Geminis Kampf von Schabi ================================================================================ Kapitel 1: Der Angriff ---------------------- Sailor Moon - Geminis Kampf Kapitel I - Der Angriff >... Und so stiegen sie vom Himmel herab, zwölf Streiter für das Gute, jeder von ihnen ausgestattet mit gewaltigen Kräften, gleich denen einer Armee. Sie stellten sich furchtlos den Angreifern, denn ihre Macht war gewaltig und das schützende Licht war mit ihnen. Und als sie sich vereinten mit jenen, die gekommen waren, die Welten zu retten, da wich das Böse und eine neue Kraft wurde ausgesandt. Durch diese Kraft kehrte das Leben zurück auf die Planeten und die Krieger verbargen sich wieder an jenen Orten, von denen sie gekommen waren, um die Wache fortzusetzen. ...< "Bunny, du hast wieder nichts von den Keksen übrig gelassen!" Rei keifte so laut, daß Ami verdrießlich von ihrem Buch aufsah und den Kopf schüttelte. Sie warf einen Blick auf den Teller, der noch vor wenigen Minuten mit Plätzchen überladen auf dem Tisch gestanden hatte. Jetzt lagen nur noch ein paar einsame Krümel herum. "Dann mußt du halt schneller essen", entgegnete Bunny kauend und leckte sich demonstrativ die Finger. "Im Essen bist du unschlagbar, Bunny. Mich wundert es, daß du noch nicht zu fett zum Laufen bist, so wie du reinhaust." Rei verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihre Freundin herausfordernd an. "WAS hast du da gerade gesagt?" Und schon war die Keilerei in schönstem Gange. Es war ein wunderschöner Tag in Tokyo - und ein ganz normaler Tag im Leben der Senshis. Sie hatten sich alle bei Rei im Tempel getroffen, was sie eigentlich jeden Tag taten, selbst jetzt, wo sie weder dringend lernen, noch wichtige Besprechungen wegen ihrer Kämpfe halten mußten. Der Frieden war auf der Welt eingekehrt und jedes der fünf Mädchen war davon überzeugt, daß es auch so bleiben würde. Rei verpaßte Bunny eine Kopfnuß, woraufhin diese zu heulen anfing. "Rei, du bist ja so gemein..." "Stell dich nicht so an, du alte Heulsuse." Minako und Makoto sahen sich bedeutungsvoll an. Die beiden blätterten gerade in einer neuen Zeitschrift für Jugendliche, die vor wenigen Tagen erschienen war. "Vermutlich hört das niemals auf", seufzte Makoto. "Ja, sie werden sich noch streiten, wenn sie alt und grau sind und sich gegenseitig mit ihren Krückstöcken eins überziehen." Minako zog die Schultern hoch und blätterte weiter. Im nächsten Augenblick erstarrte sie. "Da... da... da...", stotterte sie hilflos und riß die Augen auf. Makoto sah verwundert in die Zeitschrift und auch sie bekam große Augen. "Da... da... da..." Die beiden hoben die Köpfe und sahen sich zwei Sekunden lang ruhig an. Dann schrien sie beide wie aus einem Mund auf und stürzten sich auf den Artikel, den sie entdeckt hatten. "Das darf doch nicht wahr sein!" Ami legte ihr Buch zur Seite und ging zu den beiden hinüber. "Was ist denn los?" "Warte... mein Gott, das kann ich nicht glauben!" "Wer hätte das gedacht?" "Werden sie... nächstes Wochenende... ich falle in Ohnmacht!" "Reiß dich zusammen... Sieh nur die Ähnlichkeit!" "Ja, ja, ja! Unglaublich!" Ami runzelte die Stirn und versuchte einen Blick auf die Zeitung zu erhaschen, aber Makoto und Minako versperrten ihr jede Sicht. "WAS IST DENN LOS?" rief sie schließlich ungeduldig und zog den Kopf ein, als sich ihr vier erstaunte Gesichter zuwandten. Makoto und Minako sahen aus wie im Fieber, während Rei und Bunny völlig zerzaust wirkten. Rei hatte die linke Hand zum Schlag erhoben, während Bunny unter ihr auf dem Boden lag und nach Luft schnappte. "Ich meine... über was redet ihr da?" ließ sich Ami nun etwas leiser vernehmen. Minako kicherte verschwörerisch. "Sie bringen einen Bericht über die Gruppe Three Stars." "Three Stars?" Rei richtete sich auf und strich sich die Haare glatt. "Das ist doch wohl ein Scherz?" "Nein." Makoto hielt die Zeitschrift hoch. Drei junge Männer zeigten auf einem großen Foto ihr schönstes Zahnpastalächeln. Und sie wiesen eine verblüffende Ähnlichkeiten mit Three Lights auf - dank Tonnen von Schminke und angeklebten Haaren. "Sie sind wahnsinnig erfolgreich." Minako nickte begeistert. "Ja... und nächstes Wochenende spielen sie im Iyuban-Park. Es werden Unmengen von Fans erwartet." Bunny kämpfte sich unter Rei hervor und stand auf. "Ich kann das gar nicht verstehen. Wie kann man nur eine Gruppe toll finden, die Three Lights nachmacht?" "Also, ehrlich gesagt hatte ich schon früher damit gerechnet", erwiderte Ami und widmete sich wieder ihrem Buch. "Bei dem Erfolg, den die drei hatten ist es doch erstaunlich, daß bis jetzt noch niemand ein Stück vom Kuchen abhaben wollte. Immerhin sind sie schon seit drei Monaten nicht mehr hier." "Kuchen?" Bunny sah Ami verträumt an. "Oje..." Das Gebäude des Radiosenders wirkte kühl und abweisend. Es hatte eine ziemlich beeindruckende Glasfassade, die aber irgendwie nicht zu den reichlich verkommenen Häusern in der Nachbarschaft paßte. Bunny sah zum Dach des Gebäudes auf, wo eine riesige Antenne in den Himmel ragte. Sie fühlte sich nicht besonders gut, war aufgeregt und konnte sich nicht einmal richtig erklären, warum. "Minako, willst du da wirklich reingehen?" "Ha, natürlich, was denkst du denn, Bunny?" Minako warf der Freundin einen mißtrauischen Blick zu. "Du hattest versprochen, mitzukommen." "Ja, ich weiß, aber..." "Ich wußte es. Du kneifst! Hast du etwa Angst?" Minako grinste gemein. Bunny schüttelte den Kopf. "Nein, aber sieh mal, wie viele Leute da am Eingang stehen. Glaubst du wirklich, daß du da eine Chance hast?" Tatsächlich standen vor dem Eingang etwa hundert Mädchen und zwei Jungen. Die Jungen schienen sich nicht besonders wohl zu fühlen. Einige uniformierte Männer mit unfreundlichem Gesichtsausdruck waren damit beschäftigt, die Menge zurückzuhalten, so daß sie nicht das Gebäude stürmte. "Äh..." Minako kratzte sich am Kopf und sah einige Sekunden lang sehr unglücklich aus. Doch dann kehrte ihr alter Enthusiasmus zurück und sie ballte die Hände zu Fäusten. "Glaubst du, daß ich mich von denen aufhalten lasse? Ich werde in dieses Gebäude gehen und ich werde Three Stars treffen. Und dann werde ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen können, daß sie so sind wie Three Lights." Ein verräterisches Glitzern schlich sich in Minakos Augen. "Minako, meinst du das wirklich?" fragte Bunny, während Minako sie mit sich mitzog. "Was denn?" "Daß sie so sind wie Three Lights. Ich meine... ich kann mir das nicht vorstellen. Es sind doch ganz andere Menschen und außerdem... ist dir mal aufgefallen, daß ihre Haare nur angeklebt sind?" Minako ließ Bunny los und blieb stehen. Sie sah ein wenig verwirrt aus. "Merkwürdig. So wie du sprichst, könnte man meinen, du wärst gar nicht du selbst, Bunny. Normalerweise bist du doch immer schnell von Sachen begeistert. Was ist denn los mit dir?" Bunny fühlte, wie sich langsam ein ungutes Gefühl in ihrem Magen ausbreitete. "Ich weiß nicht. Vermutlich finde ich es einfach nicht gut, daß jemand Three Lights nachmacht. Das kommt mir irgendwie... falsch vor." "Hm. Du vermißt sie sehr, nicht wahr?" "Ja. Aber sie haben ihre Heimat und die müssen sie wieder aufbauen. Das ist ihre Aufgabe. Ich bin sicher, daß sie uns irgendwann besuchen werden, wenn sie die Zeit dazu haben. Dann werden wir sie wiedersehen." Minako sah Bunny schweigend an. Sie konnte ihre Gefühle gut verstehen, sie vermißte die drei auch, besonders Yaten, und das mehr, als ihr lieb war. Ein Gedanke schlich sich in ihren Kopf. Konnte es sein, daß Bunny langsam erwachsener wurde? Manchmal konnte Minako ihre Freundin nur noch ansehen und die Stirn runzeln. Ihr ganzes Denken schien... reifer zu werden. Bunny hob den Kopf und lächelte. Ihre Augen strahlten, aber etwas trübte den Glanz. "Komm jetzt, Minako, sonst wirst du es nie schaffen, in den Radiosender zu gelangen. Oder sind dir Three Stars doch nicht so wichtig?" Bunny lief in Richtung Eingang davon und nach einigen Sekunden folgte Minako ihr laut rufend. Mitsumi beobachtete. Schon seit einiger Zeit behielt sie den Sender im Blick, und das nicht etwa, weil es ihr Spaß machte. Oh nein, ganz im Gegenteil. Die vielen Menschen waren ihr ein Greuel. Zu viele Körper, die sich aneinander drängten - Enge und merkwürdige Spannung, die in der Luft hing. Das alles war nichts für sie. Wieder fiel ihr Blick auf die beiden blonden Mädchen, die sich verzweifelt einen Weg durch die Menge zu bahnen versuchten. Das Ganze schien ziemlich aussichtslos. Etwas in Mitsumis Herzen rührte sich. Eine Saite, die schon seit Ewigkeiten nicht mehr angeschlagen worden war, gab nun einen leisen Ton von sich. Die junge Frau zog die Augenbrauen zusammen und konzentrierte sich wieder aufs Beobachten. "Das ist unmöglich, Minako!" Bunny kämpfe gegen ein Mädchen, das ihr den - ziemlich breiten - Rücken zuwandte und sich nicht von der Stelle bewegte. "Willst du etwa aufgeben?" Bunny sah Minako groß an. Manchmal verstand sie einfach nicht, woher Minako die Energie für ihre Unternehmungen nahm. Sie mußte irgendwo tief in sich ein regelrechtes Kraftwerk versteckt halten, das sie ständig auf Volldampf am Laufen hielt. "Nichts ist unmöglich, das weißt du doch, Bunny. Und jetzt folge mir." Minako schnappte sich ihre Freundin und schlug die wartenden Mädchen grob zur Seite, um sich einen Weg bis zu den Wachmännern zu bahnen. "Platz da!" "Zur Seite!" "Aus dem Weg!" Empörte Schreie wurden laut. Bunny wäre am liebsten im Boden versunken. "Minako, ich glaube nicht..." Plötzlich geriet Bewegung in die Menge. Minako und Bunny waren nun ganz vorne angelangt. Neben ihnen begannen die Mädchen zu kreischen. "Was ist...?" "Three Stars!" schrie Minako begeistert und sprang winkend auf und ab. "Hier bin ich! Hallo! Hier bin ich!" Bunny sah zu den drei jungen Männern hinüber, die in einem schwarzen Cabrio auf das Gelände gefahren kamen. Sie wirkten genauso wie auf den Fotos: falsch. Sie lächelten und winkten, fingen die Blumen und Kuscheltiere auf, die ihnen zugeworfen wurden... und es war vollkommen verkehrt. Bunny hatte das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen. Die Stimmen um sie herum wurden leiser und die Realität schien sich von ihr zu entfernen. Sie merkte, wie ihr die Tränen kamen. Sie schaffte es kaum, sie zurückzuhalten. "Schätzchen..." Die Stimme war leise, beinahe nur ein Flüstern, doch sie hätte sie überall wiedererkannt. Niemals würde sie diese Stimme vergessen. Ihr Blick glitt zu den drei Männern im Wagen zurück und - "Bunny!" Mit einem Ruck war sie zurück in der Wirklichkeit. Sie sah Minakos besorgtes Gesicht, konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie sich der Wagen der Three Stars langsam durch ein Tor schob. "Geht es dir nicht gut?" "Doch. Ich... ich war nur..." Bunny warf einen letzten Blick auf die Hinterköpfe der Three Stars, ehe sie verschwanden. Das eigenartige Gefühl kehrte zurück. Es war gänzlich falsch. Widerwillen regte sich in ihr. "Es ist schon in Ordnung", log sie nicht besonders überzeugend. Mitsumi fühlte es. Es war auf dem Weg. Auf dem Weg hierher. Bald würde es eintreffen. Ihre Ahnung war richtig gewesen. Langsam setzte sie sich in Bewegung. Im Nachhinein wußte Bunny nicht mehr, wie Minako es geschafft hatte, in das bewachte Gebäude zu kommen. Sie wußte nur, daß sie mit ihrer Freundin zusammen eine Treppe hinauflief, die furchtbar steil war und wahnsinnig düster. Und hinter ihnen lief einer der Wachleute. "Nun komm schon, Bunny, nicht so lahm! Oder willst du, daß sie uns erwischen?" "Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee war, Minako", keuchte Bunny und konnte sich den Gedanken an einen Herzinfarkt nicht verkneifen. Hinter sich hörte sie den Wachmann rufen. Sie verstand seine Worte nicht, aber er klang sehr böse. "Vielleicht... sollten wir in die andere Richtung flüchten. Nach draußen." "Mach keine Witze." Minako zerrte Bunny in einen dunklen Teil des Flurs, auf dem sie angelangt waren und bedeutete ihr, still zu sein. Der Wachmann blieb in unmittelbarer Nähe ihres Verstecks stehen und rannte dann weiter. Minako sank erleichtert zu Boden. "Puh, das war knapp." "Allerdings. Können wir jetzt wieder gehen?" "Gehen?" Minakos Augen blitzten verräterisch auf. "So kurz vor dem Ziel? Jetzt geht's doch erst richtig los!" Bunny seufzte als Minako sie wieder am Arm faßte und sie durch die Gänge zog. Sie fühlte sich nicht besonders wohl - genauer gesagt hatte sie ziemliche Angst. "Äh... Minako?" "Pssst!" Minako zog Bunny zu sich und sah durch eine halb geöffnete Tür. Ihre Augen wurden verräterisch groß. "Da... da sind sie!" murmelte sie erstickt und man merkte ihr an, wie sehr sie sich beherrschen mußte. Three Stars saßen an einem Tisch mit einem älteren Mann und redeten leise mit ihm. Der Ältere wurde immer blasser und blasser und schließlich sackte er zusammen und nickte langsam. Bunny runzelte die Stirn. "Minako, wonach sieht das aus?" "Keine Ahnung... ich..." Bevor Minako ihren Satz beenden konnte, sprang sie schreiend zurück und riß die Augen auf. Der Mann hatte sich erhoben und wirkte nun gar nicht mehr wie ein ganz normaler Mann, sondern eher wie ein psychopathischer, axtschwingender Amokläufer. Sein Gesicht verzerrte sich, aus seinem Handrücken wuchsen lange Klingen, die ziemlich scharf aussahen und die ganze Zeit über schrie der Mann wie am Spieß. Bunny, die noch immer durch die Tür sah, beobachtete wie Three Stars entsetzt zurücksprangen und sich gegenseitig dabei behinderten, zur Tür zu laufen. "Minako, was ist das?" fragte Bunny ängstlich. Sie bekam keine Antwort auf ihre Frage. Statt dessen fühlte sie Minakos Hand auf ihrer Schulter und hörte sie sagen: "Wir müssen ihnen helfen, Bunny." Seit ihrem Kampf gegen Galaxia hatten die Senshis sich nicht mehr verwandelt. Bunny war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, aber in Anbetracht dessen, was in dem Raum vor ihr geschah, gab es wohl kaum eine andere Möglichkeit. "Macht der Venusnebel... mach auf!" "Macht des Mondlichts... mach auf!" Die beiden Mädchen verwandelten sich in einem Wirbel aus Farben und Licht und standen kurz darauf als Sailor Moon und Sailor Venus kampfbereit auf dem Gang. Gerade in dem Moment, in dem sie den Raum betreten wollten, in dem das Monster die Three Stars angriff, stürmten drei ineinander verkeilte Personen durch die Tür auf den Flur und schrien wie am Spieß. Als sie die beiden Senshis sahen, krabbelten sie auf allen Vieren zu ihnen und sahen sie flehend an. "Bitte, helft uns! Da... da drin ist ein Ungeheuer. Es will uns töten!" Venus sah auf die drei Popstars herab und plötzlich veränderte sich etwas in ihrem Blick. Wo vorher ein stets schwärmerischer Ausdruck gewesen war, da war plötzlich nur noch Unverständnis und Wut. "Ihr bittet Mädchen um Hilfe?" fragte sie leise. Die drei sahen sich kurz verwirrt an und nickten dann heftig. Aus dem Raum war ein lautes Brüllen zu vernehmen. "Ihr seid nicht so wie Three Lights", sagte Venus. "Ich hatte es gehofft, aber... Komm, Sailor Moon, besiegen wir das Monster und verschwinden wir von hier." Sailor Moon nickte und folgte Venus in den Raum. Das Monster tobte und schrie. Gerade war es dabei, die Einrichtungsgegenstände zu Kleinholz zu verarbeiten. Als es die beiden Senshis sah, stürmte es auf die Tür zu. Irgendwo schrien Three Stars entsetzt auf. Und auch die Schreie anderer Menschen waren zu hören. "Wir müssen es rauslocken, sonst bringen wir alle hier in Gefahr!" rief Venus und rannte los. Die beiden Kriegerinnen folgten einer Spur der Verwüstung: abgerissenen Tapeten an den Wänden, ohnmächtigen Mitarbeitern des Senders, zerschlagenen Blumentöpfen... nach einer Weile fanden sie das Monster in der Cafeteria. Es tobte wie wildgeworden über die Tische. In der hintersten Recke des Raumes waren Three Stars zu sehen, die sich ängstlich aneinander drängten. "Aufhören! Du belästigst unschuldige Sänger, die bei allen beliebt sind!" Sailor Moon sah das Monster böse an. "Auch wenn die drei billige, feige Kopien sind, lassen wir das nicht zu!" Venus stellte sich neben Moon. "Im Namen des Mondes werden wir dich bestrafen!" Das Monster glotzte die beiden Senshis verständnislos an, dann sprang es auf sie zu. Die beiden konnten nicht mehr rechtzeitig ausweichen, wurden vom Feind mitgerissen und prallten gegen eine Fensterscheibe, die mit lautem Splittern zerbrach. Die Senshis rappelten sich mühsam auf und bemerkten, daß sie sich auf dem Hof befanden, auf dem die Fans von Three Stars warteten. Das Monster knurrte bedrohlich. "Oh nein..." Sailor Moon sah zu den Mädchen, welche entsetzt auf das Monster, die Senshis und die dumm glotzenden Three Stars starrten. Vereinzelte Schreie waren zu hören - doch diesmal klangen sie gar nicht begeistert. "Venus, wir müssen uns beeilen! Bevor das Monster ihnen etwas tun kann!" Sailor Venus nickte. "Venus! Macht der Herzen... siege!" Das Monster sprang geschickt zur Seite und stieß etwas wie ein hämisches Lachen aus. Die beiden Senshis erschraken. "Das ist aber schnell..." Plötzlich bewegte sich der Feind - blitzschnell und mit einem Geschick, das man ihm nicht zugetraut hätte. Er schnappte sich die beiden Kriegerinnen und drückte jeder von ihnen mit einer Hand die Luft ab. Three Stars standen daneben und sahen vor Angst schlotternd zu. "Three Stars! Helft ihnen!" - "Zeigt, was ihr könnt!" Die Fans feuerten ihre Idole an, etwas zu unternehmen, doch die drei hielten sich nur an den Händen und taten nichts. Venus und Moon wurden immer schwächer. Schließlich hatten sie nicht einmal mehr genug Kraft, um die Augen offen zu halten. Und dann schien die Luft zu vibrieren. Eine ungeheure Energie raste auf das Monster zu, traf es mit voller Wucht und riß es von den Beinen. Die Kriegerinnen fielen kraftlos zu Boden. "Es ist genug", hörten sie eine fremde Stimme sagen. "Du wirst den beiden nichts antun, ansonsten bekommst du es mit mir zu tun." Sailor Moon warf einen Blick auf Venus, die keuchend am Boden lag. Dann blickte sie zu den fremden Frau, die auf der Bildfläche erschienen war. Sie trug ein schwarzes Kleid, das entfernt an die Uniform einer Sailorkriegerin erinnerte. Ihre Haare waren silbern und ihre Augen von einem intensiven Blau. Auf ihrer Stirn trug sie ein silbernes Diadem. "Wer...?" fragte Sailor Moon, aber die Frau beachtete sie gar nicht. "Da bist du ja endlich!" rief jemand aus der entgegengesetzten Richtung. "Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr kommen." Sailor Moon sah sich um und entdeckte einen Mann, der in einiger Entfernung auf dem Hof stand. Er war in einen dunklen Anzug gekleidet und ein dunkles Cape flatterte hinter ihm im Wind. An seiner Seite hing ein mächtiges Schwert. "Ich ahnte, daß du kommen würdest, um den Diener auszuschalten. Allerdings... habe ich nicht mit denen gerechnet." Der Mann deutete auf die beiden Senshis und verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen. "Sie machen das Ganze interessanter." Venus schlug die Augen auf und sah verwirrt von der fremden Frau zu dem Mann, dessen schwarzes Haar wirkte, als würde es das Licht schlucken. "Was ist denn jetzt los?" fragte sie verwirrt. "Ihr solltet euch lieber in Sicherheit bringen." Die Frau sah die beiden Senshis ernst an. "Ihr könnt den Diener nicht besiegen. Außerdem würde Daisuke euch ohne mit der Wimper zu zucken töten." Die beiden Senshis zögerten. "Geht!" "Aber wir können dich doch nicht allein lassen!" warf Sailor Moon ein. "Du hast uns doch auch geholfen...." Der Diener bewegte sich. Er kam so blitzartig von der Seite, daß die Fremde es fast nicht geschafft hätte, Sailor Moon und Sailor Venus zur Seite zu stoßen und ihm dabei gleichzeitig einen ziemlich harten Tritt in den Bauch zu versetzen, so daß der Angreifer grimmig knurrend zurücktaumelte. "Seht ihr? Verschwindet, Sailor Moon und Sailor Venus!" "Aber woher...?" Die Fremde wandte sich dem Diener zu und ballte die Fäuste. "Daisuke, dein Geschöpf wird verlieren." "Du nimmst den Mund ganz schön voll. Mit deinen lächerlichen Kräften kannst du ihn nicht besiegen..." Die Fremde lächelte. "Denkst du etwa, ich hätte bisher mit all meiner Kraft gekämpft? Glaubst du, daß ich so dumm bin?" Daisuke antwortete nicht, sondern starrte die Frau nur stumm an. Der Diener griff wieder an, doch diesmal war die Frau darauf vorbereitet. Sie faltete die Hände vor der Brust und konzentrierte sich. Als sie die Arme dann zur Seite ausstreckte, bildeten sich zwei Plasmabälle - einer grün, einer blau - über ihren Handflächen. Daisuke zuckte zusammen. "Was?" "Castor und Pollux.... fliegt!" Die Plasmabälle schossen los, direkt auf den Diener zu. Er war schnell - aber nicht schnell genug. Er schrie noch einmal kurz auf, bevor die Macht der beiden Geschosse ihn förmlich in Stücke riß. Daisukes Gesicht verdüsterte sich. "Das wirst du mir büßen... Wir sehen uns wieder!" Die Luft flimmerte kurz und Daisuke verschwand. Die Fremde wandte sich zum Gehen, doch Sailor Moon hielt sie am Arm fest. "Warte! Sag uns, wer du bist und warum du uns geholfen hast!" "Ja, und warum du unsere Namen kennst", sagte Venus mißtrauisch. "Sailor Moon..." Der Blick der Frau wurde traurig. "Ihr seid nicht stark genug für diesen Kampf. Haltet euch da raus - zu eurem eigenen Schutz." "Aber..." Die Frau riß sich los und lief davon. Minako und Bunny saßen im Park am Brunnen und starrten nachdenklich vor sich hin. "Ich verstehe das einfach nicht", brach Bunny nach einer Weile das Schweigen. "Wenn sie uns doch geholfen hat, warum sagt sie uns dann nicht, wer sie ist?" Minako seufzte und sah in den Himmel. