dass ihr eine so miese Tour fahren würdet, um mich und Florian auseinander zu bringen!“ Zitternd begann ich meine Sachen zurück in die Tasche zu stopfen. Nur am Rande bemerkte ich, dass die Leute in der Nähe – unter anderem Pascal – sich zu uns umgedreht hatten. „Ich dachte, ihr wärt meine Freunde, aber das…,“ fassungslos schnappte ich nach Luft und musterte sie, „…das hätte ich nie von euch gedacht!“ Mit einem Satz schwang ich mich über die Sitzreihen und rauschte dem Eingang des Vorlesungssaals entgegen. „Jonas, warte doch!“, rief Yves mir nach, aber ich ignorierte ihn. Ich floh regelrecht aus dem Gebäude. Mir war schwindelig und mit der linken Hand zog ich an dem engen Ausschnitt meines Shirts, um besser Luft zu bekommen. Ich hielt erst an, als ich unter freiem Himmel war und einige Entfernung zwischen mich und die Uni gebracht hatte. Schwer atmend lehnte ich mich gegen einen Baum. Mir war übel und ich schloss die Augen, versuchte, ruhig zu atmen. Alles tat mir weh. Ich war so zornig und so enttäuscht. Enttäuscht über meine Freunde. Ich konnte nicht verstehen, wieso sie mir solche Lügen erzählten. Denn nie, nie, nie würde Florian mir so etwas antun. Er wusste, wie wichtig mir Vertrauen und Treue in einer Beziehung waren. Und wenn er mir sagte, dass er mich liebte, dann glaubte ich ihm das. Und ich würde mir das, was wir beide miteinander hatten, nicht durch irgendwelche Gerüchte kaputt machen lassen. Durch die Entrüstung stiegen Erinnerungen in mir auf. Erinnerungen von teilweise lange zurückliegenden Gesprächen mit Yves, Lauritz und Imke. Gespräche, in denen sie mich gefragt haben, ob ich mir sicher sei, dass Florian unsere Beziehung ebenso ernst nahm wie ich. Ob ich es nicht auffällig fand, dass er so oft feiern ging. Ich hatte sie immer ausgelacht. Jede einzelne Andeutung entschieden von mir gewiesen. Ich hatte wirklich nichts davon hören wollen. Sie hatten doch keine Ahnung. Und jetzt das. Ich senkte den Blick auf meine geballte Faust. Langsam öffnete ich meine Hand und starrte auf den kleinen zerknitterten Zettel. Dein Freund betrügt dich. Abermals schnürte sich mir die Kehle zu. Ich versuchte, die Schreibweise zu erkennen. Einen Charakter hinter den Buchstaben zu sehen, aber die Schrift kam mir völlig unbekannt vor. Vielleicht waren es Ricarda oder Amelie gewesen? Doch die hätten nicht unbemerkt an mein Federmäppchen kommen können. Und wieso sollten sie Florian verleugnen wollen? Es mussten Lauritz oder Yves gewesen sein. Die beiden hatten doch kurz auf meine Tasche aufgepasst, als Imke und ich auf der Toilette gewesen waren. Aber wieso? Wieso nur? Wieso taten sie das? Ein winziger, mathematischer Teil von mir sagte, dass ich zurück in die Vorlesung gehen sollte. Schließlich war es die letzte Stunde vor der Klausur. Doch ich verwarf diesen Gedanken auf der Stelle. Ich könnte mich doch jetzt niemals konzentrieren. Außerdem wollte ich nicht zurück zu meinen 3 Freunden. Ich wollte sie nie wieder sehen. Mit weichen Knien stieß ich mich von dem Baum ab und ging zu den Fahrradständern zurück. Ich wusste zwar nicht, wohin ich fahren wollte, aber ich wusste, dass ich weg wollte. Nicht nach Hause, aber weg. Weit weg. Den Zettel steckte ich in die Hosentasche. Als ich mein Rad erreichte, entdeckte ich Vivian, eine weitere Kommilitonin von mir, die sich jedoch weniger für das Studium, als vielmehr für sich selbst interessierte. Deshalb kannte ich sie nur flüchtig. Sie stand neben den abgeschlossenen Fahrrädern in der Sonne und rauchte. „Hallo,“ sagte ich matt und legte meine Tasche auf den Gepäckträger meines Rads. „Hallo,“ grüßte sie zurück und zog an ihrer Kippe, „Bist du nicht auch bei Hölscher?“ Ich nickte und wunderte mich kurz über die Tatsache, dass sie mich tatsächlich ansprach. „Ja, aber ich…,“ ich räusperte mich und durchsuchte mit gesenktem Kopf die Tasche nach meinem Schlüsselbund, „Ich…musste da kurz raus.“ „Aha,“ antwortete sie, aschte ab und fragte nicht weiter nach. „Wieso bist du nicht drin?“, erkundigte ich mich aus Höflichkeit. Ihre unsagbare Coolness und Unabhängigkeit ließen sie die Achseln zucken. „Hatte noch Bock, eine zu rauchen.“ „Ah…,“ Ich fand meine Schlüssel. Doch plötzlich hatte ich ein ganz anderes Bedürfnis. „Hast du vielleicht auch eine für mich?“, fragte ich zu meiner eigenen Verblüffung. Sie sah mich an. Aber dann nickte sie und zog eine rote Schachtel Gauloises aus ihrer Jackentasche. Sie gab mir eine Zigarette und ihr Feuerzeug. „Danke.