Odoroki High von Schabi (Ein Magical Girl-Fantasy-Mix) ================================================================================ Kapitel 3: Teile des Puzzles ---------------------------- Hast du jemals Träume gehabt? Sind Dinge geschehen, die du dir nicht erklären konntest? Hast du etwas in dir gespürt, das vorher nie da war? Chika Katsuragi Kapitel 3 - Teile des Puzzles Der Regen klatschte trommelnd gegen die Fenster der Odoroki High. Seit Tagen schon hingen die Wolken tief und bedrohlich über Tokyo, so dass die Schüler missmutige Mienen aufgesetzt hatten und sich lernend in ihren Zimmern verkrochen. Niemand hatte so rechte Lust, am Leben teilzunehmen, wenn die Welt draußen so trist und grau war. Auch Aya bildete da keine Ausnahme. Seit vier Wochen war sie nun schon auf der Schule und so schlecht ihre Laune seitdem auch war - nun hatte sie ihren Tiefpunkt erreicht. Der Regen und die damit einhergehende Dunkelheit verdarben ihr jeden Tag und wenn sie aus dem Unterricht kam, versank sie oft stundenlang in Grübeleien. Sie wusste nicht einmal, worüber sie genau nachdachte. Einfach nur aus dem Fenster starrend beobachtete sie den Regen und ließ sich treiben. Manchmal hatte sie dann das Gefühl, in einem Gefängnis zu sitzen, aus dem die Flucht unmöglich war. Es hielten sie keine Ketten, niemand verbot ihr, das Gelände zu verlassen. Und trotzdem konnte sie nicht fort, denn wohin hätte sie gehen sollen? Es gab dort draußen niemanden mehr, der sich an sie erinnerte. Sie hatte kein Heim, keine Freunde... Keine Zuflucht. An diesem Nachmittag hatte sie sich vorgenommen, für die Klassenarbeit in der nächsten Woche zu lernen. Normalerweise musste sie den Stoff des Chemieunterrichts nicht noch einmal durchgehen, doch seit ihrem unfreiwilligen Schulwechsel hatte sie sich auf nichts mehr richtig konzentrieren können. Zu viel war an ihr vorbeigegangen. Sie war einfach nicht mehr sie selbst gewesen. Im Zimmer lief leise Musik aus Chikas Stereoanlage. Sie selbst lag ausgestreckt auf ihrem Bett und brütete murmelnd über ihrem Chemiebuch. Aya saß vor ihrem Schreibtisch und stellte einige Formeln auf, um sie dann kopfschüttelnd wieder zu verwerfen. "Ach, Mist!" Chika klappte ihr Buch zu, drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Nur kurz drehte Aya sich zu ihr um, dann widmete sie sich wieder ihrer Formel. Es wurde still im Zimmer. "Ich verstehe überhaupt nicht, was du an diesem Zeug finden kannst." Chika war aufgestanden und beugte sich nun neugierig über Ayas Schulter, um zu sehen, was sie dort machte. "Normalerweise haben Mädchen gar keine Begabung für so was." Seufzend legte Aya den Stift zur Seite. "Ich habe keine Begabung. Ich versuche nur, mich anzustrengen, um einen guten Abschluss zu erhalten. Wenn man immer aufpasst, dann ist der Stoff gar nicht so schwierig zu lernen," Sie deutete auf die erste Hälfte der Formel. "Das hier ist zum Beispiel gar nicht so kompliziert, wie es aussieht. Die Verbindungen ergeben Reaktionen und -" "Ja, ja!" Chika winkte ab und ließ sich wieder auf ihr Bett fallen. "Ich habe gar keine Lust auf diesen Kram. Das geht sowieso nicht in meinen Schädel. Meine Stärken liegen ganz woanders." "Du hast Stärken?" erwiderte Aya sarkastisch. "Na, vielen Dank! Du musst deine schlechte Laune wirklich nicht an mir auslassen. Ich kann nichts dafür." Aya sagte nichts. Ihr Stift flog schon wieder übers Papier und ergänzte die angefangene Formel. Sie hatte keine Lust, sich mit jemandem zu unterhalten. Das machte sie nur noch aggressiver. Und sie wusste ja, dass es nicht fair von ihr war, sich denjenigen gegenüber gemein zu verhalten, die nichts für ihre Situation konnten. Es war wie eine Sucht, auf die wenigen Menschen loszugehen, mit denen sie noch Kontakt hatte. Als könnte sie damit all den Frust, der sich in ihr angestaut hatte, auf einmal abladen. Das half natürlich nur wenige Augenblicke, doch das Gefühl der Erleichterung nach solch einem Ausbruch war es jedes Mal wert. Grübelnd stützte sie den Kopf in die Hände. Ab und zu machte es ihr Angst, was aus ihr geworden war. Und dann fragte sie sich, wie es mit ihr weitergehen würde. Wie weit sie das alles noch treiben könnte. "Erzähl mir davon." "Was?" Verwirrt blickte Chika auf. Sie hatte sich wieder in ihr Chemiebuch vertieft. "Was meinst du?" "Von deinen Stärken. Was glaubst du, kannst du besonders gut?" Für einen Moment schien Chika zu zögern, doch dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, sie legte das Buch zur Seite und setzte sich auf. "Du darfst nicht lachen. Und den anderen nichts davon sagen", verlangte sie leise. Aya nickte und zog ihren Stuhl näher an Chikas Bett. Ein Gefühl von längst verlorener Wärme breitete sich in ihrem Innersten aus. Es war, als säße sie Ikuko gegenüber, die ihr ein Geheimnis anvertrauen wollte. So stark war dieses Empfinden, dass es ihr fast die Tränen in die Augen trieb. Sie schluckte, nickte noch einmal und erwiderte leise: "Versprochen." Einen Herzschlag lang schien es, als würde Chika es sich wieder anders überlegen. Schließlich jedoch stand sie auf, bückte sich und zog einen dunkelblauen Karton unter ihrem Bett hervor. Sie zwinkerte Aya verschwörerisch zu und öffnete ihn langsam. Vorsichtig griff sie hinein und förderte eine hellblaue Mappe zutage, die durch ein gelbes Band verschlossen gehalten wurde. "Hier." Sie reichte die Mappe an Aya weiter. Gespannt löste diese die Schleife und öffnete die Mappe. Stirnrunzelnd betrachtete sie die Blätter. Es waren bestimmt zwei Dutzend, voll mit Texten und Gedichten, Gedanken und Zitaten. Auf einigen losen Zetteln fanden sich Noten und Wörter, die für Aya keinen erkennbaren Sinn ergaben. Vielleicht waren es Titelvorschläge oder einfach nur Notizen... Bestimmte Wörter, die einen außergewöhnlichen Klang besaßen. "Chika..." hauchte Aya und betrachtete das vor ihr liegende Werk ehrfürchtig. "Sind das...? Ist das...?" "Ja." Mit einem breiten Grinsen setzte Chika sich im Schneidersitz aufs Bett, den Karton vor sich, und zog eine Kassette heraus. "Alles Lieder, von mir selbst geschrieben. Die meisten davon habe ich schon aufgenommen, aber einige sind noch nicht fertig