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt. "Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Bunny." "Was? Aber wofür denn?" "Ich habe gedacht, Three Stars wären so wie... Ich habe mich da wohl etwas zu sehr reingesteigert. Wenn ich dich damit verletzt haben sollte, dann tut es mir leid." Bunny legte Minako die Hand auf die Schulter. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Das Thema hat sich doch längst erledigt. Und ich wette, die Karriere der Three Stars auch. Und jetzt laß uns gehen - ich hab wahnsinnigen Hunger!" Kapitel 2: Sailor Gemini und Sailor Etherion -------------------------------------------- Kapitel II - Sailor Gemini und Sailor Etherion >... Wer glaubt, Freundschaft sei immer einfach, der irrt sich. Wahre Freundschaft erfüllt und beruhigt im gleichen Maße, wie sie fordert und verletzt. Wer sich von seinen Freunden abwendet, der wird Einsamkeit und Leere erfahren. Denn kein Mensch reicht sich allein - und kein Mensch kann alles allein auf sich nehmen. ...< Die Sonne war gerade aufgegangen und tauchte Tokyo in goldenes Licht. Normalerweise bekam Bunny nicht besonders viel von dieser Zeit des Tages mit, doch heute war es anders. Sie hatte bei Mamoru übernachtet, mit dem Segen ihrer Mutter und ohne Wissen ihres Vaters, doch wirklich geschlafen hatte sie nicht. Sicher, sie hatte es versucht. In Mamorus Armen liegend fühlte sie sich immer geborgen und sicher, doch in der letzten Nacht war sie zu unruhig gewesen, um dieses Gefühl wirklich zuzulassen. Irgendwann war Mamoru eingeschlafen und nachdem sie ihn eine ganze Weile stumm beobachtet hatte, war Bunny schließlich aufgestanden und hatte sich auf den Balkon gesetzt und die Sterne beobachtet. Eigentlich hatte sie nur ein paar Minuten nachdenken wollen, doch schließlich war die Sonne aufgegangen und erst da hatte sie bemerkt, wie viel Zeit vergangen war. Nun saß sie immer noch auf dem Balkon, nur bekleidet mit einem dünnen Pyjama. Sie war müde, jedoch auf eine angenehme Art und Weise. Und sie war froh, daß Sonntag war und sie nicht zur Schule mußte. "Was machst du hier?" Bunny drehte sich nicht um, als Mamoru hinter sie trat, sondern sah weiterhin auf die Stadt. Langsam begannen die Straßen zum Leben zu erwachen und Bunny bekam das Gefühl, daß genau in diesem Moment alles perfekt war. Mamoru legte seine Hand auf Bunnys Arm und zog sie erschrocken wieder zurück. "Mein Gott, du bist ja eiskalt! Wie lange sitzt du denn schon hier draußen?" "Die ganze Nacht. Aber mach dir keine Sorgen, mir ist nicht kalt." Mamoru verschwand kurz im Wohnzimmer und kam mit einer Decke zurück. Behutsam legte er sie Bunny um die Schultern. Dann seufzte er, ging in die Knie und nahm Bunnys Hand. "Du wirst krank werden, wenn du so nachlässig mit dir umgehst", brachte er vorwurfsvoll heraus. Bunny lächelte. Sie hatte sich selten so gut gefühlt wie in diesem Moment, also würde sie auch nicht krank werden, das stand für sie eindeutig fest. "Ich mußte die ganze Zeit über diese merkwürdige Frau nachdenken", begann sie leise. Ihr Blick wanderte wieder über die Stadt. "Wenn sie vielleicht irgendwo ganz in der Nähe ist und wir es nicht einmal wissen..." "Wir haben doch darüber geredet, Bunny. Bisher ist sie nicht noch einmal aufgetaucht und auch kein weiterer Diener. Bevor wir nichts Genaueres wissen, solltest du dir keine Gedanken machen. Laß uns erst einmal abwarten." "Aber sie war so stark. Minako und ich konnten gar nichts tun und sie hat mit einem einzigen Angriff... Ich wüßte so gerne, wer sie ist. Schon wieder ein weiteres Rätsel. Manchmal habe ich das Gefühl, das hört nie mehr auf." Aus der Stadt drang nun der Lärm der Straße zu den beiden hinauf. Mamoru sah Bunny lange an, dann nahm er sie in die Arme und zog sie so fest an sich, wie er nur konnte. Was in letzter Zeit mit ihr geschah, konnte er nicht mehr ganz nachvollziehen und es ängstigte ihn ein wenig. Dabei wurde sie nur erwachsener. Doch mit jedem Tag, an dem er dies bemerkte, wuchs die Angst, sie zu verlieren. "Wir schaffen das, Bunny. Für jedes Rätsel gibt es eine Lösung und wir werden sie gemeinsam finden, da bin ich mir ganz sicher." Die Sonne stieg höher und sandte ihr Licht zu den beiden Liebenden, die sich eng umschlungen hielten und in einem tiefen Kuß versunken waren, der die beiden in ihre eigene Welt entführte. Mitsumi sah auf die Stadt hinunter, die wie ein großes Tier nach einer langen Nacht wieder zum Leben erwachte. Aber eigentlich konnte sie nicht wirklich etwas sehen, denn ihre Augen waren gefüllt mit Tränen, die sie nun nicht länger zurückhalten konnte. In der Stille des Morgens war sie hinausgetreten, um den Tag zu begrüßen, wie sie es immer tat. Doch diesmal war es anders gewesen. Sie hatte ihre Anwesenheit direkt gespürt. Und dann ihre Stimme gehört. "Wenn sie vielleicht irgendwo ganz in der Nähe ist und wir es nicht einmal wissen..." Und dann seine Stimme. Die eine, die sie niemals würde vergessen können. Sie hatte geahnt, daß er da sein würde. Denn mit der Wiedergeburt der Prinzessin war eine gemeinsame Zukunft für die beiden möglich geworden. Und nun hatte Mitsumi die Gewißheit, daß sie beide hier waren. Und noch dazu im gleichen Haus wie sie. In der Wohnung nebenan. Wäre es nicht so traurig gewesen, hätte Mitsumi gelacht. Aber sie konnte es nicht. Zwiespältige Gefühle regten sich in ihr. Einerseits wollte sie sich der Prinzessin offenbaren, andererseits konnte sie ihr nicht unter die Augen treten. Und ihm auch nicht. Nicht nach dem, was geschehen war. Mitsumi ging in ihre Wohnung zurück, als sie vom Balkon neben dem ihren nichts mehr hören konnte. Behutsam zog sie die Tür hinter sich zu und atmete ein paarmal tief durch. Es war im Grunde ganz einfach. Sie mußte nur ihre Mission erfüllen und dann von hier verschwinden. Vielleicht würde sie Sailor Moon und den anderen nicht mehr über den Weg laufen. "Du wirst sie wiedersehen." Mitsumi sah auf und entdeckte Sukuite, der durch das Wohnzimmer langsam auf sie zukam und ihr eine Tasse Tee reichte. Sein braunes Haar war noch naß, er schien gerade aus dem Badezimmer zu kommen. Traurigkeit ließ seine grünen Augen dunkel erscheinen. "Manchmal frage ich mich, wie du das machst." Mitsumi nahm die Tasse entgegen, trank aber nicht. "Bist du dir sicher, daß du nicht doch Gedanken lesen kannst?" "Es ist nicht weiter schwer, wenn du vor dich hin murmelst", entgegnete Sukuite und setzte sich Mitsumi gegenüber in einen Sessel. "Du hast es gewußt, nicht wahr? Du wußtest, daß er in diesem Haus lebt. Jetzt weiß ich auch, warum du unbedingt hier einziehen wolltest. Das war der Grund, aus dem du hinter meinem Rücken alles beschlossen hast." "Weißt du, daß du dich selbst quälst? Du mußt dich irgendwann den Dingen stellen, die in deiner Vergangenheit geschehen sind. Wenn du immer nur wegläufst, wird es noch schlimmer werden." "Hör auf damit. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, sind deine Ratschläge. Du hast ja keine Ahnung, wie ich mich fühle." "Nein, aber ich sehe, daß es dir schlecht geht. Und das ist gefährlich für dich - auch im Kampf. Beim letzten Mal hast du dich ganz allein dem Gegner gestellt. Du wußtest, wo er auftauchen würde, warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?" Mitsumi stand auf und sah Sukuite wutentbrannt an. "Ich habe keine Lust, mir das weiter anzuhören. Ich gehe in mein Zimmer." Sukuite hielt Mitsumi an den Schultern fest und sah ihr fest in die Augen. "Wenn du jetzt gehst und wieder vor deinen Gefühlen und der Situation davonläufst, wirst du nichts ändern können. Im Gegenteil. Letztendlich kommt es irgendwann doch zu einem Zusammentreffen und dann wird es noch schlimmer sein." Mitsumi löste sich von Sukuite und trat ans Fenster. Das Tier Tokyo bewegte sich im Licht des Tages. "Ich weiß nicht, ob ich stark genug dafür bin. Ich will es nicht erzwingen. Und außerdem gibt es eine andere Aufgabe, auf die ich mich zur Zeit konzentrieren muß. Vielleicht später." Mitsumi sah Sukuite an, der hinter sie getreten war, und nahm seine Hand. "Laß mir diese Zeit. Bitte." Als Mi Sutego die Tür ihrer kleinen Eisenwarenhandlung abschloß und schon überlegte, was es heute zum Abendessen geben würde, wurde sie unsanft angerempelt und ließ den Schlüssel fallen. Sie bückte sich, um ihn wieder aufzuheben, doch ein Mädchen mit einem braunen Pferdeschwanz kam ihr zuvor. Verlegen reichte sie die Schlüssel ihrer Besitzerin. "Es tut mir leid. Ich habe Sie gar nicht gesehen." "Das macht doch nichts. Es ist ja nichts passiert." Frau Sutego lächelte kurz und ging dann die Straße hinunter. Makoto sah ihr kurz nach, überquerte dann die Straße und wollte gerade in das Lebensmittelgeschäft gehen, das gleich schließen würde, als sie einen spitzen Schrei hörte. Sie drehte sich um und lief in die Richtung, aus welcher der Schrei erklungen war. Die Frau, die Makoto gerade angerempelt hatte, lag reglos auf der Straße. Und vor ihr standen ein hochgewachsener Mann, dessen Lieblingsfarbe schwarz zu sein schien: Er hatte schwarze Haare, trug einen schwarzen Anzug, ein schwarzes Cape und selbst sein Schwert war schwarz. Er sagte etwas zu einem merkwürdigen Wesen, das neben ihm stand - es sah aus wie eine Kreuzung zwischen Mensch und Eidechse. Makoto fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Die beiden schienen eher auf etwas zu warten, als daß sie der Frau etwas tun wollten, denn sie kümmerten sich überhaupt nicht um sie. Und trotzdem hatten sie die Frau angegriffen, das stand fest. Makoto zückte ihre Uhr und rief die anderen, dann beschloß sie, die beiden Gestalten allein anzugreifen. "Macht der Jupiternebel... mach auf!" Daisuke schüttelte den Kopf und sah den Diener leicht verzweifelt an. "Hör zu, Tokage. Wir werden diese Frau mitnehmen, wenn Sailor Gemini nicht erscheinen sollte. Irgendwie müssen wir sie schließlich dazu bringen, uns gegenüberzutreten. Also, heb sie jetzt auf und bedrohe sie ein bißchen." Der Diener schlurfte zu Frau Sutego hinüber und faßte sie am Arm. "Na also", seufzte Daisuke. "Halt! Du wirst sie nicht anrühren!" Der Diener sah irritiert auf und auch Daisuke wußte nicht, was das nun zu bedeuten hatte. Sein Blick fiel auf die Sailorkriegerin, die sich mitten auf der Straße aufbaute. Das war auf jeden Fall nicht die, auf die sie warteten. "Ihr greift eine unschuldige Frau an und wollt sie... wollt sie..." Jupiter dachte eine Sekunde nach, denn sie wußte ja eigentlich gar nicht, was die beiden mit der Frau vorhatten. Schließlich kam sie zu dem Schluß, daß Sailor Moon weitaus besser im Sprücheklopfen war als sie. "Ist auch egal, was ihr mit ihr tun wollt. Auf jeden Fall werde ich das nicht zulassen! Ich bin Sailor Jupiter und im Namen des Jupiter werde ich euch bestrafen!" Daisuke verdrehte die Augen. "Schon wieder eine dieser Witzfiguren. Deine beiden Gefährtinnen haben es letztes Mal nicht einmal annähernd geschafft, meinen Diener zu besiegen. Glaubst du etwa, daß du es schaffst? Los, Tokage, schalte zuerst die Kriegerin aus und dann schnappst du dir die Frau!" Der Diener nickte und rannte auf Sailor Jupiter zu. Die beschwor ihren Schutzplaneten. "Macht des Donners... sieg!" Blitze zuckten und Jupiters Angriff traf den Gegner voll, doch er machte ihm nicht besonders viel aus. Tokage packte Jupiter an den Beinen, riß sie zu Boden und schleuderte sie gegen die nächstbeste Hauswand. Benommen blieb Sailor Jupiter liegen. "Tokage, mach schon! Oder wollen wir hier übernachten?" Wieder ging der Diener zum Angriff über, doch diesmal kam er nicht ganz an Jupiter heran. Eine gleißende Sphäre kam von der Seite auf ihn zugerast und schleuderte ihn zu Boden. Daisuke ballte wütend die Fäuste und starrte die beiden Neuankömmlinge an. "Warum kommt ihr eigentlich immer alle auf einmal, wenn man eine von euch angreift?" fragte er mit vor Wut zitternder Stimme. "Wir sind einfach unzertrennlich", entgegnete Sailor Etherion, der seinen Stab, mit dem er das Sternenfeuer beschworen hatte, wieder senkte. "Und jetzt kannst du dich uns beiden stellen, Daisuke." Sailor Gemini sagte nichts, sondern ging zu Jupiter hinüber, die noch immer kraftlos am Boden lag. Sie zögerte etwas, bevor sie sich zu ihr hinab beugte, doch schließlich überwand sie ihre Zweifel. "Geht es?" fragte sie leise. Sailor Jupiter nickte und ließ sich von Gemini aufhelfen. "Warum hilfst du uns?" fragte sie die ihr unbekannte Kriegerin. Gemini überlegte, ob sie lieber gar nichts sagen sollte, doch dann fiel ihr das Gespräch vom Morgen wieder ein und sie beschloß, den Dingen ihren Lauf zu lassen. "Weil wir alle Kriegerinnen sind. Und wir sollten uns helfen. Aber ihr seid zu schwach, um die Gegner besiegen zu können. Ich habe es Sailor Moon und Sailor Venus schon gesagt: Laßt mich... uns diese Aufgabe übernehmen." Sailor Jupiter schwieg, dann warf sie einen Blick auf den Diener, der sich gerade einen Kampf mit Sailor Etherion lieferte. Daisuke war nirgendwo zu sehen. "Wer seid ihr?" Etherion wehrte einen Angriff des Dieners mit seinem Stab ab. "Sailor Gemini, ich könnte ein bißchen Hilfe gebrauchen!" Gemini wandte sich um und lief Tokage entgegen. Dann breitete sie die Arme aus. "Castor und Pollux... fliegt!" Die beiden Plasmabälle, die sich über ihren Handflächen gebildet hatten, flogen auf den Diener zu und rissen ihn von den Füßen. Sailor Etherion hob seinen Stab. "Sternenglanz... flieg!" Ein gleißender Lichtstrahl kam vom Himmel, traf Tokage und zerriß ihn förmlich. In der nächsten Sekunde war von dem Diener nichts mehr übrig. Gemini und Etherion wandten sich gemeinsam Jupiter zu, die etwas irritiert dastand. "Also seid ihr auch Sailorkrieger?" "Ja." Gemini nickte. "Krieger wie ihr." "Aber... Er ist..." Jupiter runzelte die Stirn. Gab es männliche Sailorkrieger? Für einem Augenblick dachte sie an die Starlights, aber das war etwas anderes. Etherion lächelte. "Ihr könnt euch nicht mehr erinnern. Durch eure Wiedergeburt ist euch alles verlorengegangen, was vor der Zeit war, als sich Prinzessin Serenity und Prinz Endymion kennenlernten. Einst kämpften wir gemeinsam gegen das Böse. Ihr könnt uns vertrauen." Jupiter schwieg. Sie wußte nicht recht, was sie sagen sollte. "Jupiter!" Minako und Ami kamen die Straße entlang gelaufen und wirkten sehr besorgt. Für eine Sekunde ließ Jupiter die beiden anderen aus den Augen und als sie schließlich wieder hinsah, waren sie schon verschwunden. "Willst du damit sagen, sie gehören wirklich zu uns?" Minako kratzte sich nachdenklich am Kopf. "Aber warum wissen wir nichts von ihnen?" "Sie sagten, wir hätten durch unsere Wiedergeburt alles vergessen. Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll. Sie haben mir geholfen, aber aus irgendeinem Grund wollen sie sich uns wohl nicht offenbaren." Ami verschränkte die Arme vor der Brust und sah zum Fenster ihres Zimmers hinaus. Sie hatten sich alle bei ihr versammelt nachdem sie Frau Sutego nach Hause gebracht hatten. "Und dabei haben sie gesagt, wir könnten ihnen vertrauen. Das widerspricht sich doch total." "Ich versteh das alles nicht", nörgelte Bunny und sah sich hilfesuchend nach Luna um. "Weißt du denn nicht, wer die beiden sind?" Luna überlegte kurz und auch Artemis dachte angestrengt nach. "Also, ich weiß, daß ich die Namen schon mal irgendwo gehört habe, aber ich kann beim besten Willen nicht mehr sagen, worum es dabei ging. Tut mir leid." "Ich muß mich Luna anschließen. Auch unsere Erinnerung ist teilweise zerstört. Das heißt, wir werden sie wohl fragen müssen, welche Rolle sie spielen und was sie hier wollen." Bunny lehnte sich zurück und sah an die Decke. "Wenn wir nur stärker wären... Aber wir haben wohl unsere größte Kraft erreicht und damit können wir nichts mehr ausrichten. Vielleicht hat Sailor Gemini recht und wir sollten wirklich nicht gegen die Feinde kämpfen." Rei sah erschrocken auf. "Bunny!" "Äh... Das war natürlich nur so ein Gedanke", lachte Bunny verlegen. "Meinst du, es war richtig, daß wir einfach so gegangen sind?" fragte Sukuite Mitsumi, als sie auf den Fahrstuhl in ihrem Wohnhaus warteten. Mitsumi hob die Schultern. "Ich bin mir nicht mal sicher, ob es überhaupt richtig war, mit ihr zu reden." "Warum hast du es denn überhaupt getan? Ich dachte, du wolltest ihnen aus dem Weg gehen und so schnell wie möglich verschwinden? Was du getan hast, war das genaue Gegenteil." Der Fahrstuhl kam an und Mitsumi und Sukuite stiegen ein. "Wahrscheinlich hat deine Predigt von heute morgen doch etwas genützt. Außerdem werden sie sich sowieso nicht raushalten. Ich kenne doch die Prinzessin." Sukuite lachte leise. Als sie auf ihrer Etage ankamen, öffneten sich die Fahrstuhltüren und Mitsumi wollte, den Blick auf Sukuite gerichtet, aussteigen, als sie bemerkte, daß er bleich wurde. Sie sah nach vorn und erstarrte. Vor dem Fahrstuhl stand der eine, der für Mitsumi immer Prinz Endymion sein würde, egal in welcher Kleidung, welcher Gestalt oder an welchem Ort. Seine dunklen Augen fixierten Mitsumi und für einen Moment glaubte sie, etwas wie Erkennen auf seinem Gesicht lesen zu können. Doch letztendlich runzelte er nur die Stirn und sah sie erstaunt an. So als ob er sie schon einmal gesehen hätte, aber nicht mehr wußte, wo. Mitsumi war nicht fähig, sich zu bewegen. Ihr Herz klopfte wild und sie bemerkte, daß ihr schon wieder Tränen in die Augen schossen. Eine Ewigkeit lang starrten sich der Prinz und die Kriegerin an, dann endlich faßte Sukuite Mitsumi am Arm und führte sie aus dem Fahrstuhl. Er zerrte sie regelrecht hinter sich her. Mitsumi sah noch einmal zurück, obwohl ihr Verstand schrie, es nicht zu tun. Er war in den Fahrstuhl eingestiegen und blickte ihr nach, bis sich die Türen schlossen. Sukuite schob Mitsumi in die Wohnung und ließ sie erst dann los, als sie im Wohnzimmer vor der Couch stand. Dann drückte er sie nieder und seufzte. "Alles in Ordnung?" "Es war keine sehr gute Idee, hierher zu ziehen. Weiß Gott nicht." Sukuite ließ sich einfach auf den Boden fallen. "Wenigstens war es eine sehr interessante Begegnung." "Ich möchte eigentlich nicht darüber reden." Mitsumi hob den Kopf und ihre Augen sagten Sukuite, daß es mehr war als das. Die Folgen dieses Treffens waren nicht abzusehen und vielleicht hatte Mitsumi recht gehabt, als sie gesagt hatte, sie bräuchte noch Zeit. Doch nun war es geschehen und irgendwie wußten sie beide, daß es nun erst richtig losging. Mitsumi stand auf und trat an einen kleinen Tisch neben der Balkontür. Sie nahm das silberne Kästchen, das darauf stand und öffnete es. Neun silberne Broschen mit verschiedenen Planetenzeichen lagen in dem Kästchen. Mitsumi nahm die Brosche mit dem Zeichen des Mondes vorsichtig in die Hand. "Vielleicht sollten die anderen wirklich für sich selbst kämpfen können." Sukuite trat zu Mitsumi und blickte ebenfalls auf die Brosche. "Du meinst, du willst ihnen wirklich die wahre Macht ihrer Planeten zukommen lassen?" Mitsumi wiegte den Kopf. "Vielleicht ist es falsch, ihnen zu sagen, daß sie nicht kämpfen sollen. Ich weiß es nicht. Aber sie sollten auf jeden Fall für sich selbst sorgen können, oder?" "Das mußt du entscheiden. Du bist eine der Wächterinnen über die Mächte. Und die Entscheidung liegt ganz allein bei dir." "Wir haben immer gemeinsam entschieden. Aber jetzt... jetzt bin ich die einzige, die noch da ist." Es entstand eine kurze Pause, in der Mitsumi das Kästchen wieder zuklappte und auf den Tisch stellte. "Ich muß noch darüber nachdenken." "Willst du versuchen, die anderen zu erreichen?" Mitsumi öffnete die Balkontür und ging hinaus. "Das tue ich doch jeden Tag. Und ich weiß genau, daß ich sie finden werde. Sie sind nicht tot. Sie leben und ich spüre es." Kapitel 3: Offenbarung ---------------------- Kapitel III - Offenbarung >... Die Zeit ist ein Trank des Vergessens. Sie läßt Dinge anders erscheinen oder löscht sie aus den Erinnerungen. Doch manchen Menschen kann sie nichts anhaben. Ihr Leben ist bestimmt von Erinnerungen, von denen sie sich nicht frei machen können. Und solchen wird niemals die Freiheit geschenkt werden. ...