“ Ich steckte mir die Kippe in den Mund und entzündete sie. Der 1. Zug war ziemlich scharf und ich musste kurz das Husten unterdrücken. „Uh…,“ machte ich und sprach grauen Qualm, „Ganz schön stark…,“ „Man gewöhnt sich dran,“ erwiderte Vivian lässig. Wir rauchten schweigend. Als mir vom ungewohnten Nikotin ein bisschen neblig wurde, lehnte ich mich gegen mein Rad. „Alles in Ordnung?“, wollte sie wissen, „Du siehst geschafft aus.“ „Ja,“ schwindelte ich erst, doch dann: „Nein. Meine Freunde sagen, dass mein Freund mich betrügt.“ Sie zog die Augenbrauen hoch und schien verwirrt. Ob über die Bezeichnung mein Freund oder aber den Fakt, dass ich ihr tatsächlich von meinem Problem erzählte, wusste ich nicht. Letzteres überraschte mich übrigens ebenfalls. „Das habe ich vorhin in meinem Federmäppchen gefunden,“ fuhr ich trotzdem fort und holte den Zettel hervor, „Meine Freunde behaupten, sie wären es nicht gewesen, aber nur sie hätten an meine Tasche heran kommen können.“ „Oh,“ sie starrte auf den Zettel, „Äh…,“ „Ich versteh das einfach nicht. Verstehst du?“ „Du… Du musst mir nicht davon erzählen, wenn du nicht willst,“ wandte sie ein, was im Nachhinein eher wie ein Bitte lass mich mit deinem Kram in Ruhe. klang, aber ich achtete nicht darauf. Rigoros zog ich an der Zigarette und benutzte meine Hände, um den Grad meiner Empörung zu verdeutlichen. „Wieso machen sie das? Wieso lügen sie mich so dermaßen an? Ich wusste schon immer, dass sie meine Beziehung für einen Fehler halten, aber das!“ Unter Vivians kritischem Blick redete ich mich in Rage. „Sie behaupten allen Ernstes, dass das schon seit Ewigkeiten so ginge – was immer das auch heißen soll. Dass er ständig irgendwelche Kerle abschleppen würde und alle davon wüssten. Nur ich nicht, weil ich zu verliebt wäre, um es zu checken. Kannst du dir das vorstellen? Und dass sie nur deshalb etwas gegen unsere Beziehung hätten! So ein Scheiß!“ Ich schnaubte und aschte so heftig ab, dass mir die Zigarette beinahe aus den Fingern flog. Vivian blinzelte. „Und du…bist dir sicher, dass dein Freund dich nicht betrügen würde?“, fragte sie dann und ihre Stimme klang skeptisch. Entrüstet beäugte ich sie. „Ja!“, antwortete ich dann felsenfest überzeugt, „Absolut!“ „Aber warum sollten alle deine Freunde dich belügen?“ In meinem bitteren Ärger hob ich die Schultern. „Das frage ich mich auch.“ Vivian kräuselte die Lippen und zog an ihrer Kippe. „Also, ehrlich gesagt, halte ich es für wahrscheinlicher, dass dein Freund derjenige ist, der lügt, nicht deine Freunde.“ Mir blieb die Spucke weg. „Wie bitte?!“, keuchte ich voller Abscheu, „Wie kannst du so was sagen? Du kennst weder meinen Freund, noch meine Freunde. Wie willst du bitte beurteilen können, wer eher lügen würde?“ „Kann ich nicht,“ entgegnete sie kühl, „Aber nach meiner Erfahrung ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Freunde einen wegen so was belügen. Wenn einer lügen würde, weil er…keine Ahnung…selber auf dich oder deinen Freund steht, ist das eine Sache. Aber alle auf einmal? Und dann auch noch so? Da halte ich es eher für wahrscheinlich, dass dein Freund dich tatsächlich betrügt und deine Freunde dich nur schützen wollen.“ Mein Magen zog sich zusammen. Verzweifelt suchte ich nach einer Antwortmöglichkeit, nach Lücken in ihrer Argumentation, nach einem Ausweg. Doch irgendwo in meinem Inneren wusste ich, dass sie Recht hatte. Wieso sollten meine 3 besten Freunde mich gleichzeitig belügen? Wieso sollten sie mir meine glückliche Beziehung missgönnen, wenn sie wirklich glücklich war? Bebend atmete ich ein, zog an der Zigarette, als müsste ich mich an ihr festhalten. „Ich… Ich kann das nicht glauben…,“ flüsterte ich erstickt, „Ich kenne ihn doch. Er würde mir das nicht antun. Ich…ich würde doch bemerken…,“ Elend schüttelte ich den Kopf und verstummte. Ich fixierte Vivian flehend. „Was… Was soll ich denn jetzt machen?“ „Naja,“ begann sie gelassen und kratzte ihr Nasenpiercing, „Du könntest zum Beispiel zu deinem Freund gehen und ihn einfach fragen. Frag ihn ins Gesicht, ob er dich betrügt. Wenn du ihn wirklich so gut kennst, wie du sagst, dann solltest du sehen können, ob er lügt oder nicht. Und je nachdem, ob er lügt oder die Wahrheit sagt, weißt du, ob du dir einen neuen Freund oder neue Freunde suchen solltest.“ Sie zuckte erneut die Achseln und warf ihre Kippe auf den Boden, um sie dort auszutreten. „Jedenfalls solltest du nicht weiter hier rumstehen und dir die Haare raufen. Das führt zu nix. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche. So. Ich geh jetzt in die Vorlesung. Viel Erfolg bei dem, was du als nächstes tust. Was es auch immer sein mag.“ Sie grinste schief, warf sich ihre Dreads über die Schulter und stolzierte davon. Mit offenem Mund und rasendem Herzen sah ich ihr nach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)