und ich lasse sie liegen, bis mir etwas Besonderes dazu einfällt." Staunend ließ Aya ihren Blick über Chikas Arbeit schweifen. Sie hätte niemals damit gerechnet, dass sich Chika mit Musik beschäftigte. Und vor allem nicht so ausführlich. Sie studierte einige der Texte und wunderte sich, wie tiefsinnig sie doch waren. Sie selbst besaß überhaupt kein Talent für so etwas und mit Unbehagen registrierte sie, dass ein leichter Anflug von Neid in ihr aufkeimte. "Das ist wirklich unglaublich", sagte sie schließlich und starrte Chika über die zahlreichen Blätter hinweg an. "Weiß irgendwer davon? Und wirst du etwas aus diesem Talent machen?" Chika zog die Schultern hoch. "Ich hab es niemandem erzählt. Du bist die erste. Selbst als ich noch bei meinen Eltern gelebt habe..." Ihre Stimme brach und sie atmete einmal tief ein, bevor sie weitersprach. "Ich weiß nicht, ob ich talentiert genug bin, um etwas daraus zu machen. Ich will es versuchen. Nächsten Monat findet ein Talent-Wettbewerb statt und ich habe mich dort angemeldet. Ich weiß zwar noch nicht, ob ich wirklich hingehen werde, aber..." Chika stockte und zog die Schultern hoch. "Immerhin ist es ein Versuch und vielleicht trau ich mich ja sogar." Grinsend verpackte sie ihre Texte wieder im Karton und schob ihn zurück unters Bett. Für eine Weile war es still im Zimmer. Die beiden Mädchen hingen ihren eigenen Gedanken nach und keine der beiden wollte die andere daran teilhaben lassen. Schließlich richtete Aya sich auf und ging wieder hinüber auf ihre Seite des Zimmers. "Du hast Glück", sagte sie leise. "Glück? Warum? Womit?" Aya warf die Hände in die Luft. "Na, du hast einen Traum und ein Ziel, das du verfolgst. Das ist mehr als andere haben. Ich finde das toll." Chika legte den Kopf schief. "Du meinst, das ist mehr als du hast?" Als Aya nicht antwortete, sondern ihrem Blick auswich, hakte Chika nach. "Aber du hast doch sicher Träume? Jeder Mensch hat welche!" Schweigend drehte Aya sich zur Seite. Natürlich. Sie hatte Träume gehabt. Und sie waren auch irgendwo in ihrem Inneren vergraben. Es war nur so schwer, sie wieder hervorzuholen, da alles so anders geworden war. Sie war nicht der Typ Mensch, der verzweifelt an seinen Träumen festhielt, weil alles andere um sie herum zusammengefallen war. Nein. In solchen Situationen gab sie einfach alles auf. Aber das Schlimmste war eigentlich, dass ihr Schlaf ruhiger geworden war. Seit sie auf der Schule war, hatte sie Taro nicht mehr gesehen. Er war nicht mehr in ihrem Kopf. Diese ganze fremde Welt, die sie jahrelang besucht hatte, war einfach wie ausgelöscht. Das verwirrte und verletzte sie. Früher hatte sie sich das gewünscht. Mehr als alles andere. Aber nun... Ein Kribbeln breitete sich in Ayas Körper aus. Es zog von ihrem Magen aus in ihre Glieder und sie konnte nicht mehr still sitzen. Plötzlich war eine solche Unruhe in ihr, dass sie befürchtete, zu zerspringen, wenn sie sich nicht bewegte. Abrupt stand sie auf und zog sich ihre Schuhe an. "He!" Verdutzt sah Chika ihr zu. "Habe ich was Falsches gesagt? Wo willst du denn hin?" "Nein. Ist schon okay. Es liegt nicht an dir. Ich brauche... einfach mal etwas frische Luft." Beinahe panisch schnappte Aya sich ihre Jacke und verließ das Zimmer. Draußen auf dem Gang fühlte sie sich schon etwas besser. Aber sie wusste, dass sie dringend etwas tun musste. Sie konnte nicht wieder dort hinein gehen. Es würde nur schlimmer werden. Nein. Vielleicht war es ein Wink? Vielleicht sollte sie endlich etwas unternehmen, um diese ganze verrückte Situation aufzuklären? Und wo könnte sie das besser als bei Direktor Toki? Entschlossen marschierte Aya los. Die Lösung ihrer Probleme lag darin, selbst etwas zu unternehmen. Wie hatte sie nur wochenlang auf ihrem Hintern sitzen und erwarten können, dass die Antworten zu ihr kamen, wenn sie keine Fragen stellte? Natürlich war das unmöglich! Und natürlich war sie gefrustet! Inzwischen ziemlich aufgebracht und wütend marschierte Aya durch die dunklen Gänge. Nur wenige Schüler kamen ihr entgegen, manche wollten sie sogar grüßen, wandten jedoch gleich den Blick ab, als sie Aya ins Gesicht sahen. Besonders freundlich wirkte sie in diesem Moment nicht. Ihre Brauen waren zusammengezogen, ihr Mund ein dünner Strich. Schließlich erreichte sie die große Halle, von der aus man zum Büro des Direktors gelangte. Ein kalter Hauch schlug ihr entgegen und trotz der Tatsache, dass sie eine Jacke trug, begann sie zu zittern. Als sie einen Blick vom oberen Treppenabsatz nach unten warf, verdrehte sie die Augen. Mitten in der Halle stand Frau Yoshida und war damit beschäftigt, zwei Schüler aus den unteren Klassen zurechtzuweisen. Aya konnte nicht verstehen, was sie sagte, denn sie sprach leise und mit eisiger Stimme. Sie wollte es aber auch nicht wissen und so zog sie sich ein Stück zurück und wartete ab, dass die Schüler - und vor allem Frau Yoshida - verschwanden. Eigentlich störte es sie gewaltig, dass sie sich nicht traute, an der Lehrerin vorbei zum Büro des Direktors zu gehen. Etwas in ihr wünschte sich den Mut, einfach die Treppe hinunter zu gehen und sich durch nichts aufhalten zu lassen. Doch natürlich würde Frau Yoshida sie nicht einfach so davonkommen lassen. Aya wusste das. Sie hatte bisher zwar erst wenige Konfrontationen mit ihr gehabt, doch die hatten ihr bereits klar gemacht, dass die Yoshida persönlich etwas gegen sie hatte. Und so wartete sie. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Luft rein war. Aya war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie das Verstummen der Stimmen erst bemerkte, als die beiden Schüler die Treppe hinauf kamen und mit blassen Gesichtern im dunklen Gang verschwanden. Anscheinend hatte Frau Yoshida wieder mal ganze Arbeit geleistet. Vorsichtig trat Aya ans Treppengeländer heran und sah nach unten. Sie hatte gehofft, dass die Lehrerin gegangen wäre. Aber das war sie nicht. Im Gegenteil: Sie stand mitten in der Halle und schien auf etwas zu warten. Ständig sah sie auf die Uhr und ihr Blick war auf die riesige Tür geheftet, die in den Park hinaus führte. So hieß es also wieder warten. Dieses Mal aber nicht allzu lang, denn schon nach wenigen Minuten öffnete sich die Tür und eine schmale Gestalt betrat die Schule. Sie trug einen schwarzen Regenmantel und die Kapuze bedeckte ihr Gesicht. Ayas Herz begann aufgeregt zu schlagen. Angestrengt lauschte sie nach unten. "Du bist spät." Frau Yoshida klang zwar ungehalten, aber ihre Stimme war nicht ganz so kalt wie sonst. "Es tut mir leid", entgegnete die tropfnasse Person ihr gegenüber. "Diese Stadt treibt mich noch mal in den Wahnsinn!" Aya schluckte. Diese Stimme. Das... konnte nicht sein! "Es dauert nicht mehr lange. Sie ist jetzt hier und kann das Tor öffnen. Ich befürchte nur, dass sie noch etwas... Hilfe braucht." "Hilfe... Sie braucht eine Tracht Prügel, das ist alles. Früher oder später muss sie es tun." Frau Yoshida lachte leise. Es war ein merkwürdiger Laut aus ihrem Mund. Noch dazu, da das Lachen echt und wirklich amüsiert klang. "Wir reden hier über deine Tochter, Natsuko." Für einen Augenblick wollte Aya einfach nur sterben. Natsuko... Die Stimme... Ja, sie hatte sie erkannt. Aber was tat sie hier? Und wie redete sie? So kannte Aya ihre Mutter nicht. Was war nur aus ihr geworden? Hatten diese merkwürdigen Ereignisse damit zu tun? "Du weißt genau, dass wir uns in der Hinsicht keine Gefühle erlauben dürfen, Eri. Und du weißt auch, dass ich immer noch dafür bin, die nächste Generation vollkommen anders auf das alles vorzubereiten." "Wenn es eine nächste Generation gibt." Ayas Mutter lachte. "Natürlich wird es das. Sie wird uns nicht enttäuschen. Sie hat immer das getan, was man von ihr erwartet hat." Frau Yoshida zog die Schultern hoch. "Wir werden sehen. Komm, Natsuko, Direktor Toki erwartet uns bereits." Die beiden Frauen wandten sich zum Gehen und kurze Zeit später herrschte Stille in der Halle. Aya war zu Boden gesunken und hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Was hatte sie da gehört? Hatten die beiden über sie geredet? Nein. Nein, es konnte doch nicht sein, dass ihre Mutter so lieblos über sie sprach!? Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte nach ihr gerufen. Sich in ihre Arme gestürzt und dem Albtraum ein Ende gemacht. Aber da war eine Stimme in ihr, die ihr sagte, dass das nicht der Weg war. Dass sie ihre Mutter verloren hatte. Und dass noch nicht der Zeitpunkt gekommen war, um sich mit ihr auseinander zu setzen. Sie waren also zum Direktor gegangen. Nun war ihr der Weg gänzlich versperrt. Wohin sollte sie? Ihr Herz raste noch immer und plötzlich wurde ihr übel. Sie musste raus. Egal, wohin. Einfach nur raus aus diesem Gemäuer, aus der Dunkelheit und der Gefangenschaft. Wie von der Tarantel gestochen raste Aya die Treppe hinunter, stieß die Tür zum Park auf und rannte durch den Regen. Sie merkte nicht, wohin sie lief. Es war egal. Wichtig war nur das Laufen, denn das zeigte ihr, dass sie fort konnte. Dass sie noch am Leben war. Schließlich war sie so außer Atem, dass sie stehen blieb. Langsam drehte sie sich um und sah zum Haus zurück. In einiger Entfernung ragte es dem grauen Himmel entgegen. Ihr neues Zuhause. Diese Enttäuschung. Erschöpft sank Aya zu Boden. Was spielte sich nur alles hier ab? Sie hatte immer noch keine Ahnung, welche Rolle sie spielte, was mit ihr geschehen sollte und was eigentlich der Sinn des Ganzen war. Sie musste es erfahren - sie musste! Wenn selbst ihre Mutter... Und dann kamen die Tränen. Unvermittelt und heftig brach alles aus Aya hervor. Die ganzen Wochen hatte sie ihre Gefühle nicht zeigen können, doch nun, hier, entfernt von all dem, was ihr Herz so umklammert hatte, suchte sich ihr Leid einen Weg in die Welt. Sie weinte um alles, was geschehen war. Und wegen ihrer unermesslichen Angst. Mitten im Regen saß sie im Schlamm und fühlte sich, als könne sie nie wieder die Kraft aufbringen, dorthin zurückzukehren, wo ihr Leben nun stattfand. "Aya? Alles in Ordnung?" Die Stimme war so leise, dass Aya sie fast überhört hätte. Zuerst dachte sie, sie wäre nur in ihrem Kopf existent und der Zeitpunkt, an dem sie völlig durchdrehte, wäre gekommen. Doch dann blickte sie auf und erkannte Megumi, die mit besorgtem Gesichtsausdruck vor hier kniete. "Wie lange sitzt du denn hier schon? Was ist denn nur passiert?" Aya schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht reden. Und sie wollte es auch nicht. Warum durfte sie nicht einmal in Ruhe weinen? Megumi seufzte. "Komm, lass uns reingehen. Du holst dir hier draußen ja noch den Tod." "Das... ist mir egal", schluchzte Aya. Ihre Stimme hörte sich kratzig und uralt an. "Hör auf! Komm jetzt mit." Megumi zog an Ayas rechten Arm und hörte nicht eher auf, bis diese aufgestanden war und ihr langsam Richtung Schule folgte. "Möchtest du darüber reden?" "Was gibt es da schon zu reden?" Wieder seufzte Megumi. "Sieh mal, ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht bereit bist, auch etwas dafür zu tun." Zornig machte Aya sich los und sah ihre Mitschülerin aus geschwollenen Augen an. Ihr war klar, wie lächerlich sie wirken musste, aber im Moment war ihr das herzlich egal. "Ach ja? Du willst mir helfen? Dann lass mich einfach in Ruhe. Lasst mich alle einfach in Ruhe!" Für einen Moment sah Megumi regelrecht geschockt aus, dann jedoch zog sie die Schultern hoch und ging davon. Ein dicker Kloß steckte in Ayas Hals. Sie hatte ihr doch nur helfen wollen. Und sie fuhr sie so dermaßen an. Das war nicht fair. Keineswegs. Schließlich konnte Megumi doch auch nichts für all das hier. "Warte!" Megumi drehte sich um und sah Aya erwartungsvoll an. "Ich... Sie war hier. Meine Mutter. Und jetzt... Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll. Bitte. Ich brauche Klarheit. Ich brauche Antworten!" Den letzten Satz hatte Aya fast geschrieen und sie erwartete schon, dass Megumi einfach gehen würde. Doch stattdessen nickte sie nur und streckte Aya die Hand entgegen. "Dann lass uns gehen und wir reden." Nach Ayas Rückkehr hatte es etwa zwei Minuten gedauert, bis sie alle in Ayas und Chikas Zimmer versammelt waren. Zwei Minuten, in denen Megumi hinausgeeilt war, um Mado zu holen. Zwei Minuten, in denen Chika beharrlich geschwiegen hatte. Zwei Minuten, in denen Aya sich vorgekommen war wie am Rande eines unendlich tiefen Abgrunds. Sie fühlte sich unsicher, denn sie wusste nicht, ob sie wirklich erfahren wollte, was die Mädchen ihr zu sagen hatten. Vielleicht war es doch besser, unwissend zu sein. Doch nun war es wohl zu spät. Denn kaum hatte Mado den Raum betreten und sich zu Megumi auf Ayas Bett gesetzt, wandte sie sich schon an Chika. "Was ist passiert?" Chika zog die Schultern hoch und deutete auf Aya, die sich gerade die Haare trocken rubbelte. "Frag nicht mich. Frag sie." Sie seufzte. "Sie saß völlig durchnässt draußen vor der Schule. Ich glaube..." Sie zögerte und warf Aya einen schnellen Seitenblick zu. "Ich glaube, es ist wohl an der Zeit, ihr einige Dinge zu erklären." Als hätten Chikas Worte einen Bann gebrochen - so wie ein Damm einreißt -, sprudelte es aus Aya hervor. All die Fragen, all die Ängste und Vermutungen, die sie seit ihrer Ankunft an der Odoroki High gequält hatten, überfielen ihr Herz nun mit einer unerwarteten Intensität. Sie bemerkte, wie ihr Herz zu rasen begann und ihr Atem heftiger wurde. "Bitte..." stammelte sie. "Bitte sagt mir doch, was das alles hier zu bedeuten hat. Ich habe alles verloren, es wird nie wieder so sein, wie es war. Und darum muss ich wissen, was hier vorgeht. Ich muss wissen, weshalb ich Schüler mit Schwertern gesehen habe, warum meine Mutter mich hasst, warum mich manche der Menschen hier ansehen, als wäre ich eine Erscheinung. Ihr wisst es doch, nicht wahr?" Eine Weile herrschte Schweigen im Raum. Die Mädchen sahen sich unbehaglich an, bis Megumi endlich das Wort ergriff. "Eigentlich hätte dir Direktor Toki alles erklären müssen. Jede von uns hat ihre Einführung in die Geschichte dieser Schule von ihm erhalten. Bis auf dich. Wir wissen nicht, warum das so ist. Nur eins ist klar: Du bist etwas Besonderes." Mado legte Megumi die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf. "Wir sollten von vorn beginnen. Bei dem, was wir wissen." Aya seufzte. "Wenn ihr glaubt, dass ich mich mit irgendwelchen Ausreden abspeisen lasse..." "Keine Ausreden." Megumi erhob sich und ging ans Fenster. Der Regen fiel mit unverminderter Heftigkeit. "Irgendwann kommt einmal die Zeit für die Wahrheit. Und ich denke, wenn wir dich nicht bald aufklären, wirst du noch wahnsinnig." "Gut erkannt", murmelte Aya und spannte sich. Sie war gespannt auf das, was sie hören würde. Vor Aufregung begannen ihre Hände zu zittern und sie setzte sich darauf, um den anderen nicht zu viel von ihrer Gemütslage zu verraten. "In unserem Universum gibt es viele verschiedene Dimensionen mit unterschiedlichen Welten. Sie alle sind miteinander verbunden und man kann sie bereisen, wenn man die Wege kennt." Megumi tat eine kompliziert wirkende Handbewegung und die Luft vor ihr begann zu wabern. Flirrende Bilder formten sich - Welten, die aus Feuer zu bestehen schienen, andere aus Wasser und wieder andere, von denen nur schwache Umrisse zu sehen waren. Aya blieb der Mund offen stehen. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Wo war sie hier nur hineingeraten? "Wer die Alten Mächte beherrscht, der ist in der Lage, jede Welt zu bereisen. Oder die, in der man lebt, zu beschützen." Die Bilder der Welten verschwammen. Megumis dunkle Augen richteten sich nun direkt auf Aya. "Wir beschützen diese Welt. Unsere Eltern sind die Nachkommen von mächtigen Priestern, denen die Aufgabe zuteil wurde, unsere Welt vor allen Gefahren zu bewahren. Wir, die Kinder, sind die Armee, die den Kampf ausfechten wird. Nur wir haben die Kraft, die Alten Mächte im Kampf zu benutzen. Wir sind die Auserwählten, die das Leben auf diesem Planeten erhalten sollen." Aya starrte Megumi an. Irgendwie konnte das doch nur ein Witz sein. Sie versuchte ein halbherziges Lächeln, aber Megumi reagierte überhaupt nicht darauf. Sie sah todernst drein. Auch die anderen beiden Mädchen schienen nicht geneigt, die Geschichte als Witz anzusehen. "Ähm..." Aya sah von einem zum anderen. "Und das glaubt ihr wirklich?" Megumi runzelte die Stirn. "Ja. Weil es die Wahrheit ist. Auch wir wollten es zuerst nicht glauben, doch dann wurde uns allen langsam klar, dass sich niemand diese Geschichte ausgedacht hat. Sie ist real, auch wenn sich das alles anhört wie aus einem Fantasy-Roman." "Es tut mir leid", entgegnete Aya und begann nun ernsthaft an ihrem Verstand zu zweifeln. "Aber ich kann das einfach nicht glauben. Das ist einfach unmöglich." "Hast du jemals Träume gehabt?" Chika, die bisher ganz ruhig neben Aya gesessen hatte, griff nun nach ihrer Hand. "Sind Dinge geschehen, die du dir nicht erklären konntest? Hast du etwas in dir gespürt, das vorher nie da war?" Aya sah Chika mit großen Augen an. Ihre Träume... Taros Erscheinen... Das Sehnen, das sie dann und wann in sich spürte... Sie nickte langsam und dann kamen ihr auch schon die Tränen. Denn plötzlich wurde ihr klar, dass dies ihre Freunde waren. Und dass sie sie nicht belügen würden. Sie hatten miterlebt, wie sehr sie sich quälte und wie schlecht es ihr ging. Sie würden das durch Lügen nicht noch verstärken. Und alles, was geschah, war ja auch merkwürdig genug. Weshalb also durch Zweifel alles noch schlimmer machen? Chika nahm sie sanft in den Arm. "Ich weiß, dass es nicht leicht ist. Wir alle haben am Anfang so empfunden. Aber wenn du erst mal beginnst, die Kraft in dir zu spüren, und wenn du lernst, sie zu benutzen, dann denkst du über diese schmerzhaften Erfahrungen nicht mehr so oft nach." "Wieso?" Es kostete Aya beinahe all ihre Kraft, diese Frage zu stellen. Ihre Brust schmerzte, als hätten sich starke Eisenketten darum geschlungen, die sich nun immer enger zusammen zogen. Es war ein Gefühl, als würde sie nie wieder frei sein können. "Wieso hast du gesagt, ich wäre etwas Besonderes?" Aya sah Megumi an, schüttelte den Kopf und befreite sich aus Chikas Umarmung. Mit zitternden Händen wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. "An meinem ersten Tag hier haben mich alle so merkwürdig angesehen. Als wäre ich ein Geist oder... Ich weiß nicht, irgendwas. Aber das stimmt nicht. Ich bin nicht so, ich will das nicht! Was bedeutet das?" Megumi schloß die Augen. "Das hätte nicht