< "Wir wissen ganz genau, wo du dich versteckt hältst, Bunny!" Makoto stand neben der Tür zum Mädchenklo und sah sich verlegen um. Die anderen Schüler, die über den Flur gingen, warfen ihr merkwürdige Blicke zu und manche kicherten albern. "Bunny, komm da raus!!!" Makoto schlug die Augen nieder und schüttelte den Kopf. Die Worte aus dem Mädchenklo waren laut und deutlich auf dem Flur zu hören. "BUNNY!" "NEEEEEEEIIIIIIIIN!" Die Tür flog auf und Makoto konnte sich nur durch einen kühnen Sprung in Sicherheit bringen, ansonsten hätte die Tür sie genau im Gesicht getroffen. Bunny stürzte auf den Flur, gefolgt von Minako und Ami. Während Bunny verängstigt und verzweifelt wirkte, sahen Minako und besonders Ami sehr entschlossen aus. Die Schüler in nächster Nähe blieben stehen und beobachteten teilweise erstaunt, teilweise laut lachend das Geschehen. "Du stellst dich ziemlich kindisch an!" Ami packte Bunny am Arm und hinderte sie so am Weglaufen. "Wir haben die Aufnahmeprüfungen geschafft, da wirst du doch vor so einer kleinen Zwischenprüfung keine Angst haben!" "Du hast doch keine Ahnung, Ami" wimmerte Bunny und versuchte, sich loszureißen. "Du weißt ja auch immer alles und kannst alles. Aber ich... Ich bin eben nicht so schlau wie du und darum hacken alle auf mir herum." Makoto schüttelte den Kopf. "Wer hackt denn auf dir herum? Das bildest du dir doch alles nur ein. Wir wissen doch, daß du niemals so schlau sein wirst wie Ami. Dafür liegen deine Qualitäten in anderen Bereichen." Bunny zog ein Taschentuch aus ihrer Schultasche und putzte sich geräuschvoll die Nase. "Meinst du?" "Aber natürlich. Du bist schließlich Prinzessin Serenity. Und eines Tages wirst du den Frieden auf der Welt durch deine Herrschaft erhalten. Du wirst eine liebende Ehefrau und gute Mutter sein und dann ist es sowieso jedem egal, was du einmal in der Schule getrieben hast." Bunny sah einen Moment nachdenklich aus. Dann lächelte sie Makoto an. "Danke. Du hast recht, ich brauche überhaupt nicht zu lernen, um eine gute Zukunft zu haben." Sie drehte sich um, ging in Richtung Klassenzimmer und ließ ihre drei verdutzten Freundinnen zurück. Schließlich löste sich Makoto aus ihrer Erstarrung. Schlimmes ahnend lief sie hinter Bunny her. "So war das aber nicht gemeint!" Minako sah verwundert zu Ami. "Habe ich mich eben verhört, oder was? Bunny will nicht mehr lernen?" Ami wurde leichenblaß. "Sie wird doch nicht... Oh, mein Gott... BUNNY!!!!" Der Diener griff ein letztes Mal an, doch seine Attacke hatte keinerlei Wirkung mehr. Sailor Etherion wehrte den Feind mit Leichtigkeit ab und vernichtete ihn mit einer kurzen und gezielten Attacke. Daisuke, der sich wie immer im Hintergrund gehalten hatte, wich zurück und ballte verärgert die Fäuste. "Ihr verdammten Sailorkrieger", fluchte er mit gepreßter Stimme. "Eines Tages werde ich euch noch eine Lektion erteilen. Aber für heute soll es genug sein." Hinter Daisuke öffnete sich ein schwarzes Tor und der dunkle Krieger verschwand, ehe Etherion oder Gemini etwas unternehmen konnten. Seufzend stieß Etherion seinen Stab in die weiche Erde und schüttelte den Kopf. "Wieso macht er immer Versprechungen, die er nicht halten kann? So langsam wirkt er auf mich wie ein furchtbarer Feigling. Er muß doch wissen, daß er sich mit seinem Verhalten nur lächerlich macht." Sailor Gemini fuhr sich mit der rechten Hand über ihr Gesicht. "Ich weiß nicht. Ich habe ein komisches Gefühl bei der Sache. Es sieht mir ganz so aus, als würde er kämpfen wollen - aber etwas hält ihn zurück." "Oder jemand..." Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden Kriegern. Erst als Etherion seine irdische Identität wieder annahm und Gemini aufforderte, sich vom Schauplatz des Kampfes zu entfernen, wich die bedrückende Stille. "Sukuite, ich habe nachgedacht." Mitsumi hatte die Hände tief in den Taschen ihrer Jacke vergraben und sah zu Boden, während sie sprach. "Ja? Über was denn?" "Über unsere Situation. Das alles ist so verfahren... Und ich glaube, ich bin der Angelpunkt der Probleme." "Du...?" Sukuite sah Mitsumi erschrocken von der Seite an. "Wie kommst du denn auf die Idee?" Mitsumi zog die Schultern hoch und seufzte. Ihr Blick wanderte in die Ferne und hielt sich dort an einem unbestimmten Punkt fest. "Seit ich hier angekommen bin, geht irgendwie alles schief. Das mußt du doch auch gemerkt haben, Sukuite. Die Dinge laufen nicht so, wie sie sollten." "Und wie sollten sie laufen? Wenn du dir die Schuld am Verschwinden der anderen gibst..." Mitsumi schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war eine Maske, hinter der sie ihre Gefühle verbarg, doch ihre Augen drückten überdeutlich ihre Verwirrung aus. "Nein, das ist es nicht. Ich weiß, daß ich nichts dafür kann. Aber hier... Es ist so schwierig, all diesen Gefühlen gegenüberzutreten, die ich schon seit ewigen Zeiten nicht mehr empfunden habe." "Seit ewigen Zeiten oder seit damals?" Mitsumi blieb stehen und sah den Freund lange an. Ihre sonst so hellen Augen waren dunkel geworden. Und Sukuite kannte den Grund dafür. "Du kannst nicht leugnen, daß sich alles irgendwie darauf zurückführen läßt, Sukuite. Ich habe damals viele Fehler gemacht, aber ich habe dafür bezahlt - und tue es noch. Ich wollte alles vergessen, aber ich konnte es nicht und jetzt... Auch wenn Sailor Moon die Erinnerungen an mich fehlen, wird sie sich früher oder später an die Ereignisse erinnern, wenn ich weiterhin auf diesem Planeten bleibe. Ich muß meine Aufgabe erfüllen. So schnell wie möglich." "Und doch laufen dir immer wieder die anderen über den Weg, auch wenn sie nichts mit der ganzen Sache zu tun haben." "Das ist ja das Problem", seufzte Mitsumi. "Wenn ich sie nur nicht immer wieder treffen würde. Wir könnten das Ganze alleine erledigen und würden wieder verschwinden, ohne daß sie wüßten, wer wir sind. Oder wer wir waren..." Mitsumi setzte sich wieder in Bewegung und Sukuite folgte ihr in geringem Abstand. Beide schwiegen eine Zeitlang und hingen ihren eigenen Gedanken nach. "Und wenn nun alles so kommen soll?" fragte Sukuite als sie in die Straße einbogen, in der sie wohnten. "Wenn nun die Zeit gekommen ist, sich der Vergangenheit zu stellen und so die Zukunft zu beeinflussen? Vielleicht können wir den Kampf gar nicht allein gewinnen, sondern brauchen die Hilfe der anderen dafür." Mitsumi antwortete nicht sofort. Und als sie es tat, klang ihre Stimme traurig und resigniert. "Wir werden sehen, Sukuite. Wir werden sehen." "Hör doch nicht auf Ami! Sie übertreibt mal wieder maßlos." Bunny hatte sich bei Mamoru untergehakt und ging mit ihm auf seine Haustür zu. Sie war ein wenig rot, weil Mamoru ihr Vorhaltungen wegen ihres mangelnden Interesses an der Schule gemacht hatte. Und nun versuchte sie ihn gerade davon zu überzeugen, daß nicht alles so schlimm war, wie es schien. "Ich habe niemals gesagt, daß ich nicht mehr lernen will. Ich habe einfach nur betont, daß auch ohne diese ewige Lernerei etwas aus mir werden wird." "Ach, und was soll das sein?" fragte Mamoru kühl. "Naja, immerhin werde ich deine Frau und eine Königin sein. Außerdem muß sich ja auch jemand um Chibiusa kümmern, wenn sie erstmal geboren ist." "Und das ist alles?" "Alles? Das ist eine ganz schöne Verantwortung!" "Aber was machst du bis dahin?" "Bis dahin?" Bunny senkte nachdenklich den Kopf. "Ich... äh... Wann hast du denn vor, mich zu heiraten?" Mamoru antwortete nicht. Bunny wurde ganz flau im Magen. Hätte sie ihm die Frage nicht stellen dürfen? War er nun möglicherweise verletzt? Hatte sie ihn zu sehr unter Druck gesetzt? Sie waren ja auch noch beide so jung... "Mamoru..." begann sie und hob den Blick, um sich zu entschuldigen, doch im nächsten Moment hatte sie schon vergessen, was sie hatte sagen wollen. Mamoru blieb stehen und starrte zwei Personen an, die vor der Tür seines Hauses standen und miteinander sprachen. Die eine Person war ein hochgewachsener Mann mit braunem Haar, der sehr gut gekleidet war. Die andere eine junge Frau in schwarz, deren auffälligstes Merkmal ihre silbernen Haare waren. "Kennst du sie?" fragte Bunny etwas mißtrauisch, denn daß sich Mamoru so in den Anblick zweier fremder Menschen vertiefte war eigentlich mehr als ungewöhnlich. Es dauerte eine Weile, bis sie eine Antwort erhielt. Und der Ton, in dem sie kam, machte Bunny irgendwie nervös. "Ich habe sie einmal gesehen. Sie scheinen Nachbarn von mir zu sein, aber... ich habe das Gefühl, daß sie sich vor mir verstecken. Und diese Frau..." "Was ist mit der Frau?" Bunny betrachtete noch einmal die ihr Fremde und plötzlich glaubte sie, diese Frau schon einmal gesehen zu haben. Sie wußte nur nicht mehr, wo und wann. Ein merkwürdiges Gefühl wuchs in ihr heran. Fast etwas wie Angst. In diesem Augenblick entdeckte der Mann Mamoru und Bunny und verstummte. Auch die Frau drehte sich nun um und sah die beiden. Für einen Augenblick schien die Welt stillzustehen. Bunny glaubte sich auf einmal an Dinge zu erinnern, die ihr zuvor völlig fremd gewesen waren. Doch ehe sie die Bilder in ihrem Kopf fassen konnte, waren sie auch schon wieder verschwunden. Der Frau schien es ähnlich zu gehen, denn sie starrte nur zu Bunny hinüber und schien sich für Sekunden nicht mehr bewegen zu können. Erst nach scheinbar endlosen Augenblicken drehte sie sich ruckartig um und verschwand im Haus. "Und du bist dir ganz sicher?" Rei hob die rechte Hand und beugte sich drohend zu Bunny hinüber. Ihre Augen funkelten böse. "Wenn nämlich nicht, dann machen wir uns zum totalen Gespött, das weißt du, oder?" Bunny sah ihre Freundin mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Rei, ich bin noch nicht ganz verblödet. Natürlich weiß ich das. Aber kennst du eine andere Möglichkeit, um die Wahrheit rauszufinden?" Rei schwieg. "Das ist schon ziemlich peinlich, Bunny." Ami stellte ein Tablett mit Teetassen auf den Tisch und setzte sich zu ihren Freundinnen. "Du erwartest ernsthaft, daß wir einen Angriff auf uns vortäuschen, die beiden fremden Krieger damit anlocken und sie dann festhalten, damit sie uns über alles aufklären?" Bunny nickte. "Das ist zumindest alles, was mir einfällt." "Oh man." Minako ließ sich rückwärts auf den Boden fallen und seufzte tief. "So weit ist es inzwischen mit den Sailorkriegern gekommen. Wir müssen schon auf schmutzige Tricks zurückgreifen, um mit anderen reden zu können. Wartet nur ab, irgendwann müssen wir sogar die Feinde mit Spruchbändern oder roten Tüchern auf uns aufmerksam machen. Ich seh's schon kommen!" "Also, machen wir's?" Bunny sah erwartungsvoll in die Runde. Schließlich nickte Ami und senkte ergeben den Blick. "Eine andere Möglichkeit haben wir ja kaum." "Gut. Ich muß dann nur noch alles mit Mamoru besprechen. Ich rufe euch an!" Und schon war Bunny zur Tür hinaus. Die Sonne stand tief über dem Horizont, als Bunny auf dem Platz vor Mamorus Haus ankam. Sie war so schnell gelaufen, wie sie konnte - und das nicht nur, weil sie es eilig hatte, zu ihrem Freund zu kommen. Nein, die ganze Zeit über hatte sie ein merkwürdiges Gefühl gehabt. Und sie hatte gehofft, es loszuwerden, einfach durch das Laufen. Leider hatte sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Im Gegenteil: Das Gefühl wurde stärker. Und das war keine besonders positive Feststellung für Bunny. Im Hausflur war es kühl. Bunny ging auf den Fahrstuhl zu und drückte auf den Knopf. Ungeduldig wartete sie. Sollte sie lieber die Treppe nehmen? Es konnte immerhin nicht schaden. Bereits als sie im ersten Stockwerk angelangt war, bereute Bunny ihren Entschluß. Sie hatte Treppen noch nie besonders gemocht. Und wieder stellte sie sich vor den Fahrstuhl und wartete. Plötzlich hatte sie das starke Gefühl, beobachtet zu werden. Erschrocken drehte sie sich um und suchte ihre Umgebung mit den Augen ab, doch sie konnte nichts entdecken. "Ganz ruhig, Bunny", murmelte sie und drückte noch einmal auf den Knopf für den Fahrstuhl. "Jetzt hast du auch schon Wahnvorstellungen." Auf einmal meinte Bunny, Schritte zu hören. Wieder drehte sie sich um, doch erneut konnte sie niemanden entdecken. Schließlich entschloß sie sich zum Angriff. "Hallo? Ist da jemand?" Stille. Einige Sekunden verstrichen, aber Bunny schien ganz allein zu sein. Keine Antwort, keine Schritte - nichts. Das Geräusch, das Bunny schließlich zusammenfahren ließ, stammte vom Fahrstuhl, der endlich angekommen war und nun seine Tür öffnete. Erleichtert atmete Bunny auf, wandte den Blick von dem leeren Korridor ab und drehte sich zum Fahrstuhl um. Doch noch ehe sie einen Blick nach hinten werfen konnte, packte sie jemand aus dem Fahrstuhl heraus am Hals, riß sie nach hinten und brachte sie so zu Fall. Bunny schrie wie am Spieß. Sie trat verzweifelt um sich, erwischte irgendeinen Körperteil ihres Angreifers und hörte, wie er ein ersticktes Keuchen von sich gab. Sein Griff lockerte sich und Bunny kam frei, rappelte sich auf und machte, daß sie von dem Fahrstuhl wegkam. Erst, als sie Abstand zwischen sich und den Angreifer gebracht hatte, wagte sie es, sich umzudrehen. Im Fahrstuhl stand eine merkwürdige Kreatur, die Bunny haßerfüllt anstarrte. Sie war groß, ungewöhnlich kräftig und trug einen hautengen Anzug aus schwarzem Leder. Aus dem Rücken wuchsen dem Etwas zwei riesige ledrige Schwingen, die es wegen des Platzmangels im Fahrstuhl nicht zu voller Spannweite öffnen konnte. Das Gesicht des Dings war verzerrt und das nicht nur vor Schmerz. Es sah aus wie eine Mischung aus Mensch und Fledermaus. Entsetzt wich Bunny noch ein paar Schritte zurück. Sie wußte sofort, daß es sich nur um einen Diener handeln konnte - einen ihrer neuen Feinde. Doch warum griff er ausgerechnet sie an? Wußte er, wer sie war? Bisher hatten sie doch gar kein Interesse an den Kriegerinnen dieses Sonnensystems gezeigt. Weshalb jetzt? Was war geschehen? Der Diener trat aus dem Fahrstuhl und breitete die Schwingen aus. Bunny wußte nicht, was sie tun sollte. Jeder Fluchtweg war ihr abgeschnitten. Das einzige, was ihr übrig blieb, war der Kampf. Doch mit ihren Kräften konnte sie ja nichts gegen die neuen Gegner ausrichten... Unerwartet schnell sprang der Diener nach vorn und erwischte Bunny so, daß er sie unter sich begrub, als er wieder auf dem Boden landete. Bunny begann erneut zu schreien und um sich zu schlagen. Ihre Situation war ziemlich ausweglos. Das Monster war viel stärker als sie und verwandeln konnte sie sich auch nicht, wenn sie so in seiner Gewalt war. Plötzlich flog irgendwo eine Tür auf und Bunny hörte einen Schrei, dann Stimmengewirr und schließlich spürte sie, wie der Diener seinen Griff lockerte. Sie hatte die Augen geschlossen, darum konnte sie nicht sehen, wer sie an den Armen packte und unter dem Monster hervorzog, doch es war jemand, der ihr vertraut vorkam. Sie wurde hochgehoben und aus der Reichweite des Dieners gebracht. Dann ließ man sie herunter und redete auf sie ein, daß sie die Augen öffnen sollte. Es dauerte eine Weile, ehe Bunny sich stark genug fühlte, tatsächlich wieder einen Blick in die Realität zu werfen. Als sie es tat, sah sie zwei Menschen vor sich, die sie kannte: Der eine war Mamoru, der andere die Frau mit den silbernen Haaren, die Bunny bereits einmal unten vor der Tür gesehen hatte. Sie sahen beide angespannt aus. Von irgendwoher erklang ein kurzes Zischen und dann ein Schmerzensschrei. "Bunny, geht es dir gut?" Mamoru sah seine Freundin besorgt an und hielt ihre Hand. Er war leichenblaß. "Ja... Ja, ich denke schon." Bunnys Blick wanderte zu der Frau, die irgendwie abwesend wirkte. Ihre hellen Augen wirkten trüb und sie vermied es augenscheinlich, auch nur einen Blick auf Mamoru zu werfen. Ab und zu drehte sie sich so um, daß sie um die Ecke des Korridors auf den Bereich vor den Fahrstuhl sehen konnte, wo den Geräuschen nach zu urteilen ein Kampf tobte. "Was ist eigentlich passiert?" fragte Bunny schließlich in die entstandene Stille hinein. Sie erhielt keine Antwort. Ein Schrei war zuhören, dann ein unmenschliches Knurren und sofort sprang Mamoru auf. "Ich muß ihm helfen!" rief er und sah noch einmal zu Bunny hinunter, die noch immer benommen auf dem Boden lag. "Ich bin gleich wieder zurück, Bunny." Und schon verschwand er um die Ecke. "Ihm helfen?" Bunny richtete sich auf und sah die fremde Frau, die noch immer gedankenverloren neben ihr saß, fragend an. "Wem helfen?" Die Frau reagierte nicht sofort. Ihr Blick blieb immer noch starr und verschleiert und erst, als Bunny ihre Frage noch einmal stellte, kehrte sie von dort zurück, wo sich ihr Geist befunden hatte. "Sailor Etherion", murmelte sie und sah Bunny mit Augen an, die so klar waren wie das Wasser eines Gebirgsbaches. "Er hat den Diener abgelenkt, damit wir dich retten konnten." Bunny runzelte die Stirn. "Der Diener? Woher weißt du davon? Wer bist du?" Die Frau seufzte. "Wer ich bin? Mein Name ist Mitsumi Emura. Und ich wünschte, ich wäre einfach nur hier, um dich vor dem Diener zu retten und wieder aus deinem Leben zu verschwinden. Aber so einfach ist es leider nicht." "Was willst du damit sagen?" "Bunny, dieser Diener hätte dich nicht angreifen dürfen. Er hätte nichts von dir wissen dürfen. Sie sind nicht dumm. Sie wissen einiges über mich und folglich auch über dich. Aber weil sie eigentlich hinter mir her sind, dachte ich, du und die anderen, ihr wäret in Sicherheit. Anscheinend habe ich mich geirrt. Vielleicht hat Etherion Recht. Vielleicht ist die Zeit gekommen..." Mitsumi seufzte noch einmal und griff nach Bunnys Händen. Ihr Blick wurde bittend, beinahe flehend. "Bitte, Prinzessin, vergebt mir. Nach allem, was geschehen ist, wollte ich bestimmt nicht noch mehr Fehler machen. Ich wollte nur vermeiden, daß alte Wunden wieder aufgerissen werden, doch anscheinend ist es mein Schicksal. Ich weiß nicht, was von nun an geschehen wird, aber es ist wichtig, daß den Kriegerinnen dieses Planeten, die einst das Königreich des Mondes beschützten, nichts zustößt." Bunny fiel beinahe die Kinnlade herunter. Ihre Augen wurden groß und ihr Gehirn schien besonders langsam zu arbeiten. Ihr Verstand war viel zu langsam für das, was hier geschah. "Du weißt, daß ich eine Prinzessin bin? Und du weißt von den Kriegerinnen? Was ist hier eigentlich los?" Mitsumi sah Bunny eine Weile nur schweigend an, dann ließ sie ihre Hände los, formte die rechte Hand zu einer Faust und schloß die Augen. "Ich bin die letzte Wächterin über die Mächte. Ich weiß, daß die Entscheidung jetzt nur bei mir liegt. Ihr anderen... Ich bitte euch, gebt mir euren Segen, wenn ich die Macht nun an die Kriegerin gebe." Mitsumi öffnete ihre Hand wieder und hielt Bunny eine wunderschöne Brosche hin, auf der eine Mondsichel zu erkennen war. Bunny machte keinerlei Anstalten, aus freiem Willen nach dem Schmuckstück zu greifen, doch ihr Arm bewegte sich auch ohne ihr Zutun von ganz allein. "Was ist das?" Mitsumi sah Bunny wieder mit ihren hellen Augen an. "Das, Sailor Moon, ist die Brosche, die dir deine neue Macht verleiht. Du besitzt nun die volle Macht über die Kräfte des Mondes. Mit dieser neuen Kraft kannst du die Feinde bezwingen. Sag einfach "Macht der Mondkriegerin, mach auf!" und du wirst neue Energie in dir spüren." Bunny starrte auf die Brosche und fühlte bereits, wie die Kraft, die in ihr wohnte, pulsierte. "Danke... Aber wer bist du wirklich?" Mitsumi stand auf. "Ich denke, daß Etherion recht hatte. Die Zeit ist gekommen. Du wirst wissen, wer ich bin." Plötzlich umgab Mitsumi eine strahlende Aura, beinahe ein strahlendes Licht. "Macht der Zwillingssterne... mach auf!" Kapitel 4: Eine alte Geschichte ------------------------------- Kapitel IV - Eine alte Geschichte >... In jedem Herzen gibt es einen dunklen Ort, an dem die tiefsten und bittersten Geheimnisse bewahrt werden. Manche Menschen wissen nichts von der Existenz dieses Ortes und ohne dieses Wissen sind sie glücklich. Und wer davon weiß, der wird Qualen leiden, bis er es schafft, sein Herz zu öffnen. ...