Carpe Noctem von Yanthara ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Der Weg nach Hause war nicht sehr lang und ich war schnell da. Ich stand noch eine Weile im Hof, bevor ich die Fassade hochkletterte um zu meinem Zimmer zu gelangen. Beim klettern fiel mir auf, das mein Bruder noch wach war, denn er saß im Fenster. Als ich in meinem Fenster verschwand, dauerte es nicht lange bis Federico zu mir kam. „Du warst aber auch schon mal schneller daheim. Hast du nicht mal gesagt du brauchst nur eine Minute? Oder hat dich der werte Herr Pazzi wiedermal mit einen Streit beehrt?“, breit grinsend sah er mich an, bevor er die Kerze auf meinen Nachttisch stellte. Ich rollte mit den Augen. „Ich war nicht nur bei Cristina, ich war vorher noch wo anders.“ „Du hast noch jemanden neben Cristina? Du alter Schwerenöter! Ich versteh dich aber nicht, erst gibst du dir so viel Mühe, überhaupt eine Chance bei ihr zu bekommen und um sie zu verführen und jetzt das?“ Er setzte sich fassungslos neben mir aufs Bett. Ich schüttelte den Kopf. „Ich hab niemanden neben Cristina. Du kennst mich und müsstest dass doch eigentlich wissen, das ich sie nie betrügen würde.“ Ich hielt inne und lies mich nach hinten auf mein Bett fallen. „Ich hab einen kleinen Umweg gemacht, als ich auf dem Weg zu ihr war. Ich bin an Leonardo da Vincis Atelier vorbei gegangen...“ „Und das Atelier hat dich so in Beschlag genommen, mit all den Skizzen und so, dass du Ewigkeiten gebraucht hast?“ „Nein, dass war es nicht, sondern eher dass was ich durch das Fenster gesehen habe. Leonardo.“ „Du hast Leonardo in seinen eigenen Räumlichkeiten gesehen und das hat dich aufgehalten? Wie faszinierend“, unterbrach er mich breit grinsend. „Fede! Jetzt lass mich ausreden.“, grummelte ich ihn an und boxte ihn in die Seite. „Leonardo hatte Besuch. Herrenbesuch.“ Ich war mir nicht so sicher ob ich mit meinem Bruder darüber reden konnte, über das was ich gesehen hatte sicherlich, aber nicht was ich dabei empfand. „Und ich hatte Einblick in das Schlafzimmer des Künstlers. Wo er den Herrenbesuch empfing. Naja und man hört doch Gerüchte über ihn. Es sind nicht nur Gerüchte...“ Federico hatte sich inzwischen neben mich gelegt und starrte die Decke an. „Seit wann druckst du so rum? Willst du mir nur sagen, dass er lieber mit Männern verkehrt als mit Frauen? Das ist ein offenes Geheimnis.“ Ich konnte ihn schlecht sagen, das ich ein wohliges kribbeln gefühlt habe, als ich den Künstler mit dem jungen Mann sah. „Ich weiß. Nur was ich da gesehen habe, es hat...“ Federico richtete sich auf und sah mich an. „Nun?“ Ich verdeckte mir mit der rechten Hand die Augen. „Federico? Egal was ich sage, es bleibt unter uns?“ „Klar Kleiner.“ Ich war froh, dass ich sein Grinsen nicht sehen musste. „Ich war dem, was ich gesehen habe nicht gerade sehr abgeneigt, eher zugetan..“, meinte ich leise. Ich wartete insgeheim nur auf sein Spott oder sonst was in die Richtung. „Ezio? Bist du dir sicher?“ „Warum sollte ich dich anlügen?“ Ich seufzte. „Ich versteh mich ja selbst nicht. Und ich weiß auch das sich Sodomie nicht ziemt, dass brauchst du mir nicht sagen.“ Er legte mir seine Hand auf die Schulter. „Ach Kleiner. Ich hab mit allen gerechnet, nur nicht damit.“ „Tut mir leid.“, meinte ich kleinlaut. „Ist schon in Ordnung.“ Wie sollte es nun weiter gehen? Ich konnte nicht zu Leonardo gehen und sagen, was ich gesehen hatte. Und schon gar nicht wusste ich ob ich das nur anreizend fand, was ich da zwischen den beiden Männern gesehen hatte oder ob ich es selbst fühlen oder spüren wollte. „Federico, was soll ich den nur machen?“ „Ich glaub du schläfst erst mal eine Nacht drüber, oder?“ Ja das wäre eine Möglichkeit. „Also dann bis morgen Federico?“ Er stand auf, löschte das Licht. „Bis morgen, kleiner.“, mit diesen Worten verschwand er aus meinem Zimmer. Jetzt lag ich allein auf meinem Bett und mir gingen die Bilder aus dem Schlafgemach des Künstlers nicht aus dem Kopf. Aus irgend einen Grund sehnte ich mich nach den Berührungen von Leonardo. Ich liebte Cristina, keine Frage. Aber ich war auch neugierig, wie es sich anfühlte, wenn ich an der Stelle des Rothaarigen Liebhabers von Leonardos war. Ich war verwirrt. Cristina. Leonardo. Frau. Mann. Bekanntes. Unbekanntes. Vergangenheit und Zukunft. Hatte es überhaupt Zukunft? Ehre für die Familie. Schande für die Familie. Liebe und Liebhaber. Bettgespiele? Es waren wahrlich zwei extreme Gegensätze. Je weiter ich darüber nachdachte, desto mehr brummte mir der Kopf. Ich spürte jemanden an meiner Schulter rütteln. „Leo...