passieren dürfen." "Was?" Wieder rollten Tränen über Ayas Wangen. Sie fühlte sich innerlich so zerrissen und verzweifelt, dass sie ihrer Gefühle nicht mehr Herr werden konnte. Ihr Herz schien in einen Sturm geraten zu sein, aus dem sie es nicht mehr befreien konnte. Unkontrolliert wirbelte es herum und ließ sich nicht mehr bändigen. "Als du hierher gekommen bist, hat sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Sie alle hofften, mit deiner Ankunft würde sich das Ende des Kampfes abzeichnen. Wir haben sie gewarnt, dich nichts spüren zu lassen von deiner Wichtigkeit. Doch sie waren viel zu aufgeregt, einen Blick auf dich werfen zu dürfen - zu sehen, wer du bist und wie du bist..." Mit einer schnellen Bewegung ihrer rechten Hand brachte Aya Megumi zum Schweigen. Ihre Augen brannten, als sie den Blick auf das schwarzhaarige Mädchen heftete. "Willst du mir damit sagen, dass ihr auf mich gewartet habt?" Megumi nickte. Die anderen beiden sahen betreten zu Boden, so als würden sie überall lieber sein als hier. "Das ist nicht dein Ernst." Halb rechnete Aya damit, dass Megumi zu lachen beginnen würde, um ihr zu sagen, dass alles nur ein Scherz war. Doch sie schwieg und ihre dunklen Augen strahlten tiefen Ernst aus. "Du bist unsere Führerin", sagte sie mit ruhiger Stimme. Sie hatte so lange gewartet. Auf eine Erklärung. Auf irgendetwas, das ihr helfen konnte, ihre Situation zu verstehen. Sie hatte gehofft, dass jemand sie aufklären würde. Dass sie die ganze Wahrheit erfassen könnte. Doch nun, da sie alles gehört hatte, war es ihr beinahe lieber, in Unwissenheit zu leben. Es war Nacht geworden und die Schatten im Zimmer bewegten sich wie dunkle Geister. Letztendlich hatte es doch aufgehört zu regnen und durch die eilig dahinziehenden Wolkenfetzen bahnte sich das Mondlicht einen Weg in die Schule. Stille hatte sich über das Gebäude gesenkt. Neben Aya schlief Chika tief und fest. Ab und zu schnarchte sie und drehte sich unruhig herum. Aya hingegen konnte nicht schlafen. Den ganzen Abend hatte sie auf ihrem Bett gesessen und nachgedacht. Hatte sich das Hirn zermartert über alles, was in der letzten Zeit geschehen war. Was ihr einen Hinweis hätte geben können auf das, was vor sich ging. Doch immer wieder ertappte sie sich dabei, wie ihr Kopf frei von allen Gedanken war und sie nur dumpf vor sich hin starrte. Die anderen waren noch eine Weile geblieben. Mado war sehr erschüttert über Ayas Reaktion gewesen. Sie hatte Chika zugemurmelt, dass sie der Führerin mehr Kraft zugetraut hätte. Vermutlich dachte sie, Aya hätte die Bemerkung nicht gehört. Doch das hatte sie sehr wohl und es überraschte sie selbst etwas, dass sie es als so unwichtig empfand. Nach Megumis Offenbarung kam ihr alles unwichtig vor. Es war nicht mehr von Bedeutung, was man über sie dachte. Verstehen war alles, was noch zählte. Doch wie sollte sie das, wenn ihr Leben wie ein Kartenhaus eingestürzt war und das neue, das sie nun führte, einem Irrgarten glich, der keinen Ausgang besaß? Seufzend hob sie die Hände in die Luft und betrachtete sie im fahlen Mondlicht. Sie konnte so wenig tun. Wie verschwindend gering war ihre eigene Größe um Vergleich zu diesem Heer, dieser Verbindung um sie herum. Wie wenig sie wert war... Chika begann zu schnarchen. Aya warf ihr einen eindringlichen Blick zu, so als könnte dieser das störende Geräusch beenden. Doch natürlich brachte es überhaupt nichts. Lautlos ließ sie ihre Hände zurück auf die Bettdecke fallen. Was würde der morgige Tag bringen? Wenn sie alles wieder bei Tageslicht betrachten konnte - würde es an Realität gewinnen oder verlieren? Wenigstens war dann Sonntag und sie musste sich nicht in den Unterricht setzen. Sie wusste nicht, ob sie das durchstehen könnte. Das Schnarchen wurde intensiver. Stöhnend drehte Aya sich herum, presste sich das Kopfkissen aus linke Ohr und warf es wieder weit von sich, als der Lärm einfach nicht leiser werden wollte. Sie hätte Chika wecken können. Aber vielleicht wurde sie dann so wach, dass sie sich unterhalten wollte und darauf hatte Aya nun wirklich keine Lust. Nicht im Augenblick. Also schwang sie die Beine aus dem Bett, griff nach dem Morgenmantel, den sie erst vor wenigen Tagen in ihrem Schrank entdeckt hatte, und trat ans Fenster. So friedlich und still wirkte der Garten rund um die Schule. So voller Ruhe. Und doch... Dort unten wandelte jeden Tag ein Herr. Ein Herr, das einen sehr realen Krieg führte, auch wenn Aya ihn noch nicht begriff. Kämpfer, deren Anführerin sie war. Unwillig schüttelte sie den Kopf. Das war etwas, das einfach nicht in ihren Kopf wollte. Wie konnte sie ein Heer führen, von dessen Existenz sie bis vor wenigen Stunden noch nicht einmal gewusste hatte? Sie war da nicht hinein geboren worden, da waren keine Traditionen, denen sie folgen musste. Oder etwa doch? Das stundenlange Nachdenken begann ihr langsam Kopfschmerzen zu machen. Wie gern hätte sie sich abgelenkt. Doch es gelang ihr einfach nicht. Womit auch? Ihr ganzes Leben war nun schließlich hier und alles, woran sie sich mühsam gewöhnt hatte, war wieder umgestoßen worden. Wenn sie nicht so entsetzt gewesen wäre, hätte sie geweint. Aber in ihrem Inneren schien irgendwie alles tot zu sein. Gerade als Aya sich umdrehen wollte, um wieder ins Bett zu gehen, bemerkte sie eine Bewegung auf dem Rasen. Irritiert wandte sie sich wieder dem Fenster zu. Wer außer ihr konnte um diese Uhrzeit noch wach sein? Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie den Park ab, konnte aber nichts entdecken. Vermutlich leidest du schon unter Halluzinationen, murmelte die Stimme in ihrem Kopf und Aya konnte ihr da gar nicht großartig widersprechen. Immerhin war sie durch die Geschehnisse und die Umgebung schon vorbelastet. Es würde sie gar nicht wundern, wenn sie plötzlich tanzende weiße Mäuse unter ihrem Bett finden würde. Ein Schatten huschte zwischen den Bäumen entlang. Aufgeregt presste Aya die Anse ans Fenster. Sie war also doch nicht verrückt! Wieder bewegte sich der Schatten. Jetzt riss Aya das Fenster auf und lehnte sich hinaus. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit im Garten, in der die Schatten miteinander zu verschmelzen schienen. Sie erkannte Einzelheiten, die großen Pflanzen in den Beeten... Wo war der nächtliche Ausreißer geblieben? Hinter den Bäumen beim Brunnen hatte sie ihn das letzte Mal gesehen. Sie verfluchte sich, dass sie den weißen Morgenmantel trug. Natürlich war sie so sehr leicht zu erkennen wie sie da am Fenster stand. Und wer immer durch den Garten schlich, würde sich jetzt nicht mehr aus seinem Versteck bewegen. Einige Minuten lang starrte Aya noch in den Park hinunter, dann schloss sie das Fenster wieder und legte sich ins Bett. Chika war inzwischen wieder ruhiger geworden und endlich fand auch Aya den Schlaf, den sie so lange ersehnt hatte. "Lass sie doch schlafen." "Aber es ist schon fast Mittag und sie sollte das Training mitmachen." "Wir haben sie erst gestern eingeweiht und du willst sie heute schon zum Training schleifen? Bist du verrückt? Das wird sie doch niemals verstehen!" "Es ist egal, ob sie es versteht oder nicht. Wir brauchen sie jetzt und es kann keinen weiteren Aufschub mehr geben. Wer auch immer gestern Nacht hier herumgeschlichen ist... Er wird wiederkommen und andere mitbringen. Die Barriere wird nicht ewig halten." "Gib ihr doch noch ein oder zwei Tage Zeit. Das wird die Sache doch nicht schlimmer machen, oder?" Die Stimmen schienen aus einer anderen Welt zu kommen. Aya fühlte sich wie in Watte gepackt. Als würde sie durch eine andere Dimension driften, in der das Leben viel einfacher, viel angenehmer war. Es gab keine Schmerzen, keine Ängste, keine enttäuschten Hoffnungen. Die Dunkelheit war ihr Schutz, ihr Schild und bewahrte sie vor allem Bösen von außen. Was wollten die Stimmen von ihr? Versuchten sie eine Welt zu öffnen, in die sie einfach nicht gehörte? In die sie auch gar nicht gezogen werden wollte? Oder waren sie wie ein Leuchtfeuer, das ihr den richtigen Weg weisen sollte? Auf jeden Fall waren sie verführerisch. Der Klang der Sirenen, dem man nicht lauschen darf, wenn man leben wollte. Langsam fand Aya in die Wirklichkeit zurück. Sie öffnete die Augen und blickte in helles Tageslicht. Chika und Mado standen neben ihrem Bett und diskutierten heftig miteinander. Anscheinend hatten sie noch gar nicht bemerkt, dass Aya aufgewacht war. Sie setzte sich auf, ordnete ihre Gedanken und stand dann langsam auf. "Aya!" Chika wirbelte herum und lächelte ihre Freundin an. Sie wirkte beunruhigt, warum auch immer. "Gut geschlafen? Es ist schon ziemlich spät, aber ich wollte dich nicht wecken." "Ja. Na ja..." Schlaftrunken wankte Aya auf ihren Schrank zu und zog ein paar Sachen heraus, die ihr für den heutigen Tag passend erschienen. Sie hatte vor, sich den Tag über draußen aufzuhalten, um einen klaren Kopf zu bekommen. "Ihr müsst euch um mich nicht streiten", sagte sie leise, wahrend sie zum Badezimmer ging. "Ich habe nicht vor, heute irgendwas zu tun, was mich vom Nachdenken abhält." Mit diesen Worten verschwand sie im Bad und ließ Chika und Mado verdutzt zurück. Das warme Wasser der Dusche belebte Ayas Körper und sie fühlte sich fast wieder fit, als sie das Bad verließ. Sie hatte damit gerechnet, dass sich jemand außer ihr im Zimmer aufhalten würde, doch sie war allein. Fast enttäuscht schlüpfte sie in ihre Schuhe, schnappte sich eine Jacke und verließ das Zimmer. Die Luft außerhalb der Schule war noch frisch vom Regen der letzten Tage. Aya atmete tief durch und fühlte sich sofort etwas freier. Die dicken Mauern der Odoroki High ließen von Zeit zu Zeit das Gefühl aufkommen, eine Gefangene zu sein. Vermutlich war sie das auch. Vielleicht auch, ohne dass die anderen es wollten. Nun... Immerhin konnte sie nicht von hier fort, weil es keinen Ort mehr gab, an den sie hätte gehen können. Was war sie also, wenn keine Gefangene? Der Spaziergang durch den Park tat Aya gut. Schon nach kurzer Zeit fühlte sie, wie ihr Kopf langsam zu brummen aufhörte und dass sie wieder klare Gedanken fassen konnte. Es war beinahe ein erholsames Gefühl, das sie durchströmte. Am späten Nachmittag erreichte sie das Wäldchen, in dem sie an ihrem ersten Tag hier schon gewesen war. Damals war sie mit Furcht im Herzen daraus verschwunden, doch nun verspürte sie nichts mehr davon. Als sie an den kleinen See kam, hatte sie beschlossen, ihren Freundinnen die Geschichte zu glauben. Und außerdem wollte sie versuchen, mit den Dingen umzugehen, die ihr eröffnet worden waren. Nur dadurch würde sie ergründen, was es mit all dem auf sich hatte. "Ganz allein unterwegs?" Aya fuhr herum und entdeckte Megumi, die ein Stück hinter ihr auf dem Weg stand. Sie trug dunkelrote Handschuhe, welche die Finger frei ließen und hatte ihre schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden. "Ich habe dich schon vermisst. Du hast noch nichts gegessen." Achselzuckend ging Aya auf Megumi zu. Sie hatte nicht vor, sich zu rechtfertigen, denn sie spürte, dass Megumis Worte nicht böse gemeint waren. "Hast du dich etwa zu meiner Aufpasserin ernannt?" Leise lachend setzte Megumi ihren Weg fort. "Nein, keine Aufpasserin. Es ist mir nur aufgefallen. Und besonders gesund ist das ja nicht." "Du willst damit sagen, dass ihr mich noch braucht." Der scharfe Blick, den Megumi Aya zuwarf, zeigte Betroffenheit und Ärger zu gleichen Teilen. "Glaubst du, dass wir so sind? Meinst du wirklich, wir würden dich so benutzen?" Eine Pause entstand, in der sich Aya fragte, ob sie zu weit gegangen war. Die konnte das ernsthafte Mädchen neben sich immer noch nicht richtig einschätzen. "Wir sind nicht deine Feinde", fuhr Megumi leise und bedächtig fort. "Du musst lernen, uns zu vertrauen. Wir arbeiten schließlich für ein Ziel." "Auch wenn mir dieses Ziel nichts sagt und nichts bedeutet." Aya kickte einen Stein vor sich her, während sie Megumi durch den Wald folgte. Es überraschte sie etwas, dass sie sich so wohl fühlte in ihrer Nähe. Bisher war sie ihr immer etwas aus dem Weg gegangen. "Warum eigentlich?" fragte sie sich nun und fand keine wirklich zufriedenstellende Antwort. Vielleicht lag es an der seltsamen Art ihrer ersten Begegnung. "Ich habe mitbekommen, dass Mado für heute etwas geplant hatte." "Du meinst das Training?" Megumi sah überrascht auf. "Du weißt davon?" Aya zog die Schultern hoch. "Chika und Mado haben darüber geredet, als ich gerade aufgewacht bin. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt hören durfte. Ich habe mich bis jetzt nicht gefragt, was sie meinten, doch wo du es gerade ansprichst..." "Ich bin auf dem Weg dahin." Sie traten aus dem Wäldchen hinaus und kamen an den Übungsplatz, den Aya schon einmal gesehen hatte. Wieder trainierten viele der Schüler auf dem großen Platz - einige mit Schwertern, andere mit Pfeil und Bogen... So viele verschiedene Typen, wie es unter ihnen gab, so viele verschiedene Arten von Waffen waren auch vertreten. Ein Schauder lief Aya über den Rücken, doch sie war bereits auf den Anblick vorbereitet gewesen. Immerhin... Dies war ein Heer. "Also das Training meinte sie." Die Worte waren eher an sie selbst gerichtet als an Megumi, doch diese antwortete trotzdem. "Sie dachte, du solltest langsam lernen, mit einer Waffe umzugehen. Es sollte dir im Blut liegen, immerhin bist du die... Du weißt schon. Niemand sollte unvorbereitet in den Kampf ziehen." Sie seufzte. "Es war eigentlich nicht so früh eingeplant, aber es sind Dinge geschehen, die es wohl nötig machen, so eilig zu handeln." "Der Eindringling", stellte Aya ruhig fest. "Du weißt...?" "Mado hat es erwähnt", winkte Aya ab. Sie ließ ihren Blick über den Platz gleiten. Alle schienen mit Feuereifer bei der Sache zu sein und sich zumeist auch gut anzustellen. Wie würde sie dort hinein passen? Welche Gefühle mussten in einem vorgehen, wenn man lernte, jemanden zu töten? Es war schließlich das Ziel, das sie verfolgten. Und wer von ihnen hatte wohl schon jemanden auf dem Gewissen? Inzwischen schickte Megumi sich an, den Hang hinunter zu gehen. Sie winkte ein paar jüngeren Schülern zu, die sie entdeckt hatten und aufgeregt zu tuscheln begannen, als sie Aya erkanten. Sie stießen ihre Nachbarn an und auch die schienen plötzlich sehr nervös zu werden. Was soll denn das bloß, dachte Aya. Sie benehmen sich, als wäre ich ein Superstar. "Megumi..." Das Mädchen hielt mitten im Schritt inne und drehte sich um. Ihre dunklen Augen blickten fragend. "Warum bin ich so etwas Besonderes? Weshalb verhalten sich die anderen so?" "Weil du die Führerin bist", erwiderte Megumi schlicht. Dann zögerte sie und fügte schließlich hinzu: "Führer sind die Kriege mit der größten Macht. Je größer die Macht der Führer, desto erfolgreicher kämpft die Armee. Nicht in jedem unserer Kriege hatten wir einen Führer. Sie sind selten, werden nicht oft geboren. Die Mächte brauchen Zeit, um sich in einem Menschen zu konzentrieren. Du bist der erste Führer seit Jahrzehnten. Und der erste weibliche überhaupt." Aya runzelte die Stirn. "Und was macht euch so sicher, dass ich für diese Aufgabe bestimmt bin?" Megumi lächelte, doch es wirkte nicht ehrlich. "Du bist die Tochter der Hohepriesterin." "Der... Was?" Ein hysterisches Kichern bahnte sich seinen Weg aus Ayas Kehle. "Hör mal, ich habe beschlossen, dieses Zeug von einer Armee und all dem zu glauben. Nicht, weil es mir besonders logisch erscheint, sondern weil ich im Moment einfach keine andere Erklärung für das hier finde." Sie hob die Arme in einer verzweifelten Geste. "Aber jetzt erzählst du mir auch noch, meine Mutter wäre... Sie ist Krankenschwester, Megumi. Mehr nicht." Megumi schenkte Aya einen Blick, der mehr sagte als jedes Wort, das sie hätte erwidern können. Ihre Augen waren so dunkel und unergründlich, so ernst und gleichzeitig traurig... Sie wirkte mehr wie ein Wesen aus einer alten Fabel, einer längst vergessenen Geschichte, als wie ein Mensch. Und obwohl alles in Aya danach schrie, dass es nicht sein konnte, dass ihre Mutter nichts anderes war als das, was sie immer in ihre gesehen hatte... Sie glaubte Megumi. Sie glaubte diesem Blick, der sich in ihr Innerstes zu bohren schien, in ihre Seele drang und ihr Trost und Mut zu gleichen Teilen zu versprechen schien. Wortlos drehte Megumi sich um und setzte ihren Weg fort. Die Schüler auf dem Platz hatten nun fast alle ihr Training unterbrochen und starrten Aya an. Einige von ihnen schienen sie sogar fast ehrfürchtig zu betrachten. Was erwarten sie sich bloß von dir? wisperte die Stimme in Ayas Kopf. Was für eine Kraft kannst du ihnen geben, damit sie diesen Krieg gewinnen und den Planeten schützen können? Was ist es, das tief in dir schlummert? "Wie läuft's?" Megumi wandte sich an ein sommersprossiges Mädchen, das neben ihr stand, einen Bogen in der rechten Hand und einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. Ihre großen braunen Augen versteckten sich hinter dicken Brillengläsern. "Ich schaffe es immer noch nicht", erwiderte das Mädchen beschämt und senkte den Blick. "Ich kann so viel üben, wie ich will. Es geht einfach nicht." Megumi griff nach dem Bogen und wog ihn prüfend in den Händen. Dann nahm sie einen Pfeil aus dem Köcher des Mädchens und legte ihn auf die Sehne. Aya blinzelte. Als Megumi sich auf diese Waffe konzentrierte, schien sie ein komplett anderer Mensch zu werden. Sie konnte diesen Eindruck nicht in Worte fassen, sie wusste nur, dass Megumi und der Bogen eins geworden waren. Sie waren Mensch und Waffe gleichzeitig, verbunden durch den Pfeil, der nur durch ihre gemeinsame Kraft fliegen konnte. "Bemüh dich nicht zu sehr", wisperte Megumi und sah das Mädchen mit den Sommersprossen lächelnd an. "Es geht nicht nur um die Technik. Du musst ein Gefühl für deine Waffe entwickeln. Lass dich auf sie ein und versuche, sie nicht als bloßes Objekt zu sehen, sondern als in eine Form gefasste Seele." Ihre Finger glitten von der Sehne und der Pfeil traf mitten ins Herz der Zielscheibe, an der die Schüler übten. Ehrfürchtig nahm das Mädchen den Bogen wieder entgegen und mischte sich unter die Gruppe ihrer Altersgenossen. "Bist du ihre Lehrerin?" Aya runzelte die Stirn und beobachtete, wie das Mädchen versuchte, eine Beziehung zu ihrer Waffe herzustellen. Megumi schüttelte den Kopf. "Eigentlich nicht. Aber ich komme gut mit den Kindern klar und weshalb sollten sie den Bogen nicht um Rat fragen dürfen?" "Den Bogen?" fragte Aya verwirrt. Doch Megumi antwortete nicht. Wortlos setzte sie