< "Du?" Bunny starrte Mitsumi, die sich vor ihren Augen in Sailor Gemini verwandelt hatte, fassungslos an. Und nun, da sie beide Personen, die eigentlich nur eine waren, vor sich gehabt hatte, konnte sie auch endlich die Ähnlichkeit der beiden erkennen und verstand, warum sie bei ihrer ersten Begegnung geglaubt hatte, Mitsumi zu kennen. "Ich glaube das einfach nicht! Ich hätte nie gedacht, daß -" Sailor Gemini sah Bunny mit einem Blick an, der sie verstummen ließ. Er war so unendlich traurig, daß Bunnys Herz weh tat. "Bunny, ich kann nicht behaupten, daß ich glücklich über diese Entwicklung bin. Ich habe dir schon gesagt, daß dieser Kampf dich nichts angeht. Immer noch nicht." "Aber der Diener hat mich doch angegriffen! Du hast selbst gesagt, daß er das nicht hätte tun dürfen. Auch wenn ich nicht kämpfen wollte, ist es dafür nun anscheinend zu spät." Vom Fahrstuhl her erklang ein Schrei. Einen Augenblick später flog etwas in hohem Bogen durch die Luft und landete ein paar Schritte von Bunny entfernt auf dem Boden. "Etherion!" Gemini lief auf ihren Gefährten zu und bückte sich, um ihm aufzuhelfen. Er sah nicht besonders munter aus. Sein Cape war zerrissen, sein linker Ärmel von Blut getränkt. "Anstatt hier herumzustehen und euch zu streiten, könntet ihr uns ruhig mal helfen", meckerte er und ächzte, als er nach seinem Stab griff, der wenige Zentimeter entfernt liegen geblieben war. "Tuxedo Mask und ich schaffen das nicht mehr sehr lange alleine." "Er hat recht. Bunny, du mußt dich jetzt verwandeln." Sailor Gemini sah, daß Bunny zögerte und fügte etwas freundlicher hinzu: "Vertrau mir." "Na gut. Aber nur unter einer Bedingung." Gemini zog erstaunt die Brauen hoch und sah Etherion an, dessen Gesicht einer Maske glich. "Welche?" "Wenn dieser Kampf vorbei ist, dann erzählt ihr uns, was ihr hier wollt und wer die Feinde sind. Und... wer ihr überhaupt seid." Gemini kniff die Lippen zu einem dünnen Strick zusammen, aber sie nickte. "Gut, dann los." Bunny kam sich etwas komisch dabei vor, die Brosche, die augenscheinlich so viel Macht besaß, in ihrer Hand zu halten. Der Gedanke, daß es überhaupt nicht funktionieren könne, schoß ihr durch den Kopf, doch sie schob ihn beiseite. "Macht der Mondkriegerin... mach auf!" Eine ungeheure Energie explodierte in Bunnys Brust. Sie fühlte sich von einer starken Macht durchströmt - eine Macht, die stärker war als alles, was sie bisher gekannt hatte. Das Zeichen des Mondes auf ihrer Stirn brannte regelrecht und der Kristall in ihrem Herzen leuchtete heller als je zuvor. Als Bunnys Verwandlung abgeschlossen war, fühlte sie sich gleichzeitig stark und auch erschöpft. Aber es war ein angenehmes Gefühl, das ihr auf eine eigenartige Art und Weise Sicherheit gab. Und außerdem hatte sich ihre Uniform verändert. Das erstaunte sie so sehr, daß sie einen Kommentar nicht unterdrücken konnte. "Oh! Und ich dachte, das wäre meine endgültige Uniform." Sailor Gemini schüttelte den Kopf. "Nein. Die Metamorphose ist noch lange nicht abgeschlossen. So lange du in deinem Herzen noch mehr Kraft findest, wirst du mehr Macht erhalten - und neue Uniformen." "Können wir jetzt gehen?" Sailor Etherion packte seinen Stab fester und rannte entschlossen los. "Warte!" Sailor Moon senkte verlegen den Blick, als Sailor Gemini sie strafend ansah. "Ich ... äh... Ich weiß nur nicht, welche Kräfte ich nun einsetzen kann", gab sie kleinlaut zu. "Du wirst es wissen. Komm jetzt." Der Kampf war in vollem Gange. Sailor Etherion und Tuxedo Mask hatten den Diener schon übel zugerichtet, aber er schien überhaupt nicht müde zu werden und so war er immer noch stark, während die beiden Männer bereits einen Großteil ihrer Kräfte eingesetzt hatten und nun ziemlich erschöpft waren. Als Sailor Moon dem Diener gegenübertrat, blitzte etwas in seinen Augen auf und er griff die Mondkriegerin blitzschnell an. Nur mit Glück schaffte Sailor Moon es, dem Feind auszuweichen. "Du bist sein Ziel", rief Gemini Sailor Moon zu und versuchte, die Aufmerksamkeit des Dieners auf sich zu lenken. "Er will dich unbedingt erwischen und er wird nicht aufgeben, bis wir ihn besiegt haben!" Sailor Moon wich erschrocken zurück, als der Diener mit einer seiner riesigen Hände nach ihr schlug. "Aber warum will er denn ausgerechnet mich?" "Ich wünschte, das wüßte ich!" rief Gemini zurück und beschwor ihre Kraft. "Castor und Pollux... fliegt!" Der Diener sah die beiden Plasmabälle kommen und wollte ausweichen, doch er war nicht schnell genug. Die beiden Geschosse erwischten ihn - jedoch nicht mit voller Wucht. Benommen blieb der Diener liegen, rappelte sich jedoch nach kurzer Zeit wieder auf und griff Sailor Moon erneut an. Wie besessen gebärdete sich der Feind und ließ tatsächlich nicht ab von seinem Ziel - genau wie Sailor Gemini gesagt hatte. Vermutlich hätten die Krieger noch weiter erfolglos kämpfen können, wenn der Diener nicht einen entscheidenden Fehler gemacht hätte: Er achtete nicht darauf, daß er von allen gleichzeitig angegriffen wurde und rannte so jedem der Beteiligten voll in die Schußlinie. Tuxedo Mask brachte den Angreifer durch einen Schlag mit seinem Stab ins Taumeln, während Sailor Gemini schon ihre Plasmabälle beschworen hatte. Von diesen getroffen sank der Diener zu Boden und wollte sich gerade wieder aufrichten, da setzte Sailor Etherion schon seinen Sternenglanz ein. Der Diener keuchte und war merklich geschwächt. Sailor Moon starrte den Feind eine Sekunde lang unschlüssig an. Sie war sich nicht sicher, was sie nun tun sollte. Die neuen Kräfte, die sie erhalten hatte, waren für sie noch absolutes Neuland - wie konnte sie da wissen, wodurch sie den Feind endgültig ausschalten konnte? Doch ihre Angst, die Chance auf den Sieg zu verpassen, verflog schlagartig, als das Brennen der Mondsichel auf Sailor Moons Stirn wieder stärker wurde. Etwas in der Kriegerin begann zu pulsieren und sich einen Weg zu bahnen. Etwas Mächtiges, das nicht einfach zu kontrollieren war. In Sailor Moons Händen erschien ein zierlicher, etwa ein Meter langer Stab, der strahlend weiß leuchtete. Auf seiner Spitze saß eine blaßrosa Perle, von winzigen Goldkugeln eingefaßt. Und in der Perle konzentrierte sich nun eine ungeheure Macht. Sie war so stark, daß Sailor Moons Hände zu kribbeln begannen. "Silberfeuer des Mondes... flieg!" Die Perle löste sich aus ihrer Fassung und wuchs innerhalb von Sekundenbruchteilen zu einem gewaltigen Ball aus Licht an, der schließlich schnell auf den Diener zuflog und ihn förmlich in der Luft zerriß. Während Sailor Moon noch völlig fassungslos auf die Stelle starrte, wo vor wenigen Augenblicken noch der Feind gestanden hatte, löste sich der Stab in ihrer Hand wieder in Luft auf - so als hätte es ihn nie gegeben. "Bunny! Geht es dir gut?" Tuxedo Mask nahm Sailor Moon in die Arme und preßte sie fest an sich. "Ja, es ist alles in Ordnung." "Du hast dich gut geschlagen, Sailor Moon", bemerkte Sailor Etherion, der es gerade geduldig über sich ergehen ließ, von Sailor Gemini bezüglich seiner Wunden begutachtet zu werden. "Du scheinst gut mit deiner neuen Kraft zurechtzukommen." "Sie muß noch viel lernen, ehe sie wirklich die Kontrolle über diese Macht erlangen kann." Sailor Gemini nahm ihre irdische Identität wieder an. "Was nicht heißt, daß du in Kämpfen üben sollst", fügte sie scharf hinzu. "Etherion, ich muß deine Wunden versorgen." Sailor Moon machte ein paar schnelle Schritte nach vorne, als Mitsumi ihren angeschlagenen Gefährten fortbringen wollte, und packte sie am Arm. "Warte! Mitsumi, du hattest mir versprochen, daß du uns über alles aufklären willst. Hast du vor, dein Versprechen zu brechen?" Mitsumi sah Etherion an, doch der reagierte überhaupt nicht. Für einige Zeit schwieg sie einfach nur, dann seufzte sie und nickte. "Bringen wir es hinter uns. Wo ist es dir am liebsten?" Etherion mußte ein Lächeln unterdrücken und er war auch der letzte, der das Gebäude auf dem Weg zum Hikawa-Tempel verließ. Die erste Reaktion der Mädchen, die sich alle bei Rei im Hikawa-Tempel eingefunden hatten, war pures Staunen. Nachdem Bunny ihnen eröffnet hatte, wer Mitsumi und Sukuite waren, herrschte erst einmal tiefes Schweigen. "Na, das sind ja gute Neuigkeiten", murmelte Rei nach einer Weile und warf Bunny einen vielsagenden Blick zu. "Also brauchen wir doch nicht unseren guten Ruf aufs Spiel zu setzen." "Vergiß das doch jetzt mal, Rei", gab Bunny zurück und zog ihre neue Brosche aus der Tasche. "Wir haben jetzt auf jeden Fall die Möglichkeit, die Feinde zu besiegen. Diese neue Kraft ist unglaublich!" Makoto nickte nachdenklich. "Mag sein, Bunny, aber nur du besitzt sie." "Ich würde bestimmt nicht nur Sailor Moon diese neuen Kräfte überlassen. Ihr seid für ihre Sicherheit verantwortlich und ihr seid Kriegerinnen, also gebe ich euch dies." Mitsumi holte das kleine Kästchen hervor, das sie vorsorglich eingesteckt hatte, bevor sie aufgebrochen waren und verteilte an jedes der Mädchen die passende Brosche mit dem jeweiligen Planetenzeichen. Ami betrachtete das Schmuckstück eingehend. "Es wundert mich, wie viel ihr über uns wißt, Mitsumi. Sicher, ihr seid Sailorkrieger, aber meines Erachtens sind eure Kenntnisse über uns ziemlich ausgeprägt. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, daß wir jemals etwas miteinander zu tun hatten oder daß ich auch nur eure Namen schon einmal gehört hätte." Mitsumi seufzte, schwieg aber. Sie war sehr blaß geworden und ballte die Hände so stark zu Fäusten, daß ihre Knöchel weiß hervortraten. Sukuite legte ihr eine Hand auf den rechten Arm und sah seine Gefährtin ruhig an. "Ich denke, wir sollten ganz vorne beginnen. Und noch bevor Mitsumi ins Spiel kommt, geht es um mich." "Ein männlicher Sailorkrieger... Das ist schon sehr ungewöhnlich." Minako legte den Kopf schief und grinste. "Aber keineswegs eine schlechte Sache." Sukuite zog erstaunt die Brauen hoch, ließ sich aber nicht beirren. "Einst gab es noch einen weiteren Planeten in diesem Sonnensystem. Es war ein wundervoller Ort, an dem Frieden herrschte. Dieser Planet hieß Etherion. Und ich... Ich war ein Prinz auf Etherion. Ein Nachkomme der Königsfamilie. Der letzte. Eines Tages wurden wir von einem mächtigen Gegner angegriffen und während dieses Kampfes wurde ganz Etherion vernichtet und bildete den Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Mein Volk konnte gerettet werden und fand auf der Erde ein neues Zuhause. Und da ich nun ein Prinz ohne Königreich war, schloß ich mich fortan dem Königreich des Silberjahrtausends an. Ich kämpfte mit den Kriegern dieses Sonnensystems gegen alle Feinde und wir waren stark genug, um den Frieden zu erhalten." "Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern", warf Mamoru ein und musterte Sukuite mißtrauisch. "Weder an Etherion, noch an dein Volk, das bei uns aufgenommen wurde - geschweige denn an dich." Sukuite nickte. "Das ist kein Wunder. Es war lange vor deiner Zeit, Mamoru. Lange bevor Endymion und Serenity sich kennenlernten und lange bevor Königin Metallia auftauchte. Sailorkrieger altern nicht so, wie die Menschen es tun. Und so haben wir schon ein langes Leben gelebt, ehe all diese Dinge geschahen." Unvermittelt stand Mitsumi auf und ging zum Fenster. Ihr ganzer Körper war angespannt, als sie auf den Hof blickte und mit ihren Augen etwas suchte, woran sie sich festhalten konnte. "Laß mich bitte weitererzählen, Sukuite." Als Mitsumi sich umdrehte und Bunny anblickte, war in ihrem Blick so viel Schmerz, daß Bunny die ihr noch so fremde Frau gerne in den Arm genommen hätte. Doch es war nun so viel wichtiger, endlich alles zu erfahren. "Es wird euch allen nicht gefallen, was ich zu erzählen habe. Und vermutlich werden die Erinnerungen mit meiner Geschichte zurückkehren. Aber Sukuite sagte, es wäre vielleicht endlich an der Zeit, nachdem so viel geschehen ist und es anscheinend unser Schicksal ist, alles noch einmal aufzuarbeiten. Also werde ich... die ganze Geschichte erzählen." Sukuite seufzte leise und Bunny warf ihm einen kurzen Blick zu. Dann sah sie Mamoru an und entdeckte etwas in seinen Augen, das sie erschreckte. Es war ein ähnlicher Ausdruck wie der in Mitsumis Blick. Ob er sich etwa schon erinnerte? Was war nur geschehen? "Ich bin eine der zwölf Wächterinnen über die Planetenkräfte", begann Mitsumi leise. "Wir wachen über die größte Macht aller Sailorkrieger. Unsere Schutzzeichen sind die der Sternzeichen und in diesen befinden sich auch unsere Paläste. Dort leben wir in einer Art Schlaf, bis wir irgendwo in diesem Universum gebraucht werden. Untereinander stehen wir ständig in Verbindung. Nennt es Telepathie, das kommt der Sache wohl am nächsten. Damals, als der Planet Etherion vernichtet wurde, war das Böse eine Zeitlang ausgemerzt. Die wenigen Feinde, die sich den Kriegern dieses Universums entgegenstellten, konnten von ihnen besiegt werden und so hatten wir eine lange Zeit des Schlafes vor uns. Doch eines Tages kam eine neue Gefahr und sie bedrohte das Königreich des Mondes. Wir zwölf erwachten aus unserem Schlaf und reisten zum Mond, um den Kriegern in diesem Kampf beizustehen. Als wir das Schlachtfeld erreichten und unsere Kräfte mit denen der hiesigen Krieger vereinten, konnten wir die Feinde schlagen und den Frieden erhalten. Zum Dank dafür bot uns Königin Serenity ihre Gastfreundschaft an und wir blieben einige Zeit auf dem Mond. Damals lernte ich auch Sailor Etherion kennen. Es war zu Anfang nicht gerade leicht zwischen uns, denn unsere Ansichten und Eigenschaften konnten unterschiedlicher nicht sein. Dennoch freundeten wir uns an - wir alle zwölf fanden neue Freunde auf dem Mond. Etherion fragte mich eines Tages, ob ich mit ihm zur Erde kommen wolle, wo sein Volk lebte. Ich freute mich darauf, denn noch nie war ich auf der Erde gewesen und schon immer hatte mich das blaue Strahlen dieses Planeten fasziniert und angezogen. An diesem Tag lernte ich die Erde kennen. Und ich traf Prinz Endymion..." Mitsumi schwieg und schloß die Augen, um die Bilder von damals noch einmal klar vor sich zu sehen. "Im ersten Moment, in dem ich ihn sah, wußte ich, daß ich niemals einen anderen Menschen würde lieben können. Er sah mich nicht, doch ich spürte, daß wir füreinander bestimmt waren. Von da an besuchte ich die Erde täglich, nur um ihn zu sehen. Das erste Gespräch mit ihm war für mich nur eine Bestätigung meiner Gefühle. Alles, was ich wollte, war mit diesem Menschen zusammen zu sein. Es wurde mir egal, welche Pflichten ich besaß und woher ich kam. Ich war mir so sicher, daß sich von nun an mein ganzes Leben ändern würde." Mitsumi öffnete die Augen und sah Mamoru an. Plötzlich war da kein Schmerz mehr, keine Angst in ihrem Blick. Nur noch Kälte. "Und es änderte sich wirklich. An dem Tag, als ich Endymion und Serenity zusammen sah. Sie waren so glücklich. Und in beider Augen war Liebe zu sehen. Ich kehrte zum Mond zurück, doch in dem Palast, in dem die Prinzessin lebte, konnte ich nicht bleiben. Es war beinahe ein körperlicher Schmerz, der mich dort plagte. Ich wußte nicht, wem ich mich anvertrauen sollte, also ging ich zu Etherion und erzählte ihm alles, was passiert war. Er war sehr verständnisvoll, doch er machte mir klar, daß die Liebe zwischen Serenity und Endymion für die Ewigkeit war. Sie waren einfach füreinander bestimmt. Ich fühlte mich betrogen und verletzt. Ich war immerhin auch eine Prinzessin. Vielleicht lebte ich nicht an einem so schönen Ort wie dem Mondreich, doch auch ich hatte einen Palast, auch ich war schön, auch ich konnte mich genauso gut mit ihm unterhalten. Ich wollte nicht sehen, daß es das Herz war, welches Serenity und mich unterschied. Als die anderen elf Wächter entschieden, in ihre Paläste zurückzukehren, war ich darüber zuerst unglaublich froh. Doch da gab es immer noch diese Stimme in meinem Herzen, die mir zurief, ich dürfe nicht aufgeben. Ich wollte Endymion für mich gewinnen. Um jeden Preis. In der Nacht, bevor wir aufbrechen wollten, schlich ich mich zur Erde. Ich hatte vor, mit dem Mann, den ich liebte, zu reden. Doch als ich ihm schließlich gegenüber stand, konnte ich es nicht. Und so gab es für mich nur noch die Möglichkeit, Serenitys Liebe zu zerstören." Mitsumi hörte, daß Bunny scharf einatmete, aber sie hörte nicht auf zu sprechen. Hätte sie das getan, wäre sie später nicht mehr in der Lage gewesen, auch nur ein Wort herauszubekommen. "Ich schlich mich in ihre Gemächer. Ich wußte selbst nicht, was ich tun wollte, vertraute aber darauf, daß mir schon etwas einfallen würde. Als ich an ihr Bett trat und sie so schlafend daliegen sah, wurde mir klar, daß meine Liebe mein Herz vergiftet hatte. Ich war besessen und das erschreckte mich so sehr, daß ich am liebsten gestorben wäre. Ich war keine Kriegerin mehr. Es gab nicht mehr das uneingeschränkte Gute in meinem Herzen. So konnte ich meine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Aber trotz dieser Einsicht war es zu spät. Damals war ich noch eine andere. Ich bin die Kriegerin der Zwillingssterne und zwei Seelen lebten von Anbeginn der Zeit in meiner Brust. Eine dieser Seelen war nun dunkel geworden und haßte alles, was ihrem Ziel im Weg stand. Die andere war verschont geblieben von dieser Besessenheit, hatte aber nicht die Kraft des Hasses. Ich versuchte, meinen Plan wider besseren Wissens durchzuführen. Ich wollte... Prinzessin Serenity töten." Im Raum herrschte absolute Stille. Mitsumi fühlte, daß sich die Kriegerinnen nun auch an den Rest der Geschichte erinnerten, aber sie wollte sie trotzdem bis zum Schluß erzählen. Aus ihrer Sicht. Diese Gelegenheit hatte sie noch nie gehabt. "Ehe es dazu kam, kamen Sailor Jupiter und Sailor Mars in das Zimmer gestürmt. Sie sahen, daß ich meine Macht dazu einsetzen wollte, Serenity auszulöschen und griffen mich an. Ich wurde überwältigt und zu Königin Serenity gebracht. Ich hatte alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Die Königin klagte mich des Verrates an und verbannte mich aus ihrem Königreich. Wieder in meinem Palast, wurde ich die Dunkelheit in meinem Herzen nicht los. Also setzte ich mich mit den übrigen Wächtern in Verbindung und bat sie darum, mich meiner Aufgabe als Kriegerin zu entheben. Aber sie weigerten sich und schlugen mir vor, mit ihrer Macht etwas zu versuchen, was mich für immer verändern würde: Sie wollten mir eine meiner Seelen, die besessene, nehmen. Ich stimmte zu und so wurde ich von einer Sekunde auf die andere zu einer völlig anderen Person. Meine zweite Hälfte, die nicht körperlos war, sondern sich in Form meines Zwillings materialisierte, floh in die Dunkelheit des Universums und ich weiß bis heute nicht, was aus ihr geworden ist. Lange Zeit verkroch ich mich in meinem Palast, während die anderen Wächter wieder in ihren Schlaf fielen. Doch ich konnte nicht vergessen, was geschehen war, und mein Herz liebte Endymion immer noch bedingungslos. Dann erreichte uns die Nachricht, daß es auf der Erde eine fremde Macht gab, welche die Kontrolle über den Planeten zu übernehmen drohte. Die anderen eilten zu Königin Serenity, um sie zu warnen und mit ihr zu kämpfen, doch ich begleitete sie nicht, da ich verbannt worden war. Aber schließlich wurde mir klar, daß sie ohne mich nicht ihre vollen Kräfte würden einsetzen können und so machte ich mich auf den Weg, um ihnen zu helfen. Königin Serenity war so erbost, mich zu sehen, daß sie die Hilfe der Wächter ablehnte. Sie wußte, daß sie damit wichtige Verbündete verlor, aber ihre Wut auf mich und die Angst um das Leben ihrer Tochter waren stärker. Alle Erklärungen waren umsonst, selbst die Tatsache, daß ich nicht mehr die Kriegerin von einst war, konnte sie nicht umstimmen. Schließlich mischte sich auch Etherion ein, womit er nur Königin Serenitys Mißgunst erwarb. Letztendlich kehrten wir Wächter wieder in unsere Paläste zurück und beobachteten von dort aus das Geschehen. Auch Sailor Etherion verließ das Königreich des Mondes und zog sich an den Ort zurück, von dem seine Macht entspringt: Den Palast der Iris. Und so verfolgten wir den Untergang des Silberreiches. Ich sah, wie die Königsfamilie starb, sah Endymions Lebenslicht erlöschen und verfolgte, wie Königin Serenity die Seelen ihres Volkes auf die Erde sandte, um dort wiedergeboren zu werden." Mitsumi hatte ihre Geschichte beendet. Sie fühlte sich unglaublich leicht, aber auch bedrückt, weil sie den Mädchen, die versammelt vor ihr saßen, die Erinnerungen zurückgegeben hatte. Sie alle sahen ganz furchtbar unglücklich aus, aber auch wütend, wie Mitsumi ohne große Überraschung feststellte. Als sie Bunny ansah, brannte es in ihrem Herzen. Dieses Mädchen, das die Wiedergeburt der Prinzessin des Mondes war, weinte. Mitsumi konnte nicht genau sagen, warum, aber es traf sie so tief in ihrem Herzen, daß sie nichts anderes tun konnte, als zur Tür zu gehen und den Tempel zu verlassen. Mamoru saß wie versteinert auf seinem Platz und starrte die Tür an, durch die Mitsumi gerade den Raum verlassen hatte. Er konnte nicht glauben, daß er das alles vergessen hatte. Wie tief hatte es ihn damals getroffen, daß alles nur wegen ihm so gekommen war. Er spürte eine Hand auf seiner. Verwirrt sah er auf und bemerkte, daß Bunny ihn schon seit einer Weile schweigend beobachtet hatte. Sie weinte und ihre Hand war kalt. "Oh, Bunny." Mamoru nahm seine Freundin in den Arm und seufzte. "Versteht ihr jetzt, warum sie nicht wollte, daß ihr das alles erfahrt? Sie leidet schon genug darunter, aber nun alles noch einmal aufzuwühlen und euch wieder alles wissen zu lassen, das macht es noch schwerer für sie." Sukuite rieb sich mit der rechten Hand über sein Gesicht. "Vielleicht war es doch nicht der richtige Zeitpunkt", sagte er mehr zu sich selbst als zu den anderen. Bunny sah auf. Ihre Tränen waren getrocknet, aber sie war immer noch unendlich traurig. "Ich bin froh, daß sie es getan hat", sagte sie mit sicherer Stimme. "Niemand kann so eine Last ewig für sich alleine tragen. Es sind sicher keine guten Erinnerungen, aber sie gehören dazu und... sie hat sich ja geändert. Sonst könnte sie nicht so leiden." Rei runzelte mißtrauisch die Stirn. "Also, ich weiß nicht, Bunny. Nach dem, was damals passiert ist, weiß ich nicht, ob ich ihr noch vertrauen kann." Makoto und Minako sahen sich kurz an. "Ich weiß nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll", gab Makoto schließlich zu. "Ich auch nicht." Minako sah nachdenklich zum Fenster hinaus. "Schließlich hat sie uns neue Kräfte gegeben und uns unsere Erinnerungen zurückgegeben. Wenn sie böse Absichten hätte, hätte sie das doch nicht getan, oder?" "Aber warum ist sie eigentlich hier?" Ami hatte den Kopf auf beide Hände gestützt und sah Sukuite offen an. Dieser atmete tief ein und seufzte. "Alles, was sie seit damals hatte, war die Gemeinschaft mit den anderen Wächtern. Zwar waren sie räumlich getrennt und schliefen allein in ihren Palästen, aber sie hielten immer Verbindung über ihre Gedanken. Doch eines Tages brach diese Verbindung ab. Sailor Gemini suchte die anderen, doch konnte sie nicht finden, bis sie Kontakt zu einer der anderen Kriegerinnen bekam. Es war nur eine kurze Botschaft - ein Hilferuf von der Erde. Gemini bat mich, mit ihr zusammen zu kämpfen, und gemeinsam kamen wir hierher um ihre Gefährtinnen zu retten." "Von der Erde?" Bunny riß erschrocken die Augen auf. "Aber das heißt ja..." Sukuite nickte. "Sie wurden entführt und hierher gebracht. Wir wissen nicht, warum genau auf diesen Planeten. Außerdem scheinen die Feinde, die ihr ja auch schon kennengelernt habt, hinter Sailor Gemini her zu sein. Auch dafür kennen wir keinen Grund. Doch wenn die anderen bereits gefangen wurden, müssen die Gegner sehr mächtig sein. Es ist etwas im Gange - wir wissen nur nicht, was." "Wir könnten ebensogut in Gefahr sein", gab Ami zu bedenken. "Ich frage mich nur, warum ausgerechnet die Erde?" Rei runzelte nachdenklich die Stirn. "Mir scheint, es gibt da einen Zusammenhang, aber ich kann ihn nicht richtig erkennen." Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den Anwesenden. Schließlich stand Sukuite auf und verbeugte sich leicht. "Ich denke, ich werde gehen und nach Mitsumi sehen. Das alles hat sie vermutlich ziemlich mitgenommen. Ich erwarte nicht, daß ihr Mitsumi volles Vertrauen entgegenbringt, vermutlich könnt ihr das auch nicht. Aber denkt bitte über ihre Geschichte nach und hört auf das, was euer Herz euch sagt. Diesen Kampf... können wir nicht allein gewinnen." Mit diesen Worten verließ Sukuite den Tempel. Kapitel 5: Entwicklungen ------------------------ Kapitel V - Entwicklungen >... Und in der Dunkelheit strahlte ein Licht, heller als der Mond, heller als die Sonne. Es leitete die Verlorenen auf den richtigen Weg und brachte sie nach Hause zurück. Am Ende des Weges wartete eine mächtige Kriegerin, die ihre Macht einsetzte, um das Böse zu bezwingen und die Zukunft für alle zu sichern. ... < Dunkelheit. Seit Ewigkeiten schon Dunkelheit um sie herum. Sie wußte nicht, wo sie war, wie lange sie schon an diesem Ort verweilte und was mit ihr passiert war. Aber tief in ihr regte sich ein Gefühl, das beinahe Angst hätte sein können. Etwas mußte geschehen, das wußte sie. So konnte es nicht weitergehen. Doch so oft sie versucht hatte, aus der Welt der Dunkelheit, die wie ein Gefängnis war, auszubrechen - sie war immer wieder gescheitert. Sie war einfach zu schwach, obwohl sie einst so stark gewesen war. Plötzlich veränderte sich etwas in der Dunkelheit. Ein Licht durchschnitt die Schwärze und strahlte so wunderschön wie ein weit entfernter Stern. Sie, die sie nun schon so lange hier war, streckte die Hand danach aus und versuchte, es zu erreichen, doch sie schaffte es einfach nicht. Das Licht flackerte unstet. Bald würde es von der Dunkelheit zurückgedrängt werden. Der Mut kehrte in das Herz der Gefangenen zurück. So einfach würde sie nicht aufgeben, nicht so lange sie noch die Gelegenheit hatte, sich aus dieser Lage zu befreien. Sie öffnete den Mund und schrie und gleichzeitig sandte sie die Macht all ihrer Gedanken an das Licht. Als könne die Schwärze um sie herum auf ihre Tat reagieren, zog sie sich zusammen und verschluckte das Licht. Es war wieder dunkel. Die Gefangene schloß die Augen und spürte, wie eine Träne über ihre Wange lief. Dann verlor sie das Bewußtsein. Mitsumi schreckte aus ihrem Traum auf und starrte an die Decke. Sie war schweißgebadet und fragte sich, ob ihr Traum so schlimm gewesen war. Nein, das konnte es nicht sein, sonst würde sie sich daran erinnern. Sie warf einen Blick auf ihren Wecker. Es war vier Uhr morgens. Seufzend setzte sie sich auf. In letzter Zeit konnte sie einfach nicht mehr richtig schlafen. Und das, seit sie und Sukuite den anderen ihre wahre Identität offenbart und ihnen ihre Geschichte erzählt hatten. Es schien beinahe eine Strafe dafür zu sein. "Unsinn", schalt Mitsumi sich selbst und stand auf. Leise ging sie ins Bad, wusch sich und betrachtete sich im Spiegel. Sie war immer noch sie selbst, aber die Traurigkeit in ihren Augen schien sie zu einem ganz anderen Menschen zu machen. Sie wirkte sehr leidend, obwohl sie das gar nicht wollte. Mitsumi versuchte ein Lächeln, doch auch das lenkte nicht von ihren wahren Gefühlen ab. Man sah es ihr immer noch an. Ergeben ließ sie sich auf den Rand der Badewanne fallen und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie fühlte sich, als würde ihr alles entgleiten. Beinahe, als wäre ihr gesamtes Leben zu einem Trümmerhaufen geworden. Was würde eigentlich passieren, wenn sie es nicht schaffte, die anderen zu finden? Sie wußte, daß sie hier waren, aber wo nur? Bisher hatte sie noch keinen einzigen Anhaltspunkt gefunden. Mitsumi spürte, daß ihr die Tränen kamen. Sie wollte nicht weinen, aber je mehr sie versuchte, es zu unterdrücken, desto verzweifelter wurde sie. Schließlich ließ sie den Tränen freien Lauf und wehrte sich nicht länger gegen das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Wie lange sie im Bad gesessen und geweint hatte, wußte sie nicht, aber ihr kam es wie eine Ewigkeit vor. Sie war es nicht gewohnt, ihre Gefühle zu zeigen, nicht einmal gegenüber sich selbst. Selbst das konnte sie nicht mehr aufrecht erhalten. Immer noch weinend ging sie zum Waschbecken und drehte den Hahn auf. Kaltes Wasser floß über ihre Finger. Sie atmete erleichtert auf, als ihre Tränen versiegten und wusch sich das Gesicht. Erneut sah sie in den Spiegel. Sie sah erbärmlich aus. Vielleicht sollte sie versuchen, noch etwas zu schlafen. Gerade wollte Mitsumi sich umdrehen, da verschleierte sich ihr Blick und sie konnte nichts mehr sehen. Sie taumelte, stieß gegen das Waschbecken und fiel der Länge nach auf den kalten Boden. Doch sie fühlte keinen Schmerz, sondern konnte sich nur auf die vollkommene Dunkelheit konzentrieren, die sie umgab. Panik stieg in ihr auf und sie schrie, als könne sie mit diesem Schrei die Schwärze vertreiben. Stimmen wurden laut. Es waren gräßlich verzerrte Stimmen - verängstigte Stimmen. Mitsumi hielt sich die Ohren zu, als sie immer lauter wurden. Aber sie waren in ihrem Kopf und sie konnte sie nicht vertreiben. Und dann hörte sie den Schrei. Und in der Dunkelheit tauchte ein Gesicht auf - blaß und kraftlos, aber immerhin kein fremdes Gesicht. Mitsumi ignorierte die Stimmen, sondern hörte nur noch auf den Schrei und auf einmal schien etwas in ihrem Kopf zu explodieren. Ein gleißendes Licht verdrängte die Dunkelheit und trotzdem sah Mitsumi immer noch das Gesicht. Und diese Augen... Diese Augen.... Sie mußte das Bewußtsein verloren haben. Als sie die Augen aufschlug, konnte sie wieder völlig normal sehen und nichts schien noch darauf hinzuweisen, daß sie eine solch intensive Vision gehabt hatte. "Geht es dir gut?" Erst nach einigen Sekunden bemerkte Mitsumi, daß sie in ihrem Bett lag. Sukuite saß neben ihr und hielt ihre Hand. Er sah sehr besorgt aus und sofort tat es Mitsumi leid, daß sie der Grund dafür war. "Ja", erwiderte sie mit leiser Stimme. Sie war heiser und fragte sich, warum. Sukuite schien durch ihre Antwort nicht besonders beruhigt zu sein. Er schüttelte den Kopf. "Es geht mir wirklich gut", versicherte Mitsumi ihm noch einmal und mußte husten, weil sie das Sprechen so sehr anstrengte. Was war denn nur geschehen? Sukuite sagte noch immer kein Wort. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Mitsumi setzte sich auf, umarmte ihn von der Seite und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie bemerkte, daß er sehr angespannt war. "Es tut mir leid, daß ich dir so viele Umstände mache", flüsterte sie. "Ich frage mich manchmal, ob es richtig war, dich um Hilfe zu bitten." "Bereust du es?" Sukuites Stimme war so ruhig wie eh und je und doch... Etwas schwang darin mit. Und es war nicht nur Besorgnis. Mitsumi wußte, daß sie mit der Antwort zu lange zögerte, um überzeugend zu wirken. "Nein." Die Wahrheit war, daß sie sich nicht sicher war. Sukuite seufzte und schob Mitsumi ein Stück von sich. "Ich möchte nicht, daß wir Geheimnisse voreinander haben. Ich möchte wissen, was da vorhin mit dir geschehen ist. Was du gesehen hast." Mitsumi erschrak ein wenig. Sie hatte die Vision schon beinahe wieder verdrängt. Als sie nun daran erinnert wurde, hörte sie wieder die Stimmen und den Schrei - zwar um ein Vielfaches leiser, doch sie hörte es. "Sukuite, ich..." Ihr fehlten die Worte. Wie konnte sie ihm das beschreiben? Wie konnte sie ihm klar machen, daß sie sich fürchtete? Plötzlich fühlte sie, wie sich sein warmer Körper an den ihren schmiegte. Er hielt sie ganz fest im Arm und strich ihr mit der rechten Hand übers Haar. Für eine Sekunde dachte Mitsumi an Mamoru, doch sie verscheuchte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf ihre und Sukuites Gefühle. "Du hast so furchtbar geschrien - du hast gar nicht mehr aufgehört", murmelte er an ihrem Ohr. Seine Stimme zitterte. "Deine Augen waren geöffnet, aber du hast mich gar nicht wahrgenommen. Ich hatte Angst, daß du stirbst. Ich hatte wirklich Angst um dein Leben." Er zog Mitsumi noch ein wenig fester an sich. "Es war eine Vision. Nein..." Mitsumi löste sich von Sukuite und sah ihn verwirrt an. "Es war stärker. Viel realer. Auf einmal wurde alles um mich herum dunkel - ich meine, wirklich dunkel. Um mich herum waren Stimmen. Und dann... hat jemand geschrien. Ich habe mich auf diesen Schrei konzentriert und sie gesehen. Mitten in der Dunkelheit... war ihr Gesicht." Sukuite runzelte die Stirn. "Wessen Gesicht?" "Rurikos." Sukuite atmete scharf ein. "Bist du dir ganz sicher?" fragte er nach einer Weile. "Natürlich! Wie könnte ich mir nicht sicher sein? Wir sind miteinander verbunden." "Aber warum... Ich meine, das ist doch nicht der gewöhnliche Weg, miteinander Kontakt aufzunehmen?" Mitsumi schüttelte den Kopf und legte sich wieder hin. "Nein. Sie ist in Gefahr. Sie hat Angst. Und sie ist verzweifelt. Ich glaube, es war die letzte Möglichkeit für sie, etwas zu unternehmen." Sukuite wollte etwas sagen, doch Mitsumi sah ihn mit ernstem Blick an und flüsterte: "Ich kenne ihre Gedanken, Sukuite. Ich weiß, wo sie ist." Leise schloß Sukuite die Tür hinter sich. Als er das Wohnzimmer betrat, sah er den jungen Mann, der am Fenster stand, mit müden Augen an. "Wie geht es ihr?" fragte Mamoru. "Besser." Sukuite setzte sich auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. "Zumindest sagt sie das. Es hat sie wohl ziemlich mitgenommen. Ich befürchte, daß sie zur Zeit nicht mehr wirklich klarkommt." Mamoru seufzte. "Es ist diese Situation, nicht wahr?" "Ich kann sie langsam verstehen, Mamoru. Sie wollte alles nicht noch einmal aufwühlen, aber ich habe gedacht, daß es vielleicht ganz heilsam sein könnte. Vielleicht habe ich mich geirrt. Seit wir hier sind... ist alles nur noch schlimmer geworden." Mamoru drehte sich wieder um und sah auf Tokyo hinunter. Seine Stimme war leise, beinahe furchtsam, als er sprach. "Wie ist sie damit umgegangen, die ganzen Jahre? Seit ich mich wieder erinnern kann, frage ich mich das die ganze Zeit. Ich fühle mich schuldig." "Das bist du nicht. Was geschehen ist, das ist geschehen, ändern kannst du es ohnehin nicht. Wen man liebt, kann man sich nicht aussuchen, wie man damit umgeht, schon. Sie hat Fehler gemacht, das weiß sie. Mit den Konsequenzen zu leben ist nicht einfach für sie, vor allem..." Sukuite zögerte. "Vor allem?" "Weil sie dich immer noch liebt." Mamoru lehnte den Kopf gegen das Fenster. Er sagte kein Wort und Sukuite war fast dankbar dafür. "Sie weiß, wo eine der vermißten Kriegerinnen ist", bemerkte Sukuite nach einer Weile. Ruckartig drehte Mamoru sich um. "Was?" "Diese Vision - oder was immer es auch war - wurde anscheinend von Ruriko geschickt." "Sailor Virgo?" Sukuite nickte. "Mitsumi weiß, wo sie sich aufhält. Und wie ich sie kenne, wird sie sich nicht lange ausruhen, ehe sie in den Kampf zieht." "Wo Sailor Virgo ist, könnten auch die anderen sein", murmelte Mamoru und ballte die Hände zu Fäusten. "Ich schlage vor, daß du die Kriegerinnen zusammentrommelst und ich mich um Mitsumi kümmere. Wir sollten bereit sein, jederzeit aufzubrechen. Das heißt... wenn die anderen das überhaupt wollen." Mamoru nickte. "Ich denke, daß es keine Probleme geben wird. Wenn sich etwas Neues ergibt, dann komm einfach rüber. Wir werden da sein." "Du willst in diesem Zustand doch nicht etwa auf die Suche nach Ruriko gehen?" Sukuite sprang um Mitsumis Bett und versuchte, sie am Aufstehen zu hindern. "Mir geht es gut, das habe ich dir schon einmal gesagt. Ich hatte eine Vision, hab ein bißchen geschrien und bin zusammengebrochen - was ist denn schon dabei?" Erneut schlug Mitsumi ihre Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. "Auf dein Wort verlasse ich mich diesmal nicht!" rief Sukuite und baute sich mit verschränkten Armen vor Mitsumi auf. "Warte doch wenigstens bis morgen." "Das kann ich nicht, das mußt du verstehen." Energisch trat Mitsumi an Sukuite vorbei und ging ins Bad, um sich anzuziehen. Als sie nach einigen Minuten zurückkehrte, fing sie einen bitterbösen Blick von Sukuite auf. "Es ist mir egal, ob du böse auf mich bist, oder nicht", bemerkte sie kalt. "Sie ist eine Sailorkriegerin, meine Kampfgefährtin und vor allem meine Freundin. Ich muß ihr einfach helfen. Und zwar sofort." "Ganz allein?" "Was?" Erschrocken sah Mitsumi zu Sukuite. Er hatte sie aus der Fassung gebracht. Sie hatte fest damit gerechnet, daß er mitkommen würde. "Ich befürchte, gegen den Feind wirst du allein machtlos sein." "Aber... Gegen Daisuke haben wir schon oft gewonnen!" Mitsumi senkte den Blick. "Wieso willst du nicht mitkommen?" Sukuite trat zu Mitsumi. "Tut mir leid. Natürlich werde ich mitkommen. Ich lasse dich doch nicht allein. Es war eine dumme Idee." "Warum sagst du dann so was?" "Weil ich dachte, ich könnte dich vielleicht damit aufhalten." "Willst du etwa nicht, daß ich sie da raus hole?" Sukuite lachte bitter. "Traust du mir das zu?" Mitsumi antwortete nicht, sondern nahm ihre Jacke von der Garderobe, zog ihre Schuhe an und sah Sukuite auffordernd an. "Dann laß uns gehen." Als Sukuite und Mitsumi auf den Flur traten und Mitsumi zum Fahrstuhl gehen wollte, hielt Sukuite sie zurück. "Warte. Wir müssen vorher noch jemanden abholen." "Was...?" Zielstrebig ging Sukuite über den Flur - Mitsumi im Schlepptau. Vor Mamorus Tür blieb er stehen, klingelte und ergriff fest Mitsumis Hand, als er bemerkte, daß sie die Flucht ergreifen wollte. "Was soll das?" zischte sie ihm zu. Doch in ihrem Blick war keine Wut, sondern nur Angst. "Das wirst du gleich sehen. Es gibt nämlich Menschen, die sich um dich sorgen. Und die dir helfen wollen." Die Tür öffnete sich und Mamoru trat heraus. Er war schon bereit zum Aufbruch. Sein Blick traf Mitsumi und sie konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Erst als sie hinter ihm Bunny und die anderen Mädchen sah, wandte sie den Blick ab. "Was für eine schöne Versammlung", murmelte sie. "Ist es soweit?" Mamoru blickte Sukuite fragend an und dieser nickte. "Warum seid ihr alle gekommen?" Mitsumi sah die Mädchen nicht an, als sie diese Frage stellte. Sie wußte nicht recht, wie sie reagieren sollte. Einerseits wollte sie nicht, daß die anderen mit ihr kämpften, andererseits freute sie sich, daß sie ihr helfen wollten. Es war Bunny, die Mitsumi antwortete. Sie trat neben sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Du bist eine von uns. Glaubst du, wir würden dich alleine gegen die Feinde kämpfen lassen, wenn wir ganz genau wissen, wie gefährlich das ist?" Rei kniff die Augen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Bunny hat recht - aber ich weiß trotzdem noch immer nicht ganz, was ich von dieser Sache halten soll." "Das gilt für uns alle", fügte Makoto hinzu. Mitsumi schüttelte den Kopf. "Dann kommt nicht mit. Ich möchte es nicht." Mitsumi ging in Richtung Fahrstuhl davon und ließ die anderen hinter sich stehen. Es tat ihr leid, daß sie so reagiert hatte, aber sie spürte deutlich die Ablehnung der Leibgarde der Prinzessin des Mondes. Und das war unerträglich für sie. Trotzdem hoffte ein Teil von ihr, daß ihr die anderen folgen würden. Doch als sich die Türen des Fahrstuhls hinter ihr schlossen, war sie allein. Niedergeschlagen schloß sie die Augen und dachte an Ruriko. Sie würde sie retten - auch allein. Das verfallene Gebäude der alten Fabrik war zwischen den Bäumen kaum zu finden. Im Laufe der Jahre war einfach alles zugewuchert. Man hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, den Anschein von Zivilisation an diesem Ort aufrecht zu erhalten. Die Natur hatte das, was man ihr einst genommen und bebaut hatte, wieder erobert. Mitsumi allerdings wußte, wohin sie zu gehen hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, aber keineswegs unangenehm. In Gedanken versunken bog sie ein paar Äste beiseite und stapfte zwischen den Bäumen hindurch. Noch konnte sie die alte Halle nicht sehen, doch sie war sich ganz sicher, daß sie auf dem richtigen Weg war. Was ihr Sorgen bereitete, das war ihre Kühnheit. So alleine fühlte sie sich richtig verloren. Und lebensmüde. Sie wußte ja überhaupt nicht, mit wie vielen Gegnern sie es zu tun bekommen würde. Sie hatte nicht den leisesten Schimmer, was sie erwartete. Ruriko hatte ihr außer ihrem Aufenthaltsort keine Informationen geben können. Und was, wenn das Ganze eine Falle war? Bisher hatte Mitsumi trotz intensiver Versuche niemals eine Verbindung zu den anderen Kriegern herstellen können. Warum ausgerechnet jetzt? Und wieso auf diese Art und Weise? Mitsumi seufzte. Nein, das war nicht die richtige Zeit, um über solche Sachen nachzudenken. Sie würde alles versuchen, was in ihrer Macht stand. Schließlich war sie eine Sailorkriegerin. Und sie war stark. Wenn sie daran glaubte, es schaffen zu können, dann konnte sie es auch schaffen. In einiger Entfernung tauchte die Fabrik auf. Ein eigenartiges Gefühl breitete sich in Mitsumis Magengegend aus. "Nicht aufgeben", versuchte sie sich selbst Mut zuzusprechen. Sie seufzte und schloß die Augen. "Immer daran denken, daß du es schaffen kannst." Einige Sekunden lang stand Mitsumi wie angewurzelt da und konzentrierte sich. Dann öffnete sie die Augen und sah zur Fabrikhalle hinüber. "Na dann", sagte sie entschlossen. "Macht der Zwillingssterne... mach auf!" Im Innern der Halle war es irgendwie unheimlich. Sailor Gemini fühlte sich so unwohl wie schon lange nicht mehr. Es war viel dunkler als es hätte sein dürfen und eine unnatürliche Kälte herrschte in dem riesigen Raum. "Ruriko", flüstere Gemini und atmete tief ein. Auch wenn sie Angst hatte, durfte sie jetzt nicht umkehren. Dies war vielleicht die einzige Chance. Sie durfte sie nicht verpassen. Geminis Schritte hallten von den hohen Wänden wider. Ihre Hände zitterten. Etwas war falsch. Doch erst, als die Kriegerin schon beinahe bis zur gegenüberliegenden Seite der Halle gegangen war, bemerkte sie, was. Die Person, die sie beobachtete, stand einige Meter vor ihr und versuchte nicht einmal, sich zu verstecken. Und trotzdem war sie kaum von der fast schwarzen Wand zu unterscheiden. Es war Daisuke - wie immer in Schwarz gehüllt. Gemini blieb wie angewurzelt stehen und starrte ihren Feind mit unverhohlenem Haß an. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie einfach. "Ich habe fest damit gerechnet, daß du kommst." Daisuke trat einen Schritt vor und stemmte die Arme in die Hüften. "Hat eigentlich schon viel zu lange gedauert." Gemini schwieg. Sie hätte auch gar nichts sagen können, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. Tausend Gedanken rasten ihr durch den Kopf und immer wieder: "Es ist eine Falle." Sie glaubte nicht, daß Ruriko etwas damit zu tun hatte, doch daß jemand in der Lage war, den Gedankenaustausch der Kriegerinnen zu verfolgen und zu verstehen, machte Gemini unruhig. "Du sagst ja gar nichts", bemerkte Daisuke nach einer Weile überflüssigerweise. "Das bin ich von dir ja überhaupt nicht gewohnt. Hast du etwa bemerkt, in was für einer Situation du bist?" Sailor Gemini mußte plötzlich grinsen. Sie wollte es eigentlich nicht, aber Daisuke tat so überheblich, daß es wirklich peinlich wirkte. "Was lachst du so dämlich?" "Mir fiel nur gerade auf, daß du dich für einen Krieger, der bisher immer den Rückzug antreten mußte, reichlich aufspielst." Gemini verschränkte die Arme vor der Brust. "Glaubst du, ich hätte nicht damit gerechnet, in eine Falle zu laufen?" Sie wußte nicht, ob sie zu hoch pokerte, wenn sie sich so selbstsicher gab, aber Gemini beschloß einfach, alles auf eine Karte zu setzen. Insgeheim verfluchte sie sich dafür, die Hilfe der anderen abgeschlagen zu haben. In Gedanken war sie bei Sukuite und entschuldigte sich bei ihm für ihr Benehmen. "Wir werden ja noch sehen, wer hier was zu lachen hat, Sailor Gemini." Daisuke ließ die rechte Hand auf sein Schwert sinken. "Du bist gekommen, um die anderen zu retten... Aber du wirst genug damit zu tun haben, dich selbst zu retten!" "Wo sind sie?" Geminis Stimme klang so scharf, daß sie fast selbst erschrak. "Wo hast du Bastard sie versteckt?" "Ich?" Nun war es Daisuke, der grinste. "Du hast keine Ahnung, oder? Dann scheint die Verbindung unter euch Kriegern doch nicht so perfekt zu sein, wie ich angenommen hatte. Ich dachte, Sailor Virgo hätte dir mehr Informationen übermittelt, als nur ihren Aufenthaltsort." Verwirrung beherrschte Geminis Gedanken. Sie hatte schon daran gedacht, daß Daisuke nicht der Kopf der ganzen Sache war, doch sie verstand auch nicht, wer etwas davon haben sollte, die Kriegerinnen zu entführen, denn tot waren sie Virgos Gedanken nach zu urteilen nicht. Gemini beschloß, nach außen hin ihre Stärke aufrecht zu erhalten. "Wo sind sie?" fragte sie noch einmal. Daisuke machte eine beiläufig wirkende Bewegung mit der linken Hand. Zuerst geschah gar nichts und die beiden Feinde standen sich nur stumm gegenüber. Doch dann veränderte sich plötzlich die Wand hinter Daisuke: Sie verschwand nach und nach. Und dahinter wurden elf merkwürdige, schwebende Gebilde erkennbar. Es waren runde Käfige, in denen - an metallisch glänzende Stangen gefesselt - elf junge Frauen eingesperrt waren. Sie alle hatten die Augen geschlossen und wirkten leblos, doch Gemini fühlte ganz genau, daß sie noch lebten. Nur mühsam konnte die Kriegerin einen Aufschrei unterdrücken. Diese Mädchen, deren nackte Körper mit einem öligen Film überzogen waren, waren ihre elf Gefährtinnen, nach denen sie so lange gesucht hatte. "Da staunst du, was?" Stolz ging Daisuke unter den Käfigen umher. "Es ist nicht so leicht, Sailorkrieger einzusperren - aber ich habe es geschafft. Ich habe ihnen ihre Kräfte geraubt." Gemini kochte vor Wut. Sie konnte es nicht ertragen, ihre Freundinnen eingesperrt zu sehen. Was auch immer Daisuke vorhatte, sie würde es verhindern. "Du... Bastard!" schrie sie und stürmte auf den Gegner los. Sie hatte sich den Angriff vorher nicht überlegt und so konnte der schwarze Krieger ihrer Attacke leicht ausweichen. "War das alles?" fragte er hämisch und zog sein Schwert. "Wenn du kämpfen willst, dann komm her!" Daisuke erhob das Schwert und murmelte zwei ungeheuer komplizierte Worte. Dunkelheit schien sich in der Klinge zu ballen und schoß plötzlich als dunkle Energiewolke auf Gemini zu. "Castor und Pollux... fliegt!" Gemini schleuderte ihre Plasmabälle und ließ sich zur Seite fallen. Nur wenige Zentimeter neben ihr riß Daisukes Geschoß einen kleinen Krater in den Betonboden. "Du hast vielleicht ein Glück", bemerkte Daisuke kühl. "Aber es endet im Nahkampf!" Mit einem Wutschrei schwang Daisuke sein Schwert und raste auf Gemini zu. Sie sah ihn kommen, doch ihr blieb nicht mehr genug Zeit zum Ausweichen. "Schild des Pollux... schütze mich!" Ein helles Licht hüllte Geminis linken Arm für den Bruchteil einer Sekunde ein. Als es wieder verschwand, war ein silberner Schild am Unterarm der Kriegerin befestigt. Mit aller Kraft hob Gemini ihren Arm in die Höhe und fing somit Daisukes Schlag ab. Ein ungeheurer Schmerz schoß durch ihren Arm und schien ihn beinahe von innen zu zerreißen. Am liebsten hätte Gemini geschrien, doch sie biß die Zähne zusammen und rappelte sich auf. Daisuke führte einen gekonnten Schwertstreich durch und traf Gemini mit der breiten Seite seines Schwertes in den Kniekehlen. Die Kriegerin ging in die Knie und Daisuke versetzte ihr einen Tritt in die Rippen, so daß sie zusammenbrach. "Jetzt bist du am Ende, Kriegerin!" höhnte er und hob sein Schwert. "Nicht!" Eine verzerrte Frauenstimme dröhnte durch die Halle. Sie war unnatürlich laut, als wären überall im Gebäude Lautsprecher angebracht worden, um ein besonderes Klangerlebnis zu zaubern. Daisuke blickte erschrocken auf und Gemini nutzte die Gelegenheit. Mit beiden Beinen stieß sie den Angreifer von sich, hob die rechte Hand und rief: "Lichtlanze Castors... erscheine!" Eine glühende Lanze aus Licht erschien in Geminis erhobener Hand und die Kriegerin zögerte keine Sekunde, sie nach dem völlig verblüfften Daisuke zu werfen. Er mochte im Moment nicht in der Lage sein, sich zu wehren, doch in einigen Sekunden würde er wieder versuchen, Gemini zu töten. Die Lanze fand ihr Ziel und durchbohrte Daisukes Brustpanzer mit Leichtigkeit. Der Krieger kippte nach hinten über, ließ dabei sein Schwert fallen und blieb reglos liegen. Einige Sekunden lang war Sailor Gemini nicht fähig, sich zu rühren. Sie lag schwer atmend auf dem Boden, die Augen geschlossen. "Das wäre nicht nötig gewesen." Die Frauenstimme von eben war nun etwas leiser, doch immer noch beängstigend verzerrt. "Er hätte dich nicht getötet. Nicht, so lange ich es ihm nicht befohlen hätte." Sailor Gemini erhob sich schwer atmend. Der Schild an ihrem Arm löste sich auf und auch die Lanze in Daisukes Brust verschwand. Suchend sah sie sich um, doch sie konnte niemanden entdecken. Nur über sich erkannte Gemini die elf Kriegerinnen in ihren schwebenden Gefängnissen. "Wer bist du? Wo versteckst du dich?" Gemini war wütend, doch ihre Stimme brachte nur Erschöpfung zum Ausdruck. Die Stimme lachte. "Du bist stark, Sailor Gemini. Ich hatte gehofft, daß ich dich endlich kriegen würde. Aber Daisuke war zu impulsiv, um einen Kampf mit dir wirklich gewinnen zu können. Trotzdem... ist es schade um ihn. Er war ein guter Krieger." Hinter den Käfigen der Kriegerinnen, wo die Dunkelheit wieder begann, tauchte eine Gestalt auf. Es war eine Frau, so viel konnte man erkennen, denn sie trug ein weites Kleid. Allerdings blieb ihr Gesicht versteckt in der Dunkelheit. Sailor Gemini trat einen Schritt vor. "Tu das nicht, Gemini", sagte die Frau ruhig. "Wenn du versuchst, mich anzugreifen, dann werde ich deinen Freundinnen und dir Schmerzen zufügen. Und das willst du doch nicht, oder?" Gemini zögerte. "Wer bist du?" wiederholte sie ihre Frage. Die Frau lachte wieder. "Das ist eine gute Frage. Ich wüßte es selbst gerne. Einst habe ich es gewußt und mir scheint, als wäre das erst gestern gewesen, aber heute ist es nur noch eine flüchtige Erinnerung. Und was bedeuten schon Namen? Aber wenn du einen brauchst, dann gebe ich dir einen. Nenn mich Akuma." "Akuma..." Gemini sah zu den Käfigen hinauf. "Wozu brauchst du sie?" Akuma zog die Schultern hoch. "Das kann ich dir nicht sagen. Du wirst es noch früh genug erfahren. Denn bald wirst auch du in einem dieser Käfige sitzen und auf deine Bestimmung warten." "Niemals!" Sailor Gemini ballte die Hände zu Fäusten. Sie mußte sich beherrschen, nicht auf die Fremde loszugehen. Aber genau das würde die anderen in Gefahr bringen. "Was immer du auch vorhast, es wird dir nicht gelingen." "Du bist dir da ja sehr sicher." Akuma seufzte. "Aber leider reicht das nicht, um einen Kampf zu gewinnen." Akuma hob die rechte Hand. "Du bist schon so gut wie besiegt." "Das bezweifle ich!" Gemini erstarrte. Die Stimme war hinter ihr erklungen und sie kannte sie. Langsam drehte sie sich um und starrte die vier Personen an, die sich ein Stück weit hinter ihr aufgebaut hatten. "Mein Gott", stammelte sie fassungslos. "Neptun... Uranus... Pluto... Saturn..." Kapitel 6: Wiedergewonnene Freunde ---------------------------------- Kapitel VI - Wiedergewonnene Freunde >... Wir alle treffen im Laufe unseres Lebens viele Menschen, die wir gerne haben. Doch nur wenige davon können wir echte Freunde nennen. Die meisten begleiten uns nur ein Stück des Weges und verschwinden dann im Nebel der Vergangenheit. Doch wenn wir sie wirklich brauchen, werden sie für uns da sein und uns zur Seite stehen - egal, was es für sie bedeutet. ...< "Was machen die denn hier?" Akuma senkte die Hand. "Wir sind gekommen, um gegen Unrecht und Gefahr zu kämpfen." Sailor Saturn hob drohend ihre Sense der Stille. Ihre drei Begleiter blickten düster drein. "Ich verstehe." Akuma machte eine unbestimmte Geste. "Vermutlich bin ich dann diejenige, die ihr bekämpfen wollt." "Wie schlau von dir." Sailor Uranus grinste. Sailor Gemini konnte immer noch nichts anderes tun, als die Neuankömmlinge wortlos anzustarren. Sie hätte ja nun wirklich mit allem gerechnet, aber damit ganz bestimmt nicht. Sailor Pluto trat auf Gemini zu. "Ich habe eine dunkle Energie im Zeitfluß entdeckt", erklärte sie mit ruhiger Stimme. "Es ist doch so, daß die Wächterinnen entführt wurden, oder?" Gemini nickte. "Ja. Sie sind alle dort in den Käfigen. Akuma... braucht nur noch mich. Aber ich weiß nicht, wofür." "Laß uns das erledigen. Uranus... flieg!" Der feurige Plasmaball von Uranus flog direkt auf Akuma zu, löste sich aber auf, bevor er sie treffen konnte. "Was soll das?" "Neptun... flieg!" Doch auch Neptuns Angriff war wirkungslos. "Wirklich witzig", bemerkte Akuma. "Ihr habt anscheinend nicht die Kraft, mich zu bezwingen. Aber ihr könnt es natürlich gerne noch einmal probieren..." Uranus zog ihr Schwert, doch Gemini stellte sich vor sie. "Uranus! Laß es bleiben, du kannst gegen sie nichts ausrichten! Wir sollten zuerst versuchen, die anderen zu befreien." Pluto nickte Uranus zu. Widerwillig ließ die Kriegerin ihre Waffe los. "Und wie hast du dir das gedacht?" "Ich..." Gemini schwieg betroffen. Sie hatte eigentlich keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Sailor Uranus zog die Augenbrauen hoch. "Das ist ja ein toller Plan", höhnte sie und seufzte. Plötzlich schrie Saturn auf. Sie stürzte auf Gemini zu, stieß sie zur Seite und drehte sich dabei so, daß sie den schwarzen Speer, der direkt auf Sailor Gemini zugeflogen kam, mit ihrer Sense abwehrte. Pluto, Uranus und Neptun setzten rein aus Reflex ihre Kräfte ein und richteten ihre ganze Macht auf Akuma - jedoch ohne Wirkung. "Ich bezweifle, daß ihr mir mit diesen lächerlichen Waffen auch nur einen Kratzer zufügen könnt." Akuma breitete die Arme aus. "Spürt meine Macht!" Dunkle Speere materialisierten sich vor Akumas Körper und rasten auf die Outer Senshi zu. Die vier schrien entsetzt auf und versuchten, auszuweichen. Sailor Gemini starrte entgeistert auf die Szene, die sich ihr bot. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie nicht fähig, sich zu bewegen. "Lichtlanze Castors... erscheine!" Gemini zielte so genau, wie sie in der Eile nur konnte und schleuderte Akuma die strahlende Waffe entgegen. Und sie traf. Akuma schrie vor Entsetzen auf, als die Lanze sie am linken Arm traf, und bedeckte ihre Wunde mit der rechten Hand. Die schwarzen Speere verschwanden. "Das wirst du mir büßen, Sailor Gemini." Akumas Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. "Du wirst deine Freundinnen niemals wiedersehen." Gemini schrie auf und lief auf Akuma zu, doch sie war bereits verschwunden und auch die Käfige waren fort. Nur eine schwarze Wand erhob sich vor der verzweifelten Kriegerin. Für ein paar Sekunden starrte Gemini einfach nur die Wand an, dann ließ sie sich auf den Boden fallen und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Alles war umsonst gewesen. Sie hatte es nicht geschafft, die anderen zu retten. "Sailor Gemini?" Sailor Pluto trat hinter die Kriegerin und ging in die Hocke. "Es tut mir leid. Aber du hast alles gegeben, was du konntest. Und... du hast uns vermutlich das Leben gerettet." Gemini spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Sie wollte etwas sagen, doch sie konnte nicht. Ihr Hals war wie zugeschnürt. "Laß uns gehen. Hier können wir nichts mehr ausrichten." Pluto griff nach Geminis linkem Arm und wollte der Kriegerin hoch helfen, doch diese zuckte zurück und schrie leise auf. Etwas erstaunt betrachtete sie die Stelle, an der Pluto sie berührt hatte. Ihr Arm war voller Blut. Ein tiefer Riß lief quer über ihren Oberarm und er war ziemlich tief. Er wirkte wie ein sauberer Schnitt. "Du bist verletzt!" Pluto betrachtete die Wunde mit besorgter Miene. "Wie ist das geschehen?" "Wahrscheinlich, als ich mit Daisuke gekämpft habe", erwiderte Gemini leise. Doch sie wußte, daß es nicht so war. Sie hatte sich bei diesem Kampf nur ein paar leichtere Verletzungen zugezogen. Nichts Ernstes. Nein. Aber wieso...? Als Gemini begriff, warum diese Verletzung sie so sehr verwirrte, fühlte sie sich plötzlich unendlich müde. Denn diese Wunde hatte sie schon einmal gesehen. Genau dieselbe. An der gleichen Stelle. Denn vor wenigen Minuten hatte sie sie Akuma zugefügt. Die nächsten Tage waren für Mitsumi eine einzige Qual. Ihre Verletzung schmerzte sehr und schien keinerlei Anstalten zu machen, den Heilungsprozeß beginnen zu wollen. Außerdem sprach Sukuite kein Wort mit Mitsumi. Überhaupt war er nur selten in ihrer gemeinsamen Wohnung. Seit Setsuna da war, verbrachte er sehr viel Zeit mit ihr und ließ sich kaum noch sehen. Einmal ging Mitsumi zu den Outer Senshi nach Hause, um ihnen die Broschen zu geben, mit denen sie ihre neuen Kräfte erlangen konnten. Sie war überrascht, auch die anderen Mädchen dort zu sehen. Zuerst hatte sie die Absicht, sich bei ihnen zu entschuldigen, doch da sie ihr mit Absicht keine Beachtung zu schenken schienen, ging sie wieder, ohne auch nur ein Wort mit ihnen gewechselt zu haben. Es war die Hölle. In dieser Zeit ging Mitsumi oft allein spazieren. Sie dachte darüber nach, daß sie so ein gutes Ziel für Akuma bot, doch das tat sie ebenso, wenn sie allein in ihrer Wohnung saß. Und die anderen Krieger schienen sich ja ohnehin nicht darum zu kümmern, also war es ihnen vermutlich egal und Mitsumi war auf sich allein gestellt. Versunken in trübe Gedanken durchstreifte sie die Stadt, saß stundenlang in Parks oder starrte von Brücken aus auf Autos und Passanten hinunter. An einem verregneten Mittwoch saß sie alleine auf einem Fensterplatz in einem Café und sah auf die Straße. Nur wenige Menschen hasteten an ihr vorbei, eine unendlich scheinende Autoschlange bewegte sich auf der Straße langsam vorwärts. Diese bedrückende und irgendwie traurige Stimmung sog Mitsumi in sich hinein. Sie fühlte sich müde und nicht fähig, jemals wieder auch nur einen Kampf zu bestehen. Mit zwei Fingern ihrer rechten Hand berührte sie ihre Wunde. Die Stelle fühlte sich sogar durch den schweren Stoff ihres Pullovers heiß an. Mitsumi seufzte und starrte in den schwarzen Kaffee, der in einer feinen Tasse vor ihr auf dem Tisch stand und langsam kalt wurde. Die Schwärze des Getränks erinnerte sie auf unangenehme Art an Akuma. "Siehst du immer so traurig aus, wenn du alleine bist?" Mitsumi schrak auf und sah sich verwirrt um. Im nächsten Moment wurde spürte sie, daß sie kreidebleich wurde. Neben ihrem Tisch stand Mamoru und sah sie ernst, aber keineswegs verärgert an. Verstohlen sah Mitsumi sich um. Bunny war nirgends zu sehen. "Darf ich mich setzen?" Mamoru deutete auf den freien Stuhl. Als Mitsumi nicht reagierte, seufzte er leise. "Ich kann auch woanders meinen Tee trinken." "Was? Oh nein... Ich meine... Natürlich darfst du dich setzen." Mitsumi rührte mit dem Löffel in der Kaffeetasse herum. Einige Zeit sprachen beide kein Wort, sondern sahen nur stumm zum Fenster hinaus. Der Regen hatte aufgehört. Zwischen Wolkenfetzen schien die Sonne auf den nassen Asphalt der Straßen und ließ die Stadt wie frisch gewaschen wirken. "Wieso hast du dich in letzter Zeit nicht mehr sehen lassen?" Mamorus Frage riß Mitsumi aus ihrem tranceartigen Zustand. Sie sah ihn an und ihr Herzschlag beschleunigte sich auf ein unangenehmes Tempo. "Nach dem, was passiert ist, sollte ich wohl in nächster Zeit nicht mehr aufkreuzen", sagte sie mit leiser Stimme und trank einen Schluck von ihrem kalten Kaffee. Er schmeckte nicht mehr, aber Mitsumi kümmerte das im Moment herzlich wenig. "Ich sehe das nicht so", erwiderte Mamoru nachdenklich. "Du brauchst die anderen doch. Und sie dich auch." Mitsumi lachte bitter auf. "Das sehe ich. Sie hassen mich, Mamoru. Und... ich kann sie sogar verstehen." Wieder schwiegen die beiden. Mitsumi merkte, daß sie ihre Hände unter der Tischplatte zu Fäusten ballte. Etwas an der Situation störte sie. Und als sie herausfand, was es war, hätte sie beinahe laut gelacht. "Sie hassen dich nicht, Mitsumi. Ich befürchte, das tust du selbst. Aus irgendeinem Grund kommst du mit dir selbst nicht klar." Mamoru nahm noch einen Schluck Tee. Als er die Tasse absetzte, runzelte er die Stirn. "Warum lachst du?" Mitsumi biß sich auf die Unterlippe. Sie spürte, daß sie rot wurde. "Ach, nichts", murmelte sie und schüttelte den Kopf. Es ist wirklich lächerlich, raunte es in ihrem Kopf. Da sitzt du hier allein mit dem Mann, den du über alles liebst, und wünschst dir, daß seine Freundin hier wäre. "Jedenfalls solltest du dich den anderen einfach anschließen", führte Mamoru das Thema fort. "Sie wären froh darüber." "Du kannst das nicht verstehen, Mamoru. Ich bin vor langer Zeit ausgestoßen worden. Ich habe versucht, die Prinzessin zu töten. Die Frau, die du liebst", setzte sie nachdrücklich hinzu. "Und du sagst mir, daß ich mich den anderen anschließen soll. Das ist unmöglich." "Du bist nicht mehr die, die du einmal warst." Mamoru seufzte und in seiner Stimme lag beinahe ein Flehen. "Warum versteht das jeder außer dir?" Tief in ihrem Inneren wußte Mitsumi, daß Mamoru wenigstens zu einem Teil Recht hatte. Und doch lag er auch falsch. Denn er kannte nicht ihre Gefühle, nicht ihre Ängste und auch nicht ihre Prinzipien. Wie war es da möglich, sich ein Urteil zu erlauben oder eine Entscheidung von ihr zu verlangen? Langsam und sehr vorsichtig, als könne sie etwas zerstören, wenn sie sich bewegte, stand Mitsumi auf. "Ich glaube, ich muß an die frische Luft", murmelte sie leise und nahm ihre Jacke. Mit wenigen Schritten war sie an der Tür und trat aus dem Café. Die Luft war so rein und frisch, wie sie es nur nach einem kräftigen Regen sein konnte. Eine Sekunde lang schloß Mitsumi die Augen und atmete tief ein. In der Dunkelheit hinter ihren Lidern tauchte das Bild ihres Palastes auf, der sanft leuchtend in der ewigen Dunkelheit des Universums existierte. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Mamoru neben sich stehen. "Du siehst blaß aus", sagte er unsicher. "Geht es dir gut?" Mitsumi konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. "Blaß bin ich immer. Und ja, es geht mir gut. Aber ich denke, ich werde nach Hause gehen." Ein Lächeln huschte über Mamorus Gesicht. "Ich begleite dich." "Ich habe sie schon seit Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen." Sukuite seufzte leise und sah Setsuna mit traurigen Augen an. Sie hatten sich, wie so oft in der letzten Zeit, bei den Outer Senshi getroffen. Sukuite stand wie gewöhnlich am Fenster und starrte auf die Stadt hinunter, während die vier Äußeren Kriegerinnen sich um den großen Tisch in der Mitte des Raumes versammelt hatten. Auf dem Sofa hockten Bunny und Minako mit angezogenen Beinen. Rei, Makoto und Ami hantierten in der Küche herum und kochten. "Ich befürchte, diese Sache hat uns entzweit." Wieder seufzte Sukuite und als er sein Gesicht dem Fenster zuwandte, erkannte er einen Teil seines eigenen blassen Spiegelbildes. Aus der Küche ertönte ein spitzer Schrei, der definitiv von Rei stammte. Zwei Sekunden später rannte Makoto quer über den Flur, verschwand hinter einer Tür und kam dann mit einem nassen Handtuch zurück. Im Laufen winkte sie den anderen zu. "Keine Sorge, Rei hat sich nur die Hand am Backofen verbrannt." Sukuite schüttelte den Kopf. "Sie gehen ziemlich sorglos damit um", bemerkte er leise. "Das ist nur ihre Art." Haruka grinste beinahe verschwörerisch. "Früher habe ich auch einmal so geredet wie du. Das war, bevor wir zu Freundinnen wurden. Glaub mir, sie sind sich der Situation durchaus bewußt." Falls Haruka eine Entgegnung erwartet hatte, bekam sie keine. Sukuites Blick saugte sich an etwas in der Ferne fest. Für lange Zeit sprach niemand ein Wort. Schließlich stand Bunny auf und stemmte die Arme in die Seiten. "Ihr seid wirklich ein trauriger Haufen, wißt ihr das?" In ihrer Stimme lag so viel Ernst, daß sie von allen erstaunt angesehen wurde. "Kein Wunder, daß Mitsumi sich so schlecht fühlt. Wenn ihr Name fällt, werdet ihr alle ganz furchtbar ernst und tut so, als würde die Welt untergehen. Ich kann verstehen, daß sie sich alles sehr zu Herzen nimmt. Aber von euch hätte ich das nie erwartet." Einige Zeit sagte niemand ein Wort. Makoto, Rei und Ami waren aus der Küche gekommen und sahen Bunny wie gebannt an. "Und darum", fuhr Bunny nach einer Weile fort, "haben Mamoru und ich uns jetzt der Sache angenommen. Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Aber Mamoru ist vielleicht der einzige von uns, dem sie wirklich zuhört. Der einzige, der sie dazu bringen kann, daß sie sich helfen läßt und ihre Schuldgefühle und Ängste losläßt. Denn sie braucht Hilfe. Wir haben niemals jemanden allein gelassen, der in Schwierigkeiten steckte. Und ich will auch nicht damit anfangen. Wir sind alle Sailorkrieger und allein deshalb sollten wir zusammenhalten. Doch wir sind auch Freundinnen. Und das ist sogar noch sehr viel mehr wert." Immer noch sprach niemand. Es war so still, daß Bunny unwillkürlich eine Gänsehaut bekam. Was hatte sie da gesagt? Für den Bruchteil einer Sekunde tat es ihr leid, doch dann wußte sie, daß es richtig war, den anderen ihre Gedanken mitzuteilen. Und sie wußte auch, daß sie nun nichts mehr tun konnte. Deshalb drehte sie sich um und verließ die Wohnung, um Mamoru zu treffen, der Mitsumi mitbringen sollte. Es war an der Zeit, die Vergangenheit zu bewältigen. Der Weg zu ihrer Wohnung kam Mitsumi ungewöhnlich lang vor. Es war, als wäre die Zeit in ihr stehen geblieben. Noch war sich Mitsumi nicht ganz im klaren darüber, ob das nun positiv war oder nicht, aber sie entschied, das Gefühl erst einmal zu genießen, bis sie für sich eine Entscheidung getroffen hatte. Mamoru hatte nichts mehr gesagt, seit sie den Platz vor dem Café verlassen hatten. Und das war nun schon eine ganze Weile her. Es war Mitsumi etwas unangenehm, daß sie so schweigend die Straßen entlang gingen. Doch sie sah in seinem Gesicht, daß ihn etwas beschäftigte, also beschloß sie, ihm kein Gespräch aufzuzwingen, bevor er nicht selbst anfing. Sie mußte nicht einmal mehr besonders lange warten. Sie waren an einer Ampel angekommen, die gerade grün wurde und Mitsumi bemerkte, daß von der anderen Straßenseite ein junger Mann direkt auf sie zukam. Etwas irritiert nahm sie zur Kenntnis, daß er sie anlächelte, eine Verbeugung andeutete und dann wieder in der Menge verschwand. Sie sah ihm einige Sekunden lang nach, dann bemerkte sie, daß Mamoru sie verwundert ansah und für einen Augenblick fühlte sie Wut in sich aufsteigen. Hatte er denn gedacht, es gäbe niemanden, der sich für sie interessierte? Oder daß er der einzige war, der ihr gefallen konnte? Doch dann verflog ihr Zorn, denn ihr war klar, daß er genau das denken mußte. Nach allem, was geschehen war, war auch kaum etwas anderes zu erwarten gewesen. Sie erreichten die andere Straßenseite und bogen nach links ab. Mitsumi wußte, daß sie es nun nicht mehr sehr weit hatten. Wenn Mamoru ihr noch etwas Wichtiges sagen wollte - wonach es ganz aussah -, dann würde er es bald tun müssen. "Weißt du eigentlich, daß morgen Tsukimi ist?" Mamorus Stimme war leise und zärtlich, so als müßte er an etwas besonders schönes denken. Mitsumi runzelte die Stirn. "Was ist das?" "Ein Fest zu Ehren des Mondes. Es ist September, da ist er am schönsten. Die Menschen versuchen an diesem Tag, seine Schönheit auf alle möglichen Arten zu beschreiben und wiederzugeben." "Als wollten sie ein Stück dieser Schönheit in sich selbst finden", murmelte Mitsumi vor sich hin und wunderte sich zugleich über ihre Worte. Es war bestimmt dumm, so etwas über ein Fest zu sagen, daß sie nicht einmal kannte. Doch Mamoru nickte zustimmend. "Es ist auch üblich, sich in Gruppen zusammenzufinden und dieses Fest zu begehen. Es ist keine wilde Party, sondern eher ein ruhiges Beisammensein. Ich dachte, wir Krieger könnten Tsukimi vielleicht gemeinsam begehen." Daher wehte der Wind. Mitsumi verkrampfte sich innerlich. Er wollte sie zusammenbringen. Das hätte sie sich denken müssen. Doch selbst wenn sie es gewollt hätte... "Ich denke nicht, daß das eine besonders gute Idee ist. Wozu soll ich Freundschaft heucheln? Mir wird doch auch keine Zuneigung entgegengebracht." "Das hatten wir doch schon." Mamoru wirkte plötzlich sehr niedergeschlagen. "Mitsumi, ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Alles blockst du von vornherein ab. Sicher ist nicht alles perfekt gelaufen. Es hätte anders kommen können. Aber sieh bitte ein, daß nicht nur die anderen daran schuld sind. Auch du hast Fehler gemacht. Die haben wir alle gemacht. Und wenn wir jetzt nicht darüber hinwegsehen, dann werden wir es vielleicht nie mehr können." Sie waren stehen geblieben. Inzwischen waren sie nur noch eine Straße von ihrem gemeinsamen Wohnhaus entfernt. Mamoru hatte eine Hand auf Mitsumis Schulter gelegt. Sie fühlte sich warm an. "Können wir denn nicht einen Neuanfang wagen?" Die Frage war so leise gekommen, daß Mitsumi sie beinahe überhört hätte. Im Grunde hatte sie die Worte nur wahrgenommen, weil sie im selben Moment in ihrem Kopf waren wie auf Mamorus Lippen. Und sie wäre nicht die gewesen, die sie nun einmal war, wenn sie das Zeichen nicht erkannt hätte. Und immer noch wehrte sich etwas in ihr. "Selbst wenn ich das täte, würden es die anderen tun?" Mamorus Augen blickten traurig, aber hoffnungsvoll. Was Mitsumi in ihnen las, das war der letzte Anstoß für sie, den Schritt über den Abgrund zu wagen. In dem Moment wußte sie, daß sie es versuchen würde. Nicht nur, weil er sie darum bat. Auch nicht, weil sie es selbst so wollte. Sondern wegen dem, was sie in seinen Augen sah. Vertrauen. Er vertraute ihr. Und dann seine Stimme. Die Worte, die er sprach, ließen etwas in ihr zerspringen, das sie die ganze Zeit gefesselt hatte. Sie war immer noch unsicher und fand nicht alles von der Kraft in sich, die sie einst gehabt hatte. Doch das Gefühl, sich dem, was auf sie zukam, stellen zu können, kehrte zurück. "Eine von ihnen ganz bestimmt." Sie sahen sich schweigend an, ehe sie weitergingen. Und als sie ihr Haus erreichten, da wußte Mitsumi, warum sie ihn ausgerechnet an diesem Tag getroffen hatte. Warum er ihr all das erzählt hatte. Und warum sie ihm geglaubt hatte und es immer noch tat. Die Prinzessin des weißen Mondes wartete vor der Haustür. Sie blickte ihnen entgegen und Mitsumi blieb nur einen Augenblick zögernd stehen, ehe sie alleine auf sie zuging. Bunny hatte schon eine ganze Weile gewartet. Sie fühlte sich nicht besonders wohl in ihrer Haut, denn sie hatte Angst, daß Mitsumi sich wieder verschließen würde. Ihre ganze Hoffnung ruhte auf Mamoru. Er war der einzige, den sie so weit an sich heran lassen würde, daß er vielleicht die Chance bekam, hinter die Barrikade zu gelangen, die sie um sich herum aufgebaut hatte. Und in dem Augenblick, in dem sie um die Ecke bogen, wußte Bunny, daß er es geschafft hatte. Sie sah es an ihrem Gesicht, denn noch nie hatte Bunny sie so gesehen. Mitsumi lächelte. Es war ganz leicht. Das hätte sie niemals für möglich gehalten. Die Entfernung zwischen ihr und Bunny, die ihr immer so gewaltig vorgekommen war, war plötzlich geschrumpft. Es handelte sich wirklich nur um einige Schritte. "Hast du schon lange gewartet?" Mitsumi blieb stehen und fragte sich, wieso es nicht schon früher so einfach gewesen war. Die Antwort fand sie selbst: Sie hatte es sich selbst schwer gemacht. Weil sie Angst gehabt hatte. Was völlig verständlich war, aber unnötig. Sie waren Sailorkrieger. Sie verteidigten Friede, Gerechtigkeit und Liebe im Universum. Und darum waren ihrer aller Herzen gut. Wie hatte sie nur nicht daran denken können? Schließlich war sie eine von ihnen. "Nicht besonders lange", antwortete Bunny lächelnd. "Ich bin froh, daß du gekommen bist." "Wo sollte ich sonst hin? Ich wohne hier." Bunny grinste. Mitsumi grinste. Und mehr Worte brauchten sie auch nicht zu machen, denn sie wußten beide, daß es jetzt in Ordnung war. Aber da war noch eine Sache und als Mitsumi daran dachte, wurde sie sogleich wieder ernst. "Bunny, es fällt mir nicht leicht, dich das zu fragen. Aber ich weiß jetzt, daß ich die Aufgabe, wegen der ich hier bin, nicht alleine bewältigen kann. Dieser Kampf, der mir bevorsteht, gegen Akuma, wird sehr hart werden. Und allein kann ich ihn nicht gewinnen. Ich denke, daß ich Hilfe gebrauchen könnte." Auch Bunny war wieder ernst geworden, als Mitsumi gesprochen hatte. Doch nun breitete sich wieder ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. "Wir wären keine Freunde, wenn wir uns nicht gegenseitig helfen würden. Und Freunde sind wir schließlich, oder?" Mitsumi sagte nichts. Sie fiel Bunny nur um den Hals und schloß die Augen, als sie bemerkte, daß ihr das Gefühl gefehlt hatte, eine richtige Freundin zu haben. Als sie die Augen wieder öffnete, setzte Mitsumis Herzschlag für einen Moment aus. Sie waren alle gekommen. Sämtliche Krieger, die sich auf diesem Planeten befanden, standen in ein paar Metern Entfernung und sahen zu, wie sich Mitsumi langsam von Bunny löste und beinahe hilflos zu Mamoru sah. Der aber tat nichts anderes, als ihr zuzuzwinkern und plötzlich mußte Mitsumi lachen. Sie drehte sich um und ging auf die anderen zu und Sukuite kam ihr entgegen, um sie in den Arm zu nehmen. Schließlich standen sie alle beisammen, einschließlich Bunny und Mamoru, und redeten munter durcheinander. Und das war der Augenblick, in dem die Welt explodierte. Kapitel 7: Akuma ---------------- Kapitel VII - Akuma >... In jedem Lebewesen stecken eine gute und eine böse Seite. Bei den meisten finden diese beiden einen Weg, miteinander zu leben. Doch bei einigen überwiegt das Gute - oder das Böse. Und eben diese tragen einen heftigen Kampf aus, der ewig dauern wird. Denn niemals kann eine Seite gewinnen, da es die eine nicht ohne die andere geben kann. ...< Sie waren nicht darauf vorbereitet gewesen. Wie hätten sie das auch sein sollen? Mitsumi hörte Bunny im gleichen Augenblick schreien, in dem der Erdboden aufgesprengt wurde und das Feuer kam. Es war so unglaublich heiß, daß sie beinahe das Bewußtsein verloren hätte. Sie mußte sich anstrengen, um die Augen offen halten zu können. Sie sah Mamoru, der Bunny an sich preßte, um sie vor den Flammen zu schützen, die überall zu sein schienen. Sie erkannte Setsuna und Sukuite, die Hotaru zu schützen versuchten. Haruka und Michiru, die sich entsetzt aneinander festhielten. Ami, Rei und Makoto, die sich vor ihre Prinzessin stellten. Und sie sah Minako. Minako, die neben Mitsumi gestanden hatte, als das Feuer gekommen war. Und die immer noch dort stand. Die ihre Hand hielt. Mitsumi bemerkte das erst jetzt. Es erschreckte sie ein wenig, aber gleichzeitig beruhigte es sie auch ungemein. Sie hätte es nicht ertragen, wenn sie völlig allein inmitten dieser Flammen gestanden hätte. Mitsumi konnte nicht sagen, wie lange die Hitze angedauert hatte. Irgendwann sah sie nur, daß die Flammen zurückwichen und einen Kreis um die Gruppe bildeten. Sie hatten nun einen gewaltigen Spielraum, sie hätten sich verwandeln können, doch die Hitze war immer noch viel zu gewaltig, als daß sie etwas unternehmen konnten. Und dann war Akuma da. Mitsumi sah sie als erste und in dem Augenblick, in dem sie den Feind durch den Ring aus Feuer treten sah, schmerzte die Wunde an ihrem Arm so heftig wie nie zuvor. "Das ist eine viel bessere Position für mich", rief Akuma mit einer Stimme, der es an Hohn nicht mangelte. "Das letzte Mal, als wir uns begegnet sind, hatte ich keine so gute Chance, dich zu erwischen." Akumas Gesicht war durch das Flirren der Luft nicht zu erkennen, doch Mitsumi wußte, daß sie ihr in die Augen sah. "Du weißt... also, wer ich bin", keuchte Mitsumi. Es war so heiß, daß sie kaum reden konnte. "Wie sollte ich es nicht wissen?" Akuma lachte lauthals auf. "Ich weiß über jeden von euch Bescheid." Die Flammen schossen in die Höhe und bildeten weit oben eine Kuppel über den Köpfen der Gruppe. Dann plötzlich wurde es dunkel, als das Feuer zu schwarzem Stein wurden, und die Hitze verschwand. Nach dem grellen Lodern konnte Mitsumi zuerst überhaupt nichts erkennen, doch als ihre Augen sich erst einmal an das verringerte Lichtniveau gewöhnt hatten, erkannte sie, daß sie sich allesamt in einer runden Halle von gewaltigen Ausmaßen befanden. Die Wände waren schwarz und glatt und hoch - sie verloren sich weiter oben in Dunkelheit. Akuma stand zwischen zwei Säulen, auf denen jeweils ein grünes Feuer flackerte. Sie trug einen dunklen Kapuzenmantel, der ihren Körper wie auch den größten Teil ihres Gesichtes bedeckte. Mitsumi sah, daß die anderen eine Formation gebildet hatten: Mamoru und Bunny hinter Rei, Makoto, Ami und Minako. Die wiederum wurden geschützt durch Haruka, Michiru, Setsuna und Hotaru. Und ganz vorne standen Mitsumi und Sukuite. "Keine Flammen mehr?" Mitsumi hatte ihre Sprache wiedergefunden. Und sie bemerkte etwas verwundert, daß sie keine Angst hatte. Akuma machte eine abfällige Bewegung mit der rechten Hand. "Ich hätte dich haben können. Dich und alle anderen. Aber an ihnen liegt mir nichts und dich so einfach zu fangen ist, ehrlich gesagt, etwas langweilig." "Langweilig?" Sukuite trat einen Schritt vor. In seinen Augen blitzte es verräterisch. Er war wirklich wütend. "Hältst du das hier alles nur für ein Spiel?" Akuma lachte. "Wenn es ein Spiel ist, dann eines, in dem ich die Regeln bestimme", erwiderte sie gelassen. "Ihr wißt, daß mir eure Kräfte nichts anhaben können. Denkt daran, was beim letzten Mal passiert ist, als ihr versucht habt, mich zu töten." Mitsumi drehte sich halb um und sah zu Haruka. Sie bemerkte, wie es im Gesicht der anderen arbeitete. Dann trat jemand neben sie und Mitsumi spürte eine warme Hand auf ihrer Schulter. Es war nicht nur die Wärme eines Menschen, sondern unbändige Energie, die darin pulsierte. "Ist das eigentlich so deine Art, einfach aus dem Nichts aufzutauchen, Unschuldige zu entführen und einen Kampf heraufzubeschwören, der nicht nur hart und grausam ist, sondern bestimmt auch absolut unnötig? Wer bist du eigentlich und was willst du?" Bunny wirkte wütend. Aber nicht in der unbeherrschten Art und Weise, wie es Sukuite tat. Nein, da war trotzdem noch so viel Platz für positive Gefühle, daß Mitsumi sich nicht einmal vorstellen wollte, wie rein das Herz dieses Mädchens sein mußte. "Ich kenne dich, Sailor Moon." Akuma trat einen Schritt vor. "Prinzessin des weißen Mondes. Ich habe lange Zeit an dich denken müssen. Du bist ebenso in alles verstrickt wie sie." Akuma zeigte mit einem ihrer langen Finger auf Mitsumi. "Ich habe versucht, dich als Köder für sie zu benutzen. Einmal habe ich es versucht, denn ich dachte, dich zu verletzen oder gar zu töten wäre vielleicht ganz amüsant. Doch ich habe gemerkt, daß es mir egal ist. Ihr alle seid mir egal. Ich will nur sie. Und das ist der Grund, aus dem ich hier bin." Mitsumi wurde übel. Ihr Arm schmerzte. Etwas in ihr machte sich bemerkbar: Eine Erinnerung, die unklar war, aber vorhanden. Doch sie tauchte nicht ganz auf aus den Schatten der Vergangenheit und so konnte Mitsumi sie nicht fassen. "Wozu?" fragte sie schwach. "Um zu leben", war Akumas einfache Antwort. Dann bewegte sie ihre Hände in einer kompliziert anmutenden Geste und blickte nach oben. Mitsumi und die anderen folgten ihrem Blick und sahen, daß die elf runden Käfige der gefangenen Kriegerinnen über ihnen schwebten. "Wenn du sie befreien willst, dann komm zu mir. Das ist der einzige Weg. Du weißt es." Zorn flammte in Mitsumi auf. Sie dachte an Bunny, an die Umarmung, an all die anderen, die mit ihr hier versammelt waren, an ihren Palast und an die Verbindung, die sie mit den anderen elf Kriegerinnen teilte. Sie würde sich nicht so einfach ausliefern. Sie war eine Sailorkriegerin und sie würde nicht einfach aufgeben. "Du willst mich?" fragte sie mit vor Wut bebender Stimme. "Dann hol mich, wenn du kannst! Macht der Zwillingssterne... mach auf!" Noch während sie die Macht ihrer Schutzsterne in sich explodieren fühlte, bemerkte sie, daß auch die anderen sich verwandelten. Wie eine Kettenreaktion, dachte sie belustigt. Und ehe sie sich versah, stand sie als Kriegerin dem Feind gegenüber und sie war felsenfest entschlossen, dem Ganzen hier ein Ende zu bereiten. "Ihr wollt es also wirklich austragen? Also gut, dann fangt an. Und sagt mir Bescheid, wenn ihr fertig seid." "Du bist ekelhaft überheblich." Das war Sailor Uranus. "Ich kann es mir leisten. Ich sehe, daß die Wächterin euch eure wahre Macht geschenkt hat. Aber das wird euch nichts nützen. Denn diese Macht ist abhängig von der Stärke des Herzens und eure Herzen... Wie gesagt, ihr habt keine Chance." "Das will ich sehen!" Sailor Mars spreizte die Finger. "Flammenhölle... flieg!" Eine feurige Aura umhüllte die Marskriegerin und dann schossen Flammen auf Akuma zu. Sie verloschen, ehe sie die dunkle Gestalt erreichen konnten. Mars stieß einen leisen Schrei aus. "Ich habe euch gesagt, daß es nichts nützen wird. Hört lieber gleich auf mit dem Unsinn. Von euch will ich ja auch gar nichts." "Blaues Trauma... flieg!" Das war Sailor Merkur. Doch auch ihr Wasserwirbel konnte nichts ausrichten. Geminis Übelkeit verstärkte sich. Sie spürte, wie die Erinnerung, die sie in sich aufsteigen fühlte, stärker wurde. Ihr Arm schmerzte unerträglich. Vor ihren Augen tanzten rote Schleier. Sie mußte kämpfen, um nicht in die Knie zu gehen. "Ich kenne eure Macht, Sailorkrieger." Akumas Stimme klang gepreßt, beinahe verbittert. "Ich weiß, was zu vollbringen ihr imstande seid. Doch gegen mich habt ihr keine Chance. Ich hatte lange Zeit, mich auf diesen Augenblick vorzubereiten." Und an Gemini gewandt fügte sie hinzu: "Mir war klar, daß du nicht alleine kämpfen würdest. Du hast schon immer Hilfe gebraucht." Gemini sah Akuma an. Die Schleier vor ihren Augen verdichteten sich und sie konnte kaum noch etwas erkennen. Und dann explodierte der Schmerz. Doch nicht in ihrem Arm, wo er begonnen hatte, sondern tief in ihrem Herzen, in ihrer Seele. Was noch viel schlimmer war. Sie schrie auf und ging zu Boden. Mit dem linken Arm stützte sie sich ab. Mit dem linken Arm, der plötzlich nicht mehr weh tat. Und mit der rechten Hand griff sie sich an die Brust. Sie spürte, daß sie ihre Brosche umklammerte und schöpfte aus ihrer unterschwellig pulsierenden Kraft wieder etwas Stärke. In die Krieger kam Leben. Etherion, Pluto, Mars und Moon fielen neben der schwer atmenden Gemini auf die Knie und sagten etwas, doch Gemini konnte sie nicht verstehen. Sie sah auf und entdeckte Akuma, die wieder etwas näher gekommen war. Allerdings nicht so nah, daß man einen überraschenden Angriff hätte starten können. Und obwohl Gemini nicht verstand, was die anderen zu ihr sagten, hörte sie Akumas Worte genau. "Hast du Schmerzen, Sailor Gemini?" Die Worte kamen leise und eindringlich. "Ich weiß, wie du dich fühlst. Du glaubst, dein Herz müsse zerspringen und deine Seele zerreißen. Gegen jede Art von Schmerz kann man etwas unternehmen, doch nicht dagegen. Es ist unmöglich." Gemini bemerkte, daß sie ihre Atmung wieder unter Kontrolle bekam. "Was hast du mit mir gemacht?" fragte sie mit zitternder Stimme. "Falsche Frage", erwiderte Akuma. "Die richtige lautet: Was hast du mit mir gemacht?" Und im gleichen Augenblick, in dem Akuma ihren Mantel zu Boden warf und ihr Gesicht zeigte, schrien die anderen Krieger erschrocken auf und Gemini wußte nun, welche verdrängte Erinnerung versucht hatte, an die Oberfläche zu gelangen. Während die anderen erschrocken und verwirrt reagierten, stand Gemini ruhig auf, nun nicht mehr von Schmerzen, sondern nur noch von einer leisen Qual gepeinigt, und sah der Frau in die Augen, die ihr Zwilling war. Sie war vollkommen in schwarz gekleidet. Doch ihre Haare waren so silbern wie die der Kriegerin und ihr Gesicht war ebenso schön. Nur ihre Augen hatten nicht dieses klare Blau eines Winterhimmels. Sie waren schwarz. "Du bist zurückgekommen", bemerkte Gemini. Sie wußte, daß diese Worte albern klingen mußten, doch es fiel ihr nichts anderes ein, was sie hätte sagen können. "Ich fand, daß es an der Zeit war." Akuma legte den Kopf in den Nacken und sah zu den Käfigen hinauf. Die gefangenen Kriegerinnen lagen immer noch in ihrem künstlichen Schlaf. "Sie waren so leicht zu fangen. Die lange Zeit der Untätigkeit hat sie träge gemacht. Ihre Kräfte haben sich schon lange nicht mehr voll entfaltet." "Warum tust du das?" "Das müßtest du eigentlich wissen. Schließlich war ich einmal ein Teil von dir. Und in gewisser Weise bin ich es immer noch." Gemini wußte es nicht. Natürlich war sie einst mit Akuma vereint gewesen, doch das war lange her. Und so viele Erinnerungen waren verloren. Es war Sailor Moon, die eine Vermutung anstellte. Sie trat neben Gemini und sah sie aus ihren blauen Augen an. Und was die Kriegerin der Zwillingssterne darin sah, war Traurigkeit. "Du hast gesagt, daß du Gemini brauchst, um zu leben. Hast du etwa vor, dir einen Teil ihrer Seele zu holen?" Der Blick, den Akuma Sailor Moon zuwarf, war nicht zu deuten. Gemini glaubte, zuerst etwas wie unbändigen Haß aufflackern zu sehen, doch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann lag etwas anderes in ihren schwarzen Augen. Ein Ausdruck, den Gemini noch nie gesehen hatte. "Gar nicht schlecht", lobte Akuma. "Du hast sogar beinahe recht. Aber ich bin nicht hier, um mir einen Teil ihrer Seele zu holen. Ich möchte mich wieder mit ihr vereinen. Ich möchte wieder eine Sailorkriegerin sein." Tausend Gedanken rasten durch Geminis Kopf. Sie drehte sich um und sah die Gesichter der anderen, die schweigend dem zusahen, was da vor ihren Augen geschah. In ihrem Kopf arbeitete es. Wieder vereint mit Akuma. Mit einem Teil ihren eigenen Ichs, der einst nicht einmal einen Namen gehabt hatte und sich ausgerechnet Akuma genannt hatte. Ausgerechnet. "Das ist idiotisch!" Sailor Uranus war aggressiv. Und ängstlich. Was kein Wunder war, denn sie wußte ja, was vor langer Zeit geschehen war, als Sailor Gemini noch zwei Seelen in ihrer Brust gehabt hatte. "Selbst wenn du das bewerkstelligen könntest, würden wir das niemals zulassen!" "Es ist unmöglich", ließ sich nun auch Sailor Saturn vernehmen. Doch Gemini sah, daß in ihren Augen Unsicherheit stand. Und ihre Hände schlossen sich etwas zu fest um die Sense der Stille. "Ist es nicht." Akuma deutete auf die Käfige. "Sie haben uns getrennt. Sie können uns auch wieder zusammenführen. Die Kräfte dieser Kriegerinnen sind nicht nur darauf ausgerichtet, über die Macht aller anderen Sailorkrieger zu wachen. Sie haben auch die Macht, neue Krieger zu erschaffen. Ich weiß, wovon ich rede, denn einst gehörte ich zu ihnen." Gemini atmete scharf ein. Sie wußte, daß