“, murmelte ich im Schlaf. Ich hörte ein leises Lachen und öffnete daraufhin meine Augen. Federico sah mich ziemlich amüsiert an. „Du hast dich also entschieden Kleiner?“ „Hm? Wieso entschieden?“ „Du hast im Schlaf gesprochen.“ So hämisch grinsend hab ich ihn noch nie gesehen. Er setzte sich neben mich auf das Bett und hob meine Bettdecke an einer Ecke hoch. „Und hattest du auch noch einen feuchten Traum von deinen Angebeteten?“, fragte er mit Blick unter meine Decke. Noch ehe er seinen Blick noch vertiefen konnte, drückte ich die Decke wieder runter. „Musst du mich schon so früh ärgern Federico? Hast du nichts anderes zu tun?“, grummelte ich ihn an. Musste er mich so früh wecken? „Zu tun hab ich. Aber ich hab von Mutter gehört, dass ihr heute wieder zu Leonardo geht, um noch einige Bilder abzuholen. Das musste ich dir doch persönlich sagen!“, er blickte schelmisch drein. „Kannst du da nicht mit hingehen?“ Mein Bruder schüttelte den Kopf. „Nein, ich muss auf Petrucio aufpassen.“ „Wir können auch gern tauschen?“ „Nein, lass mal. Ich kann dir doch nicht die Chance wegnehmen, dein Herzblatt zu sehen. Also...“, Federico stand auf und ging. „Erzähl mir mehr, wenn du wieder hier bist.“, meinte er fröhlich. Schon war er wieder verschwunden. Ich stand auf und zog mich um. Ich ging runter in die Küche um zu frühstücken, unsere Mutter wartete schon auf mich, genauso wie meine Schwester Claudia. Sie unterhielten sich angeregt über das Treiben in Florenz. Ich aß zu Frühstück und machte mich mit meiner Mutter rasch auf den Weg, welcher mir diesmal sehr kurz vorkam. Meine Mutter klopfte an die Tür des Ateliers und ein gut gelaunter Künstler öffnete sie rasch. „Guten morgen, werte Maria.“, begrüßte der Blonde sie freudig und reichte ihr die Hand. „Hallo Ezio.“, begrüßte er mich mit einen lächeln. Meiner Mutter begann kurz nach der Begrüßung ein angeregtes Gespräch mit dem Künstler. Ich sah mir wieder einige Skizzen an, da ich mich bei dem Gespräch nicht einmischen wollte. An seiner Staffelei hing eine Skizze, die recht ausgearbeitet war. Gestern ist mir die Skizze noch nicht aufgefallen. Als ich sie mir näher besah, sah ich auch dass auf einer Leinwand schon eine einfache Skizze mit gelber Ölfarbe gezeichnet war. Die Skizze... sie zeigte einen jungen Mann, der durch ein Fenster schaute. Ein junger Mann mit einer Narbe an der Lippe, genau an der Stelle wie bei mir. Hatte Leonardo mich gestern doch gesehen? Der Künstler schaute zu mir und zur Staffelei, ein grinsen auf den Lippen. Ich sah ihn an und wurde leicht nervös. Wenn er jetzt meiner Mutter sagen würde das er mich gestern am Fenster gesehen hatte. Gar nicht auszudenken wie sie reagieren würde. Der blonde Künstler verschwand in den Nebenraum und brachte drei Bilder für meine Mutter mit, welche er mir übergab. Sie waren ganz schön geworden. Er hatte wirklich gute Arbeit geleistet mit den Bildern. Wir verabschiedeten uns von ihn und machten und wieder auf den Heimweg. Bei uns angekommen, trug ich die Bilder ins Haus und half meiner Mutter, diese aufzuhängen. Als sie hingen, machte ich mich mit einen Buch in den Hof und setzte mich auf eine Bank und begann zu lesen. Nach einer kurzen Weile, machte sich ein Schatten über meinen Buch breit. Als ich aufblickte, sah ich in die Augen meines Bruders. „Und? Wie war es?“ Neugierig war er ja schon immer. „Wie soll es schon gewesen sein?“ Ich schlug das Buch zu.“Hat Leonardo etwas gesagt?“ „Viel, da er mit Mutter gesprochen hat.“ „Nein, ich mein wegen dir.“, meinte er und boxte mich in die Schulter. „Was soll er gesagt haben? Ich hab eine Skizze an einer Staffelei gesehen, ein junger Mann mit einer Narbe an der Lippe, der zu einem Fenster reinschaut.“ Ich deutete auf meine Narbe. „Nicht dein Ernst.“ Ungläubig schaute mich Federico an. „Doch doch. Er hat die Skizze auch schon auf Leinwand übertragen.“ Es fehlte nicht mehr viel und er würde lauthals anfangen zu lachen. Ich hingegen fand das ganz und gar nicht komisch. Mein Bruder beruhigte sich wieder, zog etwas aus seinem Gürtel und gab es mir. Es war ein länglicher Gegenstand, welcher in Stoff eingewickelt war. „Pack es lieber aus, wenn du allein bist.“, sein Grinsen war geheimnisvoll. „Vielleicht hilft dir das bei deiner Entscheidung.“ Verwirrt lies er mich allein im Hof zurück. 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