ihren Weg durch die Reihen der Schüler fort. Unbehaglich folgte Aya ihr und wünschte sich mitunter, es gäbe irgendwo ein kleines Loch, in das sie schlüpfen könnte. Die meisten Schüler, an denen ihre Weg sie vorbei führte, stießen sich flüsternd an und steckten die Köpfe zusammen. Wenigstens wusste sie, worüber geredet wurde und das machte sie etwas selbstsicherer. Auch wenn sie es immer noch nicht verstand. "Wohin gehen wir?" wollte Aya nach einer Weile wissen. Megumi deutete auf die andere Seite der Lichtung, wo Aya einen kleinen Haufen Schüler ausmachen konnte, die Schwerter gegeneinander führten. Etwas abseits dieser Gruppe standen Mado und Chika, die das Training ganz genau beobachteten und sich dabei unterhielten. "Hallo, ihr beiden", begrüßte Megumi ihre Freundinnen im Näherkommen. Sie winkte ihnen kurz zu und deutete dann auf die Kämpfenden. "Wie läuft es?" Chika legte den Kopf schief. "Sie machen Fortschritte." Dann warf sie Aya ein strahlendes Lächeln zu. "Du bist ja doch noch gekommen! Cool!" "Ähm... Ja..." Aya zog die Augenbrauen hoch. "Sagt mal, was läuft hier eigentlich?" Mado bedachte Aya mit einem durchdringenden Blick. Sie schien zu überlegen, was sie ihr erzählen sollte. Doch dann fing sie Megumis Blick auf und der schien zu sagen, dass sie ihre die Wahrheit erzählen sollte. "Nur das Training. Hast du doch heute morgen mitbekommen, oder? Die Schüler werden an den Waffen geschult." Sie deutete auf die Schwertschwinger. "Es gibt tägliche Trainingseinheiten. Und am Wochenende wird mehr gearbeitet." Stillschweigend beobachtete Aya die Übenden. Was sie sah, ließ sie schaudern, doch andererseits wirkte das Training trotz der offensichtlichen Kampfhandlungen und der Vorbereitungen auf einen Krieg wie... ein bizarrer, eleganter Tanz. Die Klingen der Waffen glänzten im Licht der Sonne, die synchronen Bewegungen den Schüler wirkten einlullend... "Möchtest du es auch mal versuchen?" Chikas Stimme riß Aya aus ihren Gedanken. Plötzlich war ihr wieder klar, wo sie hier war und in welcher Situation sie sich befand. Sie starrte Chika an, als hätte sie ihr eben angeboten, ihr die Hand abzuhacken. "Bitte?" Chika grinste. "Keine Angst, es liegt dir im Blut." Mado stieß sie an und schüttelte den Kopf. Anscheinend hatte dieses Gespräch später oder anders stattfinden sollen. Aber Chika konnte mit solchen Dingen schlecht hinter dem Berg halten, so viel hatte Aya schon gelernt. Und eigentlich war sie auch sehr froh darüber. Das machte Chika ja gerade so sympathisch. "Was meinSt du damit, dass es mir im Blut liegt?" fragte sie leise. Aus den Augenwinkeln registrierte sie, wie Megumi die Gruppe verließ. "Nichts", beeilte sich Mado zu sagen. "Sie übertreibt mal wieder." Später am Abend, als das Training beendet war und die Schüler wieder in das alte Haus auf dem Hügel zurückkehrten, war Chika an Ayas Seite ungewöhnlich schweigsam. Sie gingen hinter allen anderen her, um ein Auge auf die Nachzügler zu haben. Aya war das ganz recht, denn so hatte sie wenigstens ihre Ruhe vor Mado, die ihr den gesamten Nachmittag über viel zu nah gekommen war. "Hey", sagte Aya schließlich leise und stieß Chika sanft an. "Was ist los mit dir?" "Mit mir? Gar nichts." Stur nach vorn blickend schritt Chika weiter voran. Die Schüler weiter vorn lachten und alberten miteinander herum. Wie konnten sie sich nur so normal verhalten? Immer noch begriff Aya das alles nicht. Sie alle mussten das Gleiche mitgemacht haben wie sie und doch schienen sie sich hier wohl zu fühlen. Ob es daran lag, dass sie schon länger hier waren? Oder hatten sie sich einfach mit ihrem Leben abgefunden? "Es ist Mado." Aya sah überrascht auf. "Mado?" "Ja." Chika ballte die Hände wütend zu Fäusten und schüttelte den Kopf. "Sie muss mich einfach immer bevormunden, egal, was ich sage oder tue. Es ist immer falsch. Das geht mir so auf die Nerven!" "Du meinst wegen vorhin? Wegen der Bemerkung, dass es mir im Blut liegen würde?" "Auch", nickte Chika. "Wenn etwas nicht nach ihrer Nase geht, dann zickt sie einfach rum. Und ich kann mich einfach nicht gegen sie durchsetzen." "Wenn du schon weißt, woran es liegt, dann versuch dich das nächste Mal einfach zu überwinden. Sag ihr ins Gesicht, was du von ihrem Verhalten denkst. Glaub mir, das hilft." Chika grinste. "Bist du Psychologin oder so was?" Leise lachend schüttelte Aya den Kopf. "Nein. Bestimmt nicht. Aber wenn ich in den letzten Tagen und Wochen hier etwas gelernt habe, dann ist es, über Probleme zu reden. Ich muss in der Hinsicht noch viel lernen, aber ich merke, dass es gut tut, nicht alles in sich hinein zu fressen. Sieh mal... Sonst wäre ich doch gar nicht da, wo ich jetzt bin." "Du meinst hier?" "Ich meine, ich wüsste immer noch nichts über diese Schule und dieses... Heer..." Es fiel ihr immer noch schwer, die Tatsachen auszusprechen, aber langsam gewöhnte sie sich zumindest an den Gedanken. "Ich will versuchen, in Zukunft gleich über die Dinge zu reden, die mir zu schaffen machen. Oder Fragen zu stellen." Einen Augenblick lang dachte Chika nach. "Ja. Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollte ich mir das zu Herzen nehmen." Sie hatten die Schule erreicht und die Meute zerstreute sich langsam im Haus und in den Gängen. Chika und Aya erreichten die Treppe. "Glaubst du, dass ich das alles hier irgendwann wirklich verstehen werde?" Aya sah zu Chika auf, die einige Stufen höher stand als sie. Lächelnd antwortete ihr die Freundin. "Bestimmt. Wir sind ja da, um dir zu helfen, oder nicht?" Aya nickte und wollte Chika folgen, als sie plötzlich angerempelt wurde. Sie hielt sich am Geländer fest und stolperte zum Glück nur zwei Stufen tiefer. Erschrocken sah sie sich um. "Kannst du denn nicht aufpassen? Mein Gott..." Die zeternde Frau, die Aya angestoßen hatte, strich wütend ihren Rock glatt. "Man sollte meinen, die Jugend hätte noch etwas Respekt vor den Älteren." Aya schluckte. Es war so ein schöner Tag gewesen. Sie bemerkte, dass Chika zu ihr herunter kam und ihre Hand nahm. Aber das war unwichtig. Wichtig war nur das Schlagen ihres Herzens, ihr Atem und... "Hallo, Mama." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)