Akuma recht hatte. Und plötzlich wußte sie auch, warum sie sie noch nicht angegriffen hatte. "So einfach ist das nicht! Du brauchst mich, weil du niemals alleine als Kriegerin existiert hast. Aber ich muß freiwillig zu dir kommen. Niemand kann gegen seinen Willen zur Kriegerin gemacht werden." "Das ist wahr. Aber du denkst doch nicht, daß ich so weit gekommen bin, um mich jetzt noch aufhalten zu lassen? Ich bin eine Ewigkeit allein durch das Universum gereist. Ich habe ohne Ende nach einer neuen Heimat gesucht. Aber nichts von dem, was ich fand, hätte mir die Gemeinschaft mit den anderen jemals ersetzen können. Keine Macht, die ich fand, war mit der zu vergleichen, die ich als Sailorkriegerin gehabt hatte. Ich habe jede Kraft in mich aufgesaugt, bin stärker und stärker geworden, aber niemals habe ich Erfüllung gefunden. Ich litt unerträgliche Schmerzen. Und dann wurde mir klar, daß ich zurück mußte. Ich mußte dich finden, um wieder als eine von euch zu existieren. Denn niemand, der einst das Pulsieren der Macht in sich spürte, kann ohne sie leben. Niemand!" "Du glaubst doch nicht, daß wir das zulassen werden?" Jupiter sprang vor und preßte die Handflächen gegeneinander. "Göttersturm... flieg!" Doch Jupiters Angriff blieb erfolglos. "Goldherzen... fliegt!" Auch Venus konnte Akuma nichts anhaben. "So langsam werdet ihr etwas lästig", bemerkte Akuma trocken. "Im Grunde seid ihr mir egal. Aber ich denke, ihr könntet zu echten Störenfrieden werden. Ich muß euch wohl ausschalten." Ehe Gemini sich versah, schleuderte Akuma den anderen ihre schwarze Energie entgegen. Die Krieger versuchten, auszuweichen, doch Akuma war zu schnell für sie und mit ihren Kräften konnten sie nichts unternehmen. Es war ein furchtbarer Kampf. Es tat Gemini im Herzen weh, zu sehen, wie Jupiter und Venus verletzt zu Boden gingen. Uranus und Neptun stellten sich verzweifelt den Angriffen des Feindes, doch auch ihre neue Energie war nicht in der Lage, etwas auszurichten. Plutos Zeitschlüssel zerbrach. Allein Saturn wandte sich noch einmal mit voller Kraft Akuma zu. "Reiter der Apokalypse..." doch noch ehe sie diesen mächtigen Angriff ausführen konnte, lag auch sie am Boden. Tuxedo Mask war nirgendwo zu sehen. Sailor Moons Silberkristall hatte sich aus ihrer neuen Brosche gelöst und schirmte sie gegen die Angriffe ab, doch auch dieser Schild wurde langsam schwächer. Gemini hörte eine Stimme wie aus weiter Ferne. "Macht der Iris... mach auf!" Oh nein, dachte sie, denn sie wußte, daß sich Etherion nun seiner höchsten Macht bediente. Es wurde immer schlimmer. Alles wurde immer nur schlimmer. Und dann sah sie klar. Plötzlich wußte sie, was sie zu tun hatte. Sie konnte sie alle retten - die Wächterinnen und die Krieger dieses Sonnensystems. Es war der einzige Weg, den sie gehen konnte. "Aufhören!" Ihre Stimme hallte laut und klar durch die Halle. Akuma ließ von ihren Attacken ab und blickte Gemini beinahe triumphierend an. Die übrigen Krieger lagen angeschlagen auf dem Boden. "Es ist ja gut, Akuma. Laß uns die Vereinigung durchführen." Kapitel 8: Geminis Entscheidung ------------------------------- Kapitel VIII - Geminis Entscheidung >... Im gesamten Universum gibt es immer tausend Wege, die man wählen kann. Jede Situation läßt sich auf verschiedene Arten lösen. Doch nicht immer wählt man den einfachen Weg. Manchmal muß man einen schweren Schritt tun, um das zu retten, was noch zu retten ist. Und wenn man dann den letzten Schritt geht, wird man von Liebe und Hoffnung unterstützt werden. ...< Es war vollkommen still. Gemini hätte erwartet, daß Akuma lachte oder etwas sagte, aber sie schien darauf zu warten, daß die Kriegerin der Zwillingssterne zu ihr kam. Also machte sie einen Schritt nach vorne. "Tu das nicht!" Tuxedo Mask berührte Gemini an der Schulter. Er hielt sie nicht zurück, doch das wäre auch nicht nötig gewesen. Sie wäre auch schon stehen geblieben, wenn er sie nur angesehen hätte. Langsam drehte sie sich um. Seine Augen waren so furchtbar traurig. Es zerriß ihr beinahe das Herz, daß sie nun um ihre Zukunft wußte, doch sie konnte nichts anderes tun. "Du wirst nicht mehr du sein." Das war alles, was er sagte. Gemini lächelte gequält. Sie legte ihre rechte Hand auf seinen Arm und kam ganz nahe an ihn heran, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Sie merkte, daß er zitterte. Und sie konnte es nicht ändern. "Vertrau mir." Sie wußte nicht, was sie sonst hätte sagen sollen. Also drehte sie sich wieder um und ging mit langsamen Schritten zu Akuma. "Endlich ist unsere Stunde gekommen!" Akuma streckte ihren rechten Arm aus und deutete auf die Käfige. "Hört mich, ihr Wächterinnen über die Mächte! Nun ist die Zeit für euch gekommen, aus meinem Bann zu erwachen. Ich zwinge euch nicht länger unter meinen Willen!" Die Käfige begannen zu leuchten. Gemini beobachtete mit klopfendem Herzen, wie sich die schwarze Masse, welche die Körper der elf Frauen bedeckte, langsam aufzulösen begann. Die Körper der Kriegerinnen begannen schwach von innen heraus zu leuchten. In jeder von ihnen erwachten wieder die Kräfte. "Warum tut sie das?" Sailor Moon sah verzweifelt zu den beiden schwarzen Gestalten mit dem silbernen Haar, um die schwaches Licht zu leuchten begann. "Sie wird sich selbst verlieren. Und sie wird niemals die Kontrolle über die dunkle Seite ihrer Seele erlangen." Etherion stand an Moons Seite und schüttelte den Kopf. "Wir können nichts tun. Überhaupt nichts." Inzwischen begannen sich die Stäbe der Käfige aufzulösen. Die Kriegerinnen sanken zu Akuma und Gemini herab. Sie trugen nun lange schwarze Kleider und jede von ihnen trug strahlend das Symbol ihres Sternzeichens auf ihrer Stirn. Als sie den Boden berührten, standen die elf in einem perfekten Kreis um Akuma und Gemini. "Gott sei Dank", flüsterte Gemini. Sie fühlte, wie ihr die Tränen kamen. Aber noch durfte sie sich nicht gehen lassen. Noch war es nicht vorbei. Sie bemerkte, daß ihre Hände zitterten. "Du hast meinen Ruf erhalten", sagte eine zierliche Person mit kurzgeschnittenen schwarzen Haaren. Sie trug das Zeichen Virgos auf ihrer Stirn. "Ich danke dir, daß du gekommen bist." "Wir alle danken dir." Das war Libra. "Wir waren uns sicher, daß du den Kampf entscheiden könntest." Akuma sah Gemini auffordernd an. Ihr Blick war unglaublich kalt. "Noch ist es nicht vorbei", sagte Gemini mit fester Stimme. "Es gibt noch eine Sache zu erledigen. Ich muß den Preis entrichten, den ich für eure Befreiung zu zahlen versprochen habe." "Den Preis?" Capricornus wirkte verwirrt. "Du hast also nicht gekämpft?" Gemini sah die anderen elf prüfend an. Erst jetzt bemerkte sie, daß sie keine Ahnung hatten, daß Akuma es war, die sie gefangen gehalten hatte. "Ihr seht meinen Zwilling neben mir stehen", sagte sie langsam. "Den Teil meines Ichs, der vor langer Zeit von mir getrennt wurde. Es war ihre Macht, die euch eingesperrt und euch eurer Kräfte beraubt hat. Ich konnte sie nicht besiegen. Nicht einmal mit der Hilfe, die ich erhalten habe." Gemini deutete auf die Krieger, die mit ihr gekommen waren. Die elf Wächterinnen starrten Sailor Moon an. Dann fiel ihr Blick auf Tuxedo Mask. Und schließlich erst auf die anderen. Es verging eine ganze Weile, bis schließlich Sagittarius das Wort ergriff. "Also sind wir... auf der Erde?" Gemini nickte. "Es sieht so aus, als hättest du die Vergangenheit bewältigt." Aries lächelte. "Ich bin sehr froh darüber." Und sie verneigte sich kurz gegenüber den Kriegerinnen, die den Kampf für die Wächterinnen ausgefochten hatten, ohne etwas bewirken zu können. "Und was ist nun der Preis?" Leo blickte Akuma mißtrauisch an. "Die Wiedervereinigung der zwei Seelen." Akumas Stimme zitterte vor unterdrückter Erwartung. "Es ist an der Zeit, wieder zu der Kriegerin von einst zu werden." "Was?" Scorpio schüttelte entsetzt den Kopf. "Aber das darf nicht sein! Du weißt selbst, was passiert ist. Es wird sich wiederholen. Du kannst keine Kriegerin werden." "Es ist der Preis. Und mein Wunsch." Geminis Blick war eindringlich. Ein Flehen lag darin. Als Scorpio nicht reagierte, fügte sie ein geflüstertes "Bitte." hinzu. Ein Raunen lief durch den Kreis der Wächterinnen. Schließlich ergriff Aquarius das Wort. "Wenn du es wirklich tun willst und dem Ritual freiwillig zustimmst, könnten wir es tun. Ansonsten liegt es nicht in unserer Macht, die Seelen zusammenzuführen." "Ich bin hier, um es zu tun. Und meine Zustimmung habe ich bereits gegeben. Die Krieger dieses Sonnensystems sind meine Zeugen." "Bist du dir wirklich sicher?" Pisces warf Gemini einen vielsagenden Blick zu. "Du weißt, daß du nicht mehr du selbst sein wirst, wenn du es tust?" "Doch das werde ich", erwiderte Gemini leise. "Ganz bestimmt. Es ist der einzige Weg." Cancer ballte die Hände zu Fäusten. Dann nickte sie. "Also gut. Wir werden das Ritual durchführen. Möge es im Zeichen der Liebe geschehen." Taurus hob die Hände und die anderen Kriegerinnen taten es ihr gleich. Die Schönheit der elf Wächterinnen wirkte in diesem Moment auf beklemmende Weise kalt. Die Zeichen der Kriegerinnen strahlten in einem weißen Licht. Geminis silbernes Diadem war verschwunden und an seiner Stelle strahlte das Zeichen des Zwillings. "Ihr Kräfte des Universums, hört meine Worte!" Taurus sprach mit klarer Stimme und Gemini mußte unwillkürlich an Schnee, Eis und bittere Kälte denken. Dann fiel ihr Bewußtsein in unergründliche Tiefen und eine andere Macht drang in sie ein, um sie zu prüfen und zu führen. Sie kannte dieses Gefühl, denn sie hatte es schon einmal erlebt. "Vor uns stehen zwei Seiten einer Seele, die einst getrennt wurden, um dem Guten gerecht zu werden. Heute ist der Tag gekommen, sie wieder zu vereinen. Die Kriegerin der Zwillingssterne soll in ihrer alten Macht wieder auferstehen. Als Zeugen für den freien Willen der Erwählten benenne ich die Krieger dieses Sonnensystems." Die Wächterinnen schlossen die Augen. Zwischen ihren erhobenen Händen leuchtete es plötzlich auf und jede von ihnen hielt ihren eigenen Kristall, den sie wie alle Sailorkrieger in sich trugen. Dann war ein Glitzern in der Luft und Sailor Moon und Tuxedo Mask sahen erstaunt, daß sie zu Serenity und Endymion wurden. Und auch alle anderen Krieger, die mit ihnen gekommen waren, trugen nun ihre eigenen königlichen Gewänder. Jeder von ihnen trug das Zeichen ihres Schutzplaneten auf der Stirn. "Als Wächterinnen der Mächte rufen wir die Energie des Lebens an. Möge die Kriegerin erwachen!" Gemini, nun auch in dem Gewand einer Prinzessin, und Akuma standen Rücken an Rücken. Ein gleißender Lichtstrahl hob sie empor und dann lösten sich aus ihren Körpern langsam ihre Kristalle. Serenity hatte nicht geglaubt, daß Akuma auch einen besaß. Sie sah, daß der von Gemini silbern strahlte und der von Akuma pechschwarz war. Ihr wurde klar, daß Gemini das Böse einlud, von ihr Besitz zu ergreifen. Sie würde es nicht schaffen, Akuma zu kontrollieren. Die Kristalle hoben sich langsam über die Köpfe von Gemini und Akuma. Und in dem Moment begann Gemini gegen die fremde Macht in ihr anzukämpfen. Ganz langsam drängte sie ihren eigenen Willen wieder in den Vordergrund, versuchte ihre Kräfte in sich zu finden und schaffte es schließlich, wieder ganz Herr über sich selbst und ihre Fähigkeiten zu sein. Sie wußte, daß sie den Schritt, den sie zu gehen hatte, jetzt wagen mußte. Es würde keine andere Chance mehr geben. Tränen stiegen in ihr auf, doch sie bekämpfte sie. Es kam alles so, wie es kommen mußte. Wie Cancer gesagt hatte: Möge es im Zeichen der Liebe geschehen. Und nichts anderes empfand Gemini, als sie die Augen aufschlug. Etherion sah es eine Sekunde vor Uranus. Wäre es nicht so furchtbar schnell gegangen, hätten sie vermutlich wirklich noch eine Chance gehabt. Gemini schlug die Augen auf. Er sah es und er sah die Tränen, die darin glitzerten. Sie neigte den Kopf etwas zur Seite und sah Etherion an. Dann breitete sie die Arme aus. "NEIN!" Er hörte seinen Schrei, doch er schien ihm aus weiter Ferne zu kommen. Er spürte, daß er zu laufen begann, und dann sah er auch schon, wie Uranus an ihm vorbeizog, so schnell wie der Wind und doch nicht schnell genug. Hinter ihm schrie Serenity. Geminis Energie war gewaltig. Ihr Sternenkristall strahlte über allen anderen, als sie seine Energie in sich aufsog und dann die beiden Plasmabälle, die sich über ihren Handflächen gebildet hatten, nach vorne führte und direkt auf sich selbst richtete! Uranus und Etherion wurden von der gewaltigen Energie dieses Kraftausstoßes aufgehalten. Sie mußten sich gegen das Licht der Waffe Geminis stemmen wie gegen eine Druckwelle. Alle, die versammelt waren, hörten Akumas Schrei und den von Gemini. Sie sahen, daß der schwarze Kristall zersprang und Akumas Körper schlaff zu Boden fiel, wo er reglos liegen blieb. Und dann sahen sie, daß die Energie der Waffe, die Gemini gegen sich selbst gerichtet hatte, immer noch in ihr wirkte. Gemini hatte die Augen weit aufgerissen. Ihr schulterlanges silbernes Haar war im Bruchteil einer Sekunde so lang geworden, daß es wie eine schimmernde Fahne hinter ihr wehte. Das schwarze Kleid, das sie trug, wirkte wie ein makabres Totenkleid. Die Kriegerin, die als Prinzessin ihre Kräfte beschworen hatte, leuchtete von innen heraus. Doch es war nicht das Leuchten ihrer Schönheit, sondern das tödliche Strahlen der Plasmabälle von Castor und Pollux. Schließlich verschwand das Leuchten und Geminis Körper fiel hart auf den Boden der Halle. Die Wächterinnen, die das Geschehen ruhig und strahlend schön beobachtet hatten, fielen auf die Knie und vergruben ihre Gesichter in den Händen. Eine Sekunde lang herrschte totale Stille. Bis auf das leise Klirren eines silbernen Kristalls, der zu Boden fiel, war nichts zu hören. Dann rannten sie los. Endymion erreichte Gemini als erste. Er kniete neben ihr nieder und legte ihren Kopf in seinen Schoß. "Lebt sie?" Serenity hatte sich neben dem Prinzen niedergelassen und sah mit Tränen in den Augen auf Gemini hinab. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Qualen. "Sie atmet noch", brachte Endymion hervor und nahm Geminis Hand. Inzwischen hatten sich auch die anderen Krieger um Gemini versammelt. Etherion beugte sich über die Kriegerin, die zwar keine äußerlichen Verletzungen aufwies, aber innerlich beinahe zerrissen worden sein mußte. Er kannte die Kraft ihrer Waffe. "Gemini, kannst du mich hören?" Ihre Augenlider zuckten. Ihre Lippen bewegten sich. Dann schlossen sich ihre Finger fest um Endymions Hand und sie öffnete die Augen. Sie waren immer noch strahlend blau, doch etwas darin war zerbrochen. Etherion fühlte, wie er zu zittern begann. "Habe ich es geschafft?" Ihre Stimme war leise und brüchig. "Ja. Akuma ist tot." "Gut." Sie lächelte. "Es tut mir leid, Etherion. Es gab keine andere Möglichkeit. Sie... war immer noch mit mir verbunden. Die Wunde an meinem Arm beweist es. Was mir zustößt, das stößt auch ihr zu." Ihr Blick glitt über die anderen Kriegerinnen zu Serenity. Sie war so wunderschön und Gemini wußte, daß sie es nicht leicht haben würde, das eben erlebte zu verarbeiten. Doch sie würde es schaffen, weil sie eben war, wer sie war. "Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit miteinander verbringen können", flüsterte Gemini. "Bitte sag den Wächterinnen, daß ich ihnen für ihr Vertrauen danke." "Heißt das, sie haben es gewußt?" Serenity weinte und ihre Worte waren kaum zu verstehen. Trotzdem hörte Gemini deutlich das Entsetzen in ihnen. "Die Verbindung braucht keine Worte. Sie kannten meine Gedanken. Sie wußten es." Als Gemini Serenitys Blick auffing, empfand sie ungeheures Mitleid für ihr Leiden. Sie selbst litt nicht. Ihr Körper war fast vollständig taub. "Oh, meine Prinzessin", hauchte sie und mehr nicht. Es gab nicht mehr zu sagen. Dann endlich kam sie zu Endymion. Die Liebe zu ihm war immer noch in ihrem Herzen und sie wußte, daß sie es immer sein würde. Egal, in welcher Welt oder in welchem Zustand sie sich befand. Es war völlig egal. "Gemini..." Seine Stimme war rauh und sie sah seine Tränen. Sie hätte sie gerne weggewischt, aber sie war zu schwach, um den Arm zu heben. Kälte kroch ihren Körper hinauf. Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Und was gab es noch alles zu sagen? So viel, was sich noch ihren Gedanken befand. Aber sie hatte keine Zeit mehr. Und so mußten die paar Worte reichen, die sie noch sprechen konnte. "Ich liebe dich, Endymion." Er senkte den Kopf und zum ersten Mal in ihrem Leben spürte sie seine Lippen auf ihren. Dann war es vorbei. Die Wächterinnen erhoben sich. Sie alle wirkten traurig, aber gefaßt. Libra ging auf Akumas Körper zu und hob ihn mühelos hoch, als würde er so leicht wie eine Feder sein. Virgo machte sich daran, das Gleiche mit Gemini zu tun. Und dann verschwanden sie. Einfach so, ohne noch ein Wort zu sagen. Serenity fühlte Verzweiflung in sich aufsteigen. Irgendwann hörte sie Venus fragen: "Was werden sie mit ihr anfangen?" Es war Pluto, die ihr antwortete. "Ich denke, sie werden sie in ihren Palast bringen und sie dort beisetzen. Beide." Serenity sah erschrocken auf. "Aber der Sternenkristall! Sie können sie doch wieder zum Leben erwecken, oder?" "Nein." Pluto sah Serenity ernst an. "Die Macht der Sailorkrieger ist in unseren Kristallen verankert. Aber wenn wir uns selber richten, dann entziehen wir dem Kristall alle Kraft. Und das ist dann unser endgültiges Ende." Serenity sagte nichts mehr. Sie wußte, daß Gemini es für den einzigen Weg gehalten hatte, doch sie glaubte nicht, daß es wirklich so gewesen war. Später, als sie sich aufstellten, um mit ihren Kräften aus der schwarzen Halle zu entkommen, die Akuma in einer anderen Dimension errichtet hatte, entdeckte Serenity einen Gegenstand auf dem Boden. Sie bückte sich und hob ihn auf. Es war ein silberner Kristall. Serenity schloß die Hand um ihn und weinte. Erst sehr viel später bemerkte sie, daß sich die Kanten des Kristalls in ihre Handfläche gebohrt hatten. Und daß nicht nur ihre Tränen geflossen waren, sondern daß auch Tropfen dunklen Blutes gefallen waren, um der Trauer um die verlorene Kriegerin Ausdruck zu verleihen. ENDE Kapitel 9: Anhang ----------------- Anhang Es ist der 16.04.2000 und ich bin endlich fertig geworden! Im Moment habe ich das Gefühl, als könnte ich Sailor Moon für die nächsten drei Jahre nicht mehr sehen. Am Ende habe ich oft nicht weitergewußt, darum möge man mir verzeihen, daß es stellenweise vielleicht etwas komisch klingt. Da kam auch noch ein gutes Stück Übermüdung hinzu, denn beinahe zwei Tage habe ich nichts anderes getan, als zu schreiben. Zum Schluß möchte ich sagen, daß ich mich wirklich bemüht habe, die Sailorkrieger einigermaßen originalgetreu darzustellen. Das war nicht immer ganz einfach. Außerdem nehme ich gleich die Antworten für eventuell auftauchende Fragen oder Kritikpunkte vorweg. Hier sind sie: Als ich angefangen habe, die Story zu schreiben, kannte ich das Ende des Mangas noch nicht. Daher stützt sich diese Geschichte auf die Handlung der TV-Serie. Ich glaube nicht, daß ich irgendwie Anspruch auf Vollständigkeit oder Genauigkeit oder sonst was erheben kann. Und auch mein Schreibstil mag einige Fehler beinhalten. Sailor Etherion entstammt nicht meiner Feder. Er ist von Christian Schneider erfunden worden, der mir freundlicherweise erlaubt hat, ihn in meiner Geschichte zu benutzen. Für Fragen oder Kommentare kann man ihm mailen: Etherion@swol.de Jemand sagte mir, daß es Unsinn sei, Eternal Sailor Moon noch einmal einer Metamorphose zu unterziehen. Das wäre die letzte Stufe ihrer Entwicklung als Kriegerin. Mag vielleicht sein, aber mich nervten ihre Flügel und die kitschige Uniform mit den Puffärmeln und so habe ich sie zur Mondkriegerin werden lassen, damit sie wenigstens in meiner Vorstellung anders rumläuft. Die Kriegerinnen haben neue Angriffe, aber ich habe nicht alle aufgeführt (hierfür möge man mir verzeihen), weil mir für Uranus, Neptun und Pluto keine neuen einfielen und ich es blöd fand, die alten zu nehmen. Ja, ich weiß, daß Mitsumi eine Firma ist, die Hardware herstellt. Irgendwie hab ich angefangen, den Namen zu benutzen, weil ich ihn mal aufgeschnappt habe, und das fiel mir dann erst später auf. Mitsumis Name hat keine Bedeutung. Sukuite heißt "Retter". Sein Nachname fällt mir gerade nicht ein. (Sorry, Christian, aber im Charakterbogen stand er auch nicht drin!) Akuma bedeutet "Teufel" oder "böser Geist". Ich denke, daß es nicht so schlimm ist, wenn ich auch mal Fehler gemacht habe. Das Wichtigste ist doch, daß ich Spaß beim Schreiben hatte - und den hatte ich (meistens). Ich danke: Lenichan, Stephan, Merle, Nereid und ReiVi fürs Antreiben und dafür, die Geschichte auch lesen zu wollen (keinen Schock kriegen!). Nami-chan für ihr Interesse. Saskia für die Inspiration und die Kraft zum Weiterschreiben, die ich mit jedem ihrer Briefe bekommen habe. André für die "Reparatur" meines Computers. Sheltem, Jan und Star Lady. Oliver für das Aufheben meiner Schreibblockade. allen, die meine Launen dauernd ertragen müssen und mich trotzdem noch mögen (winke, winke, Sandra!). Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)